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Alle sehen dich (Hannover-Krimis 12) Alle sehen dich (Hannover-Krimis 12) Alle sehen dich (Hannover-Krimis 12) - eBook-Ausgabe

Susanne Mischke
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Kriminalroman

— Spannender Krimi um eine Bloggerin in Gefahr, deren Follower zu Stalkern werden

„Susanne Mischkes Bücher bieten solide Krimikost, bei der vor allem das Drumherum, die kleinen Geschichten und Dramen rund um das hannoversche Ermittlerteam stets sehr unterhaltsam ist.“ - Hannoversche Allgemeine Zeitung

Alle Pressestimmen (9)

Paperback (16,00 €) Taschenbuch (12,00 €) E-Book (12,99 €)
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Alle sehen dich (Hannover-Krimis 12) — Inhalt

In Bodo Völxens Dienststelle herrscht Chaos: Anwärter Joris Tadden soll gleich zwei Kommissare vertreten, die für unbestimmte Zeit ausfallen. Die Frauen schwärmen für den waschechten Friesen, aber Völxen sieht nur die Unerfahrenheit. Außerdem schlägt er sich mit der geltungssüchtigen Bloggerin Charlotte Engelhorst herum, die sich verfolgt fühlt und jeden auf infame Weise verdächtigt. Zu Unrecht? Doch dann verunglücken Personen aus ihrem Umfeld tödlich. Ist ein Follower tatsächlich zum Verfolger geworden? Völxen lässt sein Team ermitteln, nicht ahnend, dass auch der suspendierte Erwin Raukel im Hintergrund mitmischt.

€ 16,00 [D], € 16,50 [A]
Erschienen am 06.01.2023
352 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-06372-2
Download Cover
€ 12,00 [D], € 12,40 [A]
Erscheint am 27.02.2025
352 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-32132-7
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€ 12,99 [D], € 12,99 [A]
Erschienen am 06.01.2023
352 Seiten
EAN 978-3-492-60195-5
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Leseprobe zu „Alle sehen dich (Hannover-Krimis 12)“

Samstag, 2. April 2022,
am Vormittag,
so gegen zehn Uhr

„Willst du nicht mal die Sonnenbrille absetzen, Bodo? Ich komme mir vor, als würde ich mit einem Mafioso frühstücken.“

Hauptkommissar Bodo Völxen und seine Frau Sabine nehmen ihr spätes Frühstück auf der Terrasse ein, wobei es Völxen an diesem Samstagmorgen mit Kaffee und einem trockenen Knäckebrot noch sehr langsam angehen lässt. Mehr geht nicht. Sein Schädel brummt wie ein Bienenschwarm, und bei jeder schnellen Bewegung sticht es in seinem Kopf. Die Abschiedsfeier seiner besten Mitarbeiterin, Oda [...]

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Samstag, 2. April 2022,
am Vormittag,
so gegen zehn Uhr

„Willst du nicht mal die Sonnenbrille absetzen, Bodo? Ich komme mir vor, als würde ich mit einem Mafioso frühstücken.“

Hauptkommissar Bodo Völxen und seine Frau Sabine nehmen ihr spätes Frühstück auf der Terrasse ein, wobei es Völxen an diesem Samstagmorgen mit Kaffee und einem trockenen Knäckebrot noch sehr langsam angehen lässt. Mehr geht nicht. Sein Schädel brummt wie ein Bienenschwarm, und bei jeder schnellen Bewegung sticht es in seinem Kopf. Die Abschiedsfeier seiner besten Mitarbeiterin, Oda Kristensen, gestern Abend hat ihre Spuren hinterlassen, sowohl körperliche als auch seelische.

„Zu hell.“

Seine Gattin quittiert den Hinweis mit einem, wie ihm scheint, leicht schadenfrohen Lächeln. Sie war auch dabei, aber als Chauffeurin hat sie sich mit Apfelschorle begnügt. Deshalb ist sie heute fit wie ein Turnschuh, er dagegen fühlt sich eher wie ein Turnbeutel.

„Das war gestern schon das zweite Mal in zwei Wochen, dass du dich betrunken hast.“

„Führst du Buch über meine Räusche?“

„Du hast mir noch immer nicht gesagt, wo du beim letzten Mal gewesen bist.“

„Dienstgeheimnis“, antwortet Völxen und rückt seine uralte Ray-Ban auf der Nase zurecht.

„Ich könnte dir einen Sauerampfer-Spinat-Smoothie mit Zitronensaft und Honig machen.“

„Hol mir lieber einen Rollmops und ein Stützbier.“

Sabine verdreht die Augen, was Völxen als Ablehnung deutet.

Er lehnt sich zurück und lässt hinter der Sonnenbrille seinen Blick durch den Garten schweifen, in dem es frühlingshaft grünt, blüht und summt. Tulpen in den wildesten Farben und Mustern sind aufgegangen, im Hochbeet sprießt der Salat, und die ersten Erdbeeren, zwar noch klein und blass, verheißen künftige Genüsse. Neulich ist ihm die Bemerkung entschlüpft, das Gemüsebeet sehe, verglichen mit dem drüben, beim Hühnerbaron, ziemlich unordentlich aus. Prompt musste er sich einen Vortrag über biologisches Gärtnern und Permakulturen anhören, welcher erst verstummte, als Völxen sich für seine unqualifizierte Bemerkung entschuldigte und hinzufügte, solange sie keine mit Kuhdung gefüllten Hörner bei Vollmond vergrabe, sei alles in bester Ordnung.

Seit Sabine vor zwei Jahren die Zahl ihre Unterrichtsstunden im Fach Klarinette an der Musikhochschule reduziert hat, widmet sie sich voller Eifer der eigenen Scholle. Zuvor haderte sie immer wieder einmal mit dem Landleben, aber inzwischen scheint sie völlig darin aufzugehen und setzt neuerdings sogar auf Selbstversorgung in Sachen Obst und Gemüse. Anfangs hat Völxen das ambitionierte Vorhaben belächelt, doch längst zeigen sich die Erfolge, auch wenn es mit der Selbstversorgung noch nicht hundertprozentig klappt. Die Früchte der eigenen Arbeit sowie ein Regal voller Einmachgläser und genug Marmelade für die nächsten zehn Jahre vermitteln Sabine – und, zugegeben, auch ihm selbst – ein wenig das Gefühl von Kontrolle und Autonomie. Damit erfüllt der Garten einen wertvollen therapeutischen Zweck, der in Zeiten wie diesen nicht zu unterschätzen ist. Natürlich wird einem nichts geschenkt. Es ist es ein ständiger Kampf, es gilt, Widrigkeiten zu trotzen, als da wären: Hagel, Sturm, Schadinsekten, Raupen, Pilzbefall, Stare im Kirschbaum und die schlimmste aller Plagen: ein buddelnder Terrier.

Apropos Tiere … „Wir müssen unbedingt noch vor Ostern die Schafe scheren.“

„Ohne mich“, erwidert Sabine. „Ich hol mir nicht wieder ein blaues Auge von deinem Bock wie im letzten Jahr.“

Die Schafschur ist wirklich kein Vergnügen. Besonders der Schafbock Amadeus zeigt sich dabei ausgesprochen – nun ja, bockig. Ihn an die Schermaschine zu bekommen verlangt sowohl nach den Fähigkeiten eines Profiringers als auch nach denen eines Matadors.

„Warum engagierst du keinen professionellen Scherer? Das wäre auch besser für deinen lädierten Rücken“, schlägt Sabine vor.

„Als ob sich einer wegen fünf Schafen hierherbequemt! Außerdem sind die Kerle viel zu grob. Das eine Mal, als doch einer kam, waren Salomé und Mathilde danach wochenlang traumatisiert.“ Völxen erhebt sich, seinem Zustand entsprechend, mit gravitätischer Langsamkeit vom Stuhl. „Ich sehe mal nach den Schafen.“ Noch immer nicht ganz er selbst, trottet der Hauptkommissar durch den Garten, vorbei am Geräteschuppen und dann zur Obstwiese, gefolgt von Oscar, der sein Herrchen fröhlich kläffend umspringt.

„Oscar! Schluss mit dem Radau, mir platzt gleich der Schädel!“

Ein Hinweis, der den Terriermischling nicht die Bohne interessiert.

Sabine Völxen stellt die Reste des Frühstücks auf das Tablett und schenkt sich eine weitere Tasse Kaffee ein. Nur noch einen Moment die Sonne genießen. Sie schließt die Augen und lässt die Geräuschkulisse eines Samstagvormittags in ländlicher Umgebung auf sich wirken: das Keifen der Spatzen, das Krächzen einer Krähe, das Brummen diverser Rasenmäher, das Aufheulen hochgedrehter Motorräder auf der nahen Bundesstraße. Irgendwo bellt ein Hund, und drüben, beim Hühnerbaron, jault eine Kettensäge. Nun piept auch noch ihr Handy. Es vermeldet einen neuen Beitrag von Über den Gartenzaun. Wie schön!

Sabine nimmt die Tasse mit ins Haus, um sich das Video auf dem größeren Bildschirm des Laptops anzusehen. Jetzt, im Frühjahr, stellt Charlotte Engelhorst fast täglich einen neuen Beitrag ein. Meistens werden in den Videoclips Gartenthemen behandelt, aber längst nicht nur. Der Name Über den Gartenzaun ist Programm, es fühlt sich tatsächlich an, als träfe man eine gute Nachbarin und Freundin am Zaun und spräche mit ihr über dies und das, was eben gerade anliegt. Wobei das Gespräch in diesem Fall natürlich etwas einseitig ist und man bestenfalls einen Kommentar hinterlassen kann. Doch das tut der Sache keinen Abbruch. Sabine mag die herzerfrischende Art, in der die Frau frei von der Leber weg über Gott und die Welt und ihre Mitmenschen plaudert, man könnte auch sagen: lästert.

Die Gartenfee, wie sie neulich von einer Moderatorin des Norddeutschen Rundfunks genannt wurde, ist vierundsechzig Jahre alt, woraus sie keinen Hehl macht, und damit nur wenige Jahre älter als Sabine Völxen. Vielleicht ist auch das ein Grund, weshalb Sabine beim Betrachten ihrer Videos eine gemeinsame Wellenlänge und manchmal beinahe eine gewisse Seelenverwandtschaft zu spüren glaubt.

Vor sechs Jahren wurde Charlotte Engelhorst von ihrem Ehemann, einem Banker, verlassen, auch davon berichtete sie aufrichtig, zuweilen schon fast zu sehr. Sabine gehörte damals noch nicht zu Charlottes Fans, denn deren Rosenkrieg hätte sie wohl kaum interessiert. Sabine wurde erst zur Followerin, nachdem Charlotte Engelhorst geschieden war, einen heruntergekommenen Bauernhof in der Wedemark kaufte und damit einen ziemlich verwilderten Garten übernahm.

Dies erinnerte Sabine lebhaft an die Zeit vor dreißig Jahren, als sie und Bodo den alten, renovierungsbedürftigen Bauernhof südlich von Hannover erwarben. Hätte es damals schon Smartphones gegeben, hätte sie bestimmt ebenfalls einiges von dem festgehalten, was sie und ihr Gatte nach Dienstschluss und am Wochenende dort anrichteten. Das wäre heute sicher unterhaltsam. So gibt es von ihren dilettantischen Baumaßnahmen sowie der Anfangszeit als Schafhalter beziehungsweise Gärtnerin nur ein paar verwackelte Videos auf VHS-Kassetten, die schon ewig lange keiner mehr angeschaut hat. Ist vielleicht auch besser so.

Charlotte Engelhorst, die, wie sie regelmäßig betonte, die Nase gestrichen voll hatte von Männern und festen Beziehungen, gründete auf ihrem Hof eine zünftige Wohngemeinschaft. Früher hätte man es eine alternative Land-WG genannt, aber inzwischen ist das einst Alternative eher die Norm. Charlotte Engelhorst ließ ihre Fangemeinde von Beginn an regen Anteil an diesem Projekt nehmen, und auch Sabine verfolgte, wie sie die Wildnis in ein kleines Paradies verwandelte. Die Wohngemeinschaft bestand anfangs vorwiegend aus Frauen, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Von der Schamanin mit grauem Wallehaar bis zu einer sehr burschikosen, wahrscheinlich lesbischen Schreinerin mit einem Kreuz wie ein Gewichtheber war alles dabei. Inzwischen ist die Gemeinschaft deutlich kleiner geworden, dennoch sind die Erlebnisse und Querelen, die sich daraus ergeben, bisweilen Thema ihrer Videos. Charlottes Ehrlichkeit geht dabei bis an die Schmerzgrenze – die eigene und die anderer – und manchmal auch darüber hinaus. Manche finden sie rücksichtslos, sie selbst nennt es authentisch, und ihre treuen Fans lieben sie dafür. Über den Gartenzaun zu verfolgen ist, als würde man einer Nachbarin heimlich in den Garten und ins Wohnzimmer schauen und an deren Leben teilhaben. Sabine ist klar, dass die Gartenfee damit hauptsächlich den Voyeurismus ihrer Mitmenschen bedient – und Kasse macht. Längst bewirbt sie allerhand Bioprodukte, Naturkosmetik und Gartenzubehör. Was Sabine selbst betrifft: Sie folgt dem Video-Blog selbstverständlich nur wegen der Gartentipps und der Kochrezepte.

Sie fährt ihren Rechner hoch und klickt den Link an. Eigenartig, Charlotte steht nicht, wie man zu dieser Jahreszeit erwarten könnte, mit dem Spaten im Beet, sondern sie sitzt in steifer Haltung am Tisch in ihrem Studio. Sie, die immer darauf achtet, auch bei noch so anstrengenden Arbeiten bella figura zu machen und gepflegt auszusehen, wirkt heute reichlich derangiert. Sie trägt gar kein Make-up, was sie auf einen Schlag zehn Jahre älter aussehen lässt, und das blondierte Haar, sonst stets lässig-kunstvoll aufgesteckt, hängt strähnig herab. Was hat sie da an? Ist das ein Schlafanzug? Ihr Gesichtsausdruck ist verängstigt, und sie spricht in abgehackten Sätzen und mit tränenerstickter Stimme. Noch schockierender ist das, was sie vorbringt.

„Ich möchte … ich muss euch etwas mitteilen. Ich bin nicht … nicht die nette Frau von nebenan. Das ist nur Fassade, eine Täuschung. Ich bin süchtig nach Anerkennung. Und … und es geht auch um Geld. Ich bin geldgierig, und mein Leben ist gespickt mit Verrat und miesen Tricks. Ich belüge alle und jeden, und das … das jeden Tag. Im Kern meines Wesens … bin ich niederträchtig und egoistisch. Das ist … meine wahre Natur.“

In den Pausen zwischen den Wörtern sieht es aus, als würde sie jemanden ansehen, der sich Raum befindet, oder als lese sie den Text irgendwo ab. Sabine beschleicht das Gefühl, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt. Zwar muss man bei Charlotte immer mit Überraschungen rechnen, und sie hat auch wenig Scheu vor Selbstentblößung, aber das hier geht dann doch zu weit.

„Ich habe Menschen geschadet. Ich habe sie ausgenutzt und belogen. Ich habe … das Leben anderer zerstört. Mit meinen Lügen. Es tut mir …“ Plötzlich stößt Charlotte Engelhorst einen Schrei aus und zuckt zusammen. Hinter ihr erscheint eine maskierte Gestalt, die ihr schnell eine weiße Plastiktüte über den Kopf stülpt. Hände in schwarzen Handschuhen halten die Tüte fest und ziehen sie am Hals zu. Vorn auf dem Plastikbeutel, quer über Charlottes verdecktem Gesicht, steht in roten Lettern das Wort Lügnerin, darunter ringt Charlotte nach Luft. In grausiger Deutlichkeit erkennt man das pulsierende Oval, wo ihr Mund die Tüte ansaugt. Charlotte windet sich, wirft den Kopf hin und her, doch mehr kann sie offenbar nicht tun. Ihre Hände sind vermutlich an den Stuhl gefesselt, schon während dieses seltsamen Geständnisses waren sie nicht zu sehen. Charlotte versucht dennoch aufzustehen, doch die Gestalt hinter ihr drückt sie in ihren Sessel.

Dann verwackelt die Aufnahme, und der Bildschirm wird dunkel.

Sabine Völxen starrt auf die schwarze Fläche. Sie vernimmt einen leisen Wimmerton und merkt, dass er von ihr selbst kommt. Was war das? Ein Todeskampf live im Netz? War sie gerade Zeugin eines Mordes, wurde Charlotte Engelhorst vor laufender Kamera umgebracht?

Sie springt auf, will in den Garten, zu ihrem Ehemann, der für so etwas zuständig ist, doch gerade kommt er gut gelaunt zur Tür herein, in der Hand ein Glas mit Rollmöpsen, und verkündet, dass auf den Hühnerbaron und seine Hanne einfach Verlass sei. „Ordentliche Beete und Rollmöpse im Kühlschrank, so gehört sich das.“

Sabine hört ihm gar nicht zu. „Das hast du nun von deiner Ignoranz!“, schreit sie ihn an. „Du hättest sie ernst nehmen sollen! Sie hatte recht, mit allem hatte sie recht! Und jetzt ist sie ermordet worden! Gerade eben, vor meinen Augen!“

„Was? Wer denn?“ Völxen, überrumpelt, merkt erst jetzt, dass seine Gattin vollkommen aufgelöst ist. Er stellt das Glas beiseite und fasst sie bei den Schultern. „Sabine! Wovon redest du? Was ist passiert?“

In diesem Moment klingelt auch schon sein Handy.


zwei Monate zuvor …
Februar 2022
Donnerstag, 10. Februar, früh am Morgen

Ansgar Busche stellt die Futtereimer weg und schließt die Tür des Stalls. Zurück bleiben zwanzig zufrieden schmatzende Bentheimer Landschweine. Seit er und seine Lina Rente bekommen, kann er es sich leisten, praktisch einen Bilderbuch-Bauernhof zu betreiben. Die Schweine führen ein artgerechtes Schweineleben, mit Auslauf und Suhle und allem Drum und Dran. Wenn sie schließlich geschlachtet werden, gibt es schon vorgemerkte Kunden, die ihr Fleisch kaufen werden, teilweise haben sie sogar schon im Voraus bezahlt. Ähnlich läuft es mit den Gänsen und den Hühnern und mit deren Eiern. Busche hat sich nicht lange mit den Zertifizierungen für irgendein Bio-Siegel aufgehalten, er hat es nicht mit der Bürokratie, er macht es so, wie er es für richtig hält. Man kennt ihn in der Wedemark, die Leute wissen, dass er seine Tiere anständig behandelt, und glückliche Tiere sind seinen Kunden wichtiger als Zertifikate. Regelmäßig kommen Schulklassen bei Bauer Busche vorbei, denen das Leben auf einem Bauernhof vermittelt werden soll. Ansgar ist dann jedes Mal versucht, den lieben Kleinen zu erklären, dass sein Hof kein normaler Bauernhof ist. Normal sind heute Agrarfabriken und Massenställe, sein Hof ist dagegen eine Art Museum, das die nostalgischen Klischees seiner Kundschaft bedient und ihnen ein gutes Gewissen beschert, wenn bei der Gartenparty die Koteletts seiner Schweine auf dem Grill liegen. Natürlich hält er vor den Kindern den Mund. Lina würde das nicht gut finden, sie mag es und blüht jedes Mal auf, wenn die Kleinen den Hof besuchen. Deswegen hat sie auch die zwei Esel und das alte Pony von einem Gnadenhof übernommen, und demnächst wird ein Hund hier einziehen. So weit hat sie ihn schon! Wenn er nicht aufpasst, eröffnet Lina hier selbst noch eine Art Tierheim. Dabei sind sie beide nicht mehr die Jüngsten, doch ans Aufhören denken sie nicht. Im Gegenteil, ohne finanzielle Zwänge macht der Hof erst richtig Freude.

Andere sehen das nicht so. Was hat man ihnen nicht schon für sagenhafte Preise für ihren alten Hof geboten! Regelmäßig bekommen sie Besuch von Maklern und Bauträgern.

„Nichts da, ein paar Jährchen machen wir schon noch“, pflegt Lina dann immer zu sagen. „Wo sollten wir denn auch hin? In eine Stadtwohnung, in ein Altenheim?“

Und Ansgar pflegt dann zu antworten: „Niemals! Eher sterbe ich!“

Ansgar überquert den Hof. Es ist kalt, sein Atem bildet Wolken vor seinem Gesicht. Im Flur zieht er die Stiefel und die Stallklamotten aus, schlüpft in seine Filzpuschen und den Trainingsanzug und setzt sich an den gedeckten Frühstückstisch. Rührei und Schinken gibt es, man kann es riechen, und natürlich Kaffee. Der dampft schon im Becher. Während er voller Vorfreude wartet, bis Lina den Teller mit den Eiern vor ihn hinstellt, schaut er automatisch aus dem Fenster. Etwas ist anders. Krähen picken in dem Feld mit dem sprießenden Winterweizen, aber das ist es nicht, es ist … „Lina! Die Vogelscheuche ist weg.“

„Was redest du denn da?“ Lina zieht die heiße Pfanne von der Herdplatte, stellt sich neben ihn und sieht ebenfalls zum Fenster hinaus.

„Tatsache. Die ist weg“, stellt sie fest. „Gestern war sie noch da, das kann ich beschwören.“

„Stimmt, da war sie noch da.“

„Vielleicht hat sie der Wind umgeweht?“, überlegt Lina. „Gestern Abend hat’s schon ziemlich gewindet.“

„Dann müsste sie ja irgendwo liegen. Oder glaubst du, sie ist kilometerweit davongeflogen?“

„Wer weiß? Das Wetter wird immer verrückter, vielleicht war’s ein Taifun.“

Ansgar winkt ab und steht auf.

„Wo willst du denn hin? Die Eier werden kalt!“

„Vielleicht liegt sie ja doch irgendwo im Hof. Vielleicht hat sich jemand einen Scherz erlaubt.“ Ansgar geht hinaus und schlüpft erneut in die Stiefel. Ein paar Minuten später kommt er wieder herein. „Weg. Geklaut.“

„Also wirklich!“, schnaubt Lina entrüstet.

Ansgar setzt sich hin, isst sein inzwischen kaltes Rührei und trinkt den Kaffee.

„Sollten wir es der Polizei melden?“, überlegt Lina.

„Quatsch“, meint Ansgar. „Eine Strohpuppe mit einer alten Joppe, die ist doch nichts wert.“

„Für mich war sie schon was wert. Die Erstklässler haben sie gemacht, es war ein Geschenk.“

Ansgar fährt mit einem abgerissenen Stück Brot über seinen Teller, bis er blitzblank ist. Dann isst er den Bissen auf und sagt: „Die lachen uns doch aus auf der Wache.“

„Und wenn es eine Art Drohung sein soll?“, meint Lina.

„Wer sollte uns denn drohen, indem er die olle Vogelscheuche klaut?“

„Dieser Bauträger, der so scharf auf den Hof ist“, antwortet Lina ernst.

Ansgar schüttelt den Kopf. „Unsinn, Lina, was reimst du dir da zusammen? Das waren besoffene Jugendliche, jede Wette. Du guckst viel zu viele Krimis!“


Donnerstag, 10. Februar, spät am Abend

Joachim Engelhorst durchquert die Tiefgarage und entriegelt seinen Wagen per Fernbedienung. Außer seinem silberfarbenen Mercedes stehen noch fünf weitere Autos der Luxusklasse auf dem Deck der Tiefgarage, welche sich unter dem Gebäude der Privatbank Engelhorst & Wegener befindet. Er wirft seine Aktentasche achtlos ins Wageninnere, lässt sich mit einem Stöhnen auf den Fahrersitz sinken und reibt sich über das Gesicht. Es ist spät geworden, die Zusammenkunft des Vorstands hat dieses Mal deutlich länger gedauert als sonst. Sicherlich bleiben die anderen noch eine Weile, vielleicht köpfen sie gerade den Champagner oder öffnen einen der edlen Whiskys, die Selbach in seinem Büro hortet, um zu feiern, dass sie ihn los sind. Den Alten.

Was sich seit Monaten anbahnte, ist nun also eingetreten, schneller, als er dachte. Sie haben ihn genötigt, sich aus dem Vorstand der Bank zurückzuziehen. Man könnte auch sagen: geschasst, rausgeekelt, entlassen aus seiner eigenen Bank, deren Teilhaber er ist. War, korrigiert er sich. Vergangenheit. Er fühlt sich zerschlagen, ein alter Boxer, der zu lange im Ring war. Irgendwann ist es halt vorbei. Das ist der Lauf des Lebens. Andere gehen viel weniger komfortabel in Rente.

Rente. Er ist jetzt ein Rentner. Lieber Himmel, wie sich das anhört. Vorstand a. D. klingt besser, läuft aber auf dasselbe hinaus. Er schaudert. Egal, wie man es nennt, er ist weg vom Fenster, und das macht ihm Angst. Einen neuen Lebensabschnitt nannte es die Möckel vorhin, als sie sich mit diesem traurigen Hundeblick von ihm verabschiedete und ihm alles Gute für den neuen Lebensabschnitt wünschte. Sprache kann ja so verräterisch sein – und auch so treffend! Es fühlt sich tatsächlich an wie ein Abschnitt. Man schneidet ihn ab vom Berufsleben. Das hat sie richtig erkannt, die alte Lesbe. Er konnte sie nie wirklich leiden, aber sie war eine gute Sekretärin, immer loyal. Den Wert von Loyalität hat er erst in den zurückliegenden Wochen wirklich zu schätzen gelernt.

Das Licht in der Garage geht aus. Für eine Weile sitzt er im Dunkeln und lauscht in die Stille. Er hat Kopfschmerzen und das Gefühl, nicht richtig Luft zu bekommen. Wahrscheinlich reagiert sein Körper auf den zurückliegenden Stress und das plötzliche Nachlassen der Anspannung. Zeit, nach Hause zu fahren, dieses Mal für immer.

Er lässt den Motor an. Die Betonwand reflektiert die aufflammenden Scheinwerfer. Langsam hebt sich das Gitter, das die Einfahrt verschließt. Zum letzten Mal fährt er aus der Garage und wenig später entlang der Skulpturenmeile in Richtung Westen. Er spürt, wie sich sein Kopfschmerz verstärkt und ebenso seine Wut.

Diese Krämerseelen sind den Aufhebungsvertrag Punkt für Punkt noch einmal mit ihm durchgegangen, wollten hier etwas streichen, dort etwas abknapsen, und plötzlich stritt man sich um Petitessen wie seinen Schreibtischsessel, den er privat bezahlt hat, was er letztendlich auch beweisen konnte. Zäh zu verhandeln ist er gewohnt, da macht ihm keiner so leicht etwas vor, doch das vorhin war ein unwürdiges Schachern. Es erinnerte ihn fatal an die Verhandlungen und Streitereien mit Charlotte anlässlich ihrer Scheidung vor ein paar Jahren.

Seine Ex-Kollegen wollen fusionieren oder, anders ausgedrückt, die kleine, feine, exklusive Privatbank an eine niederländische Großbank verhökern. An diesem Vorhaben entzündete sich der Zwist der letzten Monate. Engelhorst hat leidenschaftlich gegen die Fusion gekämpft. Doch nachdem sein Kompagnon Ralf Wegener zum Jahresende 2021 in den Ruhestand ging und damit auch von seinem Vorstandsposten zurücktrat, war Engelhorst ganz auf sich allein gestellt, und diese Hyänen hatten leichtes Spiel. Um das Gesicht zu wahren, blieb ihm am Ende nur der Rückzug auf eigenen Wunsch. Angeblich aus Altersgründen.

Danach haben diese skrupellosen Halunken die schon vor Wochen ausgehandelte Abfindung einfach halbiert. Plötzlich wollte Selbach nichts mehr von ihrer Abmachung wissen. Als kleines Trostpflaster darf er den Mercedes, dessen Leasingvertrag über die Bank läuft, noch bis zum Jahresende behalten. Großartig!

Dabei hätte er das Geld wirklich gut brauchen können. Er, der im Lauf der Jahre das Vermögen seiner Kunden zuverlässig und erfolgreich vermehrt hat, hatte in letzter Zeit kein gutes Händchen bei seinen eigenen Finanzanlagen. Was musste er auch in den Bau von Kreuzfahrtschiffen und in einen chinesischen Immobilienfonds investieren? Es ist, als würde alles, was er in letzter Zeit anfasst, statt zu Gold zu Scheiße werden. Auch das vielversprechende Start-up-Unternehmen, an dem er sich beteiligte, steht kurz vor der Pleite. Wenn einmal der Wurm drin ist …

Er hat die Lichter der Stadt hinter sich gelassen. Noch immer zornig gibt er Gas. Die Nacht ist kalt und windig, ab und zu schieben sich Wolken vor die dünne Mondsichel. Die Außentemperaturanzeige gibt minus vier Grad an.

Judith wird hellauf begeistert sein, wenn er ab jetzt den ganzen Tag zu Hause ist. Sie hat sich nämlich prächtig eingerichtet in ihrem Alltag zwischen Pilates, Shopping, dem Kulturverein und ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Maklerin für Luxusimmobilien. Und nun: Pappa ante portas. Ein Störfaktor erster Güte. Er hätte sie vorwarnen sollen, anstatt vorzugeben, alles im Griff zu haben. Wie sie wohl reagieren wird, wenn er ihr gleich eröffnen wird, dass er ab sofort Pensionär ist? Sie wird ihn doch nicht verlassen? Oder? Panik erfasst ihn, er lässt die Scheibe herunter, ringt nach Atem. Eiskalte Nachtluft strömt in seine Lunge und verwirbelt sein graues Haar. Der Moment der Schwäche geht vorüber, es geht ihm besser, er beruhigt sich wieder. Lautlos fährt die Scheibe wieder hoch.

Alles wird gut, sagt er sich. Judith musste schließlich damit rechnen, dass er bald aufhört zu arbeiten, wenn auch sicher nicht von heute auf morgen. Immerhin ist er sechsundsechzig. Er wird sich eine Beschäftigung suchen müssen, um ihr nicht auf die Nerven zu gehen. Er könnte anfangen, Tomaten zu züchten, und dazu den Rat seiner Ex-Gattin einholen. Bei dieser Vorstellung muss er zuerst kichern und dann husten.

Plötzlich verspürt er einen Anflug von Wehmut. Ach, Charlotte!

Sie würde zu ihm halten, auch oder vielleicht sogar erst recht jetzt, in dieser Situation. Das hat sie immer getan, egal, welchen Mist er gebaut hat, und da gab es so einiges. Ja, sie konnte knallhart sein, und es war bei Gott nicht immer einfach mit ihr, aber auf sie war stets Verlass. Warum muss er gerade jetzt an sie denken? Weil es ihm schlecht geht? Wie erbärmlich ist das denn?

Er passiert eine lange, gerade Eichenallee. Nebelschwaden liegen über den Feldern rechts und links. Er mag diesen Straßenabschnitt, aber heute hat er keinen Blick für die verschlungenen Silhouetten der Baumkronen, die sich kaum vom dunklen Nachthimmel abheben. Noch drei Kilometer bis zu seinem Landhaus, ein Juwel, das Judith aufgetan hat. Er sehnt sich nach einem großen Malt Whisky am Kaminfeuer. Ja, er wird sich heute betrinken. Wann, wenn nicht jetzt? Die Vorstellung erfüllt ihn mit Freude, und ihm ist, als könne er den rauchigen Geschmack seines Lieblingsgetränks schon auf der Zunge schmecken. Er muss lächeln. Die Kraft der Imagination …

Er durchquert eine kleine Nebelbank. Er sollte langsamer fahren, die Gegend ist reich an Wild, und bei diesem Wind könnten herabgefallene Äste auf der Fahrbahn liegen. Doch er ist jetzt nicht in der Stimmung, um der Vernunft den Vorzug zu geben. Er zuckt zusammen. Was ist das? Eine Gestalt, ein menschlicher Umriss, taucht aus dem Nichts im Lichtkegel der Scheinwerfer auf. Wie kann es sein, dass dieser Mensch fliegt, oder ist er nur gesprungen, obwohl es nicht wie ein Sprung aussah und eigentlich auch nicht wie ein richtiger Mensch? Das alles denkt er im Bruchteil einer Sekunde und während er das Steuer herumreißt, um diesem Was-auch-immer auszuweichen. Der Wagen schlingert, er versucht gegenzusteuern, doch die Räder reagieren nicht, nichts reagiert mehr, nicht die Lenkung, nicht die Bremse, es ist alles außer Kontrolle, und jetzt rast er auf einen dicken Eichenstamm zu. Reflexhaft reißt er die Arme in die Höhe.

Susanne Mischke

Über Susanne Mischke

Biografie

Susanne Mischke wurde 1960 in Kempten geboren und lebt heute in Wertach. Sie war mehrere Jahre Präsidentin der „Sisters in Crime“ und erschrieb sich mit ihren fesselnden Kriminalromanen eine große Fangemeinde. Für das Buch „Wer nicht hören will, muß fühlen“ erhielt sie die „Agathe“, den...

Pressestimmen
buchundkaffee

„Susanne Mischke hat einen tollen Schreibstil, auch teilweise mit witzigen Formulierungen und Dialogen.“

Podcast „Die Bücherwelt – mit Margarete von Schwarzkopf“

„Ein sehr unterhaltsamer Roman, bei dem man auch mal kräftig lachen muss.“

Radio Leinewelle „Radiolounge“

„Die Autorin hat wieder eine fesselnde Geschichte mit neuen, gut ausgearbeiteten Charakteren vorgelegt.“

magaScene

„Spannender und kurzweiliger Lesestoff für Krimi-Fans.“

StadtRadio Göttingen „Book's n' Rock's“

„›Alle sehen dich‹ ist ein lesenswerter Krimi, bei dem nicht nur gut unterhalten, sondern auch bis zum Ende mitgefiebert wird.“

lovelybooks.de

Ein spannend unterhaltsamer Krimi, mit überzeugenden Protagonisten.«

Allgäuer Anzeiger

„Geschickt hält Susanne Mischke die Spannung (auch auf verschiedenen Zeitebenen), streut Finten und Humor ein. Das ist alles schlüssig und elegant erzählt.“

Hannoversche Allgemeine Zeitung

„Susanne Mischkes Bücher bieten solide Krimikost, bei der vor allem das Drumherum, die kleinen Geschichten und Dramen rund um das hannoversche Ermittlerteam stets sehr unterhaltsam ist.“

NDR Kultur „Neue Bücher“

„Akribisch und grundsolide erzählt Susanne Mischke von den sechs Ermittlern.“

Kommentare zum Buch
Der Verrat
Das Echo vom Alpenrand am 26.01.2023

Hauptkommissar Völxen ist nicht besonders gut drauf. Kurz nachdem sich seine langjährige Kollegin Oda Kristensen in ihr Sabbatjahr verabschiedet hat, wird er erneut von der exzentrischen Video-Bloggerin bedrängt, die vor zwei Monaten behauptet hat, dass ihr bei einem Verkehrsunfall verunglückter Ex-Mann, einem Mordanschlag zum Opfer gefallen ist. Dass sie sich diesmal, nach dem Tod einer alten Schulfreundin als das eigentliche Opfer sieht, ist mehr als Völxen verkraften kann. Heilfroh, dass sich sein Team um den Fall kümmert und dabei der neue Kollege gleichzeitig die Gelegenheit bekommt sich zu bewähren, ist die Sache für ihn erst mal gelaufen. Doch es dauert nicht lange und bis ihm klar wird, dass er es eigentlich mit einem Cold Case zu tun hat, den er vor langer Zeit als ungelöst zu den Akten gelegt.   Fazit Ein spannend unterhaltsamer Krimi, mit überzeugenden Protagonisten die nicht unwesentlich dazu beitragen, dass man sich auf den nächsten Fall freut.

Lena am 28.06.2019

"Der Report der Magd" schildert die düstere Vorstellung eines von Männern dominierten politischen und gesellschaftlichen Systems in Amerika. Es werden nur wenige Kinder geboren und die geboren werden, sind zum Teil missgebildet. Kommandanten halten sich neben ihren Ehefrauen deshalb Mägde, um durch den regelmäßige, erzwungenen Geschlechtsverkehr für den Fortbestand der Menschen zu sorgen. Diese Frauen haben keine Rechte, sind ihrem freuen Willen beraubt und dienen als reine Gebärmaschinen, die würdelos besamt werden.   "Der Report der Magd" ist bereits im Jahr 1985 erschienen, aber dieses Szenario eines totalitären Systems mit der Unterdrückung einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, in diesem Fall den Frauen, ist zeitlos und durchaus auch heute vorstellbar.   Die Schilderung durch die Magd selbst ist nüchtern, distanziert und sehr sprunghaft. Ich hatte Probleme, mich in die Geschichte einzufinden, da mich die Rückblenden und die zunächst fehlende Vorstellung von der in Gilead herrschenden Monotheokratie verwirrte. Sukzessive erfährt man beiläufig, welche Differenzierungen es zwischen den Menschen gibt und wie das Unterdrückungssystem aufgebaut ist und funktioniert. Die Magd berichtet, wie ihre Gedanken ihr gerade in den Sinn kommen, ohne dass zwischen den einzelnen Absätzen ein Zusammenhang bestehen muss.   Der Roman ist keine leichte Kost - weder inhaltlich noch von der Art der Erzählung. Sie ist unbequem und machte mir wenig Freude beim Lesen. Diese emotionslose, resigniert Form der Darstellung passt wiederum aber sehr gut zum Inhalt der Handlung. Das Buch dient der Provokation und ist gleichzeitig als Warnung zu verstehen, von seinen bürgerlichen Rechten Gebrauch zu machen und für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzustehen und diese zu verteidigen.   Es wird ein surreales, erschreckendes Szenario entworfen - mit Frauen, die zu Reproduktionszwecken rekrutiert werden. Mir blieb das herrschende Regime jedoch zu lange zu wenig klar vorstellbar, weshalb ich mich gerade in der ersten Hälfte des Romans zum Weiterlesen zwingen musste. Mehr Emotionen und eine aktivere, packende Handlung hätten diese Zukunftsvision mit mehr Leben füllen können. So bleibt es in der Tat (nur) ein Report. Aufschlussreicher als die Erzählung aus Sicht der Magd fand ich letztlich den Epilog.

The Handmaid's Tale - Buchtipp aus dem Verlag
Christiane Bauer / Piper Verlag am 06.06.2017

Seit der Wahl in den USA wird sehr viel über „Der Report der Magd“ gesprochen. Für den Urlaub habe ich mir darum dieses Buch vorgenommen.   Gleich die erste Szene zieht einen sofort in seinen Bann, man möchte mehr wissen über die Erzählerin und die Welt in der sie lebt. Man ist sofort in jeder Szene und hat alles schnell vor Augen - so bildhaft und genau ist Atwoods Sprache. Blumig würde man sagen, wenn es nicht alles so kalt wäre. Eine erschreckende Dystopie, in die uns Margaret Atwood entführt, mit einem Ende, das mich schaudern ließ.   Ein Buch, das einen nachdenklich zurücklässt und großartige Lektüre bietet.

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