Break the Ice (Winter Games 3) Break the Ice (Winter Games 3) - eBook-Ausgabe
Roman
— Heiße Friends-to-Lovers Winter Romance der USA Today Bestseller-AutorinBreak the Ice (Winter Games 3) — Inhalt
Verlieb dich nicht in deine beste Freundin – Das Finale der Winter-Romance-Serie der Bestseller-Autorin für Fans von Hannah Grace und Ayla Dade
Zu dieser Zeit des Jahres hänge ich normalerweise mein Snowboard weg und entspanne mich. Aber nicht dieses Jahr. Dieses Jahr muss ich mit dem umgehen, was mir das Schicksal bei den Winterspielen beschert hat – nein, nicht Gold. Einen gebrochenen Arm.
Weil ich meiner Familie nicht nahestehe, komme ich in der Blockhütte meiner besten Freundin Skylar unter. Allerdings kann es die Gefühle ganz schön durcheinanderbringen, wenn deine großartige, attraktive Single-Freundin sich um dich kümmert. Deshalb habe ich mich entschieden, ihr zu helfen, sich einen festen Freund zu suchen. Ja, richtig gehört. Ich werde mich durch die Datingapps wühlen und den perfekten Mann für sie finden. Der beste Weg, um mich an meinen Platz in ihrem Leben zu erinnern, oder?
Ich kann damit umgehen. Ich kenne mich mit Schmerzen aus. Ich bin immer noch ein olympischer Wintersportler!
Alle Bände der Winter Games-Reihe:
Band 0/Novella: Iced Out
Band 1: Cold as Ice
Band 2: On thin Ice
Band 3: Break the Ice
Leseprobe zu „Break the Ice (Winter Games 3)“
Kapitel Eins
Manchmal weiß man einfach, ob eine Person es wert ist, Zeit mit ihr zu verbringen, selbst wenn man noch nie ein Wort mit ihr gewechselt hat. Es kann sich um eine kurze Begegnung oder um reine Beobachtungen handeln. Bedankt sie sich bei der Kassiererin für das Wechselgeld? Hält sie der Person hinter sich die Tür auf? Nimmt sie sich einen Penny aus dem Glas oder fügt sie einen hinzu?
Menschen können echt mies sein. Ich werde nicht in das Thema schreckliche Kindheit eintauchen oder euch erzählen, dass ich es vermutlich schwerer hatte als die [...]
Kapitel Eins
Manchmal weiß man einfach, ob eine Person es wert ist, Zeit mit ihr zu verbringen, selbst wenn man noch nie ein Wort mit ihr gewechselt hat. Es kann sich um eine kurze Begegnung oder um reine Beobachtungen handeln. Bedankt sie sich bei der Kassiererin für das Wechselgeld? Hält sie der Person hinter sich die Tür auf? Nimmt sie sich einen Penny aus dem Glas oder fügt sie einen hinzu?
Menschen können echt mies sein. Ich werde nicht in das Thema schreckliche Kindheit eintauchen oder euch erzählen, dass ich es vermutlich schwerer hatte als die meisten anderen Leute. Mitleid hasse ich noch mehr als die Schweizer. Entspannt euch, ich meine die Snowboarder, nicht Menschen aus der Schweiz im Allgemeinen.
Aber zurück zum Thema. Wer behauptet, überlistet oder in die Irre geführt zu werden, ist einfach nicht gut darin, die nonverbalen Signale anderer Menschen zu entschlüsseln. Wie zum Beispiel ich bei meiner ersten Begegnung mit Skylar Walsh.
Ich saß mit meinen neuen Teamkollegen Grady und Dax in einer Bar. Die beiden musterten sie neugierig, als sie mit ein paar anderen Skifahrerinnen hereinkam. Unsere Mannschaft war bei einer Promo-Veranstaltung, und als der Neue in der Runde kannte ich noch nicht viele Leute.
„Würg! Demi Harrison.“ Dax trank sein Bier aus. „Überrascht mich, dass sie ihre Ansprüche herunterschraubt und diesen Laden betritt.“
Es handelte sich um ein heruntergekommenes Après-Ski-Lokal, dessen Daseinszweck allein darin bestand, sich mit Unmengen Alkohol das Blut in den Adern aufzuwärmen. Die Einrichtung bestand komplett aus Holz, und das Licht war schummrig, aber irgendwie gefiel es mir. Ich fand es gemütlich.
„Die ist süß“, sagte ich über das Mädchen mit den hochgesteckten kastanienbraunen Haaren und den grünen Augen, die zu leuchten schienen, wenn sie mit ihren Freundinnen sprach. Tatsächlich war sie nicht nur süß, sondern richtig heiß. Aber es war nicht Demi, die mir zuerst auffiel, sondern die Brünette neben ihr. Sie hatte ein hinreißend offenes Lächeln, und ich hatte das Gefühl, die heiße Sommersonne schiene mir ins Herz.
„Dax wollte mal was von ihr … ging aber nicht gut“, sagt Grady und lehnt sich mit dem üblichen finsteren Blick im Sessel zurück. Keine Ahnung, ob ich den Typen schon mal hatte lächeln sehen, seit ich ihn vor zwei Monaten kennengelernt hatte. Wie ich hörte, hatte sein Freund, Brandon Salter, einen Unfall, was Grady psychisch ziemlich fertiggemacht hat. Die Erfahrung hat mich gelehrt, besser den Mund zu halten. Ich bin nicht zum ersten Mal der Neue. Man wartet ab, bis die Leute einen von selbst in ihre persönlichen Dramen einweihen, man drängt sie nicht dazu.
„Was ist mit der Frau neben ihr?“, fragte ich, aber keiner der beiden antwortete.
„Skylar Walsh“, sagte Grady schließlich. „Skifahrerin.“ Er trank sein Glas aus und signalisierte dem Barkeeper, ihm ein neues zu bringen.
Das anschließende Schweigen verstand ich als Hinweis darauf, dass sie einen guten Ruf hatte, was ich absolut faszinierend fand. Während ich bei meinen neuen Freunden saß, beobachtete ich sie. Sie hatte ein ansteckendes Lächeln und gestikulierte lebhaft, als sie den anderen Mädels irgendetwas erzählte, woraufhin diese lachend den Kopf zurückwarfen. Allerdings beanspruchte sie nicht die ganze Aufmerksamkeit für sich, denn als eine der anderen etwas sagte, hörte sie zu und ließ die Hand auf dem Unterarm des Mädchens ruhen. Ihr Blick klebte nicht am Handy, sondern sie schenkte ihren Freundinnen ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.
Die Kellnerin kam, und die Mädels begrüßten sie, indem sie sie beim Namen nannten. Sie gaben ihre Bestellungen auf und bedankten sich. Skylar sagte danke, als die Kellnerin ihr das Getränk brachte, und zwar mit Augenkontakt. Was heutzutage nicht gerade selbstverständlich ist. Aber das war nicht der Grund, warum ich sie anziehend fand.
Wir tranken weiter … also, Grady und ich. Dax streifte durch das Lokal und unterhielt sich mit ein paar Typen und Mädels. Ich schwöre, der Bursche kannte jeden Einzelnen dort. Okay, Grady kannte auch alle, aber im Gegensatz zu Skylar knurrte er nur, wenn ihn jemand begrüßte und ihm freundschaftlich auf den Rücken klopfte.
Als Skylar und Demi das Lokal verließen, war es draußen noch immer verdammt kalt. Der Wind hatte uns davon abgehalten, den Tag auf dem Board zu verbringen. Die beiden drängten sich zusammen, zogen die Reißverschlüsse ihrer Jacken bis zur Nase hoch, setzten ihre Mützen auf und streiften sich die Handschuhe über, ehe sie hinausgingen. Demi hielt Skylar die Tür auf. Skylar schob sich durch einen schmalen Spalt und drückte die Tür dann rasch wieder zu, damit den Gästen keine kalte Luft entgegenschlug.
Ich war sprachlos. Wahrscheinlich wäre diese Geste für die meisten Leute zu unbedeutend, um sie auch nur zu bemerken, aber mir verriet sie, was für eine Sorte Mensch dieses Mädchen war. Ich bin in meinem Leben vielen fiesen Typen und noch mehr Zicken begegnet. Skylar Walsh war unglaublich nett und rücksichtsvoll, sie würde mir auf keinen Fall eine reinwürgen. Trotzdem versuchte ich, weder der Enge in meiner Hose noch ihrer offensichtlichen Schönheit Beachtung zu schenken, denn ich wusste, sie war kein Mädchen, das Sex und Freundschaft vermischen würde. Und zu diesem Zeitpunkt war mir eine vertrauenswürdige Freundin zehnmal lieber als ein beliebiger One-Night-Stand.
Als ich nun, vier Jahre später, auf ihrer Couch sitze, frage ich mich, was aus dieser Skylar geworden ist.
Kurz darauf kommt sie wieder ins Zimmer und wirft mir eine Wasserflasche zu. Ich beschließe, den Gedanken zu ignorieren, dass sie möglicherweise auf meinen Kopf gezielt hat. „Wo ist nur meine nette Krankenschwester geblieben?“, frage ich. Meine Füße liegen auf dem gepolsterten Hocker vor der Couch, ein Arm steckt in einer Schlinge und ist mit frischen Nägeln versehen, damit meine Knochen Gesellschaft haben.
„Die nette Schwester ist gegangen, als du dich in einen erbärmlichen, selbstherrlichen Jammerlappen verwandelt hast. Reiß dich zusammen, Myers.“ Skylar setzt sich wieder an den Küchentisch, auf dem ihr Laptop steht.
Während des Heilungsprozesses wohne ich in ihrem Elternhaus in Chicago. Ihre Mom und ihr Dad sind zum Glück in Arizona. Ich liebe sie, und sie behandeln mich wie ihren eigenen Sohn, aber nach den Classics brauche ich von Familien jeder Art ein bisschen Abstand.
„Tja, sorry, ich hab mir nun mal den Arm gebrochen … und dir den Arsch gerettet. Ist da ein bisschen Mitgefühl wirklich zu viel verlangt?“
Sie mustert mich aus schmalen Augen, nimmt ihr langes dunkles Haar nachlässig zu einem Pferdeschwanz zusammen und schiebt sich die Strähnen, die zu kurz für das Haargummi sind, hinter die Ohren. Diese Übersprungshandlung verrät mir, dass sie die Boxhandschuhe übergestreift hat und wir gleich ein paar Runden miteinander kämpfen werden. In ihrem Elternhaus eingesperrt zu sein, unfähig, Spaß zu haben … nicht gerade das, was ich mir für die Zeit nach den Classics vorgestellt habe, und allmählich fällt mir die Decke auf den Kopf.
„Dann wäre es dir also lieber, wenn ich mir den Arm gebrochen hätte?“
Hätte ich mir doch bloß einfach einen Film angeschaut.
„Ein winzig kleines Dankeschön ist doch nicht so schwer.“
Sie hebt beide Hände und murmelt etwas Unverständliches, dann ballt sie die Fäuste. „Ich werde dich nicht bemuttern, Beck. Ich habe dich nach deiner OP zur Erholung mit nach Hause genommen, weil ich dich liebe und weil du mein Freund bist. Pass auf, dass ich meine Entscheidung nicht bereue.“ Ohne auf meine Antwort zu warten, richtet sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Laptop und die verdammten Bewerbungen um einen Studienplatz, die ihr wichtiger sind als ich.
Wo ist das liebe Mädchen geblieben, das Türen schließt, damit Fremde nicht frieren müssen?
„Vielleicht ziehe ich lieber in ein Hotel um.“ Ich tue so, als wollte ich mich aufsetzen, wobei ich mich hinaufschieben muss, weil ich nur einen Arm zur Verfügung habe.
„Du solltest froh sein, dass deine Nichten nicht hier sind.“
Sie schnappt sich ihren Laptop, kommt auf die Couch zu und nimmt darauf Platz, sodass ihre in Socken steckenden Füße neben meinen landen. Ich stoße sie sanft mit dem Fuß an. Nichts. Noch einmal. Sie wirft mir einen Seitenblick zu. Beim dritten Mal bricht das Eis. Als sie mich anschaut, muss sie ein Lächeln unterdrücken.
„Tut mir leid. Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du das Kindermädchen für mich spielst“, sage ich und lege ihr den gesunden Arm um die Schultern.
Sie versetzt mir einen spielerischen Schlag in die Magengrube. „Und ich weiß, wie schwer es für dich ist.“
Darum kommen Skylar und ich so gut miteinander klar. Eine feste Freundin hätte noch ewig die Beleidigte gespielt, und ich hätte ihr Blumen schicken müssen oder so. An Skylar perlt alles genauso schnell ab wie an mir. Das Leben ist viel zu kurz, um es sich von so einem Mist vermiesen zu lassen.
„Und komm mir nicht wieder mit dem Hotel.“ Ihre dunklen Augen werden schmal.
Leise lachend ziehe ich sie an mich und drücke ihr einen Kuss auf den Scheitel. „Wie laufen die Bewerbungen?“
Sie zuckt mit den Schultern.
„Und das Skifahren?“
Ich dachte immer, Skylar wäre wie ich, und wir würden versuchen, zum amerikanischen Ski- und Snowboardingteam zu gehören, bis wir uns einen irreparablen Knochenbruch zuziehen oder eines Tages nicht mehr die geforderte Leistung bringen können. Und nun redet sie von Universitäten, wobei die Krönung ist, dass sie ernsthaft in Erwägung zieht, sich wieder dauerhaft in Chicago niederzulassen. Sie wäre also nicht mehr nur eine Meile von mir entfernt, sondern tausende. Mathe und Geografie sind nicht gerade meine Stärken. Wenn es hingegen darum geht, nach dem Absprung von der Rampe durch die Luft zu fliegen und sicher auf den Füßen zu landen, gehöre ich zu den Besten der Besten.
Skylar kaut auf der Innenseite ihrer Wange herum. „Ich weiß nicht, ob ich weitere vier Jahre Training und komplette Hingabe an den Sport auf diesem Level packe. Und das Alter arbeitet auch gegen mich.“
„Du bist fünfundzwanzig“, entgegne ich.
Ihre Finger fliegen über die Tastatur. Skylar hat es anders gemacht als die meisten von uns und neben dem Skifahren das College abgeschlossen, was zeigt, wie viel tatkräftiger als meine Wenigkeit sie ist.
Die High School hat mir gereicht, und über meine Zukunft mache ich mir kaum Gedanken. Einem Pflegekind kommt die Zukunft eher wie ein unerwartetes Geschenk vor … Es gibt für nichts eine Garantie, und man ist froh, wenn man einfach nur den Tag übersteht. Man lebt tatsächlich von Tag zu Tag.
„Du bist praktisch noch ein Baby, Sky.“
Ihr Blick ist nach wie vor auf den Laptop gerichtet, und ich merke, dass ich ihre Aufmerksamkeit verloren habe, denn im Gegensatz zu mir bereitet sie sich gerade auf ihre Zukunft vor.
Für mich ähnelt die Zukunft ein paar dunklen Wolken, die am Rand meines Gesichtsfelds lauern, während der Himmel über mir noch blau ist. Sie ist da, und ich weiß, dass sie kommen wird, aber manchmal schließe ich einfach die Augen und lasse mich von der Sonne bescheinen. Unwissenheit ist tatsächlich ein Segen, und wer sich diesen Spruch ausgedacht hat, sollte Bill Gates im Kampf um den Titel des schlausten Menschen der Welt herausfordern. Ich bin mir sicher, dass es klügere Menschen als Bill Gates gibt, aber ich kenne ihre Namen nicht, verdammt.
Skylar kennt sie vermutlich.
„Was hast du gesagt?“ Sie schaut kurz zu mir herüber, ehe sie den Blick erneut auf den Bildschirm richtet.
Ist es etwa Donnergrollen, was ich dort in der Ferne höre?
Kapitel Zwei
„Das habe ich alles schon mal gesehen, Beck“, sagt Skylar, die ins Badezimmer geflitzt kommt, um sich die Haare zu machen, während ich in der Wanne sitze. Es hat zwanzig Minuten gedauert, bis ich endlich drin war, ungelogen. Okay, ich übertreibe, aber mit einem gebrochenen Arm in der Badewanne zu sitzen ist ungefähr so einfach, wie in einem Teerhaufen mit einem Schwein zu ringen.
Der Nachteil an ihrem Elternhaus ist, dass es dort nur ein Bad gibt. Jep. Wer begnügt sich denn heute noch mit nur einem Badezimmer?
„Du solltest deinen Eltern dringend ein Haus mit zwei Bädern kaufen.“ Ich beuge mich vor und ziehe den Duschvorhang so weit zu, dass nur die obere Hälfte meines Körpers zu sehen ist. Skylar hat meinen Schwanz schon mal gesehen, aber nicht auf die Art, wie ihr es euch mit eurer schmutzigen Fantasie vorstellt. Sagen wir, es ist nicht das erste Mal, dass wir einander gesund pflegen. Umgekehrt habe ich ihre Titten auch schon gesehen. Na ja, jedenfalls von der Seite. Aber nicht ihren Unterkörper, in dieser Hinsicht ist sie sehr schreckhaft.
Sie hört auf, sich den Lidstrich zu ziehen, und sagt spöttisch: „Klar, sobald ich die Studiengebühren bezahlt habe. Schon vergessen? Nur Bronze.“ Sie hebt die freie Hand. Ich finde es schrecklich, dass sie so tut, als wäre eine Bronzemedaille weniger wert, als Homecoming Queen zu sein. Ich sage es ihr nicht, aber ich habe den Verdacht, dass dies einer der Gründe ist, warum sie ein Studium plötzlich für eine großartige Idee hält.
„Bronze ist der Hammer“, erwidere ich und betrachte sie im Spiegel. Sie trägt zu viel Make-up. Am hübschesten ist sie ungeschminkt und mit geröteten Wangen draußen auf der Skipiste.
„Sagt der Gewinner der Silbermedaille.“
„Sky, sei nicht so streng mit dir. Sieh doch nur, wie viele von uns mit leeren Händen nach Hause gekommen sind.“
Sie verdreht die Augen, dann legt sie Lidschatten auf. Noch mehr Zeug, unter dem ihr Mädchen-von-nebenan-Gesicht verschwindet. Es wäre Zeitverschwendung, mich mit ihr über dieses Thema zu streiten. Bei den letzten Classics habe ich überhaupt keine Medaille geholt, und es ging mir genau wie ihr. Es nervt, aber deswegen gleich aufhören? Auf keinen Fall. Das passt weder zu mir noch zu Skylar. Sie glaubt, dass sie hier in Chicago, wo keine Berge in Sicht sind, glücklicher sein wird, aber ich bin mir sicher, dass sie sich irrt.
„Kann man in dieser Gegend irgendwo anständig Ski fahren?“
„Eigentlich nicht. In Wisconsin und Michigan gibt es ein paar Orte, aber es ist dort nicht wie in den Bergen.“
Vielleicht sind meine geografischen Kenntnisse ja besser, als ich gedacht habe. Wusste ich doch, dass es hier keine Berge gibt.
„Und was willst du machen, wenn du an der Uni bist und dich die Lust aufs Skifahren überkommt? Nach Wisconsin fahren und den Anfängerhügel hinunterrasen?“
Sie klappt das Lidschattenkästchen zu und lehnt sich mit der Hüfte an den Waschtisch. „Versuch bloß nicht, mich zu überreden.“
Ich hebe die gesunde Hand aus dem Wasser. „Ich helfe dir nur, alle möglichen Szenarien zu durchdenken.“
Skylar dreht sich wieder um und fängt an, eine weitere Schicht von irgendwelchem Mist aufzutragen, den sie nicht braucht. Nach kurzem Schweigen sagt sie: „Dann komme ich dich besuchen.“
„Das klingt, als hättest du deine Entscheidung bereits getroffen.“
„Nein, Beck, habe ich nicht. Ich weiß, dass du dir Sorgen machst und nicht willst, dass wir uns voneinander entfernen.“ Sie packt ihre Schminkutensilien in eine Tasche, setzt sich auf die Toilette und sieht mich durchdringend an. „Aber zwischen uns wird sich nichts ändern bis auf die räumliche Distanz.“
Womit sich alles verändern wird.
Sie greift nach der Mülltüte, mit der ich eigentlich meinen Arm schützen sollte, kniet sich auf die Fliesen neben der Wanne und legt sie mir an. „Du darfst nicht nass werden. Warum hast du die Tüte nicht benutzt?“
„Ist nicht so einfach mit einem Arm“, sage ich und zucke mit der gesunden Schulter.
„Dafür hast du doch mich, ich helfe dir.“
Sie sieht sich nach einem Gummiband um, aber das letzte ist vor zwei Tagen gerissen, darum löst sie nun ihren Pferdeschwanz. Die Haare fallen ihr über die Schultern wie in einer Shampoowerbung. Mein Blick verweilt auf ihrem Haar, und ich frage mich, wie es sich anfühlen würde, mit den Fingern hindurchzufahren … Aber dazu wird es nicht kommen.
Es gibt ein paar Dinge, die ich niemals tun werde, weil ich damit riskieren würde, die zarte Linie zwischen Freundschaft und am Ende mit gar nichts dazustehen, zu übertreten.
„Wenn das so ist, kannst du mich dann auch waschen?“
Sie gibt mir einen Klaps auf den Hinterkopf. „Du schließt den Duschvorhang, damit ich deinen Penis nicht sehe, und dann willst du von mir gewaschen werden?“
„Ich mache gerade eine Dürreperiode durch.“
Lachend steht sie auf.
„Wäschst du mir die Haare?“, frage ich, als sie gerade aus dem Raum huschen will.
„In Ordnung“, sagt sie und kommt zurück.
Erneut geht sie auf die Knie, und ich rutsche in der Wanne nach hinten und lege den Kopf zurück, damit sie leichter rankommt und ich meine Kronjuwelen besser verstecken kann.
Sie drückt sich einen Klecks Shampoo in die Hand, schäumt es mit beiden Händen auf und massiert mir damit die Kopfhaut. Sie macht es besser als jeder Friseur, und angesichts des friedvollen Gefühls, das mich überkommt, schließe ich die Augen.
Wir schweigen beide, aber sie lässt sich Zeit. Sie taucht die Haarwasch-Schüssel ihrer Nichte Molly ins Wasser, gießt es mir über den Kopf und hilft mit den Fingern nach, um den Schaum auszuspülen. Ihre Brust streift meinen Arm, und zigtausend Pfeile, die sich wie elektrischer Strom anfühlen, rasen direkt auf meinen Schwanz zu. Skylar Walshs Brust hat meinen Arm schon häufiger gestreift, als der Papst das Ave Maria betet. Warum beschließt mein Schwanz, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist, darauf zu reagieren? Ich verlagere ein wenig das Gewicht, aber es nützt nichts. Ich kann die Tatsache nicht verbergen, dass er aus dem Wasser emporschießt wie ein auftauchender Wal, verdammt.
Vielleicht war das mit dem Waschen doch keine so gute Idee.
Ihre Hände bewegen sich nun schneller, und ich ziehe die Knie an und hoffe inständig, dass sie nichts bemerkt. Als sie fertig ist, sehnt sich mein Körper bereits heftig nach ihrer Gesellschaft, aber sie steht auf und trocknet sich die Hände ab. „Wenn du Hilfe beim Aussteigen brauchst, ruf mich.“
Hat sie die veränderte Energie auch gespürt?
„Geht schon, danke.“
Sie sagt nichts, und gleich darauf höre ich sie die Treppe hinuntergehen. Zum Glück. Auf diese Art kann ich mir in Ruhe den harten Schwanz abtrocknen.
Ich rutsche wieder hinauf, lege den Arm auf den Rand der Wanne und lehne den Kopf an die warmen Fliesen. Als ich die Augen schließe, herrscht Chaos in meinen Gedanken. Vermutlich kämpft die Verletzung mit meinem Sexualtrieb.
Ich höre, wie sich die Haustür öffnet, jemand mit leichten Schritten hereingerannt kommt und die Tür wieder ins Schloss fällt.
„Tante Sky! Tante Sky!“, ruft ihr Neffe Caiden.
„Tante Sky!“, schreit Molly.
Mist. Zoe und ihre Kinder sind da.
„Hallo“, begrüßt Skylar die Besucher und bückt sich jetzt vermutlich, um die Kinder hochzuheben. Ihre Nichte und ihr Neffe bedeuten ihr sehr viel.
„Wo ist Beckett?“, fragt Zoe.
Verdammt. Skylar hat die Tür offen gelassen. Ich suche nach etwas, um mich zu bedecken. Die Handtücher sind zu weit weg, und wenn ich nicht den geblümten Duschvorhang herunterreißen will, den Mrs Walsh selbst genäht hat, als ihre Kinder noch klein waren – eine lange und langweilige Geschichte –, habe ich verdammt noch mal Pech gehabt.
Mit dem gesunden Arm stützte ich mich auf den Rand der Wanne und knurre vor Anstrengung, als ich auf die Füße zu kommen versuche.
„Er ist oben. Er kommt gleich runter.“
Die Schritte trappeln so schnell die Treppe herauf, wie mein Herz schlägt. Mit voller Armkraft knalle ich die Tür zu.
„Nein!“, ruft Molly, die davor angekommen ist.
„Setzt euch hin, ihr beiden. Onkel Beckett ist gleich da“, sagt Skylar, die ihnen offensichtlich in den ersten Stock gefolgt ist.
Erleichtert atme ich durch und verlangsame meine Bewegungen, um mir nicht ein Bein oder auch noch den anderen Arm zu brechen.
Ich höre, wie Skylar und Zoe endlos über die Ergebnisse der Classics und über die Tatsache jammern, dass ihre Eltern in Arizona sind. Zoe beschwert sich, weil die Eltern von Vin, ihrem Mann, darauf bestanden haben, dass sie Rumaki – Hühnerleber mit Wasserkastanien – mitbringt.
O ja, ich konnte Zoes Schwiegereltern immer schon gut leiden.
Das Knistern von Folienverpackungen tut mir in den Ohren weh, denn ich weiß, dass diese kleinen Ferkel all die köstlichen, in Bacon eingewickelten Wasserkastanien aufessen werden. Mein Magen knurrt. Das ist das Beste, wenn die Classics vorbei sind: Ich kann endlich essen, was immer ich will.
Meine Schritte in Richtung des Handtuchhalters bekommen etwas Dringliches, denn ich weiß, wenn ich mich abgetrocknet und einhändig angezogen habe, wird das Rumaki bereits verspeist sein.
In der Wanne stehend, greife ich mit der gesunden Hand nach dem Handtuchhalter, und das kleine, bestickte Handtuch fällt herunter. Ich hätte Skylar bitten sollen, mein Handtuch in der Nähe der Wanne abzulegen. Als ich endlich mit beiden Füßen vor der Badewanne stehe, atme ich ein weiteres Mal durch, ehe ich den Blick erneut auf das Handtuch richte und mich mental darauf vorbereite, es aufzuheben.
Verdammt, vielleicht gehe ich einfach mit dem Handtuch um die Hüften nach unten, klaue mir ein bisschen Rumaki und ziehe mich danach erst an.
Aber als ich nach dem Tuch greife, wird mir klar, dass ich mich zuerst anziehen muss, denn um es mir um die Hüften zu schlingen, bräuchte ich meine zweite Hand. Arschloch.
Ich greife nach einer Ecke des Handtuchs und lasse es herunterhängen. Ich kann nur noch an Rumaki denken, während ich an mir hinabblicke und überlege, wie ich das Handtuch um meine Hüften schwingen und mit der gesunden Hand packen könnte.
„Aaahhh!“ Ein durchdringender Schrei hallt in dem kleinen Raum wider.
Ruckartig drehe ich den Kopf und schaue zu der offen stehenden Tür. Die vierjährige Molly steht mit geweiteten Augen davor und starrt auf meine Kronjuwelen.
Fuck!
Eilig bedecke ich mich mit dem Handtuch. Ich zerknülle es in der Faust, aber es verhüllt trotzdem alle wichtigen Teile.
Hinter ihr kommt Caiden die Stufen heraufgerobbt wie ein Soldat.
„Molly?“ Zoes panische Stimme hallt durch das Haus.
„Ich komme gleich!“, rufe ich und schlage die Tür zu. Das Herz hämmert mir in einem unnatürlichen Takt in der Brust, und ich bekomme Schluckauf von all dem Adrenalin, weil mich ein kleines Mädchen splitterfasernackt gesehen hat.
Ich höre jemanden mit vier Schritten die Treppe heraufstampfen. „Molly, ich habe dir doch gesagt, du sollst unten bleiben!“
„Tut mir leid, Mommy, ich wollte Onkel Beckett überraschen.“
Ich lasse mich mit dem Rücken gegen die Tür fallen.
„Nächstes Mal hörst du auf mich, okay? Wahrscheinlich hast du Onkel Beckett einen Schreck eingejagt“, sagt Zoe jetzt ein bisschen leiser.
„Mommy, wusstest du, dass Onkel Becketts Penis viel größer ist als der von Caiden?“
Im Flur könnte man eine Stecknadel fallen hören.
„Wir haben doch darüber gesprochen, Molly. Jungs haben einen Penis und Mädchen eine Vagina. Und die Größe spielt überhaupt keine Rolle, mein Schatz.“
„Yay“, sagt Caiden selbstzufrieden.
„Seit wann das denn?“, fragt Skylar und kichert.
Ich kann mir den Todesblick genau vorstellen, mit dem ihre Schwester sie bedenkt. Eine Sekunde später höre ich Caiden vor Freude quieken, ehe er seine Tante auffordert, ihn noch einmal durch die Luft zu wirbeln.
„Ich weiß, aber es sah irgendwie gruselig aus.“
Skylar und Zoe brechen in Gelächter aus, und ich schließe kopfschüttelnd die Augen. Das hier werden sie mir noch lange unter die Nase reiben.
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