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Black Blade (Black Blade 1)Black Blade (Black Blade 1)

Black Blade (Black Blade 1) Black Blade (Black Blade 1) - eBook-Ausgabe

Jennifer Estep
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Das eisige Feuer der Magie

„Rundum gelungener Auftakt der neuen Fantasyreihe von Bestseller-Autorin Jennifer Estep. Packendes und innovatives Setting und herzerwärmende Charaktere mit viel Biss und Charme. Einfach absolut lesenswert!“ - book walk

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Black Blade (Black Blade 1) — Inhalt

Die 17-jährige Lila Merriweather verfügt über außergewöhnliche Talente. Sobald sie einem Menschen in die Augen blickt, kann sie in dessen Seele lesen. Zudem beherrscht sie die sogenannte Übertragungsmagie – jede auf sie gerichtete Magie macht sie stärker. Doch Lila hält ihre magischen Fähigkeiten geheim, denn sie hat einen nicht ganz ungefährlichen Nebenjob: Sie ist eine begnadete Auftragsdiebin. Als sie dem Sohn einer mächtigen magischen Familie das Leben rettet, gerät ihr Leben völlig aus den Fugen, denn sie wird prompt als dessen neue Leibwächterin engagiert. Plötzlich muss sich Lila zwischen den mächtigsten Familienclans der Stadt zurechtfinden, wo nicht nur Geheimnisse und Gefahren auf sie warten – sondern auch ihre große Liebe.

€ 10,00 [D], € 10,30 [A]
Erschienen am 01.03.2019
Übersetzt von: Vanessa Lamatsch
368 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-28178-2
Download Cover
€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 05.10.2015
Übersetzt von: Vanessa Lamatsch
368 Seiten
EAN 978-3-492-97113-3
Download Cover
„Rundum gelungener Auftakt der neuen Fantasyreihe von Bestseller-Autorin Jennifer Estep. Packendes und innovatives Setting und herzerwärmende Charaktere mit viel Biss und Charme. Einfach absolut lesenswert!“
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Leseprobe zu „Black Blade (Black Blade 1)“

Kapitel 1


Aller schlechten Dinge sind drei.
Die drei Hexen. Diese drei Bären, denen Goldlöckchen begegnet ist.
Die drei mit Schwertern bewaffneten Wachen, die mich gerade jagten.
„Komm zurück, du Diebin!“, brüllte einer der Männer. Seine Stimme hallte über die Dächer.
Grinsend lief ich schneller.
Vor einer halben Stunde hatte ich mir Zugang zu dem luxuriös eingerichteten, aber schlecht bewachten Stadthaus eines reichen Buchhalters mit Familienverbindungen verschafft, der seiner Geliebten eine Rubinkette gekauft hatte – was seine Frau nicht allzu sehr [...]

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Kapitel 1


Aller schlechten Dinge sind drei.
Die drei Hexen. Diese drei Bären, denen Goldlöckchen begegnet ist.
Die drei mit Schwertern bewaffneten Wachen, die mich gerade jagten.
„Komm zurück, du Diebin!“, brüllte einer der Männer. Seine Stimme hallte über die Dächer.
Grinsend lief ich schneller.
Vor einer halben Stunde hatte ich mir Zugang zu dem luxuriös eingerichteten, aber schlecht bewachten Stadthaus eines reichen Buchhalters mit Familienverbindungen verschafft, der seiner Geliebten eine Rubinkette gekauft hatte – was seine Frau nicht allzu sehr begeistert hatte.
Deshalb war ich auf Kosten und auf Befehl der wütenden Ehefrau ausgesandt worden, besagte Kette zu stehlen. Es war ein Kinderspiel gewesen, am Abflussrohr in den ersten Stock des Hauses zu klettern, eine Balkontür zu knacken und mich ins Innere zu schleichen. Ich hatte nicht mal den Bürosafe aufbrechen müssen, da die Kette in einer offenen, schwarzen Samtschatulle auf dem Schreibtisch des Buchhalters ruhte, wo mein gieriger Blick die Rubine sofort entdeckte. Also hatte ich den Deckel geschlossen und die Schatulle mit ihrem kostbaren Inhalt in meinen langen, saphirblauen Trenchcoat geschoben.
Dann hatte ich den Rest des Schreibtisches nach weiteren Dingen durchsucht, die ich stehlen konnte.
Es hatte mich ein wenig überrascht, in einer der Schubladen ein Paar diamantbesetzte Manschettenknöpfe zu entdecken. Die Diamanten waren nicht so groß und eindrucksvoll wie die Rubine, doch sie waren trotzdem in meine Tasche gewandert, zusammen mit einem goldenen Füller, einem Brieföffner aus Sterling-Silber und einem Briefbeschwerer aus Kristall.
Nichts, was ich in meinem siebzehnjährigen Leben nicht schon Dutzende Male gestohlen hätte. Tatsächlich war dieser Job einfacher gewesen als die anderen Diebestouren, auf die Mo mich in letzter Zeit geschickt hatte.
Man hätte mich als eine Art modernen, weiblichen Robin Hood bezeichnen können, der fröhlich von den Reichen stahl. Nur dass ich meine Beute niemals an die Armen verschenkte. Es gab nur drei Leute auf der Welt, die mir etwas bedeuteten – ich, ich und ich. Na ja, vielleicht vier, wenn mir gerade danach war, Mo mit in die Rechnung aufzunehmen. Aber Mo konnte gut auf sich selbst aufpassen, und ich hatte genug damit zu tun, mich selbst durchzufüttern.
Sobald ich sichergestellt hatte, dass alles Diebesgut sicher in meinen Manteltaschen verstaut war, sah ich mich im Rest des Büros um. Doch die Vasen und der restliche Nippes war zu groß und unförmig, als dass ich das Zeug hätte wegschleppen können, und die Möbel waren einfach zu schwer.
Also hatte ich mich entschlossen, zu verschwinden, zufrieden mit meinem Beutezug. Und natürlich war genau in diesem Moment ein Wachmann in den Raum getreten, um die Kette für seinen Boss zu holen.
Er hatte nach seinen zwei Kumpel geschrien, alle drei waren mit gezogenen Schwertern ins Büro gestürmt, und ich hatte schnellstens den Rückzug durch eine Seitentür angetreten. Von dort war ich auf das Dach des Hauses geklettert und von dort auf das benachbarte Gebäude gesprungen … und dann auf das nächste … und dann auf das nächste …
Fünf Minuten später rannte ich immer noch über die Dächer der besseren Häuser von Cloudburst Falls in West Virginia. Es hatte sich herausgestellt, dass die Wachen schwerer abzuschütteln waren, als ich erwartet hatte. Doch ich hatte einen Plan.
Ich hatte immer einen Plan.
Ich näherte mich dem Rand des Daches und legte noch einen Zahn zu, um mich auf den Sprung aufs nächste Dach vorzubereiten. Zu meinem Glück standen die Stadthäuser hier nah nebeneinander und hatten Flachdächer. Auf vielen von ihnen gab es kleine Gärten oder sogar Vogelvolieren. Dieses spezielle Dach wies sogar beides auf. Die Rosen bewegten sich, als ich an ihnen vorbeirannte, und ein paar Blütenblätter wurden in die feuchte Luft gewirbelt, während die Tauben traurig gurrten, weil ich ihren Schlaf gestört hatte.
Der Abstand zwischen den Dächern war nicht groß, vielleicht knapp einen Meter, und ich bewältigte den Sprung mühelos. Meine Füße bewegten sich für einen Moment in der Luft, bevor meine Turnschuhe wieder festen Boden fanden.
Ich stolperte kurz, und mein Mantel flatterte um meine Beine. Während ich darum kämpfte, wieder Geschwindigkeit aufzunehmen, warf ich einen kurzen Blick über die Schulter. Obwohl es nach zehn Uhr abends war und dunkle Regenwolken am Himmel hingen, konnte ich die Wachen, die mich verfolgten, so deutlich sehen, als wäre es heller Tag. Das verdankte ich meinem Talent für Sicht. Die Männer wirkten wie normale Menschen, aber ich konnte nicht sagen, ob sie wirklich langweilige Normalsterbliche waren oder eher interessantere Magier wie ich.
Die Wachen schienen kein Talent zu besitzen, zumindest benutzten sie keine offensichtliche Magie. Sonst hätten sie bereits Blitze, Eissplitter oder sogar Feuerbälle auf mich geworfen. Ein Teil von mir wünschte sich fast, die Wachmänner hätten mich mit Magie beschossen. Das hätte mir die Flucht erleichtert.
Denn ich besaß noch ein weiteres, ungewöhnliches Talent.
Doch es sollte nicht sein. Die Männer sprangen auf das Dach, gerade als ich bereits zum nächsten flog – dem letzten in dieser Häuserreihe.
Ich rannte ans andere Ende des Flachdaches. Dieses Stadthaus lag an einer Straße, was bedeutete, dass das nächste Gebäude gute dreißig Meter entfernt stand – viel zu weit für einen Sprung. Und da ich mich auf einem Privathaus befand, gab es nicht einmal eine Feuerleiter, an der ich hätte nach unten klettern können – sondern nur ein klappriges Abflussrohr, das locker an der Seitenwand befestigt war.
Doch das wusste ich bereits, denn ich hatte die Nachbarschaft früher am Abend ausgekundschaftet. Ehrlich gesagt war das sogar der Grund, warum ich zu diesem Haus gelaufen war.
Also ließ ich die Hände in die Manteltaschen gleiten und sortierte die Gegenstände darin – die Schatulle mit der Kette, das übrige Diebesgut, mein Handy, mehrere Vierteldollarmünzen, ein halber Schokoladenriegel, den ich genascht hatte, während ich das Haus des Buchhalters beobachtet hatte. Schließlich schlossen sich meine Finger um zwei Stücke weiches, nachgiebiges Metall, und ich holte die Kettenhandschuhe heraus, um sie mir über die Hände zu ziehen.
Die Wachen bewältigten den letzten Sprung mühelos. Na ja, wenn man bedachte, wie groß sie waren und wie lang ihre Beine, war es für sie eher ein großer Schritt. Ich drehte mich zu ihnen um. Die Wachmänner grinsten und verlangsamten ihre Schritte, als ihnen klar wurde, dass mir die Dächer ausgegangen waren.
Einer der Wachmänner trat vor. Seine grünen Augen glitzerten im Halbdunkel wie die eines Baumtrolls, und sein schwarzes Haar war so kurz geschnitten, dass es aussah, als trüge er eine Mütze aus Schatten.
„Gib uns die Kette, und wir lassen dich leben“, knurrte er. „Sonst …“
Er ließ sein Schwert durch die Luft sausen, genau auf Höhe meines Halses.
„Ab mit dem Kopf?“, murmelte ich. »Wie klischeebe­laden.«
Er zuckte mit den Achseln.
Ich ließ die Hand zu meiner Hüfte und dem Schwert wandern, das dort hing. Ich dachte kurz darüber nach, die Waffe aus ihrer Lederscheide zu ziehen, in Angriffsposition zu gehen und einen Ausfall zu wagen, entschied mich dann jedoch dagegen. Auf keinen Fall würde ich mich auf einen Kampf mit drei Wachen einlassen – nicht für das bisschen Geld, das Mo mir zahlte.
„Komm schon“, rumpelte der Mann. „Ich zerstückle nicht gerne kleine Mädchen, aber ich habe es schon getan.“
Ich nahm keinen großen Anstoß an seinem »Kleine Mäd­chen«-Kommentar. Er sah aus, als sei er mindestens fünfzig.
Also seufzte ich und ließ die Schultern sinken, als würde ich meine Niederlage eingestehen. Dann griff ich in meine Manteltasche, zog die Samtschatulle heraus und hob sie hoch, sodass der Anführer der Wachen sie sehen konnte. Seine Augen waren nicht so scharf wie meine – das galt für die meisten Leute –, aber er erkannte sie.
„Diese Kette?“
Er nickte, trat vor und streckte mir die Hand entgegen.
Ich grinste und schob die Schatulle zurück in meine Tasche. „Ich hab’s mir anders überlegt, ich behalte sie doch lieber. Bis später, Jungs.“
Damit sprang ich auf das Sims rings um das Dach, griff nach dem Abflussrohr und trat in die Nachtluft.
Das nasse Metall des Rohrs glitt durch meine Finger wie ein geölter Blitz. Hätte ich die Handschuhe nicht getragen, hätte mir das Rohr das Fleisch bis auf die Knochen aufgerissen. Der Wind pfiff durch meine schwarzen Haare und riss einzelne Strähnen aus dem Pferdeschwanz. Ich stieß ein kleines, glückliches Lachen aus, weil das Gefühl des Fallens einfach berauschend war. Im letzten Moment packte ich das Rohr so fest ich nur konnte, und das Kratzen von Metall hallte durch die Luft.
Fünf Sekunden später trafen meine Sneakers auf den Asphalt des Gehweges. Ich ließ das Rohr los, trat zurück und sah nach oben.
Die Wachen hatten sich über den Rand des Daches gebeugt und starrten mit weit aufgerissenen Mündern zu mir herunter. Einer von ihnen lief zum Abflussrohr, als wollte er mir folgen, doch in seiner Eile riss er einfach nur den oberen Teil des Metalls aus seiner Halterung in der Hauswand. Der Rest des Rohrs löste sich ebenfalls und fiel klappernd zu Boden, wobei beim Aufprall ein paar Funken durch die Luft stoben. Sah aus, als wäre er doch ein Magier, und zwar einer mit einem Talent für Stärke. Verdrossen drehte sich der Wachmann zu dem Anführer um und hielt ihm das Rohrstück entgegen.
Der Anführer versetzte ihm mit dem Knauf seines Schwertes einen Schlag gegen den Kopf. Der zweite Wachmann sack­­te in sich zusammen und verschwand aus meinem Blickfeld, wahrscheinlich bewusstlos durch den harten Schlag. Anscheinend besaß auch der Anführer ein Stärketalent. Der dritte Wachmann beäugte den Gehweg, als denke er darüber nach, einfach über die Kante zu springen, aber das Dach lag mindestens achtzehn Meter über dem Boden. Niemals hätte er
diesen Fall überleben können, außer er besaß irgendeine Art von Heiltalent. Und selbst dann wäre er ein großes Risiko eingegangen, das die Schmerzen der gebrochenen Knochen kaum wert war. Das wusste der Wachmann so gut wie ich, also zog er sich vom Rand des Daches zurück. Und genau darauf hatte ich spekuliert.
Als ihm klar wurde, dass er mich nicht fangen würde, schrie der Anführer seine Wut heraus, und er wedelte mit dem Schwert in der Luft herum. Aber das war auch alles, was er tun konnte.
Ich salutierte spöttisch, dann schob ich die Hände in die Manteltasche, schlenderte den Gehweg entlang und pfiff ein kleines Liedchen dabei.
Alles reine Routine.

Trotz der späten Stunde waren die kopfsteingepflasterten Straßen von Cloudburst Falls nicht menschenleer.
Ganz und gar nicht.
Lichter strahlten aus den Läden, Hotels und Restaurants, und der goldene Schein vertrieb die dunkelsten Schatten aus den umliegenden Gassen, wenn auch nicht die Dinge, die
darin lebten. Sterbliche und Magier aller Formen, Größen, Altersgruppen und Ethnien ergossen sich in die und aus den Läden, die alle mit Burgen, Schwertern und anderer magischer Themenkunst dekoriert waren. In einem Diner aßen die Gäste an einem langen Tresen, während geflügelte Pixies von kaum fünfzehn Zentimeter Größe durch die Luft schossen und dampfende Teller voller Hackbraten und Kartoffelbrei auf ihren winzigen Köpfen und Rücken balancierten.
Alle Kunden sahen aus wie normale Menschen, trotzdem fiel es leicht, die Magier von den Sterblichen zu unterscheiden. Die Magier waren vollkommen auf ihre Cheeseburger, Milchshakes und Pommes konzentriert. Die Menschen dagegen ließen ihr Essen kalt werden, weil sie zu sehr damit beschäftigt waren, die durch die Luft schießenden Pixies anzustarren. Tölpel, so nannten die meisten Magier die Sterblichen abwertend, und das aus gutem Grund.
Ich stoppte an einer Kreuzung und beobachtete den Verkehr. Überwiegend sah ich Autos mit Kennzeichen aus anderen Bundesstaaten und Touristenbusse. Hin und wieder kamen auch Magier auf Fahrrädern vorbei, die ihr Talent für Stärke oder Geschwindigkeit dazu einsetzten, die Beine schnell oder mühelos genug zu bewegen, um Anhänger mit knutschenden Pärchen darin hinter sich herzuziehen. Ein Schild in einem Blumenbeet erklärte Cloudburst Falls zum „magischsten Ort in Amerika“, einer Touristenstadt, in der der „Märchen wahr werden“.
Ich schnaubte. Sicher, Märchen waren hier durchaus real – allerdings inklusive all der Monster. Monster, die sich nach Blut und Knochen verzehrten, in die sie ihre Zähne und Klauen schlagen konnten, egal ob diese Knochen nun Mensch, Magier oder anderen Wesen gehörten.
Während ich an der Fußgängerampel wartete, hob ich den Blick zum Cloudburst Mountain, dem schroffen Gipfel, der über der Stadt aufragte. Die Bergspitze war von hellen Wolken verhüllt. Sie bestanden aus dem weißen Nebel, der von den Dutzenden Wasserfällen aufstieg, die ununterbrochen über die Seiten des Berges nach unten stürzten. Der Nebel legte sich um den Gipfel wie ein Sahnehäubchen. Und es waren der Berg, die Wasserfälle und die unglaubliche Aussicht von dort oben, deretwegen die Touristen in die Stadt strömten.
Zusammen mit den Monstern.
Dutzende verschiedene Tourismusunternehmen beförderten Leute auf den Berg und in die umliegenden Wälder, damit sie Monster in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten konnten. Es ähnelte ein wenig der Südstaatenvariante einer Safari in Afrika. Diejenigen Touristen, die weniger abenteuerlustig und frischluftversessen waren, konnten in der Stadt bleiben, um die Monster aus sicherer Entfernung in den Parks, Streichelzoos und Ähnlichem zu bestaunen. Und gleichzeitig konnten sie Cloudburst Falls bewundern, das insgesamt an einen kitschigen Mittelaltermarkt erinnerte.
Ein Stück unter den Wolken breiteten sich Herrenhäuser aus weißem, grauem und schwarzem Stein über die Flanken des Berges aus. Die Lichter in ihren Fenstern glitzerten wie Sterne. Tagsüber hätte ich die Fahnen mit den Wappen sehen können, die auf den Türmen innerhalb der weitläufigen Anwesen gehisst worden waren. Die Farben und Symbole standen für die Familien – oder Mafiabanden –, die in dieser Stadt das Sagen hatten, zusammen mit anderen Magiern.
Doch es gab zwei Mafiabanden, die im wahrsten Sinne des Wortes über allen anderen standen – die Sinclair-Familie und die Draconi-Familie. Ihre Herrenhäuser waren am größten, eindrucksvollsten und lagen am höchsten auf dem Berg – das der Sinclairs auf der Westflanke, das der Draconis auf der Ostflanke.
Sie standen auch über mir. Auch wenn ich nur wenig Respekt für die Sinclairs und die Draconis und ihre ständigen Fehden aufbrachte. Doch das galt eigentlich für jeden. Man konnte kaum die Jobs erledigen, die ich so durchzog, und dabei groß Regeln folgen. Noch weniger konnte man sich darum kümmern, wen man gegen sich aufbrachte, wenn man die Regeln brach.
Trotzdem achtete ich immer darauf, mich möglichst unauffällig zu verhalten – aus den verschiedensten Gründen. Das bedeutete, nicht von den Familien zu stehlen. Zumindest nicht von ihren prominentesten Mitgliedern. Ihre Handlanger dagegen, wie der Buchhalter, den ich heute Nacht bestohlen hatte, waren Freiwild.
Mich von den Familien fernzuhalten war so ungefähr die einzige Regel, die ich befolgte. Schließlich gab es jede Menge reicher Leute in der Stadt, die ich ausrauben konnte, ganz zu schweigen von all den Touristen, die gewöhnlich erst in ihren Hotelzimmern bemerkten, dass ihre Geldbeutel, Kameras und Handys fehlten.
Mo ging manchmal auf den Berg, um seine unzähligen unrechtmäßig erworbenen Waren an jede Familie zu verkaufen, die ihn durchs Tor ließ. Ich schloss die Finger um die Schatulle in meiner Tasche und fragte mich, an wen er wohl die Kette verkaufen wollte. Wahrscheinlich an irgendeinen Familientrottel, der nach einem Geschenk Ausschau hielt – oder jemanden bestechen musste.
Die Ampel schaltete um, und ich überquerte die Straße. Gleichzeitig verdrängte ich jeden Gedanken an die Sinclairs, Draconis und die anderen Familien aus meinem Kopf.
Je weiter ich nach Westen kam, desto dünner wurde der Verkehr auf den Straßen und desto weniger magisch und schick wirkte die Umgebung. Die hell erleuchteten Läden verschwanden und wurden von heruntergekommenen Reihenhäusern ersetzt. Dies als den schlechten Teil der Stadt zu bezeichnen, wäre noch zu freundlich gewesen, da selbst zusammengeklebte Streichhölzer wahrscheinlich stabiler gestanden hätten als die meisten der Gebäude in diesem Viertel. Fast bei jedem Haus, das ich passierte, waren Stufen eingebrochen, die Veranden hingen schief, und große Löcher klafften in den Dächern, als wäre etwas vorbeigekommen und hätte Stücke aus dem matten, verwitterten Metall gebissen.
Vielleicht war es ja sogar so. Zusätzlich zu Menschen und Magiern bildeten Monster den dritten, wenn auch kleinsten Teil der Bevölkerung von Cloudburst Falls. In diesem Teil der Stadt waren sie keineswegs selten. All diese heruntergekommenen Häuser, vernagelten Ladengeschäfte und leer stehenden Lagerhäuser boten wunderbare Verstecke, in denen sich etwas zusammenrollen konnte, um darauf zu warten, dass der nächste Tourist vorbeischlenderte.
Ich war die einzige Person auf der Straße, also zog ich mein Schwert und ließ den Blick meiner blauen Augen von rechts nach links huschen, um in die Schatten zu spähen, die dank der zerstörten Straßenlaternen den Gehweg einhüllten. Die Dunkelheit störte mich allerdings kaum, was ich meinem Sichttalent verdankte. Ich konnte trotzdem alles deutlich sehen.
Wie alles andere wurde auch die Magie von der Zahl drei beherrscht. Es gab drei große Kategorien der Macht – Stärke, Geschwindigkeit und Sinne. Die letzte Kategorie teilte sich wiederum in Sicht, Geruch, Klang, Geschmack und Berührung. Fast alle Talente waren Variationen dieser drei Bereiche – ob es nun um die Fähigkeit ging, ein Auto mit einer Hand hochzuheben, sich schneller zu bewegen als eine zustoßende Schlange, oder auf dreißig Meter Entfernung zu hören, wie eine Münze zu Boden fiel. Und als wäre das alles noch nicht genug, waren manche Leute auch dazu fähig, ihre Magie zu rufen, um Feuerbälle, Blitze oder giftige Wolken in den Händen zu halten, sodass jeder ihre Macht sehen und fühlen – und von ihr verletzt werden konnte.
Zusätzlich gab es drei Stufen der Begabung: mindere Macht, moderate Macht und bedeutende Macht – je nachdem, wie stark die individuelle Magie war und wie viele verschiedene Dinge man damit anstellen konnte. Die meisten Leute fielen in die ersten beiden Kategorien, doch manche Talente wurden automatisch als bedeutende Macht eingestuft, weil sie so selten, mächtig oder beides waren.
Eigentlich waren wir Magier sozusagen Zirkusfreaks, die fähig waren, erstaunliche Dinge mit ihren Körpern anzustellen. Starke Frauen, schnelle Männer, Leute, die ihre Gliedmaßen in die unmöglichsten Haltungen verdrehen, mit einer Handbewegung Illusionen erzeugen oder ihr Aussehen verändern konnten, indem sie nur daran dachten. Dazu gab es Monster statt Löwen und Tiger. O Mann.
Sicht war ein recht häufiges Talent, zusammen mit den anderen verstärkten Sinnen. Doch es gehörte auch zu den nützlicheren Talenten. Auf jeden Fall war es besser als eine Begabung für Geruch. Der Gestank des Müllbergs an einer Häuserecke sorgte dafür, dass ich angewidert die Nase rümpfte. Ich konnte mir nicht mal vorstellen, wie viel schlimmer dieser Gestank auf einen magisch verstärkten Geruchssinn wirken musste.
Ich ließ die Reihenhäuser hinter mir und trat auf das Kopfsteinpflaster der Brücke, die sich über den Bluteisen-Fluss zog. In einen Stein, der in die hüfthohe Säule am linken Ende der Brücke eingelassen war, waren drei X geritzt worden. Eine deutliche Warnung: Hier Monster.
Ich hielt in der Mitte der Brücke an, kurz bevor ich den Scheitelpunkt erreicht hatte, sah über die Steinbalustrade und lauschte. Doch ich hörte und sah nichts abgesehen vom leisen Plätschern des Flusses unter mir. Kein metallisches Schlagen, keine Krallen, die über den Stein kratzten, kein Monster, das sich in Erwartung eines leckeren Bissens die Lefzen leckte. Entweder das Lochness, das unter der Brücke wohnte, glitt gerade durch den Fluss wie der schwarze, riesige Oktopus, dem es ähnelte, oder es tat sich bereits an seinem heutigen Abendessen gütlich.
Ich dachte darüber nach, die Brücke zu überqueren, ohne den üblichen Zoll zu zahlen. Doch ich wollte nichts riskieren. Außerdem war es nur höflich, den Tribut zu entrichten. Meine Mutter hatte großen Wert darauf gelegt, den Zoll zu bezahlen, die alten Traditionen zu achten und jeder Kreatur – ob nun Mensch, Magier oder Monster – den Respekt zu zollen, den sie verdiente. Besonders denjenigen, die einen mit einem Happs verschlingen konnten.
Also grub ich die drei Vierteldollarmünzen aus meiner Tasche. Ich legte die Münzen auf einen glatten Stein genau in der Mitte der Brücke, der ebenfalls mit den drei X gekennzeichnet war.
Ziemlich billig, wenn ich so darüber nachdachte. Besonders wenn man die Mondpreise bedachte, die Touristen wie Einheimische überall sonst in der Stadt zahlten. Ich hätte dem Monster auch den zerknüllten Fünf-Dollar-Schein in meiner Tasche geben können, doch dieses Lochness bevorzugte aus irgendwelchen Gründen Kleingeld. Vielleicht, weil die Münzen als perfekte silberne Kreise im Mondlicht glänzten. Auch wenn
ich keine Ahnung hatte, was das Wesen damit anfangen wollte. Eventuell schleppte das Lochness das Geld in eine versteckte Höhle, häufte es zu einem Hügel auf und schlief darauf, wie Drachen es in den alten Märchen immer mit Gold, Edelsteinen und anderen Kostbarkeiten taten.
Das Lochness war nicht das einzige Monster in der Stadt. Und jedes Scheusal forderte eine andere Art von Tribut, damit es Wanderer sicher passieren ließ. Meistens waren es nur kleine Dinge wie eine Haarlocke, ein Blutstropfen oder ein Schokoriegel. Letzteres galt für Baumtrolle. Anscheinend hatten sie eine Schwäche für Zucker. Und wenn ein paar Münzen oder ein Schokoriegel verhindern konnten, dass etwas mich angriff, umbrachte und auffraß, war es sinnvoll, mitzuspielen und nett zu sein.
Nachdem ich den Tribut gezollt hatte, drehte ich mich um und ging weiter über die Brücke …
Klimper. Klimper. Klimper.
Meine Schritte stockten, und ich packte den Knauf meines Schwertes fester. Mühsam widerstand ich der Versuchung, einen Blick über die Schulter zu werfen, um zu sehen, was meine Münzen von dem Stein genommen hatte.
Manchmal, Talent hin oder her, war es besser, gewisse Dinge nicht zu sehen.

Jennifer Estep

Über Jennifer Estep

Biografie

Jennifer Estep ist SPIEGEL- und internationale Bestsellerautorin und immer auf der Suche nach ihrer nächsten Fantasy-Romanidee. In ihrer Freizeit trifft sie sich gerne mit Freunden und Familie, macht Yoga und liest Fantasy- und Liebesromane. Außerdem sieht sie viel zu viel fern und liebt alles, was...

Pressestimmen
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„Rundum gelungener Auftakt der neuen Fantasyreihe von Bestseller-Autorin Jennifer Estep. Packendes und innovatives Setting und herzerwärmende Charaktere mit viel Biss und Charme. Einfach absolut lesenswert!“

Bremer Stadtmagazin

„Jennifer Estep ist eine der verlässlichsten Autorinnen dieses Genres. Sie hat ein offensichtliches Talent für schnelles, angenehmes, humorvolles Entertainment.“

lebensleseliebelust.blogspot.de

„Für mich ist ›Black Blade – Das eisige Feuer der Magie‹ ein stimmiger, jugendlicher, magischer und sehr unterhaltender Start einer Jugendfantasyreihe.“

bookaholic-solittletime.blogspot.de

„Durch gut gesetzte Rückblicke hat Jennifer Estep Spannung aufgebaut, durch die ich, als Leser, das Buch nicht zur Seite legen konnte!“

booknaerrisch.blogspot.de

„Besonders toll finde ich den Schreibstil der Autorin, der, wie bereits in früheren Werken der Autorin, lebhaft und mit viel Fantasie, die Dinge in Szene setzt.“

booksandjournal.blogspot.de

„Die Mischung aus Magie und heutiger Zeit und die Einbindung von diversen Wesenheiten und Geschichten machen die Geschichte zu etwas ganz Besonderem.“

books-are-fantastic.blogspot.de

„Nur Lilas Zunge ist noch schneller als ihr Schwert – ich bin fasziniert von ihr.“

buecherduft.blogspot.de

„Mit tollen Ideen und Wendungen schafft die Autorin ein kleines Abenteuer für die Protagonisten, aber auch für ihre Leser.“

dierabenmutti.de

„›Black Blade‹ ist ein wunderbarer, fantasievoller Auftakt einer neuen Reihe, der mit spannenden Ereignissen und vielen interessanten Charakteren glänzt. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!!“

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„Dem Buch fehlt an nichts! Die Geschichte wird spannend erzählt, beinhaltet tolle Charaktere und lässt sich sehr gut lesen.“

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„Die Charaktere wurden authentisch, sehr liebevoll und gefühlvoll dargestellt, man schließt sie unweigerlich ins Herz.“

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„Was mich am allermeisten begeistert hat, ist der Ideenreichtum der Autorin. Sie fügt in ihr ohnehin schon großartiges Setting imponierende Wesen ein, die die gesamte Handlung abrunden.“

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„›Black Blade‹ ist auf jeden Fall ein starker Auftakt gewesen. Von der Idee bis hin zur Umsetzung wurde einfach alles richtig gemacht.“

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„inhaltlich packend, rasant aufgezogen und verwöhnt durch markante Kampfbeschreibungen.“

jennybuecher.blogspot.de

„Die Handlung des Buches fand ich unglaublich spannend (…) Während des Lesens habe ich kontinuierlich mitgerätselt und doch wurden meine Ideen und Ahnungen permanent von der Autorin über den Haufen geworfen.“

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