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Die Geschichte der EinsamkeitDie Geschichte der Einsamkeit

Die Geschichte der Einsamkeit Die Geschichte der Einsamkeit - eBook-Ausgabe

John Boyne
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Roman

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Die Geschichte der Einsamkeit — Inhalt

Die Beichte eines guten Priesters: durchdrungen von wohlplatzierten Lücken und überraschenden Untiefen

Odran Yates kommt 1972 an das renommierte Dubliner „Clonliffe Seminary“, um Priester zu werden. Er kann es kaum erwarten, endlich Gutes zu tun. Vierzig Jahre später ist sein Vertrauen in die katholische Kirche jedoch zutiefst erschüttert. Bestürzt muss er dabei zusehen, wie alte Freunde vor Gericht stehen und ehemalige Würdenträger ins Gefängnis kommen. Erst als bei einem Familientreffen alte Wunden aufgerissen werden, sieht er sich gezwungen, die Ereignisse in seinem Leben in einem anderen Licht zu betrachten und sich einzugestehen, dass er über all die Jahre nicht sehen wollte, was direkt vor seinen Augen geschah.

€ 12,00 [D], € 12,40 [A]
Erschienen am 01.03.2017
Übersetzt von: Sonja Finck
416 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-30992-9
Download Cover
€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 05.10.2015
Übersetzt von: Sonja Finck
416 Seiten
EAN 978-3-492-97103-4
Download Cover

Leseprobe zu „Die Geschichte der Einsamkeit“

Erstes Kapitel

2001


Erst spät in meinem Leben begann ich mich dafür zu schämen, dass ich Ire bin.

Vielleicht sollte ich mit dem Abend beginnen, an dem ich meine Schwester zum Essen besuchte und sie sich nicht daran erinnern konnte, mich eingeladen zu haben. An jenem Abend bemerkte ich zum ersten Mal, dass etwas mit ihr nicht stimmte.

Gegen Mittag war George W. Bush in Washington für seine erste Amtszeit als Präsident vereidigt worden, und als ich in der Grange Road im Süden von Dublin ankam, saß Hannah vor dem Fernseher und schaute sich einen Bericht über [...]

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Erstes Kapitel

2001


Erst spät in meinem Leben begann ich mich dafür zu schämen, dass ich Ire bin.

Vielleicht sollte ich mit dem Abend beginnen, an dem ich meine Schwester zum Essen besuchte und sie sich nicht daran erinnern konnte, mich eingeladen zu haben. An jenem Abend bemerkte ich zum ersten Mal, dass etwas mit ihr nicht stimmte.

Gegen Mittag war George W. Bush in Washington für seine erste Amtszeit als Präsident vereidigt worden, und als ich in der Grange Road im Süden von Dublin ankam, saß Hannah vor dem Fernseher und schaute sich einen Bericht über die Zeremonie an.

Mein letzter Besuch lag ein knappes Jahr zurück. Es war mir etwas unangenehm, dass ich, nachdem ich in den Monaten nach Kristians Tod häufiger bei ihr vorbeigeschaut hatte, in alte Gewohnheiten zurückgefallen war und nur selten anrief und mich noch seltener mit ihr zum Mittagessen im Bewley’s Café in der Grafton Street verabredete. Das Bewley’s erinnerte uns beide an unsere Kindheit, denn dorthin hatte Mam uns immer mitgenommen, wenn wir in der Adventszeit in die Innenstadt fuhren, um das Weihnachtsschaufenster von Switzer’s zu bewundern. Im Bewley’s hatten wir auch zu Mittag gegessen – Würstchen mit Bohnen und Pommes –, nachdem der Schneider des Clerys bei uns Maß genommen hatte, erst für meinen Kommunionsanzug und ein paar Jahre später für Hannahs Kommunionskleid. Wir hatten dort wunderbare Nachmittage verbracht, hatten Buttercremetorte gegessen und Fanta getrunken. Vor der Kirche von Dundrum stiegen wir in den Bus 48A, der uns in die Innenstadt brachte. Hannah und ich rannten hoch aufs Oberdeck, setzten uns ganz nach vorn und umklammerten die Eisenstange, während der Bus durch Milltown und Ranelagh fuhr, über die Charlemont Bridge und bis zum alten Metropole-Kino hinter der Tara Street Station, wo wir uns Meuterei auf der Bounty mit Marlon Brando und Trevor Howard angeschaut hatten. Allerdings hatten wir den Film nur bis zur Hälfte gesehen, denn als die Tahitianerinnen mit ihren entblößten Brüsten, die lediglich von Blumengirlanden bedeckt waren, in Kanus auf das Schiff zuruderten, auf dem sich eine Horde lüsterner Matrosen befand, zerrte Mam uns aus dem Saal. Noch am selben Abend schrieb sie einen Brief an die Evening Press und forderte, der Film solle aus den Kinos verbannt werden. „Ist dies ein katholisches Land oder nicht?“, empörte sie sich.

In den fünfunddreißig Jahren, die seitdem vergangen waren, hatte sich das Bewley’s Café nicht großartig verändert, und ich ging immer noch gern hin. Ich bin ein nostalgischer Mensch, was nicht immer gut ist. Kindheitserinnerungen werden wach, sobald mein Blick auf die Sitzbänke mit den hohen Rückenlehnen fällt, in denen nach wie vor Menschen aller Couleur Platz nehmen: Rentner mit schlohweißem Haar, echte Gentlemen, glatt rasiert und nach Old Spice duftend, lesen in feinen Anzügen den Wirtschaftsteil der Irish Times, obwohl das rein gar nichts mehr mit ihrem Leben zu tun hat. Hausfrauen genießen ihren Vormittagskaffee und sind froh, einen Moment für sich zu haben, während sie der wunderbaren Stimme von Méav lauschen, die aus den Lautsprechern dringt. Studenten des Trinity College essen Wurstsandwiches, trinken Unmengen von Kaffee, lachen laut und stoßen sich gegenseitig an, weil sie jung sind und die Gesellschaft genießen. Ein paar arme Schlucker erkaufen sich mit einer Tasse Tee ein oder zwei Stunden Wärme. Es ist ein großes Glück für Dublin, dass das Bewley’s jedem seine Türen öffnet, und hin und wieder nutzten Hannah und ich diese Gastfreundschaft – ein Mann mittleren Alters und seine verwitwete Schwester, beide gepflegt gekleidet, die sich leise unterhielten und immer noch gern Buttercremetorte aßen, deren Magen aber keine Fanta mehr vertrug.

Hannah hatte mich ein paar Tage zuvor angerufen und mich zum Abendessen eingeladen, und ich hatte sofort zugesagt. Nach ihrem Anruf hatte ich mich gefragt, ob sie sich vielleicht einsam fühlte. Ihr ältester Sohn, mein Neffe Aidan, arbeitete in London auf dem Bau und kam fast nie nach Hause. Ich wusste, dass er sogar noch seltener anrief als ich. Allerdings war er in jenen Jahren auch kein besonders umgänglicher Mensch. Als Kind war er fröhlich und offenherzig gewesen und hatte gern den Alleinunterhalter gespielt, aber eines Tages hatte er sich schlagartig verändert und war zu einem zornigen, verschlossenen Jungen geworden, der Hannah und Kristian das Leben schwer machte. Als er heranwuchs, wurde die Wut, die ihn von innen vergiftete, nicht weniger – im Gegenteil, sie wurde immer größer und zerstörte alles, was mit ihr in Berührung kam. Aidan war groß und breitschultrig und hatte die helle Haut und das blonde Haar seines norwegischen Vaters geerbt. Die Frauen lagen ihm zu Füßen. Leider hatte er auch ein schier unstillbares Verlangen nach ihnen. So hatte er ein Mädchen geschwängert, als die beiden nicht einmal alt genug zum Autofahren waren, und eine Zeit lang gab es deswegen großen Ärger. Nach einem furchtbaren Streit zwischen Kristian und dem Vater des Mädchens, bei dem sogar die Polizei anrücken musste, beschlossen sie, das Kind zur Adoption freizugeben.

Bei mir hatte sich Aidan schon lange nicht mehr gemeldet. Wenn wir uns begegneten, lag Verachtung in seinem Blick. Einmal, als er nicht mehr ganz nüchtern war, baute er sich auf einer Familienfeier vor mir auf und stützte eine Hand an der Wand ab, sodass ich zwischen seinem Arm und seinem Oberkörper gefangen war. Er roch so sehr nach Zigaretten und Alkohol, dass ich den Kopf abwandte, woraufhin er süffisant bemerkte: „Ich hätte da mal eine Frage. Hast du nicht manchmal das Gefühl, dass dein Leben für die Katz ist? Wünschst du dir nie, du könntest die Zeit zurückdrehen und noch mal von vorn beginnen? Alles anders machen? Willst du nicht manchmal ein normales Leben führen?“ Ich schüttelte den Kopf und antwortete, dass ich sehr zufrieden mit meinem Leben sei und dass ich zu meiner Entscheidung stünde, obwohl ich sie in sehr jungen Jahren getroffen hätte. Ich stünde zu meiner Entscheidung, wiederholte ich, und auch wenn er sie sinnlos finde, verleihe sie meinem Leben Klarheit und ein Ziel, Dinge, die ihm offenbar fehlten. „Damit könntest du recht haben, Odran“, sagte er, trat einen Schritt zurück und gab mich frei. „Aber ich könnte so nicht leben. Lieber würde ich mir eine Kugel in den Kopf jagen.“

Nein, Aidan hätte meine Entscheidungen niemals treffen können, und heute bin ich dafür dankbar. Er ist einfach nicht so arglos und konfliktscheu wie ich. Schon als Junge hatte er mehr Mut, als ich jemals haben werde. Jetzt lebte er in London mit einer Frau zusammen, die einige Jahre älter war als er und schon zwei Kinder hatte, was ich merkwürdig fand, schließlich hatte er ein paar Jahre zuvor nichts von seinem eigenen Kind wissen wollen.

In Hannahs Haus wohnte jetzt nur noch ihr jüngerer Sohn Jonas, ein stiller Junge, mit dem man kein richtiges Gespräch führen konnte, weil er immer auf seine Schuhe starrte oder die Finger bewegte wie ein rastloser Klavierspieler. Wenn man ihn ansah, errötete er, und meist verkroch er sich zum Lesen in sein Zimmer, aber wenn ich ihn nach seinem Lieblingsschriftsteller fragte, gab er mir nur widerwillig Auskunft oder nannte aus Trotz einen Namen, den ich noch nie gehört hatte – meist einen Ausländer, einen Japaner, Italiener oder Portugiesen. Auf der Beerdigung seines Vaters hatte ich die Stimmung auflockern wollen und ihn gefragt, ob er hinter seiner verschlossenen Tür wirklich lese oder nicht etwas ganz anderes treibe. Ich hatte mir nichts dabei gedacht – es sollte ein Scherz sein –, aber als ich die Worte aussprach, hörte ich selbst, wie anzüglich sie klangen. Ich glaube, es waren noch drei oder vier andere Leute dabei, und der Junge wurde knallrot und verschluckte sich an seiner 7Up. Ich wollte ihm sagen, wie leid es mir tue und dass ich ihn nicht in Verlegenheit hätte bringen wollen, aber das hätte alles nur noch schlimmer gemacht, und so ließ ich die Sache auf sich beruhen und wandte mich rasch ab. Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir uns von dieser Szene nie mehr erholt haben, denn er muss gedacht haben, dass ich ihn absichtlich bloßstellen wollte, obwohl mir nun wirklich nichts ferner lag.

Jonas war zu der Zeit, von der ich erzähle, sechzehn Jahre alt und stand kurz vor der Mittleren Reife. Die Prüfung würde ihm keine Schwierigkeiten bereiten, denn er war von klein auf sehr klug gewesen und hatte lange vor anderen Kindern seines Alters sprechen und lesen gelernt. Kristian sagte gern, dass Jonas mit seinem Verstand Arzt, Anwalt, Premierminister von Norwegen oder Präsident von Irland werden könne, aber immer wenn ich ihn das sagen hörte, dachte ich, nein, das ist nicht der Weg dieses Jungen. Ich wusste nicht, was sein Weg war, aber dieser war es nicht.

Manchmal dachte ich, dass Jonas ein hoffnungsloser Fall war. Er erzählte nie von Gleichaltrigen, hatte keine Freundin und nahm kein Mädchen mit auf den Weihnachtsball der Schule. Er ging nicht einmal hin. Er war in keinem Verein und trieb keinen Sport. Jonas ging zur Schule und kam wieder nach Hause. Am Sonntagnachmittag setzte er sich allein ins Kino und sah sich irgendeinen ausländischen Film an. Er half seiner Mutter im Haushalt. Ich fragte mich, ob er vielleicht einsam war. In seinem Alter hatte ich mich jedenfalls oft allein gefühlt.

So lebten also nur noch Hannah und Jonas in dem Haus. Der Ehemann und Vater war tot und der Sohn und Bruder ausgezogen, und auch wenn ich nicht viel vom Familienleben verstand, eins wusste ich: Eine Frau Mitte vierzig und ein unsicherer Jugendlicher hatten sich vermutlich nicht viel zu sagen. Vielleicht herrschte in ihrem Haus oft Schweigen, und deshalb hatte Hannah zum Hörer gegriffen, ihren Bruder angerufen und ihn zum Abendessen eingeladen. Wir bekommen dich so selten zu Gesicht, Odran!

An jenem Abend fuhr ich in meinem neuen Auto zu ihr. Besser gesagt, in dem Gebrauchtwagen, den ich soeben erstanden hatte, einem Ford Fiesta Baujahr 1992. Ich hatte ihn erst seit einer Woche und war äußerst angetan von seiner Wendigkeit. Ein richtiger kleiner Flitzer. Ich parkte auf der Straße vor Hannahs Haus und stieg aus. Dann öffnete ich das Gartentor, das schief in den Angeln hing, und strich mit dem Finger über die abgeblätterte schwarze Farbe. Darum müsste sich Jonas bei Gelegenheit mal kümmern, dachte ich, schließlich war er nun, da Kristian verstorben und Aidan ausgezogen war, der Mann im Haus, auch wenn er noch ein halbes Kind war. Der Garten wirkte hingegen gepflegt. Die Pflanzen hatten den Winter gut überstanden, und ein frisch geharktes Beet sah aus, als warteten unzählige Blumenzwiebeln nur darauf, aus der Erde hervorzubrechen und in die Höhe zu schießen, sobald es Frühling wurde – was für meinen Geschmack nicht schnell genug passieren konnte, denn ich liebe die Sonne, auch wenn ich wenig Erfahrung mit ihr habe, denn ich habe mein ganzes Leben in Irland verbracht.

Wann hat Hannah denn ihren grünen Daumen entdeckt?, fragte ich mich, während ich durch den Vorgarten ging. Das ist ja ganz was Neues.

Ich klingelte an der Tür, trat ein paar Schritte zurück und sah zum Fenster im ersten Stock hoch. Dort brannte Licht, und ich sah einen Schatten. Jonas musste den Motor gehört und einen Blick nach draußen geworfen haben, während ich den Vorgarten durchquerte. Ich hoffte, dass ihm der Fiesta aufgefallen war. Man konnte es mir doch nicht etwa verübeln, dass ich von meinem Neffen ein wenig bewundert werden wollte? Kurz kam mir der Gedanke, dass ich mich mehr um den Jungen kümmern sollte, schließlich war sein Vater tot und sein großer Bruder aus dem Haus, und er brauchte vielleicht einen Mann in seinem Leben.

Die Tür wurde geöffnet, und Hannah spähte durch den Spalt. Wie sie so dastand und mich leicht nach vorn gebeugt anstarrte, erinnerte sie mich an unsere verstorbene Großmutter. Sie schien sich zu fragen, warum um Himmels willen jemand um diese Uhrzeit bei ihr vor der Tür stand. In ihrem Gesicht sah ich die Frau, die sie in fünfzehn Jahren sein würde.

„Ach, du bist es“, sagte sie und nickte zufrieden, als sie mich erkannte. „Von den Toten auferstanden.“

„Du übertreibst“, sagte ich grinsend und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sie roch nach einer dieser Cremes, die Frauen in ihrem Alter benutzen. Ich nehme diesen Geruch jedes Mal wahr, wenn Frauen auf mich zugeeilt kommen, um mir die Hand zu schütteln und mich zu fragen, wie es mir geht, ob ich in den nächsten Tagen nicht mal zum Abendessen vorbeikommen wolle und wie sich ihre Söhne so machten, sie bereiteten mir doch hoffentlich keine Schwierigkeiten? Ich habe keine Ahnung, wie diese Cremes heißen. Vermutlich ist Creme nicht einmal das richtige Wort. In der Fernsehwerbung heißt das sicher anders. Lotion oder so. Aber woher soll ich das wissen? Meine Unwissenheit über Frauen würde genug Bücher füllen, um damit die antike Bibliothek von Alexandria neu zu bestücken.

„Schön, dich zu sehen, Hannah.“

Ich trat in den Flur, zog meinen Mantel aus und hängte ihn auf einen freien Haken neben ihren alten dunkelblauen Mantel von Primark und eine braue Wildlederjacke, die Jonas gehören musste. Ich sah die Treppe hinauf und konnte es plötzlich kaum erwarten, ihm zu begegnen.

„Komm rein, komm rein“, sagte Hannah und ging voraus ins Wohnzimmer, in dem es gemütlich warm war. Im Kamin loderte ein Feuer, und ich bekam Lust, den ganzen Abend mit Hannah und Jonas vor dem Fernseher zu sitzen. Anne Doyle würde berichten, was unser Premierminister Bertie Ahern so trieb, und darüber spekulieren, ob Jon Bruton ihn bei den nächsten Wahlen schlagen und was der arme Al Gore nach seiner Niederlage tun würde.

Auf dem Fernseher stand ein gerahmtes Foto von Cathal. Auf dem Bild lachte er aus vollem Hals, als hätte er das ganze Leben noch vor sich, der arme kleine Kerl. Ich hatte das Foto noch nie gesehen und starrte es an. Cathal trug Shorts, hatte strubbeliges Haar und grinste, dass es mir das Herz brach. Im Hintergrund war ein Strand zu sehen. Mir wurde schwindelig. Cathal war nur einmal in seinem Leben an einem Strand gewesen. Warum hatte Hannah das Bild aufgestellt? Warum wollte sie an jene furchtbare Woche erinnert werden? Und wo hatte sie das Bild überhaupt her?

„War viel los auf den Straßen?“, fragte sie mich von der Tür her, und ich fuhr herum und starrte sie einen Moment lang verwirrt an.

„Nein, gar nicht“, sagte ich dann. „Ich habe übrigens ein neues Auto. Es fährt sich sehr gut.“

„Ein neues Auto? Nicht schlecht! Ist so was denn erlaubt?“

„Es ist ja nicht fabrikneu.“ Ich musste wirklich aufhören, das Auto als neu zu bezeichnen. „Es ist gebraucht, aber für mich ist es neu.“

„Na, dann wird es ja wohl erlaubt sein.“

„Natürlich.“ Ich lachte unsicher, weil ich nicht genau wusste, was sie damit meinte. „Ich muss ja schließlich irgendwie von A nach B kommen.“

„Sicher. Wie spät ist es eigentlich?“ Sie warf einen Blick auf ihre Uhr und sah mich an. „Setz dich doch. Du machst mich ganz nervös, wenn du so rumstehst.“

Ich setzte mich, und da schlug sie die Hand vor den Mund und starrte mich an.

„Du meine Güte. Ich hatte dich zum Abendessen eingeladen.“

„Ja, klar.“ In diesem Moment fiel mir auf, dass es in der Wohnung eher nach einer schon verspeisten Mahlzeit roch als nach kochenden Töpfen. „Hattest du das vergessen?“

Sie wandte sich ab und kniff verwirrt die Augen zusammen, sodass ich ihr Gesicht kaum wiedererkannte. Dann schüttelte sie den Kopf. „Natürlich nicht. Es ist nur … Na gut, um ehrlich zu sein, hatte ich es vergessen. Ich dachte … Hatten wir nicht Donnerstag gesagt?“

„Nein“, entgegnete ich, denn ich war mir sicher, dass sie mich für den Samstag eingeladen hatte. „Aber vielleicht habe ich es mir ja falsch gemerkt“, fügte ich hinzu, weil ich nicht wollte, dass sie sich Vorwürfe machte.

„Nein, du hast es dir nicht falsch gemerkt.“ Sie schüttelte den Kopf und wirkte verärgerter, als es der Situation angemessen war. „Ich weiß in letzter Zeit wirklich nicht, wo mir der Kopf steht, Odran. Ich bin furchtbar zerstreut. Mir passieren ständig irgendwelche Fehler. Mrs Byrne hat mich schon verwarnt und gesagt, ich müsse mich zusammenreißen. Aber sie hat auch Haare auf den Zähnen. Ihr kann man es einfach nicht recht machen. Ach, Odran, es tut mir leid. Jonas und ich haben schon vor einer halben Stunde zu Abend gegessen. Ich hatte es mir gerade vor dem Fernseher gemütlich gemacht. Kann ich dir ein Sandwich mit Bratwürstchen machen?“

Ich nickte und bedankte mich. Als mir einfiel, wie sehr mein Magen auf dem Weg hierher geknurrt hatte, fügte ich hinzu, dass ich auch zwei Sandwiches nehmen würde, wenn es nicht zu viel Mühe bedeute. Sie sagte, es mache ihr überhaupt nichts aus, schließlich habe sie ihren beiden Jungs da oben jahrelang Würste gebraten.

„Deinen beiden Jungs da oben?“, fragte ich. War der Schatten am Fenster vielleicht doch nicht Jonas gewesen, sondern sein Bruder? „Ist Aidan hier?“

„Aidan?“, fragte sie verwundert und drehte sich mit der Pfanne in der Hand zu mir um. „Nein, er arbeitet in London auf dem Bau. Das weißt du doch!“

„Aber du hast von deinen beiden Jungs gesprochen.“

„Ich meinte Jonas.“

Ich ließ sie in Ruhe und starrte auf den Fernseher.

„Hast du dir heute Nachmittag die Vereidigung des Präsidenten angeschaut?“, rief ich in die Küche hinüber. „Machen die Amis nicht furchtbar viel Aufhebens um die Sache?“

„Ja, das ist schon verrückt“, antwortete sie. Ich hörte das Öl spritzen, als sie die Würstchen in die Pfanne legte. „Ich habe den Nachmittag vor dem Fernseher verbracht. Wie findest du ihn? Glaubst du, er wird seine Sache gut machen?“

„Er ist noch keinen Tag im Amt, und schon hassen ihn alle.“ Auch ich hatte mir die Berichterstattung angeschaut und mich darüber gewundert, wie viele Leute in Washington gegen Bush auf die Straße gegangen waren. Man warf ihm vor, er habe die Wahl gar nicht gewonnen, aber selbst wenn das stimmte, war das Ergebnis so knapp, dass Al Gore wohl kaum eine größere Legitimität als Präsident gehabt hätte.

„Weißt du, wen ich toll fand?“, fragte Hannah so verträumt, als wäre sie wieder ein junges Mädchen.

„Wen denn?“

„Ronald Reagan. Erinnerst du dich noch an seine Filme? Manchmal laufen sie samstags auf BBC2. Vor ein paar Wochen habe ich einen gesehen, in dem Ronald Reagan einen Gleisarbeiter spielt. Er hat einen Unfall, und als er wieder aufwacht, hat man ihm beide Beine amputiert. ›Wo ist der Rest von mir?‹, schrie er. ›Wo ist der Rest von mir?‹“

„Ah, ja“, sagte ich, obwohl ich mir noch nie einen Film mit Ronald Reagan angesehen hatte. Ich wunderte mich immer, wenn Leute ihn als Schauspieler bezeichneten. Seine Frau soll im Übrigen ein richtiger Drachen gewesen sein.

„Bei ihm hatte ich immer das Gefühl, er habe alles im Griff“, sagte Hannah. „Das mag ich bei einem Mann. Kristian war auch so.“

„Da hast du recht“, pflichtete ich ihr bei.

»Wusstest du, dass er in Mrs Thatcher verliebt war?

„Kristian?“, fragte ich stirnrunzelnd. Das konnte ich mir nicht vorstellen.

„Nein, nicht Kristian“, sagte sie gereizt. „Ronald Reagan. Ich habe gehört, dass die beiden ineinander verliebt waren.“

„Ich weiß nicht, ich habe da so meine Zweifel“, sagte ich achselzuckend. „Man nannte sie ja nicht umsonst die Eiserne Lady.“

„Jedenfalls bin ich froh, dass ich Clinton, diesen schmierigen Kerl, nicht mehr sehen muss“, rief sie zu mir herüber.

Ich nickte. Auch ich hatte die Nase voll von Bill Clinton. Seine Politik war nicht schlecht gewesen, aber er hatte alles Vertrauen verspielt. Am Ende hatte er nur noch seine Haut retten wollen. Ich konnte seinen erhobenen Zeigefinger und sein unbewegtes Gesicht, mit dem er alles abstritt, nicht mehr sehen. Er hatte uns nach Strich und Faden belogen.

„Er hat sich tatsächlich von dieser Frau einen blasen lassen“, fuhr Hannah fort, und ich fuhr herum und starrte sie fassungslos an. Solch ein Wort hatte sie in meiner Gegenwart noch nie verwendet, und ich überlegte, ob ich mich verhört hatte, aber ich wollte nicht nachfragen. Sie wendete die Würstchen in der Pfanne und summte vor sich hin. „Was magst du lieber, Ketchup oder braune Soße?“, rief sie mir zu.

„Ketchup.“

„Ketchup ist alle.“

„Dann eben braune Soße. Ich habe seit Ewigkeiten keine braune Soße mehr gegessen. Weißt du noch, wie Dad sie zu allem gegessen hat? Sogar zu Lachs?“

„Lachs?“, fragte sie und brachte mir einen Teller mit zwei köstlich aussehenden Bratwurstsandwiches. „Bei uns gab es früher keinen Lachs.“

„Hin und wieder schon.“

„Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern.“ Sie setzte sich in den zweiten Sessel und sah mich an. „Wie schmeckt dir die Wurst?“

„Sehr gut.“

„Ich hätte dir ein richtiges Abendessen kochen sollen.“

„Nein, nein. Die Würstchen reichen mir völlig.“

„Ich weiß in letzter Zeit wirklich nicht, wo mir der Kopf steht.“

„Das macht doch nichts, Hannah.“ Ich hätte gern das Thema gewechselt. „Was habt ihr beiden denn zu Abend gegessen?“

„Hühnchen“, antwortete sie. „Mit Kartoffelpüree. Das mag Kristian lieber als Salzkartoffeln.“

„Jonas“, sagte ich.

„Was ist mit Jonas?“

„Du hast Kristian gesagt.“

Sie machte ein verwirrtes Gesicht und schüttelte verständnislos den Kopf. Ich setzte zu einer Erklärung an, aber in dem Moment ging im ersten Stock eine Tür auf, und auf der Treppe erklangen Schritte. Gleich darauf kam Jonas ins Wohnzimmer und begrüßte mich mit einem Nicken und einem schüchternen, aber liebenswürdigen Lächeln. Sein Haar war länger als beim letzten Mal, und ich fragte mich, warum er es sich nicht schneiden ließ. Der Junge hatte ein hübsches Gesicht. Hätte ich seine Wangenknochen gehabt, dann hätte ich sie der Welt zeigen wollen.

„Hallo, Onkel Odran. Wie geht’s?“, fragte er.

„Gut, danke. Bist du schon wieder gewachsen, Jonas?“

„Er schießt immer weiter in die Höhe“, sagte Hannah.

„Vielleicht ein kleines Stück“, murmelte Jonas.

„Und was ist mit deinem Haar?“, fragte ich und bemühte mich um einen freundlichen Ton. „Ist das jetzt die neueste Mode?“

„Er muss dringend zum Friseur“, sagte Hannah und drehte sich zu ihm um. „Nicht wahr, Sohnemann? Wann gehst du zum Friseur?“

„Sobald du mir drei Pfund fünfzig gibst. Ich bin völlig pleite.“

„Da kann ich dir leider nicht helfen.“ Hannah wandte sich wieder ab. „Das Geld reicht auch so vorne und hinten nicht. Weißt du was, Odran? Mrs Byrne hat mich verwarnt. Eigentlich könnte mir das ja egal sein, aber ich arbeite schon acht Jahre länger als sie in der Bank.“

„Ja, das hast du mir schon erzählt.“ Ich schluckte den letzten Bissen des ersten Sandwichs hinunter und nahm das zweite in die Hand. „Willst du dich nicht setzen, Jonas?“

Er schüttelte den Kopf.

„Ich wollte mir nur was zu trinken holen“, sagte er und ging in die Küche.

„Und wie läuft’s in der Schule?“, fragte ich.

„Gut.“ Er öffnete den Kühlschrank, blickte hinein und machte ein enttäuschtes Gesicht. Offenbar fand er nicht, auf was er gehofft hatte.

„Er steckt seine Nase ständig in irgendein Buch“, sagte Hannah. „Der Junge hat was im Kopf.“

„Und weißt du schon, was du mal werden willst, Jonas?“, fragte ich.

Er murmelte irgendwas Unverständliches. Es klang irgendwie neunmalklug.

„Jonas ist so schlau, dass ihm alle Türen offen stehen“, sagte Hannah und starrte auf George W. Bush, der seine Antrittsrede hielt.

„Ehrlich gesagt weiß ich noch nicht, was ich mal werden will“, sagte Jonas, kam zurück ins Wohnzimmer und fixierte den Fernseher. „Ich würde gern Englisch studieren, aber das bereitet einen nicht gerade auf einen Beruf vor.“

„In meine Fußstapfen willst du also nicht treten?“, fragte ich.

Er schüttelte den Kopf und lachte, aber es klang nicht unfreundlich. Dann errötete er leicht. „Eher nicht, Onkel Odran. Tut mir leid.“

„Es gibt schlechtere Berufe“, sagte Hannah. „Hat dein Onkel nicht was aus einem Leben gemacht?“

„Schon“, sagte Jonas. „Ich wollte nicht …“

„Das war doch nur ein Scherz“, unterbrach ich ihn. Ich wollte nicht, dass er das Gefühl hatte, sich entschuldigen zu müssen. „Du bist doch erst sechzehn. Heutzutage würde es sich wohl jeder Sechzehnjährige, der meinen Beruf wählt, mit seinen Freunden verscherzen.“

„Das ist nicht der Grund“, sagte er und sah mich an.

„Wusstest du, dass Jonas in der Zeitung war?“, fragte Hannah.

„Mam“, sagte Jonas und wich zurück in Richtung Flur.

„Wirklich?“ Ich löste den Blick vom Fernseher.

„Er hat einen Artikel veröffentlicht“, erklärte sie. „In der Sunday Tribune.“

„Einen Artikel?“, fragte ich stirnrunzelnd. „Was denn für einen Artikel?“

„Es war kein Artikel“, sagte Jonas und lief knallrot an. „Es war eine Kurzgeschichte. Nichts Besonderes.“

„Nichts Besonderes? Was redest du denn da?“, sagte Hannah, setzte sich aufrecht hin und warf ihm einen strafenden Blick zu. „Wann war einer von uns schon mal in der Zeitung?“

„Eine Kurzgeschichte?“, fragte ich nach, stellte meinen Teller ab und drehte mich zu ihm um. „Du schreibst?“

Er nickte und starrte zu Boden.

„Wann denn?“

„Vor ein paar Wochen.“

„Warum hast du mich nicht angerufen? Ich hätte sie gern gelesen. Trotzdem bravo, mein Junge! Ich bin stolz auf dich! Du schreibst also? Willst du vielleicht mal Schriftsteller werden?“

Er zuckte mit den Schultern und wirkte ebenso peinlich berührt wie auf der Beerdigung seines Vaters im Vorjahr, als ich die geschmacklose Bemerkung mit der geschlossenen Tür gemacht hatte. Ich wandte mich wieder dem Fernseher zu, um ihn nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen. „Ich wünsche dir jedenfalls viel Glück“, sagte ich. „Das ist ein hehres Ziel.“

Nachdem er aus dem Zimmer getappt war, schüttelte ich lachend den Kopf. Ich sah zu Hannah hinüber, die mittlerweile in die Programmzeitschrift vertieft war. „Will er wirklich Schriftsteller werden?“

„Wer von Brow Head bis Banba’s Crown laufen will, ist lange unterwegs“, antwortete sie, und ich verstand nicht ganz, was sie damit sagen wollte. Sie legte die Zeitschrift beiseite und musterte mich, als wäre ich ein Fremder.

„Was ist eigentlich aus Mr Flynn geworden?“, fragte sie unvermittelt.

„Aus wem?“ Der Name Flynn sagte mir beim besten Willen nichts.

Sie winkte ab, erhob sich und ging in die Küche. Ich blieb perplex im Wohnzimmer zurück.

„Ich koche mir einen Tee. Möchtest du auch einen?“

„Ja, gern.“

Als sie ein paar Minuten später ins Wohnzimmer zurückkam, brachte sie zwei Tassen Kaffee mit, aber ich verkniff mir eine Bemerkung. Ich glaubte, sie wäre so zerstreut, weil sie etwas auf dem Herzen hätte.

„Ist alles in Ordnung, Hannah?“, fragte ich. „Du scheinst ein wenig neben der Spur zu sein. Bedrückt dich irgendwas?“

Sie dachte kurz nach. „Ich wollte es eigentlich gar nicht erwähnen“, sagte sie dann und beugte sich verschwörerisch vor. „Aber jetzt, wo du es ansprichst … Du musst es aber für dich behalten. Kristian geht es nicht gut. Er hat in letzter Zeit häufig starke Kopfschmerzen, aber er weigert sich, zum Arzt zu gehen. Rede du doch mal mit ihm. Auf mich will er nicht hören.“

Ich starrte sie an. Was konnte sie damit meinen? „Kristian?“, brachte ich schließlich hervor. „Kristian ist tot.“

Sie sah mich an, als hätte ich sie ins Gesicht geschlagen. „Denkst du, das weiß ich nicht? Ich habe ihn doch selbst zu Grabe getragen. Warum sagst du so was?“

Ich war verwirrt. Hatte ich mich vielleicht verhört? Ich schüttelte den Kopf, ließ die Sache auf sich beruhen und trank stattdessen meinen Kaffee aus. Um neun Uhr kamen die Nachrichten. Ich hörte mir die Meldungen des Tages an und sah zu, wie Bill und Hillary einen Hubschrauber bestiegen und sich winkend von der Nation verabschiedeten. Dann sagte ich, dass ich mich allmählich auf den Weg machen müsse.

„Komm bald wieder“, sagte Hannah. Sie machte jedoch keine Anstalten, aufzustehen oder mich zur Tür zu bringen. „Bei deinem nächsten Besuch koche ich dir dann auch das versprochene Abendessen.“

Ich nickte, ging hinaus in den Flur und zog die Wohnzimmertür hinter mir zu. Als ich an der Haustür stand und meinen Mantel anzog, hörte ich wieder, wie im ersten Stock eine Tür geöffnet wurde. Im nächsten Moment stand Jonas barfuß oben an der Treppe und sah zu mir herunter.

„Gehst du schon, Onkel Odran?“

„Ja. Wir beide sollten uns öfter mal unterhalten, Jonas.“

Er nickte, kam langsam die Treppe herunter und hielt mir eine zusammengefaltete Zeitungsseite hin. „Für dich, wenn du willst“, sagte er und starrte zu Boden. „Meine Kurzgeschichte aus der Tribune.“

„Vielen Dank.“ Ich war gerührt. „Ich werde sie heute Abend lesen und sie dir beim nächsten Mal zurückgeben.“

„Nicht nötig“, antwortete er. „Ich habe zehn Zeitungen gekauft.“

Ich lächelte und schob die zusammengefaltete Seite in meine Hosentasche. „Wenn du mir Bescheid gesagt hättest, dann hätte ich mir selbst eine Ausgabe gekauft.“

Er wippte auf den Zehen hin und her und warf einen Blick zur Wohnzimmertür. „Ist alles in Ordnung, Jonas?“, fragte ich.

„Ja.“

„Du siehst aus, als würde dich irgendwas beschäftigen.“

Er schnaubte und starrte zu Boden. „Ich wollte dich mal was fragen“, murmelte er.

„Nur zu.“

„Es geht um Mam.“

„Was ist mit ihr?“

Er schluckte und sah mir endlich in die Augen. „Glaubst du, dass es ihr gut geht?“

„Deiner Mam?“

„Ja.“

„Sie wirkt etwas müde.“ Ich legte eine Hand auf die Türklinke. „Vielleicht muss sie sich nur mal richtig ausschlafen. Wir könnten wohl alle etwas Schlaf gebrauchen.“

„Warte“, sagte er und legte eine Hand auf den Türrahmen, um mich zurückzuhalten. „Sie erzählt viele Sachen doppelt und vergisst alles Mögliche. Neulich hat sie vergessen, dass Dad tot ist.“

„Das kommt vor, wenn man älter wird.“ Ich öffnete die Tür, bevor er mich daran hindern konnte. „Irgendwann trifft es uns alle. Auch dir wird das passieren, aber bis dahin ist es noch eine Weile hin, also mach dir keine Sorgen. Oh, es ist ganz schön kalt geworden.“ Ich trat nach draußen. „Mach schnell die Tür zu, bevor du dich erkältest.“

„Onkel Odran …“

Ich ließ ihn nicht ausreden, sondern wandte mich ab und ging auf das Gartentor zu. Er sah mir nach und schloss dann die Haustür. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, den Jungen einfach so stehen zu lassen, aber ich wollte nur noch nach Hause. Als ich auf meinen Ford Fiesta zuging, klopfte jemand von innen gegen das Wohnzimmerfenster. Ich drehte mich um und sah Hannah hinter der Scheibe stehen. Sie hatte die Vorhänge aufgezogen und rief mir etwas zu.

„Was?“, fragte ich und legte eine Hand ans Ohr. Sie winkte mir zu.

„Wo ist der Rest von mir?“, rief sie lachend. Dann wandte sie sich ab und zog die Vorhänge zu.

Ich wusste, dass mit Hannah irgendwas nicht in Ordnung war, aber aus purem Egoismus beschloss ich, das Problem zu ignorieren. Ich würde sie in einer Woche anrufen, nahm ich mir vor, sie ins Bewley’s Café in der Grafton Street ausführen, sie zum Mittagessen einladen und ihr einen Nachtisch und einen dieser neumodischen Kaffees mit Schaum spendieren. Ich würde mir in Zukunft mehr Mühe geben und öfter nach ihr sehen.

Ich würde ein besserer Bruder sein, als ich es bisher gewesen war.


Auf dem Nachhauseweg beschloss ich, einen Abstecher nach Inchicore zu machen – das war zwar ein Umweg, aber ich wollte die Kirche besuchen, in deren Garten sich eine Nachbildung der Grotte von Lourdes befindet. In Lourdes selbst war ich nie gewesen. Ich halte nicht viel von Wallfahrtsorten wie Lourdes, Fatima, Medjugorje oder Knock, die angeblichen Erscheinungen sind doch nichts als die Hirngespinste von Kindern oder Betrunkenen. Aber Inchicore war kein Wallfahrtsort, sondern nur eine Kirche mit einer Lourdesgrotte und einer Marienstatue. Ich kam manchmal spätabends her, um innere Einkehr zu halten.

Die Straßen waren leer, und so dauerte die Fahrt nicht lang. Ich stellte den Wagen ab und ging durch das offene Tor. Ein fleckiger Vollmond stand hoch am Himmel und beschien das Gelände. Als ich auf die Grotte zuging, hörte ich plötzlich lautes Stöhnen und Wimmern. Ich blieb stehen und versuchte, das Geräusch zu identifizieren. Wenn ein junges Paar hier irgendwelche schmutzigen Dinge trieb, wollte ich lieber nichts davon wissen. Ich wollte gerade kehrtmachen und zu meinem Auto zurückgehen, als mir dämmerte, dass es sich nicht um leidenschaftliches Stöhnen handelte, sondern um unkontrollierbares Weinen und Wehklagen.

Ich ging zögernd weiter, und als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich einen Menschen bäuchlings und mit ausgestreckten Armen vor der Grotte liegen. Er sah aus wie gekreuzigt. Im ersten Moment dachte ich, der Mann wäre Opfer eines Mordanschlags geworden. Jemand hatte diesen armen Kerl vor der Grotte von Inchicore umgebracht. Doch dann bewegte er sich, hievte sich auf die Knie, und ich sah, dass er nicht verletzt war, sondern betete. Der Mann trug ein langärmliges schwarzes Priestergewand, der Wind blähte den Stoff an seinen Knöcheln. Immer noch kniend erhob er die Hände zum Himmel, ballte sie zu Fäusten und versetzte sich schluchzend Schläge gegen den Kopf. Er schlug so fest zu, dass ich schon eingreifen wollte, auch wenn die Gefahr bestand, dass er sich in seiner Verzweiflung oder seinem Wahn auf mich stürzte. Er drehte sich leicht, und im Mondlicht sah ich sein Gesicht im Profil. Der Mann war noch jung – etwa zehn Jahre jünger als ich damals, also Anfang dreißig. Er hatte dichtes schwarzes Haar und eine breite, gebogene Nase. In diesem Moment sank er mit einem Schrei zu Boden. Nun lag er wieder in der Position da, in der ich ihn vorgefunden hatte, und obwohl er sich ein wenig beruhigt hatte, stöhnte und schluchzte er immer noch erbärmlich. Mein Blick wanderte ein Stück nach links, und ich sah, dass er nicht allein war. Mich überlief ein Schauer.

In einer Ecke der Grotte saß eine ältere Frau, die ich auf Mitte sechzig schätzte. Sie wiegte sich vor und zurück, Tränen liefen ihr über die Wangen, und ihre Züge waren schmerzverzerrt. Mondlicht fiel auf ihr Gesicht, und ich sah, dass sie große Ähnlichkeit mit dem jungen Priester hatte. Die Adlernase hatte er eindeutig von ihr. Sie musste seine Mutter sein.

Der junge Mann, der nun wieder bäuchlings auf dem Boden lag, schien die Welt anzuflehen, ihn von seinem Leid zu erlösen, und seine weinende Mutter sah aus, als hoffte sie inständig, Gott möge sie auf der Stelle zu sich holen.

Der Anblick der beiden erschütterte mich sehr. Vielleicht hätte ich hingehen und seelischen Beistand leisten sollen, aber ich wandte mich ab und ging hastig davon. Ich empfand eine unbestimmte Bedrohung, ein Grauen, mit dem ich nicht umgehen konnte.

Wenn ich jetzt, mehr als zehn Jahre später, an jenen Abend zurückdenke, entsinne ich mich dieser beiden Ereignisse, als wäre es gestern gewesen. George W. Bush ist längst im Ruhestand, aber ich weiß noch genau, wie Hannah in ihrem Sessel saß und mir erzählte, dass ihr toter Ehemann schlimme Kopfschmerzen habe, und ich erinnere mich, wie Mutter und Sohn in der Grotte von Inchicore gemeinsam weinten. Auf dem Weg nach Hause, wo mich mein leeres Bett erwartete, ahnte ich mit einem Mal, dass es die Welt, die mir vertraut war und an die ich mein Leben lang geglaubt hatte, bald nicht mehr geben würde. Die alte Welt lag im Sterben, und die neue war noch nicht geboren.

John Boyne

Über John Boyne

Biografie

John Boyne, geboren 1971 in Dublin, ist einer der renommiertesten zeitgenössischen Autoren Irlands. Seine Bücher wurden in mehr als vierzig Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der internationale Durchbruch gelang ihm mit seinem Roman „Der Junge im gestreiften Pyjama“, der...

Autor John Boyne über eine Kindheit im katholischen Irland

John Boyne wuchs in Dublin auf. Nach Jahren des Schweigens erzählt er nun über sein Leben im streng katholischen Irland und über seine Probleme mit der irischen katholischen Kirche - und wie diese Thematik in seinem Buch „Die Geschichte der Einsamkeit“ Einzug fand.

„In meinem Schriftstellerleben wurde ich oft gefragt, warum ich meine Romane nicht in Irland spielen lasse. Auf diese Frage hatte ich eine Standardantwort: dass ich nicht über mein eigenes Land schreiben wollte, solange ich keine Geschichte zu erzählen hatte. Nun, da ich ein Buch geschrieben habe, das den Missbrauch von Macht in der irischen katholischen Kirche zum Thema hat, frage ich mich, ob diese Antwort wirklich komplett ehrlich war. Ich habe die letzten zwei Jahre damit verbracht, mich an Erfahrungen aus meinen Kinder- und Teenagertagen zu erinnern und durch Literatur Momente wiederherzustellen, die damals klein erschienen, von denen ich aber viel später gemerkt habe, dass sie mir großen Schaden zugefügt haben. Deshalb denke ich, dass der wahre Grund dafür, dass ich nie über Irland geschrieben habe, im ersten Satz meines Romans erklärt wird:

Ich habe erst begonnen, mich dafür zu schämen, Ire zu sein, als ich mich schon tief in den mittleren Jahren meines Lebens befand.

Ich wuchs in den Siebziger- und Achtzigerjahren in Dublin auf. Im Nachbarhaus zu unserer Rechten wohnte der Gemeindepriester, zur Linken wohnten acht Nonnen. Ich war Ministrant, ging auf eine katholische Schule und wurde jeden Sonntag mit zur Messe genommen. Ich wusste, dass es in Dublin Protestanten – und Methodisten, Juden und Mormonen – gab, aber ich hatte noch nie einen von ihnen gesehen und wäre wahrscheinlich schreiend weggelaufen, wäre mir einer untergekommen. Sie würden schließlich in die Hölle kommen, das war zumindest, was uns die Priester erzählten. Und solange wir unseren Katechismus auswendig lernten und ein gutes, katholisches Leben führten, würde uns das nicht geschehen.

Die Wichtigkeit des kirchlichen Lebens in meiner Gemeinde zu dieser Zeit kann nicht genug betont werden. Eine Familie, die nicht zur Messe ging, riskierte es, sofort aus allen gesellschaftlichen Kreisen ausgeschlossen zu werden. Einen Priester zum Abendessen zu Gast zu haben war ein Traum, und wenn es tatsächlich geschah, wurde wochenlang zuvor geplant und vorbereitet. Heißt es nicht, die Queen denke, die Welt rieche nach frischer Farbe? Nun, Priester dachten das auch. Das ganze Haus musste saniert werden, bevor einer von ihnen zum Tee kam. Trotz des kriecherischen Gehabes, das vonstattenging, war es dennoch selten, einen wahren Gläubigen zu finden. Jeder wusste, welche Priester die kürzesten Messen lasen, und niemand sagte bei der Beichte jemals die Wahrheit. Ich erinnere mich, dass ich dachte, wenn ich sagte, was wirklich in meinem Kopf vor sich ging, würde ich wahrscheinlich exkommuniziert, verhaftet oder beides.

Also tat ich, was alle taten: Ich erfand Dinge. Normale, anständige Sünden.

Ich war ein stilles, schüchternes und gut erzogenes Kind, doch wenn ich überhaupt je in Schwierigkeiten geriet, hatten sie immer mit Priestern zu tun. Als achtjähriger Ministrant hatte ich so große Angst vor den Konsequenzen davon, bei der falschen Messe aufgetaucht zu sein, dass ich vor dem Altar heulend zusammenbrach und weggetragen werden musste. Das klingt heutzutage lustig, aber ich erinnere mich noch gut an die völlige Panik davor, was mit mir passieren würde. Ich glaube, ich hatte noch nie so große Angst, weder vorher noch jemals seither.

Mit dreizehn hatte ich das Unglück, einen sadistischen Priester zum Lehrer zu haben, der in seinem Ärmel einen hölzernen Stock trug, an dessen Spitze ein Metallgewicht festgeklebt war. Er nannte diesen Stock Excalibur und schlug mich damit einmal so schrecklich, dass ich zwei Wochen nicht in die Schule konnte. Es war offensichtlich, dass es ihm Spaß machte zu sehen, wie ich vor ihm zusammenbrach. Ein anderer Priester veranstaltete „gerechte Prozesse“, in denen ein Junge – oftmals ich – für ein Vergehen vor die Klasse gestellt wurde, woraufhin seine Klassenkameraden ihm den Prozess machten und ihn unausweichlich für schuldig befanden. Dann wurde ihm vor allen anderen die Hose heruntergezogen und eine Tracht Prügel verpasst. Es waren jedoch nicht nur die Priester. Weltliche Lehrer, denen die akzeptierten Praktiken ihrer religiösen Arbeitgeber wohlbekannt waren, konnten ebenfalls für unerfreuliche Taten verantwortlich zeichnen.

All dies und mehr geschah zu dieser Zeit, und wir wehrten uns nie auch nur im geringsten dagegen.

Wir dachten, sie hätten ein Recht zu tun, was sie wollten, weil sie einen Priesterkragen trugen. Und jetzt fragen sie sich, warum meine Generation so wenig Respekt für sie hat.
Als meine Pubertät und mein unabhängiges Denken in Schwung zu kommen begannen, begegnete ich der Kirche mit größerer Ablehnung. Es ist nicht leicht, ein junger, schwuler Teenager zu sein und gesagt zu bekommen, man sei krank, geistig gestört oder brauche Elektroschocktherapie, besonders wenn derjenige, von dem man es hört, einen am Tag zuvor auf dem Weg ins Klassenzimmer begrapscht hat. Ich bezweifle, dass auch nur einer von ihnen verstand, dass die Art, wie sie Liebe predigten und Hass praktizierten, meine Jugend und die Jugend von Leuten wie mir verdarb und zu ungesunden und verstörenden Beziehungen führte, sobald ich sexuell aktiv wurde. Ich kämpfe in meinem Leben mit Depressionen – häufigen, immer wiederkehrenden und chemisch unterdrückten – und ich führe sie darauf zurück, dass mir meine Priester und Lehrer das Gefühl gaben, wertlos zu sein und mich bei jeder Gelegenheit herabsetzten und demütigten. Was ironisch ist, wenn man bedenkt, dass ich in allen anderen Lebensbereichen eine äußerst glückliche Kindheit hatte.

Während meiner Jugend reiste Papst Johannes Paul II. in der Luxusklasse durch die Welt und nutzte seine Popularität aus, um Konzepte zu bestärken, die nicht nur veraltet, sondern zerstörerisch und schädlich waren, und badete dabei im Applaus von jungen Leuten, während er gleichzeitig sicherstellte, dass jede einzelne Straftat, die an ihnen begangen wurde, vertuscht wurde. Und dennoch strömten dieses Jahr zehntausende von Menschen auf den Petersplatz, um seine Heiligsprechung zu feiern, ein Verhalten, das kaum zu glauben ist. Wo ist ihr Mitleid?

Wo ist ihre Menschlichkeit?

Je mehr Skandale im Lauf der Jahre ans Licht kamen, desto fester wurde meine Überzeugung, dass es unter ihnen nicht einen einzigen guten Mann gab, und dass es für uns alle besser wäre, sie verschwänden möglichst schnell aus unserem Leben.
Als ich vor fünfzehn Jahren begann, Romane zu veröffentlichen, wusste ich, dass ich darüber nicht schreiben konnte, bis ich erfahren genug war. Und dann erzählte mir eines Tages ein Verwandter, er habe einen jungen Priester gesehen, der vor der Grotte der Kirche von Inchicore niedergeworfen hysterisch weinte, während in der Nähe eine Frau saß – offenbar seine Mutter – und ähnlich verzweifelt war. Warum er dort war, weiß ich nicht, aber ich stellte fest, dass mich das Bild stark berührte. Ich fragte mich, ist er ein Krimineller? Wahrscheinlich. Aber wie hatte er gelitten, als er jung war? Was hatte ihn zu dieser großen inneren Verzweiflung geführt? Und zu meinem Erstaunen verspürte ich etwas, das ich nie erwartet hätte, jemals für einen Priester zu fühlen: Mitleid.

Schriftsteller suchen nach den Geschichten, die noch niemand erzählt hat.

Es wäre sehr einfach, eine Geschichte zu schreiben, die sich um ein Monster dreht, einen unermüdlichen Pädophilen, der sich ohne Reue an Schutzlosen vergeht. Die Herausforderung für mich war es, einen Roman über den anderen Priester zu schreiben, den wahren Priester, den, der sein Leben dem Tun von guten Taten gewidmet hat und sich nun verraten von der Institution sieht, der er alles geopfert hat. Dadurch versuchte ich, Gutes dort zu finden, wo ich mein ganzes Leben lang nur Böses gesehen hatte.

Ich habe viele Priester interviewt, die nicht im Habit aus dem Haus gehen, weil sie befürchten, angespuckt zu werden; und andere, die sich davor fürchten, allein mit einem Kind zu sein, aus Sorge, zu Unrecht angeklagt zu werden. Ihr Schmerz und ihr Mitleid mit Missbrauchsopfern berührten mich und zwangen mich, meine eigenen Vorurteile zu konfrontieren.

Wir dachten, sie hätten ein Recht zu tun, was sie wollten, weil sie einen Priesterkragen trugen. Und jetzt fragen sie sich, warum meine Generation so wenig Respekt für sie hat.
Als meine Pubertät und mein unabhängiges Denken in Schwung zu kommen begannen, begegnete ich der Kirche mit größerer Ablehnung. Es ist nicht leicht, ein junger, schwuler Teenager zu sein und gesagt zu bekommen, man sei krank, geistig gestört oder brauche Elektroschocktherapie, besonders wenn derjenige, von dem man es hört, einen am Tag zuvor auf dem Weg ins Klassenzimmer begrapscht hat. Ich bezweifle, dass auch nur einer von ihnen verstand, dass die Art, wie sie Liebe predigten und Hass praktizierten, meine Jugend und die Jugend von Leuten wie mir verdarb und zu ungesunden und verstörenden Beziehungen führte, sobald ich sexuell aktiv wurde.
Ich kämpfe in meinem Leben mit Depressionen – häufigen, immer wiederkehrenden und chemisch unterdrückten – und ich führe sie darauf zurück, dass mir meine Priester und Lehrer das Gefühl gaben, wertlos zu sein und mich bei jeder Gelegenheit herabsetzten und demütigten. Was ironisch ist, wenn man bedenkt, dass ich in allen anderen Lebensbereichen eine äußerst glückliche Kindheit hatte.

Als ich diesen Roman schrieb, hoffte ich, dass diejenigen, die die Kirche blind gegen alle Kritiker verteidigen, die Untaten erkennen würden, die diese Institution begangen hat, während diejenigen, die sie unablässig verurteilen, akzeptieren könnten, dass es viele anständige Menschen gibt, die in ihr ein gutes Leben gelebt haben.

Es ist eine Geschichte, die die meisten irischen Schriftsteller ignoriert haben, aber sie ist weder als Verteidigung der Kirche geschrieben – am Ende muss der Leser bedenken, inwieweit der Erzähler an den Ereignissen mitschuldig ist, die sich vor ihm abspielen – noch ist sie ein offener Angriff. Es ist einfach nur ein Roman, der die Leser auffordert, das Thema aus einer weiteren Perspektive zu betrachten und die Leben all jener neu zu bewerten, die gelitten haben, sowohl im Innern als auch außerhalb einer der tragenden Säulen der irischen Gesellschaft.“

John Boyne in THE IRISH TIMES. 

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