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Ausgebüxt!

Ausgebüxt! - eBook-Ausgabe

Jana Heck
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Mikroabenteuer mit Kindern. Natur spielend entdecken – Familienzeit intensiver leben – Urlaub anders denken

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Ausgebüxt! — Inhalt

Endlich mehr Zeit für Natur

Kinder brauchen frische Luft, sie wollen auf Bäume klettern und in Pfützen springen, Dämme bauen und barfuß im Laub wühlen – das weiß doch jeder! Doch fehlende Zeit, schlechtes Wetter oder das Bedürfnis nach vermeintlicher Ruhe in den eigenen vier Wänden hält viele Eltern ab, mit ihren Kindern wirklich oft rauszugehen. Damit ist jetzt Schluss: Jana und Patrick Heck zeigen, warum es sich immer lohnt, aus der Haustür zu treten, dem Grün entgegen. Sie beweisen, dass man nur wenig Zeit und kaum Energie investieren muss, dafür aber immer glücklicher und reicher zurück nach Hause kommt.

€ 11,99 [D], € 11,99 [A]
Erschienen am 01.03.2021
240 Seiten
EAN 978-3-492-99860-4
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Leseprobe zu „Ausgebüxt!“

Vorwort
von Christo Foerster
Kinder sind die besten Abenteurer. Ihnen geht es ums Entdecken, nicht ums Ankommen, sie wollen erleben, nicht beweisen. Sie fallen hin und rappeln sich wieder auf. Immer wieder. Und irgendwann klappt es – mit dem Stehen, mit dem Laufen, mit dem Klettern. Der Bewegungsradius dehnt sich aus, der Blick wird schärfer, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten größer. Wenn – und da wird diese schöne Melodie von einem hässlichen Kratzen unterbrochen – die moderne Erwachsenenwelt mit ihren Sorgen und Normen nicht wäre. So sehr wir uns [...]

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Vorwort
von Christo Foerster
Kinder sind die besten Abenteurer. Ihnen geht es ums Entdecken, nicht ums Ankommen, sie wollen erleben, nicht beweisen. Sie fallen hin und rappeln sich wieder auf. Immer wieder. Und irgendwann klappt es – mit dem Stehen, mit dem Laufen, mit dem Klettern. Der Bewegungsradius dehnt sich aus, der Blick wird schärfer, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten größer. Wenn – und da wird diese schöne Melodie von einem hässlichen Kratzen unterbrochen – die moderne Erwachsenenwelt mit ihren Sorgen und Normen nicht wäre. So sehr wir uns bemühen, führen unsere Erwartungen und Regeln dazu, dass ein Teil dieser Urneugier irgendwann begraben wird – manchmal ein größerer, manchmal ein kleinerer, manchmal früher, manchmal später. Dieses Buch ist eine Erinnerung an den Wert der kindlichen Neugier und inspiriert auf wunderbare Weise dazu, die Lust aufs Entdecken hochzuhalten und zu fördern.
Wenn es um das Abenteuer-Erleben mit Kindern geht, beobachte ich oft eine Haltung, die gut gemeint ist, die ich aber für einen großen Fehler halte: Die meisten Eltern wollen ihre Kinder mitnehmen zu einem Erlebnis, das sie sich ausgedacht haben. Sie selbst stellen dabei die Ziele und Regeln auf. Sie vergessen, dass – ich wiederhole das an dieser Stelle gerne – Kinder die besten Abenteurer sind. Wir sollten uns von den Kindern mitnehmen lassen, nicht andersherum. Selbstverständlich ist das in der Praxis je nach Alter der Kinder durchaus ein schmaler Grat, und hier und da sind Anregungen der Eltern sicher sinnvoll, entscheidend ist jedoch die Haltung, mit der wir an ein Abenteuer herangehen. Und die sollte sein: Die Welt da draußen durch die Augen der Kinder zu sehen.
Das ist ein Grund, warum ich ungern feste Unterkünfte buche, wenn ich mit meinen Kindern in der Natur unterwegs bin. Dann komme ich nicht in die Lage, sie antreiben zu müssen: „Weiter jetzt, nicht so lange trödeln, wir haben noch ein ganzes Stück vor uns.“ Es bleibt genügend Raum, um sich in der Natur zu verlieren und die Zeit zu vergessen. Meist lasse ich sie selbst entscheiden, wo wir unser Lager aufbauen und uns in die Schlafsäcke kuscheln. Das bedeutet nicht, dass unsere Abenteuer immer ziellose Larifari-Unternehmungen sind: Als mein Sohn sechs Jahre alt war, wollte er auf den höchsten Berg Deutschlands steigen. Als wir diesen Wunsch wenige Wochen später angingen, wurde mir klar, wie sehr auch kleinere Kinder schon bereit sind, körperliche Höchstleistungen zu vollbringen, wenn (und das ist der springende Punkt!) sie selbst einen Wert darin sehen. Am Gipfelkreuz der Zugspitze war mein Sohn nicht nur um ein Abenteuer reicher, sondern auch spürbar gewachsen.
Jana und Patrick meldeten sich bei mir, als sie eine vierwöchige Deutschlandreise planten. Sie wollten ohne Auto unterwegs sein, unter freiem Himmel schlafen und Menschen treffen, die sie inspirieren. Ich lud sie ein, eine Nacht gemeinsam am Hamburger Elbstrand zu verbringen. Ich hatte keine Ahnung, dass Jana hochschwanger war, aber das war auch völlig egal – wir bereiteten uns auf dem Gaskocher ein leckeres Abendessen zu, saßen zusammen, bis es kühl wurde und zu regnen begann. Jana und Patrick spannten ein Tarp auf und schliefen im Sand, ich kletterte in meine Hängematte. Schon damals ahnte ich, dass ihre Kinder es einmal gut haben würden.
Ich freue mich sehr, dass nun dieses Buch entstanden ist. Weil Jana und Patrick damit ihren ganz persönlichen Leitstern heller strahlen lassen, weil sie einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten, weil sie Lust machen, da rauszugehen. Nicht morgen oder übermorgen, sondern heute. Raus und machen, ohne Garantie, dass alles glattläuft. Das erfordert Mut. Aber: Mut zu haben bedeutet nicht, frei von Angst zu sein, sondern lediglich, dass da etwas anderes ist, das uns wichtiger erscheint als die Angst.
Viel Freude mit diesem Buch und unvergessliche Momente vor der Tür!

Christo Foerster ist Abenteurer, Vortragsredner und Buchautor. Er gilt als Wegbereiter der Mikroabenteuer-Idee in Deutschland. Christo Foerster lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Hamburg. Über seine Podcasts und Social-Media-Kanäle begeistert er Tausende Menschen weltweit dafür, mehr Freiheit und Abenteuer im Alltag zu wagen. www.christofoerster.com



Komm mit!

Jana
Ganz ruhig und in gleichbleibendem Rhythmus wippe ich mit den Knien. Dazu summe ich leise die Melodie von „Hejo, spann den Wagen an“. Seit fast 30 Minuten. Vor mir im Tragetuch hängt unser total übermüdeter vier Monate alter Sohn. Seine Augen
sind nur noch einen klitzekleinen Spalt weit geöffnet. „Ja, Jana,
ich glaube, jetzt schläft er –“ „Wuäääääähhhhhhh!“ „ – nicht.“ Während ich mich mental schon mal auf eine weitere halbe Stunde Singwippen einstelle, wirft Paddy einen kritischen Blick auf seine Uhr. „Schon kurz vor sieben, in eineinhalb Stunden wird’s dunkel.“ Der Kleine weint noch immer. Ob er wohl unsere Aufregung, die wir so gut zu verstecken versuchen, spürt? Bestimmt. Ich lasse meinen Blick schweifen. Der Wald ist im Gegensatz zu uns ganz ruhig. Sanft wiegen sich einige Bäume im Wind. Die Buchen um uns herum sind in mystisches Licht gehüllt, und jetzt, im April, leuchten ihre jungen Triebe in saftigem Grün. Eine Zeit lang versuche ich noch, den Frieden des Waldes in mein Singen und Wippen zu übertragen in der Hoffnung, dass der Kleine doch noch einschläft. Aber vergebens. Es ist das erste Mal, dass wir mit unserem Sohn draußen schlafen wollen. Zuletzt waren wir im November, drei Wochen vor seiner Geburt noch zu zweit hier, und diesmal ist alles so anders! Schon das Packen war viel aufregender und unkoordinierter als sonst. Und jetzt auch noch das.
„Also, ich schlage vor, wir erzwingen nichts, sondern gehen einfach mal zu unserem Schlafplatz weiter und schauen, ob er da einschlafen kann, wenn du ihn stillst. Wenn nicht, können wir immer noch mit Taschenlampen umkehren und heimfahren. Was meinst du?“ „Ja, ich glaube, das ist eine gute Idee. So bringt das hier gerade nichts.“

Nichts erzwingen wollen, das ist für uns eine der wichtigsten Lehren für unsere Naturabenteuer mit Kindern geworden. Seit dieser ersten Übernachtung mit Kind im Freien ist mehr als ein Jahr vergangen. Insgesamt 23 Nächte hat unser Sohn mittlerweile schon draußen verbracht. Zehn davon im Zelt, dreizehn unter freiem Himmel. Aber egal ob draußen schlafen, wandern oder picknicken: Die Zeit, die wir gemeinsam als Familie in der Natur verbringen, stellt für uns immer wieder eine Kraftoase im trubeligen Alltag dar. Sie ermöglicht uns aufzutanken, dankbar zu sein, Zeit füreinander zu haben und gemeinsame Erlebnisse zu teilen.
Gerade Kinder finden in der Natur alles, was sie für eine gesunde, artgerechte Entwicklung brauchen. Sie gibt ihnen den Raum, ihre Persönlichkeit in allen Facetten zu entfalten. Hier können sie ganz sie selbst sein. Und die Verbindung, die Kinder über die Zeit zur Natur aufbauen, lässt sie die Zusammenhänge unseres Ökosystems nicht nur verstehen, sondern auch fühlen. Um das Leben auf der Erde nachhaltig und visionär zu gestalten, braucht es solche naturverbundenen, starken und kreativen Menschen. Für Kinder sind Wald und Flur deshalb nicht nur ein Alltagsangebot von vielen, sie bilden den Erfahrungsraum, von dem sie ihr ganzes Leben lang profitieren werden.
Es gibt viele Ratgeber für Eltern, in denen die Bedeutung der Natur für Kinder hervorgehoben wird. Wir denken da zum Beispiel an die „artgerecht“-Bände von Nicola Schmidt, an die Bücher von Dr. Herbert Renz-Polster oder an die von Julia Dibbern. Und dann ist da noch der Hirnforscher und Autor Gerald Hüther, der ebenfalls immer wieder betont, wie wichtig es ist, dass sich Kinder möglichst viel draußen aufhalten. All diesen Autorinnen und Autoren ist es ein großes Anliegen, uns Eltern darin zu bestärken, die Natur als natürlichen Entwicklungsraum zu nutzen, das Geschenk, das sich uns da draußen präsentiert, anzunehmen.
Wir möchten dich mit diesem Buch an die Hand nehmen und mit dir gemeinsam einen Schritt weiter gehen. Egal ob du, wie wir, schon vor der Geburt deiner Kinder viel draußen unterwegs warst oder jetzt erst damit anfängst. Dass du dieses Buch in den Händen hältst, ist für uns ein Zeichen dafür, dass du um die Bedeutung der Natur weißt. Aber das Wissen allein reicht manchmal nicht aus. Deshalb findest du in diesem Buch zusätzlich ganz konkrete Ideen und Tipps, um mehr Zeit im Freien in dein Familienleben zu integrieren.
Wo und wie fängst du an? Was könnt ihr da draußen erleben, was euch allen Freude macht? Wie findest du die richtigen Orte rund um eure Stadt? Und: Wie könnt ihr der Natur einen festen Platz in eurem Familienleben einräumen?
Wir möchten dir so viel Unterstützung wie möglich geben. Dich ermutigen, deine Begeisterung fürs Draußensein mit deinen Kindern zu teilen, ja – zu leben. Egal ob alleine, mit Partner, Oma, Opa oder Freunden. Und weil wir wissen, dass der Wunsch, etwas zu verändern, oft das eine, die konkrete Umsetzung aber meist eine ganz andere Nummer ist, fangen wir klein an. Wir machen dir den Einstieg ins „Mehr-draußen-Sein“ so einfach wie möglich. Stück für Stück nehmen wir dich mit auf dem Weg zu mehr Natur in deinem Familienalltag.
Wir haben für dieses Buch selbst viel gelesen, vor allem aber mit vielen Menschen gesprochen, die sich mit Kindesentwicklung, dem Wert der Natur und dem Beziehungsgefüge Familie auskennen. Bei unseren Ausgebüxt-Veranstaltungen und in den Reaktionen auf unseren Blog haben wir viele Erfahrungsberichte anderer Familien gesammelt. Uns war es wichtig, die konkreten Herausforderungen zu kennen, die du und andere Eltern haben. Und nicht zuletzt greifen wir natürlich auch auf unsere eigenen Erfahrungen als Eltern und Abenteurer zurück.
Dieses Buch bietet Tipps, Ideen und jede Menge Inspiration für unterschiedlichste Gegebenheiten. Besonders wenn du mit deiner Familie in einer Großstadt lebst, möchte dir dieses Buch ganz neue Anstöße und Motivation geben. Wenn du noch am Anfang stehst, bekommst du von Ausrüstung über Outdoor-Wissen alles an die Hand, um loszulegen. Wenn du schon regelmäßig mit der ganzen Bande draußen bist, findest du jede Menge Material, damit euch die Abenteuer so schnell nicht ausgehen. Wir werden dich an unseren Erfahrungen mit Baby und Kleinkind teilhaben lassen, aber auch an denen mit den älteren Kindern unseres monatlichen Abenteuertreffs, der „Ausgebüxt-Familie“.
Dazu noch ein kleiner Hinweis: Wir haben dieses Buch für alle Menschen geschrieben, die Kinder großziehen –, egal ob allein oder gemeinsam, ob hetero, schwul oder lesbisch, ob Adoptiv-, Pflege- oder leibliche Eltern. Und egal ob du ein Kind oder sieben großziehst. Wir haben uns bemüht, das in unsere Sprache einzubeziehen, uns aber meist für die besser lesbare Variante entschieden. Deshalb schreiben wir manchmal nur von „deiner Partnerin“ obwohl wir auch „deinen Partner“ meinen, schreiben „Kinder“, auch wenn du nur eins hast oder die Oma bist.

Nachdem wir unser Lager eingerichtet hatten, dauerte es noch eine ganze Weile, bis unser Kleiner schließlich in meinen Armen einschlief. Eingemummelt in unsere warmen Jacken genossen wir das Gefühl, zu dritt hier draußen zu sein. Gar nicht weit entfernt rief ein Uhu. Wie ein Murmeltier verschlief unser Sohn seine erste Nacht im Wald. Nach dem Aufwachen rekelte er sich genüsslich zwischen den Laken des Schlafsacks und fühlte sich sichtlich
wohl. Es war ein schöner Morgen: Wir hatten Sicht gen Osten und wurden mit einem feuerroten Sonnenaufgang geweckt. Zum Frühstück gab es Milch fürs Baby, Nüsse und Trockenobst für
uns Große. Erschöpft kamen wir am Nachmittag wieder zu Hause an – hundemüde, aber glücklich und stolz.



Vom Ausbüxen

Jana
„Dadamm-Dadamm, Dadamm-Dadamm.“ Nachdenklich schaue ich aus dem Fenster. Normalerweise macht mich das ratternde Geräusch des Zugs müde, doch gerade bin ich hellwach. Während meine Augen der vorbeihuschenden Landschaft folgen, durch-
forste ich innerlich meinen Kopf nach einem genialen Einfall.
Mir gegenüber kritzelt Paddy hastig etwas auf die Rückseite eines Kassenbons. Seit etwas mehr als einer Stunde sitzen wir nun schon in diesem Viererabteil im Zug auf dem Weg nach Mainz, auf der Suche nach einem Wort. Dem einen Wort, das auf den Punkt bringt, was wir tun. „Stadtwild?!“, frage ich Paddy halbherzig und weiß eigentlich schon, dass es ein mieser Vorschlag ist. „Klingt mehr nach Jagd als nach Abenteuer“, lautet Paddys ehrlicher Kommentar. „Aber was hältst du von ›Grünflucht‹ oder ›Stadtfrei‹? Die finde ich …“, noch bevor Paddy seine Gedanken zu Ende bringen kann, überkommt mich ein Wort, es ploppt einfach so in meinem Kopf auf. „Paddy, ich hab’s! Halt dich fest und knutsch mich schon mal im Voraus für den Einfall. Wir nennen’s Ausbüxen!? Oder
nee, Ausgebüxt!“ Ich weiß gar nicht, wo das Wort auf einmal herkommt. Ich könnte schwören, dass ich es in den letzten fünf Jahren nicht ein einziges Mal benutzt habe. Aber jetzt, jetzt ist es da und es ist einfach perfekt. „Oh, Jana, das ist der Hammer! Das nehmen wir!“ Wir schauen uns an. Endlich haben unsere spontanen Ausbrüche in die Natur einen Namen.

Du willst mit deinen Kindern raus. Raus in die Natur, auf eine abenteuerliche Wanderung gehen oder eine Pyjamaparty unter freiem Himmel veranstalten. Wenn du mit deiner Familie auf dem Land lebst und Wald und Wiesen schon am Ende der Straße beginnen, ist der Weg für deine Kinder nicht weit. Vielleicht fehlt es euch trotzdem an gemeinsamer Zeit oder anderen naturbegeisterten Familien? Manchmal sind es nur solche vermeintlichen Kleinigkeiten, die uns von mehr Draußenzeit abhalten. Aber besonders dann, wenn du mit deiner Familie in einer Stadt wohnst, kommen dir die Hindernisse auf dem Weg in die Natur wahrscheinlich größer vor. Der nächste Wald scheint ewig weit weg. Und dank der vielen städtischen Angebote – Babyschwimmen, Sport, Musikschule und Krabbelgruppen – ist das Leben deiner Kinder eigentlich schon mit vielen spannenden Erlebnissen vollgepackt. Daneben fühlt sich ein Ausflug in die Natur erst einmal so an, als müsste er mit viel Aufwand gemanagt werden. Ähnlich wie der Großeinkauf am Wochenende oder der lang geplante Besuch bei Freunden.
Und genau hier kommen Mikroabenteuer und Ausbüxereien ins Spiel. Besonders für die in der Stadt lebenden Familien unter uns sind sie eine wunderbare Möglichkeit, mehr Natur in den Alltag zu bringen. Dieses erste Kapitel wollen wir dafür nutzen, zu erklären, was genau wir unter „Ausbüxen“ verstehen (und was nicht). Wir wollen hervorheben, welche Bedeutung die Natur für deine Kinder und für euch als Familie hat. Einiges wirst du schon wissen, anderes wird für dich neu sein. So oder so: Auf das Geschenk, das du deinen Kindern damit machst, darfst du schon mal stolz sein. Denn es ist ein Geschenk, von dem sie ihr Leben lang zehren werden.


Von Mikroabenteuern und Ausbüxereien
Vielen Eltern ist es ein großes Anliegen, ihren Kindern die Natur nahezubringen. Wir erinnern uns da an eine Situation im Geburtsvorbereitungskurs für Paare: Beim ersten Treffen fragte die Hebamme in die Runde, worauf wir uns am meisten mit unserem Kind freuen. Das Ergebnis hat uns damals wirklich überrascht: Von 20 werdenden Mamas und Papas, die von ihrer Art her ganz bunt gemischt waren, schilderten etwa 15 ihre große Vorfreude darauf, ihrem Sprössling die Natur zu zeigen. Auf unterschiedlichste Art und Weise, die einen vom Traktor aus, die anderen bei gemeinsamen Spaziergängen mit dem Hund, aber im Großen und Ganzen ging es darum, dem Kind eine Verbindung zur Natur zu ermöglichen. Genau das bestätigt auch die Naturbewusstseinsstudie des Bundesamts für Naturschutz. Sie kommt allerdings zu einem widersprüchlichen Ergebnis: Obwohl die Natur für viele Eltern bei der Kindererziehung einen hohen Stellenwert hat, sind die tatsächlichen Naturkontakte im Alltag eher selten. Woran liegt das?
Vielleicht daran, dass mittlerweile ganz schön viele Menschen in der Bundesrepublik in Ballungsräumen wohnen. 2018 lebten etwa 28 Prozent der Deutschen in Orten mit mehr als 20 000 Einwohnern und sogar ein Drittel in einer Großstadt mit mehr als 100 000 Einwohnern. Und je größer die Stadt ist, in der wir wohnen, desto weiter weg fühlt sich erfahrungsgemäß die Natur an. Desto mehr Aufwand vermuten wir im „Rauskommen“.
Für den Kinderarzt und Autor Dr. Herbert Renz-Polster liegt die Ursache jedoch nicht vorrangig in unserer urbanen Lebensweise. Er sagt: „Die Natur ist uns nicht genommen worden. Wir selbst haben sie mit Riegeln versehen. Was uns fehlt, ist die Freiheit, sie zu nutzen. Wir sind anderweitig beschäftigt.“
Stimmt, das Leben mit Kindern ist bei vielen von uns verdammt vollgepackt: mit Sport, Musikunterricht, Arbeit, mehr oder weniger ausgiebigem Putzen, Arztterminen, Kochen, Einkaufen. Uns fehlt es an Zeit. Ständig und für alles. Schließlich erscheint uns jede dieser Beschäftigungen notwendig und wichtig. Wir werden uns im nächsten Kapitel noch ausführlicher mit diesem Problem auseinandersetzen. Denn die fehlende Zeit ist für die meisten Eltern tatsächlich die größte Hürde, aber genau da kommen die Vorzüge des Ausbüxens ins Spiel. Lass uns aber erst einmal festhalten, dass die Natur nirgends in Deutschland wirklich weit weg ist. In Peking, ja okay, vielleicht sogar in Paris, aber keinesfalls in Hamburg, Köln und auch nicht in Duisburg.
Im September 2017 haben wir „Ausgebüxt“ ins Leben gerufen, unser allererstes Youtube-Video ging online. Unsere Mission war und ist es zu beweisen, dass Naturerlebnisse im Alltag nicht nur etwas für Landbewohner oder Kleinstädter sind, sondern jede und jeder sie genauso in Großstädten wie Berlin, Frankfurt oder sogar in einem Ballungsraum wie dem Ruhrgebiet finden kann. Ein Jahr lang reisten wir jeden Monat in eine andere Stadt, entdeckten die umliegende Natur und verbrachten fast immer eine Nacht unter freiem Himmel, bevor es am nächsten Tag wieder nach Hause ging. Es war unglaublich, was für wundervolle Orte und Erlebnisse uns in wirklich jeder der zwölf Städte erwarteten. Die Vorstellung, Menschen mit unseren Videos für die Natur vor ihrer Haustür zu begeistern, war uns eine unglaubliche Motivation. Damals kannten wir den Begriff „Mikroabenteuer“ noch nicht – zum Glück, sonst hätten wir uns vielleicht nie die Mühe gemacht, nach einem eigenen, für uns passenden Wort zu suchen.
„Mikroabenteuer sind Outdoor-Erlebnisse vor der eigenen Haustür, die günstig, einfach und kurz sind und alles beinhalten, was ein richtiges Abenteuer ausmacht: Herausforderung, Spaß, Erfrischung im Alltag, Bereicherung und Aufregung.“ So zumindest definiert sie der britische Abenteurer und Autor Alastair Humphreys, der den Begriff 2014 mit seinem Buch Microadventures in die Welt brachte. In Deutschland ist der Mikroabenteuer-Trend spätestens seit Christo Foersters gleichnamigem Buch angekommen. Er hat den Begriff für sich etwas enger interpretiert: Nach seinen persönlichen Spielregeln dürfen nur öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden, Nächte müssen draußen verbracht werden, und das Abenteuer darf maximal 72 Stunden dauern. Dass jeder Ort so verlassen wird, wie man ihn vorgefunden hat, ist selbstverständlich. Aber egal, wie du Mikroabenteuer im Detail definierst: Das Besondere an ihnen ist, dass ihr mit ganz wenig Aufwand loslegen könnt. Gleich heute.

„Ein Mikroabenteuer ist wie ein richtiges
Abenteuer, nur besser: Es kostet fast nichts
und ihr könnt es jeden Tag erleben.“

Im einfachsten Fall beginnt euer Mikroabenteuer so: Beladen mit Matratzen, Bettwäsche und Kuscheltieren, öffnet ihr die Tür zu eurem Garten oder Balkon und richtet euch dort ein gemütliches Lager für eine Nacht ein. Oder so: Kurz vor dem Abendessen zieht ihr euch Schuhe und Jacken an, schnappt euch Isomatten, Gaskocher, Feuerzeug, Topf und Löffel und bereitet euch im Garten, im anliegenden Park oder am Ufer eines Flusses One-Pot-Nudeln mit Tomatensoße zu. Das ist euch alles zu nah an zu Hause? Dann macht euch mit Isomatte, Schlafsack und Proviant auf den Weg in den nächsten Wald und verbringt eine Nacht unter den Bäumen. Oder wandert frühmorgens zu einem Aussichtspunkt und genießt euer Frühstück im Sonnenaufgang.
Vielleicht fragst du dich jetzt, was Schlafen auf dem Balkon mit mehr Natur zu tun hat? Oder Kochen im Park? Wahrscheinlich hast du eher Bilder von unberührten Wäldern, sprudelnden Bächen oder blühenden Wiesen im Sinn, wenn du an deinen Wunsch nach einem größeren Naturerlebnis denkst. Das verstehen wir vollkommen, uns geht es da genauso. Das Ding ist nur: Mit diesem Anspruch steigt das Gefühl, dass das alles unglaublich aufwendig umzusetzen ist. Und das läuft dann meistens darauf hinaus, dass wir mit unseren gewohnten Dingen weitermachen und am Ende überhaupt nicht in der Natur waren. Beim Ausbüxen liegt der Schlüssel darin, Naturerlebnisse zu finden, die wirklich direkt vor eurer Haustür beginnen. Und da ist durchaus Natur! Beim Schlafen auf dem Balkon ist es die kühle Luft auf eurer Haut und der unendliche Blick in die Sterne und Wolken. Und auch sonst seid ihr der Natur dort viel direkter ausgesetzt als in eurem Schlafzimmer: Ihr hört Insekten schwirren, Regen prasseln und Nachbarskatzen zanken. Spätestens wenn die Sonne aufgeht und ihr euch langsam aus dem Schlaf blinzelt, werdet ihr diese Verbundenheit zur Natur auch auf eurem Balkon spüren. Andere kleine Abenteuer, wie zum Beispiel Zelten im Wohnzimmer, gehören aber genau aus dem Grund für uns eindeutig nicht zum Ausbüxen. Ausbüxen bedeutet, dass ihr euch als Teil der Natur erfahren könnt.
Alastair Humphreys hat mit seiner Definition von Mikroabenteuern schon ganz gut beschrieben, worum es auch uns beim Ausbüxen geht. Es gibt keine festen Regeln. Wenn ihr den ÖPNV benutzt statt das Auto, umso besser – wenn nicht, auch kein Drama. Das Wichtigste ist, dass ihr Lust darauf habt und einfach loslegt. Stück für Stück und in eurem ganz persönlichen Tempo. Egal, wie viel Strecke ihr bei eurer Wanderung zurücklegt, egal, wenn ihr mitten in der Nacht euer Lager abbrecht und zurück ins kuschelige Bettchen schlüpft – und egal, ob die Pasta matschig und die Soße versalzen ist. Es geht um euch als Familie! Um euer Zusammensein im Hier und Jetzt. Keiner von euch sollte beim Ausbüxen das Gefühl haben, Leistung erbringen zu müssen. Es ist für deine Kinder keine umweltpädagogische Veranstaltung, bei der sie möglichst viel über ein bestimmtes Thema lernen sollten, und umgekehrt geht es auch nicht darum, dass du alles über die Natur wissen und erklären musst. Lasst euren Alltag und vielleicht auch die damit verbundenen Sorgen für ein paar Stunden hinter euch. Habt Spaß, wagt Neues, öffnet eure Augen für das Besondere und taucht mit all euren Sinnen in die Natur ein. Lernen werdet ihr dabei ganz automatisch. Ihr alle.
Mikroabenteuer sind eine sehr individuelle Sache. Du machst mit deinen Kindern einfach das, was gerade in euer Leben passt. Betrachtet es auf spielerische Art. Holt euch so viel Natur, wie ihr gerade haben könnt. Auch wenn ihr euch jedes Mal den unberührten Wald wünschen würdet: Manchmal wird es „nur“ für die Nacht auf dem Balkon oder das Abendessen im Park reichen, aber diese Erfahrungen legen den Grundstein dafür, dass du mit deiner Familie irgendwann wirklich eine Nacht im Wald verbringst oder ein Abendessen mit Lagerfeuer am Strand erlebst.
Wenn du anfängst, mit deinen Kindern auszubüxen, wirst du damit ganz viel ins Rollen bringen, viel mehr, als du denkst. Wenn du einmal erfahren hast, wie nah die Natur an deinem Zuhause liegt und welche Kraft in ihr steckt, dann entfaltet sich der Zauber von Mikroabenteuern: Sie bringen das Gefühl von Urlaub in deinen Alltag, holen dich raus aus den gewohnten Routinen und lassen euch gemeinsam entspannen und staunen. Und weil sie so einfach und günstig umzusetzen sind, könnt ihr als Familie darauf zurückgreifen, wann immer ihr Lust habt oder „urlaubsreif“ seid. Ihr habt die Möglichkeit, ganz bewusst miteinander Zeit in der Natur zu verbringen. Mit den Kindern, mit deinem Partner, vielleicht auch einfach mit dir selbst. Mikroabenteuer haben das Potenzial, deinen Alltag und letztlich euer Leben miteinander intensiver, ausgeglichener und bewusster zu machen.
Dieses Buch ist also auch ein Mikroabenteuer-Buch, doch wir nennen es Ausbüxen, weil uns der Begriff viel besser gefällt.



Wenn Kinder ausbüxen
Vier Lebenskompetenzen
Was wünschst du dir für deine Kinder? Welche Werte willst du ihnen mitgeben? Was sind für dich die Kompetenzen, das Wissen, auf das deine Kinder ihr Leben lang zurückgreifen sollen?
Diese Fragen stellen wir uns früher oder später alle, und je nach Lebensphase verändern sich möglicherweise auch unsere Antworten darauf. In einer Umfrage der „Stiftung Lesen“ wurden Eltern mit Kindern bis zwölf Jahren zu ihren wichtigsten Erziehungszielen befragt. „Höflichkeit und gutes Benehmen“ zu vermitteln war mit Abstand die meistgenannte Antwort, gefolgt von dem Wunsch, dass die Kinder ihre „Arbeit ordentlich und gewissenhaft erledigen“. Uns hat das Ergebnis der Umfrage ehrlich gesagt ganz schön verdutzt! Höflichkeit und Fleiß als die wichtigsten Werte im Leben eines Menschen? Ganz andere Ziele stehen für den bekannten Familientherapeuten Jesper Juul im Vordergrund. Für ihn gehört zum Beispiel das Wahren der eigenen Persönlichkeit und Verantwortlichkeit zu den Werten, die Kinder ein Leben lang tragen. Das klingt doch schon ganz anders. Und viel mehr nach dem, was uns und vielleicht auch dir wichtig ist.
Wenn Eltern ihren Kindern ein erfülltes, glückliches Leben wünschen, kann der Weg dorthin von Familie zu Familie sehr unterschiedlich aussehen. Genauso wie die Fähigkeiten, die wir fürs Leben und Überleben als wichtig erachten, stark variieren können. In der einen Familie ist es wichtig, dass die Kinder kochen lernen, in einer anderen ist es ein Musikinstrument oder eine bestimmte Sprache. Der Kinderarzt Herbert Renz-Polster und der Hirnforscher Gerald Hüther nennen darüber hinaus einige Grundkompetenzen, die für uns alle essenziell sind. Jeder Mensch braucht sie, egal, an welchem Ort der Erde er lebt. Menschen, die diese Fähigkeiten in ihrer Kindheit erlernen konnten, haben es im späteren Leben um einiges leichter. Sie bilden gewissermaßen das Fundament, auf das sie ihr Leben aufbauen können. Lass uns diese Kompetenzen deshalb mal genauer unter die Lupe nehmen und schauen, welche Rolle die Natur bei ihrem Erlernen spielt.


Soziale und emotionale Kompetenz
Die soziale und emotionale Kompetenz hilft uns dabei, mit uns selbst und den vielen bunten Emotionen, die wir empfinden, klarzukommen. Gleichzeitig lernen wir, unsere Gefühle gegenüber anderen Mitmenschen zu regulieren und sie mit Worten auszudrücken. Dank ihr können wir uns in andere Menschen hineinversetzen, ihre Emotionen erkennen und angemessen darauf reagieren.


Kognitive Kontrolle
Kognitive Kontrolle beschreibt die Fähigkeit, so zu handeln, dass wir ein bestimmtes Ergebnis erreichen. Wenn unbewusste und automatische Verhaltensweisen, wie man sie zum Beispiel zum Autofahren benötigt, nicht zur Problemlösung ausreichen, brauchen wir unsere Fähigkeit zur kognitiven Kontrolle. Sie hilft uns dabei, tief verwurzelte Gewohnheiten zu durchbrechen oder den Umgang mit einem neuen Werkzeug zu lernen. Auch die Fähigkeit, uns Ziele zu setzen und sie voller Energie zu verfolgen, Prioritäten abzuwägen und strategisch zu planen, verdanken wir unserer kognitiven Kontrolle.


Kreativität
Kreativität ist nicht nur den Künstlerinnen unter uns vorbehalten. Sie steckt in jeder und jedem von uns. Sie kommt immer dann zutage, wenn wir etwas Neues schaffen oder noch nicht gesehene Möglichkeiten entdecken. Dazu gehört es auch, andere Perspektiven einzunehmen, fantasievoll zu denken und unser Wissen auf unterschiedliche Art zu kombinieren. Werden wir zum Beispiel mit einer schwierigen Situation konfrontiert, so verdanken wir es unserer Kreativität, dass wir mehrere Möglichkeiten zur Lösung des Problems entwickeln können, um uns dann für die angemessenste zu entscheiden.


Resilienz
Resilienz könnte man auch Widerstandsfähigkeit nennen. Es ist die Fähigkeit, aktiv mit Lebenskrisen, Stress oder Schicksalsschlägen umzugehen. Persönliche und sozial vermittelte Ressourcen helfen uns dabei, Kraft zu schöpfen und die Widerstände im Leben zum Anlass für Entwicklung zu nehmen, sodass wir schließlich an ihnen wachsen, statt zu verzweifeln.

Auch wenn einige der Begriffe für dich neu sind, bestimmt kannst du mit jeder der Kompetenzen etwas anfangen. Schließlich sind auch wir Erwachsene jeden Tag mit Situationen konfrontiert, in denen wir auf diese Fähigkeiten zurückgreifen. Aber wie lernen wir all das? Was brauchen Kinder, um sich diese Fähigkeiten anzueignen? Um darauf Antworten zu finden, hilft es, zunächst einmal zu definieren, was sie nicht brauchen: Denn ganz im Gegensatz zum verbreiteten Verständnis vom Lernen kann kein Unterricht, kein Buch und keine Lernsoftware Kindern diese Lebenskompetenzen vermitteln. Sie suggerieren es vielleicht, aber wirklich verinnerlichen können Kinder all das nur, indem sie möglichst vielfältige eigene Erfahrungen machen. Man könnte also sagen, das Leben selbst bringt unseren Kindern das Leben bei. Eigentlich gar nicht so schlecht, oder? Das nimmt den Druck von uns Eltern, den Kindern alle nötigen Fähigkeiten selbst vermitteln zu müssen. Wir müssen gar nicht erst versuchen, perfekte Vorbilder zu sein. Wir dürfen auch mal chaotisch sein, manche Ziele verfehlen und an unseren Emotionen verzweifeln. Wir dürfen uns entspannen. Zum Glück haben unsere Kleinen von Natur aus einen riesigen Lebenshunger. In ihnen steckt ein intuitiver Drang, diese Grundkompetenzen zu erlernen. Unsere Aufgabe besteht nur darin, ihnen den passenden Rahmen dafür zu geben. Wir sind dafür verantwortlich, unseren Kindern eine Basis zu bieten, auf der sie sich voll und ganz ausleben und fürs Leben lernen können. Nicht alle Aspekte dieses Rahmens liegen jederzeit in unserer Hand, vieles davon können wir Großen aber durchaus gestalten.
Den Grundstein der Basis bildet die Verbundenheit. Denn um ihren Forscher- und Entdeckergeist voll zu entfalten, brauchen Kinder das sichere Gefühl, in liebevollen, funktionierenden Beziehungen gebunden zu sein. Beziehungen voller Empathie, Respekt, Liebe und Geborgenheit schenken ihnen das Vertrauen, das sie auf ihrem Weg in ein selbstständiges, verantwortliches Leben benötigen. Als Gegenstück zur Verbundenheit brauchen unsere Kinder aber auch Freiheit. Erst im gesunden Gleichgewicht der beiden Komponenten können sie ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl entwickeln. Freiheit bedeutet, dass wir unseren Kindern die Möglichkeit geben, ihre Umwelt kreativ zu gestalten, frei zu spielen und Fantasiewelten zu entwerfen. Auf diese Weise erschaffen sie sich selbst ihre optimalen Lernräume und entwickeln ihr eigenes Tempo. Es entstehen Erfahrungen, die sie ihr ganzes Leben begleiten.
In anderen Menschen finden Kinder die Gelegenheit, sich im sozialen Miteinander zu erproben. Fähigkeiten wie Empathie, Fairness und Konfliktbewältigung lernen sie nur in einer Gruppe. Besonders wichtig ist dabei auch, dass andere Kinder Teil dieser Gruppe sind. Denn wenn Kinder unterschiedlichen Alters miteinander spielen, sind die Voraussetzungen perfekt, ihr Repertoire an sozialen Fähigkeiten zu trainieren und zu erweitern.
Physische Gesundheit in der Familie trägt dazu bei, dass Kinder ihre Welt als stabil wahrnehmen, lernen, ihrem Körper zu vertrauen, und Gelegenheit haben, mit Haut und Haar in den Erfahrungsraum „Leben“ einzutauchen. Und zu guter Letzt brauchen unsere Kinder Sicherheit und Frieden, damit sie erfahren, dass sie sich auf andere verlassen können und die Welt, in der sie leben „gut“ ist.

„Natur ist ein Raum, der sich begehen, begreifen, schmecken, riechen, zärtlich umarmen und schmerzlich erfahren lässt. Gerade in dieser Lebendigkeit bietet er dem Kind einen Spiegel dessen, was es heißt, am Leben zu sein.“
Andreas Weber

Und genau hier kommt der Wert der Natur ins Spiel. Denn sie bietet Kindern genau diesen Raum. Sie hat alles, wirklich alles, was Kinder brauchen, um ihre Lebenskompetenzen zu entwickeln. Draußen, in der lebendigen Natur, finden sie Lebewesen, mit denen sie sich verbunden fühlen, spüren, dass Beziehungen nicht nur zwischen Menschen, sondern auch zu Tieren und Pflanzen erlebbar sind. Sie können frei sein, frei wirken, mit ihrer Familie und mit anderen Kindern spielen und geraten dabei automatisch an ihre Grenzen, stoßen auf Widerstände, auf zu meisternde Hürden. Zeit, die Kinder in der Natur verbringen, ist Zeit, in der sie fürs Leben lernen.



Die Lebenskompetenzen in der Natur
Stell dir folgende Situation vor:
Die fünfjährige Anna und der zweijährige Theo sind mit ihren Eltern im Wald unterwegs und haben eine Mission: Sie wollen einen Bach im Wald aufstauen. Am Bachlauf gibt es dafür viel Sand, Stöcke, Äste und Laub. Nur Steine finden sie keine. Anna und Theo fangen an, aus Ästen und Stöcken einen Staudamm zu bauen. Sie brauchen einiges an Material, laufen viele Male los und kehren wieder zum Bach zurück, die Hände voller Holz mit dazwischen verfangenem Laub. Während Anna von Anfang an einen richtigen Plan verfolgt und die Stöcke sorgsam nebeneinander aufreiht und aufstapelt, genießt Theo vor allem das Sammeln und Abwerfen der Stöcke. Dabei passiert es schon mal, dass Theo mit einem seiner Stöcke einen von Annas sorgsam aufgebauten Stapeln umwirft. Natürlich nicht mit Absicht, im spielerischen Eifer eben. Anna ärgert das, und sie fühlt sich durch Theo in ihrem Vorhaben aufgehalten. Sie pflaumt ihren Bruder an, der so perplex ist, dass er anfängt zu weinen. Anna erkennt, dass sie wohl zu harsch reagiert hat, nimmt Theo an der Hand und erzählt ihm von einer noch besseren Idee: Von nun an sammelt Theo das Holz und Anna bleibt am Bach, nimmt Stöcke und Äste entgegen und baut an der Konstruktion weiter. Theo geht voll in seiner Aufgabe als Materialbeschaffer auf: Begeistert kämpft er sich immer wieder die rutschige Böschung hinauf, seine Kletterhilfen sind Wurzeln und dicke Äste. Er findet morsche und stabile Stöcke, feuchte und trockene, schwere und leichte. Hier und da trifft er bei seiner Suche auf einen Käfer oder eine Assel. Dann hält er kurz inne, schaut ihnen interessiert nach, widmet sich sogleich aber wieder ganz und gar seiner Aufgabe. Schon bald ist Annas Plan umgesetzt, und der Staudamm aus gestapeltem Holz steht. Gespannt beobachten die beiden Kinder den Bachlauf. Aber statt sich aufzustauen, fließt sehr viel Wasser durch die Lücken zwischen dem Holz. Nach einer Weile reißt das Wasser sogar erste Löcher in den Damm, und einige der sauber gestapelten Stöcke treiben davon. Theo ist traurig, Anna sogar regelrecht frustriert. Nach einer Weile suchen sie gemeinsam nach neuen Möglichkeiten, den Damm zu perfektionieren. Während sie unterschiedliche Materialien ausprobieren, kommt Anna auf eine Idee: Ein paar Stöcke steckt sie aufrecht in den Sand. Davor stapelt sie nun weitere Stöcke und Äste, sodass ein stabiles Gerüst entsteht, welches sie und Theo schließlich mit Sand und Laub abdichten. Jetzt hält der Damm. Das Wasser staut sich davor zu einem breiten Pool. Die beiden sind mächtig stolz und können es kaum erwarten, ihren Eltern ihr Bauwerk zu zeigen.

Die Geschichte von Anna und Theo ist erst mal nicht besonders spektakulär. Kinder lieben es, am Wasser zu spielen und Staudämme zu bauen, egal ob auf dem Wasserspielplatz oder am Bach im Wald. Doch gerade weil sich dieses Beispiel so leicht auf jedes andere Kind übertragen lässt, eignet es sich perfekt, um die vorhin beschriebenen Grundkompetenzen an einem konkreten Beispiel nachzuvollziehen.
Denn während die Kinder am Bach einfach nur spielen, machen sie zahlreiche Erfahrungen, die ihr Gerüst an Lebenskompetenzen wachsen lassen. Anna und Theo schulen ihre sozial-emotionale Kompetenz, indem sie sich absprechen und gemeinsam das Projekt „Staudamm“ beschließen. Während des gesamten Spiels müssen sie ihre Fähigkeit zur verbalen und nonverbalen Kommunikation miteinander einsetzen. Als Anna sich über Theos Unachtsamkeit ärgert, sind beide mit dem Gefühl Wut konfrontiert. Theo reagiert darauf mit Weinen und erfährt dank Annas Einfühlungsvermögen, was Empathie bedeutet. Am Ende erleben beide das großartige Gefühl, gemeinsam etwas geschafft zu haben, und spiegeln sich gegenseitig ihre Gefühle von Freude und Stolz.
Kognitive Kontrolle brauchen beide Kinder schon in dem Moment, als sie sich darauf einlassen, ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Von da an erfordert der Bau ihres Staudamms von beiden zielgerichtete Aufmerksamkeit und die entsprechende motorische Umsetzung. Theo lässt sich trotz seiner Faszination für die vorbeikrabbelnden Käfer und Asseln nicht von seinem Vorhaben abbringen. Er ist voll und ganz auf seine Aufgabe, Holz zu sammeln, konzentriert.
Sowohl die Idee, einen Staudamm am Bach zu bauen, als auch die Art und Weise der Konstruktion, verlangen den Kindern einiges an Kreativität ab. In diesem Beispiel übernimmt Anna die kreative Führung. Durch ihren Wissens- und Erfahrungsvorsprung eröffnen sich ihr schneller neue Herangehensweisen. Durch das Zusammensein mit der älteren Anna hat Theo wiederum die Möglichkeit, von deren Kreativität zu lernen. Ohne dass er selbst auf die neue Art der Konstruktion gekommen wäre, darf er trotzdem erfahren, was kreatives Denken bewirken kann.
Und schließlich lernen beide Kinder auch aus der Erfahrung, dass der Damm bricht. Nach so viel Hin-und-her-Rennerei und sorgfältigem Aufstapeln der Stöcke ist so ein Ereignis ganz schön frustrierend und traurig. Diese Gefühle haben ihre Berechtigung, denn von jetzt auf gleich ist ein Großteil ihrer Mühe dahin. Doch statt zu verzweifeln und aufzugeben, nehmen die Kinder die Situation nach kurzer Trauer an und erarbeiten eine neue Lösung. Darin steckt die Fähigkeit zur Resilienz. Anna und Theo lernen, dass sie in der Lage sind, Frust und Traurigkeit zu verarbeiten, und dass es sich lohnt, mit neuer Energie weiterzumachen und eine andere Lösung zu finden. Damit haben sie nicht nur gelernt, mit einer Krise umzugehen, sondern auch, dass sie in Zukunft am besten gleich mit der zweiten Bauweise beginnen.
Natürlich könnten Theo und Anna ihre Erfahrungen mit Empathie, Frustration oder Kreativität auch auf einem Spielplatz oder beim Werkeln im Wohnzimmer machen. Um die Grundkompetenzen zu lernen, müssen deine Kinder nicht ständig in der Natur unterwegs sein. Es geht generell darum, dass wir Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen lassen und dabei möglichst wenig von außen steuern. Trotzdem hat die Natur eine große Besonderheit, die sie einfach unvergleichlich macht: Sie ist durch und durch lebendig. Da ist Erde und Wasser, da sind Kräuter und Bäume, kleine und große Tiere, Licht und Schatten. Diese riesige Lebensvielfalt da draußen befindet sich in einem ständigen Wandel, den Kinder wahrnehmen, den sie aber niemals kontrollieren. Über alle Sinne macht sich die Natur für Kinder erfahrbar, ohne sie zu überfordern oder mit Reizen zu überfluten. Dadurch bietet sie den Kindern einen Lern- und Erfahrungsschatz, der mit keinem Spielplatz vergleichbar ist.


Noch mehr Geschenke
Neben den vier Grundkompetenzen gibt es noch viel mehr, was Kinder auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben lernen. Hinter dem Begriff „Bildung“ stecken Fähigkeiten und Wissen, die speziell in unserer Kultur als wichtig erachtet werden. Sprachen, Mathematik, Geschichte und Politik zum Beispiel. Auch dafür ist die Natur ganz nebenbei Lernraum. Außerdem fördert das Draußensein das Verantwortungsgefühl der Kinder für ihr Handeln und wirkt sich langfristig positiv auf ihre körperliche und seelische Gesundheit aus.


Bildung
Meistens denken wir im Zusammenhang mit Bildung an pädagogische Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Sportvereine oder Musikschulen. Das sind für uns die klassischen „Orte des Lernens“. Dabei vergessen wir aber schnell, dass Kinder auch außerhalb dieser Einrichtungen ständig lernen. Vielleicht sogar auf intensivere Art und Weise.

„Kinder spielen aus dem gleichen Grund wie Wasser fließt und Vögel fliegen.“
Fred O. Donaldson

Immer wenn Kinder spielen, lernen sie. Wir gehen sogar so weit zu sagen, dass wirklich nachhaltiges Lernen für Kinder unbedingt mit Spielen verbunden ist. Erst dann ist das Wissen mit einer Erfahrung verknüpft, und Kinder können später immer wieder darauf zurückgreifen. Natürlich lernen Kinder in der Natur nicht exakt das, was die Lehrpläne vorgeben, aber indem sie draußen eigene Erfahrungen machen, lernen sie nachhaltig. Im Umgang mit Sand, Wasser und Matsch entwickeln Kinder zum Beispiel intuitiv ein physikalisches Verständnis – ganz ohne Formeln und Gesetze. Und weil die Natur so vielfältige Erfahrungen bereithält, ist auch das Lernpotenzial unglaublich groß. In der Natur wird gezählt, experimentiert, verhandelt, untersucht, diskutiert und gefragt. Die Natur eröffnet Raum für soziale, politische, kulturelle und naturwissenschaftliche Fragen. Aktuelle Themen wie Klimaschutz, Landwirtschaft, Ernährung, Urbanisierung und die damit verbundenen politischen Diskussionen sind ganz eng mit Natur verbunden.
Ein weiterer Bildungsaspekt, der da draußen nicht zu kurz kommt, ist die Sprachentwicklung. Kinder, die gemeinsam im Wald spielen, müssen sich artikulieren, um sich darüber zu einigen, ob der Stock, den sie in den Händen haben, nun ein Zauberstab, ein Rührlöffel, ein Schwert, ein Besen oder ein Pferd ist. Eben weil die Dinge keine eindeutige Funktion haben, müssen sie sich mit den anderen Kindern austauschen, um in derselben Fantasiewelt spielen zu können. So arbeiten Kinder draußen ganz nebenbei an ihrem Ausdrucksvermögen und Wortschatz. Laut einer Studie von Dr. Peter Häfner sind Kinder, die einen Waldkindergarten besucht haben, besser auf die Schule vorbereitet als Kinder aus einem Regelkindergarten. „Sie arbeiten (…) im Unterricht besser mit, sind motivierter und konzentrierter und sie verfügen (…) über ein höheres Maß an sozialen Kompetenzen.“ Darüber hinaus machen sie zusätzlich Erfahrungen, die in einer menschengemachten Umgebung gar nicht möglich sind.
Verantwortungsgefühl
Das Wissen, das sich Kinder draußen in der Natur aneignen, bereitet sie maßgeblich auf ihr späteres Schul- und Arbeitsleben vor. Wirklich große Bedeutung hat dieses Wissen auch, wenn es darum geht, ein Verantwortungsgefühl für nachhaltiges und ökologisches Handeln zu entwickeln. Diese Verantwortlichkeit zu leben ist eine der wichtigsten Kompetenzen unserer Zeit. Seit Generationen beeinflussen wir die Natur und das gesamte ökologische Gleichgewicht der Erde in einem Maß, in dem es noch kein Lebewesen vor uns getan hat. Das Leben unserer Kinder wird in Zukunft entscheidend von Klimaveränderungen geprägt sein. Die globale Erwärmung stellt sie vor große Herausforderungen, die sie nur dann bewältigen können, wenn sie ein Bewusstsein für ihr Handeln und dessen Folgen entwickeln. Und ebenjene Kinder, die regelmäßig Naturerfahrungen machen dürfen, die dadurch viel über die Natur und ökologische Zusammenhänge lernen, die Gelegenheit hatten, sich mit der Natur zu verbinden, sich als Teil des Ganzen zu erfahren, die sind später auch in der Lage, die nötige Verantwortung zu übernehmen. Reines Wissen über Biologie und Ökologie ohne die entsprechenden realen Naturerfahrungen ist für den Natur- und Klimaschutz hingegen völlig irrelevant. Eine Studie des spanischen Wissenschaftlers Villarroel belegt, dass Kinder Naturschutzentscheidungen aufgrund von Emotionen, Sympathie und Intuition treffen und nicht aufgrund von theoretischem Wissen. Das heißt, erst wenn sie die Gelegenheit hatten, eine emotionale Verbindung zur Natur aufzubauen und sie als positiven, vertrauten Ort kennenzulernen, sind sie in der Lage, wirkliche Verantwortung für ihren Erhalt zu übernehmen.


Gesundheit
Dass Kinder die Natur brauchen, um gesund groß zu werden, beweisen mittlerweile zahlreiche Erhebungen. Sowohl ihre körperliche als auch ihre psychische Gesundheit profitieren ungemein von Naturerfahrungen. Aber warum ist das so?
Zunächst ist da die Tatsache, dass deine Kinder draußen praktisch dauernd in Bewegung sind und genügend Raum haben, neue Bewegungen auszuprobieren. Sie können dort rückwärts-, seitwärts- und vorwärtsgehen, hüpfen, kriechen, buddeln, klettern, rennen und schwimmen. Jeder einzelne Muskel kommt draußen in der Natur zum Einsatz. Und das ganz ohne sportlichen Anreiz. Sie bewegen sich einfach aus eigenem spielerischem Antrieb heraus. Und genau das ist es, was alle Kinder brauchen: viel Bewegung und freies Spiel. Eine Studie der WHO belegt, dass sich mittlerweile 80 Prozent der sechs- bis siebzehnjährigen Kinder und Jugendlichen in Deutschland zu wenig bewegen. Das Problem liegt den Ergebnissen nach aber nicht im Medienkonsum oder daran, dass immer weniger Kinder und Jugendliche in einem Sportverein aktiv sind. Es sind schlichtweg die Alltagsbewegungen, die zu kurz kommen. Der Schulweg mit dem Fahrrad, das Bolzen und Toben am Nachmittag oder eben das Herumstreunen in der Natur. Ganz entscheidend ist dabei die Art und Weise, wie Kinder Bewegung in ihren ersten sechs Lebensjahren erfahren. Wenn sie in dieser Zeit häufig die Gelegenheit haben, ausgelassen zu toben, zu spielen und zu rennen, dann ist der Grundstein für ein bewegliches und gesundes Leben gelegt. Denn körperlich aktive Menschen haben ein niedrigeres Sterblichkeitsrisiko und leiden seltener unter Herz-Kreislauf-Beschwerden oder Übergewicht.
Und die Natur hat noch mehr zu bieten: Das Sonnenlicht füllt ganz nebenbei die Vitamin-D-Speicher unserer Kinder auf. Der Kontakt mit Erde, Pflanzen und Tieren bringt das Immunsystem in Schwung, er trainiert es geradezu. Unter den vielfältigen Erfahrungen, die Kinder in der Natur machen, treffen sie aber auch auf Widerstände. Sie stoßen an ihre körperlichen Grenzen und werden mit ihren Ängsten konfrontiert. Traue ich mich, über den Baumstamm zu balancieren? Aus der Höhe abzuspringen? Genau diese Widerstände lassen Kinder wachsen. Sie lernen, ihre Ängste zu respektieren und gleichzeitig ihre Grenzen in dem für sie passenden Maß auszuweiten. So werden sie in ihrem Tempo immer geschickter und sicherer in ihren Bewegungen. Die Möglichkeit, Schritt für Schritt die eigenen körperlichen und psychischen Grenzen auszutesten, verleiht Kindern ein enormes Selbstvertrauen, da sie immer wieder eigene kleine Erfolgserlebnisse haben. Gleichzeitig hat es den schönen Nebeneffekt, dass sich Kinder, die viel in der Natur herumtoben, insgesamt betrachtet weniger verletzen als solche, die diese Erfahrungen nicht machen dürfen.
Auch die Seele der Kleinen und Großen bekommt da draußen etwas geschenkt: Sie findet Entspannung und Erholung. Und dafür braucht es nicht mal besonders ausgedehnte Naturaufenthalte. Schon 20 Minuten im Grünen helfen gegen Stress, Unausgeglichenheit und Aggressionen und lassen uns entspannen. Einige Studien zeigen sogar, dass Naturaufenthalte die beste Therapie für Kinder mit ADHS sind. Die Mischung aus Gestalten-Können, Grenzen-Austesten und der Möglichkeit, sich da draußen mit anderen Lebewesen zu verbinden, bildet letztlich eine Art Schutzschild für die Psyche der Kinder, der sie ein ganzes Leben lang begleitet.
Wir könnten dir an dieser Stelle noch zahlreiche Studien auflisten, die den positiven Gesundheitseffekt von Natur für Kinder belegen. Letztlich ist die Lage aber eindeutig: Die Natur bietet einfach alles, was Kinder für ein gesundes Leben brauchen.
Wie du siehst, steckt hinter deinem Wunsch, mehr Zeit als Familie in der Natur zu verbringen, ganz großes Potenzial für die Entwicklung deiner Kinder. Herbert Renz-Polster und Gerald Hüther haben dafür einen treffenden Vergleich gefunden: „Natur ist für Kinder so essenziell wie gute Ernährung.“ Sie ist eben nicht nur eine nette Ergänzung im Alltag. Jeder Mensch, sollte bei dem Gedanken an die eigene Kindheit auf wilde, abenteuerliche Zeiten in der Natur zurückblicken dürfen.

Jana Heck

Über Jana Heck

Biografie

Jana Heck, 1990 in Trier geboren, arbeitete als Landschaftsplanerin und Umweltpädagogin bevor sie sich 2018 gemeinsam mit ihrem Mann Patrick mit Ausgebüxt selbstständig machte. Nach zahlreichen mehrmonatigen Reisen durch Asien, Europa, Afrika und Australien konzentrieren sich die beiden heute auf...

Patrick Heck

Über Patrick Heck

Biografie

Patrick Heck, 1978 in Trier geboren, arbeitete als Informatiker, Kommunkationsdesigner und Webentwickler bevor er sich 2018 gemeinsam mit seiner Frau Jana mit Ausgebüxt selbstständig machte. Nach zahlreichen mehrmonatigen Reisen durch Asien, Europa, Afrika und Australien konzentrieren sich die...

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