Aufstieg und Fall der Dinosaurier Aufstieg und Fall der Dinosaurier - eBook-Ausgabe
Eine neue Geschichte der Urzeitgiganten
„Steve Brusatte rückt die Dinosaurier ins rechte Licht.“ - Rhein-Neckar-Zeitung
Aufstieg und Fall der Dinosaurier — Inhalt
Neue Erkenntnisse über Dinosaurier - packend und unterhaltsam dargestellt
„Die ultimative Dinosaurier-Biografie“ SCIENTIFIC AMERICAN
So spannend wie „Jurassic Park“
Vor 66 Millionen Jahren starben die furchterregendsten Kreaturen der Erde aus. Heute sind die Dinosaurier eines der großen Geheimnisse unseres Planeten. Der bekannte Paläontologe Steve Brusatte erweckt nun ihre verlorene Welt wieder zum Leben. Er macht uns bekannt mit grausamen Fleischfressern, langhalsigen Riesen, gehörnten Pflanzenfressern – und natürlich mit T. rex, dem König der Dinosaurier. Auf Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse erzählt Brusatte die fesselnde Geschichte der Giganten neu – von den rätselhaften Ursprüngen bis zum tragischen Ende.
„Brusatte ist einer der renommiertesten Dinosaurier-Forscher seiner Generation.“ Die ZEIT
„Mehr als alles andere aber ist der Aufstieg und Fall der Dinosaurier eine unglaubliche Geschichte über eine Zeit, als riesige Tiere und andere fantastische Geschöpfe sich die Welt zu eigen machten. Sie schritten auf demselben Boden voran wie wir, heute sind ihre Fossilien im Fels begraben – es sind jene Spuren, die von ihnen berichten. Für mich ist es eine der größten Erzählungen in der Geschichte unseres Planeten.“ Steve Brusatte
„Wissenschaftliches Geschichtenerzählen von seiner besten Seite.“ ― NATURE
- neue Erkenntnisse über eine verlorene Welt
- von einem der renommiertesten Paläontologen der Welt
- reich bebildert und illustriert
Leseprobe zu „Aufstieg und Fall der Dinosaurier“
Prolog
Das Goldene Zeitalter der Entdeckungen
Wenige Stunden vor Tagesanbruch stieg ich an einem kalten Morgen im November 2014 aus einem Taxi und bahnte mir den Weg durch den Hauptbahnhof von Peking. Ich hielt meine Fahrkarte fest umklammert, während ich mich durch einen Schwarm Tausender frühmorgendlicher Pendler kämpfte; meine Nerven waren angespannt, weil die Abfahrtszeit meines Zugs immer näher rückte. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich mich wenden sollte. Allein und nur weniger Worte Chinesisch mächtig, blieb mir nichts anderes übrig, als die [...]
Prolog
Das Goldene Zeitalter der Entdeckungen
Wenige Stunden vor Tagesanbruch stieg ich an einem kalten Morgen im November 2014 aus einem Taxi und bahnte mir den Weg durch den Hauptbahnhof von Peking. Ich hielt meine Fahrkarte fest umklammert, während ich mich durch einen Schwarm Tausender frühmorgendlicher Pendler kämpfte; meine Nerven waren angespannt, weil die Abfahrtszeit meines Zugs immer näher rückte. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich mich wenden sollte. Allein und nur weniger Worte Chinesisch mächtig, blieb mir nichts anderes übrig, als die Schriftzeichen auf meiner Fahrkarte mit den Symbolen auf den Bahnsteigen zu vergleichen. Mit einem Tunnelblick fuhr ich hektisch die Rolltreppen rauf und runter, hastete an Zeitungskiosken und Nudelständen vorbei und fühlte mich dabei wie ein Raubtier auf der Jagd. Mein mit Kameras, einem Stativ und weiteren wissenschaftlichen Geräten vollgepackter Koffer schleuderte hinter mir her, fuhr anderen Leuten über die Füße und knallte gegen ihre Schienbeine. Von allen Seiten prasselten wütende Rufe auf mich ein. Aber ich ließ mich nicht aufhalten.
Längst drang der Schweiß aus meiner Winterdaunenjacke, und ich keuchte in der von den Dieselabgasen der Züge geschwängerten Luft. Irgendwo weiter vorne erwachte ein Motor brüllend zum Leben, und ein Pfiff war zu hören. Ein abfahrbereiter Zug. Ich stolperte die Betonstufen hinab, die zum Bahnsteig führten, und zu meiner großen Erleichterung konnte ich nun auch die Schriftzeichen lesen. Endlich. Dies war mein Zug, der mich und meinen guten Freund und Kollegen Junchang Lü, einen der bekanntesten Dinosaurier-Jäger Chinas, nordostwärts nach Jinzhou bringen sollte – eine Stadt, die so groß wie Chicago ist und einige Hundert Kilometer von der Grenze zu Nordkorea in der alten Mandschurei liegt.
In den folgenden Stunden versuchte ich, es mir bequem zu machen, während wir langsam an Betonfabriken und dunstigen Kornfeldern vorbeirollten. Manchmal nickte ich ein, konnte aber nicht viel Schlaf finden. Ich war viel zu aufgeregt. Am Ende der Reise wartete ein Geheimnis auf mich – ein Fossil, über das ein Bauer gestolpert war, als er seine Ernte eingefahren hatte. Ich kannte ein paar körnige Fotos davon, die Junchang mir geschickt hatte. Wir stimmten beide in der Bewertung überein, dass der Fund bedeutend aussehe. Vielleicht war es ja sogar eines der wegweisenden Fossilien, die dem Fund des Heiligen Grals gleichkommen – eine neue Art und so makellos erhalten, dass wir spüren könnten, wie es vor zig Millionen Jahren als lebendes, atmendes Geschöpf gewesen war. Doch wir mussten es selbst in Augenschein nehmen, um ganz sicher zu sein.
Als Junchang und ich in Jinzhou den Zug verließen, wurden wir von einer Handvoll örtlicher Würdenträger begrüßt, die uns die Koffer abnahmen und uns zu zwei schwarzen SUVs führten. Schnell ging es zum städtischen Museum, einem überraschend gesichtslosen Gebäude am Rande der Stadt. Als handele es sich um ein hochrangiges politisches Gipfeltreffen, führte man uns im flackernden Neonlicht eines langen Flurs ernst und förmlich in einen seitlich gelegenen Raum, in dem ein paar Tische und Stühle standen. Auf einem kleinen Arbeitstisch lag eine Gesteinsplatte, die so schwer war, dass die Tischbeine einzuknicken schienen. Einer der örtlichen Honoratioren sprach auf Chinesisch mit Junchang, der sich danach zu mir wandte und mir kurz zunickte.
„Fangen wir an“, meinte er in seinem so eigenartig betonten Englisch, das eine Mischung aus der chinesischen Sprachmelodie ist, mit der er aufwuchs, und der gedehnten Sprechweise der Texaner, die er als Doktorand in Amerika angenommen hat.
Gemeinsam gingen wir zu dem Tisch. Ich spürte, wie alle Blicke auf uns ruhten, und eine unheimliche Stille herrschte im Raum, als wir uns dem Schatz näherten.
Vor mir lag eines der schönsten Fossilien, die ich je gesehen hatte. Es war ein Skelett, ungefähr von der Größe eines Maultiers; seine schokoladenbraunen Knochen ragten aus dem sie umgebenden trüb-grauen Kalkstein. Mit Sicherheit war es ein Dinosaurier; seine Steakmesserzähne, die spitzen Klauen und der lange Schwanz ließen keinen Zweifel aufkommen, dass dies ein naher Verwandter des räuberischen Velociraptor war, wie man ihn aus Jurassic Park kennt.
Doch es war kein gewöhnlicher Dinosaurier. Seine Knochen waren leicht und hohl, die Beine lang und dünn wie die eines Fischreihers, sein schlankes Skelett trug alle Anzeichen eines aktiven, dynamischen, sich schnell bewegenden Tiers. Und da waren nicht nur die Knochen; es gab auch Federn, die den gesamten Körper bedeckten. Buschige Federn an Kopf und Nacken, die wie Haare aussahen, am Schwanz dagegen lange, verzweigte Federn und an den Armen große Federkiele, die – nebeneinander aufgereiht und übereinander geschichtet – die Form von Flügeln hatten.
Dieser Dinosaurier sah aus wie ein Vogel.
Ungefähr ein Jahr darauf beschrieben Junchang und ich dieses Skelett als eine neue Art, die wir Zhenyuanlong suni nannten. Sie ist eine von ungefähr 15 neuen Dinosauriern, die ich innerhalb der letzten zehn Jahre bestimmt habe, während ich als Paläontologe Karriere machte. Sie führte mich von meinen Wurzeln im amerikanischen Mittelwesten zu einem Universitätsjob nach Schottland, dazu kamen viele Aufenthalte an Orten auf der ganzen Welt, wo ich Dinosaurier fand und sie erforschte.
Der Zhenyuanlong ist anders als die Dinosaurier, von denen ich noch in der Grundschule gehört hatte, ehe ich Wissenschaftler wurde. Man brachte mir bei, dass Dinosaurier große, schuppige, dumme Tiere und für ihre Umgebung so schlecht geeignet gewesen seien, dass sie einfach nur herumtrampelten, die Zeit verstreichen ließen und auf ihren Untergang warteten. Gleichsam ein Fehler der Evolution. Eine Sackgasse in der Geschichte des Lebens. Primitive Tiere, die kamen und gingen, lange bevor der Mensch die Szene betrat. Und ihr Lebensraum war eine urzeitliche Welt, die derart anders war als unsere heutige, dass es auch ein fremder Planet hätte sein können. Dinosaurier waren Kuriositäten, die man im Museum betrachten konnte, Filmungeheuer, die uns in unseren Albträumen heimsuchten, Objekte kindlicher Faszination, für uns moderne Menschen doch eher irrelevant und kaum einer ernsthaften Erforschung würdig.
Doch diese Stereotypen sind unsinnig und vollkommen falsch. In den letzten Jahrzehnten ist man davon abgekommen, als eine neue Paläontologengeneration in nie dagewesenem Ausmaß Dinosaurierfossilien entdeckte. Überall auf der Welt – von den Wüsten Argentiniens bis zu den gefrorenen Einöden Alaskas – wird gegenwärtig im Durchschnitt einmal pro Woche eine neue Dinosaurierart entdeckt. Man lasse sich das auf der Zunge zergehen: einmal pro Woche eine neue Dinosaurierart. Das bedeutet ungefähr 50 neue Entdeckungen pro Jahr – darunter auch der Zhenyuanlong. Aber es geht nicht nur um diese neuen Entdeckungen, sondern es gibt auch neue Wege, sie zu erforschen – neue Technologien kamen auf, die den Paläontologen dabei halfen, die Biologie und Evolution der Dinosaurier auf eine Weise zu verstehen, die unseren Vorgängern noch unvorstellbar war. Computertomografien werden genutzt, um die Gehirne und Sinnesorgane der Dinosaurier zu erforschen, Computermodelle zeigen uns heute, wie sie sich bewegten, Hochleistungsmikroskope enthüllen sogar, welche Farbe sie hatten. Und noch vieles mehr.
Ich hatte das große Glück, an dieser aufregenden Entwicklung teilzuhaben – als einer von vielen jungen Paläontologen aus aller Welt, Männer und Frauen verschiedenster Herkunft, die zur Zeit von Jurassic Park erwachsen wurden. Sehr viele von uns Forschern, die wir zwischen Mitte 20 und Mitte 30 sind, arbeiten zusammen, aber auch mit unseren Mentoren aus der früheren Generation. Mit jeder neuen Entdeckung, die wir machen, jeder neuen Studie lernen wir ein wenig mehr über die Dinosaurier und ihre Evolutionsgeschichte.
In diesem Buch möchte ich die folgende gewaltige und abenteuerliche Geschichte erzählen – woher die Dinosaurier kamen, wie sie zu den dominierenden Tieren wurden, wie manche von ihnen zu Riesen, andere dagegen zu Vögeln wurden, weil sie Federn und Flügel entwickelten, und schließlich, wie der Rest von ihnen verschwand, was letzten Endes den Weg für die moderne Welt bahnte und damit für uns. Dabei möchte ich auch darstellen, wie wir diese Geschichte aus den uns vorliegenden fossilen Anhaltspunkten zusammensetzten, und ein Gespür dafür vermitteln, was es heißt, Paläontologe zu sein, dessen Aufgabe es ist, Dinos zu jagen.
Doch vor allem möchte ich zeigen, dass Dinosaurier keine Aliens und keine Fehlschläge der Natur waren und ganz sicher auch nicht irrelevant. Sie waren außergewöhnlich erfolgreich, gediehen mehr als 150 Millionen Jahre lang und brachten ein paar der erstaunlichsten Tiere hervor, die je gelebt haben – einschließlich der Vögel, den rund 10 000 lebenden Dinosaurierarten der Gegenwart. Ihre Heimat war unsere Heimat – dieselbe Erde, die den gleichen Launen des Klimas und der Umweltveränderungen unterworfen war, denen auch wir ausgesetzt sind oder vielleicht zukünftig ausgesetzt sein werden. Sie entwickelten sich gemeinsam mit einer sich stets verändernden Welt, die von gewaltigen vulkanischen Eruptionen und Asteroideneinschlägen erschüttert wurde, in der sich die Kontinente bewegten, der Meeresspiegel ständig schwankte und die Temperaturen höchst unberechenbar stiegen und fielen. Die Dinosaurier passten sich außerordentlich gut an ihre jeweilige Umgebung an, doch am Ende wurden die meisten von ihnen ausgelöscht, als sie mit einer plötzlichen Krise nicht zurechtkamen. Ohne jeden Zweifel birgt das für uns eine Lehre.
Mehr als alles andere aber ist der Aufstieg und Fall der Dinosaurier eine unglaubliche Geschichte über eine Zeit, als riesige Tiere und andere fantastische Geschöpfe sich die Welt zu eigen machten. Sie schritten auf demselben Boden voran wie wir, heute sind ihre Fossilien im Gestein begraben – es sind jene Spuren, die von ihnen berichten. Für mich ist es eine der größten Erzählungen in der Geschichte unseres Planeten.
Steve Brusatte,
Edinburgh, Schottland
18. Mai 2017
1
Der Anbruch des Dinosaurier-Zeitalters
„Bingo!“, rief mein Freund Grzegorz Niedżwiedzki und wies auf eine hauchdünne Trennschicht zwischen einem schmalen Streifen Tonstein und einer dickeren Schicht groben Gesteins direkt darüber. Der Steinbruch, den wir in der Nähe des polnischen Dorfes Zachełmie untersuchten, war früher einmal Fundort und Abbaustätte des begehrten Kalksteins gewesen, aber schon seit Langem aufgegeben worden. Die Umgebung war mit verfallenen Schornsteinen und anderen Überresten der industriellen Vergangenheit Zentralpolens übersät. Die Karten wiesen uns darauf hin, dass wir im Heiligkreuzgebirge seien, aber das ist ein trügerischer Name für die traurige Ansammlung von Hügeln, die früher einmal sehr hoch waren, doch heute nach Hunderten Millionen Jahren der Erosion nahezu abgeflacht sind. Der Himmel war grau, die Mücken stachen, die Hitze strahlte vom Boden der Grube zurück, und die einzigen anderen Menschen, die wir sahen, waren zwei Wanderer, die sich ziemlich schlimm verfranst haben mussten.
„Hier kann man das Aussterben sehen“, sagte Grzegorz, und ein breites Lächeln durchzog seine während vieler Tage der Feldforschung unrasierten Bartstoppeln. „Zahlreiche Fußspuren großer Reptilien und Säugetierverwandter unten, aber dann verschwinden sie. Und darüber sehen wir eine ganze Weile gar nichts, dann die Dinosaurier.“
Wir mochten da zwar auf einige Felsen in einer überwachsenen Grube schauen, worauf wir aber tatsächlich blickten, entsprach einer Revolution. Gesteine zeichnen die Erdgeschichte auf; sie erzählen Geschichten aus längst vergangenen Zeiten, lange bevor die Menschen die Erde bevölkerten. Und die Geschichte, die da vor uns in den Stein geschrieben war, erzählte von einem schockierenden Ereignis. Dieser vielleicht nur für das hochtrainierte Auge des Wissenschaftlers sichtbare Übergang im Gestein dokumentierte einen der dramatischsten Momente der Erdgeschichte. Einen kurzen Augenblick, als sich die Welt veränderte, einen Wendepunkt, der sich vor rund 252 Millionen Jahren zutrug – lange vor unserer Zeit, vor den Wollhaarmammuts, vor den Dinosauriern –, der aber noch heute nachhallt. Hätten sich die Dinge damals nur ein wenig anders abgespielt – wer weiß, wie die heutige Welt aussähe? Es ist ein wenig mit der Frage vergleichbar, was passiert wäre, wenn Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau damals im Juni 1914 in Sarajevo nicht erschossen worden wären.
Hätten wir vor 252 Millionen Jahren an eben diesem Fleckchen Erde gestanden, in einer Zeit, die die Geologen als Perm (oder Permzeit) bezeichnen, hätten wir unsere Umgebung kaum wiedererkannt. Es hätte keine Fabrikruinen oder andere menschliche Spuren gegeben. Keine Vögel am Himmel oder Mäuse, die um unsere Füße huschten, keine Blütensträucher, die uns zerkratzten, keine Mücken, die sich hungrig auf die dadurch entstandenen Wunden stürzten. All das entwickelte sich erst später. Dennoch hätten wir geschwitzt, weil es heiß und unerträglich feucht gewesen wäre, wahrscheinlich noch unerträglicher als Miami im Hochsommer. Wild dahinfließende Flüsse entwässerten das Heiligkreuzgebirge, das damals tatsächlich ein richtiges Gebirge war, mit schneebedeckten, scharf konturierten Bergen, die Tausende Meter in die Wolken ragten. Die Flüsse wanden sich durch riesige Koniferenwälder – frühe Verwandte der heutigen Kiefern und des Wacholders – und mündeten in einem großen Becken, das sich am Rand der Berge erstreckte; es war voller Seen, deren Pegel in der Regenzeit stark anstiegen, die nach dem Monsun aber wieder austrockneten.
Diese Seen waren die Lebensquelle des örtlichen Ökosystems, Wasserstellen, die in der grellen Hitze und dem rauen Wind Oasen bildeten. Allerlei Tiere kamen hier zusammen, doch waren es keine, wie wir sie heute kennen. Es gab schleimige Salamander, größer als Hunde, die in der Nähe des Ufers herumlungerten und gelegentlich nach einem vorüberziehenden Fisch schnappten. Untersetzte Tiere, die sogenannten Pareiasaurier, watschelten auf allen vieren herum, sie hatten eine knorrige Haut und einen schweren Vorbau; ihr insgesamt massives, brutales Aussehen ließ sie wie eine verrückte reptilienartige Version der Offensive Linemen wirken, jener Spieler im American Football, die in gebückter Haltung die vorderste Front der angreifenden Mannschaft bilden. Kleine dicke Wesen, die Dicynodontier, wühlten wie Schweine im Dreck, wobei sie ihre scharfen Stoßzähne benutzten, um wohlschmeckende Wurzeln zutage zu fördern. Über diese Tiere herrschten die Gorgonopsier, Fleischfresser von der Größe von Bären, die an der Spitze der Nahrungskette standen und ihre säbelzahnartigen Eckzähne in die Eingeweide der Pareiasaurier und das Fleisch der Dicynodontier schlugen. Dieser Haufen von Sonderlingen beherrschte die Welt direkt vor den Dinosauriern.
Dann fing die Erde tief in ihrem Innern an zu rumoren. Doch hätte man das vor rund 252 Millionen Jahren, zumindest als es anfing, an der Oberfläche kaum spüren können. Es trug sich in etwa 80, vielleicht sogar 160 Kilometern Tiefe zu, im Erdmantel, der mittleren Lage des aus Kruste, Mantel und Kern bestehenden Sandwichs, das die Erdstruktur ausmacht. Der Mantel besteht aus solidem Gestein, das so heiß ist und unter einem so hohen Druck steht, dass es über lange geologische Zeiträume hinweg wie besonders zähflüssige Knetmasse fließen kann. In der Tat weist der Erdmantel Strömungen auf wie ein Fluss. Diese Strömungen treiben das förderbandähnliche System der Plattentektonik an, sie sind jene Kräfte, welche die dünne äußere Kruste in Platten zerbrechen lassen, die sich im Lauf der Zeit gegeneinander bewegen. Ohne diese Strömungen im Erdmantel hätten wir weder Berge noch Meere noch eine bewohnbare Erdoberfläche. Doch ab und zu büchst einer dieser Ströme aus. Heiße Strömungen aus flüssigem Felsgestein, die sogenannten Mantelplumes, steigen auf und winden sich an die Oberfläche, wo sie schließlich als Vulkane an sogenannten Hotspots ausbrechen. Sie sind selten, doch Yellowstone ist ein Beispiel eines noch heute aktiven Hotspots. Die ständige Hitzezufuhr aus der Tiefe der Erde ist genau die Kraft, die den Geysir Old Faithful im Yellowstone-Nationalpark im US-Bundesstaat Wyoming sowie andere Geysire antreibt.
Genau das Gleiche passierte am Ende des Perm, jedoch in einem kontinentalen Ausmaß. Unter Sibirien bildete sich ein gewaltiger Hotspot. Ströme flüssigen Gesteins drangen durch den Mantel in die Erdkruste und flossen von dort als Vulkane aus. Es waren aber keine gewöhnlichen Vulkane, wie wir sie heute kennen, keine kegelförmigen Aufschüttungen, die jahrzehntelang schlafen und dann bei Gelegenheit mit einem Regen aus Asche und Lava explodieren, wie etwa der Mount Saint Helens im US-Bundesstaat Washington oder der Pinatubo auf den Philippinen. Sie brachen auch nicht mit der Wucht jener aus Essig und Backpulver angesetzten Mischungen aus, die viele von uns als naturwissenschaftliche Experimente kennen. Nein, diese Vulkane waren nicht mehr als große Risse im Erdboden, oft mehrere Kilometer lang, die ständig Lava ausspuckten, Jahr für Jahr, Jahrzehnt für Jahrzehnt, Jahrhundert für Jahrhundert. Die Eruptionen gegen Ende des Perms dauerten einige Hunderttausend Jahre, vielleicht sogar ein paar Millionen Jahre. Dabei kam es zu wenigen größeren Eruptionen und ruhigeren Phasen langsameren Fließens. Insgesamt stießen sie genug Lava aus, um damit in Nord- und Zentralasien mehrere Millionen Quadratkilometer zu überschwemmen. Noch heute, 252 Millionen Jahre später, bedecken schwarze Basaltfelsen, die aus dieser Lava ausgehärtet sind, in Sibirien mehr als eine Million Quadratkilometer, ein Gebiet, das etwa so groß ist wie Westeuropa.
„Auch wer alles über Dinosaurier zu wissen glaubt, wird hier noch neue Details erfahren. Und wer die eigenen Kinder mit spannenden Urzeit-Fakten überraschen möchte, findet in dem Werk passende Munition.“
„Ein Page-Turner mit einem Aha-Moment nach dem anderen.“
„Brusatte gibt uns (…) einen locker geschilderten Überblick (…) (und) arbeitet die geologischen Schlüsselereignisse heraus.“
„Wissenschaftliches Geschichtenerzählen von seiner besten Seite.“
„Eine fesselnde Lektüre in der besten Tradition der Populärwissenschaft.“
„Mitreißend (…) das beste Buch zum Thema für eine breite Leserschaft seit den 1980ern.“
„Ein Buch, spannend wie ein Film aus der ›Jurassic-Park‹-und-›Jurassic-World‹-Reihe!“
„Brusatte ist einer der renommiertesten Dinosaurier-Forscher seiner Generation.“
„Steve Brusatte erzählt mitreißend von seinen vielen Ausgrabungen, etwa in Schottland in der Nähe seiner Universität.“
„Hervorragend.“
„Steve Brusatte rückt die Dinosaurier ins rechte Licht.“
„Brusatte räumt mit Vorurteilen auf und bringt neue wissenschaftliche Erkenntnisse.“
„Dieses Buch ist eine feine Ehrenrettung (der Dinosaurier).“
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