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Der Traum des Louis Vuitton Der Traum des Louis Vuitton - eBook-Ausgabe

Eva-Maria Bast
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Roman

— Fesselnder historischer Roman über den Menschen hinter der weltberühmten Luxusmarke

„Mit leichter Schreibfeder und viel Sinn für spannende Anekdoten zeichnet Bast den Weg von Louis Vuitton (…) nach.“ - Stadtradio Göttingen

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Der Traum des Louis Vuitton — Inhalt

„Der Traum des Louis Vuitton“ | Historischer Roman über eine Legende der Modebranche und eine Ikone exquisiter Handwerkskunst

Eva-Maria Basts fesselnder Roman über den jungen Louis Vuitton (1821-1892), dessen geniale Erfindung ihn in den Olymp der größten Designer katapultierte

Louis Vuitton war ein einfacher Junge aus einem französischen Bergdorf, als er mit 14 Jahren aufbrach, um die glitzernde Metropole Paris zu erobern.

Paris, 1837: Der junge Louis Vuitton hat es aus seinem Heimatdorf ins aufregende Paris geschafft! Er beginnt eine Lehre als Kistenhersteller und Kofferpacker und stellt sich dabei derart geschickt an, dass er sogar an den Kaiserhof gerufen wird. Nur dass die Gepäckstücke so unpraktisch sind, macht ihm das Leben schwer. Louis tüftelt unermüdlich an einer besseren Form. Und just in dem Jahr, in dem ihm seine große Liebe begegnet, revolutioniert er den Koffer und gründet sein eigenes Geschäft. Der Erfolg ist riesig, doch als Louis Opfer eines großen Verrats wird, muss er für sein Unternehmen kämpfen ...

Fans von historischen Romanen und Büchern über berühmte Persönlichkeiten können in dieser Romanbiografie den Menschen hinter der Luxusmarke Louis Vuitton entdecken.

Mit 33 Jahre gründete Louis Vuitton sein erstes eigenes Geschäft. Während er hinten in der Werkstatt die Koffer baute, verkaufte seine Frau vorne im Geschäft die von ihm gefertigten Gepäckstücke. Sie wurden ihnen förmlich aus der Hand gerissen, denn sie waren nicht nur leicht, sondern ließen sich dank ihrer neuartigen, rechteckigen und geraden Form hervorragend stapeln. Als Louis zum Kofferhersteller Ihrer Kaiserlichen Hoheit ernannt wurde, gab es kein Halten mehr. 1859 errichteten die Vuittons ihre eigene Fabrik. Heute ist die Marke milliardenschwer und gilt als eine der wichtigsten der Welt.

Vom Kofferträger zum Millionär!

Lassen Sie sich entführen in eine hochspannende Geschichte nach wahren Begebenheiten.

€ 15,00 [D], € 15,50 [A]
Erschienen am 29.08.2024
416 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-06473-6
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€ 3,99 [D], € 3,99 [A]
Erschienen am 29.08.2024
416 Seiten
EAN 978-3-492-60868-8
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Leseprobe zu „Der Traum des Louis Vuitton“

Kapitel 1
Anchay, ein kleines Bergdorf in der Nähe von Lavans-sur-Valouse, Frühling 1835

Ein Vogel zwitscherte. Ein zweiter stimmte ein, dann ein dritter, und bald schon war die Luft erfüllt von ihrem Gesang. In seiner kleinen Kammer, im Dach ihrer einfachen Holzhütte gelegen, öffnete der dreizehnjährige Louis Vuitton die Augen. Lächelte. „Ich komme ja schon“, flüsterte er, überzeugt, dass die Vögel ihr fröhliches Lied eigens für ihn angestimmt hatten. „He, du“, schienen sie zu ihm zu sagen. »Es ist Frühling. Es wird hell. Steh schon auf, und komm heraus. [...]

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Kapitel 1
Anchay, ein kleines Bergdorf in der Nähe von Lavans-sur-Valouse, Frühling 1835

Ein Vogel zwitscherte. Ein zweiter stimmte ein, dann ein dritter, und bald schon war die Luft erfüllt von ihrem Gesang. In seiner kleinen Kammer, im Dach ihrer einfachen Holzhütte gelegen, öffnete der dreizehnjährige Louis Vuitton die Augen. Lächelte. „Ich komme ja schon“, flüsterte er, überzeugt, dass die Vögel ihr fröhliches Lied eigens für ihn angestimmt hatten. „He, du“, schienen sie zu ihm zu sagen. „Es ist Frühling. Es wird hell. Steh schon auf, und komm heraus. Gleich geht die Sonne auf, und das Licht, das liebst du doch so sehr.“

Leise, um seinen sechs Jahre jüngeren Bruder Claude Régis nicht zu wecken, mit dem er sich die Dachkammer teilte, schlüpfte Louis unter seiner dünnen Decke hervor. Er tauschte sein Schlafkleid gegen eine Hose aus grobem, braunem Leinen, das immer ein wenig kratzte, und ein ebenso kratziges Hemd. Über die Füße zog er sich Socken, die seine zwanzigjährige Schwester Marie Victorine schon so oft gestopft hatte, dass vom eigentlichen Strumpf kaum noch etwas übrig war. Dann stieg er leise die Treppen hinunter. Bei jeder Bewegung fürchtete Louis, ein Geräusch zu erzeugen und im schlimmsten Fall sogar die Aufmerksamkeit seiner Stiefmutter Marie Coronnée zu erregen, die in solchen Fällen mit ihrer schrecklichen, kalten und unnatürlich hohen Stimme rief: „Louis! Bist du das? Komm sofort her, und geh mir zur Hand!“

Er konnte ihre Nähe, ja, konnte nicht einmal den Klang ihrer Stimme ertragen, ohne dass sein Herz auf unangenehme Weise schneller zu schlagen begann und es ihm die Kehle zuschnürte. Um ihr zu entkommen, flüchtete er immer mehr in seine Traumwelten – was zur Folge hatte, dass er häufig nicht mitbekam, wenn sie etwas von ihm wollte. Sie legte ihm seine Gedankenverlorenheit als Frechheit aus, was ihm schon das eine oder andere Mal eine heftige Tracht Prügel eingebracht hatte.

Doch so kalt und grau die Wirklichkeit auch war: Louis’ Traumwelt war voller Licht und Freude. Es war die Welt, in der sie gelebt hatten, bevor die Mutter vor drei Jahren gestorben war. Louis war zehn gewesen und fast umgekommen vor Kummer über den schweren Verlust. Er hatte das Gefühl gehabt, sein Leben sei nun zu Ende. Mit Maman war alle Liebe, alle Leichtigkeit und alle Freude aus ihrem Leben gewichen. Nach ihrem Tod hatte Louis die Umgebung des Jura, in der seine Familie nun schon in der fünften Generation lebte, nicht länger als heimelig und schutzgebend, sondern zum ersten Mal als kalt, hart, beengend und mitunter auch düster empfunden. Und nach dem Trauerjahr war alles noch schlimmer geworden: Der Vater hatte sich wieder vermählt, mit einem schrecklichen Weib, und zu der Trauer, die sie alle immer noch umtrieb, kam nun eine regelrecht vergiftete Atmosphäre. Seine Stiefmutter Marie Coronnée behandelte alle schlecht – angefangen bei Louis’ Vater, einem einfachen Müllersmann, von dem sie offenbar erwartete, dass er ihr ein Leben in Luxus ermöglichte. Marie Coronnée, die zu Louis’ Entsetzen auch noch den gleichen Erst- und Zweitnamen hatte wie seine leibliche Mutter, saugte seinen Vater regelrecht aus, dachte Louis wieder und wieder empört. Er machte sich Sorgen um seinen Vater, zu Lebzeiten seiner Mutter ein glücklicher und strahlender Mann, nun nur noch ein Schatten seiner selbst.

Dieserart in seine Gedanken versunken, hatte es Louis bis zur Haustüre geschafft. Er sperrte leise auf – der Schlüssel steckte wie immer innen – und schlich hinaus. Draußen nahmen ihn sofort die wunderbaren Geräusche des Jura gefangen. Das Vogelgezwitscher steigerte sich hier zu einem regelrechten Jubelkonzert, das Murmeln des Baches Ancheronne und seiner Wasserfälle, die ihren Weiler umgaben, kündeten von der gigantischen Kraft der Natur, und das milde Rauschen des Waldes wirkte beruhigend auf ihn. Ebenso erging es ihm mit dem immer gleichen Quietschen des Mühlrads, das tagein, tagaus seine Arbeit verrichtete und mit dem sich die Familie die Kraft der Natur zu eigen machte. Louis schloss für einen Moment die Augen und nahm das Konzert ganz in sich auf, dann öffnete er sie wieder und eilte zu seinem Lieblingsplatz, einer kleinen Anhöhe, von der aus sich ein atemberaubender Blick über die Täler eröffnete. Von hier wollte er beobachten, wie die Sonne über dem Jura aufging. Es gab, fand Louis, nichts Hoffnungsvolleres als einen Sonnenaufgang. War nicht jeder neue Tag ein Versprechen? Bot nicht jeder neue Tag eine wunderbare Gelegenheit, die es zu nutzen galt?

Trotz des Anstiegs hatte Louis die Anhöhe erreicht, ohne groß aus der Puste zu sein, was er der körperlichen Arbeit zu verdanken hatte, die er täglich verrichtete. Erwartungsfroh ließ er sich auf dem Felsen nieder, auf dem er immer saß, und atmete tief ein und aus. Wie klar die Luft war! Der leichte Duft nach Erde und Wald erzeugte in ihm ein Gefühl der Heimeligkeit, und der dezente Hauch von frisch erblühten Frühjahrsblumen das Gefühl von Hoffnung. Erneut schloss er für einen Moment die Augen – und als er sie wieder öffnete, färbte sich der Horizont bereits feuerrot. Was für ein imposantes Schauspiel, an dem er sich niemals sattsehen konnte! Was für ein unglaubliches Geschenk der Natur er da jeden Morgen empfing! Wie reich er war!

Ergriffen sah Louis zu, wie die Sonne höher und immer höher stieg und alles zum Leben erweckte. Was für ein magischer Moment! Später würde die Sonne mit den Schatten tanzen, kunstvolle Lichtgebilde auf den Waldboden malen, wenn sie ihre gleißenden Strahlen durch die Äste warf. Das Licht, dachte Louis nicht zum ersten Mal, war schon ein wahrer Künstler.

Für ihn aber wurde es Zeit. Wenn das Feuer im Kamin nicht brannte, bevor seine Stiefmutter geruhte, aufzustehen, würde es wieder Schläge setzen. Doch in diesen Morgenstunden, vollgesogen mit den Hoffnungsstrahlen der aufgehenden Sonne, hatte Louis nicht für einen Moment Zweifel daran, dass er es auch an diesem neuen Tag mit ihr aufnehmen und vielleicht sogar seinen Vater und seine Geschwister ein wenig vor ihr schützen konnte.

Auf dem Weg nach Hause – wobei er die einst heimelige Hütte seit dem Tod der Mutter eigentlich nicht mehr Zuhause nennen mochte – sammelte er fröhlich vor sich hin pfeifend einige Zweige ein. Sollte Marie Coronnée doch bemerken, dass er schon unterwegs gewesen war, konnte er sich immer noch damit herausreden, er habe Holz gesammelt. Das hielt er jeden Morgen so. Wobei sie ihn noch nie erwischt hatte. Und die Gefahr war und blieb auch denkbar gering: Marie Coronnée war eine so anspruchsvolle wie bequeme Frau, und es wäre ihr nie eingefallen, sich allzu früh aus ihrer Bettstatt zu erheben.

Tatsächlich war das Haus noch nicht zum Leben erwacht, nur seine sieben Jahre ältere Schwester Marie Victorine sah er aus der Ferne bei den Ställen: Ihre Aufgabe war es, die Ziegen zu melken, die Eier von den Hühnern zu holen und anschließend ein Frühstück zuzubereiten. Seine älteste Schwester hatte es von ihnen allen am schwersten, wie Louis fand, wurde sie doch von Marie Coronnée wie eine Dienstmagd behandelt. Die Stiefmutter machte ihr das Leben schwer, wo sie nur konnte. Selbst Louis’ jüngste Schwester, die neunjährige Marie Rosalie, und auch sein kleiner Bruder Claude Régis mussten schon kräftig mit anpacken. Besonders die Kleinen fürchteten sich sehr vor der bösen Stiefmutter. Und Louis als der älteste Bruder fühlte sich verantwortlich. Tausendmal lieber steckte er selbst Beschimpfungen und sogar Prügel ein, als zusehen zu müssen, wie Marie Coronnée über seine Geschwister herfiel. Das konnte er einfach nicht ertragen.

***

Mehrere Stunden später, die Sonne hatte gerade ihren Höchststand erreicht, war Louis damit beschäftigt, das Holz vor dem Haus zu schichten. Obwohl das Holzstapeln eine tägliche Arbeit war, ging Louis sorgsam, mit Bedacht und voller Respekt für das Material vor. Seine Finger wanderten über die Rinde, er sog tief den Duft von frisch geschnittenem Holz in sich ein, und manchmal zählte er auch die Jahresringe und las an deren Dicke ab, ob es ein besonders kaltes oder ein besonders warmes Jahr gewesen war. Wie wunderbar, dass es dieses Holz gab, das in den Wäldern auf den beiden Bergketten wuchs, die ihren Weiler umgaben. Es diente zum Heizen – in ihrem Heim, aber auch in den Glashütten und Schmieden der Gegend, die Eisen und Gusseisen herstellten. Außerdem schuf sein Vater mit Holz die wunderbarsten Kunstwerke. François-Xavier Vuitton war ein begnadeter Künstler, und in den langen Wintermonaten, wenn sie wieder einmal durch Unmengen von Schnee von der Umgebung abgeschnitten waren, hatte er früher oft am Kamin gesessen und seinen Kindern gezeigt, wie man schnitzte. Louis hatte staunend dabei zugesehen, wie das Holz unter den geschickten Händen seines Vaters seine Form änderte. Was waren das für herrliche Winter gewesen! Sie hatten stundenlang draußen herumgetollt, und wenn sie durchgefroren hereinkamen, hatte die Mutter mit heißer Milch auf sie gewartet, im Kamin hatte ein Feuer gebrannt, der Vater hatte davorgesessen und geschnitzt. Und die Kinder hatten sich einen Spaß daraus gemacht, die Holzspäne ins Feuer zu werfen. Wie herrlich das geduftet hatte!

Doch diese Zeiten waren vorbei. Marie Coronnée erlaubte es nicht, dass ihr Mann in der Hütte schnitzte, das mache nur Dreck, argumentierte sie stets mit der für sie so typischen sauertöpfischen Miene.

Derart in seine Gedanken vertieft, fuhr Louis erschrocken zusammen, als sich plötzlich jemand hinter ihm räusperte. Er drehte sich um und sah sich einem Fremden gegenüber.

„Guten Tag“, sagte der Herr, sehr elegant in feinstem Zwirn. „Du bist sicherlich Louis.“

„J… ja“, stammelte der Junge. „Aber wer sind Sie?“

Der Fremde lachte. „Du kennst mich wohl wirklich nicht mehr, was? Ich bin’s doch, euer alter Nachbar Clément.“

„Clément!“ Louis starrte ihn an. Das war der Nachbarsjunge, dem er einst so große Bewunderung entgegengebracht hatte! Clément war etwa zehn Jahre älter als er, zu ihm hatte er stets aufgeblickt, doch vor vier Jahren war er plötzlich fort gewesen. Auf Wanderschaft, hatte sein Vater ihm erklärt, und Louis hatte beschlossen, irgendwann ebenfalls einmal auf Wanderschaft zu gehen. Und nun war dieser Clément also – in der Tat vollkommen verwandelt – zurückgekehrt.

„He, Kleiner, nun aber genug gestarrt“, sagte Clément.

„Ent… schuldigung“, stammelte Louis. „Aber du bist so verändert. Wie hast du das nur gemacht?“ Er musterte seinen einstigen Nachbarn nun ganz genau, von Kopf bis Fuß: Auf seinem gepflegten Haar saß ein schwarzer Zylinder, Hose und Jacke waren aus feinstem Zwirn, der Bart zu einem Schnauzer geschnitten und streng gezwirbelt. Und die Schuhe! Keine genagelten Klötze, wie sie sie in den Bergen trugen, sondern auf Hochglanz polierte Stiefel aus einem Leder, das so weich wirkte, dass Louis sich am liebsten vor Clément auf den Boden geworfen hätte, um es zu befühlen.

Clément indes sandte Louis ein geheimnisvolles Lächeln, während er sich zu ihm beugte, um ihm zuzuraunen: „Paris. Ich war in Paris. Der Stadt des Lichts.“

„Die Stadt des Lichts?“ Diese Bezeichnung weckte augenblicklich eine tiefe Sehnsucht in Louis. „Weshalb nennt man sie so?“

Clément zwinkerte ihm zu. „Ich kann dir nur empfehlen: Geh hin, und finde es heraus. Alt genug bist du. Und zäh genug auch.“

Aber, wollte Louis einwenden, das geht doch nicht! Doch dann schluckte er die Worte herunter, denn in seinem Inneren tauchte ein lang schon vergessen geglaubtes Bild auf, und eine Stimme ertönte: seine Mutter. Wie sie vor ihm niederkniete, sein pausbäckiges Jungengesicht zwischen ihre Hände nahm, ihn voller Liebe ansah und leise sagte: „Du wirst alles schaffen, was du dir vornimmst, mein lieber Schatz. Du verfügst über eine unglaubliche Kraft. Du darfst nur nicht aufhören, an dich und deine Träume zu glauben, hörst du?“

Louis erinnerte sich nicht mehr, was es genau gewesen war, zu dem die Mutter ihn in diesem Moment ermutigt hatte. Aber das Gefühl, das dieser Satz in ihm erzeugt hatte, das hatte er nie vergessen. Er konnte es stets abrufen, wenn er sich einsam oder unsicher fühlte. Und noch eine Erinnerung stieg nun in ihm auf. In ihren letzten Stunden, als klar wurde, dass sie ihre schwere Krankheit nicht überleben würde, da hatte seine Mutter ihre Kinder eins nach dem anderen, dem Alter nach, zu sich gerufen. Louis war als Zweiter an der Reihe gewesen. Sie hatte seine Hand genommen, ihn aus Augen angesehen, die inzwischen viel zu groß waren für ihr schmales, eingefallenes Gesicht, und gesagt: „Denk immer daran, mein Junge, dass du etwas ganz Besonderes bist. Und dass du alles erreichen kannst, was du möchtest. Versprich es mir.“

„Ich verspreche es“, hatte er erwidert, während ihm die Tränen über die Wangen liefen. Das waren die letzten Worte, die sie miteinander gewechselt hatten. Cléments Rückkehr hatte etwas zu bedeuten, nun war es an der Zeit, dieses Versprechen einzulösen. Was hielt ihn denn noch hier? Die Verantwortung für die Geschwister und den Vater, natürlich, aber musste er es nicht gerade um ihretwillen wagen? Auf der Suche nach einer besseren Zukunft, auch für sie? Du bist etwas ganz Besonderes, vergiss das nicht, hatte die Mutter zu ihm gesagt. Und bedeutete das nicht auch, dass nur er einen Ausweg für sich und seine Geschwister finden konnte? Wenn es ihm gelänge, in Paris sein Glück zu machen, dann würde er eines Tages zurückkehren, so wie nun Clément zurückgekehrt war, und alle seine Brüder und Schwestern zu sich holen.

„He“, brachte sich Clément da wieder in Erinnerung. „Was ist? Hat es dir die Sprache verschlagen? Ich kann dich wirklich nur ermutigen, dein Glück zu versuchen. Der Zeitpunkt könnte nicht besser sein. Weißt du, Kleiner, ich hab mit eigenen Augen die Trois Glorieuses gesehen. Und seitdem ist alles noch besser geworden.“

„Was sind die Trois Glorieuses?“ Louis schämte sich nicht, diese Frage zu stellen. Er war stolz darauf, dass die Mutter ihm zusätzlich zu dem Unterricht, den er in der Schule bekam, viel beigebracht hatte. Aber dennoch gab es einiges, was er nicht wusste. Was er aber wusste: dass er dem etwas eitlen Clément mit seiner Frage einen Gefallen tat. Denn dadurch konnte dieser einmal mehr mit seinem Wissen prahlen. In der Tat warf Clément sich nun ein wenig in die Brust und rief: „Das weißt du nicht?“, um dann selbstgefällig hinzuzufügen: »Nun ja, kein Wunder, da du doch noch nie aus diesem Weiler herausgekommen bist. Die Trois Glorieuses nennen die Pariser drei Tage im Juli 1830, in denen sie König Charles stürzten und den neuen König Louis-Philippe auf den Thron hievten.

„Was hatten sie denn gegen König Charles?“, wollte Louis wissen.

„Nun“, setzte Clément an, „kurz gesagt: Er wollte den Bürgern ihre Rechte nehmen und sie dem Adel zuschanzen, die Pressefreiheit beschränken und das Wahlrecht aushebeln.“

Louis wusste zwar weder, was eine Pressefreiheit noch was ein Wahlrecht war, aber irgendwie war es ihm nun doch peinlich, sich danach auch noch zu erkundigen. Das würde er selbst noch herausfinden. Stattdessen stellte er fest: „Und das wollten sich die Pariser nicht gefallen lassen?“

„Ganz genau“, bestätigte Clément mit leuchtenden Augen. „Da war ganz schön was geboten, kann ich dir sagen. Drei Tage lang war in Paris der Teufel los! Die Bürger sind auf die Barrikaden gegangen, und es wurde sogar geschossen.“

Louis schauderte. Das erinnerte ihn an die Erzählungen seiner Mutter über die Kriege, die im 16. und 17. Jahrhundert im Jura geherrscht hatten, als sowohl die Eidgenossen wie auch Spanien und Frankreich das Land für sich beanspruchten. Letztendlich hatte Frankreich die Kriege gewonnen, und so war der Weiler, in dem sie lebten, nun seit 1678 Teil des Königreichs Frankreich. Regelrecht verwüstet hätten die Kriege ihr schönes Jura damals, hatte die Mutter gesagt und ihn gemahnt: „Da siehst du es, Louis, Habgier und Missgunst führen immer nur zu Neid und Leid.“ Offenbar herrschte in Paris aber jede Menge Missgunst, und er fragte sich, ob die Stadt wirklich ein solch erstrebenswertes Ziel war. Sein Gegenüber schien seine Gedanken zu erahnen.

„Keine Sorge“, sagte er. „Das ist längst vorbei. Ich habe dir doch gesagt, seither ist alles besser. Den neuen König nennen sie auch deshalb Bürgerkönig, weil er so umgänglich und freundlich zum Volk ist. Unter ihm macht Paris seinem Ruf und seinem Namen als Stadt des Lichts wieder alle Ehre.“

Louis nickte und machte sich erneut daran, Holz in den Stapel zu schichten. Doch dann hielt er noch einmal kurz inne und sah seinen einstigen Nachbarn an.

„Danke, Clément“, sagte er. „Ich will es tun, gleich morgen früh mache ich mich auf den Weg.“

***

In der letzten Nacht in seinem Zuhause tat Louis Vuitton kein Auge zu. Im flackernden Schein der Kerze schrieb er einen langen Brief an seinen Vater und einen weiteren an Victorine – stellvertretend für alle Geschwister, denen sie den Brief dann vorlesen sollte.

Beide Briefe, auch den für den Vater, legte er neben Victorines Kopfkissen, nachdem er sich leise in die Kammer seiner Schwestern geschlichen hatte. Nur so konnte er sicherstellen, dass Marie Coronnée den Brief nicht fand und an sich nahm, was sie sicherlich getan hätte, wenn sie ihn auf dem Küchentisch entdeckt hätte. Die Worte an seinen Vater waren schonungslos gegen seine Stiefmutter und voller Mitgefühl für den Vater und seine Geschwister. Niemals hätte Marie Coronnée einen solchen Schrieb geduldet und weitergegeben.

Er musste schlucken, wenn er sich vorstellte, wie Victorine morgens aufwachen und die Briefe vorfinden würde. Es würde schrecklich für sie alle werden, besonders für Rosalie und Claude, die beiden Kleinsten. Aber er hoffte auch, nein, er war sicher, dass sie ihn verstehen würden.

Bevor er ging, weilte er noch für einen Moment an jedem Bett seiner Geschwister. Zuletzt bei Claude Régis, seinem kleinen Bruder. Wie wunderschön und unschuldig er im Schlaf aussah. Zu gerne hätte er seine rosige Wange geküsst, aber er wagte es nicht. Wenn er ihn mit dieser Geste geweckt hätte, wäre sein ganzer schöner Plan perdu. Deshalb legte er nur vorsichtig seine Zwille, mit der Claude immer bettelte, spielen zu dürfen, neben ihn und sagte in Gedanken: „Adieu, Kleiner, und verzeih mir, dass ich dich jetzt nicht weiter beschützen kann. Aber ich werde dich holen und dir ein besseres Leben bieten. Das verspreche ich dir.“

Und dann schulterte der dreizehnjährige Louis Vuitton sein Bündel und verließ, ohne noch einmal einen Blick zurückzuwerfen, den Weiler, in dem seine Vorfahren seit fünf Generationen gelebt hatten.


Kapitel 2
Zwei Jahre später – Ankunft in Paris im Herbst 1837

Alles veränderte sich unablässig: Die Farben, die Geräusche, die Gerüche, die Bilder. Louis’ zweijährige Reise auf dem Weg nach Paris war eine stete Abfolge von wechselnden Eindrücken gewesen. Das Einzige, was Bestand gehabt hatte, war das Murmeln des Bächleins Ancheronne, dem er auf dem Weg in die französische Hauptstadt gefolgt war. Weiter und immer weiter – auch dann noch, als der Bach längst anders hieß und zu einem breiteren Strom geworden war, hatte ihn das stetige Rauschen begleitet – und ihm die Gewissheit gegeben, dass er immer noch mit seiner Heimat verbunden war. Der Heimat ganz im Osten des Landes, inmitten der Berge, die eine natürliche Grenze zur Schweiz bildeten und in dem das Leben hart und karg war. Im Sommer war es sengend heiß, während im Winter eisige Temperaturen herrschten, gegen die ihre einfache Behausung ebenso wenig Schutz bot wie ihre ärmliche Kleidung. Doch Louis hatte sich nie daran gestört – im Gegenteil: Waren sengend heiße Sommer und eisige Winter nicht ein weiterer Beweis für die Macht und die Kraft der Natur, die er eben dafür so bewunderte?

Und während er nun so durch die Lande stapfte, immer am Fluss entlang in Richtung Nordwesten, da dachte er, dass ihn dieses harte Leben auch robust gemacht hatte. Ob es wohl so war, dass die Umgebung, in der man aufwuchs, einen prägte? Manchmal kam Louis sich selbst vor wie dieses unbezwingbare Gebirge mit seinen wilden Bächen und tiefen Wäldern. Unbezwingbar wie das Gebirge waren sein Wille und sein Mut, vielleicht auch seine Konstitution. So wie die wilden Bächlein, war seine Fantasie, die Welt seiner Träume, die unablässig sprudelte, die unablässig Bilder schuf. Bilder von einer leuchtenden Stadt, einer friedlichen Welt – und er mittendrin. Und die Wälder waren wie die Tiefe seiner Gedanken. Denn während Louis so voranschritt, gingen seine Gedanken immer weiter auf die Reise und immer mehr in die Tiefe. Louis nahm alles, was er sah, fühlte, schmeckte und roch, intensiv wahr und stellte Überlegungen dazu an. Er ließ sich am Flussufer nieder, um wie schon in seinen Kindertagen dem Gurgeln des Bachs zu lauschen, verweilte stundenlang, um den Tanz eines Schmetterlings mit einer Blüte zu betrachten, und er fragte sich, wie es kam, dass ein Schmetterling so wunderschön war und wie dieses zauberhafte Tier eigentlich ihn, den Menschen, wahrnahm.

Louis war viel allein, aber er kam auf seiner Wanderschaft auch mit zahlreichen anderen jungen Burschen in Kontakt. Schuhmacher, Gerber, Hutmacher, Böttcher, Stellmacher, Eisenschmiede, Blechschmiede, Zimmerleute, Tischler und Steinmetze, die auf der Walz durch die Lande zogen. Gemeinsam mit ihnen übernachtete er dann und wann in Gästehäusern und bot dem Wirt eine Weile lang gegen freie Kost, Logis und einen kleinen Lohn seine Dienste an. Dank seines Vaters verfügte er über ein enormes Geschick im Umgang mit Holz, was seine Gastwirte durchaus zu schätzen wussten. Er blieb stets so lange, bis er genügend Geld beisammen hatte, um einige Tage weiterreisen zu können – und deshalb dauerte es zwei Jahre, bis er endlich die Stadtgrenze von Paris überquerte. Zweihundertzweiundneunzig Meilen hatte er zu Fuß hinter sich gebracht, und er war über die Maßen gereift. Wieder und wieder waren Postkutschen an ihm vorbeigezogen, und wenn Louis ihnen anfangs auch sehnsüchtig nachgeblickt hatte – immerhin wäre er mit einer solchen Postkutsche innerhalb von fünf Tagen in Paris gewesen –, so war er doch rasch dankbar dafür, dass bei ihm der Weg das Ziel war. Er hatte so viel gesehen und so viel gelernt und irgendwie auch das Gefühl, dass ihn seine Reise für seine Ankunft in Paris vorbereitet und ihn dazu befähigt hatte. Und dann kam er endlich an, in dieser viel gepriesenen Stadt des Lichts, über die er auf seiner Reise noch so viel mehr zu hören bekam als das, was Clément ihm bei der kurzen Begegnung geschildert hatte. Ein ums andere Mal war Louis bestätigt worden, dass Paris magisch sei.

Es war ein besonders schöner Sommertag, als Louis die Stadtgrenzen überquerte, als hätte Paris sein schönstes Kleid angelegt, um den jungen Mann willkommen zu heißen. Dennoch war Louis überrascht und auch etwas enttäuscht, als er sich in einer fast ländlichen Umgebung wiederfand: Sein Auge streifte umher, er sah schier endlose Äcker, Gärten und sogar Mühlen, und inmitten dieser Idylle verliefen keineswegs Straßen, sondern eher schmale Trampelpfade. Sogar einen kleinen Bach gab es, der in ihm den Gedanken aufkeimen ließ, dass er ja auch hier wieder mit seinem Zuhause verbunden war. Aufseufzend ließ sich Louis auf einem dicken Wackerstein nieder. Er hatte sich Paris großartiger vorgestellt und auch mondäner, aber was er vorfand, unterschied sich nicht so fundamental von dem, wie er es nach Cléments Schwärmereien und den Schilderungen seiner Weggefährten erwartet hatte. Auch die Menschen waren mitnichten so nobel gekleidet wie der aus der Stadt des Lichts heimkehrende Clément. Louis sah einfach gekleidete Handwerker, anscheinend Gerber, die Lederhäute in den Bach hielten, etwas weiter hinten arbeiteten Färber. Es stank, wie Louis fand, ganz entsetzlich.

Er erlaubte der Enttäuschung nicht, noch weiter Besitz von ihm zu ergreifen. Vielleicht war seine Vorstellung großartiger gewesen als die Realität, aber erstens war er nun einmal hier, und er hatte nicht den ganzen Weg und all die Strapazen auf sich genommen, um nun enttäuscht klein beizugeben. Und zweitens: Wenn Träume endlos waren, die Realität aber nicht, dann konnte man doch daran arbeiten, die Realität an die Träume anzupassen, oder nicht? Etwas ermutigt schritt Louis voran – nur um gleich darauf auf eine noch härtere Probe gestellt zu werden. Er hatte das Viertel Faubourg Saint-Marceau gerade erreicht, als er auch schon erschrocken aufkeuchte. In was für eine entsetzliche Gegend war er hier nur geraten! Von wegen Stadt des Lichts! Hier war es furchtbar eng und dunkel, dicht an dicht standen die Häuser, sodass kaum ein Lichtstrahl zwischen ihnen hindurch und auf die Straße fiel, zumal die Dächer sich an ihren Traufen fast berührten und eine Art Hohlgasse bildeten. Es stank auch hier entsetzlich. Überall drückten sich arme, verhärmte Kreaturen in Lumpen herum. Er hastete weiter – und blieb dann wie angewurzelt stehen und schnappte so heftig nach Luft, dass ihm für einen Moment schwindelig wurde. Er hatte die Seine erreicht – und sah in der Mitte einer kleinen Insel eine riesige Kathedrale aufragen, die von atemberaubender Grazie und Schönheit war. Das musste Notre-Dame sein, von der man ihm auf seiner Reise gesagt hatte, dass sie das Herz und die Seele von Paris sei. Louis war von ihrem Anblick wie vom Donner gerührt. Wenn das das Herz und die Seele von Paris war, dachte er, dann war er hier doch richtig, ungeachtet der zuerst ländlichen und dann düsteren Quartiers, die er auf seinem Weg hierher durchquert hatte.

Warum man Paris Stadt des Lichts nannte, hatte er zwar noch nicht herausgefunden. Aber dass sie eine Stadt der Gegensätze war, daran gab es nicht den geringsten Zweifel.

 

Mutig und voller Tatendrang überquerte Louis die nächstgelegene Brücke, die auf die Île de la Cité und damit zur Kathedrale führte, überzeugt, dass sich dort, um dieses wunderbare Gotteshaus herum, das Paris entfaltete, nach dem er suchte. Entsetzt musste Louis wenig später jedoch erkennen, dass die Welt um diese majestätische Kathedrale herum fast noch furchtbarer war als jenes Viertel, das er zuvor durchquert hatte. Wenn überhaupt möglich, dann war es hier noch enger, düsterer und die Luft noch verpesteter, die Menschen noch elender. Ein schlammfarbenes Haus reihte sich an das nächste, das Holz von Fenster und Türen war derart wurmstichig oder morsch, dass es stellenweise ganz auseinanderfiel, es roch nach Fäulnis und dem Unrat, der sich auf den Straßen häufte. Die Menschen sahen krank, ärmlich und ausgezehrt aus, husteten und spuckten Blut. Louis erblickte mehrere Alte, die offensichtlich auf der Straße lebten und zwischen Lumpen ihr armseliges Dasein fristeten – wie mochten sie nur den Winter überstehen? Ein Greis durchforstete einen Berg Küchenabfälle und zog etwas Undefinierbares heraus, um es zu verspeisen. Wie schrecklich musste sein Hunger sein! Dort hinten zerrte ein Mann ein schluchzendes Kind an den Haaren über den schmutzigen Boden. Die Kleine hatte blutige Beinchen und weinte bitterlich, was ihr aber nur Schläge des Mannes eintrug. Einem Impuls folgend, wollte Louis dem Mädchen beistehen, doch in letzter Minute besann er sich eines Besseren. Er kannte Menschen wie diesen Mann, und er wusste: Erstens würde er den Kürzeren ziehen, und zweitens würde er höchstwahrscheinlich dessen Wut noch anfachen, was die Kleine dann später umso schlimmer abbekommen würde. Seine Stiefmutter war genauso.

Plötzlich schob sich eine blonde, dralle Frau in sein Blickfeld. Sie war größer als er, viel größer, sodass er direkt in ihr üppiges Dekolleté blicken konnte. Der Anblick hätte ihn vermutlich erregen sollen, doch Louis empfand nur einen heftigen Ekel angesichts dieser dermaßen billig zur Schau gestellten Weiblichkeit. Das hier hatte nichts von all dem, was ihm wichtig war. Es war plump und plakativ, nicht feinsinnig und vielschichtig.

„Da guckste, was?“, meinte die Blondine. „Einmal anfassen kostet zehn Sous.“

„Lassen Sie mich durch!“ Louis wollte gerade an der Drallen vorbeischlüpfen, als die ihn mit überraschend festem Griff am Arm packte. „Gucken kostet auch“, sagte sie, und auf einmal war ihre Stimme nicht mehr verlockend-süß, sondern hart und kalt. „Und geguckt hast du, und wie. Her mit dem Geld, sonst hol ich den Antoine, und dann gnade dir Gott.“

Louis wusste zwar nicht, wer dieser Antoine war, legte auf eine Begegnung mit ihm aber nicht den allergeringsten Wert. Und er war nicht umsonst im Jura aufgewachsen, jener harten, kantigen Gegend, die auch seine Bewohner hart und kantig machte. Er wandte den Kopf und sah der Blonden mit einem derartig eisigen Blick der Verachtung in die Augen, dass diese ruckartig von ihm abließ.

„Schon gut“, murmelte sie und eilte mit wackelndem Hintern davon.

Louis atmete für einen Moment auf, doch dann spürte er Bitterkeit in sich aufsteigen. Was, wenn es das Paris, nach dem er sich in den letzten beiden Jahren gesehnt hatte, gar nicht gab? Aber das konnte doch nicht sein, schließlich hatte jeder, absolut jeder, dem er begegnet war, von Paris geschwärmt! Es musste einfach noch eine andere Seite von Paris geben, und er würde sie finden. Allein schon seiner Geschwister wegen. Zwei Jahre war es nun her, dass er sie gesehen hatte, zwei Jahre, in denen sie den Gemeinheiten von Marie Coronnée ausgesetzt waren, so wie dieses kleine Mädchen von gerade eben den Grobheiten seines Vaters. Er hatte ihnen versprochen, für sie zu sorgen, sie nachzuholen. Und er würde sein Versprechen halten! Wieder schob sich das Gesicht seiner Mutter vor sein inneres Auge. „Du kannst alles erreichen, was du nur willst“, raunte sie ihm zu. „Glaub an deine Träume, hörst du? Sie werden wahr.“

Ja, dachte Louis. Er würde nicht aufhören, an seine Träume zu glauben. Und er würde nicht aufhören, zu suchen. Irgendwo musste dieser wunderbare Ort doch sein, von dem sie alle so schwärmten!

Eva-Maria Bast

Über Eva-Maria Bast

Biografie

Eva-Maria Bast, geboren 1978, ist Journalistin, Verlegerin und Autorin. Für ihre Arbeiten erhielt sie diverse Auszeichnungen, darunter den Deutschen Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Kategorie Geschichte, und stand unter anderem mit dem Pseudonym Charlotte Jacobi (zusammen...

Zu den Hintergründen des Romans

Louis Vuitton (1821-1892), geboren und aufgewachsen in der kargen Gegend des französischen Jura, ist dreizehn Jahre alt, als er sich 1835 auf den Weg nach Paris macht, um sein Glück zu suchen. Die legendäre böse Stiefmutter gibt es in seinem Leben tatsächlich, und als er geht, ist das auch eine Flucht vor dieser missgünstigen Frau. Zwei Jahre dauert Louis‘ Reise zu Fuß nach Paris. Dort angekommen, hat er das Glück, bei einem Kistenbauer und Verpacker in die Lehre genommen zu werden. Louis ist fasziniert von den Möglichkeiten, die das Verpacken bietet, und davon, dass die wohlhabende Klientel ihren halben Hausstand mit auf Reisen nimmt. Nicht nur Kleider müssen verpackt werden, sondern auch Skulpturen, Spiegel und Gemälde!

Der junge Louis beweist eine außerordentliche Beobachtungsgabe und großes Geschick. Er macht seine Sache so gut, dass Kaiserin Eugénie höchstselbst auf ihn aufmerksam wird. Louis avanciert zum kaiserlichen Kofferpacker. 1954 wird für Louis ein bedeutendes Jahr: Er verliebt sich in Clémence Emilie, die beiden heiraten, und er gründet ein eigenes Geschäft. Schon lange ist ihm aufgefallen, dass die Koffer und Kisten mit den gebogenen Deckeln nicht mehr zeitgemäß sind. Für die Reisen mit der Kutsche, bei denen das Gepäck außen angebracht war, waren sie ideal, schließlich musste das Regenwasser ablaufen. Doch die immer bedeutender werdende Eisenbahn läuft den Kutschen nach und nach den Rang ab. Nun gilt es, die Gepäckstücke zu stapeln – und das wird mit gewölbten Deckeln schwierig.

Louis erfindet den rechteckigen Koffer mit flachem Deckel. Der Erfolg ist riesig. Zwar klaut ein Mitarbeiter seine Idee und macht sich mit dieser selbstständig, doch das kann Louis nicht entmutigen: Er perfektioniert sein Modell, und bald schon ist die Nachfrage derart riesig, dass er eine eigene Fabrik bauen muss – und bei der Weltausstellung 1867 eine Medaille erhält. Im Krieg von 1870/71 gegen Deutschland wird seine Fabrik geplündert und teilweise zerstört, doch der unermüdliche Louis beschließt, alles wieder aufzubauen. Zumal er einen Grund dazu hat, sein Unternehmen in die Zukunft zu retten: Sein Sohn Georges steigt in den 1870ern in die Firma ein und beweist einen ebenso großen Tatendrang und Erfindergeist wie Louis. Gemeinsam erfinden die beiden das Damier-Canvas und das charakteristische Schloss. Jahre später wird Georges das ebenso charakteristische Monogramm-Canvas auf den Markt bringen. 
Eva-Maria Bast

Pressestimmen
Stadtradio Göttingen

„Mit leichter Schreibfeder und viel Sinn für spannende Anekdoten zeichnet Bast den Weg von Louis Vuitton (…) nach.“

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