Biarritz Biarritz - eBook-Ausgabe
Roman
— Nach dem SPIEGEL-Bestseller Brunnenstraße ein Mutter-Tochter-RomanBiarritz — Inhalt
Konkurrentin und Vorbild – der Roman eines lebenslangen Konflikts
Seit Jahren lebt Emilie im Altersheim. Längst hat sie zu sprechen aufgehört – und kommuniziert nur noch mit ihrer Freundin Rosi, ebenfalls Bewohnerin des Heims. Ihre Tochter Andrea scheint Emilie kaum wahrzunehmen, vielleicht lehnt sie sie sogar ab, das ist nicht so genau zu sagen. Liegt es an mangelnder Zuwendung der Tochter, sind es die Verletzungen, die sie über die Jahrzehnte einander zugefügt haben? In einem Akt der Erlösung entführt die Tochter ihre Mutter und deren Freundin und fährt mit ihnen ans Meer. Dorthin, wo ein lange vergangener Sommer positive Erinnerungen birgt.
Ihr letzter Roman Brunnenstraße erzählt die Geschichte einer Familie, in der die Tochter den Vater pflegt. Bemerkenswert daran ist, dass die Mutter kaum Erwähnung findet. Die Beschäftigung mit ihr brauchte einen eigenen Roman, oder?
Ich hatte nie die Absicht, einen Mutter-Tochter-Roman zu schreiben. Die Problematik dieser Beziehung in meinem besonderen Fall war mir immer zu nah, ist es eigentlich immer noch, um darüber schreiben zu wollen oder zu können. Dazu musste ich mich noch intensiver mit den Bildern und dem Unausgesprochenen der Vergangenheit auseinandersetzen, und das nahm mir lange schlicht den Atem. Es ist schwierig, über das Unausgesprochene zu schreiben. Andererseits haben mich nach dem Erscheinen der Brunnenstraße so viele Leserinnen auf die Geschichte der Mutter angesprochen, dass die Beschäftigung damit beinah unausweichlich wurde. Der Weg zu dieser Erzählung dauerte länger als alles, was ich davor geschrieben habe. Ich möchte, wie bei Brunnenstraße, weder abrechnen noch reinwaschen. In den vielen Gesprächen mit Frauen jeden Alters habe ich festgestellt, dass sie alle mit dieser Problematik beschäftigt sind. Störungen in der Beziehung zwischen Mutter und Tochter sind verbreiteter, als ich dachte, und das machte mir Mut, meine Gedanken zu Papier zu bringen. Und vielleicht kann Biarritz auch meinen Leserinnen Mut machen.
Eine Tochter stellt ihren Wagen auf dem Parkplatz ab, viele Gedanken und Gefühle beschäftigen sie, bevor sie das Altersheim betritt, in dem ihre Mutter inzwischen lebt. Eine Situation, die vielen Menschen vertraut ist. Bitte führen Sie uns doch ein bisschen ein in Ihre Geschichte, was ist das für eine Beziehung zwischen den beiden?
Alle Leser, die die Brunnenstraße kennen, können sich vielleicht vorstellen, worüber ich in Biarritz schreiben will. Ich beschäftige mich endlich mit der Leerstelle, die ich in der Brunnenstraße ganz unbewusst gelassen habe. In Biarritz geht es also um das komplizierte Verhältnis einer Tochter zu ihrer abwesenden Mutter. Konkret: um Hanna, die die Aufmerksamkeit und Zuwendung ihrer Mutter Luise sucht, ein Leben lang und unter sehr ungewöhnlichen Umständen. Immer gibt es Hindernisse – die Verhältnisse, die Männer, das Geld.
Im Mittelpunkt aber steht das Schweigen. Mein Roman sucht eine Antwort darauf, warum es unmöglich schien, das Schweigen zwischen Mutter und Tochter zu durchbrechen. Kinder akzeptierten es wie selbstverständlich als Strafe dafür, dass sie nicht so sind, wie die Mutter sie haben will. Aber sie kennen es nicht anders und fügen sich. Zumindest mir ging es so. Die Mutter war sich der Problematik ihres Verhaltens gar nicht bewusst, sie war ja selbst im Schweigen aufgewachsen. Die Sprüche, mit denen ich großgeworden bin, lauteten: „Ohne Fleiß kein Preis“ oder „Was dich nicht umbringt, macht dich stark“, „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ usw. Ich hatte zu funktionieren, das Leben hatte zu funktionieren, Ängste machte man mit sich selbst aus, man hatte keine dumme Fragen zu stellen. Mit Angst oder Schwäche konnten unsere Eltern nicht umgehen.
In Biarritz kommt hinzu, dass Luise am Ende schwer an Demenz erkrankt. Ihre Tochter Hanna, die sich nach dem Tod des Vaters endgültig von der Mutter entfremdet hat, erfährt einen erneuten Verlust: Just in der Zeit, wo sie die Kraft und vor allem die Lebenserfahrung besitzt, ihre Mutter nach dem Grund ihrer mangelnden Empathie in dieser schwierigen Zeit zu fragen, entfernt sich die Mutter ein zweites Mal von ihr.
Es spielt keine geringe Rolle für die Geschichte, dass Ihr Roman in den Siebzigerjahren spielt – und sich Luise, die Mutter, früh allein um ihre Tochter Hanna kümmern musste. Wie erklären Sie sich das Mutterbild in der Zeit?
Ich wusste schon als Kind, dass ich im Grunde eine Bürde für meine Mutter war. Dass es ein Opfer für sie war, mich überhaupt zur Welt zu bringen. Ich war schuld daran, dass sie keine Freunde hatte, nicht ausgehen, letztlich keinen Mann finden konnte. Wir wurden in der kleinen Stadt, in der wir lebten, dafür schief angesehen. Meine Mutter war die einzig Alleinerziehende, die es dort gab. Ich erinnere mich, dass sie bei jedem Problem, das sich uns in jener Zeit stellte, sagte: „Na ja, das ist, weil du keinen Vater hast.“
Andere Begründungen für irgendeine Misstimmung in unserem Umfeld gab es nicht. Wir waren Opfer dieser unglückseligen Umstände, in gewisser Hinsicht Opfer dieser Zeit. Eine alleinstehende Frau in den Siebzigern war ein bisschen so, als hätte sie eine ansteckende Krankheit, man nahm sich vor ihr in Acht.
Die Rollen zwischen Luise und ihrer Tochter Hanna haben sich über die Jahrzehnte sehr verändert. Immer ging es um Macht und Rivalität, aber eben auch um Liebe, Nähe und Anerkennung. Warum ist die für die Tochter so schwer zu haben?
Luise kann sich nicht öffnen. Würde sie sich öffnen und das an sich heranlassen, was ihre Tochter – auch ihretwegen – erleben musste, würde sie wohl unter ihrem eigenen Schuldgefühl zusammenbrechen. Wenn ein zwölfjähriges Mädchen darüber nachdenkt, wie es den Vater umbringen könnte, weil es einfach nicht mehr kann und keinen Ausweg mehr sieht, spricht das ja schon auch für ein gewaltiges Versagen auf Seiten der Mutter. Diese Einsicht würde die Mutter nicht verkraften.
Es gibt eine dritte Frauenfigur in dem Buch, Marianne Kirschbaum. Sie ist eine Mitbewohnerin von Luise. Ihr gelingt es, die Aufmerksamkeit von Luise zu bekommen, um die Hanna vergeblich kämpft. Sie bringt etwas in den Roman, das für Luise und ihre Tochter sehr wichtig ist, oder?
Marianne ist die Beobachtende. Eine patente, lebenskluge Frau, die die Zügel in die Hand nimmt und für Hanna in kurzer Zeit zu einer Art Mutterersatz wird. Sie ist äußerst pragmatisch. Sie redet nicht herum, sie schafft Fakten. Sie ist das völlige Gegenteil von Luise, weswegen auch Luise sich gleich zu ihr hingezogen fühlt. Marianne Kirschbaum zeigt Hanna, dass es manchmal genügen muss, mit dem auszukommen, was man hat. Es wird keine Aussprache mehr zwischen Mutter und Tochter geben. Das ist unmöglich. Aber es gibt einen anderen Weg, um sich anzunähern. Zu dieser Erkenntnis, ich glaube, das kann ich hier verraten, kommt auch Hanna am Ende des Romans.
Biarritz bezieht seine Intensität auch aus dem kurzen Zeitraum, den der Roman erzählt – die Handlung ist auf wenige Tage konzentriert. Gleichzeitig greift das Buch auf prägende Erinnerungen von Mutter und Tochter zurück. Warum beschäftigt sich Hanna so verzweifelt mit der Vergangenheit?
Aus der Sehnsucht heraus, mit ihrer Mutter darüber sprechen zu wollen. Die Schuld, die sie als Kind auf sich geladen hat, mit ihrer Mutter zu teilen. Nicht allein damit zurückbleiben zu müssen und vielleicht Erlösung zu finden, wenn das kein zu großes Wort ist.
Der titelgebende Ort Biarritz steht in einem gewissen Gegensatz zu Luises Lebensschwerpunkt, einem deutschen Altenheim. Welche Rolle spielt der französische Badeort Biarritz in Ihrem Buch?
Biarritz ist in erster Linie ein Sehnsuchtsort der Mutter. Dort war sie als junge Frau. Und von Biarritz erzählt sie ihrer Tochter immer wieder, zumindest in früheren Jahren. In Biarritz war ihre Welt noch in Ordnung, das Leben lag vor ihr, die Begegnung mit Hannas Vater, die Mutterschaft, alles lag noch in weiter Ferne. Die Mutter zeigt sich Hanna in diesen Erinnerungen als ein Mensch, den Hanna so nie gesehen hat.
Brunnenstraße war die Auseinandersetzung mit deiner eigenen Familiengeschichte. Ihr neuer Roman stellt keine so enge Beziehung zu Ihrem Leben her. Wieviel von Ihnen aber steckt in Ihrer neuen Heldin?
In jedem meiner Romane steckt ein bisschen was von mir. Genauso, wie sich auch in jeder Filmrolle etwas von mir verbirgt. Was das im jeweiligen Fall ist, ist immer anders und abhängig von der Geschichte. Und vielleicht ist es mir selbst auch gar nicht immer klar, wo die Grenzen zwischen mir und der Figur verlaufen. Darin liegt für mich ein großer Reiz und auch eine Herausforderung. Und da sind wir wieder bei der Ausgangsfrage: Biarritz hat mich deshalb besonders intensiv beschäftigt, weil die Thematik mir sehr nah ist.
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