"Was für ein Abenteuer! Was für ein irre Reise!
Seit Monaten schon arbeite ich an meinem Traum. Gemeinsam mit Wolf Schroen, der genauso flugverückt ist wie ich, will ich einmal um die Welt fliegen. Nicht mit der Lufthansa, nicht per Linie, sondern mit einem kleinen Propellerflugzeug. Mit einer kleinen Mooney, die nicht einmal zwei Tonnen wiegt.
Seit Monaten schon haben wir uns vorbereitet. Wir haben uns das notwendige Material beschafft, das Equipment, wie man so schön sagt, und für solch eine Weltreise braucht man einiges: Satellitentelefon und Karten, Rettungsanzüge und Rettungsinsel, Visa und Hotelreservierungen (soweit das vorher möglich ist), Werkzeug, die passende Kleidung. Und natürlich: das passende Flugzeug. Die Mooney haben wir im Juni aus den USA geholt, es war der erste, kleine Test für die große Reise, die vor uns liegt. Wir sind über den Norden Kanadas, Grönland, Island und Schottland zurück nach Berlin geflogen. Und es hat bestens geklappt!
Das ist erstaunlich, denn Wolf und ich haben uns erst vor ein paar Monaten kennengelernt, er lebt in Berlin, ich in Pullach bei München, er ist gebürtiger Amerikaner, ich gebürtiger Bayer. Aber sein Deutsch, wenn auch amerikanisch eingefärbt, nahezu perfekt. Sein Vater stammt aus München - unsere Herkunft verbindet uns also.
Seine Eltern wohnen schon seit vielen Jahrzehnten in den USA, in Dallas. Dort ist Wolf auch aufgewachsen, dort leben vieler seiner Freunde. Wobei Wolf Freunde auf der ganzen Welt hat. Denn er reist viel, war in Ländern, die ich noch nie gesehen haben, in Kambodscha etwa. Seine Freundin Caroline lebt in San Francisco. Und auch seine Firma ist recht international: "Fat Tire Bike Tours" bietet Stadtrundfahrten mit dem Fahrrad und dem Segway an, nicht bloß in Berlin, sondern auch in mehreren anderen europäischen Metropolen, darunter Barcelona und München.
Was uns verbindet, ist die Liebe zur Fliegerei - und der Traum von der Weltreise, vom großen Abenteuer, und davon, dies nicht als eine Luxusreise zu verstehen (auch wenn so eine Reise natürlich sehr viel Geld kostet), sondern als Möglichkeit, das ganz normale Leben in den Ländern kennenzulernen. Weil uns ist dies eint, haben wir uns auch sofort bestens verstanden, als wir uns vor einigen Monaten auf einem Treffen der Zeitschrift "Pilot und Flugzeug" kennengelernt haben. Eine Anzeige in dem Magazin hatte uns angelockt, der Hinweis auf eine Weltumrundung, zu der das Magazin mehrere Piloten zusammenbringen wollte. Wir sind beide hingereist - und wir suchten beide eine Partner, um dieses Abenteuer zu realisieren.
So haben wir uns letztlich gesucht und gefunden. Und uns von Anfang an bestens ergänzt. Wolf zum Beispiel hat, anders als ich, eine IFR-Lizenz, er darf durch Wolken fliegen und durch Wolken hinweg landen. Und wer weiß, wie das Wetter auf unserer Tour sein wird? All das habe ich noch nie gemacht, denn ich darf nur auf Sicht fliegen, muss Wolken umkurven und mir bei bedecktem Himmel ein Wolkenloch suchen, wenn ich landen will.
Natürlich habe ich auch schon ein paar Hundert Flugstunden hinter mir, bin mit der Cessna, die ich mir regelmäßig auf dem Flugplatz Jesenwang westlich von München miete, schon nach Rom geflogen, nach Mallorca, nach Schweden. Auch manch turbulenter Flug war schon dabei, bei dem es uns so richtig durchgeschüttelt hat. Aber Wolf ist ein sehr viel erfahrener Pilot als ich, er hat deulich mehr Flugstunden absolviert, und ihm gehört auch das Flugzeug, mit dem wir unterwegs sein werden. Die Mooney hat er gebraucht in den USA gekauft, eine schöne Maschine mit einem Rumpf, der in einem hellen Weiß und einem satten Dunkelblau gestrichen ist.
"Maggie" hat er sein kleines, feines Flugzeug getauft. "Maggie" ist eine echte Dame. Sie erwartet, dass man liebevoll und fürsorglich mit ihr umgeht. "Maggie" ist so groß wie ein Cessna, aber nicht ganz so gutmütig. Sie verzeiht Fehler nicht so schnell, man muss sie mit viel Einfühlungsvermögen steuern.
80 Tage werden wir unterwegs sein. 80 Tage, so wie einst auch Phileas Fogg, der britische Gentleman aus dem berühmten Roman von Jules Vernes. Mit den Mitgliedern des Londoner Reform-Clubs hatte er um 20.000 Pfund Sterling gewettet, dass er in 80 Tagen die Welt umrunden würde - zur damaligen Zeit, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein schier unglaubliches Ziel. Flugzeuge gab es noch nicht, nur Schiffe und die Eisenbahn.
Fogg brach noch am selben Abend auf, sein französischer Diener Passepartout begleitete ihn auf der Reise, die über den Suezkanal, Bombay, Kalkutta, Hongkong und Japan führte, dann über den Pazifik nach San Francisco, weiter quer durch die USA nach New York und von dort mit einem Raddampfer, den Fogg angemietet hatte, nach Irland und zurück nach London.
Phileas Fogg ist damals ostwärts gereist (was ihm am Ende half, seine anfangs verloren geglaubte Wette zu gewinnen, da er durch das Überschreiten der Datumsgrenze einen ganzen Tag gewonnen hatte), wir dagegen reisen westwärts.
Erst 342 Kleinflugzeuge sind seit 1924 überhaupt einmal rund um die Welt geflogen, davon 194 einmotorige Maschinen. Nachlesen kann man dies auf der Website www.earthrounders.com. Die meisten Maschinen sind jedoch ostwärts geflogen. In westlicher Richtung haben erst 63 Kleinflugzeuge die Welt umrundet, darunter gerade mal 44 einmotorige Maschinen.
Westwärts. Das bedeutet, dass wir gegen den Wind fliegen. Westwärts: Das bedeutet aber auch, dass wir immer wieder ein kleines bisschen Zeit gewinnen. Auf den langen Flügen gen Westen, die durch mehrere Zeitzonen führen, können wir ein, zwei Stunden länger in der Luft bleiben, ehe uns die Dunkelheit zur Landung zwingt. Westwärts: Das war schon der große Traum der Siedler in den USA. Westwärts: So segelte auch Christopher Kolumbus, als er den Seeweg nach Indien entdecken wollte und stattdessen Amerika fand.
Unsere Tour wird uns nicht nur in die USA führen, nach Maine, New York, Texas, Las Vegas, Seattle und weiter hoch nach Kanada und Alaska. Sondern es geht anschließend auch kreuz und quer durch Asien. Wir werden Japan sehen, Indonesien, die Philippinen, Papua Neu Guinea, viel Zeit in Australien verbringen und von dort über Bali, Singapur, Thailand und Myanmar bis nach Bhutan fliegen, dem Himalaya-Staat, dessen Flughafen sich so schwer anfliegen lässt. Und dann geht es quer durch den indischen Subkontinent und über den Persischen Golf hinweg zurück nach Europa.
Wir freuen uns auf ein riesiges Abenteuer, auf das Abenteuer Weltumfliegung. Und wir freuen uns darauf, auf dieser Website von unserem Abenteuer zu berichten: mit kurzweiligen Texten und vielen Bildern. Damit auch alle, die unsere Reise nur aus der Ferne verfolgen, die Realisierung unseres Traums mit- und nacherleben können."
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