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Call my Heart Home (Island Summer 1) Call my Heart Home (Island Summer 1) - eBook-Ausgabe

Carina Schnell
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Roman

— Mit limitiertem Farbschnitt und Page Overlay | New Adult mit Setting Hawai'i von SPIEGEL-Bestseller-Autorin
Paperback (16,00 €) E-Book (4,99 €)
€ 16,00 inkl. MwSt. Erscheint am: 27.02.2025 In den Warenkorb Im Buchshop Ihrer Wahl bestellen
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Call my Heart Home (Island Summer 1) — Inhalt

Home is where the heart is 

Erin hatte immer nur ein Ziel: ihre Heimat Hawai’i verlassen, um Biochemie zu studieren und ein Heilmittel für die Krankheit ihres Vaters zu finden. Als sich sein Zustand verschlechtert, kehrt sie nach Hause zurück und lernt den Schnitzkünstler Shane kennen. Zunächst kann Erin ihm und seinem Lebensstil nicht viel abgewinnen, denn Shane lebt in den Tag hinein und jagt der perfekten Welle hinterher. Doch über den gemeinsam verbrachten Sommer bringt er Erin die Schönheit ihrer Heimat näher und wird nach und nach zu einem Grund, zu bleiben. Wäre da nur nicht ihr Lebenstraum, der nach ihr ruft …

Mit ihrer Island-Summer-Reihe entführt dich die SPIEGEL-Bestsellerautorin Carina Schnell nach Hawai'i. Freu dich auf Hängematten am Strand, bunte Surfbretter und das Rauschen der Wellen. Perfekte Lektüre zum Wegschmökern!

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Diese Tropes erwarten dich in „Call my Heart Home“: 

Grumpy vs. Sunshine, Haters to Lovers, From two different worlds

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„Was, wenn das Paradies vor unseren Augen zerstört wird?“

Dieser Satz lässt Carina Schnell seit ihrer Reise nach Hawai‘i nicht mehr los. Sie hat sich dort in die wunderschöne Landschaft und die Mentalität der Einheimischen verliebt, aber auch die Auswirkungen des Massentourismus erlebt. Auch in ihrer neuen New-Adult-Reihe wird Carina auf dieses Thema eingehen, in der Hoffnung, dass uns das Paradies noch lange erhalten bleibt, wenn wir alle etwas zu dessen Schutz beitragen.

€ 16,00 [D], € 16,50 [A]
Erscheint am 27.02.2025
352 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-06671-6
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€ 4,99 [D], € 4,99 [A]
Erscheint am 27.02.2025
416 Seiten
EAN 978-3-492-60971-5
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Leseprobe zu „Call my Heart Home (Island Summer 1)“

Kapitel 1
Erin

Schier endlos zieht sich die Küstenstraße vor meiner Windschutzscheibe dahin. In sanften Kurven windet sie sich dicht am Meer entlang. So früh am Morgen kommen mir keine Autos entgegen. Alles wirkt ruhig und friedlich: der saftig grüne, bis an die Straße reichende Regenwald zu meiner Linken und der funkelnde Ozean zu meiner Rechten.

Vom Wasser trennt mich nur ein schmaler Strandabschnitt. In der Ferne erkenne ich ein paar bunte Flecken im Sand. Verstreute Kleidung. Handtücher. Kühltruhen. Weit draußen mache ich dunkle Tupfen aus, die sich [...]

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Kapitel 1
Erin

Schier endlos zieht sich die Küstenstraße vor meiner Windschutzscheibe dahin. In sanften Kurven windet sie sich dicht am Meer entlang. So früh am Morgen kommen mir keine Autos entgegen. Alles wirkt ruhig und friedlich: der saftig grüne, bis an die Straße reichende Regenwald zu meiner Linken und der funkelnde Ozean zu meiner Rechten.

Vom Wasser trennt mich nur ein schmaler Strandabschnitt. In der Ferne erkenne ich ein paar bunte Flecken im Sand. Verstreute Kleidung. Handtücher. Kühltruhen. Weit draußen mache ich dunkle Tupfen aus, die sich vom glitzernden Blau des Meeres abheben. Noch paddeln die Surfer friedlich auf der Stelle, doch die nächste Welle rauscht bereits heran. Rasend schnell schwingen sie sich auf ihre Bretter und reiten die Welle bis fast an den Strand. Ich bin ihnen nun so nah, dass der Wind ihr Lachen und Jauchzen durch die offenen Autofenster an meine Ohren weht.

Die Szene müsste in mir eigentlich ein Gefühl von Heimat auslösen, aber heute versetzt mir der Anblick der lachenden Menschen einen Stich. Manchmal beneide ich andere Leute um ihre Lebensfreude, denn das ist ein Luxus, den ich mir in den letzten neun Jahren selten leisten konnte. Heute sogar noch weniger als sonst. Denn an diesem Morgen, an dem die Sonne so vielversprechend über den Horizont lugt, ist meine Sorge so allumfassend, dass sie mich zu ersticken droht.

Energisch drücke ich den Knopf, um die Fensterscheiben zu schließen und das Flüstern der Palmen und Plumeriabäume, das Rauschen der Wellen und Lachen der Surfer auszusperren. Ich blinzle gegen den steigenden Druck hinter meinen Lidern an und versuche, mich auf die Fahrbahn zu konzentrieren. Die ganze Nacht habe ich in einem Flugzeug verbracht. Müdigkeit ist jedoch nicht der Grund für meine brennenden Augen und die Enge in meiner Brust. Die bin ich nicht mehr losgeworden, seit mich Yus Anruf vor zwei Tagen erreicht hat.

„Tut mir leid, dass ich dich während der Prüfungsphase störe. Dein Dad wollte nicht, dass ich dir Bescheid sage, aber … er ist im Krankenhaus, weil er einen neuen Schub hat. Ich glaube, es wäre besser, wenn du so bald wie möglich nach Hause kommst.“

Ich packe das Lenkrad fester. Versuche, die Erinnerung an den Moment zu vertreiben, in dem Yus Worte blechern an mein Ohr drangen. Vor Schreck wäre mir fast das Handy aus der Hand gefallen. Gerade hatte ich meine letzte Prüfung hinter mir und war auf dem Weg aus dem Hörsaal, während ich die Nachricht auf meiner Mailbox abhörte. Meine Kommilitonen liefen lachend an mir vorbei und unterhielten sich über die Prüfungsfragen. Sie haben nichts mitbekommen. Weder, wie mir die Tränen in die Augen schossen und ich mich an der Wand abstützen musste, noch, wie ich auf die Toilette geflüchtet bin. Ich kann es ihnen nicht übel nehmen, schließlich habe ich es im letzten Jahr nicht gerade darauf angelegt, neue Freunde in Providence zu finden.

Die Knie an die Brust gezogen saß ich lange auf dem kühlen Fliesenboden und weinte. In den letzten neun Jahren habe ich unzählige Male ähnlich schlechte Nachrichten bekommen. Es hätte sich vertraut anfühlen müssen und mich nicht so eiskalt erwischen dürfen. Der Unterschied ist jedoch, dass ich diesmal nicht an Dads Seite war, als mich die Neuigkeiten erreichten. Ich war allein. Und sehr weit weg von zu Hause.

Nachdem ich mich schließlich so weit beruhigt hatte, dass meine Sicht wieder klar war und meine Finger nicht mehr zitterten, schrieb ich Yu, dass ich den nächsten Flieger nach Honolulu nehmen würde.

Seit diesem Moment in der Toilettenkabine habe ich nichts anderes getan, als mich zusammenzureißen, und das werde ich noch ein bisschen länger durchhalten. Für Dad. Auch wenn sich allein bei der Vorstellung, ihn gleich zu sehen, ein kalter Angstknoten in meinem Magen breitmacht.

Als ich die Küstenstraße verlasse, werde ich von den palmengesäumten Wegen meiner Heimatstadt begrüßt. Auf den ersten Blick hat sich in Kailua nichts verändert. Hübsche, holzvertäfelte Häuser, gepflegte Vorgärten voller blühender Büsche, Schilder, die den Touristen den Weg zum Strand weisen. Trotzdem fühlt es sich anders an.

Mir fällt auf, dass ich immer langsamer werde. An sämtlichen Stoppschildern bleibe ich viel zu lange stehen, bis jemand hinter mir hupt. Meine Hände sind schweißfeucht, als ich schließlich in meine Straße einbiege und im Schneckentempo an den vertrauten Wohnhäusern vorbeifahre, die in allen erdenklichen Farben gestrichen sind. Es ist so früh am Morgen, dass die meisten Fenster dunkel sind, nur bei den Yoshidas brennt schon Licht. Das muss Yus Mom sein, die sich für die Arbeit fertig macht. Denn Yu wartet bereits zu Hause auf mich, wie sie mir kurz nach der Landung geschrieben hat. Seit zwei Tagen hält sie mich fast stündlich über Dads Gesundheitszustand auf dem Laufenden, da sie sich gemeinsam mit ihren Eltern in meiner Abwesenheit so gut es geht um ihn kümmert.

Tatsächlich steht sie bereits auf unserer Veranda und winkt, während ich in die Einfahrt neben unserem Haus einbiege. Sie rennt mir entgegen und zieht mich fest an sich, bevor ich überhaupt richtig ausgestiegen bin. Eine ganze Weile lässt sie mich nicht los. Meine beste Freundin weiß einfach immer, wie es in mir aussieht und was ich gerade brauche.

Schließlich schiebt sie mich sanft von sich und mustert mich mit gerunzelter Stirn. Ihr Pony ist zerzaust. Gerade lässt sie ihn gemeinsam mit ihrem kurzen Bob herauswachsen. Das glatte schwarze Haar reicht ihr noch nicht ganz bis zu den Schultern. Ihr Duft nach feuchter Erde hüllt mich ein, und ich blinzle die Tränen fort, die mir in die Augen schießen. Schon nach wenigen Herzschlägen zieht sie mich erneut wortlos an sich, und diesmal muss ich die Nägel in meine Handflächen graben, um nicht loszuschluchzen.

„Wie geht es Dad?“, flüstere ich in ihre Halsbeuge, als ich das Gefühl habe, meine Stimme wieder kontrollieren zu können.

„Schon besser“, antwortet sie so ausweichend, dass ich mir gleich noch größere Sorgen mache. Das ist sonst nicht Yus Art. Lieber packt sie ein Problem an der Wurzel und reißt es heraus, bevor es weiteren Schaden anrichten kann. Ebenso pragmatisch umrundet sie nun das Auto und öffnet den Kofferraum, um mein Gepäck auszuladen.

„Tut mir leid, dass dich niemand abholen kommen konnte. Mein Dad musste heute schon früh zu einer Baustellenbesichtigung, Mom fährt gleich mit dem Auto zur Arbeit, und ich fand es besser, deinen Dad nicht allein zu lassen.“ Sie schultert meine Reisetasche, und ich beeile mich, auch den Trolley und meinen Rucksack herauszunehmen.

„Ist schon okay, der Mietwagen war nicht teuer.“

Yu wirft der Karre einen zweifelnden Blick zu. „Warum überrascht mich das nicht.“

Mit jedem Schritt, den ich ihr in Richtung Haus folge, fällt mir das Atmen schwerer. Die schwüle Hitze erdrückt mich. Das habe ich in Providence definitiv nicht vermisst. Mit der freien Hand wische ich mir über die schweißfeuchte Stirn und nehme meinen ganzen Mut zusammen, um die Verandastufen zu erklimmen. Ich kenne jede einzelne Stelle, an der das Holz knarzt. Diesmal mache ich mir nicht die Mühe, sie zu umgehen, denn ich brauche all meine Energie, um es durch die Eingangstür zu schaffen.

Yu öffnet das Fliegengitter und lässt mir mit einer Handbewegung den Vortritt. „Willkommen zu Hause, Riri.“

Als ich den Spitznamen höre, den sie sich in der Grundschule für mich ausgedacht hat, geht es mir ein winziges bisschen besser. Ich schenke ihr ein Lächeln, und sie zwinkert mir aufmunternd zu. Als ich nach dem Knauf greife, rutsche ich sofort wieder ab, so feucht ist meine Handfläche. Einen endlosen Moment lang starre ich auf das weiß gestrichene Holz der Tür. Die Farbe blättert an einigen Stellen ab.

Komm schon, Erin, versuche ich mich anzufeuern. Das hier ist dein Zuhause. Der Ort, an dem du dein ganzes Leben verbracht hast. Bis ich vor einem Jahr ausgezogen bin und Dad allein zurückgelassen habe. Der wahre Grund, warum sich mein Magen nun so stark zusammenzieht, dass mir schlecht wird.

Doch ich ignoriere die Übelkeit, atme einmal tief durch und drehe den Knauf. Als ich eintrete, begrüßt mich das Summen der Klimaanlage. Kühle umhüllt mich. Mit einem erleichterten Seufzen stelle ich das Gepäck ab und sehe mich um. Die Jalousien sind heruntergelassen, sodass sich meine Augen erst an das schummrige Licht gewöhnen müssen. Ansonsten sieht alles aus wie immer. Die offene Wohnküche. Die hübsche Couch, die wir uns vor ein paar Jahren gegönnt haben, weil das alte Sofa schon fast unter uns zusammengebrochen ist. Der abgewetzte Esstisch, unter den ich als Kind meine Initialen geritzt habe. Die bunten Magnete, mit denen Fotos von Dad und mir an den Kühlschrank gepinnt sind. Die Grünpflanzen auf jedem Fensterbrett, die Yu uns eine nach der anderen untergejubelt hat und seitdem am Leben hält.

Ich schlucke. Alles sieht aus wie immer, und doch ist nichts wie vorher.

„Er schläft in letzter Zeit viel“, erklärt Yu, die hinter mir eingetreten ist. „Ist noch mal weggenickt, während wir auf dich gewartet haben. Lass mich nachsehen.“

Sie geht so selbstverständlich an mir vorbei, als würde sie hier wohnen, und ich bin ihr so dankbar dafür, dass sie in diesem Moment die Führung übernimmt. Denn ich stehe weiterhin wie angewurzelt neben der Tür und weiß nicht, wohin mit mir. Streng genommen wohne ich nicht mehr hier. Und streng genommen hat Yu im letzten Jahr viel mehr Zeit hier verbracht als ich. Einmal mehr wünschte ich, sie gar nicht erst um so einen Riesengefallen bitten zu müssen. Doch selbst, wenn ich das nicht getan hätte, wäre es für sie und ihre Eltern selbstverständlich gewesen, sich um Dad zu kümmern.

Yu verschwindet durch den Flur in den hinteren Teil des Hauses. Am Telefon hat sie mir erzählt, dass Dad bis auf Weiteres nach unten gezogen ist, in den Raum, den wir bis dahin als Gästezimmer und Abstellkammer benutzt haben. Zum Glück gibt es hier unten auch ein Bad und alles andere, was er brauchen könnte.

Ich höre leise Stimmen, dann Klappern und schließlich ein mir unbekanntes Geräusch. Reifen auf den Dielen. Unschlüssig mache ich ein paar Schritte vor, kann es plötzlich kaum erwarten, Dad in die Arme zu schließen. Mich zu vergewissern, dass er noch da ist. Dass er heil ist. Auch wenn Letzteres bloß eine Wunschvorstellung ist.

„Hey, Kiddo!“ Dad kommt um die Ecke, und mein Herz macht trotz allem einen freudigen Satz. Er sieht müde aus, das einst braune Haar noch etwas grauer als vorher, das Gesicht ein wenig blass, wenn man von seinen unnatürlich stark geröteten Wangen absieht, aber ansonsten wie immer. Wäre da nicht der Rollstuhl, in dem er auf mich zufährt.

„Hi, Dad.“ Ich laufe ihm entgegen, weiß plötzlich nicht, wohin mit meinen Händen. Ungelenk gehe ich in die Hocke, um mich auf Augenhöhe mit ihm zu begeben und ihn zu umarmen. Er drückt mich fest an sich. Eine richtige Dad-Umarmung, wie ich sie gewohnt bin.

Alles wie immer, versuche ich mir einzureden, während ich gegen die Tränen anblinzle.

Eine lange Weile lassen wir einander nicht los. Ich höre Yu im Hinterzimmer rumoren. Das Brummen der Klimaanlage. Das Gurgeln des Kühlschranks. Und mein viel zu schnell klopfendes Herz.

„Schön, dass du wieder da bist“, sagt Dad schließlich. Täusche ich mich, oder klingt seine Stimme belegt?

Ich löse mich von ihm und wische mir über die feuchten Wimpern. „Ich freue mich auch“, antworte ich. Und ich werde so schnell nicht wieder abreisen, füge ich in Gedanken hinzu. Denn das ist die überwältigende Erkenntnis, die mich in diesem Moment überrollt. Wie könnte ich jetzt wieder gehen? Wie habe ich je gehen können?

Das schlechte Gewissen gräbt sich wie eine eisige Faust in meinen Magen. Eilig wende ich mich ab und stapfe zu meinem Gepäck.

„Hast du Hunger?“, fragt Dad. „Ich dachte, ich mache uns Pancakes. Yu kann natürlich gern zum Frühstück bleiben.“

„Ja.“ Meine Stimme klingt eine Spur zu schrill. „Das wäre schön. Lass mich nur kurz mein Zeug nach oben bringen, dann machen wir zusammen Frühstück.“

„Soll ich mit anpacken?“, kommt es von Yu aus dem Hinterzimmer.

„Nein“, rufe ich hastig zurück. Im Nu habe ich alles irgendwie aufgehoben und schleppe es in Richtung Treppe. „Nachher gehe ich einkaufen. Heute Abend koche ich uns was richtig Schönes, ja? Du darfst dir was wünschen, Dad.“ Ich brabble viel zu schnell vor mich hin. Dad sieht mir mit gerunzelter Stirn hinterher, sagt jedoch nichts.

So schnell es meine Last erlaubt, eile ich die Treppe hinauf. Der Flur ist dunkel, alle Türen sind geschlossen. Ganz offensichtlich war seit ein paar Tagen niemand mehr hier oben.

Ich drücke meine Zimmertür auf und werfe das Gepäck neben mein Bett. Flüchtig streift mein Blick die Poster an den Wänden. Marie Curie, Ruth Bader Ginsburg und Haunani-Kay Trask sehen mich vorwurfsvoll an. Ich fahre herum und schließe die Tür so leise wie möglich.

Erst als ich meinen Rücken gegen das kühle Holz presse, lasse ich los. Meine Unterlippe zittert unkontrolliert. Die Tränen schießen aus meinen Augen, laufen mir über die Wangen, tropfen auf den Boden. Ich presse mir eine Hand auf den Mund, um das Schluchzen zu unterdrücken, das sich in mir aufbäumt. Mein ganzer Körper wird davon geschüttelt.

Nichts wird je wieder wie vorher sein, denke ich. Und das ist alles meine Schuld.


Kapitel 2

Shane

Wasser tropft mir aus den Haaren, als ich mich mit den Händen aufs Surfbrett stemme und in den Stand komme. Eine Bewegung, die für mich mittlerweile so selbstverständlich ist wie Atmen. Schon stehe ich mit beiden Füßen auf dem Board. Gerade rechtzeitig, denn die Welle erfasst uns, und wir nehmen rasend schnell an Fahrt auf. Ich festige meinen Stand, strecke die Arme ein wenig aus, um das Gleichgewicht zu halten. Schneller und schneller werde ich, während die Welle hinter mir bricht. Der Wind weht mir die Haare aus dem Gesicht, Wasser spritzt auf. Ein unbändiges Glücksgefühl überkommt mich. Ein Gefühl der Freiheit. Ein Gefühl von Alles-ist-möglich. In diesem einen Moment, in dem die Zeit stillsteht.

Wenige Sekunden später ist es auch schon vorbei. Ich stürze ins Wasser, und für einen Moment umgibt mich nichts als dröhnende Stille. Die Massen drohen, mich unter sich zu begraben, aber ich bin ganz ruhig, kämpfe nicht dagegen an, lasse mich einfach tragen. Erst nachdem die Welle verebbt ist und der Druck nachlässt, schwimme ich mit wenigen kräftigen Stößen zur Oberfläche. Als ich sie mit dem Kopf durchbreche, schnappe ich geräuschvoll nach Luft. Ein Jubeln folgt, das tief aus meinem Innersten kommt. Weit hallt es über das Wasser.

Ich bin ganz allein in der Bucht. Nur ich und mein Surfbrett. Über mir versucht der Morgenhimmel, die je nach Lichteinfall changierenden Farben des Ozeans mit seiner Schönheit zu übertrumpfen. Zartrosa Wolkentupfen kriechen über eine makellos blaue Leinwand, angestrahlt vom glühenden Orange der Sonne, die gerade über den Horizont lugt. Ich liebe diese stillen Morgen. Die Luft ist noch kühl, das Wasser erfrischend, der Tag ein unbeschriebenes Blatt, das ich nach Belieben füllen kann. So viele Möglichkeiten.

Als ich mit meinem Brett unter dem Arm aus dem Wasser komme, hinterlasse ich tiefe Fußspuren im feuchten Sand. Tropfen perlen von meinem Körper, und ich schüttle mich, sodass sie umherfliegen.

Mit beiden Händen ramme ich das Surfbrett in den Sand, sodass es aufrecht stehen bleibt. Oft lasse ich es bis zum nächsten Morgen hier, da sich nur selten andere Menschen in meine abgeschiedene Bucht verirren. Da wir allerdings auf die Hauptsaison zusteuern, wird das bald nicht mehr möglich sein. Ab und an finden besonders enthusiastische Touristen den Weg hierher, um Schildkröten zu beobachten. Ein paar von denen – die Schildkröten, nicht die Touristen – tummeln sich im seichteren Wasser zwischen den Felsen zu meiner Rechten. Ich halte einen respektvollen Abstand zu ihnen, während ich über den Strand zu meinem Haus laufe.

Haus ist für gewisse Menschen eine unzutreffende Bezeichnung, wenn sie meine Bleibe sehen. Manche würden sie vielleicht als Baumhaus durchgehen lassen, andere würden sie eher als Bruchbude bezeichnen. Obwohl ich sie mit meinen eigenen Händen erbaut habe, nehme ich das nicht persönlich, denn ich könnte mir keinen schöneren Wohnort vorstellen. Majestätisch thront mein kleines Reich hoch oben zwischen den Ästen eines alten Regenbaums. Sie werden auch Monkey-Pod-Bäume genannt, was ich bevorzuge. Denn Affen haben schon lange vor mir verstanden, wie perfekt diese Baumart zum Wohnen geeignet ist.

Die Äste sind so ausladend, dass sie in einem weiten Radius Schatten spenden, sodass sich der Sand am Boden angenehm kühl unter meinen nackten Sohlen anfühlt. Ich lege eine Hand auf den breiten Stamm und fahre über die raue, graubraune Borke. Als ich ein Geräusch höre, sehe ich auf.

Schritte nähern sich durch das kleine Wäldchen, das an den Strand grenzt. Wer kann das so früh am Morgen sein? Jemand, der diesen Weg schon mal gegangen sein muss, denn die Person taucht in Rekordzeit in meinem Blickfeld auf.

»Kaʻeo Matthew Robson«, entfährt es mir. „Was hast du denn so früh hier zu suchen?“ Mein Bruder ist feierwütig und schläft deshalb gern lang.

Die Verblüffung muss mir ins Gesicht geschrieben stehen, denn Kaʻeo lacht. „Ich war noch gar nicht im Bett.“

„Darauf hätte ich auch kommen können. Was führt dich her?“

Er wedelt mit etwas Weißem vor meiner Nase herum.

„Ist das ein Briefumschlag?“

Er nickt. „Als ich nach Hause kam und den auf der Kücheninsel gefunden habe, musste ich ihn dir einfach persönlich vorbeibringen.“

Nun erkenne ich, dass der Umschlag bereits geöffnet wurde. „Du hast meine Post aufgemacht?“

Er verdreht die ebenholzbraunen Augen. „Nur dieses eine Mal. Siehst du nicht, was für ein Stempel drauf ist?“

„Wenn du aufhören würdest, damit rumzufuchteln …“ Ich springe vor und schnappe mir den Brief.

Kaʻeo protestiert nicht, sondern stellt sich bloß neben mich, als ich ein Blatt Papier aus dem Umschlag fische. Mein Herz schlägt immer schneller, während ich die wenigen Zeilen überfliege und an den wichtigen Worten hängen bleibe.

Herzlichen Glückwunsch.

Ihre Kunst hat die Jury überzeugt.

Ich blinzle einmal. Zweimal. Dann entfährt mir ein kehliger Jubelschrei. Der zweite an diesem herrlichen Morgen. Doch als ich weiterlese, krampft sich mein Herz unerwartet zusammen.

Sie erhalten das Preisgeld sowie eine eigene Ausstellung in der Kahaluʻu Gallery and Gardens. Eröffnung ist am ersten September.

Mein Freudenschrei verwandelt sich in ein Röcheln, das ich mit einem Husten zu kaschieren versuche. Meine erste eigene Ausstellung – ausgerechnet in dieser Galerie. Die Erinnerung an die vielen dort verbrachten Stunden meiner Kindheit ist bittersüß. Denn die Person, die an diesem Ort stets an meiner Seite war, wird nun für immer fehlen.

„Herzlichen Glückwunsch, großer Bruder. Du hast es geschafft.“ Kaʻeo klopft mir auf den Rücken. Seine Hand verharrt einen Moment, um meine Schulter aufmunternd zu drücken. Er weiß genau, was es mir bedeutet, dass meine erste Ausstellung in dieser Galerie stattfinden soll. „Der Brief muss gestern angekommen sein. Mom und Dad hätten ihn dir sicher heute vorbeigebracht, aber ich wollte unbedingt derjenige sein, der dir die Neuigkeiten überbringt.“

„Danke, Mann.“ Mein Lächeln verlangt mir viel ab, doch es ist aufrichtig. Denn plötzlich bin ich verdammt froh darüber, dass mein Bruder noch zu Hause wohnt und dass meine Post nach wie vor an mein Elternhaus geht, obwohl ich schon seit Monaten hier draußen lebe. So muss ich die Neuigkeiten wenigstens nicht allein verarbeiten.

Kaʻeos Lächeln ist das Spiegelbild meines eigenen. So breit, dass seine strahlend weißen Zähne zum Vorschein kommen und sich seine von langen schwarzen Wimpern umrahmten Augen verengen. Leute, die uns nicht kennen, denken oft, wir wären Zwillinge, obwohl ich zwei Jahre älter bin als er.

„Ich will ja nicht zu voreilig sein, aber es wird bestimmt demnächst ein Luau zur Feier deines Erfolgs geben.“ Er verzieht das Gesicht. „Mom lädt wahrscheinlich die halbe Nachbarschaft ein.“

Schnaubend senke ich den Brief, dessen Inhalt meine Künstlerkarriere ein riesiges Stück vorantreibt. „Da werde ich wohl noch ein Wörtchen mitzureden haben.“

„Du magst zwar wie ein Einsiedler leben, aber du kannst dich nicht allen gesellschaftlichen Konventionen entziehen. Vor allem, wenn es um ein riesiges BBQ zu deinen Ehren geht.“

Ich seufze ergeben. „Da könntest du recht haben. Ich esse Moms Huli Huli Chicken einfach zu gern.“

„Sag ich doch. Aus der Nummer kommst du nicht raus.“

„Das ist Erpressung!“

„Nein, das ist Liebe. Was sagt Mom immer?“

Wir sehen uns an und rezitieren im Chor: „Essen ist Liebe.“ Dann prusten wir los.

Nachdem wir uns wieder beruhigt haben, stößt Kaʻeo seine Schulter gegen meine. „Nein, im Ernst. Ich bin verdammt stolz auf dich.“ Ihm entweicht ein ausgiebiges Gähnen. „Aber jetzt muss ich dringend ins Bett.“

„Anstrengende Nacht?“

„Das musst du noch fragen?“

Ich mustere ihn. Die sorgfältig gestylten Haare, die aussehen, als hätte er nur kurz durchgewuschelt. Das halb aufgeknöpfte Hemd, das einen Blick auf seine Brust preisgibt. Seine blitzsauberen Lieblingssneakers, die er mit fast schon religiösem Eifer pflegt. Außer unserem Gesicht und Körperbau haben wir ungefähr so viel gemeinsam wie eine Schildkröte und ein Wal. Ich trage bloß meine ausgewaschenen Surf-Shorts und kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal geschlossene Schuhe an den Füßen hatte.

„Dann ab mit dir!“ Ich gebe ihm einen liebevollen Schubs. „Schlaf dich aus. Und danke, dass du meine Post vorbeigebracht hast.“

„Stets zu Diensten.“ Er salutiert grinsend, dreht sich um und ist nach einigen übervorsichtigen Schritten durch den Sand aus meinem Blickfeld verschwunden.

Ich lese den Brief noch einmal und fahre mir ungläubig durchs Haar, das nur noch ein wenig feucht ist. Die Sonne ist unaufhaltsam höher geklettert, und es ist bereits um einiges wärmer als noch vor Minuten.

Als mein Magen knurrt, stecke ich mir den Brief unter den Arm und wende mich dem Baum zu. Zeit fürs Frühstück.

Langsam und bedächtig steige ich die robuste Holzleiter hinauf. In der Krone trillert ein Weißbürzelschama, der sich vor Kurzem dort eingenistet hat. Wenn ich hinaufspähe, kann ich sein orangefarbenes Bäuchlein gerade so zwischen den Zweigen ausmachen. Es ist, als würde er meinen Erfolg mit mir feiern wollen. Und so wenig ich auch vor anderen Leuten zugeben würde, wie viel mir die Auszeichnung eines aufgeblasenen Kunstausschusses bedeutet, so sehr muss ich mir eingestehen: Ja, ich bin auch verdammt stolz auf mich. Und Pops wäre es ebenfalls.

Carina Schnell

Über Carina Schnell

Biografie

Carina Schnell ist gelernte Übersetzerin, spricht mehrere Sprachen und hat in verschiedenen Ländern gelebt. Ihr Herz hat sie allerdings an Kanada verloren. Nach dem Abi lebte und arbeitete sie einige Zeit in Toronto und hat Familie in einem gewissen kleinen Küstenstädtchen namens St....

Veranstaltung
Lesung
Samstag, 01. März 2025 in Berlin
Zeit:
20:00 Uhr
Ort:
Thalia Deutschland GmbH & Co. KG,
Breite Str. 20
13187 Berlin
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Lesung
Freitag, 21. März 2025 in Weimar
Zeit:
18:00 Uhr
Ort:
Schul- und Stadtteilbibliothek Schöndorf,
Max-Reichpietsch-Straße 14
99427 Weimar
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Lesung und Gespräch
Freitag, 27. Juni 2025 in Düsseldorf
Zeit:
20:15 Uhr
Ort:
Thalia Deutschland GmbH & Co.KG,
Königsallee 18
40212 Düsseldorf
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