Be Water, My Friend Be Water, My Friend - eBook-Ausgabe
Die Lehren des Bruce Lee
— Der Weg zu mentaler Stärke und innerer Ruhe„Dieses fulminante Buch verändert den Blick auf das Leben und ist zugleich ein Appell an die Menschheit: ‚Sei wie Wasser‘ – unaufhaltsam, natürlich und feinfühlig.“ - zeitstilbloggerin
Be Water, My Friend — Inhalt
Der Weg zu mentaler Stärke und innerer Ruhe
Bruce Lee ist eine Ikone, weltbekannt für seine Kampfkünste und sein filmisches Vermächtnis. Aber er war auch ein zutiefst philosophischer Denker, der glaubte, dass Kampfsport mehr sei als nur eine Übung in körperlicher Disziplin – vielmehr sah er in ihm eine Metapher für persönliches Wachstum. In diesem Buch teilt Shannon Lee bisher unbekannte Anekdoten aus dem Leben ihres Vaters und all jene Ideen, die den Kern seiner Lehren bildeten. Jedes Kapitel enthüllt eine Lektion der legendären „Be Water“-Philosophie und nimmt uns so mit auf den Weg hin zu einer kraftvollen, ausgeglichenen Art des Seins.
Leseprobe zu „Be Water, My Friend“
Einführung
Als ich heranwuchs, gab meine Mutter meinem Bruder und mir den Rat, niemandem zu erzählen, dass Bruce Lee unser Vater war. Sie sagte: „Die Leute sollen euch so kennenlernen, wie ihr seid, ohne dieses Wissen.“ Es war ein toller Rat, und viele Jahre lang umschiffte ich das Thema auch so gut es ging in allen Gesprächen. Natürlich fanden meine Freunde es am Ende dann doch immer heraus, wenn sie zu Besuch kamen und die Familienbilder an den Wänden sahen. Allerdings hatte das bei den meisten kleinen Mädchen kaum mehr als ein interessiertes [...]
Einführung
Als ich heranwuchs, gab meine Mutter meinem Bruder und mir den Rat, niemandem zu erzählen, dass Bruce Lee unser Vater war. Sie sagte: „Die Leute sollen euch so kennenlernen, wie ihr seid, ohne dieses Wissen.“ Es war ein toller Rat, und viele Jahre lang umschiffte ich das Thema auch so gut es ging in allen Gesprächen. Natürlich fanden meine Freunde es am Ende dann doch immer heraus, wenn sie zu Besuch kamen und die Familienbilder an den Wänden sahen. Allerdings hatte das bei den meisten kleinen Mädchen kaum mehr als ein interessiertes Schulterzucken zur Folge, bevor wir uns die Rollschuhe anzogen oder aufs Fahrrad stiegen. Doch als ich erwachsen wurde, hatte ich immer mehr das Gefühl, ich hätte etwas zu verbergen, und es wurde schwieriger, in Gesprächen auszuweichen, besonders nachdem ich die Verwaltung des Erbes meines Vaters übernommen hatte. Wenn ich mich den üblichen Einstiegsfragen wie „Und was machen Sie so?“ oder „Wie sind Sie denn dazu gekommen?“ entzog, kam ich mir vor, als würde ich bewusst irreführen, und das fühlte sich nicht gut an. Schließlich schäme ich mich ja nicht dafür, die Tochter von Bruce Lee zu sein – es ist mir eine Ehre.
Ich muss allerdings sagen, die zum Teil überwältigenden Reaktionen der Leute zu erleben, das ist mitunter schon eine ganz schöne Herausforderung für mein Selbstwertgefühl. Vielleicht ist das ja der Grund, warum seine Philosophie der Selbstverwirklichung (ja, Bruce Lee war tatsächlich ein Philosoph!) in mir einen so starken Widerhall findet. Wie würdigt man angemessen die Gegebenheit seiner DNA und macht sich gleichzeitig bewusst, dass sie nichts über die eigene Seele aussagt? Oder doch? Nimmt man noch meinen Entschluss hinzu, einen Gutteil meines Lebens dem Schutz und der Förderung der Hinterlassenschaft eines Menschen zu widmen, der mir mein Leben geschenkt hat und der mir so unendlich viel bedeutet, dann werden Fragen nach Identität schon ziemlich verworren.
„Was wissen Sie noch von Ihrem Vater?“
Diese Frage höre ich immer wieder. Sie hat mich früher in arge Bedrängnis gebracht, weil ich sie nicht mit Bestimmtheit beantworten konnte. Als mein Vater starb, war ich erst vier Jahre alt, daher habe ich nicht viele eigene Geschichten oder umwerfende Lebensweisheiten, die er mir unmittelbar vermittelt hätte, so wie es die Menschen aus seinem Umfeld haben. Ich besitze auch keinen Brief, den er mir geschrieben hat. Wie könnte ich da begreiflich machen, dass ich trotzdem das Gefühl habe, ihn so durch und durch zu kennen? Wie sollte ich in Worte fassen, dass ich ihn auf eine Weise zu verstehen glaube, auf die selbst Menschen, die ihn „kannten“, ihn nicht verstanden haben?
Ich bin allmählich dahintergekommen, dass diese Empfindungen – das Wissen um sein Wesen – meine Erinnerungen an ihn sind. Ich kenne ihn auf eine Weise, die ungetrübt ist von irgendwelchen Konflikten oder Verletzungen, Eifersüchteleien oder Rivalitäten oder auch von allzu schwärmerischen Vorstellungen. Ich weiß um seine Liebe, schlicht und ergreifend. Ich weiß darum, weil wir in unseren prägenden Jahren unsere Eltern über das erfahren, was wir mit unseren Sinnen aufnehmen. Bei den meisten Kindern ist ein ausgereiftes Erinnerungsvermögen erst sehr viel später als mit vier Jahren aktiv. Wir lernen erst mit der Zeit mithilfe unserer kulturellen Konstrukte das, was wir wahrnehmen, zu deuten und darauf zu reagieren. Deshalb schätzen wir Dinge als Kinder auch so oft falsch ein. Wir messen fälschlich Bedeutungen bei, weil wir gewisse Feinheiten nicht verstehen. Dazu fehlt uns noch die Lebenserfahrung. Doch die grundlegende Beschaffenheit der Dinge, die können wir sehr wohl ermessen, und das in mancherlei Hinsicht intensiver als unsere erwachsenen Gegenüber. Mein Vater hat mir all seine Liebe geschenkt, daran erinnere ich mich noch sehr deutlich. Ich erinnere mich an seine Wesensart. Ich erinnere mich an ihn.
Mein Vater war auf vielerlei Weise ein wahrhaft außerordentlicher Mensch: intelligent, kreativ, gebildet, kompetent, ehrgeizig. Er arbeitete wirklich hart daran, alle Aspekte seiner Persönlichkeit zu verfeinern. Einmal sagte er: „Es mag nicht jeder glauben, aber ich habe Stunden darauf verwendet, alles, was ich tue, zu perfektionieren.“ Er arbeitete nicht nur an der Ausformung seines Körpers, sondern auch daran, seinen Verstand zu formen, sich weiterzubilden, seine Techniken zu entwickeln, sein Potenzial auszubauen. Auch an den kleinen Dingen feilte er, etwa an einer schönen Handschrift oder einer grammatikalisch korrekten Sprache in Wort und Schrift; er versuchte, durch Witzeerzählen dem umgangssprachlichen Englisch näherzukommen; er lernte, Regie zu führen – die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Damit legte er den Grundstein zu einem Vermächtnis, das auch siebenundvierzig Jahre nach seinem Tod noch von Bedeutung ist.
Aber wenn ich durch die Anwendung seiner Philosophie eins gelernt habe, dann, dass man nicht Bruce Lee sein muss, um das Beste aus seinem Leben zu machen. Glaub mir. Für mich als seine Tochter war der selbst auferlegte Stress, auch nur zu einem Zehntel der Mensch zu sein, der er war, erdrückend, lähmend und beängstigend. Es hat mich schon mehr als einmal in meinem Leben an meine Grenzen gebracht.
Aber in solchen Situationen hole ich tief Luft und rufe mir ins Gedächtnis: Bruce Lee will gar nicht, dass ich Bruce Lee werde. Gott sei Dank. Und auch du wirst in diesem Buch feststellen, dass Bruce Lees Wunsch für dich ist, die bestmögliche Ausprägung deiner selbst zu sein. Und das wird dann komplett anders aussehen als bei Bruce Lee, denn – na ja, du bist eben du. Und weißt du was? Auch Bruce Lee war in vielen Dingen überhaupt nicht gut. Er wusste kaum, wie man eine Glühbirne auswechselt oder Eier kocht. Ich möchte ihn mal gern bei dem Versuch sehen, IKEA-Möbel zusammenzubauen. (In meiner Fantasie ist das Teil am Ende völlig zersplittert, und der Inbusschlüssel ragt windschief aus der Wand heraus, gegen die er in tiefster Frustration geschleudert worden ist.) Aber davon mal abgesehen sollten seine Worte dich ermutigen, einen Prozess der Selbstverwirklichung zu erwägen, bei dem du ergründest, wer du eigentlich bist – bei dem du feststellst, wohin dein Potenzial dich zieht und wie du es ausbauen kannst. Daraus wird etwas zum Vorschein kommen, das genauso einzigartig, genauso strahlend, genauso erhebend und genauso energiegeladen sein wird, wie mein Vater es war, nur eben auf deine eigene Art. Und nicht nur das, am Ende wirst du ein zentriertes Gefühl der Bestimmung haben, das dir sehr viel mehr Seelenfrieden und Freude schenken wird.
Genau deshalb habe ich schließlich mit der ganzen Sache angefangen. Es waren nicht die coolen T-Shirts (auch wenn die Shirts tatsächlich cool sind). Der Grund war, dass ich selbst von diesen Übungen und Worten tief berührt und geheilt wurde. Ich würde nicht einen so großen Teil meines Lebens dem Erbe meines Vaters widmen, wenn ich nicht ernsthaft der Meinung wäre, dass es meine Zeit und meinen Einsatz wert ist. Mir ist es wichtig, dass auch du diese zutiefst philosophische und inspirierende Seite meines Vaters so kennenlernst, wie ich sie kenne und erfahre. Und ich hoffe, dass du Gefallen findest an den Geschichten aus meiner Familie und dich vielleicht auch in der einen oder anderen selbst wiederfindest.
Aber was qualifiziert mich überhaupt als deine Ratgeberin? Ich muss gestehen, dass ich weder Wissenschaftlerin bin noch Lehrerin oder Therapeutin, ja nicht mal ein Life Coach. Ich besitze keine Fachkenntnisse in irgendetwas außer Bruce Lee. Und selbst diese speziellen Kenntnisse basieren nicht auf einem umfassenden Wissen über Daten, Zeiten und Ereignisse. Meine Kompetenz besteht darin, dass ich ihn gekannt habe und von ihm geliebt wurde, dass ich dankbar dafür bin, dass es ihn gegeben hat, und auch darin, dass ich, so gut ich es vermag, nach seinen Worten lebe.
Doch auch ohne jegliche Diplome und Fachkenntnisse habe ich dieses Buch als Mischung aus Anleitung, Allegorie und Offenbarung geschrieben. Denjenigen unter euch, die schon weit fortgeschritten sind auf ihrer spirituellen Reise, mag das Buch mitunter ein wenig schlicht vorkommen. Das ist Absicht. Meine Hoffnung ist, dass ein möglichst breites Spektrum von Menschen einen Zugang findet. Und je weiter du auf den Seiten voranschreitest, desto tiefgründiger werden die Botschaften. Ich hoffe, du wirst dranbleiben und ergründen, auf welchem Weg die Wasser fließen.
Ich werde dir so gut ich kann die „Sei Wasser“-Philosophie meines Vaters nahebringen, so wie ich sie verstehe, nachdem ich mich nun schon viele Jahre intensiv mit seinem Leben und seinem Vermächtnis beschäftigt habe. Falls dir dieses Zitat meines Vaters noch nicht vertraut ist – es kam ihm im Zusammenhang mit seinem Kampfsport in den Sinn, und diesen werde ich dann auch im gesamten Buch als Metapher für ein intensiv gelebtes Leben verwenden. Was mir aber am wichtigsten ist: Wie Wasser sein bedeutet, sich zu bemühen, sein Leben sozusagen wie im Fluss und in Natürlichkeit zu leben. Wasser kann sich jedem Behälter anpassen, es kann weich oder hart sein, es ist einfach und von Natur aus immer es selbst, und es findet einen Weg, immer in Bewegung und im Fluss zu bleiben. Und jetzt stell dir vor, du könntest lernen, genauso flexibel, genauso feinfühlig, genauso natürlich und unaufhaltsam zu sein. Für einen Kampfsportler wie meinen Vater wäre das die ultimative Technik. Für mich ist es die ultimative Fähigkeit, als Mensch stark, frei und ich selbst zu sein.
Ich glaube wirklich – und da bin ich nicht die Einzige –, dass mein Vater im Grunde einer der bedeutendsten und tiefsinnigsten Philosophen des 20. Jahrhunderts war. Nur leider kennen nicht viele Menschen ihn von dieser Seite, da er ein Actionstar und Kampfsportler war – und damit als Intellektueller nicht ernst zu nehmen. Bei Philosophen denken wir immer gleich an gelehrte Menschen, die eine lange wissenschaftliche Publikationsliste vorweisen können und inspirierende Vorlesungen im Hörsaal halten. Ein Filmstar kommt uns dabei nicht in den Sinn. Doch mein Vater war weit mehr als das, durch die Art, wie er sein Leben lebte, und durch die Worte, die er hinterließ.
Es mag dich überraschen, wenn ich sage, dass ich, was das Material angeht, gar nicht so penibel bin. Eine Puristin bin ich nur in Bezug auf seine Energie. Mit seinen Worten nehme ich es nicht so akademisch genau. Wo ich es für sinnvoll hielt, meine Aussagen zu veranschaulichen, habe ich Zitate kombiniert oder bearbeitet, um sie eingängiger zu machen. Da die Zitate meines Vaters in der Regel in diesem Stil gehalten sind, greife ich überwiegend auf männliche Personalpronomen zurück, aber bitte zweifele nicht, dass dieses Buch für dich gedacht ist, egal, wer du bist oder wie du dich identifizierst.
Auf den folgenden Seiten ist von vielen Konzepten die Rede, über die ganze Bücher geschrieben und um die herum ganze Trainingsprogramme entwickelt wurden, und von daher ist kein umfassender Einblick in einen einzelnen Bereich zu erwarten. Man sollte dieses Buch eher als einen Ausblick auf ein Leben voll bereichernder Erkundung und spannender Möglichkeiten sehen. Du solltest auch wissen, dass ich auch selbst immer noch lerne und wachse. Doch wie mein Vater sagte: „Das gute Leben ist ein Prozess, kein Daseinszustand. Es ist eine Richtung, kein Ziel.“
Bevor du nun eintauchst, hier noch ein Hinweis: Manches wird dir unlogisch vorkommen. An einem Punkt werde ich dir nahelegen, deine Willenskraft zum Einsatz zu bringen, und ein paar Seiten später sollst du deinen Willen aufgeben. Möglicherweise werden die scheinbaren Widersprüche dich frustrieren. Aber es sind eigentlich gar keine Widersprüche. Es sind lediglich unterschiedliche Antworten auf immer neue Umstände. Denk immer daran, dass die Philosophie meines Vaters, und im Besonderen das „Sei Wasser“-Prinzip, im Grunde ein Ökosystem ist, das dein Dasein in seiner Gesamtheit umfasst. Versuch dich im Zweifelsfall immer am Wesen des Wassers zu orientieren (seiner Geschmeidigkeit, seiner Lebendigkeit), und ich werde mich nach Kräften um eine klare Ausdrucksweise bemühen.
Und was das Wichtigste ist, wir streben nirgendwo eine starre Haltung an und folgen auch keinem festen Programm. Schließlich handelt dieses Buch von Wasser. Das Leben ist ja auch nicht starr oder programmiert. Man denke nur an eine Reifenpanne oder eine unerwartete Bonuszahlung. Wir müssen Raum schaffen und allen Irrungen und Wirrungen, allen Höhen und Tiefen des Lebens Rechnung tragen, während wir gleichzeitig lernen, flexibel, feinfühlig und unaufhaltsam zu sein. Sein Potenzial aufs Höchstmaß zu steigern und mit seinem ganzen Sein zu fließen, so etwas lernt man nicht über Nacht. Wenn du das erste Mal einen Erfolg erahnst und glaubst, du hättest den Dreh raus, wirst du angesichts einer neuen Herausforderung ins Straucheln geraten, deine alte Konditionierung wird wieder zum Vorschein kommen, und aus Frust würdest du am liebsten mit den Fäusten gegen die Wand trommeln. Und in diesem Moment wirst du dich einmal mehr entscheiden müssen, zu resignieren oder zu wachsen.
Rufe dir in diesen Fällen die Worte meines Vaters in den Sinn: „Man muss gezielt durch Frustrationen wachsen, sonst hat man keinen Anreiz, eigene Mittel und Wege zu entwickeln, um es mit der Welt aufzunehmen.“ Und es stimmt. Wenn du dich nie an einer Herausforderung versuchst, wird es dich, sobald du zum ersten Mal mit einer konfrontiert wirst, umhauen, und du wirst nicht wissen, was du machen sollst. Oder du willst dich nur noch irgendwo verkriechen. Betrachte daher Frustration als deinen Lehrer oder, wenn ich so weit gehen darf, als deinen Freund. Versuch darauf zu hören, was sie dir über dich sagen will, über deine Befähigung, deine Überzeugungen, darüber, wo du ein bisschen über dich hinausgehen musst, darüber, was du wirklich willst und liebst, und lass dich von ihr zu einem umfassenden Verständnis deiner selbst leiten. Ich garantiere dir, dass sich mit der Zeit dein Leben entfalten wird und du dich immer stärker und freier fühlen wirst.
Wenn wir nun gemeinsam zu unserer Wasser-Reise aufbrechen, werden wir uns damit beschäftigen, wie man mit Niederlagen umgeht und mit sich wandelnden Umständen. Es wird darum gehen, wie man den Glauben an sich und den Glauben an diesen Prozess fördert, wie man durchweg achtsam durchs Leben geht und wie man zentriert lebt und Seelenfrieden findet.
Es ist eine spannende Arbeit, aber es ist Arbeit. Es werden Fehler passieren. Es wird Hindernisse geben. Aber wir haben einen langen Atem. Es ist eine lebenslange Übung. Das Leben soll ja schließlich voll ausgekostet werden. Deshalb sollten wir es mit uneingeschränktem Engagement angehen. Wir sollten nach den Dingen Ausschau halten, die uns ansprechen und unseren Optimismus verstärken, während wir uns dieser Übung ein ganzes Leben lang widmen. Okay, es wird Anstrengung erfordern, es wird Misserfolge geben, aber ich hoffe doch, wir sind uns einig, dass wir daraus lernen können und daran wachsen und immer noch besser werden. Wir werden die richtige Grundhaltung zu unserer Übung entwickeln, das Beste aus uns zu machen, und das auf eine entspannte Weise. Und das Wichtigste ist, nie zu vergessen, dass wir nicht versuchen, ein zweiter Bruce Lee zu werden. Wir versuchen nur, ganz wir selbst zu sein.
Und übrigens, du hast längst angefangen. Wir üben uns schon von Kindesbeinen an immer wieder darin, das Beste aus unserem Leben zu machen, auch wenn wir uns dessen vielleicht nicht jederzeit bewusst waren. Aber es ist so. Was ich dir anbiete, ist lediglich ein neuer Ansatzpunkt. Indem du dir dieses Buch besorgt und es aufgeschlagen hast, hast du ja bereits erkennen lassen, dass du einen weiteren Schritt auf dem Weg hin zu mehr Erfüllung in deinem Leben gehen möchtest. Versuchen wir also, mit dem Strom zu fließen, und haben wir Spaß dabei. Machen wir ein spannendes Experiment daraus.
Schließlich soll es hier darum gehen herauszufinden, was dir wichtig ist, was dich antreibt, wie deine Träume aussehen und wer du im Kern wirklich bist. Mach dich also bereit und bemühe dich auf unserem Weg um die Einstellung, die mein Vater mit diesen Worten beschrieben hat:
Sei nicht angespannt, sondern bereit, nicht denkend, aber auch nicht träumend, nicht festgelegt, sondern flexibel. Es geht darum, ganz und gar ruhig und gelassen lebendig zu sein, wach und bewusst, bereit für alles, was kommen mag …
1 Das Prinzip Wasser
Wasser fließt mal schnell und mal langsam, aber seine Entschlossenheit ist kompromisslos und seine Bestimmung klar.
Die Kampfkunst war die große Leidenschaft meines Vaters. Von dem Moment, in dem er als Dreizehnjähriger mit Wing Chun anfing, bis zu seinem Tod mit zweiunddreißig Jahren trainierte er jeden einzelnen Tag mit nur ganz wenigen Ausnahmen. Seine Begeisterung für die Sportart brachte er mit folgenden Worten zum Ausdruck: „Alles, was ich kann, habe ich durch die Ausübung der Kampfkunst gelernt.“ Er besaß einen außerordentlich scharfen Verstand, und ich denke oft, was für ein genialer Schachzug des Schicksals es doch war, dass ein solcher Verstand sich zu einem so körperbetonten und kämpferischen Sport hingezogen fühlte.
Tatsächlich ist die Kampfkunst auch eine perfekte Metapher für das Leben. In kaum einer anderen Sportart ist der Einsatz so hoch und so stark mit der eigenen Person verbunden wie hier. Das Können besteht bei der Kampfkunst darin, unter dramatischsten Bedingungen – der Gefahr, körperlich Schaden zu nehmen – fokussiert und reaktionsschnell zu bleiben. Ein Meister der Kampfkunst geht nicht nur gefasst und kompetent in eine Begegnung, er wird ein Künstler in Sachen Bewegung und artikuliert sich mit absoluter Freiheit und Bestimmtheit kraftvoll im unmittelbar sich entfaltenden Augenblick. Wenn die eigene Sicherheit oder gar das eigene Leben auf dem Spiel steht, bedeutet es eine enorme Selbstbeherrschung, wachsam, beweglich und wendig zu bleiben.
Diese Bewegungsphilosophie diente Bruce Lee als Richtschnur für alle Aspekte seines Lebens. Er strebte immer nach dem, wie ich es gern nenne, „Wahren“. Dem wahren Kampf. Dem wahren Leben. Bewährten Konzepten. Alltagstauglichkeit. Er hielt nichts von erzielten Punkten durch Leichtkontakt, wie es in den Meisterschaften seinerzeit üblich war. Diese Art von wettbewerbsorientiertem Kampf mit all den vielen Regeln, wie man punktet, ohne zu verletzen, nannte er „Trockenschwimmen“.
Das soll nicht heißen, dass er ständig herumlief und die Leute zum Straßenkampf herausforderte, obwohl er in seinem Leben durchaus den einen oder anderen harten Kampf ausgefochten hat. Was er allerdings tat, war, sich beim Training voll und ganz auszupowern. Zwar gab es in verschiedenen Kampfkünsten schon Schutzausrüstung, doch gehörte er zu den Ersten, die viele einzelne Teile umfunktionierten und damit echtes Sparring-Equipment für Ganzkörper- und Vollkontakt-Begegnungen schufen. Er machte Pratzen aus Baseballhandschuhen, indem er sie plättete und auspolsterte. Auch den Brustschutz von Baseball-Fängern, Boxausrüstung und Kendo-Handschuhe funktionierte er um. Diese Art von Sparring-Equipment wurde weiterentwickelt und ist inzwischen Standard, aber damals in den 1960er-Jahren hatte man im chinesischen Kung Fu (oder, wie mein Vater es im Kantonesisch seiner Heimat aussprach, „Gung Fu“) von einer derartigen Verwendung noch nie etwas gehört.
Hartes körperliches Training und Kämpfe gaben meinem Vater Gelegenheit, immer wieder Grundprinzipien vom Körper auf den Geist zu übertragen und umgekehrt, von der Idee zur Tat. Das meiste (vielleicht sogar alles) von dem, was er in philosophischer Hinsicht vertreten hat, hatte seinen Ursprung in einer Verfeinerung seines Kampfkunststils. Und wie es mit allen allgemeingültigen Prinzipien der Fall ist, erkannte er am Ende dann, dass in diesen Kampfkunstpraktiken sehr viel mehr steckte – dass sie sich auch auf das Leben übertragen ließen.
„Was mir aber mir am wichtigsten ist: Die Vorstellung wie Wasser zu sein bedeutet, sich zu bemühen, im Fluss und in Natürlichkeit zu leben. Wasser kann sich jedem Behälter anpassen, es kann weich oder hart sein, es ist einfach und von Natur aus immer es selbst, und es findet einen Weg, immer in Bewegung zu bleiben.
Und jetzt stell dir vor, du könntest lernen, ebenso flexibel, ebenso feinfühlig, ebenso natürlich und unaufhaltsam zu sein. Für einen Kampfsportler wie meinen Vater war das die ultimative Technik. Für mich ist es die ultimative Fähigkeit, als Mensch stark, frei und ich selbst zu sein.“ Shannon Lee
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