Der Aufstieg – In eisiger Höhe wartet der Tod Der Aufstieg – In eisiger Höhe wartet der Tod - eBook-Ausgabe
Thriller
— Die Thriller-Sensation des Jahres„Der Thriller punktet mit der Bergkulisse und der Atmosphäre. Leserinnen und Leser können den Schnee, das Eis und die Kälte fast selbst spüren.“ - Rheinische Post
Der Aufstieg – In eisiger Höhe wartet der Tod — Inhalt
In der Todeszone wartet der Mörder auf sie ...
Diese Story ist die Chance ihres Lebens: Cecily darf als Erste den berühmten Bergsteiger Charles McVeigh interviewen, nachdem dieser innerhalb eines Jahres alle vierzehn Achttausender bestiegen hat. Die Sache hat nur einen Haken: Cecily bekommt das Interview erst, wenn sie mit ihm den letzten Gipfel, den Manaslu, erklommen hat. Die kleine Gruppe macht sich auf den Weg, da kommt es im Basislager zu einem tragischen Unfall. Und Cecily erhält eine Nachricht: „Ein Mörder ist am Berg, bring dich in Sicherheit!“ Mit jedem Höhenmeter steigt die Gefahr, nicht ohne Grund nennt man diese Höhen die Todeszone. Doch dieser Aufstieg ist besonders tödlich, denn einer von ihnen ist ein Mörder. Und irgendwann ist die Luft selbst zum Schreien zu dünn …
Leseprobe zu „Der Aufstieg – In eisiger Höhe wartet der Tod“
Prolog
Gipfelsturm
Atmen, Cecily.
Eisige Luft strömte in ihre Lunge. Als sie sich ausgemalt hatte, wie es wäre, hier oben zu atmen, hatte sie angenommen, es würde sich anfühlen wie Ersticken. Wie wenn sich ihr die Kehle zuschnürte. Vielleicht irgendwie noch wie Ertrinken.
Aber so war es nicht.
Sie spürte, wie ihr der Wind in das winzige Fleckchen entblößter Haut zwischen Sturmhaube und Brille biss, dann eine heftigere Bö, die sie in die Knie zu zwingen drohte.
Luft gab es hier, sie leistete nur nicht, was sie leisten sollte.
Sie war unendlich müde. Während sie [...]
Prolog
Gipfelsturm
Atmen, Cecily.
Eisige Luft strömte in ihre Lunge. Als sie sich ausgemalt hatte, wie es wäre, hier oben zu atmen, hatte sie angenommen, es würde sich anfühlen wie Ersticken. Wie wenn sich ihr die Kehle zuschnürte. Vielleicht irgendwie noch wie Ertrinken.
Aber so war es nicht.
Sie spürte, wie ihr der Wind in das winzige Fleckchen entblößter Haut zwischen Sturmhaube und Brille biss, dann eine heftigere Bö, die sie in die Knie zu zwingen drohte.
Luft gab es hier, sie leistete nur nicht, was sie leisten sollte.
Sie war unendlich müde. Während sie sich weiter durch den Schnee vorankämpfte, gehorchten die Muskeln ihr kaum noch. Und nicht nur die Muskeln – auch das Blut. Die Lunge. Das Gehirn.
Im Grunde war es ganz einfach: Es war nicht genug Sauerstoff in der Luft, kaum noch ein Drittel dessen, woran ihr Körper gewöhnt war. Dem Höhenmesser an ihrem Handgelenk zufolge war sie immer noch jenseits der achttausend Meter. In der Todeszone.
Ihr Herz hämmerte wie wild. Sie warf einen Blick über die Schulter. War er noch da? Sie blieb stehen. Eine gekrümmte Silhouette ein paar Meter höher, seine schweren Schritte, die durch die Schneekruste brachen, die ihr folgten, die ihr nachjagten … Aber nein. Sie kniff die Augen zusammen. Das war nur der Schatten einer Wolke auf der Bergflanke.
Ohne hinreichend Sauerstoff im Gehirn konnte sie nicht einmal mehr ihren Augen trauen.
Kommt er doch? Oder wartet er schon weiter unten?
Sie hätte es nicht für möglich gehalten, dass ihr Herz noch schneller schlagen konnte, aber es galoppierte in ihrer Brust. Auch ihre Atmung ging schneller, sie hechelte an der dünnen Luft. Ihr Blick verschwamm, und ihr war schwindlig.
Was spielte es noch für eine Rolle, ob er über oder unter ihr war?
Um ihn würde es später noch gehen. Jetzt ging es ums Überleben.
Sie arbeitete sich so schnell voran, wie ihr Körper es zuließ. Ein einziger Fehltritt, und sie würde tausend Meter tief abstürzen. Unterdessen trieben Phantomschritte sie von hinten an.
Sie musste wieder nach unten kommen.
Und sie würde es ganz allein schaffen müssen.
Entwurf 1
Fourteen clean – Porträt eines Ausnahme-Alpinisten
Von Cecily Wong
Auf Meereshöhe ist Charles McVeigh ein Mann wie jeder andere. Doch in der Todeszone – jenseits der achttausend Meter – wird er zum Übermenschen.
Als er am [Datum einfügen] auf dem Gipfel des Manaslu stand, hatte er erreicht, was die wenigsten für möglich gehalten hätten: In weniger als einem Jahr hat er ohne künstlichen Sauerstoff und Sicherung die vierzehn höchsten Gipfel der Welt bezwungen und so seinen Titel als erfolgreichster lebender Bergsteiger der Welt verteidigt.
Was aber noch viel beeindruckender ist als seine Gipfelsiege: die riskanten Rettungsmanöver, die er unterwegs unternommen hat. Auf dem Dhaulagiri, dem dritten Berg auf seiner Liste, gehörte er dem Trupp an, der zwei italienische Brüder aufspürte, die oberhalb von Lager vier zusammengebrochen waren. Einen Bruder konnte er retten, der andere erlag seinen Verletzungen.
Dass er auch nur einen von ihnen retten konnte, nachdem die beiden in eisiger Kälte und bei zu dünner Luft die Nacht draußen verbracht hatten, grenzt an ein Wunder. Keiner von ihnen hätte überlebt, wenn Charles während des Abstiegs nicht immer noch Kraft gehabt hätte kehrtzumachen und aus Lager drei abermals aufzusteigen. Der Rest des Rettungsteams brauchte annähernd vierzehn Stunden, um aufzuschließen. Sie wären zu spät gekommen.
Neben weiteren am Everest, Broad Peak und auf dem Cho Oyu hat diese jüngste Rettungsaktion Charles vollends in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit gerückt.
Aber was genau treibt einen Mann an, sich solch extremen Gefahren auszusetzen? Ich hatte das Glück, Charles bei seinem letzten Gipfelsturm auf den Manaslu zu begleiten und ihm genau diese Frage zu stellen. [Interview anhängen, sobald ich’s habe!]
1
In ihrem beengten Hotelzimmer ein gutes Stück oberhalb der gebetsfahnengeschmückten Gassen von Thamel, dem Touristenviertel Kathmandus, klappte Cecily ihren Laptop zu. Der Einstieg für ihren Artikel saß noch nicht richtig, aber dass sie im Vorfeld wenigstens etwas vorformuliert hatte, beruhigte ihre Nerven. Immerhin war es bei Weitem leichter, ein schwaches Intro in Form zu bringen, als eine leere Seite vor sich zu haben.
Sie hatte immer geglaubt, die leere Seite wäre ihre Angstgegnerin. Doch dank Charles McVeigh hatte sie jetzt etwas noch viel Furchterregenderes vor sich.
Die Todeszone am achthöchsten Berg der Welt.
Nach ihrem Ausflug ins Tom & Jerry’s am Vorabend brummte ihr der Schädel. Sie hatte eigentlich nicht viel trinken wollen, doch einer der Neuen – Zak aus den USA – hatte Runde um Runde spendiert, und für diese vertrauensbildende Maßnahme schien ihr ein Kater ein geringer Preis zu sein. Für die Expedition sollte sie in Topform sein, und doch war sie bereits jetzt aus dem Gleichgewicht geraten.
Als es laut an der Zimmertür klopfte, war sie mit einem Satz auf den Beinen. Sie machte auf und winkte den Expeditionsleiter, Doug Manners, und seinen Sirdar – den Sherpa-Anführer – Mingma Lakpa herein. Die beiden hatten Cecily tags zuvor am Flughafen abgeholt. Sie hatte Doug an seinem silbergrauen Haar über der hochgebirgsgegerbten Haut sofort erkannt. Heute jedoch ließ er die Schultern hängen und wirkte müde – kein bisschen wie der wagemutige Bergsteigerpionier und Held der britischen Bergsteigercommunity, wie sie ihn sich vorgestellt hatte. Sie hatte einiges über seine Erfolge im Hochgebirge gelesen: fünf Everest-Besteigungen, sowohl über die Süd- als auch die Nordroute, und diverse Erstbesteigungen der weniger bekannten Gipfel im Karakorum und in den Anden. Er war jahrelang Bergführer für eine der besten kommerziellen Expeditionsagenturen gewesen, Summit Extreme, ehe er seine eigene Firma, Manners Mountaineering, gegründet hatte. Zudem war er bekannt für seine nüchterne Art und für höchste Sicherheitsstandards.
Neben ihm wirkte Mingma auf den ersten Blick schmächtig, allerdings wusste sie, dass er bereits fünfzehnmal auf dem Gipfel des Everest gestanden hatte. Cecily konnte kaum fassen, wie todesmutig und eisern man sein musste, um so etwas zu schaffen.
„Alles bereit?“, fragte Doug.
„Ich glaube schon.“ Sie schlug ihr Notizbuch mit der eingeklebten Ausrüstungsliste auf, während er die ordentlich aufgereihten Gegenstände auf dem Doppelbett inspizierte. Am Morgen hatte sie alles, was sie hatte besorgen müssen, dutzendfach durchgesehen und sorgfältig abgehakt. Sie hatte nichts vergessen. Nichts verschlampt.
Diesmal, an diesem Berg, wollte sie für alles gewappnet sein.
„Alles klar heute Morgen?“, fragte Mingma augenzwinkernd. Er hatte ihr am Vorabend zurück ins Hotel geholfen, indem er den nepalesischen Taxifahrer gelotst hatte.
„Klar, alles gut.“ Sie nötigte sich ein Grinsen ab, und er tätschelte ihr den Arm, ohne weiter auf das Thema einzugehen.
Unterdessen nahm Doug ihr Equipment genau in Augenschein. Er hob einen Schuh an, um die Sohle zu mustern – einen ihrer riesenhaften, dreilagig verarbeiteten, Achttausender-tauglichen Expeditionsbergschuhe mit wespengelben Gamaschen, die ihr bis zu den Knien reichten. Das Paar war brandneu, noch ungetragen. Die Schuhe wären entscheidend, wenn es darum ging, ihre Zehen in der extremen Kälte vor Erfrierungen zu schützen. Allerdings waren sie auch so groß, dass sie mehrere Innensohlen einlegen musste. Fast die komplette Ausrüstungspalette für Extremtouren – von Expeditionsanzügen bis hin zu den Schuhen – war für Männer gemacht, und sie hatte alles an ihre Bedürfnisse anpassen müssen.
„Danke euch beiden, dass ich bei dieser Expedition dabei sein darf“, sagte sie. „Muss komisch sein, Kundschaft dabeizuhaben – ich weiß, ihr habt bislang ausschließlich Charles bei seiner Mission unterstützt.“
„Ist uns ein Vergnügen.“ Mingmas spärlicher Schnurrbart schien ihn unter der Nase zu kitzeln. Er schmunzelte. Seine Herzlichkeit stand in scharfem Gegensatz zu Dougs Grummelei. Die Falte auf seiner Stirn wurde immer tiefer, als er die Schuhe beiseitelegte und den Eispickel mit dem orangefarbenen Schaft und ihren Sicherungsgurt inspizierte.
„Ich hoffe, der ist okay“, sagte sie. „Ich habe gegoogelt, welcher der beste ist, und der hatte gute Bewertungen …“
„Der wird ausreichen. Einer mit Clips an den Beinschlaufen wäre besser gewesen.“
Ihr stieg die Röte in die Wangen. „Oh. Das hab ich nicht gewusst.“
„Dann hättest du fragen sollen – Google rettet dich nicht aus achttausend Metern.“ Vorsichtig, um die Schlaufen nicht zu verdrehen, legte er den Gurt zurück aufs Bett. „Wenn ich eine Expedition anführe, nehme ich normalerweise nur Leute mit, die ausreichend Erfahrung haben. Du weißt nie, wann sich der Berg gegen dich wendet. Und es ist nicht bloß dein eigenes Leben, das du dort oben riskierst.“
„Das hat mich mein letzter Gipfelversuch gelehrt.“ Sie unterdrückte einen Schauder. „Ich habe online etwas darüber geschrieben – keine Ahnung, ob du gesehen …“
Doug sah sie ausdruckslos an. „Was im Internet steht, interessiert mich nicht.“
„Oh. Natürlich nicht. Ich dachte nur, du hättest es vielleicht gesehen, weil Charles meinte, er habe mich nur deshalb eingeladen.“ Dass sie es überhaupt angesprochen hatte, war ihr unangenehm, gleichzeitig war sie froh darüber. Immerhin eine Person aus dem Team, die ihren berühmt-berüchtigten Blogbeitrag „Dem Aufstieg nicht gewachsen“ nicht gelesen hatte – den Text über ihre anhaltende Unfähigkeit, die Gipfel der Berge zu erreichen, die sie in Angriff nahm. Am Vorabend hatte Zak, kaum dass ihm gedämmert hatte, wer sie war, darauf bestanden, gleich die nächste Runde Schnaps auszugeben.
„Sieht alles in Ordnung aus. Dann muss ich jetzt nach den anderen sehen“, sagte Doug. „Wenn du gepackt hast, lass die Taschen einfach hier im Zimmer stehen. Mingma bringt sie nach unten. Treffen ist um Punkt elf in der Lobby. Von dort geht es zum Flugplatz.“
Cecily straffte die Schultern. „Verstanden.“ Sie ließ den Blick über die Ausrüstung schweifen, die sie gleich würde zusammenpacken müssen. Für die Sachen war ihr gesamtes Erspartes draufgegangen. Alles, was sie besaß, lag auf diesem Bett. Sie fing Mingmas Blick auf. „Glaubst du, es ist zu viel?“
Er lachte. „Du solltest Mister Zaks Liste sehen! Ich glaube, der will sogar ein Album mit Kinderfotos hoch zum Gipfel bringen. Was hast du dabei?“
Sie kaute auf ihrer Unterlippe. „Um ehrlich zu sein, habe ich so weit noch gar nicht gedacht …“
„Nicht?“ Überrascht riss er die Augen auf. „In Thamel verkaufen sie überall Flaggen. Weshalb besorgst du dir nicht noch eine? Ein bisschen Zeit hast du noch.“
„Wirklich? Gute Idee. Danke, Mingma! Ich mache mich gleich auf den Weg, sobald ich hier fertig bin.“
Er neigte den Kopf und folgte Doug nach draußen. Cecily legte ihre Kleidung in Packsäcke, schob sie in ihre Tasche und ging die komplette Liste ein letztes Mal durch.
„Gipfelflagge“ stand nicht mit drauf. Trotzdem sollte sie etwas mit hinaufnehmen, was sie auf dem obligatorischen Gipfelfoto in der Hand halten könnte. Warum hatte sie daran nicht eher gedacht?
Als sie nach draußen und in Richtung der trubeligen Gassen lief, lag die Antwort auf der Hand.
Weil du nicht daran glaubst, dass du es schaffst.
2
Mit einem kleinen Union Jack im Hosentaschenformat kehrte Cecily ins Hotel zurück. Im selben Moment, da die Türen aufgingen, hielt ihr jemand ein Handy vors Gesicht. „Und guckt mal“, rief Zak, „hier kommt meine Mitstreiterin!“
Sie hatte ihn gegoogelt, sobald sie aus der Kneipe ins Hotel zurückgekehrt war. Wie sich herausgestellt hatte, war er Geschäftsführer von TalkForward, einem Hightech-Kommunikationsunternehmen mit Sitz in Petaluma, Kalifornien.
„Sag Hallo, Celia!“
„Ich heiße Cecily“, gab sie zurück und hob die Hand zum Gruß. Auf dem riesigen Handydisplay drängelten sich zwei strahlende blonde Kinder.
Zak legte Cecily den Arm um die Schultern und zog sie an sich, sodass sie beide in die Handykamera schauten. „Hab wohl immer noch Jetlag … Kinder, das hier ist Cecily. Sie ist Starjournalistin und schreibt eine Reportage über Charles.“
Bei der Bezeichnung – Starjournalistin? Wohl kaum! – winselte Cecily in sich hinein, aber sie widersprach ihm auch nicht, und Zak schien gar nicht zu bemerken, wie unwohl sie sich fühlte.
„Der Bergmann!“, rief der Jüngere auf dem Handydisplay.
„Ganz genau, Buddy. Unser Himalaja-Held. Okay, Leute, hab euch lieb, aber ich muss jetzt auflegen. Der Berg wartet auf mich!“ Er drückte den Anruf weg und atmete vernehmlich aus. „Komische Vorstellung, dass das hier womöglich das letzte Gespräch dieser Art für eine ganze Weile war. Hast du deine Familie schon angerufen?“
„Ich glaube ehrlich gesagt, die wollen lieber erst von mir hören, wenn ich wieder heil unten bin.“
„Verstehe … Ach, guck mal, wer da kommt!“ Zak zeigte über ihre Schulter hinweg zu den Aufzügen. „Ist das nicht Charles?“
Cecily drehte sich um und hatte sofort ein flaues Gefühl im Bauch. „Das ist er.“
Charles McVeigh wäre in jeder anderen Umgebung unschwer zu erkennen gewesen. Aber selbst hier, in einem Hotel voller Bergsteiger, die sich auf ihre Expeditionen vorbereiteten, stach er aus der Menge heraus. Er war groß und muskulös und somit anders als die meisten anderen, die eher drahtig waren. Er trug eine himmelblaue Daunenjacke mit aufappliziertem TalkForward-Logo am Oberarm sowie seinen Initialen – CM, wobei das M aussah wie ein stilisierter Bergzug – auf Jackenbrust und Baseballkappe.
Neben ihr richtete Zak sich zu voller Größe auf – doch selbst so reichte er Charles gerade bis zur Schulter. Trotzdem konnte sie insgeheim verstehen, warum er sich aufplusterte. In der Bergsteigercommunity war Charles McVeigh ein Promi – mit dem Potenzial, Geschichte zu schreiben. Er war drauf und dran, als Erster ein schier unmögliches, bislang nie erreichtes Kunststück zu vollbringen: Er wollte sämtliche vierzehn Achttausender der Welt im Alpinstil und ohne Flaschensauerstoff besteigen, und das binnen eines einzigen Jahres.
Er nannte es seine „Mission Fourteen clean“.
Die meisten Bergsteiger – wie Cecily, Zak und der Rest der Gruppe – setzten auf den sogenannten Expeditionsstil. Sie würden jede Hilfe in Anspruch nehmen, die sie kriegen konnten – Hochträger, mit Fixseilen und Leitern versicherte Pisten, Essenszelte, Sauerstoffflaschen, eine gründliche Akklimatisierung, je einen eigenen Sherpa am Berg –, damit sie sicher auf den Gipfel und wieder nach unten kämen. Er hingegen würde ohne jede Hilfe unterwegs sein. Bergsteigen in Reinform.
Charles war im Übrigen auch der einzige Grund, warum sie überhaupt in Kathmandu war. Er hatte ihr ein Exklusivinterview in Aussicht gestellt, sobald er seine Mission vollendet hätte. Dieses Interview wäre bei Weitem das größte, was sie je veröffentlicht hatte. Damit wäre ihre Karriere gesichert.
Bei seinem Anblick kramte sie sofort Notizbuch und Stift hervor – und sie musste daran denken, wie aufgeregt ihre Redakteurin gewesen war, als Cecily ihr von der Interviewzusage berichtet hatte. Für Wild Outdoors wäre das Exklusivinterview mit dem berühmtesten Bergsteiger der Welt ein Riesencoup.
Erst nach und nach hatten Michelle Zweifel beschlichen.
„Glaubst du wirklich, dass du das schaffst?“
Cecily war überzeugt, dass ihre Auftraggeberin sich insgeheim wünschte, jemand wie James – Cecilys Ex und viel gepriesener Abenteuer- und Reisereporter – hätte die Geschichte übernommen. Doch stattdessen war Cecily damit betraut worden – ausgerechnet die Person, die noch am ehesten dafür bekannt war, dass sie keine Gipfel bestieg. Und Charles hatte eine ganz wesentliche Bedingung gestellt.
Sie musste mit ihm erst den Gipfel des Manaslu besteigen.
Kein Wunder, dass Michelle nicht überzeugt war.
„Ich versuche mein Bestes“, hatte sie ihrer Chefin versichert, und Michelle hatte geseufzt.
„Ein Versuch ist ja aller Ehren wert, aber … Hör mal, ich habe mich mit dem Team besprochen. Wir wollen das Interview, aber wir können dir keinen Vorschuss zahlen. Honorar bei Abgabe.“
Es war ein Schlag ins Gesicht. „Ist das dein Ernst? Das kann ich mir nicht leisten! Ich muss die Flüge bezahlen, das Training, von der Ausrüstung und den Gebühren ganz zu schweigen.“ Es steckte noch mehr dahinter, aber Cecily wollte unter keinen Umständen verzweifelt klingen, sondern zumindest halbwegs professionell rüberkommen.
„Vielleicht kann ich die Flüge stellen und ein kleines Taschengeld, wenn du Expeditionsberichte schickst, aber den Rest … Tut mir sehr leid, Cecily. Das musst du irgendwie selbst lösen.“
„Du hast James die Antarktisreise finanziert! Und dieses Interview ist noch viel, viel größer! Hast du nicht selbst gesagt, dass das ein Porträt für die Ewigkeit wäre?“
„James ist einer unserer Topjournalisten. Er ist eine sichere Bank, während du …“
„Während ich das nicht bin.“
Kurz herrschte unangenehme Stille, als Michelle es nicht eilig zu haben schien, sie zu beschwichtigen. In Cecilys Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sie musste dieses Interview führen, wenn sie endlich durchstarten wollte. Allerdings klang es fast, als müsste sie alles auf eine Karte setzen, damit es so weit käme. „Und wenn ich es schaffe?“
„Wenn du es schaffst, wirst du natürlich bezahlt. Und du kriegst Folgeaufträge. Glaub mir, je mehr nicht-weiße Frauen ich anheuern kann, umso besser. Mal ehrlich, wenn du das schaffst, dann wäre das so viel mehr als nur ein Artikel für Wild Outdoors. Es wäre ein Buchvertrag. Ein Film. Das wäre der Durchbruch, damit wäre dein Weg geebnet. So eine Chance kriegt man nicht alle Tage.“
Cecilys Atmung beruhigte sich wieder. Gut zu wissen, dass Michelle ihr die Daumen drückte, und wenn es nur war, weil Cecily mit ihrem hellen Teint und dem Nachnamen ihres chinesischen Vaters die akzeptabelste Version von Diversity darstellte.
Trotzdem hatte sie noch gut im Ohr, was ihre Redakteurin gesagt hatte, und das nicht nur aufgrund der guten Aussichten – sondern wegen der unausgesprochenen Kehrseite: Falls sie scheiterte, wäre ihre Karriere als Reisereporterin beendet. Sie wäre zurück bei null, würde um Artikelchen für Honorare buhlen, die kaum ihren Lebensunterhalt deckten. Wenn sie dies hier nicht schaffte, wäre es nicht bloß eine gescheiterte Gipfelbesteigung.
Auch ihr Beruf wäre Geschichte.
Sie hätte nicht mal mehr Geld genug für eine Kaution, wenn sie sich eine neue Wohnung suchen müsste.
„Dem Aufstieg nicht gewachsen“ würde zu „Dem Leben nicht gewachsen“ werden.
Charles schlenderte auf die Ledersitzgruppe in der Lobby zu. „Komm, sagen wir Hallo, bevor ihn die Groupies belagern.“ Zak hatte sich schon in Bewegung gesetzt, noch bevor er zu Ende gesprochen hatte. Cecily, die nach wie vor ihren Stift suchte, hielt noch kurz inne. Charles erstmals seit Monaten von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen führte ihr wieder vor Augen, was sie sich vorgenommen hatte.
Ihr erster Achttausender … einer der höchsten Gipfel der Welt …
Und einer der tödlichsten.
Sie schüttelte die Angst ab, die ihr sofort im Nacken gesessen hatte, und lief Zak hinterher.
„So gut, hier zu sein, Mann!“ Zak gab Charles energisch die Hand. Er schien völlig geblendet zu sein. „Es ist eine Ehre, Teil deiner Crew zu sein, wirklich!“
Charles hob die Hand an die Brust. „Die Ehre ist ganz meinerseits. Setz dich doch bitte. Cecily, schön, dich wiederzusehen!“
„Gleichfalls. Nicht zu fassen, dass es endlich so weit ist.“ Sie nahm ihr Notizbuch hoch. „Macht es dir etwas aus, wenn ich dir vorab ein paar Fragen stelle, bis unser Flug geht?“
Er lachte. „Versuchst wohl, direkt ein Interview einzuschieben, was? Das war aber nicht der Deal.“
In der Hoffnung, ihn umzustimmen, legte sie ihr strahlendstes Lächeln auf. „Ich dachte nur, weil wir genau genommen noch nicht am Berg sind, wären vielleicht ein paar Vor-Abreise-Fragen drin?“
Unbeeindruckt schüttelte er den Kopf. „Pack das Notizbuch wieder weg. Ich habe dich hierher eingeladen, damit du ins echte Expeditionsleben eintauchst.“ Er beugte sich vor und raunte ihr mit vielsagendem Blick zu: „Genieß es!“
„Entschuldigung … Charles?“
Eine ältere Frau – mit einem leichten, möglicherweise deutschen Akzent – trat auf sie zu. Charles stand auf und begrüßte sie mit Wangenküsschen. „Vanja! Wie geht’s? Vanja, darf ich dir Zak Mitchell vorstellen? Er ist Geschäftsführer von TalkForward, einem wahnsinnig innovativen Tech-Unternehmen. Und Cecily Wong – sie ist die Journalistin, die ich mir für den Manaslu ausgesucht habe. Sie kommt mit auf den Gipfel, um alles aus erster Hand mitzuerleben. Kein Interview bis zum Gipfelsieg, nicht wahr, Cecily?“
Ihr Lächeln fiel in sich zusammen, und sie brauchte einen winzigen Moment, um zu antworten. „Genau.“
Vanja bedachte Cecily mit einem neugierigen Blick. „Beeindruckend!“
„Und das ist Vanja Detmers, Chefin der Himalayan Database hier in Kathmandu. Sie hat für mich sämtliche nepalesischen Gipfel erfasst und dokumentiert.“
„Und es war mir ein Vergnügen, Charles.“
„Der Thriller punktet mit der Bergkulisse und der Atmosphäre. Leserinnen und Leser können den Schnee, das Eis und die Kälte fast selbst spüren.“
„Auf jeden Fall lesen! Eigentlich interessiere ich mich nicht für Bergsteigen, aber ›Der Aufstieg‹ ist ein Bergsteiger-Thriller, der mich von den Socken gehauen hat.“
„Ein atmosphärischer Thriller, bei dem langsam die Spannung aufgebaut wird.“
„Die Atmosphäre die Amy McCuloch erzeugt ist einfach atemberaubend! (...) Ein sehr beklemmender Pageturner!“
„Mich hat das Buch wirklich gepackt.“
„Für spannende und eisige Lesestunden“
„Kann man bei sommerlichen Temperaturen einen Thriller lesen, der im wahrsten Sinne des Wortes eiskalt ist? Ja! Vor allem dann, wenn die Autorin so fesselnd schreibt wie Amy McCulloch. Dabei handelt es sich bei dem vorliegenden Buch um eine Mischung aus Expeditionsbericht und Thriller. (...) Inspirierend und spannend von der ersten bis zur letzten Seite!“
„Voller authentischer Eindrücke und Detailverliebtheit berichtet Amy McCulloch in ›Der Aufstieg‹ von der Gefahr des Bergsteigens und schafft ein Szenario, in das man niemals geraten möchte.“
„Wer sich auf ein tödliches Bergsteigerabenteuer begeben will, wird mit diesem Buch viel Spaß haben.“
„Absolut gelungen und nicht nur für passionierte Bergsteiger und Abenteurer eine spannende Geschichte.“
„Das Buch hat mich von Anfang bis zum Ende gefesselt und ich konnte die Seiten vor lauter Spannung nicht schnell genug umblättern.“
„McCullochs ›Der Aufstieg‹ lädt ein, Teil einer menschlichen Grenzerfahrung zu werden.“
„Ein fesselnder, teilweise beklemmender Thriller in atemberaubender Atmosphäre.“
„Trotz meiner minimalistischen Bergerfahrung habe ich den Eindruck, dass die Autorin die Atmosphäre perfekt eingefangen hat. Es ist als ob einem Kälte, Anstrengung, Erschöpfung und das nahende Unheil direkt in den eigene Gliedern zu spüren sind.“
„Thrill im Quadrat“
„Spannend!“
„Eine spannende Geschichte in einem außergewöhnlichen Ambiente. Ein Buch, das fesselt!“
„Inspirierend und spannend von der ersten bis zur letzten Seite!“
„Ein ungewöhnlicher Thriller!“
Hat meinen Erwartungen nicht entsprochen. Nervige, hyperaktive Hauptfigur, unglaubwürdige Story.
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