

Alpen, Baby! Alpen, Baby! - eBook-Ausgabe
Familienabenteuer in den Bergen
— Das Buch zum erfolgreichsten Instagram-Kanal zum ThemaAlpen, Baby! — Inhalt
Von Schwangerschaft bis Schuleintritt – Berg-Abenteuer mit Kind(ern)
Darf ich als Schwangere noch bergsteigen? Wie weit kann ich mit meinem Kind wandern? Was packe ich in meinen Baby-Wander-Rucksack? Mit der Geburt des ersten Kindes stellen sich für viele Eltern neue Fragen. Sophie Folger, Outdoor-Enthusiastin und Zweifach-Mama liefert in diesem Buch Antworten darauf.
Das Buch zum beliebten Instagram-Kanal rund um das Thema „Berge und Kinder“
Die begeisterte Bergsteigerin Sophie Folger ist Gründerin des erfolgreichen Instagram-Kanals @alpenbaby und des gleichnamigen Blogs. In „Alpen, Baby!“ zeigt sie, wie jede Familie ihren Weg zum eigenen Bergabenteuer finden kann.
Denn eines ist klar: Mit Kind(ern) macht das Outdoor-Leben noch viel mehr Spaß!
Denn wandern, klettern, biken oder skifahren – das geht mit Kind(ern) mindestens genauso gut wie ohne – sofern man ein paar Dinge beachtet. Welche das sind, erklärt Sophie mit ganz viel Leichtigkeit anhand von kurzen Kapiteln, Listen und praktischen Infokästen. Mit vielen Fotos und einem bunt illustrierten Layout ist dieses Buch perfekt zum Schmökern, Informieren und Inspirierenlassen – auch für vielbeschäftigte Eltern und schwangere Bergfans.
Leseprobe zu „Alpen, Baby!“
Einleitung
Servus
Schön, dass ihr da seid!
Wir sind Sophie, Louise, Leni und Lars. Eine ziemlich bergverrückte Familie aus Oberbayern, die es sich zum Ziel gesetzt hat, möglichst viele Familien zu animieren und inspirieren, mit ihren Kindern die Bergwelt zu erobern. Wie so viele bergverrückte Paare hatten auch wir, Sophie und Lars, große Zweifel, als ich ziemlich überraschend vor fünf Jahren mit Louise schwanger wurde:
Ist unser Bergleben jetzt vorbei? Können wir je wieder klettern gehen? Was ist mit unseren Abenteuerurlauben, unseren Bergzielen und unserer [...]
Einleitung
Servus
Schön, dass ihr da seid!
Wir sind Sophie, Louise, Leni und Lars. Eine ziemlich bergverrückte Familie aus Oberbayern, die es sich zum Ziel gesetzt hat, möglichst viele Familien zu animieren und inspirieren, mit ihren Kindern die Bergwelt zu erobern. Wie so viele bergverrückte Paare hatten auch wir, Sophie und Lars, große Zweifel, als ich ziemlich überraschend vor fünf Jahren mit Louise schwanger wurde:
Ist unser Bergleben jetzt vorbei? Können wir je wieder klettern gehen? Was ist mit unseren Abenteuerurlauben, unseren Bergzielen und unserer Skitourenleidenschaft? Die gut gemeinten Ratschläge von außen haben unsere Unsicherheit weiter verstärkt.
Für mich als Mutter wirkte es, als dürfe ich in der Schwangerschaft und danach mit (Klein-)Kind meiner Bergleidenschaft kaum mehr Raum geben. Als müsse ich nun Vollblut-Mama sein und mein bisheriges Leben komplett hintanstellen. Ängste, Sorgen, Zweifel begleiteten mich. Mir fehlten die Vorbilder.
Bis ich beschloss, selbst eines zu werden und die ganzen Mahner und Zweifler hinter mir zu lassen. Schnell merkten wir nämlich: Bergsport und Familie funktioniert sehr wohl! Das Bergleben ist nicht vorbei mit Kindern – es wird sogar noch schöner, bunter, vielfältiger. Ob Wandern, Klettern, Biken oder Ski fahren. Das geht mit Kindern nämlich mindestens genauso gut wie ohne Kids – sofern man ein paar Dinge beachtet.
Einige von euch kennen uns sicher schon von Instagram und von unserem Blog, wo wir seit 2019 unter @alpenbaby regelmäßig von unseren Abenteuern in den Bergen berichten. Dort findet sich eine bunte Mischung aus Berggeschichten, Reiseberichten, Tipps und Tricks, Kleinkind-Chaos und ganz persönlichen Alltagsgeschichten einer bergverrückten Mutter, die dieselben Zweifel, Sorgen und Probleme mit sich herumträgt wie jede andere Mama auch.
Ich fand, es wurde höchste Zeit, meine gesammelten Erfahrungen auch in die analoge Welt zu übertragen und sie euch in Buchform zu präsentieren. Auf den 256 Seiten dieses Buchs findet ihr Tipps und Tricks für das Bergleben mit Kind, von A wie Ausrüstung über B wie Brotzeit bis Z wie Zeitmanagement. Darüber hinaus gibt’s Motivationsideen, Packlisten, Rezepte, Trageguides, Anziehtipps, Berggeschichten und vieles mehr.
Von Schwangerschaft über die Babyzeit bis zur Kleinkind- und Schulkind-Zeit habe ich unsere Erfahrungen gesammelt, aufbereitet und nach Sportarten und Jahreszeiten gegliedert. Denn zu jeder (Jahres-)Zeit, zu jedem Kindesalter und bei jeder Bewegungsform im alpinen Raum gibt’s andere Bedürfnisse, andere Probleme und andere Herausforderungen für Eltern und Kind.
Dazu gehört auch die emotionale Seite, die insbesondere für viele Frauen sehr belastend sein kann. Plötzlich ist man Mutter. Nicht nur Frau. Egoistisch, nur weil man weiterhin auf den Berg will? Rabenmutter, weil man sein Kind barfuß in den Bergen wandern lässt? Frustriert, dass all die Erwartungen an das Bergleben mit Kind so gar nicht erfüllt werden?
Ich möchte euch ermutigen, eure eigenen Antworten auf die Fragen des (Berg-)Lebens mit Kindern zu finden. Denn alles ist erlaubt – solange es euch und euren Kindern dabei gut geht!
Ganz wichtig dabei: Ich bin weder Ärztin noch Hebamme oder allwissender Berg-Guru! Für eine Fachaussage findet ihr in diesem Buch Expert:inneninterviews. All meine eigenen Tipps und Ideen basieren auf Erfahrungen, Recherche und Gesprächen mit anderen bergbegeisterten Eltern. Hört bei all euren Aktionen auf euer eigenes Gefühl, denn ihr seid es, die sich und eure Kinder am besten kennen!
Ich möchte euch mit diesem Buch inspirieren und anregen, eigene Abenteuer zu erleben, und euch dazu motivieren, rauszugehen, euch neue Dinge zu trauen und mit euren Kindern die wunderschöne Natur zu entdecken.
Ihr müsst nicht in den Bergen wohnen, um die Berge zu lieben. Bergsport geht nicht nur in den Alpen, sondern fast überall. Auch kleinere Erhebungen reichen aus, um Höhenmeter auf dem Mountainbike oder Rennrad zu schrubben, einen ausgiebigen Trailrun zu absolvieren oder durch tiefe Wälder zu wandern. Und wem das nicht reicht: Der nächste Urlaub kommt bestimmt!
Kurzsteckbriefe
Sophie
Mitte dreißig, ziemlich klein, ziemlich hibbelig. Stewardess mit Masterabschluss und Ökofimmel. Bergverrückt und am glücklichsten mit Spaten und Matsch an den Händen im Gemüsebeet. Glaubt jedes Jahr aufs Neue, dass das Projekt Selbstversorgerin diesmal klappt. Ernährt sich fast ausschließlich von Reis und Asia Food und versucht, ihre Kinder zuckerfrei zu erziehen, was aber nicht klappt. Kompensiert ihre Plastikphobie, ihren Ökotick und ihren Semi-Veganismus mit viel zu vielen Reisen, radelt aber lieber zwanzig Kilometer, als einmal das Auto zu bewegen.
Ach ja, glücklich verheiratet mit Lars, der gerne eher hinter der Linse bleibt. Beide staunen bis heute noch über ihren plötzlichen (Instagram-)Erfolg, nachdem sie vor wenigen Jahren noch nicht mal fähig waren, ein Handy anständig zu bedienen.
Das @alpenbaby war (analog im echten Leben und digital auf Instagram) auch mehr so ein Zufall, doch dazu später mehr. Wir sind aber mit beidem sehr glücklich!
Lars
Der beste Papa der Welt. Ruhepol, Teilzeitsherpa, Ski- und Bikefreak und „ganz nebenbei“ auch noch Vollzeitpilot. Trägt seine Girls leidenschaftlich die Berge hinauf, bringt der Großen Wheelies auf dem Bike, Sprünge auf Ski und Saltos ins Wasser bei und versucht nebenbei selbst noch, Tausende Höhenmeter per Mountainbike und Ski zu bezwingen. Als doppelter Mädels-Papa ist er mittlerweile Profi im Zöpfeflechten und Armbänderknüpfen, kann Anna von Elsa unterscheiden und schlichtet nicht selten den Zickenkrieg zwischen Sophie und Louise.
Bringt mich nicht selten durch seine Talentfreiheit in der Küche zur Verzweiflung. Dafür ist er aber leidenschaftlicher Kaiserschmarrn- und Kaffeetester auf Almen und Berghütten sowie Snackbeauftragter für unterzuckerte Bergzwerge.
Louise
Das Alpenbaby 1.0. Hatte das Glück, im Jahr 2018 in einem schneereichen Winter das Licht der (Berg-)Welt zu erblicken. Da ihre Eltern nicht auf ihre Abenteuer in Fels und Schnee verzichten wollten, durfte sie ab ihrem ersten Lebenstag kleine und große Abenteuer in der Natur (mit-)erleben.
Ob Klettern, Wandern, Radeln oder Langlaufen, Louise war immer mit dabei und lehrte mit der Zeit auch ihre Eltern, dass das Bergleben mit Kind etwas anders läuft, als sie es von ihrer Zeit ohne Kind gewohnt waren.
Mittlerweile ist sie zur kleinen rotzfrechen Rennsemmel mutiert, radelt wie eine Große, liebt Klettern und Berggehen und entdeckt die Natur jeden Tag auf ihre Art. Nicht selten scheitert sie dabei an ihrer grandiosen Selbstüberschätzung. Garniert mit einem ziemlich holprigen oberbayrischen Dialekt, der uns nicht selten zu Lachtränen treibt, referiert Miss Gscheidhaferl gern über ihre alpinen Künste.
Leni
Das Nesthäkchen. Jahrelang wünschten wir uns ein zweites Kind, dann hat Leni im Herbst 2023 endlich unsere Familie vervollständigt. Unsere kleine Kämpferin hatte einen extrem harten Start ins Leben, mit vielen Operationen und wochenlangen Aufenthalten auf der Intensivstation. Kaum zu Hause, durfte glücklicherweise auch sie im Tragetuch mit Mama die ersten Berge bezwingen, mit ihrer Schwester zum Rodeln gehen und ihre ersten Züge an der Kletterwand ausprobieren. Heiß geliebt von ihrer großen Schwester ist Leni mittlerweile ebenfalls eine kleine Bergmaus geworden, schläft bevorzugt draußen in der Natur, nah bei Mama oder Papa, wo sie von den höchsten Bergen und den tiefsten Wäldern träumt.
Unser Instagram-Kanal @alpenbaby
Im Jahr 2019 habe ich den Instagram-Kanal @alpenbaby eröffnet. Ich besaß zu diesem Zeitpunkt zwar ein Handy, hatte aber überhaupt gar keine Ahnung von Social Media. Eines Abends erklärte Lars mir die bunte Instagram-Welt. Ich fand’s ehrlich gesagt ziemlich daneben. Es wirkte auf mich wie eine große Scheinwelt. Gefiltert, gestellt, selbstdarstellerisch. Ich verstand nicht, was den Reiz ausmachte, sich dort selbst zu inszenieren oder anderen Menschen zu folgen.
Irgendwas faszinierte mich dennoch daran. Könnte man diese Plattform nicht vielleicht auch nutzen, um Mehrwert zu schaffen? Um „mehr“ zu bieten als nur schöne Bilder mit platten Sprüchen? Völlig blauäugig begann ich, Bilder von mir und Louise am Berg zu posten. Louise war zu diesem Zeitpunkt ein halbes Jahr alt und schlief ausschließlich in der Trage. Da wir frisch in die Berge gezogen waren, war ich ohnehin jeden Tag in der Natur unterwegs. Manchmal allein, oft mit Lars. Gemeinsam wandern, abwechselnd langlaufen, klettern, Ski fahren. Wir genossen unser Bergleben und machten gelegentlich Bilder. Völlig unprofessionell, ohne Plan und ohne Ziel.
Eine Wette führte dann zum Alpenbaby. Lars fand nämlich diese Social-Media-Welt nicht ganz so platt wie ich, sondern versuchte, mir den Mehrwert zu erläutern. Kann ja nicht so schwer sein, dachte ich mir und wettete, an Weihnachten 5000 Follower zu haben. Ich scheiterte grandios. „Einfach nur“ ein paar Bilder zu posten, reichte im Jahr 2019 längst nicht mehr aus, um einen funktionierenden Instagram-Kanal aufzubauen.
Zeitgleich begann ich, für verschiedene Tourismusverbände in der Umgebung Blogartikel zu schreiben. Wir waren ja ohnehin unterwegs, dachte ich mir, vielleicht hätten ja die Tourismusverbände Interesse an Bildern und Tourenberichten. Hatten sie. Mehr als erwartet. Das Schreiben fiel mir leicht, und ich konnte damit Geld verdienen. Die Kanäle posteten Bilder von mir, ich war aktiv auf Instagram, um meinen Kanal zu promoten.
Ich hatte eine Mission und wollte möglichst vielen Familien zeigen: Das Bergleben mit Kindern ist nicht vorbei! Es fängt doch gerade erst an!
Und ich traf einen Nerv. Meine Reichweite wuchs. Neben Tourenberichten stellte ich nun auch Packlisten zusammen und postete Tipps zum Wandern, Klettern und Skifahren. Mit den Jahren kamen so viele Artikel zusammen, dass Lars mir während Corona noch zusätzlich einen Blog bastelte, den ich mit allen vorhandenen Artikeln und neuen, ausführlicheren Reiseberichten, How-Tos und Berggeschichten füllen konnte. Und nun sind wir hier! Live und in Farbe. Analog und auf Papier. Alpen, Baby!
Ist das (Berg-)Leben mit Kind(ern) vorbei?
„Ohne mich geht Mama immer nur klettern und laufen. Mit mir gibts Apfelstrudel.“
(Simon, 3 Jahre)
Vom Zweifel zur doppelten Freude
» „Herzlichen Glückwunsch zur Schwangerschaft! Das Leben ist ja dann vorbei mit Kind.“
Das saß. Die Gratulation eines Bekannten zu meiner – zugegeben überraschenden und nicht wahnsinnig erwünschten – Schwangerschaft besaß Sprengkraft und traf mich tief. Tiefer, als mir lieb war. Ich dachte lange, er hätte recht. Kaum eine meiner Freundinnen hatte zu diesem Zeitpunkt schon Kinder. Ich hatte keine Vorbilder, keine Ahnung, was mich in den nächsten Monaten und Jahren erwarten würde.
Lars und ich hatten anfangs enorme Zweifel. Wir saßen einige Tage nach dem positiven Schwangerschaftstest schweigend am Küchentisch, ziemlich ratlos, ziemlich planlos. Zwar irgendwie glücklich, überwältigt, freudig – doch auch völlig überfordert.
Was sollte denn nun aus unserem Klettertrip nach Marokko werden? Wir wollten doch bergsteigen in Japan. Im Sommer den Ortler besteigen, im Winter mit Tourenski durch Frankreich. Und jetzt? Übelkeit, Müdigkeit und Zukunftsängste. Würden wir das alles hinkriegen? Wir waren völlig überfordert. Hinzu kam, dass wir zu diesem Zeitpunkt erst seit einem Jahr ein Paar waren.
Als Stewardess durfte ich ab Bekanntgabe der Schwangerschaft nicht mehr arbeiten. Beschäftigungsverbot. Sollte ich nun neun Monate zu Hause sitzen und meinem Bauch beim Wachsen zuschauen? Das konnte ich nicht. Also ab ins kalte Wasser!
Ich arbeitete weiterhin in Teilzeit in der Kletterhalle in München, ging selbst klettern, radelte lange Strecken durch München und merkte bald: Auch wenn ich schwanger bin, habe ich weiterhin Bock auf Berge! Die neun Monate Beschäftigungsverbot bedeuteten für mich daher bald Bergzeit ohne Ende. Schon bald merkte ich nämlich, dass ich auch mit Babybauch ein wunderbar erfülltes Bergleben führen konnte, ohne meine alte Leidenschaft und mein altes Leben komplett aufgeben zu müssen. Sogar mit doppeltem Glück unter dem Herzen. Natürlich ist vieles deutlich anstrengender. Ich hatte Tage, da ging gar nichts. Mir war oft übel, ich war platt. Aber manchmal ging es auch richtig gut.
Während meiner Schwangerschaft habe ich wie versessen alle (Berg-)Touren abgehakt, die ich noch machen wollte. Skitouren-Trips im vierten Monat, Watzmann-Überschreitung im sechsten Monat, Dachstein im siebten. War klettern, radeln, (Berg-)urlauben so viel es nur ging, weil ich dachte, wenn das Kind dann erst mal da sei, dann wäre meine alpine Karriere ja bestimmt schlagartig beendet.
„Wenn Kinder in die Berge gehen, ists viiiel lustiger als mit ohne!“
(Luis, 4 Jahre)
„Jaaa, denn mit Kind, da wird alles anders“, warnten uns die gutmeinenden Bekannten von allen Seiten. Mittlerweile ist es uns gelungen, sie vom Gegenteil zu überzeugen.
Nur wenige Wochen nach der Geburt sind wir von München in die Berge gezogen. In unserer neuen Heimat im oberbayerischen Bergdorf kannten wir niemanden und hatten keine Ahnung, was uns erwartete. Aber was wir wussten, war, dass es uns mit Vehemenz in unsere geliebten Berge zog.
Wie ein Dauerurlaub wirkte es für uns in unserer Dachgeschosswohnung mit traumhaftem Bergblick – bis heute übrigens. Gleich am Tag nach dem Einzug kauften wir uns Langlaufequipment und starteten unsere Langlauf- und Skitouren-Runden vor der Haustüre. Erst abwechselnd ohne Baby im Schichtbetrieb und schon bald dann auch mit Baby.
Ob Wandern, Klettern, Radeln oder Langlaufen – Louise und Leni sind bis heute bei allen Aktivitäten dabei. Klar vermissen wir dabei manchmal auch unser altes kinderloses Leben mit allen Freiheiten, durchgeschlafenen Nächten und ausgedehnten Skitouren ohne Zeitstress.
Meine wichtigste Erkenntnis: Nur weil wir Kinder haben, sind wir nicht zu anderen Menschen geworden. Wir lieben nach wie vor die Berge, haben (alpine) Ziele, ziehen unser Glück und unsere Leidenschaft aus dem Bergsport. Und daran wird sich niemals etwas ändern, Elternsein hin oder her. Die meisten Väter gehen doch auch ganz selbstverständlich weiter klettern, radeln und Ski fahren – warum sollten Mütter das dann nicht auch tun?
Die Prioritäten ändern sich, die Kinder stehen immer im Fokus. Entweder gehen wir allein in die Berge, oder es gibt in den ersten Jahren mit der Familie eher Almwanderungen mit Kaiserschmarrn als hochalpine Bergabenteuer mit Tausenden von Höhenmetern … und falls es uns doch mal in den Beinen juckt und die Berge zu laut rufen, bleiben die Kinder eben bei Oma und Opa im Tal und wir genießen unsere Zeit zu zweit am Berg.
Mit Kindern fängt das Leben doch erst richtig an! Es ist bunt, es ist laut, es ist chaotisch, es ist anders. Und wunderschön. Das eigene Ego schrumpft, eigene Bedürfnisse zählen nicht mehr. Doch irgendwie ist es meistens auch in Ordnung so.
Wenn das eigene Kind zum ersten Mal Fahrrad fährt, seine erste Abfahrt auf Skiern bezwingt, die ersten Meter alleine an der Kletterwand kraxelt, ist das ein unbeschreibliches Gefühl und so viel mehr wert als jeder persönliche sportliche Erfolg. «
„Meine Eltern sind richtige Bergsteiger. Aber nur wenn ich im Kindergarten bin.“
(Sophie, 5 Jahre)
… aber mit zwei Kindern ist das Bergleben dann wirklich vorbei, oder?
» Louise war – bergtechnisch gesehen – ein Anfängerbaby. Schlief viel, war immer pumperlgesund und liebte es, stundenlang in der Trage den Berg hinauf- und wieder hinuntergetragen zu werden. Dennoch war für uns Eltern die Umstellung von null Kindern auf ein Kind enorm.
Alles ändert sich mit dem ersten Kind. Besonders im alpinen Bereich. Hochtouren? Fallen fürs Erste aus! Skitouren? Gestrichen! Klettern? Ja, schnell mal zwischen zwei Stillpausen. Plötzlich sind wir fremdbestimmt, verantwortlich für so ein kleines, hilfloses Wesen.
Freund:innen mit mehreren Kindern lächelten nur müde. „Ein Kind ist kein Kind!“, sagten sie. „Aber mit zwei, da ist’s dann wirklich vorbei!“ Hatten sie recht? Irgendwie schon. Aber irgendwie auch nicht. So arg ändert sich das (Berg-)Leben nicht mehr. Wir wussten ja schon, was uns erwartete, und haben schon mit Louise gelernt, unsere sportlichen Bedürfnisse an die Bedürfnisse der Familie anzupassen.
Dennoch: Louise ist mittlerweile ein Schulkind. Wäre sie Einzelkind geblieben, wäre unser Bergleben tatsächlich schon wieder recht ähnlich wie „vor“ den Kindern. In den Kindergartenzeiten oder Besuchszeiten von Oma und Opa bekamen wir schon einige gute Bergtouren ohne Kind hin, konnten zu zweit auf Hütten übernachten, fuhren allein in den Urlaub, während Louise bei den Großeltern blieb.
Zudem ist Louise mittlerweile schon so alt, dass sie unsere Bergleidenschaft teilt. Nicht immer (Trotz! Wut! „Lasst mich alle in Ruhe!!“) – aber meistens.
Wir konnten sie mitnehmen zum Skifahren, zum Klettern und auf kleine Wandertouren. Zwei Erwachsene verteilten sich auf ein Kind. Wir konnten uns abwechseln beim Kindmotivieren, Tragen und Schieben und einem Erwachsenen blieb etwas Zeit für sich.
Mit der Geburt von Leni begann das ganze Wickel-Baby-Still-Trage-Game von vorn. Leni steht nun im Mittelpunkt. Schon während meiner Schwangerschaft und dann nach Lenis schwerem Start ins Leben musste Louise lernen, besonders viel Rücksicht auf ihre plötzlich schwache Mutter und ihre kleine Schwester zu nehmen.
Seit Leni daheim ist, richten wir unsere Aktivitäten eher an ihren Bedürfnissen, Schlafzeiten und Stillpausen aus. Als zweites Kind läuft Leni zwar in gewisser Weise nebenher mit, da die große Louise eben auch ihre Elternzeit einfordert, dennoch müssen wir uns immer zweiteilen, müssen doppelt mitdenken, für zwei Kinder sorgen, für zwei Kinder packen, auf die unterschiedlichen Bedürfnisse zweier Kinder eingehen. Das ist am Berg noch schwieriger als daheim. Schlafmangel und die physische Belastung des Körpers nach der Geburt tun ihr Übriges, dass wir manchmal überhaupt keine Kraft mehr haben, an sportliche Aktivitäten zu denken. Völlig normal – es geht sicherlich allen von uns so.
Die (sportlichen) Ansprüche an Familienbergtage haben sich ohnehin schon seit Louises Geburt auf ein Minimum abgesenkt. Wir sind froh, an einem Klettertag drei Routen klettern zu können. Eine Stunde allein joggen ist Luxus, eine Bergtour zu zweit ohne Kids sowieso.
Allein mit zwei Kindern bin ich um einiges mehr gefordert als allein mit „nur“ einem Kind. Ohne zweiten Erwachsenen ist es – zumindest für mich – kaum möglich, qualitative Bergzeit zu erleben. Ski fahren oder Klettern sind dann keine Optionen mehr, eine kleine Wanderung ist zwar theoretisch möglich, sportlich gesehen wäre sie dann aber eher für das große Kind erfüllend als für den Elternteil.
„Bald fahr ich schneller Ski als Papa und dann geh’n wir jeeeden Tag skifahren“
(Ben, 6 Jahre)
Es wird definitiv nicht leichter mit weiteren Kindern, aber ganz vorbei, das ist das Bergleben auch dann definitiv nicht. Denn auch hier kann ich nur wiederholen: Ich bin kein anderer Mensch geworden durch meine Mutterschaft. Ich will nach wie vor raus in die Natur und rauf auf die Berge.
Immerhin war ich es schon gewohnt, dass das Bergleben momentan ein Kompromiss aus Familie und sportlichem Egoismus ist. Das Gute: Ich weiß beim zweiten Kind, was kommt und bin dementsprechend vorbereitet. Es geht alles vorbei, ist alles eine Phase. Und irgendwann sind wir wieder zu zweit in den Bergen unterwegs und werden unsere großen Kinder schmerzlich vermissen! «
Plötzlich Mama. Zwischen Babybrei und Bergleidenschaft
Plötzlich Mama. Endlich ist es da, dieses kleine Wesen, das euer zukünftiges Leben komplett auf den Kopf stellen wird. In allen Bereichen, ob Beruf, Partnerschaft oder Bergsport. Alles wird anders, alles nie mehr wie zuvor. Ihr seid nicht mehr nur ein Paar, sondern plötzlich ein „wir“ und müsst Rücksicht nehmen, eure eigenen Ziele und Bedürfnisse hintanstellen, euch für alle eure Entscheidungen rechtfertigen.
Besonders für sportlich aktive Mütter ist der Spagat zwischen eigenen (sportlichen) Bedürfnissen und dem Mamasein nicht einfach. Der eigene Körper verändert sich, die Ansprüche ebenfalls. Sportliche Aktivitäten allein werden plötzlich zum Luxusgut und alle, wirklich alle, meinen, sie haben plötzlich mitzureden. Sich selbst wieder zu spüren, für eigene Interessen einzustehen und festzustellen, dass es nicht nur „den einen Weg“ gibt, ist nicht leicht. Es ist ein Prozess, der sich mit der Zeit entwickelt.
Eines vorweg: Ganz ohne Kompromisse geht es nicht. Ihr müsst zurückstecken. Besonders für stillende Mütter ist es immer ein Dilemma zwischen Stillzeit und Bergzeit. Für einige Mütter ändert sich für diese Zeit sogar das gesamte sportliche Leben. Sie gehen jetzt vielleicht lieber schnell laufen, als stundenlang in der Kletterhalle abzuhängen – einfach, weil nur das in der momentanen Situation möglich ist.
Eigene Ansprüche und Erwartungen müsst ihr nun zurückschrauben, sonst ist die Enttäuschung groß. Bis wieder große Touren wie vor der Schwangerschaft möglich sind, dauert es. Eure Körper brauchen Zeit, um sich von den Strapazen der Geburt zu erholen. Bis Mama wieder für einige Stunden verzichtbar wird, muss sich die gesamte Familienkonstellation eingegroovt haben. Das geht bei Flaschenkindern um einiges schneller als bei Stillkindern. Und auch dann kann es immer sein, dass das Kind krank ist, die Kinderbetreuung absagt, der eigene Körper noch nicht fit ist und die wenigen so heiß ersehnten Stunden Bergzeit ins Wasser fallen. Was ihr als Mütter lernt, ist, flexibel zu bleiben! Nichts zu erwarten! Glücklich zu sein über jede Minute Freizeit. Viel mehr ist eh nicht drin und so werdet ihr auch weniger enttäuscht, wenn es wieder nicht klappt.
Jede Mama ist anders. Jedes Kind ist anders. Jede Familie ist anders. Alle haben ihre eigenen Geburtserlebnisse, ihre eigenen körperlichen Baustellen, ihre eigene Familienkonstellation. Wer das Glück hat, Großeltern zur Kinderbetreuung ums Eck zu haben, oder – wie ich – einen schichtarbeitenden Ehemann, der tageweise daheim ist, kann ganz anders seine Bergtage planen als eine alleinerziehende Mutter!
Ich berichte an dieser Stelle deswegen bewusst von meinen eigenen persönlichen Erlebnissen. Denn ein allgemeiner „How to be a Bergmama“-Ratgeber ist schlicht nicht möglich. Zu unterschiedlich sind die Persönlichkeiten, das Umfeld, das Fitnesslevel, die eigenen Ansprüche an ein erfülltes Bergleben mit Kind. Und trotzdem kann jede von uns „ihren“ Weg finden.
Ego-Trip. Oder: Wie viel Egoismus ist erlaubt?
» Louise wurde im November geboren, und wir sind kurz darauf zurück in die Berge gezogen. Dort fiel bald der erste Schnee. Tagelang, nein, wochenlang schneite es, und dann strahlte die Sonne vom tiefblauen Winterhimmel. Und ich? Wochenbett, Stillprobleme und tiefe Augenringe.
Vier Wochen nach der Geburt hielt ich es nicht mehr aus. Ich musste da raus! Jetzt sofort! Eine Milchpumpe musste her, und Lars durfte noch am selben Tag meine Ski wachsen, damit es schnellstmöglich losgehen konnte.
Glücklicherweise fand Louise es super, von Papa mit dem Fläschchen gefüttert zu werden. So stand meinem ersten Ausflug ohne Kind nichts mehr im Wege. Pulverschnee und Skigaudi. Ich war so glücklich! Nur meine Freunde und ich, Ratschen, Scherzen und keiner interessierte sich für mein Neugeborenes daheim. Das fand ich merkwürdigerweise sehr angenehm, da ich zum ersten Mal wieder als Frau und Freundin wahrgenommen wurde und nicht als „Mama von …“.
Kurz darauf erhielt ich einen Dämpfer. Ich erzählte meinem Vater von meinem ersten Ausflug allein und davon, wie traurig ich vorher war, meine geliebten Berge nur vom Tal aus zu sehen. Seine Reaktion: „Hast du keine anderen Probleme? Du bist jetzt Mutter. Dein egoistisches Gehabe ist furchtbar!“ Was folgte, waren Tränen, Wut, Enttäuschung und ein riesengroßes schlechtes Gewissen.
Hatte er recht? War ich eine schlechte Mutter? Hätte ich Louise so früh nicht allein lassen dürfen? Erst mit der Zeit merkte ich: Nein. Sie war nicht allein, sondern bei ihrem eigenen Vater. Und es war richtig. Ich wusste in diesem Moment, was mir guttut, und habe mich endlich mal nicht zurückgenommen. Die Bedürfnisse einer Mutter stehen ja ohnehin oft ganz weit hinten. Pinkeln, wenn man muss? Trinken, wenn man Durst hat? Warmer Kaffee? Fehlanzeige. Das Ergebnis? Eine gestresste, genervte Mutter, die selbst nicht mehr weiß, wer sie eigentlich ist.
So ging es mir oft zu Beginn, bis Lars sagte: „Bitte, Sophie, geh klettern mit den Mädels. Es tut dir gut.“ Er hatte recht. Seitdem nehme ich mir regelmäßig kleine Auszeiten und vermisse meine Kleine(n) schnell so sehr, dass ich gerne zurückkomme in das Windel-Brei-Spielzeug-Chaos. «
7 TIPPS für mehr (Berg-)Zeit ohne Kinder
Hilfe! Hilfe!
Ihr müsst nicht alles allein wuppen! Spannt Oma und Opa ein, Tante, Onkel und eventuell gute Freund:innen, die sich bereit erklären, ein paar Stunden zu babysitten, damit ihr mal wieder zu zweit auf den Berg könnt. Fragt aktiv nach Unterstützung, nur so kann euch auch geholfen werden.
Goodbye, Perfektionismus!
Bergzeit ist oft eine Sache der Prioritäten. Und wenn diese weit oben auf der Liste steht, dann bleibt die Bude eben ungeputzt, Bastelprojekte ungebastelt, die Kramschublade wird ein andermal ausgemistet, und statt handgemachtem Sauerteigbrot gibt’s Knäckebrot. Alles geht nicht, und das ist auch okay.
Netzwerken!
Ihr seid mit anderen bergverrückten Eltern befreundet? Perfekt! Bietet doch mal an, deren Kinder einen Nachmittag zu betreuen, damit die Eltern in die Berge (oder shoppen oder schwimmen oder oder …) können. Ein Gegenangebot lässt bestimmt nicht lange auf sich warten.
Danke, Kindergarten!
Endlich ist euer Zwergerl in der Krippe/im Kindergarten und ihr habt frei? Perfekt! Auch in nur drei Stunden könnt ihr in sportlicher Hinsicht gemeinsam vieles starten! Und wenn die Berge nicht ums Eck sind, geht doch mal wieder zusammen laufen, schwimmen oder Rad fahren.
Hotel, Hotel, hurra!
Die Luxusversion für mehr Bergzeit: ein Kinderhotel mit Kinderbetreuung in den Bergen. Die Kids sind bestens versorgt und ihr könnt endlich mal wieder zu zweit zum Wandern, Skifahren, Klettern starten.
Schichtsporteln it is!
Mama geht ’ne Stunde laufen in der Stillpause, Papa folgt im Anschluss. Ist zwar weniger cool als gemeinsam sporteln, aber besser als nichts. Organisiert eure freie Zeit so, dass jede:r auf ihre:seine (sportlichen) Kosten kommt.
Euer Bergleben ist nicht vorbei mit Kindern!
Es wird nur anders. Ihr werdet Kompromisse machen und euch einschränken müssen. Aber es wird gut sein, wie es ist.
8 TIPPS für mehr (Berg-)Zeit speziell für Mütter
Flaschenkind!
Stillen plus Flasche geht! Um am Berg mehr Zeit als nur die zwei, drei Stunden zwischen dem Stillen zu haben, kannst du versuchen, Milch abzupumpen und Papa das Fläschchen mit Muttermilch anbieten lassen. Vergiss nicht, dass du dann eventuell auch unterwegs mal pumpen musst, wenn du sehr viel Milch hast. Hat bei Louise ab dem zweiten Monat super geklappt. Leni nahm die Flasche zeitweise allerdings gar nicht. Also unbedingt vorher zu Hause testen!
Melde als Mutter deine Bedürfnisse an!
Sag dem Papa eures Kindes, dass du heute mal eine Stunde kinderfrei brauchst, und warte nicht drauf, dass es dir angeboten wird! Da wartet Frau erfahrungsgemäß sehr lang. Nur wer seine Bedürfnisse artikuliert, dem kann auch geholfen werden.
Du bist nicht allein!
Als Mama bist du das Epizentrum deines Kindes. Fleisch und Blut, Ernährerin, Trösterin und Windelwechslerin. Die mütterliche Liebe ist endlos, aber auch die beste Mama hat eigene Bedürfnisse. Fordere deshalb Hilfe ein! Es ist okay, wenn dein Kind bei Oma und Opa bleibt und du bouldern gehst! Es ist okay, wenn Papa mal Nachtschicht macht und dir das Kind nur zum Stillen bringt. „Es braucht ein Dorf, um ein Kind großzuziehen“ – das stimmt. Man muss sich das Dorf heutzutage nur selber bauen.
Du darfst (Berg-)Mensch bleiben!
… und nicht nur Mutter. Nur weil du jetzt Mama bist, darfst du trotzdem noch Mensch bleiben. Frau bleiben. Bergmädchen bleiben. Und vielleicht auch lieber Bergfilme schauen als Peppa Wutz, lieber Ski bügeln als Babybodys.
Du wirst es eh nicht allen recht machen!
Du wirst ab dem Zeitpunkt deiner Schwangerschaft eine Menge an oft sicher gut gemeinten Ratschlägen erhalten. Lass dich nicht verunsichern. Du kennst dich selbst am besten und wirst schnell lernen, dass es einfacher ist, auf dich selbst zu hören.
Dir wird’s egal sein!
Vor den Kindern hattest du große sportliche Ziele. Mindestens eine 8a klettern sollte schon drin sein! Mindestens 3000 Höhenmeter am Tag auch. Auf Ski wie beim Trailrun. Und jetzt? Mama. Kindergarten statt Klettergarten! Und weißt du was? Dir wird’s (meistens) wurscht sein. Du hast jetzt andere Ziele im Leben. Und das ist auch gut so!
Und trotzdem …
wirst du dich manchmal fragen: Warum?! Jede Mutter macht Kompromisse. Das ist am Berg nicht anders. Und wenn die Trailrun-Pärchen an dir vorbeirennen, während du am Wegesrand dein schreiendes Kind wickelst, wenn du auf der Hütte an deinen breibeschmierten Kletterhosen runterschaust, während die Mädels nebenan Aperol schlürfen, wirst du dich manchmal fragen: Warum tu ich mir das an …!?!
Du kannst so viel mehr!
Auch ich habe mich früher gerne über meine körperliche Fitness definiert, wollte unbedingt mit den Jungs mithalten. Doch es gibt einen riesigen Unterschied zwischen ihnen und uns Müttern: Wir können auch Kinder auf die Welt bringen! Das ist so viel krasser als alles, was wir sportlich jemals erreichen können. Und das macht uns so stolz auf unsere Körper, dass wir ihnen ruhig mal laut Danke sagen können.
Sportlicher Ehrgeiz vs. elterliche Verantwortung
» Vor Louise war ich eine von denen, die mit Pulsuhr auf den Berg gegangen sind, um irgendwelche Höhenmeterrekorde oder sonst was zu schlagen. Ja, ein Tag ohne Sport war für mich ein verlorener Tag, und mir war es durchaus wichtig, dass ich besser kletterte als Lars. Mit Louises Geburt kam diese Einstellung dann zu einer kompletten Vollbremsung.
Klettern? Joa, aber schonend, eher im Nachstieg, eher gemütlich. Bergsteigen? Gern, aber am liebsten mit Almhütte, Apfelstrudel und Wickeltisch. Ski fahren? Hm, Rodeln mit Louise ist doch auch schön.
Dinge, die mir vorher wichtig waren, sind mir jetzt so was von egal. Und es ist so herrlich befreiend und entspannend. Wen interessiert’s, ob ich 300 oder 3000 Höhenmeter gemacht habe? Wen interessiert’s, ob wir gestern den Fuji oder den Feldberg bestiegen haben? Heute liebe ich es, gemütlich zur nächsten Hütte zu wandern, einen Kaffee zu trinken und vielleicht noch auf den Gipfel zu gehen. Früher war an eine Einkehr nicht zu denken. Zeitverschwendung!
Ich bin noch immer ehrgeizig, und ich liebe noch immer diese elend langen, ewig steilen Bergtouren, bei denen man am Abend erschöpft und glücklich auf der Hütte sitzt und Spaghetti isst. Aber es ist nicht mehr so wichtig. Hauptsache ist, ich bin glücklich und zufrieden und meine Familie ebenso. Beweisen muss ich niemandem mehr etwas.
Eigentlich schade, dass ich erst Mutter werden musste, um das zu verstehen. Apropos Muttersein: Seit die Kinder da sind, hat sich da noch etwas verändert. Ich bin ängstlicher geworden. Bei schwierigen Bergtouren habe ich mich schon öfter bei den Gedanken ertappt: Was passiert, wenn ich jetzt falle? Wenn Leni und Louise als Halbwaisen oder Vollwaisen aufwachsen müssen? Wo ich früher noch weitergegangen wäre, drehe ich jetzt eher um.
Und ja, auch mit den Kindern machen wir manchmal Sachen, die anderen vielleicht „unverantwortlich“ vorkommen könnten. Denen kann ich nur sagen: Keine Sorge, wir haben’s im Griff. Denn Sicherheit ist subjektiv. «
Me-Time
Zeit für mich. Kennt ihr das noch? Diese Zeiten von vor dem Kind, in denen man sich mal ’nen Kaffee gemacht hat, weil einem nichts Besseres eingefallen ist? An denen man mal in die Berge ist und manchmal erst spontan am nächsten Tag wiederkam? Ha, ha. Die neue Mama-Me-Time ist das Duschen. Schnell. Mit etwas Glück, ohne vom Kind dabei zugelabert zu werden.
Putzen ist auch so eine tolle Me-Time. „Sorry, lieber Ehemann, würdest du bitte kurz mit dem Kind auf den Spielplatz gehen, damit ich mal die Bude durchwischen kann?“ Da fühle ich mich ja schon wie im Wellnessurlaub, die halbe Stunde allein in der Wohnung, mit Podcast in den Ohren und Putzlappen in der Hand! Wie verwegen, sich dabei dann noch einen Kaffee zu kochen und ihn warm zu trinken!
Und wisst ihr was? Es ist völlig unnötig. Ihr könnt eurem Mann auch sagen, dass ihr am Samstag auf dem Berg seid. Allein, mit Freunden, egal. Oder dass ihr am Abend noch einen trinken geht. Die kriegen das hin mit dem Kind, versprochen. Bei Lars gibt’s an solchen Abenden dann halt eher Butterbrezen als Gemüse. Überleben die Kids auch.
Motivation
» Ich werde oft gefragt, wo ich denn meine Motivation hernehme, so aktiv zu sein und so viel Sport zu machen. Dazu muss ich sagen: Sport ist für mich keine Qual, Sport ist ein täglicher Teil meines Lebens, ohne den ich ganz schrecklich unausgeglichen bin. Deswegen fällt es mir recht leicht, die Kids einzupacken und loszumarschieren.
Dazu kommt, dass das Bergsteigen bei beiden Kindern im ersten Lebensjahr die einfachste Möglichkeit war, sie zum Schlafen zu bewegen. Ich habe alles probiert und das, was tagsüber am zuverlässigsten funktionierte, war das rhythmische Schaukeln in der Babytrage vorn an meinem Bauch. Und da hier einige Berge rumstehen, hatte ich viel Auswahl, täglich irgendwo anders hochzulaufen.
Meine Mutter sagt oft: „Mach’s dir doch gemütlich zu Hause, du musst dir ja nicht täglich so viel zumuten.“ Ich hab’s probiert. Wirklich. Aber Tage zu Hause sind für mich nur anstrengend. Leni und Louise sind genauso unausgeglichen wie ich, das haben sie leider von mir geerbt. Louise brauchte zudem immer schon viel Auslauf und ist unglaublich aktiv, sodass ich mittlerweile diejenige bin, die abends am Krückstock geht. Wenn auf zehn Kilometer laufen gehen noch hundert Runden Bobbycarrennen und Trampolinspringen folgen, bin ich fix und fertig, während Louise noch immer durch den Garten fetzt.
Man sagt ja, dass man, wenn man in der Schwangerschaft sportlich aktiv ist, auch eher ein sportliches Kind bekommt. Bei der nächsten Schwangerschaft, so hab ich’s mir damals vorgenommen, werde ich nur noch liegen! „Noch so ein aktives Kind, das pack ich nicht!“, habe ich zu Lars gesagt. Hat nicht geklappt mit dem Liegen. Und bisher schaut’s stark danach aus, dass Leni ebenso Hummeln im Popo hat. «
„Wenn man einen Gamsbock sieht, muss man leise sein und nicht stinken, weil die können richtig gut riechen.“
(Lorenz, 5 Jahre)
Eltern sein – Partner bleiben
» Seilpartner. Bergbuddies. Gipfelstürmer. Bergverrückte Paare haben viele Gesichter. Lars und ich waren auch von Tag eins unserer Beziehung an die perfekte Seilschaft. Auf unserem ersten Date auf Skitour haben wir gleich ausgetestet, wer hier die (Ski-)Hosen anhat. Keiner von uns. Gleich stark, gleiche Risikoaversion, gleiche Einstellung.
Auch in allen anderen Bergdisziplinen harmonieren wir ziemlich gut. Gemeinsame Urlaube drehten sich im Sommer ums Klettern oder Bergsteigen, im Winter ums Skitourengehen und Freeriden. Sämtliche freien Tage haben wir wie selbstverständlich irgendwo draußen in der Natur verbracht.
Und plötzlich war da so ein kleines, schreiendes Bündel, das meinte, unser Leben und unsere Partnerschaft komplett auf den Kopf stellen zu können.
Funktionsmodus: AN!
Die ersten Wochen nach Louises und auch nach Lenis Geburt verrichteten wir zunächst komplett im Funktionsmodus.
„Kannst du mal bitte …?“, „Gib mal schnell …“, „Lass mich mal kurz …“
Wir waren beide völlig übermüdet, dünnhäutig, genervt und leicht überfordert in dem plötzlichen Windel-Milch-Schrei-Nacht-Modus, in dem man für die nächste Zeit gefangen ist. Und das soll also Eheleben sein? Na servus.
Funktionsmodus: AUS!
Irgendwann kommt der Punkt, an dem Paare wieder ein Paar werden sollten. Nicht nur Eltern, Popoabwischer und Ernährer. Klingt leicht, ist es aber nicht. Überhaupt nicht.
Die einen haben feste Dates, an denen sie Zeit für sich haben, die anderen nutzen die halbe Stunde zwischen Kinder-ins-Bett-bringen und selbst wegpennen für einen Moment der Zweisamkeit. Alle auf ihre eigene Art. Hauptsache, ihr fangt irgendwann an, euch gegenseitig wieder als Mensch, nicht nur als Organisationspartner wahrzunehmen.
Jede Minute nutzen
Lars und ich haben immer schon jede freie Minute genutzt, um zusammen rauszugehen. Häufig auch mit Baby im Tuch – das schläft eh die meiste Zeit. Beim Spazieren, Laufen und Berggehen kann man nicht viel anderes tun als reden – oder schweigen. Es ist still, nur wir und die Natur. Da sprudeln plötzlich die Gedanken, die Wörter und man kann wieder über mehr sprechen als über den letzten Inhalt von Lenis Windel.
Zusammen klettern ist auch so eine Sache. Zusammen über Routen fachsimpeln, sich gegenseitig Züge erklären, Topos wälzen, den nächsten Haken suchen. An der Wand sind wir so fokussiert, dass wir glatt vergessen, dass zu Hause die Kinder warten. Gut so! Fühlt sich fast an wie vor den Kids. Nur wir und die Wand und das Seil und die Exen. Herrlich.
Klar, unser großes Glück dabei sind die Großeltern. Die kümmern sich gerne um die Kinder, wenn sie zu Besuch sind. Dazu kommen Freund:innen, die wir aktiv bitten, die Kinderbetreuung zu übernehmen. Natürlich übernehmen wir dann im Gegenzug auch mal deren Kids.
Mittlerweile wissen wir auf die Sekunde genau, was wir bergtechnisch während der Kindergartenzeit so alles anstellen können. Wenn wir also beide frei haben oder uns freinehmen, ist die Bergzeit von 8:04 Uhr bis 14:28 Uhr auf die Minute ausgereizt. Und da geht mehr, als man glaubt! Man wird ja effizient als Eltern. «
Die Rolle der Väter
» Nicht nur ich bin Mama geworden, Lars ist auch Papa geworden! Für uns beide war die Schwangerschaft eine wahnsinnig herausfordernde Zeit. Und auch Lars durfte Emotionen haben. Ob Vorfreude, Sorgen, Zweifel – jedes Gefühl hat jetzt seine Berechtigung. Auf beiden Seiten.
Lars und ich mussten langsam in unsere neue Rolle als Eltern hineinwachsen. Für mich war es schwierig, nicht mehr so zu funktionieren wie vorher. Körperlich schwach zu sein, sportlich unterlegen, emotional instabil. Lars war in dieser Zeit mein Anker, mein starker Partner und meine emotionale Stütze.
Wir haben schnell gelernt, wie wichtig es ist, über alle Gefühlslagen und körperliche Regungen zu sprechen. Nichts durfte tabu sein. Nur so konnte Lars meine Situation verstehen und mich bestmöglich unterstützen. Im Gegenzug musste ich aber auch lernen, Hilfe aktiv einzufordern – und mir dann wirklich helfen zu lassen. Eine Situation, die sich für uns starke Powerfrauen anfangs ziemlich unangenehm anfühlt. Bisher haben wir doch auch alles allein geschafft. Doch jetzt müssen wir das nicht mehr. Im Gegenteil: Hilfe suchen und Hilfe zulassen ist wichtig. Auch später in eurem Leben als kleine Familie.
Wichtig war mir immer, dass Lars und ich uns einig waren in all unseren Entscheidungen. Sei es die Auswahl der Geburtsklinik oder die nächste Bergtour. Die Unterstützung von Lars und das Wissen, dass die Entscheidungen, die ich treffe, auch für ihn richtig sind, waren während der Schwangerschaft ungemein wichtig. Nur so konnte ich selbstbewusst meinen Weg gehen und mich vor den Stimmen von außen schützen. Und wenn Lars am Berg gesagt hat: „Stopp! Jetzt wird’s mir zu gefährlich!“, dann sind wir selbstverständlich sofort umgedreht.
Denn auch er wurde Papa. Es war auch sein Kind. Mit allen Konsequenzen, positiv wie negativ. Trotzdem haben die (engagierten) Väter in der Gesellschaft immer noch eine Sonderrolle. Leider.
Wenn das Kind dann da ist, werden die Daddys nach wie vor dafür gefeiert, dass sie wissen, wo bei einer Windel hinten und vorne ist und ganz eventuell sogar in der Lage sind, eine Brotbox eigenständig mit mehr als Butterkeksen zu befüllen.
„Toll, was dein Mann alles mit Louise macht!“, sagt die Nachbarin letztens zu mir. Ja. Und toll, was ICH alles mit Louise mache! Anscheinend ist es ganz selbstverständlich, dass jede Mama täglich, hübsch geschminkt in ihren 34er Yoga-Tights, am handgebeizten Buchenholztisch die liebevoll gestalteten Brotboxen mit ausgewogenen, handgemachten Leckereien befüllt, bevor sie wieder ihrem Vollzeitjob nachgeht. Frei nach dem Motto: „Alles kann, nichts muss.“ Gefühlt können die Väter sich aussuchen, was sie in Sachen Kinderbetreuung machen, und ernten Anerkennung von allen Seiten – Mamas machen den Rest. Dass aber heutzutage auch fast alle Mütter einen Job haben, wird dabei gerne vergessen. Das passiert dann so nebenbei, Laptop auf dem linken Knie, Kind auf dem rechten. Mails werden vor 6 Uhr und nach 19 Uhr beantwortet, der liebe Haushalt, der macht sich dabei von allein … Hauptsache, das Kind geht in die musikalische Früherziehung, tanzt mit zweieinhalb seinen Namen auf Mandarin und ernährt sich ausschließlich vegan – strikt nach Ottolenghi.
Wisst’s was? A Schmarrn is des! Papa kann alles, wirklich alles genauso gut wie ihr! Er ist in derselben Minute Vater geworden, wie ihr Mutter geworden seid! Er hatte genauso lange Zeit, sich an seine neue Rolle zu gewöhnen und das Kinderpflegen zu lernen wie ihr. Und wenn trotzdem noch Aufholbedarf besteht, dann legt der Papa jetzt besser den höchsten Gang ein beim Papa-Schnellkurs! Haut ab – am besten vor 18 Uhr –, entgeht dem Abendess-Bettbring-Chaos, gönnt euch ’nen Aperol, rennt auf den Berg. Nach mir die Sintflut? Nö. Einfach Gleichberechtigung. «
DATENSCHUTZ & Einwilligung für das Kommentieren auf der Website des Piper Verlags
Die Piper Verlag GmbH, Georgenstraße 4, 80799 München, info@piper.de verarbeitet Ihre personenbezogenen Daten (Name, Email, Kommentar) zum Zwecke des Kommentierens einzelner Bücher oder Blogartikel und zur Marktforschung (Analyse des Inhalts). Rechtsgrundlage hierfür ist Ihre Einwilligung gemäß Art 6I a), 7, EU DSGVO, sowie § 7 II Nr.3, UWG.
Sind Sie noch nicht 16 Jahre alt, muss zwingend eine Einwilligung Ihrer Eltern / Vormund vorliegen. Bitte nehmen Sie in diesem Fall direkt Kontakt zu uns auf. Sie selbst können in diesem Fall keine rechtsgültige Einwilligung abgeben.
Mit der Eingabe Ihrer personenbezogenen Daten bestätigen Sie, dass Sie die Kommentarfunktion auf unserer Seite öffentlich nutzen möchten. Ihre Daten werden in unserem CMS Typo3 gespeichert. Eine sonstige Übermittlung z.B. in andere Länder findet nicht statt.
Sollte das kommentierte Werk nicht mehr lieferbar sein bzw. der Blogartikel gelöscht werden, ist auch Ihr Kommentar nicht mehr öffentlich sichtbar.
Wir behalten uns vor, Kommentare zu prüfen, zu editieren und gegebenenfalls zu löschen.
Ihre Daten werden nur solange gespeichert, wie Sie es wünschen. Sie haben das Recht auf Auskunft, auf Berichtigung, auf Löschung, auf Einschränkung der Verarbeitung, ein Widerspruchsrecht, ein Recht auf Datenübertragbarkeit, sowie ein Recht auf Widerruf Ihrer Einwilligung. Im Falle eines Widerrufs wird Ihr Kommentar von uns umgehend gelöscht. Nehmen Sie in diesen Fällen am besten über E-Mail, info@piper.de, Kontakt zu uns auf. Sie können uns aber auch einen Brief schicken. Sie erhalten nach Eingang umgehend eine Rückmeldung. Ihnen steht, sofern Sie der Meinung sind, dass wir Ihre personenbezogenen Daten nicht ordnungsgemäß verarbeiten ein Beschwerderecht bei einer Aufsichtsbehörde zu. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich gerne an unseren Datenschutzbeauftragten, den Sie unter datenschutz@piper.de erreichen.