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Die fünf Schwestern des langen Lebens

Die fünf Schwestern des langen Lebens - eBook-Ausgabe

Elke Amberg
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Eine Reise ins Tibet der Frauen

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Die fünf Schwestern des langen Lebens — Inhalt

Zu Fuß und im Jeep, mit Rucksack und Trekkingausrüstung reisen Elke Amberg und ihre Lebensgefährtin durch West-Tibet. Sie entdecken den höchsten Berg der Welt neu, der nicht nur Ziel Tausender Bergsteiger, sondern auch Sitz der Göttin Qomolangma, der Mutter des Universums, ist. Sie lernen die uralte Bön-Religion mit ihren See- und Berggöttinnen kennen und überqueren mit Pilgerinnen und Pilgern den 5600 Meter hohen Pass am heiligen Berg Kailash. Dabei gelangen sie in einst matriarchalisch geprägte Gegenden, in denen Frauen heute noch in der Brüderehe leben. Und sie folgen den Spuren der Französin Alexandra David-Néel, die 1925 als erste Europäerin die verbotene Stadt Lhasa betrat. Ein einfühlsam und lebendig geschilderter Abenteuertrip zu den starken Frauen auf dem Dach der Welt.

€ 12,99 [D], € 12,99 [A]
Erschienen am 12.01.2018
288 Seiten
EAN 978-3-492-97789-0
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Leseprobe zu „Die fünf Schwestern des langen Lebens“

Vorwort
Als vor nahezu hundert Jahren Alexandra David-Neél Tibet bereiste, war dies eine Weltsensation. Eine Frau und Europäerin auf dem Dach der Welt! Seitdem hat das abgeschiedene Land viele Menschen fasziniert – Abenteurer und Missionare, Forscher, Fotografen, Filmemacher und Autoren. Extremsportler wetteifern um den ultimativen Gipfelrekord, einsame Outdoor-Helden preisen die atemberaubende Natur. Das Land des Dalai Lama und des Buddhismus ist in. Es war und ist auch heute eine Utopie des Westens, ein „Nirgendort“ des Ursprünglichen und Archaischen, [...]

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Vorwort
Als vor nahezu hundert Jahren Alexandra David-Neél Tibet bereiste, war dies eine Weltsensation. Eine Frau und Europäerin auf dem Dach der Welt! Seitdem hat das abgeschiedene Land viele Menschen fasziniert – Abenteurer und Missionare, Forscher, Fotografen, Filmemacher und Autoren. Extremsportler wetteifern um den ultimativen Gipfelrekord, einsame Outdoor-Helden preisen die atemberaubende Natur. Das Land des Dalai Lama und des Buddhismus ist in. Es war und ist auch heute eine Utopie des Westens, ein „Nirgendort“ des Ursprünglichen und Archaischen, das mythische Paradies „Shangri-La“. Postkartenbilder von Gebetsfahnen, Butterkerzen und alten Mönchen sind ein Teil dieses Wunschbildes. Der Mythos spricht auch viele Frauen auf der Suche nach anderen Lebensweisen an. Doch wie viel hat er mit dem wirklichen Tibet zu tun? Und was wissen wir vom Leben der Frauen in Tibet?
Auch wir hatten viele verklärende Bilder im Kopf, als wir unsere zehnmonatige Weltreise planten, mit Tibet als Höhepunkt. Ein reiseerfahrenes Frauenpaar in den besten Jahren im wohlverdienten Sabbatical – Jobs, Katze, Wohnung goodbye! Mit minimaler Trekkingausrüstung (wir hatten auch für warme Länder gepackt, Nepal, Indien und die Andamanen, Neuseeland und Französisch-Polynesien) starteten wir im August 2011. Bald war uns klar: Tibet ist eine Herausforderung! Es unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von einer normalen Rucksackreise: die extreme Höhenlage und die Auswirkungen der Höhenkrankheit; willkürlich erlassene Einreiseverbote und vor allem die Reisebedingungen in einem besetzten, geknebelten Land, das um seine Freiheit kämpft. Alle Reisen nach Tibet müssen durch eine staatlich lizensierte Agentur organisiert werden, ein Reiseführer als ständiger Begleiter ist Vorschrift. Und – was diesen Bericht am meisten prägt: Obwohl Tibet mittlerweile über eine Eisenbahn und einzelne geteerte Straßen verfügt, wird jede Reise jenseits der Hauptstadt zwangsläufig zum Abenteuertrip. Selbst erfahrene TrekkerInnen und Outdoor-Reisende sehen sich mit extremen Situationen konfrontiert.
Diese Bedingungen haben auch unsere Reise geprägt. Ein einzigartiger Glücksfall in dieser Situation war unsere „verordnete“ Reisebegleiterin Jigme. Sie und alle anderen Tibeterinnen und Tibeter, Chinesinnen und Chinesen, die hier beschrieben sind, tragen in Wirklichkeit einen anderen Namen. Wir konnten sie nicht einmal fragen, ob ihnen die Pseudonyme gefallen, denn die Kontrolle des Internets durch die chinesischen Machthaber führt nicht nur zur weitreichenden Dominanz chinesischer Propaganda im Netz, sie macht auch vor privaten E-Mails keinen Halt.
Allen Widrigkeiten zum Trotz haben wir die Perspektive von Frauen nicht aus den Augen verloren: Wir als reisendes Frauenpaar, geleitet und unterstützt von unserer tibetischen Reiseführerin, versuchten der Lebenswirklichkeit der Tibeterinnen näherzukommen. Wie leben die Frauen? In der Stadt, auf dem Land, als Nomadin, als Bäuerin? Was arbeiten sie? Wie ist ihre Situation in der Familie? In der Religion, in der Öffentlichkeit?
Worin liegen ihr Selbstbewusstsein, ihre Freiheit? Und wie sieht es mit Sexismus, Gewalt und Ausbeutung aus? Reiseberichte über das Land blenden diese Themen meist aus. Es finden sich weder fundierte journalistische Recherchen, noch hat sich die wissenschaftliche Forschung dieser Themen angenommen. So boten sich nur wenige Anknüpfungspunkte: religiöse Vorbilder wie die buddhistische Göttin Tara; der Mount Everest, der eigentlich der Berg der Göttin Qomolangma ist; die in Tibet immer noch verbreitete Brüderehe, von der es heißt, sie sei matriarchalen Ursprungs.
Unser Reisebericht ist der Versuch, dort, wo andere aufhören, ein kleines Stück weiter zu gehen. Ein großer Teil der Spurensuche führt in die vorbuddhistische Geschichte Tibets, die Bön-Religion, die viele machtvolle Göttinnen kennt. Die gegenwärtige Situation tibetischer Frauen, Rollenbilder und Geschlechterverhältnisse konnten wir nur durch Begegnungen, Beobachtungen und manches vorsichtige Nachfragen einfangen. Unsere Eindrücke werden vertieft durch Hintergrundtexte zu spannenden Frauenfiguren des Buddhismus und des Bön sowie zu mythologischen, historischen, gesellschaftlichen und religiösen Frauenthemen. Wir hoffen sehr, dass unsere Spurensuche von anderen fortgesetzt wird!

Unser Dank gilt in erster Linie unserer tibetischen Reisebegleiterin Jigme, dem „Driver“ und ihren KollegInnen in der Agentur. Der Lektorin Annika Krummacher ist es zu verdanken, dass wir unseren Plan, ein Buch über unsere Tibet-Tour mit „Frauen-Aspekten“ zu schreiben, mit Überzeugung weiterverfolgt haben. Danke, Annika! Wir bedanken uns auch bei den TibetologInnen und Tibet-ExpertInnen, die uns in der Recherche unterstützt haben. Danke an unsere Freundinnen fürs Nachfragen, Unterstützen, Ermutigen und Mitdiskutieren, vor allem Karin Schönig, Sabine Gebhard, Petra Dorkenwald, Antje Sommer und Hedwig Gappa-Langer. Das dickste Dankeschön geht an Ulrike Helmer, unserer Verlegerin der ersten Ausgabe dieses Buchs: Danke, dass du durchhältst und weiterhin Bücher mit der besonderen Perspektive von Frauen verlegst. Und für deine engagierte und sensible Unterstützung vor allem in der schwierigen Endphase des Buchs! Herzlichen Dank auch an Margret Kirsch vom Piper Verlag, die großen Anteil daran hat, dass es nun sogar eine Taschenbuchausgabe davon gibt. Und nicht zuletzt: Danke, Mama, für Suppe und Kartoffelbrei …

Elke Amberg und Gabi Schröder im Herbst 2017


Es fährt ein Zug aufs Dach der Welt


Nadelöhr Einreise – ein Entschluss, eine Beamtin und ein Schlaumeier
Gleich geht es los – dachten wir. Aber nun warten wir schon eine halbe Stunde, stehend, mit prall gefülltem Rucksack auf dem Rücken, umringt von Männern. Soldaten in Zivil, Geschäftsreisende, chinesische Touristen? Schwer einzuschätzen. Nur einzelne Tibeter sind dabei. Vor uns prangt das Schild mit unserer Zugnummer: K 9811. Eine Absperrung mit einer roten Kordel verhindert, dass wir einfach so auf das Gleis gehen. Auch hier im Bahnhof von Xining, im tiefen Westen Chinas, hat alles seine Ordnung, was bedeutet: einchecken wie auf dem Flughafen. Reisende nach Lhasa, so scheint es, bedürfen einer besonderen Disziplinierung. Wir müssen in vier Reihen anstehen, dicht an dicht und vor allem eng hintereinander. So eng, wie sich Durchschnittseuropäer niemals freiwillig hinstellen würden.
Uniformierte starren bedeutungsschwanger in die Luft. Mein tonnenschwerer Rucksack treibt mir den Schweiß aus allen Poren. Ich schere einen halben Schritt nach links aus, entziehe mich dem Geruch von Schweiß, Rasierwasser und Yakbutter. Deren süßlich-ranzigen Geruch kennen wir von den Butterlampen der Klöster. In Tibet werden damit auch Haut und Haare eingecremt. Yakbutter hilft angeblich bei fast allem, wie in Russland der Wodka und in Bayern das Bier.
Mein Ausfallschritt ist dem Bahnpolizisten ein Dorn im Auge, aber er übersieht ihn geflissentlich. Sonst geriete er womöglich in die Bredouille, irgendetwas tun zu müssen. Aber wie und was, wenn man kein Englisch spricht und nichts falsch machen möchte? Mit einem Stock patrouilliert er die Reihen entlang, als beaufsichtige er eine Herde Yakbullen. Wir Westlerinnen haben den Langnasen-Bonus und ignorieren die lautstark vorgetragenen Drohungen und Mahnungen.
Gabi, neben mir eingekeilt, kämpft tapfer gegen notorische Drängler von hinten an. Ich weiß, sie ist hellwach und fest entschlossen, loszuspurten, wenn’s drauf ankommt. Schweißtropfen rinnen hinter meinen Ohren den Hals hinunter, die Tragegurte schneiden mir in die Nackenmuskeln. „Wenn wir nur nicht so viel eingepackt hätten!“, verfluche ich laut meine bleierne Last. Schon dreimal habe ich meinen Zwanzig-Kilo-Rucksack mühsam abgesetzt, um ihn mir beim kleinsten Anzeichen, dass es vorangeht, wieder auf den Rücken zu hieven. Eine ganze Bibliothek befindet sich darin, und bisher habe ich kein einziges Buch gelesen! Die Youngsters mit ihren Laptops, Tablets und Pads würden sich kringeln vor Lachen, wenn sie wüssten, was sich in den Tiefen meines alten Travellerrucksacks stapelt. Und sie wären sicherlich entsetzt bei der Vorstellung, ohne Handy auf Reisen zu gehen.
Da! Bewegung kommt in die Menge, als sich die Glastür vor uns öffnet, die Kordel entfernt wird. Fehlalarm. Zwei weitere wichtige chinesische Beamte postieren sich neben die anderen.
Bevor wir allmählich in Gleichmut versinken, spazieren zwei Reisegruppen mit Westlern, von ihren Guides geleitet, an allen vorbei, als sei dies das Selbstverständlichste auf der Welt. Irgendwie sind wir plötzlich stolz, mit dem normalen Volk in der Reihe zu stehen. Lange kann es nicht mehr dauern.
Ein unhörbarer Startschuss. Es geht los! Sofort verschmelzen die vier säuberlich bewachten Reihen zu einem kompakten, drängelnden Knäuel. Fein angezogene Chinesen im Businessanzug mit Rollköfferchen haben sich schon herangepirscht und greifen von der Seite an. Was uns nicht beeindrucken kann, schließlich sind wir „China-Profis“: Unter Einsatz des ganzen Körpergewichts inklusive Rucksack drängeln wir durch den Flaschenhals, den die Beamten bilden, und durchschreiten die verheißungsvolle Glastür.
Der Bahnsteig ist jungfräulich leer, geräumig und blitzblank sauber wie ein Geisterbahnhof. Schaffnerinnen in Habachtstellung vor jeder Zugtür. Schnell ist unser Waggon gefunden, doch die Uniformierte hält uns auf. Wo ist unser Lhasa-Permit? Verflucht! Gabi durchwühlt ihren Bauchgurt. Unser ehrgeiziges Ziel, möglichst schnell das Abteil zu erreichen, um das Gepäck gut verstauen zu können, schwindet dahin. Seelenruhig inspiziert die Schaffnerin das Stück Papier, dreht es in alle Himmelsrichtungen. Riesenkoffer schieben an uns vorbei. „Was macht die denn?“, raunt Gabi zwischen zusammengebissenen Zähnen. Sie täuscht Gewissenhaftigkeit vor, denke ich mir. Energisch zupft meine resolute Liebste der Frau das Schriftstück aus der Hand. Die Schaffnerin schaut etwas verdutzt, wir verschwinden im allgemeinen Gewusel. Komisch, sie hält uns nicht auf!
Zwei Männer haben sich im Abteil schon häuslich eingerichtet, doch sie helfen uns sogar, unsere Rucksäcke und die Gitarre zu verstauen. Einer Nacht auf freier Liege steht nichts mehr im Weg!
„Richtig gemütlich hier“, sage ich erleichtert, denn es ist sauber und ruhig. Die Pritschen sind mit Kissen und Decken bestückt, fein säuberlich mit einem Bettüberzug aus weißem Papiervlies überzogen. Eigentlich hatten wir auf ein Zweierabteil umdisponiert, aber das erwies sich als frommer Wunsch. „Die Tickets sind höchst selten zu kriegen“, erklärte uns Norbu von der Agency. So nebenbei erfuhren wir, dass auch die Reiseagentur die Karten auf dem Schwarzmarkt besorgen musste. Unser Gepäck wird mit Kabel und Zahlenschlössern gesichert, und dann sitzen wir auf dem unteren Bett wie zwei Hühner auf der Stange und begutachten die Männer gegenüber. Einer mittleren Alters, ein Jüngerer, kurz gestutzte Haare, beide offenbar alleinreisend, nicht angetrunken oder verdächtig aufgekratzt. Sie wirken eher routiniert, gelangweilt, distanziert. Militärs in Zivil? Parteikader? Und sie scheinen auch nicht befremdet zu sein, dass sie mit zwei Langnasen-Frauen in robusten Trekkingklamotten die Nacht in einem Abteil verbringen werden. Entwarnung also, wir können durchatmen.
So langsam sickert es in unser Bewusstsein: Wir sitzen im Zug nach Lhasa, juhu! Potala, wir kommen! Tsurphu, Namtso, Reting, Everest und Kailash, wir sind auf dem Weg! Dreißig Tage auf dem Dach der Welt erwarten uns! Welch ein Luxus, dass wir dieses geheimnisvolle, sagenumwobene, extreme, abgeschiedene und doch in der ganzen Welt so bekannte Land besuchen können! Eine Mischung aus Befriedigung und Vorfreude kitzelt in meinem Brustkorb. Ich muss aufpassen, dass ich nicht dauernd dümmlich vor mich hin grinse.
Es ist schon nach elf Uhr, als wir uns mit Wasserflasche in der Hand zum Zähneputzen den Gang entlanghangeln. Am Ende jedes Wagens gibt es vier kleine Waschbecken, zwar mitten auf dem Gang, aber für chinesische Verhältnisse luxuriös mit Seifchen und Spiegeln ausgestattet.
Unser Schlaf ist seelenruhig, tief und fest. Gabi liegt unten, ich im oberen Bett, beide in voller Montur. Nur den Knopf an meiner Trekkinghose habe ich geöffnet, die „Bauchbinde“ – wie ich meinen Geldgürtel nenne – drückt ein wenig.

Elke Amberg

Über Elke Amberg

Biografie

Elke Amberg ist Kommunikationswissenschaftlerin und Journalistin. Sie arbeitete viele Jahre lang für den ARD-Hörfunk und ist heute spezialisiert auf Öffentlichkeitsarbeit und Fachjournalismus für diskriminierte gesellschaftliche Gruppen. 2011 erschien ihre Studie zur Unsichtbarkeit lesbischer Frauen...

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