Azurblau (Sommer in Südfrankreich 1) Azurblau (Sommer in Südfrankreich 1) - eBook-Ausgabe
Roman
— Willkommen an Frankreichs Küste! | Die neue New-Adult-Reihe der SPIEGEL-Bestseller-Autorin„Die Mischung aus Romantik, Spannung und einem Hauch von Fernweh macht dieses Buch zu einem fesselnden Leseerlebnis.“ - victorias_bibliophilie
Azurblau (Sommer in Südfrankreich 1) — Inhalt
Dieser Sommer verspricht nicht nur Sonne und azurblaues Meer, sondern auch prickelnde Begegnungen!
Die ehrgeizige Köchin Alix hat im südfranzösischen Antibes ihren Traumjob ergattert. Als sie in eine unglückliche Situation gerät, hilft ihr der geheimnisvolle Léo, der auf einer der Luxusjachten im Hafen arbeitet. Es knistert gewaltig zwischen den beiden, und schon bald können sie sich dem Strudel der Leidenschaft nicht mehr entziehen. Alles könnte perfekt sein, wäre da nicht diese Dunkelheit, die Léo oft umgibt. Alix ahnt, dass seine Vergangenheit auch ihr Leben aus den Angeln heben könnte. Und wie kann sie mit ihm zusammen sein, wenn er alles in Gefahr bringt, was Alix sich aufgebaut hat?
In ihrer neuen New-Adult-Dilogie entführt uns SPIEGEL-Bestsellerautorin Carina Schnell nach dem Erfolg von „When the Storm Comes“, „When the Night Falls“ und „When the Stars Collide“ an die romantische Küste Südfrankreichs.
Leseprobe zu „Azurblau (Sommer in Südfrankreich 1)“
Kapitel 1
Alix
Als die Stadt am Meer in Sicht kam, drückte ich meine Nase an der Fensterscheibe platt. Die Pilotin flog eine großzügige Schleife, sodass ich einen atemberaubenden Ausblick auf die Baie des Anges, die sogenannte Engelsbucht, bekam. Hier und dort war das azurblaue Meer mit weißen Booten gesprenkelt. Auf dem Wasser glitzerte die Sonne so stark, dass ich die Augen zusammenkneifen musste.
Am Ufer zog sich eine Promenade hinter einem breiten Strandabschnitt entlang, und dahinter erstreckte sich die Stadt. Strahlend weiße, terrakottafarbene, [...]
Kapitel 1
Alix
Als die Stadt am Meer in Sicht kam, drückte ich meine Nase an der Fensterscheibe platt. Die Pilotin flog eine großzügige Schleife, sodass ich einen atemberaubenden Ausblick auf die Baie des Anges, die sogenannte Engelsbucht, bekam. Hier und dort war das azurblaue Meer mit weißen Booten gesprenkelt. Auf dem Wasser glitzerte die Sonne so stark, dass ich die Augen zusammenkneifen musste.
Am Ufer zog sich eine Promenade hinter einem breiten Strandabschnitt entlang, und dahinter erstreckte sich die Stadt. Strahlend weiße, terrakottafarbene, gelbe und rote Häuser – kein Gebäude glich dem anderen. Nizza war ein Flickenteppich, eine fröhliche Farbexplosion. Sich im Wind wiegende Palmen säumten die Promenade, auf vielen Dächern konnte ich grün bewachsene Dachterrassen erkennen. In der Ferne erhoben sich die Alpen, deren höchste Gipfel selbst jetzt, Mitte Mai, noch schneebedeckt waren. Berge und Meer – ein Kontrast, der überraschend gut zusammenpasste. Mein Herz schlug augenblicklich schneller. Es war Liebe auf den ersten Blick.
Langsam verlor die Maschine an Höhe. Ich riss die Augen auf, als ich entdeckte, dass sich die Landebahn direkt im Meer befand. Oder vielmehr auf einer eigens dafür vorgesehenen Halbinsel, die künstlich angelegt worden sein musste. Bei dem Gedanken, dass wir gleich dort landen würden, wurde mir flau im Magen. Wenn die Pilotin die Länge der Landebahn falsch abschätzte, würden wir ins Wasser stürzen. Ich schluckte schwer, während wir der Meeresoberfläche immer näher kamen. Die Farbtöne changierten von Tiefblau zu Jadegrün und Türkis bis hin zu Hellblau – so kristallklar, dass ich teils dunkle Schemen am Meeresboden ausmachen konnte.
Als wir den Wellen so nah waren, dass ich gefahrlos aus dem Flugzeug hätte hineinspringen können, krallte ich meine Finger um die Armlehnen. Von der Landebahn war keine Spur mehr zu sehen. Das Wasser kam immer näher. Jeden Moment würden wir darin versinken. Innerlich verfluchte ich mich dafür, diesen Flug gebucht zu haben. Ich hätte den Zug nehmen können, doch das hätte mich neun Stunden gekostet – und dann hätte ich die Aussicht verpasst.
Reiß dich zusammen! Ich starrte weiter aus dem Fenster, den Blick nun auf den wolkenlosen Himmel gerichtet, dessen Farbe der des Meeres in nichts nachstand. Im Kopf zählte ich die Sekunden bis zum Kontakt mit dem Wasser. Drei, zwei, eins …
Es rumpelte und holperte, dann rollten wir über festen Boden. Kein Platschen, kein Sinken. „Willkommen an der Côte d’Azur“, dröhnte es aus den Lautsprechern.
Mir entwich ein erleichtertes Seufzen. Ich hatte den ersten Flug meines Lebens hinter mich gebracht, ohne vor Angst zu sterben – oder mich zu übergeben. Kurz verspürte ich den Drang, laut zu jubeln, stattdessen lockerte ich nur meinen Griff und atmete tief durch.
Als ich mich in der Flugzeugkabine umsah, wurden meine Wangen heiß. Auf keinem der Gesichter der anderen Passagiere zeigte sich dieselbe Erleichterung, die sich auf meinen Zügen abzeichnen musste. Der Anzugträger neben mir tippte ungerührt weiter auf seinem Laptop herum. Die drei jungen Frauen vor mir unterhielten sich angeregt, wie schon den ganzen Flug über. Irgendwo hinter mir lachte ein Kleinkind. Ich schluckte und wagte einen weiteren Blick aus dem Fenster. Palmen begrüßten mich, während sich unsere Maschine langsam dem Flughafengebäude näherte. Unwillkürlich breitete sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus. Dies war der Moment, in dem mein neues Leben begann.
••
Ächzend hievte ich meinen riesigen Koffer vom Band. Er war viel zu schwer, doch da er so ziemlich alle meine Besitztümer enthielt, musste ich da durch. Man zog schließlich nicht nur mit einer kleinen Reisetasche einmal quer durchs Land. In Gedanken weinte ich meinem alten Zimmer mit den mintgrünen Wänden und weißen Fensterläden nach, das meine Eltern wahrscheinlich zu einem Yoga-Raum umfunktionieren würden – wenn sie sich jemals wieder zu Hause blicken ließen. Trotz allem freute ich mich jedoch darauf, zum ersten Mal in meinem Leben etwas nur für mich zu haben. Allein zu wohnen. So richtig ins Erwachsenendasein zu starten. Mit vierundzwanzig Jahren wurde es langsam Zeit.
Für Mitte Mai war es im Flughafengebäude unerwartet heiß. Klimaanlage? Fehlanzeige! Mein Pferdeschwanz klebte mir im Nacken, während ich mit Koffer und Umhängetasche beladen auf den Ausgang zusteuerte. Es half nicht, dass ich durch die gewagte Landung noch etwas wackelig auf den Beinen war.
Mit der freien Hand fächelte ich mir Luft zu, während ich den Doppeltüren, über denen in grünen Leuchtbuchstaben Sortie stand, immer näher kam. Sie öffneten sich automatisch, und dann trat ich hinter einer Frau in einem perfekt sitzenden Hosenanzug in den Empfangsbereich des Flughafens. Ich hatte eine große Menschenmenge erwartet, schließlich war Nizza ein beliebtes Ferienziel, doch in der überraschend kleinen Halle standen nur sechs Leute. Zwei davon waren Taxifahrer, die je ein Namensschild hochhielten. Ein älterer Herr steuerte direkt auf die Frau im Hosenanzug zu und nahm ihr die Laptoptasche ab. Die drei übrigen Personen winkten fröhlich und stürzten sich auf die Familie, die hinter mir durch die Tür kam.
Die herzliche Begrüßung versetzte mir einen unerwarteten Stich. Ich wurde von keinem bekannten Gesicht erwartet. Niemand würde mich in die Arme schließen. Ich war auf mich allein gestellt. Zumindest vorerst.
Kurz blieb ich stehen, um mir den Schweiß von der Stirn zu wischen. Langsam leerte sich die Halle, sodass neben dem Personal der verschiedenen Autovermietungs- und Informationsstände nur ich zurückblieb. Rasch zog ich meinen Hoodie aus, unter dem ich ein dünnes Top trug. Schon besser. Dann zückte ich mein Handy und öffnete Google Maps. Natürlich war ich vorbereitet. Das war ich immer. Ich musste nur noch auf Route starten klicken und den blauen Punkten in Richtung der nächsten Haltestelle folgen. Mit meinem Gepäck war das jedoch leichter gesagt als getan.
Quälend langsam zerrte ich das Monstrum von einem Koffer hinter mir her in Richtung Ausgang. Die Frau vom Infostand warf mir einen mitfühlenden Blick zu, doch ich schenkte ihr ein gewinnendes Lächeln, pustete mir ein paar lose Strähnen aus dem Gesicht und hängte mich noch verbissener rein. Schließlich ging ich fast jeden Tag joggen und regelmäßig zum Kickboxen. Da würde ich mich nicht von einem Koffer in die Knie zwingen lassen – auch wenn er drei Tonnen wog.
Als ich es endlich nach draußen geschafft hatte, schlug mir warme Luft entgegen. Hier war die Hitze jedoch viel erträglicher. Eine frische Brise wehte vom Meer herüber, und ich nahm mir einen Moment, um tief durchzuatmen.
Am Himmel drehten ein paar Möwen ihre Runden. Ihr Geschrei mischte sich mit dem Verkehrslärm der nahen Straße und dem Hupen eines Taxis auf dem Parkplatz vor dem Flughafengebäude. Auch hier standen überall Palmen. Rosa und weiße Blüten kletterten an der Wand des Flughafengebäudes hinauf, und es duftete nach Jasmin. Sofort fühlte ich mich, als wäre ich im Urlaub. Dass ich von nun an im Paradies leben und arbeiten würde, war definitiv etwas, woran ich mich erst gewöhnen musste.
Nachdem ich mir die blonden Haare mit den rosa Spitzen zu einem neuen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, ging es weiter. Google Maps führte mich mitten hinein in den bunten Trubel, der außerhalb des Flughafengeländes herrschte. Autos hupten, Leute brüllten sich durch heruntergelassene Scheiben Beleidigungen zu, und ich versuchte mittendrin, meinen Koffer an Fahrrädern, Passanten und Palmen vorbeizumanövrieren. Es war gar nicht so leicht, sich beim Gehen auf den Weg zu konzentrieren, denn auf der gegenüberliegenden Straßenseite erhob sich ein beeindruckendes Luxushotel neben dem anderen. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Trotz allem schaffte ich es wohlbehalten bis zum nächsten Bahnhof. Bereits zu Hause hatte ich mir eine Zugverbindung herausgesucht. Obwohl ich Nizza unbedingt erkunden wollte, musste die pulsierende Metropole erst einmal warten. Denn mein Ziel war um einiges kleiner, wenn auch doppelt so aufregend. Nächster Halt: Antibes stand in leuchtenden Lettern auf der Anzeige des Zugs, in den ich meinen Koffer hievte.
In dem Küstenörtchen mit dem größten Jachthafen Europas tummelten sich nicht nur die Reichen und Schönen, sondern es reihte sich auch ein Edelrestaurant an das nächste. Und ich hatte einen Job im besten Haus am Platz ergattert. Nachdem ich meine Ausbildung zur Köchin in Bordeaux abgeschlossen hatte, gab es keinen besseren Ort, um Berufserfahrung zu sammeln und mir hoffentlich meinen Traum, eines Tages Chef de Cuisine zu werden, zu erfüllen. Ich konnte es immer noch nicht ganz fassen, dass sie mich im Le Chat Noir als Jungköchin eingestellt hatten. Zugegeben, die Besitzerin des mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurants hatte meinem früheren Chef einen Gefallen geschuldet, doch ich war fest entschlossen, ihr zu beweisen, dass ich es nicht nur deshalb verdient hatte, in ihrer Küche zu arbeiten.
Nachdem ich einen freien Sitzplatz gefunden und meinen Koffer in der Gepäckablage verstaut hatte, lehnte ich mich zurück, um die zwanzigminütige Zugfahrt für ein Nickerchen zu nutzen. Schließlich war ich bereits seit fünf Uhr morgens auf den Beinen. Doch ich richtete mich ruckartig wieder auf, als wir um eine Kurve fuhren und das Meer plötzlich keine zehn Meter von der Fensterscheibe entfernt auftauchte. Mir blieb der Mund offen stehen. Die Gleise führten direkt an der Küste entlang! Erst der Landeanflug auf Nizza und jetzt das. Offenbar wartete so ein Ausblick an der Côte d’Azur an jeder Ecke.
Reflexartig griff ich nach meinem Handy und schoss ein paar Fotos von den azurblauen Wellen, die sanft an einen schmalen Strandabschnitt spülten. Wenn ich an dieser Stelle aus dem Zug sprang, würde ich weich landen und direkt ins einladende Meer weiterrollen können. Die Vorstellung brachte mich zum Lachen. Wie selbstverständlich drehte ich den Kopf, um mein Amüsement kundzutun, doch der Sitz neben mir war leer. Erneut überkam mich eine Welle der Einsamkeit, und ich musste schwer schlucken.
Es gab nur eine einzige Person, mit der ich diesen Moment teilen wollte: Magali, meine jüngere Schwester und beste Freundin. Um mich von dem Kloß in meinem Hals abzulenken, tippte ich eine Nachricht und schickte ein Foto vom Meer mit.
Bin gut angekommen. Die Aussicht ist schon mal herrlich! Würde am liebsten sofort reinspringen.
Seufzend lehnte ich mich wieder zurück und genoss die Fahrt. Während sich der Zug an der Küste entlangschlängelte, stellte ich mir vor, was Magali wohl sagen würde, wenn sie jetzt neben mir säße. Es fühlte sich merkwürdig an, sie nicht bei mir zu haben. Als würde mir ein lebenswichtiges Organ fehlen. Da unsere Eltern aufgrund ihrer Karriere größtenteils mit Abwesenheit glänzten, hatten wir einander großgezogen. Unser ganzes Leben lang hatten wir nur einander gehabt. Und in diesem Moment, als ich meinem Ziel mit jeder verstreichenden Minute näher kam und Nervosität in mir aufstieg, hätte ich alles dafür gegeben, Magali auch jetzt an meiner Seite zu haben.
Sehnsucht überkam mich. Sehnsucht nach ihrer tröstlichen Präsenz, ihrem Optimismus und ihrem unerschütterlichen Glauben an mich. Doch das hier war etwas, das ich allein durchziehen musste. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich dran. Mein Traum war zum Greifen nah, und wenn es einem Umzug ans andere Ende des Landes bedurfte, um ihn zu erfüllen, dann musste ich über meinen Schatten springen und es wagen. Magali würde mir sonst die Hölle heiß machen.
Als ich mir ihren strengen Blick vorstellte, musste ich leise lachen. Mit neu erwachter Zuversicht setzte ich meine Kopfhörer auf, drehte Magalis Lieblingssong auf – Happy von Pharrell Williams – und ließ mich vom sanften Schaukeln des Zugs und der wunderschönen Aussicht besänftigen.
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Das mediterran anmutende rote Gebäude des Bahnhofs von Antibes war klein, sodass ich schnell den Weg zum Ausgang fand. In der Eingangshalle steuerte ich jedoch erst einmal einen Kiosk an und kaufte mir eine Flasche Evian. Wenn ich mich nicht schnell abkühlte, würde ich in Flammen aufgehen. Sobald ich die Flasche in der Hand hielt, drehte ich den Deckel auf und trank gierig. Dann spritzte ich mir ein wenig Wasser ins erhitzte Gesicht. Nach einem letzten großen Schluck drehte ich mich wieder zu meinem Gepäck um.
„Salut, bist du Alix?“ Direkt vor mir stand eine hochgewachsene Person in einer buntgemusterten, an der Taille geknoteten Bluse und Skinny Jeans. Sie lächelte mich so breit an, dass ich einen Blick auf ihre strahlend weißen Zähne erhaschte. Ich nickte überrascht. Zu mehr war ich mit vollem Mund nicht fähig. Dann schluckte ich das Wasser geräuschvoll herunter und schenkte dem freundlichen Menschen, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war, ein breites Lächeln. „Ja, äh, und du musst Thibault sein.“
„Genau.“ Die Person nickte, sodass ihr schwarzer Afro wippte und der jadegrüne Ohrring, der vom linken Ohr baumelte, leise klirrte. „Aber alle nennen mich Bo. Meine bevorzugten Pronomen sind sier/siem.“
„Schön, dich kennenzulernen, Bo. Meine sind sie/ihr.“
Bo trat vor, um mich mit La Bise zu begrüßen. Dabei steuerte sier allerdings zuerst auf meine linke Wange zu, was mich so sehr verwirrte, dass ich siem beinahe eine unfreiwillige Kopfnuss verpasst hätte. Statt den von mir erwarteten drei gab Bo mir dann zwei Wangenküsschen, sodass ich sien zu allem Überfluss fast auf den Mund geküsst hätte. Ich konnte das Desaster gerade noch abwenden und tat so, als wäre nichts geschehen, während mir Wasser aus meinen noch feuchten Wimpern in die Augen tropfte.
Nein, ich war definitiv nicht mehr in Bordeaux. Das bestätigte mir auch der Akzent, als Bo leise lachte und verschmitzt bemerkte: „Ach ja, ich habe ganz vergessen, dass du nicht von hier bist.“ Mühelos schnappte sier sich mein Gepäck und machte eine auffordernde Handbewegung in Richtung Ausgang. „Willkommen in Antibes!“
Wir traten ins gleißende Sonnenlicht, und ich war froh, meinen Koffer nicht mehr ziehen zu müssen, da ich augenblicklich wieder zu schwitzen begann. Die Straße war von hohen Pinien gesäumt, die einen angenehmen Duft verströmten. Eine wahre Flut an Vespas und Motorrollern parkte unter den Bäumen. Schon wollte ich in den Schatten flüchten, doch Bo winkte mich zu einem Parkplatz neben dem Bahnhofsgebäude. „Hier entlang.“ Sier öffnete die seitliche Schiebetür eines weißen Sprinters, auf der ein Logo prangte: die Silhouette einer schwarzen Katze vor dem Vollmond. Ich hätte es auch erkannt, wenn darunter nicht in elegant geschwungenen Buchstaben Le Chat Noir gestanden hätte. Mein Magen kribbelte verheißungsvoll. Irgendwie machte es das Ganze erst so richtig real, dass ich mit dem Firmenwagen abgeholt wurde.
So sehr war ich in die Betrachtung des Logos vertieft, dass ich kaum mitbekam, wie Bo mein Gepäck einlud. Erst als sier die Tür geräuschvoll schloss, erwachte ich aus meinem Freudentaumel. „Sorry, was hast du gesagt?“
„Ich habe gefragt, ob du eine gute Reise hattest.“ Bo öffnete mir die Beifahrertür, und ich beeilte mich einzusteigen.
„Ja“, antwortete ich, während ich auf den hohen Sitz kletterte. „Der Landeanflug auf Nizza war atemberaubend.“
„Das glaube ich dir sofort.“ Bo schlug die Tür zu, lief um den Wagen herum und stieg neben mir ein. „Ich bin hier in der Gegend aufgewachsen, aber von so hoch oben habe ich Nizza noch nie gesehen.“ Sier ließ den Motor an, fuhr vom Parkplatz und reihte sich in den üppigen Verkehr ein.
„Ist Antibes denn ebenso schön?“, fragte ich.
„Ich finde, hier ist es noch tausendmal schöner.“
„Wirklich?“
Bo lachte, weil meine Augen verzückt zu leuchten begonnen haben mussten. „Das Städtchen hat es trotz Luxustourismus geschafft, sich seinen ursprünglichen Charme zu bewahren. Du wirst schon sehen.“
Gespannt starrte ich aus dem Fenster. Wir befanden uns im modernen Teil der Stadt, der sich nicht besonders von anderen französischen Kleinstädten unterschied. Von unzähligen Internetfotos wusste ich jedoch, dass die Altstadt eine ganz besondere Perle war. Und dort würde ich wohnen und arbeiten. Mein Herz schlug immer schneller, je näher wir meinem neuen Zuhause kamen.
„Ich bringe dich erst mal in deine Wohnung“, erklärte Bo. „Gern hätte ich dich heute schon mit ins Restaurant genommen, aber wir haben montags geschlossen, und die Chefin mag es nicht, wenn wir trotzdem aufkreuzen. Sie sagt immer, dass wir unsere Freizeit gefälligst sinnvoll nutzen sollen.“ Sier rollte mit den Augen, doch der liebevoll verschmitzte Gesichtsausdruck verriet mir, dass Bo viel für Sylvie Lellouche, die Besitzerin des Le Chat Noir, übrighatte. „Komm morgen einfach eine Stunde vor Dienstbeginn, dann zeige ich dir alles und gebe dir deine Arbeitskleidung.“
Ich nickte. So viele Fragen schossen mir durch den Kopf, dass ich kaum entscheiden konnte, welche ich zuerst stellen sollte. „Ich bin so gespannt auf das Restaurant. Die Küche. Die Kollegschaft. Sind alle nett?“
„Ja, wir sind ein tolles Team.“ Bo klang aufrichtig, hatte allerdings einen Augenblick zu lange gezögert. Stirnrunzelnd musterte ich sien von der Seite. Bevor ich nachfragen konnte, wurde ich von den wunderschönen alten Häusern abgelenkt, die plötzlich vor uns auftauchten. „Das ist Vieil Antibes, die Altstadt“, verkündete Bo.
Ich konnte meinen Blick nicht von den schattigen Gassen, steinernen Brunnen und weißen und gelben Gebäuden mit terrakottafarbenen Dachziegeln losreißen. Rosa Blumen rankten sich an Hausfassaden hinauf. Markisen, Tische und Stühle luden vor den Restaurants und Bars zum Verweilen ein. An jeder Ecke wurden Kunstwerke und Postkarten verkauft. Einige der gedrungenen Häuschen mussten Hunderte von Jahren alt sein, doch die Bewohner kümmerten sich offensichtlich liebevoll um die Instandhaltung. Vor jeder Tür standen Blumenkübel, und die farbenfrohen Fensterläden wirkten überall frisch gestrichen.
Ich konnte nicht anders, als die Scheibe herunterzulassen, um den Duft der Stadt in mich aufzunehmen. Blumig und salzig zugleich. Die Brise vom nahen Meer trug die Akkordeonklänge eines Straßenmusikers an meine Ohren. Wenige Meter weiter lief mir das Wasser im Mund zusammen, weil es plötzlich nach frischen Crêpes duftete, kurz darauf abgelöst von Lavendel und Thymian, als wir an einem Seifenlädchen vorbeifuhren. Am liebsten wäre ich sofort aus dem Auto gesprungen und hätte mich unter die Passanten gemischt.
Als die Gassen schließlich immer schmaler wurden, befürchtete ich, dass wir mit dem Sprinter bald nicht mehr weiterkommen würden, doch Bo manövrierte den Wagen geschickt durch die Altstadt. Wir bogen ab, holperten über Kopfsteinpflaster und hielten kurz darauf an.
„Wir sind da“, erklärte Bo fröhlich.
Als ich ausstieg, riss der starke Wind Strähnen aus meinem Zopf. Wir standen vor einem schmalen, dreistöckigen Haus mit ockerfarbener Steinfassade und türkis gestrichenen Fensterläden. Davor blühte ein Busch in einem intensiven Pinkton. Die altmodische Eingangstür wurde von zwei Olivenbäumchen in Terrakottakübeln flankiert. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite trennten uns nur wenige Schritte von der hellen Stadtmauer, die die Altstadt umgab. Wir befanden uns auf einem Hügel. Deshalb war die Mauer hier so niedrig, dass ich mühelos drüberschauen konnte. Dahinter erstreckte sich das Meer bis zum Horizont.
„Hier soll ich wohnen?“, entfuhr es mir. „Das ist einfach … wow!“
„Freu dich nicht zu früh.“ Bo lud mein Gepäck aus. „Deine Wohnung hat leider keinen Meerblick, sondern geht auf den Innenhof raus. Eine Klimaanlage gibt es nicht, und die Wände sind dünn.“
„Aber wenn ich morgens aus dem Haus gehe, habe ich diesen Ausblick! Das ist unschlagbar.“ Ich schoss ein Foto und schickte es an meine Schwester, die bisher nicht geantwortet hatte. Darunter kam ein Herzaugen-Emoji, gefolgt von:
Mein neues Zuhause: Jackpot!!!
Gemeinsam schleppten wir meinen Riesenkoffer die enge Treppe bis in den dritten Stock hinauf. Das letzte Stück des Wegs wirkte eher, als würden wir zu einem Dachboden raufsteigen, so niedrig wurde die Decke. Es gab keinen Platz mehr für zwei Personen nebeneinander, sodass Bo mir den Vortritt ließ. Die ausgetretenen Stufen endeten vor einer Holztür, die schon bessere Tage gesehen hatte. Bo reichte mir einen gusseisernen Schlüssel und forderte mich auf, mein neues Reich als Erste zu betreten. Mit zitternden Fingern steckte ich das leicht rostige Ding ins Schloss und brauchte zwei Versuche, bis es sich umdrehen ließ. Dann endlich schwang die Tür auf.
Ich musste den Kopf einziehen, um über die Schwelle zu treten. Der Parkettboden knarzte willkommen heißend, als ich einen Fuß daraufsetzte und mich staunend umsah. Wie bereits mehrmals an diesem Tag blieb mir die Luft weg. Die helle Einzimmerwohnung hatte blassgelb gestrichene Wände, eine schmale Küchenzeile und zusammengewürfelte Möbel, die von Flohmärkten und Antiquitätenläden stammen mussten. Holzbalken zogen sich über die Decke, und zwei der Wände waren unverputzt. Die rohen Steinmauern, die dadurch zum Vorschein kamen, verliehen der Wohnung einen rustikalen Charme.
Das eiserne Gestell quietschte leise, als ich meine Tasche auf dem Bett abstellte, das den kleinen Raum dominierte. Langsam drehte ich mich im Kreis, um alles in mich aufzunehmen. Von den weiß gestrichenen Fensterrahmen über den winzigen Esstisch beim Fenster, auf dem ein frischer Blumenstrauß in einer Vase stand, bis hin zu den beigefarbenen Leinengardinen, die sich im Wind blähten.
Bo hatte den Koffer neben der Tür abgestellt und zog nun entschuldigend die Schultern hoch. „Ich weiß, es ist klein, aber das Apartment ist gar nicht mal so übel, wenn du dich daran gewöhnt hast.“
„Gar nicht mal so übel?“, wiederholte ich. Es war klein, es war alt, es war wunderschön. „Ich bin schockverliebt.“
Bo lachte, ein rauer Laut, der ansteckend war. „Dann ist ja gut. Die Kühlschranktür klemmt manchmal, und das Bett quietscht, aber das wirst du bald selbst herausfinden. Wenn du Fragen hast, ruf mich einfach an. Ich habe vor dir hier gewohnt, deshalb kenne ich mich aus. Meine Nummer hast du ja.“
„Danke, Bo!“ Viel mehr brachte ich nicht über die Lippen, da ich vollkommen verzaubert durch die Wohnung huschte und ehrfürchtig über die Holzmöbel strich. Vor dem gerahmten Gemälde eines Segelboots über der altmodischen Kommode blieb ich stehen.
„Den nächsten Supermarkt kannst du in zehn Minuten zu Fuß erreichen, und Anfang Juni öffnet der Marché Provençal gleich um die Ecke. Von Dienstag bis Sonntag kannst du dort frisches Obst und Gemüse, Käse, Kräuter und Gewürze kaufen.“
Ich seufzte verzückt. „Das klingt perfekt. Kaum zu glauben, dass der Job mit dieser Wohnung kommt.“
„Na ja, Miete musst du zwar zahlen, aber da das Gebäude der Chefin gehört, ist der Preis echt in Ordnung. Sonst wohnen hier unsere Azubis. Gerade haben wir keine, deshalb darfst du einziehen.“
Ich strahlte. „Natürlich werde ich mir auf lange Sicht etwas Eigenes suchen, aber für den Anfang könnte ich mir nichts Schöneres vorstellen.“
Aufgrund meiner Begeisterung grinste Bo von einem Ohr zum anderen. „Schön, dass es dir so gut gefällt.“ Sier ging zur Tür. „Dann lasse ich dich erst mal auspacken und richtig ankommen.“
„Danke, dass du mich so lieb willkommen geheißen hast, Bo. Es beruhigt mich, dass ich an meinem ersten Arbeitstag schon jemanden kennen werde.“
Sier musterte mich mit plötzlich besorgt gerunzelter Stirn. „Bist du denn sehr aufgeregt?“
Meine Wangen wurden heiß. Das sah mir gar nicht ähnlich, also fummelte ich an meinem Pferdeschwanz herum, um meine Verlegenheit zu überspielen. „Es geht. Dieser Job ist eine Riesenkarrierechance für mich. Ich will es nicht vermasseln.“
„Verständlich. Das ging mir auch so, als ich im Le Chat Noir angefangen habe.“ Bo nickte wissend, dann hellte sich siese Miene wieder auf. „Ich habe es aber so im Gefühl, dass du es rocken wirst.“
Als die Nervosität durch die lieben Worte mit einem Schlag von mir abfiel, atmete ich erleichtert auf. Dann grinste ich Bo an. „Du meinst wohl, dass wir es gemeinsam rocken werden?“
„O ja, mit mir an deiner Seite kann nichts schiefgehen.“ Bo winkte zum Abschied. „Wir sehen uns morgen, Alix!“
Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, legte sich Stille über die Wohnung. Mein Lächeln erstarb, und kurz befürchtete ich, dass mich erneut dieses erdrückende Gefühl der Einsamkeit überkommen würde. Doch dann drangen Möwenschreie durch das offene Fenster zu mir herein. Ich hörte das Rauschen der Wellen, die gegen die Felsen vor der Stadtmauer brandeten, und die Stimmen von sich leise im Hinterhof unterhaltenden Menschen. Der Sound meiner neuen Heimat.
Kaum konnte ich fassen, dass ich wirklich hier war. An einem der schönsten Orte der französischen Riviera. In diesem urigen Apartment am Meer. Um meinem Traum hinterherzujagen.
Der Gedanke war so gewaltig, dass ich mir einen Moment nehmen musste, um mich zu fangen. Erschöpft von der langen Reise, ließ ich mich auf das kleine Ecksofa fallen. Erschöpft, aber glücklich.
Kapitel 2
Léo
Wie hypnotisiert starrte ich aufs Meer. Die Oberfläche wurde in der Ferne von heftigen Böen gepeitscht. Tausendfach brach sich die Sonne darauf, sodass ich für einen Moment Regenbögen sah. Am liebsten hätte ich mir aufgrund des Lärms die Hände auf die Ohren gepresst, stattdessen biss ich die Zähne zusammen und verfolgte den Anflug des Hubschraubers auf den hafeneigenen Helikopterlandeplatz. Die aufkommenden Wellen brachten die kleineren der umliegenden Boote zum Schaukeln, und einer Frau, die in der Nähe spazieren ging, wurde der Sonnenhut vom Kopf gefegt.
Kurz darauf war das Schauspiel schon wieder vorbei. Der ohrenbetäubende Lärm verebbte, und die Rotorblätter des silbernen Ungetüms drehten sich nur noch träge. Wellen brandeten gegen die Hundertfünfzig-Meter-Jacht, auf deren Hauptdeck ich stand. Sie konnten ihr jedoch nichts anhaben. Die Aurora schaukelte kein bisschen – oder vielleicht bemerkte ich es nach Jahren auf See bloß nicht mehr.
Während die Fluggäste einer nach dem anderen aus dem Hubschrauber kletterten, ließ ich den Blick über den Jachthafen von Antibes schweifen. Durch seine perfekte Lage zwischen Cannes und Nizza war das hübsche Städtchen ein beliebtes Urlaubsziel für französische und internationale Reisende gleichermaßen. Nur die Reichsten der Reichen konnten es sich allerdings leisten, hier eine Jacht vor Anker liegen zu haben. Die meisten Schiffe blieben den Großteil des Jahres über unbenutzt, bis ihre Besitzer über die Sommermonate herkamen. Unbenutzt, aber nicht unbewohnt. Denn es brauchte eine große Crew, um eine Hundertfünfzig-Meter-Jacht instand zu halten. Menschen wie ich – ohne Familie, ohne Bindung – lebten und arbeiteten auf den Luxusschiffen und standen stets auf Abruf bereit, falls die reichen Arbeitgeber kurzfristig Lust auf einen Abstecher nach St. Tropez oder Monaco bekamen. Deshalb fühlte sich der Port Vauban das ganze Jahr über wie ein eigenes kleines Dorf an. Außerhalb der Altstadt von Antibes, aber in Laufnähe zu Geschäften, Restaurants und Bars gelegen, war er unser Heim auf dem Meer.
Auch wenn ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufen musste, dass dieses „Heim“ nicht wirklich mir gehörte. Ich war nur eine geduldete Arbeitskraft, doch das störte mich meistens nicht. Denn wenn der Chef nicht da war und wir die Aurora für uns hatten, wirkte es oft so, als wäre die schnittige Lady genau das: mein Zuhause. Meine wahre Heimat hatte ich seit Jahren nicht mehr zu Gesicht bekommen, doch die Luxusjacht war kein schlechter Ersatz.
Heute war einer dieser Tage, an denen ich mir keine Illusionen darüber machen konnte, wo mein Platz war. Scheich Hamdan bin Jabir Al Nahyan war soeben aus dem Helikopter gestiegen. Nun glich die Jacht einer Wabe voller fleißiger Bienen, die umhereilten, um die Aurora ablegebereit zu machen. In drei Stunden wurde der Scheich in Cannes erwartet. Ich freute mich darauf, endlich wieder aufs Meer rauszufahren. Ohne Genehmigung des Chefs war das verboten.
Als ich sah, dass die Gäste bereits über den Pier auf die Aurora zukamen, wandte ich mich vom Anblick des Hafens ab und umrundete den Pool mit großen Schritten, um mich zu meiner Kollegschaft zu gesellen. Fast alle Mitglieder unserer knapp siebzigköpfigen Crew hatten ihre sorgfältig gebügelten, weißen Uniformen angelegt und sich in ordentlichen Reihen aufgestellt, um den Scheich und seine Gäste zu begrüßen. Die Gläser waren poliert, der Champagner war gekühlt und die Jacht bereit für die erste Fahrt der Saison.
Amir, mein bester Freund und Kollege, stieß mich mit der Schulter an, als ich mich neben ihn stellte. Er grinste breit, und ich erwiderte sein Lächeln. In seinen braunen Augen funkelte dieselbe Vorfreude, die auch durch meinen Körper jagte. In der Nebensaison bekamen wir dann und wann Gäste – Freunde des Scheichs oder Leute, die die Jacht für ein Wochenende mieteten –, doch in den letzten Monaten hatte es wenig zu tun gegeben. Umso heißer war ich darauf, wieder Seeluft zu schnuppern. Für diese Saison hatte ich eine fabelhafte Crew ausgewählt. Mir unterstanden die Deckhände, mit deren Hilfe ich dafür sorgte, dass das Deck stets blitzblank und das Äußere der Jacht in einwandfreiem Zustand war. Es war meine erste Saison als Erster Offizier, und ich würde alles geben, um diesem Posten gerecht zu werden.
Die Begrüßung der frisch eingetroffenen Gäste lief routiniert ab. Lächeln, Händeschütteln, einen Witz reißen. Dann ging es an die Arbeit. Und zwar so diskret, dass die Gäste so wenig von unserer Anwesenheit mitbekamen wie möglich.
„Hast du gesehen, wie viel Gepäck die wieder dabeihaben?“, fragte Amir, als wir wenig später gemeinsam den riesigen Anker lichteten. „Wenn die Stewardessen das alles auspacken, bügeln und aufhängen sollen, sind sie erst fertig, wenn die Gäste schon wieder abreisen.“
Ich lachte. „Da haben wir aber schon Schlimmeres gesehen. Weißt du noch, als Mariah Carey vor zwei Jahren für ein Wochenende an Bord war?“
Amir nickte grinsend. „Sie hat gutes Trinkgeld gegeben.“
Ich verdrehte die Augen. „Weil du schamlos mit ihr geflirtet hast.“
„He! Das ist schließlich mein Job. Soweit ich weiß, hast du dich nicht über die Extrakröten beschwert.“
„Dein Job ist es, meine Befehle zu befolgen“, erinnerte ich ihn in gespielt strengem Tonfall.
„Aye, aye, Erster Offizier, Sir.“ Amir salutierte spöttisch. „Lass dir die Beförderung mal nicht zu Kopf steigen. Letztes Jahr warst du noch ein einfacher Bootsmann wie ich.“
Die Ankerkette klirrte, als ich sie mithilfe eines Hebels festzog und dem Kapitän ein Handzeichen gab, dass es losgehen konnte. Dann versetzte ich Amir einen Stoß vor die Brust. „Los jetzt, an die Arbeit, du Faultier!“
Er revanchierte sich mit einer vulgären Geste. „Lässt du mich wenigstens das Gepäck der Tochter vom Scheich in ihre Kabine tragen?“
Ich schnalzte tadelnd mit der Zunge. „Du spielst mit dem Feuer, Mann.“
„Aber sie wird jedes Jahr hübscher. Wie könnte ich da widerstehen?!“ Amir sah mich mit flatternden Lidern und geschürzten Lippen an. Zu seinem Hundeblick hatte ich in den fünf Jahren, die wir nun schon zusammenarbeiteten, noch nie Nein sagen können. „Na schön, aber beeil dich. Die Stewards haben längst angefangen, das Gepäck auf die Schlafzimmer zu bringen.“ Ich sah ihm hinterher, als er über das Deck flitzte und im Schatten der hoch aufragenden Kommandobrücke verschwand.
Plötzlich kribbelte mein Nacken auf unangenehme Weise. Ich warf einen Blick zurück zum Pier, auf dem sich eine Menschentraube versammelt hatte, um uns ablegen zu sehen. Jedes Mal war es ein großes Spektakel, das viele Schaulustige anzog. Einige Touristen schossen Fotos. Ich duckte mich eilig, setzte meine verspiegelte Sonnenbrille auf und entfernte mich von der Reling. Auch wenn ich mich hier zu Hause fühlte, hatte ich nicht aufgehört, über die Schulter zu schauen. Das würde sich nie ändern.
Nachdem wir die den Jachthafen umgebende Mauer umschifft hatten, nahm die Aurora schnell an Fahrt auf, und bald waren wir mit einer Geschwindigkeit von zwanzig Knoten um das Cap D’Antibes herum auf dem Weg nach Cannes. Erst als die Küste nur noch ein ferner Streifen war, gelang es mir, wieder frei durchzuatmen.
„Die Mischung aus Romantik, Spannung und einem Hauch von Fernweh macht dieses Buch zu einem fesselnden Leseerlebnis.“
„Wer Frühlingsgefühle nicht als Liebesgeschichte sondern auch durch das Setting verspüren will, der ist bei Azurblau genau richtig.“
„Dieses Buch ist wie ein Sommerurlaub! Vollgepackt mit Sonnenschein, Urlaubsfeeling, Südfrankreich-Liebe und ganz viel fürs Herz.“
„Inhaltlich schlägt sie eine emotionale Brücke zwischen lieblichen Träumen und leidenschaftlicher Realität, zwischen jugendlicher Leichtigkeit und erwachsener Ernsthaftigkeit. (…) Hautnah fühlt (man) das Bauchkribbeln, erlebt das Herzklopfen und erfreut sich an den vielen Schmetterlingen im Bauch.“
„Die Autorin schafft es bei jedem Buch (..) dich in eine komplett andere Welt zu versetzen.“
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