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Das Paradies liegt hinter mirDas Paradies liegt hinter mir

Das Paradies liegt hinter mir Das Paradies liegt hinter mir - eBook-Ausgabe

Maarten 't Hart
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Meine frühen Jahre

„Maarten 't Hart hat eine unverwechselbare Art humorvollen realistischen Erzählens. (...) Er überzeugt als humoristischer, im letzten immer versöhnlicher Erzähler.“ - Rheinische Post

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Das Paradies liegt hinter mir — Inhalt

„Mich scheint es überall zu geben. Mindestens zweihundert Niederländer tragen denselben Namen wie ich. Selbst in den Appalachen laufen Doppelgänger von mir herum. Notgedrungen bin ich ein ausgesprochener Individualist.“ Seine Romane sind bevölkert von Eigenbrötlern, Schelmen und Figuren, die ihm zum Verwechseln ähneln – Maarten ’t Harts Leben steckt in seinen Büchern. Seine Autobiografie gewährt erzählerische Einblicke in seine frühen Jahre, die ihm bis heute Geschichten für seine Fabulierkunst liefern.

€ 9,99 [D], € 10,30 [A]
Erschienen am 14.01.2016
Übersetzt von: Gregor Seferens
304 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-30813-7
Download Cover
€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 06.10.2014
Übersetzt von: Gregor Seferens
304 Seiten
EAN 978-3-492-96733-4
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Leseprobe zu „Das Paradies liegt hinter mir“

Jedermann


Für die meisten Menschen ist es ganz selbstverständlich, dass sie einzigartig sind. Ihre Eltern haben ihnen mögli­cherweise einen Namen gegeben, der häufig vorkommt, wie zum Beispiel Jan oder Maria, der aber in Verbindung mit ­ihrem Nachnamen sofort einmalig klingt. Auf der ganzen Welt gibt es bestimmt keinen anderen Menschen, der wie meine Frau Hanneke van den Muyzenberg heißt. Doch als ich geboren wurde und den Namen Maarten erhielt, gab es allein in meiner Verwandtschaft bereits sechs weitere Per­sonen mit demselben Vor- und Nachnamen. [...]

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Jedermann


Für die meisten Menschen ist es ganz selbstverständlich, dass sie einzigartig sind. Ihre Eltern haben ihnen mögli­cherweise einen Namen gegeben, der häufig vorkommt, wie zum Beispiel Jan oder Maria, der aber in Verbindung mit ­ihrem Nachnamen sofort einmalig klingt. Auf der ganzen Welt gibt es bestimmt keinen anderen Menschen, der wie meine Frau Hanneke van den Muyzenberg heißt. Doch als ich geboren wurde und den Namen Maarten erhielt, gab es allein in meiner Verwandtschaft bereits sechs weitere Per­sonen mit demselben Vor- und Nachnamen. Seitdem sind in der nächsten Generation noch ein Dutzend Maartens ­dazugekommen; mein Bruder hat einen Sohn, der ebenfalls Maarten ’t Hart heißt.
Auch außerhalb meiner Verwandtschaft wimmelte es in Maassluis von Männern, die Maarten ’t Hart hießen. Zwei Straßen von unserem Haus entfernt wohnte ein hinkender Milchmann gleichen Namens. Im Katechismusunterricht war ich, zum Entsetzen des Pastors, einer von dreien, die so hießen. Und die beiden anderen Jungen waren nicht einmal mit mir verwandt. Auf dem Weg zur Schule kam ich ­jeden Tag an einer Metzgerei vorbei, an der mein Name wie folgt prangte : „ Maarten – großer Schweinekopf mit Gruselzähnen – ’t Hart “. Als ich anfing, Bücher zu veröffentlichen, gab es sehr bald Verwirrung, weil ein niederländischer Maler, der vor allem für seine Kircheninterieurs bekannt ist, auch Maarten ’t Hart heißt.
Wenn in Anbetracht dessen doch wenigstens mein Äu­ßeres einmalig wäre ! Aber auch das scheint nicht der Fall zu sein. Vor Jahren verbrachten Hanneke und ich einen Urlaub im Kiental in der Schweiz, wo zwei Damen mittleren Alters uns so inständig beobachteten, dass wir uns belästigt fühlten. Am vierten Tag wurde es uns zu viel, und wir fragten, was das Problem sei. „ Ja “, sagten sie, fröhlich lachend, „ wir erkennen dich sehr wohl, auch wenn du so tust, als würdest du uns nicht kennen. Du machst hier fein mit deiner Freundin Urlaub, während deine Frau nichtsahnend zu Hause sitzt. “
Ein andermal identifizierte man mich neben der Post in Warmond als einen aus der psychiatrischen Anstalt Sancta Maria in Noordwijkerhout entflohenen Irren. In Edinburgh sprach mich auf der Straße eine junge Frau an und nannte mich Geoff. Sie zeigte mir sogar ein Foto von diesem Geoff. Ich sah mich selbst.
Vor einiger Zeit dann war ich in Schweden, und als meine schwedische Übersetzerin mir ihren Mann vorstellte, da starrte dieser mich erstaunt an. Sie berichtete mir später, ihr Mann habe abends im Bett zu ihr gesagt : „ Er sieht genauso aus wie ein Infanteriehauptmann, der bei uns arbeitet. Es ist wirklich unglaublich, er hat exakt dieselbe Stimme. “
Auf dem Rückflug von Schweden saß ich neben einem Astronomen aus Leiden, der mir erzählte : » Diesen Sommer ist uns in den Appalachen vielleicht etwas Merkwürdiges passiert. Wir haben dort eine Wanderung unternommen, und auf einmal kamst du uns entgegen. ›Hallo, Maarten, was machst du denn hier ?‹, fragte meine Frau. Es stellte sich ­jedoch heraus, dass es sich um jemand vollkommen anderes handelte, einen Jagdaufseher. Wir haben ihm erzählt, dass es in den Niederlanden einen Schriftsteller gibt, der ihm verblüffend ähnlich sieht, und haben ihn gefragt, ob wir ein Foto von ihm machen dürften. Im Gegenzug haben wir versprochen, ihm ein Foto von dir zu schicken. Moment, ich glaube, ich habe einen Abzug eingesteckt, für den Fall, dass ich dich irgendwo treffe. « Er griff in seine Innentasche, und da war er wieder : der Mann, den ich in Edinburgh schon aus einer Damenhandtasche hatte auftauchen sehen und den ich jeden Morgen beim Rasieren im Spiegel erblicke.
Mich scheint es überall zu geben. Mindestens zweihundert Niederländer tragen denselben Namen wie ich. Selbst in den Appalachen laufen Doppelgänger von mir herum. Notgedrungen bin ich daher ein ausgesprochener Indivi­dualist. Zum Glück hat keiner der Doppelgänger und auch kein anderer Maarten ’t Hart dieselben Vorfahren wie ich. In Biografien und Autobiografien (etwa in Nabokovs Er­innerung, sprich) werden diese Vorfahren in der Regel ausführlich beschrieben. Nicht selten geht man dabei viele ­Generationen weit zurück, fast immer der männlichen Linie folgend. Das erscheint wenig sinnvoll, wenn man bedenkt, dass wir von jedem Großelternteil nur fünfundzwanzig ­Prozent der Gene erben. Dennoch kann es erhellend sein, jemanden durch die Beschreibung seiner Großeltern zu ­charakterisieren. Erbliche Eigenschaften überspringen schließlich häufig eine Generation; beim Enkel kommt die Kleptomanie des Großvaters wieder zum Vorschein. Da Großeltern oft keinen Einfluss auf die Erziehung haben, liegt es nahe, hier an Vererbung zu denken. Von den Urgroßeltern stammt dann allerdings nur noch ein Achtel ­unserer Gene. Ist es sinnvoll, noch weiter zurückzugehen ? Auf jeden Fall ist es unsinnig, bei der Ahnenforschung nur die männliche Linie zu verfolgen.
Daher beginne ich auch lieber mit meiner Ururgroß­mutter Hester van der Kooij, die natürlich mit einem Maarten ’t Hart verheiratet war und gemeinsam mit diesem im Westgaag in Maasland eine Gärtnerei bewirtschaftete. Unzufrieden über die leichtsinnige Verkündigung des Evangeliums in der Niederländisch-Reformierten Kirche in Maasland unternahm sie sonntags stundenlange Fußmärsche, um anderenorts das Wort des Herrn unverschnitten zu hören. Als sie vierzig Jahre alt war, starb sie an Tuberkulose. Am 8. Juli 1859 standen ihre zutiefst betrübten Familien­angehörigen an ihrem Bett, sie jedoch sagte : „ Trauert nicht, sondern singt :

› Im Festtagskleid steigt sie zum Thron,
erscheint vor Gott und seinem Sohn. ‹ “
Über die anderen sieben Ururgroßmütter und acht Ururgroßväter weiß ich nichts; das stört allerdings nicht weiter, ich bin stolz auf diese eine Ururgroßmutter. Von einigen meiner acht Urgroßeltern kann ich etwas mehr erzählen. ­Einer von ihnen hieß Hendrik ’t Hart; ein Foto zeigt einen früh gealterten Mann, der sich auf eine Schaufel stützt. Auch er war Gärtner. Des Weiteren habe ich den Großvater meiner Mutter, Leen van der Giessen, einmal leibhaftig gesehen. Seine Kinder und Enkel haben ihn nie besucht, weil er, so berichtete mir meine Mutter, ein Ungeheuer war. Das konnte und wollte ich als achtjähriges Kind nicht glauben. Er war schließlich mein Urgroßvater. Ich beschloss also, ihn zu besuchen. Ganz beiläufig horchte ich meine Onkel und Tanten aus und erfuhr so, wo er wohnte. An einem freien Mittwochnachmittag begab ich mich auf die Fähre nach Rozenburg. Fahrgeld hatte ich nicht, doch ich wusste, dass erst mitten auf dem Strom kassiert werden würde. Ich ging zum Heck und sagte zu dem Kassierer : „ Mein Vater steht da vorne. “
„ Wer ist denn dein Vater ? “
„  Der Mann da “, erwiderte ich und deutete möglichst vage auf eine kleine Gruppe von Rozenburger Hühnerbauern. Der Kassierer grummelte etwas, ging zunächst weiter und packte mich dann am Arm, als wir auf Rozenburg anlegten.
„ Für dich hat keiner bezahlt “, sagte er.
„ Nein “, sagte ich und riss mich los, „ dafür bezahl ich nachher doppelt, wenn ich zurückfahre. Mein Urgroßvater gibt mir Geld. “
Ich war nämlich überzeugt, dass mein Urgroßvater sich sehr darüber freuen würde, seinen Urenkel zu sehen, er würde­ mich bestimmt mit Münzen überhäufen. Eltern waren­ in aller Regel nett zu ihren Kindern, hatte mich die Erfahrung gelehrt, und Großeltern waren noch viel netter zu ihren Enkeln und neigten sogar dazu, sie zu verwöhnen. Wie unvorstellbar nett mussten dann Urgroßeltern sein ! Frohgemut marschierte ich über die sonnige, wunder­schöne, idyllische Insel. Immer wenn ich auf Rozenburg unter­wegs war, wähnte­ ich mich in einem fernen Land, wo die Dinge anders dufteten, wo die Menschen einen mit dem Rad gemächlicher überholten, wo immer die Sonne schien, wo sich die Vögel in einer verständlichen Sprache miteinander unterhielten. Oh, welch eine herrliche Insel ! Der vollkommen stille Pfad am Fuße des winzigen Deichs, mit dem Naturgebiet De Beer an der Spitze – wie gern würde ich dort noch einmal spazieren gehen ! Doch Rozenburg gibt es nicht mehr, die Insel wurde, mitten in Friedenszeiten und ganz ohne Atombombe, vollkommen ausgelöscht. Und so bekommt man heute das Gefühl, die Erinnerung an dieses­ Paradies beruhe auf einer Welt, die niemals existiert haben könne.
Ich ging weiter auf dem schmalen Weg, der am nach Gras duftenden Deich entlangführte. Über mir balgte sich der Westwind verspielt mit den Rozenburger Wolken. Nach ­einer guten Stunde erreichte ich das Häuschen, von dem ich aufgrund der mir gegebenen Beschreibungen annahm, dass es sich dabei um das Heim meines Vorfahren handelte. Es war ganz still dort; ein paar Hühner schoben bei jedem Schritt den Körper unter dem Kopf durch, eine Katze döste auf einem Zaun, ein Hahn hielt seinen Kopf schief und schaute misstrauisch, eine weiß-braune Taube mengte sich unter die Hühner, tat gerade so, als gehörte sie dazu, und pickte rasch ein paar Getreidekörner auf. Zielstrebig betrat ich den Hof. Augenblicklich erschien durch das, was ich als Kind immer als „ kaputte Tür “ bezeichnete, ein uraltes, ganz in Schwarz gekleidetes Männlein, das kaum größer war als ich. Der kleine Kerl brüllte. Um ihn zu beschwichtigen, rief ich aus der Ferne : » Ich bin ein Sohn von Lena van der Gies­sen ! « Das war erst recht Öl ins Feuer; der alte Mann packte eine Bohnenstange und fing an zu tanzen. Eine Frau tauchte auf, seine Tochter, die Stiefschwester meines Großvaters, die ihn zu beruhigen versuchte. Vergeblich. Der Alte wedelte seine Bohnenstange wie eine Wünschelrute hin und her und kam drohend auf mich zu.
„ Ich bin dein Urenkel ! “, rief ich noch, doch es nützte nichts.
Zweimal schlug er mich mit der Stange und brüllte : „ Verschwinde von meinem Hof, du Rotznase ! “
Dann schleuderte er seine Waffe zwischen die erschrocken gackernden Hühner und wollte sich auf mich stürzen. Doch darauf wartete ich nicht, sondern rannte schluchzend davon. Ich war so durcheinander, dass ich mich nicht noch einmal traute, die Fähre dreist ohne Fahrgeld zu betreten. Deshalb ging ich zu einer Tante meines Vaters, die zusammen mit ihrem Cousin seit etwa vierzig Jahren auf Rozenburg in einem Deichhäuschen wohnte. Alle auf der Insel glaubten, Huibje und Klaas seien miteinander verheiratet. Die beiden waren, vielleicht weil sie nicht verheiratet waren, das liebste Menschenpaar, dem ich je begegnet bin. Innig zufrieden und glücklich saßen sie auch an jenem Nach­mittag bei einem flackernden Teelicht zusammen, als ich weinend durch die Hintertür eintrat. Während ich erschüttert meine Geschichte erzählte, nickten sie weise : Oh ja, ich war an der richtigen Adresse gewesen, so war der Leen, ganz zweifellos, in diesem Teil der Familie tickten sie alle nicht ganz sauber, gab es nicht auch zwei Tanten, die im Irrenhaus gelandet waren, weil sie meinten, sie seien Martha und ­Maria ?
Ich bekam erst einmal eine Tasse Tee, und dann sagte Tante Huibje : „ Oben auf dem Dachboden habe ich noch eine ganze Menge alter Bibeln. Davon darfst du dir eine aussuchen. Zum Trost. Weil du so traurig bist. “
Mithilfe einer wackligen Leiter kletterte ich auf den dunklen Dachboden. Als ich den Kopf durch die Boden­­­luke steckte, sah ich im Dämmerlicht den Goldschnitt der prähistorischen Bibeln. Ich kroch näher heran und bemerkte, dass einige der Bibeln leider schon in Puderform übergegangen waren. Als ich eine in die Hand nahm, verließen, zornig mit den Flügeln brummend, allerlei Käfer und Deckflügler ihre religiöse Speisekammer. Jedes Mal, wenn ich heute im protestantischen Sender sagen höre, jetzt werde „ das lebendige Wort des Herrn “ verkündet, sehe ich die ­alten Bibeln vor mir.
Mit einem halbwegs erhaltenen Exemplar kletterte ich wieder hinunter. Außerdem bekam ich noch zehn Cent für die Fähre. Oh, was für liebe Menschen ! Ihr Leben lang predigte ihnen am Sonntag ihr stotternder Pastor Mantz, dass sie sündig seien, ja, dass sie, wie es im Heidelberger Katechismus so herzlich heißt, geneigt zu allem Bösen und ganz und gar untüchtig zu einigem Guten seien. Wenn sie dann aus der Kirche kamen und beim Kaffee saßen, sagten sie ­zueinander : „ Da hat uns der Pastor wieder ordentlich die Leviten gelesen, wir sind durch und durch wurmstichig vor Sünde. “ Dennoch bin ich mir vollkommen sicher, dass weder Tante Huibje noch Onkel Klaas jemals einem Wesen, ob Mensch oder Tier, etwas Böses zugefügt haben. „ Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein “, sagt Jesus. Nun, die beiden waren in jeder Hinsicht dazu befugt, den ersten Stein zu werfen.
Tante Huibjes Schwester, die Mutter meines Vaters, war ebenfalls so eine kleine herzensgute Frau. Die einzige kri­tische Bemerkung aus ihrem Mund, festgehalten nach der Geburt ihres achten Kindes, lautete : „ Lieber krieche ich auf den Knien nach Delft, als dass ich noch eins kriege. “ Trotzdem wurde mein Vater noch geboren, und kurze Zeit später kam sogar das zehnte Kind hinzu. Meine andere Groß­mutter gebar nur neun Kinder, beklagte sich darüber aber nie. Wohl aber gab sie jedem Neugeborenen so lange wie möglich die Brust, weil eine Frau, wie man damals meinte, nicht wieder schwanger wurde, solange sie stillt.
Mit dem rabenschwarzen Haar und der krummen Nase sah meine Großmutter sehr jüdisch aus. Zudem war sie überaus gesprächig. Laut meinem Vater war sie, vonseiten der Bodegoms, tatsächlich von jüdischer Herkunft. Sie hatte etwas Munteres und Unverletzbares. Sie schien immer fröhlich zu sein, unerschütterlich. Sie redete ständig, auch als sie dement wurde und ihre Kinder nicht mehr erkannte. Als sie schon weit in den Achtzigern war und immer mehr körperliche Leiden sie plagten, amputierte man ihr dies und jenes. Denn was steinalt, dement und des Lebens müde ist, muss man, koste es, was es wolle, am Leben erhalten. Bevor man dazu kam, ihr den Kopf zu amputieren, starb meine Großmutter. Sie war, fand ich als Kind, eine erstaunliche Frau. Man hatte den Eindruck, sie mache sich über nichts Sorgen, als halte sie alles Leid und Ungemach weit von sich, indem sie ständig redete. Wenn in unserer Familie das Phänomen Sünde zur Sprache kam, bat ich meine Mutter, die meiner Ansicht nach ebenfalls befugt war, den ersten Stein zu werfen, oft : „ Wenn wir so sündig sind, dann sag mir doch, was du jemals an Bösem getan hast. “ Daraufhin dachte meine Mutter lange nach, zählte einige Kleinigkeiten auf, die auf die Bezeichnung Sünde keinerlei Anspruch erheben konnten, und sagte schließlich mit gerunzelter Stirn : „ Ich bin zu meiner Mutter nicht artig genug gewesen. “ Das ist erstens nicht wahr, und zweitens hätte meine Großmutter, wenn es denn wahr gewesen wäre, keine Notiz davon ­genommen. Es wundert mich immer wieder, dass sie meine Großmutter war – denn allem Anschein nach habe ich nichts mit ihr gemein oder von ihr geerbt.
Was man in Bezug auf meinen Großvater, nach dem ich benannt worden bin, nicht behaupten kann. Ursprünglich war er Käsehändler, doch im Prinzip verkaufte er alles, ­womit man eine paar schnelle Cent verdienen konnte. Er war nicht gerade befugt, den ersten Stein zu werfen. Dass er beim Anpreisen von Wischtüchern auf der Straße rief : „ Ein Wischtuch acht Cent, drei Wischtücher im Angebot für fünfundzwanzig Cent ! “, kann man ihm noch verzeihen, im Gegensatz zu seiner Reaktion auf den Tod seines ältesten Sohnes Hendrik. Der arbeitete bei den Vereinigten Seil­fabriken und verdiente dort acht Gulden in der Woche. Diese Summe gab er, wie es damals noch üblich war, bei seinem Vater ab. Hendrik kam bei einem Arbeitsunfall ums Leben. Man brachte ihn in sein Elternhaus. Als mein Großvater seinen toten Sohn sah, sagte er : „ Mann, das kostet mich acht Gulden die Woche. “ Gesprächig war er übrigens nie gewesen. Sein bevorzugtes Ausdrucksmittel war sein Spazierstock. Hörten wir dessen Ticken wie das Klopfen ­eines Spechts über die Straße schallen, dann wussten wir, dass er beim Damespiel verloren hatte. Wenn er den Spazierstock an dem Ende festhielt, das normalerweise dazu gedacht ist, die Straße zu berühren, und mit dem Griff durch die Luft fuhr, war klar, dass er ein Mädchen im Visier hatte, das er am liebsten mit dem Griff an sich herangezogen ­hätte. Zweimal habe ich beobachtet, wie er tatsächlich eine junge Dame auf diese Weise enterte. Beide Male legte er den Frauen den Griff um den Nacken und zog. Einmal enterte er auch eine ohne Spazierstock : Als mein Onkel Maarten, sein sechster Sohn, zum ersten Mal seine Freundin mit nach Hause brachte, meinte sein Vater, ihm stünden aufgrund der Tatsache, dass er denselben Namen trug, auch die­selben Privilegien zu. Er umarmte seine zukünftige Schwieger­tochter so innig, dass mein Onkel augenblicklich ein Messer aus der Küche holte und es in seine Richtung warf. Er ­verfehlte sein Ziel nur um Haaresbreite, das Messer blieb zitternd ­neben seinem Vater im Schrank stecken.
Nachdem mein Großvater vierzig geworden war, zog er sich aus seinem Lebensmittelgeschäft zurück. Die ganze ­Arbeit überließ er fortan seiner Frau und widmete sich selbst nur noch seinem geliebten Damespiel. Überall in Maassluis kannte er Leute, zu denen er zum Spielen ging; bei meinem Vater war er immer montag- und mittwochabends. Bei den anderen Söhnen und Schwiegersöhnen hatte er ebenfalls feste Termine. Auch wenn er seine älteste Tochter für ein paar Tage besuchte, traf er sich in Leiderdorp mit Bekannten zum Spielen. Er hatte sich dort rasch ein enges Netzwerk von Spielern aufgebaut. Das Einzige, was allen bei der Sache Verdruss bereitete, war, dass er absolut nicht verlieren konnte.
Eine meiner ersten Erinnerungen an ihn ist, wie er an ­einem dieser Montagabende mit meinem Vater Dame spielte und, als mein Vater einen Moment nicht hinsah, einen von dessen Steinen verschwinden ließ. Ich holte tief Luft und wollte etwas sagen, doch er sah mich an wie ein Marder kurz vor dem Sprung. Ich schluckte, woraufhin er mir ein Pfefferminzbonbon gab, das in seiner Westentasche kohl­rabenschwarz geworden war.
Als ich sechs wurde, bekam ich von ihm, weil ich wie er Maarten hieß, einen Meccano-Baukasten. Alle früheren Maartens hatten größere Geschenke bekommen, doch ich war vorerst der Letzte in der Reihe. Enkel mit anderen Namen bekamen überhaupt nichts geschenkt, und zwar aus dem einfachen Grund, dass mein Großvater geizig war. Das ist ein typisches Familienleiden, etwas, das hartnäckig in den Genen verankert ist, denn auch die uralt gewordene Schwester meines Großvaters ließ noch mit neunundneunzig Jahren, wenn Besuch kam, von ihrer gut siebzigjährigen Tochter den Teppich aufrollen, damit dieser nicht abgenutzt wurde. Teekannen durften nur mit Wasser aus der Regen­tonne ausgespült werden, und das Haus hatte sie, mit Ausnahme des Zimmerchens, in dem sie mit ihrer Tochter wohnte, an Dritte vermietet.
Mein Großvater nahm nie ein Bad oder eine Dusche. Auf diese Weise sparte er Wasser und Seife. Dass er fünf Straßen weit zu riechen war, kümmerte ihn nicht. Obwohl er nie ein Wort mit mir sprach, liebte ich ihn sehr. Immer wenn er, was alle sechs Wochen geschah, am Sonntagmittag bei uns aß (an den anderen Sonntagen aß er bei seinen anderen Söhnen und Töchtern), wartete ich auf den denkwürdigen ­Augenblick, wenn wir uns ins Tischgebet vertieften und er seine schwarze Mütze, die er nie absetzte, kurz ein wenig nach vorn schob. Während des Gebets hielt ich dann die Augen geöffnet und sah einen kleinen Teil seines glänzenden Schädels. Nach dem Gebet gab es immer Vermicelli-Suppe, und jedes Mal fiel ihm beim Essen eine der dünnen hellgelben Nudeln in seinen grauen Bart. Meistens blieb das fadenartige Ding darin hängen, und manchmal konnte man es, wenn mein Großvater am Montagabend zum Dame­spielen kam, dort noch, leicht verschrumpelt, entdecken. Mitunter wurde eine solche Nudel als fester Bestandteil in den Bart mitaufgenommen.
Jedes Jahr am 2. Februar ging ich zu ihm, um ihm zum Geburtstag zu gratulieren. Bei meiner letzten Geburtstagsvisite spielte er mit einem uralten Männlein aus Maasland Dame. Er unterbrach das Spiel, ich reichte ihm die Hand, bekam ein pechschwarzes Pfefferminzbonbon hineingelegt und sagte : „ Ich hoffe, du wirst noch sehr lange bei uns sein. “ Bestürzt sah er mich an, dann brach er in Tränen aus. Vor Schreck begann auch ich zu weinen, und sehr bald schon fügte das alte Männlein aus Maasland sein krampfartiges Schluchzen unserem Jammern hinzu. Kurz danach ist mein Großvater gestorben. Oft denke ich, ihm wurde, als ich in meiner Unschuld den klischeehaften Wunsch aussprach, erstmals bewusst, dass dies sein letzter Geburtstag sein könnte.
Er starb, wie er gelebt hatte, ohne Schmerz, ohne Trauer, ohne wirkliche Krankheit. Allerdings war den Angehörigen klar, dass es bald so weit sein würde. Seine Söhne hielten ­abwechselnd Wache an seinem Bett. In der Nacht, als er starb, war mein Vater an der Reihe. Morgens um fünf bat mein Großvater um den Nachttopf, er wollte sich aufrichten und kippte um. Als mein Vater um sieben nach Hause kam, hatte er dicke Tränen in den Augen.
Erstaunt sagte ich : „ Aber du hast ihn doch gar nicht gemocht, und zu dir hat er ständig gesagt, du seist ein grober Klotz. “
„ Trotzdem war er mein Vater “, erwiderte er.
Von frühester Kindheit an habe ich nie jemanden etwas Anerkennendes über meinen Großvater sagen hören. Und gleichzeitig habe ich von Kindesbeinen an ständig von meinem eigenen Vater, meinen Onkeln und Tanten (nie aber von meiner Mutter) zu hören bekommen, ich gliche ihm aufs Haar. Als ich das erste Mal bei meiner Tante Anna war – die er oft für ein paar Tage besucht hatte – und ich mich in der Diele kurz mit ihr unterhielt, um anschließend das Wohnzimmer zu betreten, da starrte mich der leichenblasse Schwiegersohn meiner Tante an, der mich bis dahin noch nie getroffen ­hatte.
„ Gütiger Gott “, sagte er, „ ich habe mich zu Tode erschreckt. Ich habe auf einmal die Stimme von Opa ’t Hart gehört, obwohl der doch schon lange tot ist. “
„ Nein “, sagte meine Tante, „ das war die Stimme von unserem Maarten hier. Er hat genau, aber auch wirklich genau dieselbe Stimme wie sein Großvater. “
„ Sag noch mal etwas “, bat mich der angeheiratete Cousin.
„ In einem Eisbär bleibt das Fleisch herrlich kühl “, sagte ich.
Der Mann meiner Cousine holte tief Luft : „ Wie ist es bloß möglich. “
Es ist ein merkwürdiger Fluch, zu wissen, dass man jemandem aufs Haar gleicht. Mein einziger Trost ist, dass mein Großvater, wie ich bis heute, nie ernsthaft krank war und vierundachtzig Jahre alt geworden ist. Seinen Hang zu Frauen, seinen außergewöhnlichen Geiz, die Scheu vor Wasser und das Nicht-verlieren-Können, das habe ich von ihm. Und natürlich die Stimme, wobei ich mich in die­­sem Punkt grob benachteiligt fühle. Denn schließlich hätte ich ebenso gut die Stimme meines anderen Großvaters erben können. Und dessen Stimme ist die zweitschönste Sprechstimme, die ich je gehört habe. Nur die von Kathleen Ferrier finde ich noch schöner, von ihrer Singstimme ganz zu schweigen. Vor allem, wenn mein Großvater mit seiner wunderbaren Stimme demutsvoll aus der Bibel vorlas oder ein Gebet sprach, war ich zutiefst gerührt. Hin und wieder kommt mir sein Ton noch mal zu Ohren, etwa wenn ein christlich-reformierter Pastor im Radio predigt.
Mein anderer Großvater war nicht auf die gleiche selbstverständliche Art gläubig wie meine übrigen Verwandten. „ Vater Arie macht es sich selbst so schwer “, sagte mein Vater immer. „ Mein Vater ringt ganz schrecklich mit seinem Glauben “, sagte meine Mutter, „ das solltest du selbst später nicht tun, auch wenn du ihm in vielem ähnlich bist. “ Es war dieser Großvater, der zwei Presbyter zur Tür hinauswarf, so wie ich es in Ein Schwarm Regenbrachvögel beschrieben habe. Er war Gärtner, wollte der beste von ganz Maasland sein, und das war er auch; er züchtete Exportqualität. Wenn er seine Tomaten für den Export nicht gut genug fand, verkaufte er sie nicht, auch wenn man ihm hoch und heilig ­versicherte, sie könnten problemlos auf das Schiff nach ­England verladen werden. Er war grundehrlich; während des Krieges beteiligte er sich nicht am Schwarzhandel, obwohl ihm das ein Vermögen eingebracht hätte. Da fast alle Gärtner in Westland diesbezüglich weniger große Bedenken hatten, kam das damals bereits raublustige Finanzamt auf den Gedanken, den Gärtnern nach dem Krieg einen Steuerbescheid über die geschätzten Einkünfte auf dem Schwarzmarkt zu schicken. Auch mein Großvater bekam einen ­solchen Bescheid. Dieser Zweifel an seiner Integrität hatte schreckliche Folgen. Nachdem er alle seine Kinder (sechs Söhne und drei Töchter) und deren Verlobte aus dem Haus geschickt hatte, schloss er sich im nach vorn gelegenen Schlafzimmer ein. Wann immer jemand an das Fenster klopfte, drohte er, dass er jeden, der ins Haus komme, umbringen werde. Daraufhin versuchten einige seiner Söhne vor dem Haus, ihn, so gut es ging, abzulenken, während mein Vater sich mit den anderen durch die Hintertür ­hineinschlich. Es gelang der Gruppe, ihn zu überwältigen. Mein Vater erzählte später des Öfteren : » Wir waren zu sechst, aber wir konnten ihn kaum halten. Nur gut, dass wir einen Arzt gerufen hatten, der ihm dann eine Spritze ­gegeben hat. « Anschließend wurde mein Großvater in das psychiatrische Krankenhaus St. Joris in Delft gebracht, dasselbe Krankenhaus, wo heute der Bruder meines Freundes und Kollegen Maarten Biesheuvel von wiederum meinem Bruder gepflegt wird.
Im St. Joris ist mein Großvater nicht lange gewesen, trotzdem hat er auch danach noch oft derartige Anfälle von ­unbeherrschter Wut gehabt. Einmal durfte ich einen miterleben. Mein Großvater hatte seine Gärtnerei an zwei seiner Söhne übergeben, war in eine Altenwohnung in Maasland gezogen und arbeitete unentgeltlich bei der dortigen Ge­müseauktion. Eines Nachmittags gingen einige Klassen­kameraden und ich nach der Schule zur Auktionshalle, um dort, wie wir das öfter taten, beim Auf- und Abladen der Auktionssteigen zu helfen. Nachdem wir dies eine Weile ­getan hatten, liefen wir zur großen Waage im vorderen Bereich der Halle und wogen uns selbst. Mein Großvater tauchte auf, sah, was wir taten, nahm eine Fahrradpumpe und schlug einen meiner Klassenkameraden zu Boden. Die anderen Jungen rannten weg. Ich blieb stehen. Er packte mich beim Jackenkragen, drehte ihn zu einem Knebel und herrschte mich an : „ Du auch hier ? “ Dann verpasste er mir mit seiner freien Hand eine schallende Ohrfeige. Anschließend lief er zu seinem Fahrrad, sprang auf und machte sich an die Verfolgungsjagd. Ein Stück entfernt, bei einem Tunnel, holte er zwei meiner Mitschüler ein. Noch heute sehe ich genau vor mir, wie er im schattenreichen Wintersonnenlicht des ausgehenden Tages in unbändiger Wut auf einen der beiden einschlägt. Als dieser zu Boden sank, sprang er wieder aufs Rad und verfolgte den anderen. In der stillen Winterdämmerung ging ich langsam zu Daan Coumou. Vorsichtig half ich ihm auf die Beine. Er blutete heftig. „ Der wird noch von mir hören “, sagte er, „ ich sorge dafür, dass mein Vater Anzeige bei der Polizei erstattet. “ In der Ferne hatte mein Großvater inzwischen den anderen Klassen­kameraden eingeholt. Wieder sah ich die Fahrradpumpe durch die Luft sausen. Und immer noch war mein Groß­vater nicht zufrieden. Er saß bereits wieder auf dem Rad und versuchte, auch den Letzten noch zu fassen zu kriegen. Auch der kam am nächsten Tag mit Prellungen, Blutergüssen und aufgeplatzter Augenbraue in die Schule.
Einige Jahre später bekam mein Großvater Magenkrebs. Ich habe ihn nach der Diagnose noch einmal gesehen. Eines Mittwochnachmittags schickte meine Mutter mich nach Maasland, um „ für immer Abschied zu nehmen “. Ich glaube nicht, dass ich jemals einen schwereren Gang gemacht habe. Ich fuhr an der Auktionshalle vorbei, wo man den schwierigen Mann vor die Tür gesetzt hatte. Am Gartentor der Altenwohnung wartete bereits meine muntere Großmutter auf mich. Sie ging nicht mit hinein, sie ließ mich ­allein das Wohnzimmer betreten, wo er auf einem Campingbett unter dem größeren Fenster lag. Ich erkannte ihn kaum wieder, er war zu einem Kind mit dem Gesicht eines Greises zusammengeschrumpft. Immer wieder zog er die Decke über seinen imaginären Körper. Wir haben dann, ich war fünfzehn Jahre alt, über die Sünde gesprochen. „ Weißt du “, sagte er zu mir, » das mit der Erbsünde ist bestimmt nicht wahr. Einem Kind wie dem meiner Tochter Bep, das gerade geboren wurde, muss man nur in die Äuglein schauen, um zu wissen, dass es nicht sündig ist. Das kommt erst später. Und manchmal kommt die Sünde überhaupt nicht. Es gibt Menschen, die gerecht sind, bestimmt. Pastor Potjer sagt zwar, dem sei nicht so, aber der sollte lieber seine Bibel mal genau lesen. Jesus sagt schließlich, dass er nicht für die Gerechten gekommen sei, und daraus folgt, dass es Gerechte gibt. Nein, ich spreche nicht von mir selbst, ich war nicht ohne Sünde, und du auch nicht, du warst bereits ein Tau­genichts, als du noch ganz klein warst. Aber das spielt keine Rolle, ich werde aus alldem sowieso nicht mehr schlau, wie kann der Sohn Gottes ganz allein all unsere Sünden auf sich nehmen ? Ich habe jeden Halt verloren, ich kann mir auf all das keinen Reim mehr machen. «
Er gab mir die Hand und sagte ruhig : „ So, Maarten, das ist nun das letzte Mal, dass ich dir die Hand gebe, sei gut zu deiner Mutter. “ Danach schloss er die Augen, drehte sich zum Fenster und zog die Decke über sich. Sein ganzer Körper passte problemlos darunter. Es dauerte aber noch Wochen, ehe er starb. Während der ganzen Zeit besuchten mein Vater und meine Mutter ihn jeden Samstagabend, und jedes Mal sagte mein Vater, wenn sie nach Hause kamen : » Wie klein Vater Arie geworden ist, man kann ihn auf ­einem Teelöffel forttragen. « Meine Mutter sagte nichts, sie weinte nur, und sie weinte so lange, bis wir zu Bett gingen.
» Und du hast immer gesagt, dass er ein schrecklicher ­Tyrann sei und du ihn gar nicht magst «, sagte ich.
„ Er ist mein Vater “, erwiderte sie.
In den letzten Wochen sagte mein Großvater, er wolle gern bei vollem Bewusstsein sterben. „ Um zu wissen, was das ist : Sterben. “ Aber er starb im Schlummer, an einem Sonntagnachmittag, am Tag des Herrn. Den Seinen gibt der Herr im Schlaf.

Maarten 't Hart

Über Maarten 't Hart

Biografie

Maarten ’t Hart, geboren 1944 in Maassluis, studierte Verhaltensbiologie, bevor er sich als freier Schriftsteller niederließ. 1997 erschien auf Deutsch sein Roman „Das Wüten der ganzen Welt“, der zu einem überragenden Erfolg wurde. Nicht zuletzt seine autobiografischen Werke machen ihn zu einem der...

Pressestimmen
Rheinische Post

„Maarten 't Hart hat eine unverwechselbare Art humorvollen realistischen Erzählens. (...) Er überzeugt als humoristischer, im letzten immer versöhnlicher Erzähler.“

Stern Viva!

„Für Maarten-'t-Hart-Leser ein erfrischendes Muss.“

Zugerbieter (CH)

„In seiner Autobiografie erzählt er auf charmante, höchst selbstironische Weise von seinen Anfängen als Metzgereigehilfe, als Verhaltensforscher, als Journalist und Autor sowie von seiner alles überstrahlenden Leidenschaft für die Musik.“

NDR Kultur Buchtipps

»Manche der Szenen, die Maarten´t Hart beschreibt, sieht man förmlich als Schwarzweißfotografien vor sich. (...) Es sind lesenswerte, mit gut abgeschliffenen Anekdoten gespickte Lebenserinnerungen eines von Kindheit an sturen, eigenwilligen Einzelgängers, der ein durch Literatur und Musik überaus reiches Innenleben entwickelt.«

Aachener Zeitung

„Es ist die Kunst des Erzählens selbst, die den Leser hineinzieht in die Geschichte.“

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