Das Universum für Eilige — Inhalt
So werden Sie Astrophysik lieben
Verstehen Sie die Relativitätstheorie und Quantenphysik? Ab jetzt schon! „Das Universum für Eilige“ bringt den Kosmos mit Witz und Tempo auf den Punkt.
Vom Urknall zum Weltall: Wie funktioniert das Universum? Neil deGrasse Tyson ist der bekannteste Star der Astrophysik und vermittelt Wissen zur Astronomie auf rasante Weise.
Lassen sich Milliarden von Sternen, Galaxien und Planeten auf nicht einmal 200 Seiten zusammenfassen? Kein Problem! Wenn Neil deGrasse Tyson das Weltall erklärt.,
„Das Universum für Eilige“ hält, was es verspricht. Das ultimative Kompendium für Wissensdurstige stellt den aktuellen Forschungs- und Wissensstand über unsere Galaxie auf unterhaltsame und verständliche Weise vor. Dunkle Materie, Exoplaneten, unsichtbares Licht – selbst Astrophysiker schauen gern bei Neil deGrasse Tyson vorbei, wenn sie herausfinden möchten, wie sie ihre Forschung publikumswirksam vorstellen können.
„Für alle, die für dicke Wälzer keine Zeit, aber trotzdem Interesse daran haben, was außerhalb unserer Erde so alles los ist.“ – Neil deGrasse Tyson
deGrasseTysons unkomplizierte Art hat ihn zum Fernsehstar und gefeierten Buchautor gemacht. Seine Liebe zu den Planeten übermittelt er in seinen Live-Auftritten, seiner TV-Sendung und in unzähligen Wissensbüchern.
„Das Staunen des Forschers über dieses unfassbare Gebilde namens Weltall ist für jedermann ungemein ansteckend.“ – Tagesspiegel
Leseprobe zu „Das Universum für Eilige“
Vorwort
Seit einigen Jahren vergeht kaum eine Woche ohne eine
Entdeckung
kosmischen Ausmaßes, die es in die Schlagzeilen
schafft – zuletzt, im Oktober 2017, das Echo einer gigantischen
Explosion zweier 130 Millionen Lichtjahre entfernter
Sterne. Die wachsende mediale Präsenz liegt daran, dass
die Öffentlichkeit einfach immer mehr über Naturwissenschaften
erfahren will. Dafür spricht eine ganze Menge:
Fernsehshows
mit naturwissenschaftlichem Bezug, Science-
Fiction-Filme
mit berühmten Schauspielern und namhaften
Produzenten und Regisseuren sind Kassenschlager im [...]
Vorwort
Seit einigen Jahren vergeht kaum eine Woche ohne eine
Entdeckung
kosmischen Ausmaßes, die es in die Schlagzeilen
schafft – zuletzt, im Oktober 2017, das Echo einer gigantischen
Explosion zweier 130 Millionen Lichtjahre entfernter
Sterne. Die wachsende mediale Präsenz liegt daran, dass
die Öffentlichkeit einfach immer mehr über Naturwissenschaften
erfahren will. Dafür spricht eine ganze Menge:
Fernsehshows
mit naturwissenschaftlichem Bezug, Science-
Fiction-Filme
mit berühmten Schauspielern und namhaften
Produzenten und Regisseuren sind Kassenschlager im Kino,
Filmbiografien bedeutender Wissenschaftler haben sich fast
schon zu einem eigenständigen
Genre entwickelt. Auch
Wissenschaftsfestivals, Science-Fiction-
Kongresse und wissenschaftliche
Dokumentationen im Fernsehen erfreuen sich
weltweit großen Interesses. Und: Der erfolgreichste Film aller
Zeiten spielt auf einem Planeten, der einen fernen Stern
umkreist. In der Hauptrolle: eine Astrobiologin.
Die meisten Zweige der Wissenschaft haben sich in unserer
Ära weiterentwickelt, keine jedoch so stark wie die Astrophysik.
Und ich glaube, ich weiß, warum. Irgendwann im
Leben hat jeder von uns einmal den Blick zum Nachthimmel gerichtet und sich gefragt: Was hat das alles zu bedeuten?
Wie funktioniert das alles? Und wo ist eigentlich mein Platz
im Universum?
Wenn Sie zu beschäftigt sind, um sich mit Fachliteratur,
Dokumentarfilmen oder der Volkshochschule dem Kosmos
anzunähern, aber trotzdem gerne eine kurze, aussagekräftige
Einführung in das Thema hätten, wäre hier mein Angebot:
Das Universum für Eilige. In diesem kleinen Bändchen
erfahren Sie alles, was Sie über die wichtigsten Ideen und
Entdeckungen wissen müssen, die unser heutiges Verständnis
des Universums ausmachen. Wenn alles gut geht, werden
Sie auf meinem Fachgebiet jederzeit mitreden können,
und vielleicht bekommen Sie sogar Appetit auf mehr.
1. Die größte Geschichte aller Zeiten
Die Welt besteht schon gar viele Jahre,
von Urkräften ehedem füglich in ihren
Lauf gesetzt. Aus diesen Kräften
geht alles andere hervor.
Lukrez, ca. 50 v. Chr.
Am Anfang, vor fast 14 Milliarden Jahren, nahmen der gesamte
Raum, die gesamte Materie und die gesamte Energie
des bekannten Universums weniger als ein Billionstel der
Größe des Punkts ein, der am Ende dieses Satzes steht.
Es herrschte eine solche Hitze, dass die Grundkräfte der
Natur, die in ihrer Gesamtheit das Universum beschreiben,
zu einem einheitlichen Ganzen verschmolzen waren. Noch
wissen wir nicht, wie dieser unvorstellbar winzige Kosmos
entstanden ist, klar ist jedoch: Er konnte nur expandieren –
und zwar schnell. Diese Expansion kennen wir heute als Urknall.
Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie aus dem Jahr
1916 begründet unser modernes Verständnis der Gravitation,
wonach das Vorhandensein von Materie und Energie
eine Krümmung des Raum-Zeit-Gefüges bewirkt. In den 1920er-Jahren
wurde die Quantenmechanik entdeckt, die
unsere moderne Vorstellung von allem prägt, was extrem
klein ist: Moleküle, Atome, subatomare Partikel. Diese beiden
Vorstellungen von der Natur sind formal allerdings
nicht kompatibel. Und so begann ein Wettlauf der Physiker,
wie die Theorie des Kleinen mit der Theorie des Großen zu
einer einzigen kohärenten Theorie der Quantengravitation
zusammenzuführen sei. Wir sind noch nicht über die Ziellinie,
wissen aber immerhin, wo die Knackpunkte sind. Einer
davon liegt in der „Planck-Ära“ des frühen Universums. Dabei
geht es um das Zeitintervall von t = 0 bis t = 10–43 Sekunden
(ein Zehnseptillionstel einer Sekunde oder: 0,0000
0000000000000000000000000000000000000001
Sekunden) nach dem Anfang, und bevor das Universum auf
einen Durchmesser von 10–35 Meter (ein Hundertquintilliardstel
eines Meters oder: 0,000000000000000000000
000000000000001 Meter) angewachsen war. Der deutsche
Physiker Max Planck, nach dem diese unvorstellbar
winzigen Größen benannt sind, führte im Jahr 1900 die Idee
der quantisierten Energie ein und gilt allgemein als Vater der
Quantenmechanik.
Der Widerstreit zwischen Gravitation und Quantenmechanik
stellt für das Universum unserer Tage kein praktisches
Problem dar. Astrophysiker wenden die Methoden
und Werkzeuge der Allgemeinen Relativitätstheorie und der
Quantenmechanik auf höchst unterschiedliche Problemfelder
an. Aber am Anfang, in der Planck-Ära, war das Große noch klein, und wir haben den Verdacht, dass zwischen den
beiden eine Art Zwangsehe geschlossen wurde. Allein, die bei
dieser Zeremonie ausgetauschten Gelübde blieben uns bisher
verborgen, deshalb gibt es keine (bekannten) Gesetze der
Physik, die halbwegs verlässlich beschreiben könnten, was
genau im Universum während dieses Zeitraums vorging.
Dennoch gehen wir davon aus, dass sich zum Ende der
Planck-Ära die Gravitation von den anderen, nach wie vor
vereinten Kräften der Natur zu lösen vermochte und eine eigenständige
Identität erlangte, wie sie unsere gegenwärtigen
Theorien trefflich beschreiben. Im Verlauf seiner „Alterung
“ bis 10–35 Sekunden dehnte sich das Universum weiter
aus und schwächte dabei alle Energiekonzentrationen ab.
Was von den vereinten Urkräften übrig war, teilte sich in die
„elektroschwache Kraft“ und die „starke Kernkraft“ auf.
Noch etwas später spaltete sich die elektroschwache Kraft in
die elektromagnetische Kraft und die „schwache Kernkraft“
auf. Und damit haben wir die vier kosmischen Grundkräfte,
die wir alle kennen und schätzen: Die schwache Kernkraft
steuert den radioaktiven Zerfall, die starke Kernkraft bindet
den Atomkern, die elektromagnetische Kraft bindet die Moleküle,
und die Schwerkraft bindet feste Materie.
■
Seit dem Anfang ist eine billionstel Sekunde vergangen.
■
Die Wechselwirkung zwischen Materie, in Form subatomarer
Teilchen, und Energie, in Form von Photonen (masselose
Teilchen, die die Energie des Lichts transportieren und gleichermaßen
als Welle und als Partikel betrachtet werden
können), ging derweil unablässig weiter. Das Universum
war so heiß, dass die Photonen ihre Energie spontan in Materie-
Antimaterie-Partikelpaare umwandeln konnten. Die
löschten sich sofort wieder gegenseitig aus und wandelten
sich in Energie in Form neuer Photonen um. Ja, Antimaterie
gibt es wirklich. Und wir haben sie entdeckt, nicht Science-
Fiction-Autoren.
Einstein beschreibt diese wundersamen
Wandlungen umfassend in seiner berühmtesten Gleichung:
E = mc2. Sie sagt uns auf ganz einfache Weise, wie viel Materie
unsere Energie und wie viel Energie unsere Materie wert
ist. Das c2 ist die Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat – eine
gewaltige Zahl, die uns, wenn man sie mit der Masse multipliziert,
vor Augen führt, wie viel Energie bei der Übung am
Ende herauskommt.
Kurz vor, während und nach der Trennung der starken von
der elektroschwachen Kraft war das Universum eine brodelnde
Brühe aus Quarks, Leptonen und deren Geschwistern
im Reich der Antimaterie. Dazu kamen noch Bosonen,
jene Teilchen, die die Interaktionen der anderen erst ermöglichen.
Von keiner dieser Teilchenfamilien nimmt man an,
dass sie in etwas noch Kleineres oder Elementareres aufgeteilt
werden könnte. Trotzdem tritt jede davon in mehreren
Varietäten auf. Das handelsübliche Photon gehört zur Familie der Bosonen. Die für Nichtphysiker am ehesten vertrauten
Leptonen sind das Elektron und vielleicht noch das
Neutrino; und die geläufigsten Quarks … gut, zugegeben,
wirklich geläufige Quarks gibt es nicht. Jeder ihrer sechs
Unterarten
verpasste man einen abstrakten Namen, der keinerlei
philologischen, philosophischen oder pädagogischen
Zweck erfüllt, außer eben dem, sie von den jeweils anderen
Unterarten zu unterscheiden: So gibt es Up- und Down-
Quarks, Strange- und Charm-Quarks und Top- und Bottom-Quarks.
Bosonen sind, nebenbei bemerkt, nach dem indischen
Wissenschaftler Satyendra Nath Bose benannt. Der Begriff
„Lepton“ leitet sich vom griechischen Wort leptos ab, das
„leicht“ oder „klein“ bedeutet. „Quark“ hingegen besitzt einen
literarischen und weitaus fantasiereicheren Ursprung.
Der Physiker Murray Gell-Mann, der im Jahr 1964 die Existenz
von Quarks als interne Bestandteile von Neutronen und
Protonen in den Raum stellte und der zu jener Zeit annahm,
dass die Familie der Quarks aus nur drei Mitgliedern bestünde,
entlieh den Namen einer ebenso typischen wie mysteriösen
Textstelle in James Joyce’ Finnegans Wake: „Drei Quarks
für Muster Mark!“ Eines immerhin darf man den Quarks
zugutehalten: Alle ihre Bezeichnungen sind wirklich simpel
– Chemiker, Biologen und vor allem Geologen kriegen
eine derart einfache Nomenklatur nicht auf die Reihe.
Quarks sind seltsame Gesellen. Anders als Protonen, die
eine elektrische Ladung von +1 haben, und Elektronen (elektrische Ladung: –1), haben Quarks Drittelbrüche als Ladungswerte.
Vor allem aber wird es niemandem gelingen,
ein Quark ganz alleine zu erwischen; es krallt sich immer an
anderen Quarks in seiner Nähe fest. Die Kraft, die zwei (oder
mehr) Quarks zusammenhält, nimmt sogar zu, je mehr man
versucht, sie voneinander zu trennen – ganz so, als wären sie
durch eine Art subnukleares Gummiband verbunden. Bringt
man aber die Quarks weit genug auseinander, reißt das
Gummiband, die gespeicherte Energie lässt unter Berufung
auf E = mc2 an jedem Ende ein neues Quark entstehen – und
Sie sind wieder da, wo Sie angefangen haben.
In der Quark-Lepton-Ära war das Universum so dicht gepackt,
dass der durchschnittliche Abstand zwischen nicht
verbundenen Quarks vom Abstand zwischen verbundenen
Quarks kaum zu unterscheiden war. Unter diesen Bedingungen
war die Zusammengehörigkeit benachbarter Quarks
nicht eindeutig auszumachen. Die Quarks bewegten sich frei
untereinander, auch wenn sie kollektiv aneinander gebunden
waren. Die Entdeckung dieses Materiezustands, einer
Art Kessel voller Quarks, wurde erstmals im Jahr 2002 von
einem Physikerteam der Brookhaven National Laboratories
von Long Island, New York, gemeldet.
Theoretisch spricht viel dafür, dass ein Ereignis im ganz
frühen Universum, vielleicht während einer der Aufspaltungen
der Urkräfte, zu einer bemerkenswerten Asymmetrie
führte. Danach waren die Materiepartikel den Antimateriepartikeln
zahlenmäßig nur ganz knapp voraus, und zwar im Verhältnis von 1 000 000 000 001 zu 1 000 000 000 000.
Inmitten der kontinuierlichen Zyklen von Erzeugung, Vernichtung
und Neuerzeugung von Quarks und Antiquarks,
Elektronen und Antielektronen (besser bekannt als Positronen),
Neutrinos und Antineutrinos fiel dieser winzige Unterschied
gewiss niemandem auf. Der überzählige Kollege
hatte Gelegenheiten zuhauf, einen Partner für die Paarvernichtung
zu finden, und so machten es auch alle anderen.
Aber allzu lange ging das nicht so weiter. Der Kosmos
dehnte sich weiter aus – wurde größer als unser Sonnensystem
– und kühlte sich zügig ab – auf unter eine Milliarde
Kelvin.
■
Seit dem Anfang ist eine millionstel Sekunde vergangen.
■
Dieses laue Universum war inzwischen weder heiß noch
dicht genug, um Quarks zu kochen. Deshalb schnappte sich
jedes davon einen Tanzpartner und erzeugte auf diese Weise
eine permanente neue Familie schwerer Partikel mit Namen
„Hadronen“ (vom griechischen hadros, „dick“). Dieser
Übergang vom Quark zum Hadron führte schon bald zur
Entstehung von Protonen und Neutronen sowie weiterer,
weniger bekannter schwerer Partikel, die sich sämtlich aus
verschiedenen Kombinationen von Quark-Spezies zusammensetzen.
In der Schweiz (wir sind wieder zurück auf der Erde) nutzt die Europäische Organisation für Kernforschung*
einen riesigen Teilchenbeschleuniger, um Hadronenstrahlen
kollidieren zu lassen – damit sollen ebendiese
beschriebenen Bedingungen nachgestellt werden. Diese
größte Maschine der Welt heißt passenderweise „Large
Hadron Collider“ (LHC).
Die geringfügige Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie,
die in der Quark-Lepton-Brühe herrschte, ging
nun auf die Hadronen über, allerdings mit erstaunlichen
Folgen.
Mit der weiteren Abkühlung des Universums nahm die
Energiemenge ab, die für die spontane Erzeugung von Elementarteilchen
zur Verfügung stand. Während der Hadronen-
Ära konnten sich die Photonen in der Umgebung nicht
mehr auf E = mc2 stützen, um Quark-Antiquark-Paare zu
produzieren. Und nicht nur das: Die Photonen, die aus all
den verbliebenen Paarvernichtungen hervorgegangen waren,
gaben ihre Energie an das sich immer weiter ausdehnende
Universum ab. So fiel die Energie irgendwann unter die
Schwelle, die notwendig wäre, um Hadron-Antihadron-Paare
zu erzeugen. Pro einer Milliarde Vernichtungen – die
eine Milliarde Photonen zurückließ – überlebte ein einziges
Hadron. Und diese Einzelkämpfer sollten am Ende den ganzen
Spaß haben: Sie dienten als ultimative Materiequelle für
die Erzeugung von Galaxien, Sternen, Planeten und Petunien. Ohne dieses winzige Ungleichgewicht zwischen Materie
und Antimaterie – eine Milliarde und eins zu einer Milliarde
– hätte sich die gesamte Masse im Universum selbst ausgelöscht.
Zurückgeblieben wäre ein Kosmos aus Photonen
und nichts sonst – das ultimative „Es werde Licht“-Szenario.
■
Inzwischen ist eine Sekunde vergangen.
■
Das Universum ist auf einen Durchmesser von einigen
Lichtjahren angewachsen.* Das ist in etwa die Entfernung
von der Sonne bis zu ihren nächstgelegenen Nachbarsternen.
Mit einer Milliarde Kelvin ist das Universum immer
noch ganz schön heiß – und ebenfalls noch in der Lage, Elektronen
zu kochen, die zusammen mit ihren Gegenstücken,
den Positronen, weiterhin entstehen und wieder vergehen.
Im sich immer weiter ausdehnenden und abkühlenden Universum
sind ihre Tage (eigentlich: Sekunden) jedoch gezählt.
Was für die Quarks und für die Hadronen galt, traf nun auch
auf die Elektronen zu: Am Ende überlebt nur eines von einer
Milliarde. Der Rest löscht sich paarweise mit Positronen, ihren
Kumpels aus der Antimaterie, in einem Meer von Photonen
aus.
Inzwischen hat sich ein Elektron für jedes Proton so weit
stabilisiert, dass es nicht wieder verschwindet. Mit der weiteren
Abkühlung des Kosmos – wir sind inzwischen unter
hundert Millionen Kelvin angelangt – verbinden sich Protonen
mit anderen Protonen sowie mit Neutronen und bilden
dadurch Atomkerne. So entwickelt sich ein Universum, in
dem 90 Prozent dieser Kerne Wasserstoff und zehn Prozent
Helium sind. Dazu kommen noch winzige Spuren von Deuterium
(„schwerer“ Wasserstoff), Tritium (noch schwererer
Wasserstoff) und Lithium.
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Seit dem Anfang sind zwei Minuten vergangen.
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Die nächsten 380 000 Jahre tut sich nicht allzu viel in unserer
Teilchenbrühe. In all diesen Jahrtausenden bleibt es heiß
genug, damit sich Elektronen frei unter den Photonen bewegen
und diese ordentlich durchschütteln, während sie mit ihnen
interagieren.
Mit dieser Freiheit ist es allerdings abrupt vorbei, sobald
die Temperatur des Universums unter 3000 Kelvin fällt (das
ist etwa halb so heiß wie die Oberfläche der Sonne). Dann
tun sich nämlich alle freien Elektronen mit Atomkernen zusammen.
Diese Hochzeit hinterlässt ein allgegenwärtiges
Bad aus sichtbarem Licht, das am Himmel auf ewig einen
Beleg dafür hinterlässt, wo sich im betreffenden Moment sämtliche Materie befand. Außerdem kommt dadurch die
Bildung von Teilchen und Atomen im Ur-Universum zum
Abschluss.
Die Ausdehnung und Abkühlung des Universums ging in
der ersten Milliarde Jahre unablässig weiter. Die dabei entstandene
Materie sortierte sich per Gravitation zu jenen
massiven Konzentrationen, die wir Galaxien nennen. Fast
hundert Milliarden dieser Galaxien bildeten sich, jede davon
mit Hunderten von Milliarden Sternen, in deren Kernen eine
thermonukleare Fusion abläuft. Diese Sterne, deren Masse
das Zehnfache der Sonnenmasse überstieg, erreichten genügend
Druck und Temperatur im Kern, um Dutzende Elemente
zu erzeugen, die schwerer sind als Wasserstoff. Auch
jene, aus denen sich Planeten bildeten – und was auch immer
auf diesen Planeten an Leben entstand.
Diese Elemente wären erstaunlich nutzlos, wenn sie einfach
nur dort blieben, wo sie sich gebildet haben. Hier und da
explodieren aber massereiche Sterne und verteilen dadurch
ihr chemisch angereichertes Innenleben in der ganzen Galaxie.
Nach neun Milliarden Jahren dieser Anreicherung wird
in einem unscheinbaren Teil des Universums (in den Außenbezirken
des Supergalaxienhaufens „Virgo“) in einer unscheinbaren
Galaxie (der Milchstraße) in einer unscheinbaren
Region (dem Orion-Arm) ein unscheinbarer Stern (die
Sonne) geboren.
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