Spieltage Spieltage - eBook-Ausgabe
Die andere Geschichte der Bundesliga
„Ein außerordentliches Glück für den Leser. (...) Eines der besten Bücher, die bisher über den Fußball geschrieben wurden.“ - Emder Zeitung
Spieltage — Inhalt
Am Beispiel eines einzigen Mannes erzählt Bestsellerautor Ronald Reng die wechselvolle und packende Geschichte der Bundesliga: Als Spieler, Trainer, Sportdirektor und Talentejäger ist Heinz Höher einer der ganz wenigen, die in 50 Jahren Bundesliga immer dabei waren. Ronald Reng ist eine famose Abenteuergeschichte über die Deutschen und ihr liebstes Spiel gelungen.
Leseprobe zu „Spieltage“
„Höher.“
„Guten Tag. Hier ist Ronald Reng. Sie hatten versucht, mich anzurufen.“
„Herr Reng. Danke, dass Sie zurückrufen. Herr Reng, ich muss Sie treffen.“
„Worum geht es denn?“
„Das kann ich Ihnen nicht am Telefon sagen.“
„Ach so.“
„Sie wissen schon, wer ich bin?“
„Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht ganz …“
„Heinz Höher.“
„Ach, dann kenne ich Sie natürlich: der ehemalige Trainer des VfL Bochum und des 1. FC Nürnberg.“
„Entschuldigung, vielleicht hätte ich mich erst einmal richtig vorstellen sollen.“
»Keine Ursache. Aber wie Sie wissen, lebe ich in Barcelona. Das [...]
„Höher.“
„Guten Tag. Hier ist Ronald Reng. Sie hatten versucht, mich anzurufen.“
„Herr Reng. Danke, dass Sie zurückrufen. Herr Reng, ich muss Sie treffen.“
„Worum geht es denn?“
„Das kann ich Ihnen nicht am Telefon sagen.“
„Ach so.“
„Sie wissen schon, wer ich bin?“
„Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht ganz …“
„Heinz Höher.“
„Ach, dann kenne ich Sie natürlich: der ehemalige Trainer des VfL Bochum und des 1. FC Nürnberg.“
„Entschuldigung, vielleicht hätte ich mich erst einmal richtig vorstellen sollen.“
„Keine Ursache. Aber wie Sie wissen, lebe ich in Barcelona. Das ist von Nürnberg nicht der nächste Weg. Ich bin ja gelegentlich in Deutschland, vielleicht melde ich mich dann einfach einmal?“
„Ich weiß nicht.“
„Ich denke, es ist das Vernünftigste.“
„Ja, das Vernünftigste.“
Eine Stunde später:
„Hallo.“
„Herr Reng, hier ist Höher.“
„Herr Höher?“
„Herr Reng, ich habe jetzt einen Flug nach Barcelona gebucht. Ich komme diesen Donnerstag.“
„Diesen Donnerstag!“
„Und bleibe bis Dienstag.“
„Bis Dienstag!“
„Bitte, geben Sie mir nur ein paar Stunden Ihrer Zeit. Ich möchte Ihnen etwas erzählen. Ich muss Ihnen das erzählen.“
15. Februar 1976
Glatteis im Strafraum
Gegen zehn Uhr am Abend sagt Heinz Höher zu seiner Frau, die schon daran gewöhnt ist, dass er seine Handlungen selten erklärt, er gehe noch mal kurz raus. Es hat null Grad in Bochum. Schnee- und Eisreste, von den Räumdiensten tagsüber mit 180 Tonnen Salz und Sand bekämpft, gefrieren wieder. In der vergangenen Nacht verunglückten 65 Autofahrer. In der Dorstener Straße schlitterte ein 18-Jähriger mit seinem Wagen geradeaus in einen Laternenpfahl, in Stiepel schleuderte ein 20-jähriger Fahrer, wie vom Katapult geschossen, gegen eine Garagenwand.
Heinz Höher schließt die Fahrertür seines silbernen 190er Mercedes auf. In den umliegenden Wohnungen leuchten hier und dort noch die Fernseher, obwohl die Übertragung der Schlussfeier der Olympischen Winterspiele von Innsbruck vorüber ist. Ein Österreicher hat am Nachmittag beim Skispringen von der Großschanze eine der letzten Goldmedaillen gewonnen, Heinz Höher hat sich den Namen nicht gemerkt, obwohl er das Springen gesehen hat.
In nicht einmal 15 Minuten erreicht er trotz der widrigen Straßenverhältnisse das Stadion an der Castroper Straße. Auto fährt er nach seinen eigenen Regeln. Niemals als Erster an einer roten Ampel zu stehen ist sein großer Ehrgeiz. Es geht ihm nicht darum zu rasen, sondern sich mit selbst gestellten Aufgaben die Zeit im Auto zu vertreiben. Einmal hat er auf der Autobahn versucht, permanent 150 km/h zu fahren, nicht im Schnitt, sondern durchweg, von Fürth bis Bochum, 440 Kilometer lang.
Seine Helfer sind pünktlich am dunklen Stadion, August Liese und Erwin Höffken, die als Obmänner vom neuen Stürmer bis zur Kiste Bier alles für die Profielf des VfL Bochum organisieren. Sie brauchen kein Licht im Stadion. Der Schnee, der den Fußballplatz noch geschlossen bedeckt, erhellt die Nacht. In zwei Tagen, am Dienstagabend um halb acht, soll hier der VfL gegen Schalke 04 in der Bundesliga spielen. Heinz Höher, im vierten Jahr Trainer des VfL, hat seine Mannschaft gewissenhaft auf die Partie vorbereitet. Nun wird er dafür sorgen, dass das Spiel gar nicht stattfindet.
Liese und Höffken wissen, wo der Platzwart, der alte Rickenberg, ein paar Eimer aufbewahrt. Sie füllen sie in den Duschen mit Wasser. Es gibt nur einen Duschraum im Stadion, nach dem Spiel müssen die Mannschaften zusammen duschen, Sieger und Verlierer, Treter und Getretene, wo gibt es das noch in der Bundesliga? Gibt es das überhaupt noch irgendwo in der Bezirksliga, im Jahr 1976?
Zu dritt schleppen sie die Eimer auf den Fußballplatz. Die Kälte beißt in die Hände. Heinz Höher glaubt, der Metallhenkel des Eimers friere an seinen Fingern fest. Es muss doch kälter als null Grad sein.
Sie fangen am rechten Strafraum an. Heinz Höher hat keinen detaillierten Plan. Er hatte einfach gedacht, sie würden das Spielfeld vereisen. Aber nun merkt er, welche Arbeit das ist. Er schüttet das Wasser aus, und es bildet sich gerade einmal eine Pfütze auf dem Schnee. Wie viele Eimer Wasser würden sie für den gesamten Fußballplatz brauchen? Zehntausend? Hunderttausend? Stumm laufen sie zwischen Duschraum und Strafraum hin und her, über 150 Meter für einen Eimer, für eine Pfütze. Wenigstens gefriert das Wasser in Windeseile auf dem Schnee.
Mitternacht ist vorbei, als sie beide Strafräume vereist haben. Das muss genügen.
Am nächsten Morgen gibt die automatische Telefonansage auf der Geschäftsstelle des VfL weiterhin Auskunft: „Das Bundesligaspiel des VfL gegen Schalke 04 findet am Dienstag, 17. Februar, um 19:30 Uhr statt. Stehplatzkarten sind an der Abendkasse noch zur Genüge zu erwerben. Ende der Durchsage. Danke für Ihren Anruf.“
20000 Zuschauer werden erwartet. In den Ruhr Nachrichten schreibt Sportredakteur Franz Borner: „Wenn es gegen den Schalker Rivalen ging, hat sich der VfL mehr als einmal selbst übertroffen. Also möge dieser Wunsch einem Befehl gleichkommen: Übertreffe dich selbst, VfL, und übertreffe nicht zuletzt die Schalker!“ Wo kommt auf einmal der Enthusiasmus beim Borner her? Er nervt Höher schon seit Monaten mit seinen Sticheleien.
Im Wohnzimmer der Familie Höher in der Kaulbachstraße 26 klingelt das graue Telefon. Es gibt neuerdings auch bunte Telefonapparate, aber dafür verlangt die Deutsche Post 1,10 Mark zusätzlich im Monat. Liese ist dran. Um zwölf treffe sich die Kommission der Stadt Bochum im Stadion, um zu prüfen, ob der Fußballplatz bespielbar sei.
Noch immer dringt Kaltluft von den Alpen nach Nordrhein-Westfalen, aber Schneeregen oder Schneeschauer werden allenfalls noch vereinzelt erwartet, bei Temperaturen bis fünf Grad. Die meisten Bundesligaspiele am Dienstag und Mittwoch sollten stattfinden können.
Mach dir mal keine Sorgen, sagt Liese, das Glatteis im Strafraum wird schon halten, und die Platzkommission hat der Ottokar im Griff.
Er mache sich keine Sorgen, erwidert Heinz Höher.
Ottokar Wüst, der Präsident des VfL, hatte mit am Tisch gesessen, als Heinz Höher am Sonntagmorgen im Gasthaus Mense die Idee ausgesprach: Und wenn wir das Spiel ausfallen lassen?
Ohne das Einverständnis des Präsidenten hätte er sich nicht zu handeln getraut. Als Junge war Heinz Höher von einer ausgeprägten Autoritätsgläubigkeit durchdrungen gewesen. Auf Konrad Adenauer ließ er nichts kommen; ohne genauer zu wissen, wie Kanzler Adenauer das Land regierte. Als Trainer war der Vereinspräsident sein wichtigster Vertrauter, gleichzeitig sein Gehilfe und sein Beschützer. Ottokar Wüst, das Haar silber, nicht grau, in der Öffentlichkeit selten ohne Anzug und Krawatte zu sehen, Besitzer von Herrenbekleidung Wüst in der Brückstraße, ließ bei Präsidiumssitzungen des VfL Bochum bei wichtigen Fragen immer alle mitreden, ließ immer alle abstimmen; und am Ende wurde gemacht, was er entschied.
Welch tollkühne Idee verberge sich hinter seinen mysteriösen Worten, das Spiel ausfallen zu lassen, fragte Wüst Höher sonntagmorgens im Haus Mense an der Castroper Straße, nur drei Minuten zu Fuß vom Stadion. Höher und Wüst besprachen mit den Lizenzspielerobmännern Liese und Höffken die Lage. Die Worte schienen stets ein steifes Rückgrat zu haben, wenn Wüst redete, und faszinierenderweise fand er für seine salbungsvolle Sprache in diesem Milieu der Arbeiter und Fußballer große Bewunderung. Die Tische bei Mense waren aus grobem Holz. Tischdecken wurden nicht aufgelegt. Es gab schon Bier sonntagmorgens.
Sportlich wäre es sinnvoll, das Spiel durchzuziehen, der schwer bespielbare Schneeboden konnte Bochums kämpferischem Stil nur entgegenkommen, und der VfL verzehrte sich nach einem Sieg, als Viertletzter, mit nur einem Punkt Vorsprung auf die Abstiegsränge. Aber selbst der Trainer sah sofort das große Ding, das sie mit einer Spielabsage drehen könnten: In drei Wochen, am 7. März 1976, würde das Stadion an der Castroper Straße wegen Umbaus für vier Monate geschlossen werden, sie mussten dann für die verbleibenden Heimspiele bis zum Saisonende in ein anderes Stadion ausweichen. Wenn das Spiel gegen Schalke nun ausfiel, konnten sie es im Frühling in Dortmund austragen. Dort fasste das Westfalenstadion 54000 Zuschauer, während an einem sibirischen Februarabend in Bochum allenfalls 20000 kämen.
In Dortmund konnten sie 400000 Mark verdienen. Vielleicht eine halbe Million.
Die Rekordeinnahme des VfL im Stadion an der Castroper Straße betrug rund 150000 Mark netto, bei einem Spiel gegen Bayern München. Wie alle Bundesligaklubs lebte der VfL nahezu ausschließlich von den Zuschauereinnahmen, wo sollte denn das Geld sonst auch herkommen?
Es sollte ihn als Trainer nicht interessieren, er sollte sich auf seine Aufgabe konzentrieren, aber natürlich hatte Heinz Höher die Zahlen im Kopf. Wenn er samstags aufwachte und es regnete, dachte er sofort, verdammt, 3000 Zuschauer weniger, 18000 Mark weniger; das Geld spürte ein Klub wie der VfL, das spürte er als Trainer die ganze Zeit, das nicht vorhandene Geld. Auf 3,5 Millionen Mark belief sich das gesamte Jahresbudget, wobei der Vorstand schon außerordentliche Maßnahmen ergreifen musste, damit das Geld reichte: Hotelrechnungen zum Beispiel wurden fast nie pünktlich und manchmal gar nicht bezahlt.
Eine halbe Million, dachte Höher. Eine halbe Million in einem einzigen Spiel. Wahnsinn.
Gegen halb zwölf am Montagmittag, dem 16. Februar 1976, zieht Heinz Höher zur marineblauen Hose mit Schlag den gleichfarbigen Mantel mit Militärklappen an, den seine Frau für ihn ausgewählt hat. Früher ging er nicht ungern einkaufen. Seit einiger Zeit allerdings wehrt er die Versuche seiner Frau, ihn zum Kleiderkauf zu bewegen, mit einem panischen „Ich habe doch alles!“ ab. Sie dachte, es könne am Trainerstress liegen. Ihre Bekannten sagten ihr, es liege wohl in der Natur der Männer, wenn sie älter werden.
Er ist 38, jugendlich für einen Trainer. Ohne eine Anstrengung dafür zu unternehmen, sieht er auf verwegene Art gut aus. Es muss der Blick aus zusammengekniffenen Augen unter buschigen, blonden Augenbrauen sein. Leger bindet er sich den langen weißen Schal um und lässt den Marinemantel offen, als er sich auf den Weg ins Stadion zur Platzbesichtigung mit der städtischen Kommission macht. Sie müssen das Spiel doch ausfallen lassen, so schnell kann trotz steigender Temperaturen die Eisschicht in den Strafräumen nicht geschmolzen sein. Und wenn sie misstrauisch werden, warum nur die Strafräume vereist sind?
37 Jahre lang wissen nur die vier Beteiligten von der Sabotage im Stadion. Erwin Höffken stirbt mit dem Geheimnis, August Liese stirbt, Ottokar Wüst stirbt, ehe Heinz Höher im November 2011 zum Entschluss kommt, dass die Erinnerung fortleben soll. Er sagt seiner Frau, er reise nach Barcelona. Was macht er in Barcelona, fragen die Kinder und die Freunde seine Frau Doris. Aber sie weiß es doch auch nicht.
Er ist 73. Auf dem Rücken trägt er einen neongelben Adidas-Rucksack aus den Achtzigern. Darin hat er einen Stapel Unterlagen mitgebracht, fünfzig Jahre alte Zeitungsartikel über seine Zeit als Bundesligaprofi beim MSV Duisburg, Notizen über Juri Judt, den er ganz alleine vom Kind zum Bundesligaprofi formte, Briefe von Banken, in denen es um Millionenschulden geht, Interneteinträge über Alkoholismus: sein Leben als Mann des Fußballs in einem Rucksack. Er verspürt einen diffusen Drang, über all das zu reden, und wählt als Gesprächspartner einen Schriftsteller in Barcelona, den er noch nie gesehen hat. Aber er fühlt sich ihm nahe, denn er hat seine Bücher gelesen. Heinz Höher hat sich in den Büchern, die er las, immer besser wiedererkannt, besser selbst verstanden als in Gesprächen. Es fiel ihm immer leichter, sich schriftlich als mündlich auszudrücken.
So beginnen wir zu reden, schon bald nach dem ersten Abend in Barcelona auch in Briefen. Gleichzeitig tauchen die ersten Ankündigungen von Büchern zum 50-jährigen Jubiläum der Bundesliga auf, die tollsten Anekdoten, die denkwürdigsten Spiele, die größten Stars. Mit jedem Brief von Höher scheint die Diskrepanz größer zwischen dem, was ein Protagonist wie er in fünf Jahrzehnten Bundesliga erlebt hat, und den Schnipseln, die wir in Jubiläumsbüchern von 50 Jahren Bundesliga als vermeintlich repräsentativ bewahren möchten. Erfährt man nicht viel mehr über die Bundesliga, wenn man die Geschichte eines einzigen Mannes erzählt, als wenn man noch einmal all die Typen, Tore und Tabellen aufreiht?
Heinz Höher war Bundestrainer Sepp Herbergers unerfüllte Hoffnung, als die Bundesliga 1963 startete, ein Außenstürmer, der für seine Pausen genauso bekannt war wie für sein elegantes Spiel. Er wurde der einzige Trainer, für den ein Präsident lieber die halbe Mannschaft feuerte statt wie üblich den Trainer, 1984 beim 1. FC Nürnberg, als die Spieler gegen Höher putschten. Er fiel nach Medikamentenmissbrauch auf dem Trainingsplatz um, er schrieb ein Kinderbuch. Als ihn die Arbeitslosigkeit erwischte, das unvermeidliche Zwischenschicksal eines Trainers, verdiente er sein Geld mit Skatspielen. Menschen, die ihm begegneten, sagen oft, sie könnten seine Ideen schwer nachvollziehen, der Heini Höher denke und lebe irgendwie auf einer anderen Ebene. Sie glauben, er sei komisch. Ich habe oft das Gefühl, er ist hochintelligent.
Er hat in 50 Jahren Bundesliga Einzigartiges erlebt (und angestellt, wenn wir nur an die vereisten Strafräume in Bochum denken), und gleichzeitig verstand zumindest ich durch Heinz Höhers sehr eigenwillige Geschichte zum ersten Mal wirklich, wie sich die Bundesliga in den verschiedenen Epochen anfühlte, wie sich der Fußball veränderte und wie der Fußball einen Menschen verändern kann.
Scheinbar unverändert liegt die dünne Schneedecke am Montagmittag, dem 16. Februar 1976, über dem Rasen des Stadions an der Castroper Straße. Nur ein paar Fußspuren sind im Schnee zu sehen. Das muss wohl der Platzwart gewesen sein. Mit den Schuhspitzen stochern die Männer der Platzkommission im Schnee und treten mit der Ferse besonders fest auf, die Gesichter in scheinbarer Konzentration auf den Boden gerichtet. Neben Dr. Johannes Freimuth, dem Sportdezernenten, und Walter Mahlendorf, dem Sportdirektor der Stadt Bochum, ist auch Max Merkel anwesend, der Trainer des FC Schalke 04. Heinz Brämer, der Wirtschaftsratsvorsitzende des VfL, nutzt die in Bochum seltene Kälte, um seine russische Fellmütze vorzuführen. Ottokar Wüst trägt als Einziger einen hellen Mantel, seinen ewigen Trenchcoat. Heinz Höher hat die Hände in den Manteltaschen vergraben. Alle warten darauf, dass Max Merkel sein Urteil abgibt. Ohne es selbst zu wissen, ist Merkel der Einzige, der ein Interesse daran haben könnte, das Spiel auszutragen. Schalke ist in Form, die jüngsten zwei Partien hat es gewonnen, 3:1 in Duisburg, 5:1 gegen Essen.
„Hier könnten bestenfalls die olympischen Winterspiele fortgesetzt werden“, sagt Merkel. Alle lachen laut. Hört Merkel heraus, dass die anderen nicht nur über seinen Schmäh lachen? Sondern auch aus Erleichterung?
Die Medien werden über die Absage informiert. Heinz Formann, der Sportchef der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung in Bochum, tippt in seine Triumph Adler: „›Schaulaufen kannst du auf dem Platz, nicht Fußball spielen‹, sagte Schalkes Trainer Max Merkel. Womit hoffentlich auch die überzeugt sind, die angenommen hatten, dem VfL sei es daran gelegen gewesen, die Partie zu verschieben. Das Gegenteil war der Fall. Der VfL wollte die Chance nutzen, wenigstens dieses Spiel noch als echtes Heimspiel vor dem Stadionumbau zu nutzen.“ So hat es ihm sein Freund, Trainer Heinz Höher, versichert.
Der erste Freitag im April 1976 ist ein herrlich lauer Frühlingsabend. Auf der Bundesautobahn von Bochum nach Dortmund bilden sich 21 Kilometer Stau. Zu einer Zeit, in der das Wort noch gar nicht existiert, ist das Bundesliganachholspiel zwischen dem VfL Bochum und Schalke 04 ein Event. Der Umzug ins Dortmunder Westfalenstadion gibt der Partie etwas Besonderes, Exotisches, ein Gefühl von Pokalfinale. Rainer Holzschuh, der Bochum-Berichterstatter des Kicker, schätzt mit bloßem Auge, dass über 50000 der 54000 Plätze besetzt sind. Das Stadion wäre voll gewesen, wenn alle Fans rechtzeitig dem Stau entkommen wären. Der VfL Bochum nennt 41000 als offizielle Zuschauerzahl. Das Finanzamt muss nicht ganz genau wissen, wie viel Geld man einnahm. Gut 450000 Mark brutto fließen in die Kasse des VfL, so viel wie bei vier gewöhnlichen Heimspielen in Bochum zusammen.
Das Spiel geht 1:4 verloren, und keiner im Bochumer Präsidium kann sich so richtig ärgern. Ottokar Wüst begleitet Heinz Höher in den Presseraum, der in Dortmund ein richtiger Konferenzsaal mit Podium und Stuhlreihen ist, nicht nur ein Zimmer mit hereingeschobenem Tisch und ein paar Stühlen wie in Bochum. Die Reporter lassen sich nicht anmerken, dass sie nicht so recht kapieren, was Wüst meint, als er sagt: „Ich danke Heinz Höher vom Herzen für die Courage, in solch einem schweren Spiel wie gegen Schalke auf das echte Heimrecht in Bochum zu verzichten.“ Welche Courage? Das Spiel in Bochum fiel doch einfach wegen Schnee und Eis aus? Heinz Höher lässt Wüsts Dank mit unbewegtem Gesicht über sich ergehen. Er lächelt, wie immer, wenn er sich besonders freut, nach innen.
Es gibt viele Bücher zur Bundesliga - Keines ist wie „Spieltage“, denn „Die andere Geschichte der Bundesliga“ ist vielmehr als nur ein Sportbuch. Es ist mutig, einzigartig und voller Emotionen, weil es eine mitreißende Geschichte erzählt, die Abenteuergeschichte der Bundesliga gewissermaßen: Am Beispiel eines Menschen, der die Liga vom ersten Tag an erlebt und mitgestaltet hat, zeigt Ronald Reng den Fußball in all seinen Facetten: in seiner Dramatik, Tragik, Komik und auch seinen Kuriositäten. Und wie nebenbei entsteht ein großartiges Bild des Alltagslebens in der Bundesrepublik über die vergangenen fünfzig Jahre. Um es mit Rengs eigenen Worten zu sagen: ein Buch wie ein unwiderstehliches Dribbling!
Viele - um nicht zu sagen: alle - fragen mich: „Mensch, wie bist Du denn auf die Idee gekommen, die Geschichte der ersten 50 Jahre der Bundesliga an Heinz Höher zu erzählen?“ Ich würde dann gerne antworten: Ich habe 300 Bundesligaspieler per Rasterfahndung gecheckt und Höher erschien mir der geeigneteste, der repräsentativste.
Die Wahrheit ist aber: Ich kam nicht wirklich auf ihn. Er ist mir zugelaufen.
Irgendwann hatte ich eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Höher aus Nürnberg. Ich sollte zurückrufen. Ich dachte, ich riefe irgendeinen Höher zurück. Ich hatte keine Ahnung, dass es sich um Heinz Höher, den ehemaligen Trainer des VfL Bochum und 1. FC Nürnberg, handelte. Er hatte eines meiner Bücher gelesen und wollte mich kennenlernen. Ich sagte sinngemäß, ja, das können wir schon mal machen – irgendwann. Er rief eine Stunde später wieder an. Er hatte in der Zwischenzeit einen Flug zu mir nach Barcelona gebucht. In drei Tagen sei er da …
Er erzählte mir seine Geschichte, seinen Weg durch 50 Jahre Bundesliga, erzählte von den zwei Paar Fußballschuhen, die sie in den Sechzigern pro Saison bekamen,von Nächten auf Bahnhofsbänken bei Spielbeobachtungen in Frankreich, von zweiten Plätzen in der Bundesliga, von Franz Beckenbauer, den er als Literaturagent für sein Kinderbuch einspannte, und irgendwann machte es bei mir klick: Was, wenn ich 50 Jahre Bundesliga am Leben dieses einen Mannes erzählte?
Es hat ein wenig gedauert, bis das neue Buch fertig wurde (drei Jahre seit dem letzten Werk, um genau zu sein), aber das hat seine guten Gründe. Und meine Faulheit war nur einer davon … „Spieltage. Die andere Geschichte der Bundesliga“ war definitiv mein aufwendigstes Buch.
Um 50 Jahre Bundesliga zu erforschen, benötigte ich nicht nur gut hundert Stunden Interviews (und zirka doppelt so viel Zeit, um die ganzen Tonbänder der Interviews abzutippen – meine Lieblingsbeschäftigung). Ich verbrachte auch Tage und Wochen über alten Zeitungsbänden in Stadt- und Universitätsarchiven. Der Geruch des bereits gelblichen Zeitungspapiers wird mir noch einige Jahre in der Nase bleiben.
Herausgekommen ist mein ungewöhnlichstes Buch. In stillen Momenten, wenn mich niemand beim Größenwahn ertappen kann, denke ich manchmal auch: mein bestes.
Der Versuch, an einem heute weitgehend unbekannten Fußballspieler und -trainer die Geschichte der Bundesliga zu erzählen, war ein Experiment. Bevor ich loslegte, kannte ich einige Geschichten meines Protagonisten, Heinz Höher: Wie er als gut bezahlter Erstligatrainer auf einer Bahnhofsbank übernachtete. Wie er ein Kinderbuch schrieb und Franz Beckenbauer als Literaturagenten einspannte. Wie seine Spieler im Training auf Basketballkörbe schossen – mit einer Pistole. Aber erst während des Schreibens bekam ich ein Gefühl, dass die Idee tatsächlich funktionieren könnte: Dass man an Heinz Höhers abenteuerlicher Lebensgeschichte erkennt, wie die Bundesliga sich in den verschiedenen Jahrzehnten anfühlte – wie sie wirklich war.
„Mit einer famosen Mischung aus Fachwissen und Feingefühl ist Ronald Reng ein echter Volltreffer gelungen.“
„Keiner kann so schön, intelligent und unterhaltsam über Fußball schreiben wie Ronald Reng.“
„Spannend, authentisch, fleißig zusammengetragen. Ein bleibendes Buch der Fußball- und Gesellschaftskultur.“
„Das Buch ist genau, es ist ungemein aufwändig wie präzise recherchiert, und es ist schonungslos (...).“
„Das mit Sicherheit originellste Werk zur Geschichte der Fußball-Bundesliga. (...) Großartig.“
„Man erfährt in Rengs klugem, unprätentiös geschriebenen Buch en passant sehr viel über die Hintergründe einer zunehmend medial inszenierten Sportart, die in ihrer höchsten Präsentationsform, der Bundesliga, alle Prophezeiungen eines nahenden Untergangs überlebt hat. Das ist bewegend, ja anrührend und macht aus ›Spieltage‹ das Buch, das sich die Bundesliga als hellsichtige Festschrift wünschen durfte.“
„Ein außerordentliches Glück für den Leser. (...) Eines der besten Bücher, die bisher über den Fußball geschrieben wurden.“
„Ein Highlight (...) eine unglaubliche, doch wahre Felix-Krull-Geschichte, dazu höchst unterhaltsam geschrieben.“
„Spannend, komisch mitunter, berührend, bedrückend auch, nie aber langweilig. (...) Reng legt die bisher beste Geschichte der Liga vor.“
„Ein halbes Jahrhundert Deutschland aus Fußballsicht - ein Geschenk! Auch für absolute Nicht-Fußballfans!“
„Eine lebendige, fesselnde Erzählung, die auf fast 500 Seiten zwischen Abenteuerroman und Dokumentation, zwischen Tragik und Komik hin- und herpendelt.“
„Ein genau recherchiertes Sachbuch, abwechslungsreich, packend und mit viel Sympathie geschrieben.“
„Ein Sportroman der Extraklasse.“
„Ein packendes Buch.“
„Rengs so anrührend wie hellsichtig geschriebenes Denkmal für eine große und sympathische Nebenfigur dieses Sports.“
„Eine Lebensgeschichte von nahezu literarischer Qualität.“
„Intimer Einblick in eine vertraute und doch sehr fremde Welt.“
„Das originellste und ambitionierteste Buch zum Jubiläum der Fußballbundesliga. (...) Muss man lesen.“
„Eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte. Und diese hier ist brillant.“
„Reng hat die seltene Gabe, das Feingefühl und die Fachkenntnis, die Geschichte der Bundesliga durch die Person (...) Heinz Höher zu erzählen, und zwar in einer Art und Weise, dass man das Buch mit dem viel zu bescheidenen Titel ›Spieltage-die andere Geschichte der Bundesliga‹ am liebsten gar nicht wieder weglegen würde.“
„Ein genau recherchiertes Sachbuch, abwechslungsreich, packend und mit viel Sympathie geschrieben. Wer kein Fußballfan ist, kann es als Roman lesen. Als Sportlerdrama vor zeithistorischem Hintergrund.“
„Eine erstaunliche Idee, noch erstaunlicher aber: dieses Experiment - die Biographie eines Mannes zu verweben mit der Geschichte des deutschen Fußball-Zirkus - gelingt!“
„Dem Bestseller-Autor ist eine famose Abenteuergeschichte über die Deutschen und ihr liebstes Spiel gelungen.“
„Ronald Reng ist ein herausragendes Buch gelungen.“
„Ein ganz fantastisches Buch. Ein Meilenstein.“
„Ronald Reng hat ein wunderbares Buch geschrieben (...).“
„Ronald Rengs ›Spieltage. Die andere Geschichte der Bundesliga‹ gehört für mich zu den allerbesten Büchern, die ich in den letzten Jahren las. Die spannenden kleinen Geschichten aus dem Leben des Heinz Höher erzählen lässig und ergreifend zugleich die große Geschichte der Bundesliga. Ein ‚Page-Turner‘ der allerbesten Güte!!“
„Liest sich für Fans wie ein Abenteuerroman.“
„Famose Abenteuergeschichte über den deutschen Fußball“
„Ronald Reng schenkt liebevoll, sprachlich präzise und doch distanziert genug Heinz Höher die Gnade der Betrachtung als große Romanfigur.“
„Reng hat ein Werk geschaffen, das nicht nur Fußballfans fesselt.“
„Ein genau recherchiertes Sachbuch, packend und mit viel Sympathie geschrieben. Wer kein Fußballfan ist, kann es als Roman lesen. Als Sportlerdrama vor zeithistorischem Hintergrund.“
„Ronald Reng ist ein herausragendes Werk gelungen. (...) ›Spieltage‹, zum Fußball-Buch des Jahres gewählt, spricht natürlich in erster Linie ein Fach-Publikum an, ist aber viel mehr als nur ein Sportbuch, sondern auch eine Art Abenteuerroman mit Scharfsinn und Tiefe.“
„Ein Muss für jeden Fußball-Fan.“
„›Spieltage‹ fesseln den Leser, weil das Buch die Bundesliga nicht hochjubelt, aber dennoch beschreibt, warum Millionen Fans seit fünf Jahrzehnten mitfiebern.“
„Dies ist ein Sachbuchroman, den man sich ›erfühlen‹ sollte.“
„Die wohl beste Fußballlektüre des Jahres!“
„Ein großartiges Buch, das alles in den Schatten stellt, was den Blick nur auf die Highlights der Geschichte der Fußball-Bundesliga richtet.“
„Ein Buch fällt aus dem Rahmen, geschrieben hat es der Sportjournalist Ronald Reng. (...) Ein rührendes Buch, das einen nicht loslässt.“
„Das perfekte Buch für alle, deren Puls samstags um 15.30 Uhr steigt.“
„Überraschend und lesenswert - so wie das ganze Buch.“
„Herausgekommen ist ein großartiges Buch. (...) Ein offenes Buch.“
„Für alle Fans, für die es bei Fußball nicht nur ums Tore schießen geht.“
„Auch für Nicht-Fußballfans ein absoluter Lesegenuss. Kaufbefehl!“
„Höhers Erinnerungen: Sie sind eine einzigartige Fundgrube für alle Fußballfreunde - fantastisch in Szene gesetzt von einem Schriftsteller, der mit der Sprache umzugehen versteh wie Messi mit dem Ball.“
„Ein erfrischendes Fußballbuch, das die Geschichte der Bundesliga entlang der Achterbahn-Biografie des früheren Trainers Heinz Höher erzählt.“
„Ronald Reng ist eine famose Abenteuergeschichte über die Deutschen und ihr liebstes Spiel gelungen.“
„Ein wunderbares Buch - empfehlenswert für Fans UND Nicht-Fans.“
„Eine famose Abenteuergeschichte!“
„Dieses Buch fesselt jeden Fan, zeigt eindrucksvoll, wie sich der Fußball in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat, und gibt etliche Einblicke in die sonst so intime Fußball-Welt.“
„Ein Buch, das jeder lesen sollte, für den Fußball nicht nur ein Spiel ist, sondern ein Roman des Lebens.“
„Ronald Rengs Buch ›Spieltage‹ fasziniert.“
„Diese Lektüre bedeutet mehr als amüsante Unterhaltung, sie verschafft auch erfrischende emotionale Reminiszenzen. Auch für jüngere Fans ist das Buch spannend, da sie hier erfahren, wie der Fußball und vieles Andere früher einmal war.“
„Ronald Reng ist dabei ein Erzähler, der über ein extrem gutes Timing verfügt, eine große erzählerische Souveränität und ein psychologisches Feingefühl beweist.“
„Reng hat sein Thema dabei voll im Griff, erzeugt große Spannung und macht die knapp 500 Seiten dank seines schreiberischen Könnens zu einem absoluten Lese-Genuss.“
„So erfährt man in Rengs klugem unprätentiös geschriebenem Buch en passant sehr viel über die Hintergründe einer zunehmend medial inszenierten Sportart. (...) ›Spieltage‹, das Buch, das sich die Bundesliga als hellsichtige Festschrift wünschen durfte.“
„Ein besondere Abenteuergeschichte der Bundesliga.“
„Den Kultur-Sachbuchpreis des NDR hat Rengs Buch bereits gewonnen. Zurecht.“
„Ein Trainerleben wie ein Roman - das mit Abstand beste Buch zum Bundesligajubiläum.“
„Ein Sportbuch auf Bundesliganiveau.“
„Entlang seiner Biografie erzählt Reng spannende, kritische Fußballgeschichte.“
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