Die kleine Bäckerei am Strandweg (Die kleine Bäckerei am Strandweg 1) Die kleine Bäckerei am Strandweg (Die kleine Bäckerei am Strandweg 1) - eBook-Ausgabe
Roman
— Romantisch-humorvoller Frauenroman mit leckeren Rezepten„"Die kleine Bäckerei am Strandweg" ist perfekte Sommerlektüre, Chick-Lit vom Feinsten. Auch weil zwischen den Zeilen nicht nur eine Meeresbrise zu wehen scheint, sondern der Duft von frisch Gebackenem fast zu riechen ist. Während des Lesens läuft einem das Wasser im Mund zusammen ob all den Dingen, die Polly in ihrer Bäckerei zubereitet. Gut, sind die wichtigsten Rezepte am Schluss des Buches aufgeführt. Dann ist es nicht so traurig, wenn das Buch zu Ende ist.“ - (CH) Berner Zeitung
Die kleine Bäckerei am Strandweg (Die kleine Bäckerei am Strandweg 1) — Inhalt
„So warmherzig und köstlich!“ Sophie Kinsella
Es klingt fast zu gut um wahr zu sein – Polly wird ihr Hobby zum Beruf machen, und das in Cornwall, auf einer romantischen Insel mit Männerüberschuss. Genau die richtige Kur für ein leeres Konto und ein gebrochenes Herz. Aber die alte Bäckerei ist eine windschiefe Bruchbude, am Meer kann es sehr kühl sein, und der Empfang, den manche Insulaner ihr bereiten, ist noch viel kälter. Gut, dass Polly Neil hat, einen kleinen Papageientaucher mit gebrochenem Flügel.
Doch bald kauft der halbe Ort heimlich ihr wunderbares selbstgebackenes Brot, und als sie Neil fliegen lassen soll, ist sie schon fast heimisch geworden. Nur das mit der Liebe gestaltet sich komplizierter als gedacht ...
Zauberhafte Romane für Frauen von Jenny Colgan
Die Reihe um die „Die kleine Bäckerei am Strandweg“ von Bestsellerautorin Jenny Colgan lädt zum Träumen und Schwelgen ein. Nicht nur die malerische Kulisse Cornwalls, vor der sich die Geschichte abspielt, sondern auch die herzerwärmende Story um Polly macht die vier Bände der Serie zur perfekten Urlaubslektüre.
Leseprobe zu „Die kleine Bäckerei am Strandweg (Die kleine Bäckerei am Strandweg 1)“
Kapitel 1
Manchmal stellte Polly sich vor, wie sie es viele Jahre später, als alte Dame an einem weit entfernten Ort, schwierig fände, ihr Leben auf Mount Polbearne zu erklären. An manchen Tagen konnte man von dort mit dem Auto aufs Festland fahren, manchmal musste man aber das Boot nehmen. Gelegentlich waren die Menschen auch für längere Zeit vom Rest der Welt abgeschnitten, und es wusste niemand, wann das eintreffen würde und für wie lange. Der Gezeitenkalender konnte eben nur Ebbe und Flut vorhersagen, aber nicht das Wetter.
»Aber war das denn nicht [...]
Kapitel 1
Manchmal stellte Polly sich vor, wie sie es viele Jahre später, als alte Dame an einem weit entfernten Ort, schwierig fände, ihr Leben auf Mount Polbearne zu erklären. An manchen Tagen konnte man von dort mit dem Auto aufs Festland fahren, manchmal musste man aber das Boot nehmen. Gelegentlich waren die Menschen auch für längere Zeit vom Rest der Welt abgeschnitten, und es wusste niemand, wann das eintreffen würde und für wie lange. Der Gezeitenkalender konnte eben nur Ebbe und Flut vorhersagen, aber nicht das Wetter.
„Aber war das denn nicht fürchterlich?“, würde man sie fragen. „Zu wissen, dass es keine Verbindung zum Festland gab?“
Polly dachte dann daran, wie die Sonnenstrahlen auf dem Hochwasser glitzerten und schließlich ihre Farbe änderten. Dann leuchtete das Meer im Westen pink, rosa oder lila im Licht des Sonnenuntergangs. Bei diesem Anblick wurde einem klar, dass ein anderer Tag vorbeigezogen war und man weiterhin festsaß.
„Ehrlich gesagt nicht“, würde sie sagen. „Das war wirklich schön. Man musste es sich einfach nur mit den anderen Bewohnern von Polbearne gemütlich machen. Dann musste man halt aufpassen, dass man alles hochgestellt, außer Reichweite des Wassers gebracht hatte. Und wenn wir noch Strom hatten, war das natürlich super, aber wenn nicht, na ja, kam man auch irgendwie klar. Und dann flackerten hinter all den kleinen Fensterscheiben eben Kerzen. Das war so behaglich.“
„Das klingt wie vor hundert Jahren.“
Polly würde lächeln. „Ich weiß. Aber so lange ist das in Wirklichkeit noch gar nicht her … Mir kommt es vor, als wäre es gestern gewesen. Wenn man sein Herz an einen Ort verliert, dann trägt man ihn eben immer in sich.“
2015
Polly blätterte die Papiere im glänzenden Ordner mit dem Foto eines Leuchtturms durch, das doch wirklich hübsch war. Sie versuchte eben mit aller Kraft, das Positive zu sehen.
Und die beiden Männer im Raum waren sympathisch, viel freundlicher als eigentlich nötig. Ehrlich gesagt waren sie so nett, dass es Polly dadurch merkwürdigerweise nicht besser, sondern eher schlechter ging. Statt wütend werden zu können oder eine Abwehrhaltung einzunehmen, war sie einfach nur traurig.
Chris und sie waren damals so stolz auf ihr kleines Büro im ehemaligen Bahnhof gewesen, in dessen hinterem Zimmer sie jetzt saßen. Der frühere Warteraum mit seinem nicht funktionierenden Kamin war einfach zauberhaft und schnuckelig.
Aber inzwischen herrschte in beiden Räumen das totale Chaos: Überall lagen Papiere und Ordner herum, Computer wurden hin und her geschoben, und die beiden reizenden Herren von der Bank gingen alles durch. Chris saß da und schmollte, er sah aus wie ein kleiner Junge, dem man sein Lieblingsspielzeug weggenommen hatte. Polly hingegen versuchte, sich nützlich zu machen, huschte hin und her, fing gelegentlich jedoch einen sarkastischen Blick von Chris auf, mit dem er zu sagen schien: „Warum bist du bloß so zuvorkommend zu diesen Typen, die uns doch fertigmachen wollen?“ Und damit hatte er nicht ganz unrecht, aber sie konnte einfach nicht anders.
Später kam Polly dann in den Sinn, dass die Bank vermutlich aus gutem Grund so nette Angestellte schickte – um Konfrontationen und Streit zu vermeiden und damit die Leute kooperierten. Das machte sie traurig, ihretwegen und auch wegen Chris, aber genauso wegen dieser reizenden Männer, die von Berufs wegen den ganzen Tag mit dem Elend anderer Menschen zu tun hatten. Und das alles war doch wirklich nicht ihre Schuld, auch wenn Chris es natürlich so sah.
„Also“, erklärte nun der ältere der beiden Männer, ein Inder, der einen Turban trug und auf dessen Nasenspitze eine kleine Brille thronte. „Normalerweise werden Insolvenzverfahren vor dem Bezirksgericht verhandelt. Sie müssen dabei nicht beide anwesend sein, es reicht, wenn einer der Direktoren daran teilnimmt.“
Polly war beim Wort „Insolvenz“ zusammengezuckt. Das hörte sich so ernst und endgültig an. Bankrott gingen doch normalerweise nur Promis und alberne Popstars, keine hart arbeitenden Menschen wie sie.
Chris schnaubte sarkastisch. „Das kannst ruhig du übernehmen“, sagte er zu Polly. „So was machst du doch gern.“
Mitfühlend sah der jüngere Mann Chris an. „Wir können uns natürlich gut vorstellen, wie schwierig das für Sie sein muss.“
„Wieso?“, fragte Chris. „Sind Sie etwa auch schon mal pleitegegangen?“
Polly starrte wieder den hübschen Leuchtturm an, aber das Bild hatte seine Wirkung leider verloren. Deshalb dachte sie lieber an etwas anderes und bewunderte jetzt Chris’ wunderbare Zeichnungen, die sie vor sieben Jahren bei ihrem Einzug hier aufgehängt hatten. Damals hatten sie beide sich als Mittzwanziger voller Enthusiasmus in das Abenteuer gestürzt, eine Firma für Grafikdesign zu gründen. Am Anfang war es gut gelaufen, Chris hatte aus seinem alten Job ein paar Kunden mitgebracht, und auf der kaufmännischen Seite hatte Polly unermüdlich geschuftet, Networking betrieben, neue Aufträge an Land gezogen und nicht nur Prospekte von Firmen an ihrem Wohnort Plymouth reingeholt, sondern ihren Wirkungskreis bis auf Exeter und Truro erweitert.
Sie investierten in Plymouth in eine Wohnung in einem neu erschlossenen Gebiet am Wasser, in ein minimalistisches und hochmodernes Apartment. Dann zeigten sie sich in all den Restaurants und Bars, in denen man gesehen werden musste. Und es lief gut – zumindest eine Zeit lang. Sie kamen sich wie echte Senkrechtstarter vor und erzählten den Leuten gerne von ihrer eigenen Firma. Aber dann kam 2008 nicht nur die Bankenkrise – neue Computertechnik machte es auch einfacher als je zuvor, Bilder zu bearbeiten und selbst grafisch zu arbeiten. Viele Unternehmen erteilten keine Aufträge mehr, weil sie Kosten senken wollten und Selbstständige einsparten. Chris zufolge ging damit die Qualität des Grafikdesigns den Bach runter, aber vieles wurde jetzt einfach von eigenem Personal erledigt. Es wurde gemacht, aber eben nicht mehr von ihnen.
Polly arbeitete sich die Finger wund. Ohne Unterlass pries sie die Arbeit ihrer talentierten besseren Hälfte an, lockte mit Rabatten und brachte Aufträge rein. Chris hingegen zog sich völlig in sein Schneckenhaus zurück und pflegte seinen Groll gegen eine Welt, die seine wunderbaren Zeichnungen und handgemalten Schriftzüge verschmähte. Während er bockig und schweigsam wurde, versuchte Polly, dem mit einer positiven Einstellung entgegenzuwirken. Es war jedoch gar nicht so einfach, das durchzuhalten.
Irgendwann hatte dann selbst sie ihn angefleht, die Firma aufzugeben und sich anderswo einen Job zu suchen. Damals hatte sie sich von ihm anhören müssen, dass sie nicht zu ihm hielt und gegen ihn intrigierte.
Das war schon ein Weilchen her, aber trotzdem wollte Polly nicht einmal sich selbst eingestehen, wie erleichtert sie war, dass nun endlich alles vorbei war. Natürlich war das Ganze nicht angenehm, vielmehr ganz furchtbar und peinlich. Dabei ging es schließlich vielen Leuten so, die mit ihnen früher durch die Bars in Plymouths trendigem Zentrum gezogen waren. Jeder kannte irgendwen, der dasselbe durchgemacht hatte.
Pollys Mutter hingegen konnte das alles gar nicht verstehen, für sie kam eine Insolvenz quasi einem Aufenthalt im Knast gleich.
Sie würden die Wohnung verkaufen und noch einmal ganz von vorn anfangen müssen. Aber dieser Besuch von Mr Gardner und Mr Bassi von der Bank bedeutete zumindest, dass endlich etwas passierte und jetzt alles geregelt wurde. Die letzten zwei Jahre waren sowohl in beruflicher als auch in persönlicher Hinsicht elend und entmutigend gewesen. Die ganze Sache hatte ihre Beziehung auf eine harte Probe gestellt. Eigentlich waren sie fast zwei Leute geworden, die sich eher unfreiwillig eine Wohnung teilten. Polly fühlte sich völlig ausgelaugt.
Als sie nun zu Chris rübersah, bemerkte sie in seinem Gesicht Falten, die ihr vorher noch nie aufgefallen waren. Andererseits musste sie sich auch eingestehen, dass sie ihn schon länger nicht mehr richtig angesehen hatte. Sie war immer als Erste nach Hause gegangen, während er noch im Büro geblieben war und stundenlang an den wenigen Aufträgen gefeilt hatte, als könnte er durch Perfektionismus das Unausweichliche abwenden. Wenn er dann heimgekommen war, war sie seinem Blick am Schluss lieber ausgewichen, weil er ihr jedes Mal wie eine Anklage, eine Schuldzuweisung vorgekommen war.
Eins war schon seltsam – wäre hier nur ihre Beziehung in die Brüche gegangen, dann wären alle mitfühlend gewesen, hätten ihnen zu helfen versucht, hätten ihnen mit Ratschlägen tröstend zur Seite gestanden. Aber die Unternehmenspleite schien die Leute zu verschrecken, man hatte zu viel Angst, dazu etwas zu sagen. Man blieb auf Distanz und stellte kaum Fragen, und das galt selbst für Pollys beherzte beste Freundin Kerensa.
Vielleicht lag es an der Furcht vor Armut – die Angst vor dem Verlust des hart erarbeiteten Lebensstandards schien in den Menschen tief zu gründen. Und daher hielten sie sich lieber fern, falls das irgendwie ansteckend sein sollte. Vielleicht war den Leuten ihr Verhalten auch gar nicht klar, oder sie und Chris hatten einfach zu lange die perfekte Fassade aufrechterhalten. Sie hatten gute Miene zum bösen Spiel gemacht, bei Verabredungen zum Essen mit Kreditkarte bezahlt und die Luft angehalten, wenn der Kellner die Karte durchzog. Zu Geburtstagen hatten sie selbst gemachte Geschenke mitgebracht – zum Glück konnte Polly backen, das hatte sich als extrem nützlich erwiesen. Den schicken schwarzen Mazda hatten sie noch, obwohl der jetzt natürlich auch verschwinden musste. Aber das Auto war Polly sowieso egal, wichtig war ihr Chris. Oder er war es zumindest gewesen, aber den alten Chris hatte sie eigentlich schon seit einem Jahr nicht mehr zu Gesicht bekommen. Den liebevollen, witzigen Mann, der am Anfang ihrer Beziehung so schüchtern gewesen und dann richtig aufgeblüht war, nachdem er sich als Grafikdesigner selbstständig gemacht hatte. Die beiden waren ein Team, und Polly unterstützte ihn bei allem. Wie sehr sie an ihn glaubte, bewies sie ihm dann auch, als sie bei der Firma einstieg. Sie investierte ihre gesamten Ersparnisse in das Unternehmen (von denen nach der Hypothek allerdings nicht mehr viel übrig geblieben war), bezirzte Kunden, blieb am Ball und kämpfte um jeden einzelnen Auftrag, wobei sie sich jedoch langsam, aber sicher an den Rand der Erschöpfung arbeitete.
Und damit machte sie es nur noch schlimmer. Der Frühling war eisig kalt, eigentlich fühlte er sich eher wie ein endloser Winter an. An jenem verhängnisvollen Abend kam Chris nach Hause, und sie sah ihm in die Augen, schaute ihn dieses eine Mal wirklich an. „Das war’s“, versetzte er grimmig.
Die Lokalzeitungen machten zu, also ging die Nachfrage nach Layout und Grafikdesign zurück … Und die meisten Firmen brauchten eigentlich auch keine Flyer mehr, oder falls doch, entwarf sie der Inhaber selbst und druckte die Dinger dann einfach aus. Inzwischen war eigentlich jeder sein eigener Fotograf und Designer und übernahm, was Chris einst mit so viel Sorgfalt und Liebe zum Detail erledigt hatte. Es lag nicht nur an der Krise, obwohl die natürlich nicht gerade geholfen hatte. Die Welt veränderte sich einfach. Chris hätte genauso gut versuchen können, Piepser oder Kassetten zu verkaufen.
Sie hatten schon seit Monaten keinen Sex mehr, und wenn Polly in den frühen Morgenstunden aufwachte, lag Chris oft hellwach neben ihr, rechnete im Kopf alles durch oder ließ sich einfach von Sorge und Qual zerfressen. Dann suchte sie vergeblich nach den passenden Worten, um ihn zu trösten.
„Das bringt doch nichts“, knurrte er bei jedem ihrer Vorschläge, von Hochzeitskarten bis hin zu Schuljahrbüchern. Oder: „Ist doch eh alles aussichtslos.“ Er wurde immer unzugänglicher, bis die Zusammenarbeit zwischen ihnen fast unmöglich geworden war. Und weil Chris Pollys Geschäftsideen nicht passten, aber kaum noch Aufträge reinkamen, hatte auch Polly immer weniger zu tun. Chris ging morgens als Erster aus dem Haus, um eine Runde zu joggen, das war seine einzige Chance, Stress abzubauen, wie er betonte. Sie biss sich auf die Lippe und hielt ihm nicht vor, dass er ihre Vorschläge in diese Richtung alle abschmetterte – ein Spaziergang, vielleicht runter zum Strand, ein Picknick, Sachen, die nichts kosteten. Er fauchte dann, dass doch sowieso alles sinnlos sei und er darauf nun wirklich keine Lust habe.
Polly versuchte auch, ihn zum Arzt zu schicken, aber das war ebenfalls reine Zeitverschwendung. Chris wollte einfach nicht zugeben, dass mit ihm irgendetwas nicht stimmte – mit ihm, mit ihnen, mit einfach allem. Angeblich war das nur eine schwierige Phase, bald würde sich alles wieder einrenken. Dann erwischte er sie bei der Jobsuche im Internet, und das brachte das Fass zum Überlaufen. Beim Streit an diesem Abend flogen beinahe die Teller, und es kam alles ans Licht: dass Chris sich Geld geliehen hatte und die Situation viel schlimmer war, als er Polly gegenüber je zugegeben hatte. Irgendwann hatte sie ihn nur noch mit offenem Mund angestarrt.
Eine Woche, eine quälend lange Woche später gab er schließlich klein bei, setzte sich mit ihr hin und sah ihr in die Augen. „Das war’s.“
Und jetzt hockten sie hier zusammen mit den reizenden Männern von der Bank in den Trümmern ihres Unternehmens. All die Träume, all die hochfliegenden Pläne, die sie in besseren Zeiten geschmiedet hatten, waren dahin. Es blieb nichts mehr von den Unterlagen, die Chris einst unterschrieben hatte. Nach der Unterzeichnung hatten sie eine Flasche Champagner aufgemacht, den Schreibtisch im zauberhaften kleinen Büro damit getauft und ihre Anzeige in den Gelben Seiten bewundert. Und nun waren all diese Dinge von einer Welt geschluckt worden, der es offenbar völlig egal war, wie sehr sie geschuftet oder wie sehr sie sich den Erfolg gewünscht hatten. Im wahren Leben waren diese ganzen Realityshow-Klischees nämlich völlig irrelevant. Es war vorbei, und das konnten auch alle Leuchtturmbilder der Welt nicht ändern.
Kapitel 2
„Also, das bleibt mir noch“, sagte sich Polly, die bei ihrem Fußmarsch durch die Stadt vom kalten Frühlingswind ordentlich durchgepustet wurde. Sie versuchte verzweifelt, sich zusammenzureißen und sich auf die positiven Dinge in ihrem Leben zu konzentrieren. Schließlich war sie mit ihrer besten Freundin zum Krisengipfel verabredet und wollte ihr nicht tränenüberströmt gegenübertreten.
„Ich bin gesund. Abgesehen von meinem wackeligen Knöchel, den ich mir – selbst schuld – beim Tanzen verknackst hab, geht es mir gut. Ich bin im Vollbesitz meiner Kräfte. Mein Geld ist durch die Firma zwar futsch, aber es verlieren doch ständig Leute noch viel größere Summen. Von Naturkatastrophen bin ich bislang verschont geblieben, und meiner Familie geht es gut, auch wenn sie ziemlich nervt. Meine Beziehung … na ja, andere Menschen machen Schlimmeres durch, viel Schlimmeres. Wenigstens müssen wir uns nicht scheiden lassen und –“
„Hast du sie noch alle?“, fragte Kerensa laut. Obwohl sie Schuhe mit unglaublich hohen Absätzen trug, hatte sie Polly in ihren Chucks auf dem Weg von der Unternehmensberatung nach Hause problemlos eingeholt. „Deine Lippen bewegen sich ja. Vielleicht wirst du langsam doch noch verrückt. Und, weißt du …“
„Was denn?“
„Na ja, daraus könntest du vielleicht sogar Kapital schlagen. Behinderte kriegen doch bestimmt eine Rente.“
„KERENSA!“, fauchte Polly. „Du bist einfach furchtbar! Und nein. Wenn du es unbedingt wissen willst – ich hab mir die positiven Aspekte meines Lebens aufgesagt und war gerade bei ›Wenigstens müssen wir uns nicht scheiden lassen‹.“
Vermutlich zog Kerensa jetzt ein langes Gesicht, aber das Botox machte es einem manchmal nicht leicht, ihre Miene korrekt zu interpretieren. Zum Glück verlieh sie ihrer Meinung immer direkt lautstark Ausdruck.
„Gott im Himmel, ernsthaft? Was steht denn sonst noch auf deiner Liste, etwa dass du zwei Arme und Beine hast?“
„Ich dachte, wir wollten uns treffen, damit du mich ein bisschen aufmuntern kannst.“
Kerensa hielt die Tüte eines Weinladens hoch, in der etwas leise klirrte.
„Ja, allerdings. Also, wie sehen die weiteren Punkte auf deiner Liste aus? Dass du arbeits- und obdachlos bist, hast du vermutlich außen vor gelassen, was?“
Inzwischen hatten sie Kerensas makelloses kleines Häuschen erreicht. Neben der polierten roten Tür mit dem Messingklopfer standen rechts und links zwei Orangenbäumchen.
„Ehrlich gesagt bin ich langsam nicht mehr so sicher, ob ich noch mit reinkommen will“, maulte Polly, meinte es aber nicht ernst. So war Kerensa eben, sie packte den Stier gern bei den Hörnern. Diese Strategie hätte Polly im letzten Jahr vielleicht auch lieber anwenden sollen, während die Firma bankrottging und Chris sich immer weiter zurückzog. Polly hatte Kerensa nur ein einziges Mal um einen Rat gebeten, nach ein paar Gläsern zu viel auf einer Weihnachtsparty vor x Jahren. Kerensa hatte ihr damals gesagt, dass ihre Geschäftsidee riskant sei, und sie dann gebeten, sie nicht noch einmal zu fragen. Polly hatte sich eingeredet, dass doch alle Geschäftsideen riskant waren, und das Thema seitdem nicht mehr angesprochen.
„Ach, komm doch rein, wenn du schon mal hier bist, ich kann doch unmöglich all diese Pringles allein essen“, verkündete Kerensa ungerührt und zog ihren Schlüssel mit dem Tiffanys-Anhänger hervor.
„Du isst doch nie Pringles“, grummelte Polly. „Du stellst die immer nur hin und sagst dann: ›Oh, ich musste heute Mittag so einen Riesenlunch essen, den ich mir in Wirklichkeit nur ausdenke, iss du doch bitte die Pringles, sonst werden die nämlich schlecht.‹ Was übrigens gar nicht stimmt.“
„Na ja, wenn du bleiben würdest, dann könntest du sie auch ganz langsam und genüsslich verspeisen, statt sie runterzuschlingen, als wärst du am Verhungern.“
Bevor Polly noch irgendwas erwidern konnte, hob Kerensa beide Hände. „Na los, komm schon, wenigstens heute Nacht.“
„Okay“, sagte Polly.
Polly musste die Augen schließen, um es auszusprechen, aber da erschienen vor ihrem inneren Auge Mr Gardner und Mr Bassi, die es ihnen verkündeten: Sie würden die Wohnung an die Bank verlieren. Bei dieser Nachricht hatte ihre Mum reagiert, als hätten sie ihren Erstgeborenen verkauft. Kein Wunder, dass Polly ihrer Mutter möglichst wenig anvertraute.
„Also, ich versuche ja, die positiven Aspekte zu sehen.“
„Die positiven Aspekte der Obdachlosigkeit?“
„Sei nicht so gemein. Und ich kann mir jetzt endlich mal was für mich selbst suchen.“
Kerensa versuchte, die Stirn zu runzeln, und starrte dann auf den Schleier von Chipskrümeln hinunter, den Polly auf ihrem BoConcept-Sofa verteilt hatte.
„Nur für dich?“
Polly biss sich auf die Unterlippe. „Also, wir trennen uns jetzt nicht oder so. Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie wir zu zweit in einer fürchterlichen, winzigen Mietwohnung aufeinanderhocken …“
Sie holte tief Luft und trank dann einen großen Schluck Wein.
„Chris hat gesagt, dass er vorübergehend wieder bei seiner Mutter einzieht. Nur bis … bis wir das wieder auf die Reihe kriegen. Weißt du, was ich meine? Bis wir sehen, wie es zwischen uns steht.“
Polly tat ihr Bestes, um es so klingen zu lassen, als wäre diese Entscheidung durch ruhiges, vernünftiges Abwägen gefällt worden, nicht durch lautes Streiten mit anschließendem Schmollen.
„Ich meine, ein Tapetenwechsel tut uns bestimmt gut.“
Kerensa nickte mitfühlend.
„Bis die Wohnung verkauft ist … stehe ich aber leider mit leeren Händen da. Wenn wir dafür mehr kriegen als erwartet, dann sind damit eventuell die Schulden getilgt, aber …“
„Aber du rechnest nicht damit?“
„Bei meinem Glück im Moment“, sagte Polly, „kriege ich bestimmt kaum etwas zurück. Und wenn ich dann mit meinem Geld in der Hand aus der Bank trete, schlägt der Blitz ein und lässt es in Flammen aufgehen. Danach knallt mir vermutlich ein Klavier auf den Kopf, und ich falle in einen Gully.“
Kerensa tätschelte ihr die Hand. „Und wie sieht es bei Chris aus?“
Polly zuckte mit den Achseln. „Im Prinzip genauso. Diese Konkursverwalter waren wirklich nett, also den Umständen entsprechend.“
„Was für ein fürchterlicher Job.“
„Aber die haben wenigstens Arbeit“, sagte Polly. „Was ich im Moment schon beeindruckend finde.“
„Schaust du dich denn nach was Neuem um?“
„Oh ja“, sagte Polly. „Aber ich bin offenbar für jede einzelne Stelle auf diesem Planeten überqualifiziert und zu alt. Außerdem scheint für Einstiegsjobs heute niemand mehr bezahlt zu werden. Und ich bräuchte erst mal dringend eine Postanschrift.“
„Du weißt doch, dass du hier wohnen kannst“, sagte Kerensa augenblicklich.
Polly sah sich in diesem absolut perfekten, makellosen Singlefrauen-Bau um. Kerensa konnte sich die Männer aussuchen – kein Wunder, bei ihrem durchtrainierten Körper, ihren teuren Klamotten und ihrer erbarmungslosen Arroganz –, hatte aber nicht die geringste Lust auf etwas Ernsthaftes. Sie war wie eine Rassekatze, während Polly selbst sich eher wie ein freundlicher, aber leicht verwahrloster Hund vorkam. Vielleicht wie ein Cockerspaniel, schließlich hatte sie rötlich blondes Haar und wenig markante Gesichtszüge.
„Ich würde lieber in einer Tonne schlafen, als unsere Freundschaft damit aufs Spiel zu setzen, dass wir uns wieder die Wohnung teilen.“
„Wir hatten doch eine super Zeit“, wandte Kerensa ein.
„Hatten wir nicht“, entgegnete Polly. „Du warst jedes Wochenende mit lauten Arschlöchern auf ihrem Boot unterwegs und hast nie abgewaschen!“
„Also erstens hab ich dich jedes Mal gefragt, ob du nicht mitkommen willst.“
„Und ich hab immer Nein gesagt, weil das eben Arschlöcher waren.“
Kerensa zuckte mit den Achseln. „Und zweitens hab ich deshalb nie abgewaschen, weil ich da doch nie was gegessen hab. Du warst diejenige, die überall Mehl und Hefe verteilt hat.“
Das mit dem Backen hatte Polly nie ganz aufgegeben. Kerensa hingegen hielt Kohlenhydrate für Gift und war fest davon überzeugt, dass sie eine Glutenallergie hatte. Eigentlich war es ein Wunder, dass die beiden immer noch so gut befreundet waren.
„Trotzdem, keine Chance!“, sagte Polly traurig. „Aber Himmel, ich bin auch nicht in der Verfassung dazu, in eine WG mit irgendwelchen Mittzwanzigern zu ziehen und so zu tun, als wäre ich so jung und hip wie die.“
Sie war dieses Jahr 32 geworden und fragte sich gerade, ob einer der winzigen Vorteile ihrer Insolvenz womöglich darin bestand, dass sie nicht mehr ständig für alle Welt Hochzeits- und Taufgeschenke kaufen musste.
Kerensa lächelte. „Das wäre vielleicht gar keine schlechte Idee. Mit denen könntest du wieder durch die Clubs ziehen.“
„O Gott!“
„Und die ganze Nacht aufbleiben, einen Joint rumgehen lassen und über den Sinn des Lebens diskutieren.“
„Ach du jemine.“
„Oder zu Musikfestivals gehen und da zelten.“
„Jetzt mal im Ernst“, sagte Polly, „ich bin schon fertig genug, da musst du nicht auch noch Salz in die Wunden streuen. Riesel, riesel.“
Mit einer Miene der perfekt einstudierten Verzweiflung auf ihren Zügen reichte Kerensa ihr die Pringlesdose. „Na, sag ich doch, dann wohnst du eben hier bei mir.“
„Für unbegrenzte Zeit auf deinem unbezahlbaren Sofa in deiner Einzimmerwohnung?“, murmelte Polly. „Nein, danke, es ist wirklich wahnsinnig nett von dir, mir das anzubieten, aber ich suche erst mal im Internet. Was für mich allein. Das wird bestimmt … cool.“
Schweigend beugten sich die beiden Freundinnen über den Laptop. Polly scrollte durch die Liste mit Wohnungen im Rahmen des von der Bank festgelegten Budgets. Das war kein schöner Anblick, ehrlich gesagt schienen die Mieten in letzter Zeit wie verrückt in die Höhe geschossen zu sein. Es war furchtbar.
„Das ist ja kaum ein Schrank“, sagte Kerensa von Zeit zu Zeit. „Und die Wohnung da hat keine Fenster. Warum haben die denn ein Foto von dieser fleckigen Mauer eingestellt? Wie sehen dann wohl erst die anderen Wände aus? Oh, diese Straße kenne ich aus der Zeit, in der ich mit dem Sanitäter zusammen war, da gehen ständig irgendwelche Typen mit Flaschen aufeinander los.“
„Es gibt einfach nichts“, sagte Polly, in der langsam Panik aufstieg. Ihr war wirklich nicht klar gewesen, wie verhältnismäßig niedrig ihre Hypothek gewesen war und wie hoch die Mieten. „Hier ist absolut nichts zu finden.“
„Wie sieht es denn mit diesen Manager-WGs aus?“
„Die sind unglaublich teuer, und außerdem muss man da für einen Satellitenfernsehanschluss zahlen und sich die Wohnung vermutlich mit einem Freak teilen, der in seinem Zimmer Hanteln stemmt.“
Je weiter Polly nach unten scrollte, desto unruhiger wurde sie. Sie war nicht sicher, wie weit sie ihre Erwartungen noch herunterschrauben konnte, aber je mehr sie darüber nachdachte, umso klarer wurde ihr, dass sie unbedingt allein leben musste. So sehr sie sich auch bemühte, vor Kerensa, Chris und ihrer Mutter die Fassung zu wahren – ihr war etwas Schlimmes passiert, und davon würde sie sich nicht so schnell erholen. Die Aussicht, sich abends in den Schlaf zu weinen, während um sie herum jugendliche Mitbewohner einen auf Party machten, war einfach zu viel. Sie musste sich erst einmal zurückziehen und mit sich selbst klarkommen. Und deshalb konnte sie jetzt wirklich nicht auf zehn Jahre jünger machen und über Boybands quatschen. Oder zu ihrer Mutter zurückziehen. Mum liebte sie ja auf ihre Weise und würde alles für sie tun. Aber sie würde auch seufzen, sich besorgt nach Chris erkundigen und die Enkelkinder anderer Leute erwähnen … Nein. Pollys Verhältnis zu ihr war schon in Ordnung, dem Zusammenleben mit ihr würde es aber nicht standhalten.
Okay, also was dann?
Kapitel 3
Am nächsten Morgen stand Kerensa früh auf und ging um kurz nach sechs aus dem Haus, um in einem Park in der Nähe British Military Fitness zu machen, obwohl doch März war und Regen ans Fenster prasselte. Natürlich hatte sie Polly aufgefordert mitzukommen, die hatte jedoch nur gestöhnt und sich noch einmal umgedreht. Sie hatte einen kleinen Kater und immer noch den Geschmack von Pringles auf der Zunge.
Als Kerensa weg war, kochte Polly erst einmal Kaffee und versuchte, das winzige, absolut makellose Häuschen aufzuräumen. Aber das brachte ja doch nichts, ihre kleine Reisetasche schaffte Unordnung in diesem Apartment, und sie würde einfach nie begreifen, warum die Kissen bei ihr nicht so perfekt aufrecht stehen blieben wie bei Kerensa. Als Polly dann nach ihrem Kaffee griff, verschüttete sie etwas davon auf den sündhaft teuren Teppich und fluchte. Nein, das hatte einfach keine Zukunft.
Deshalb schmiss sie noch einmal den Laptop an. Die Stellenanzeigen konnten warten, erst einmal brauchte sie jetzt eine Bleibe.
Dieses Mal ging sie es langsamer an und schaute sich jede einzelne Wohnung in Plymouth an, die sie sich leisten konnte. Alle waren entweder ganz grauenhaft oder lagen in einer Gegend, in der sie sich ohne Auto nicht sicher fühlen würde. Polly scrollte bis zur allerletzten Seite durch. Das war es also, mehr gab es nicht. Unter den Angeboten war nichts gewesen, was sie sich wenigstens gern mal angesehen hätte, geschweige denn wo sie beruhigt einziehen würde.
Natürlich hatte ihr nicht nur Kerensa ihr Sofa angeboten, sondern auch noch andere Freunde, aber allein den Gedanken an die bangen Fragen nach ihrem Befinden und das besorgte Murmeln konnte Polly nicht ertragen. Außerdem vermutete sie auch, dass ein paar ihrer Freundinnen froh wären, wenn sie ihnen gelegentlich die Kinder abnehmen würde, aber die Vorstellung fand sie noch schrecklicher. Sie wollte auf keinen Fall als eine Mischung aus tantenhafter alter Jungfer und unbezahlter Babysitterin auf Zehenspitzen durch eine fremde Wohnung schleichen, um ihre Gastgeber nicht zu stören.
Mit Anfang zwanzig hatte sie mal gedacht, dass Chris und sie inzwischen wahrscheinlich verheiratet und gesettelt sein würden. Er würde viel Geld verdienen, sie sich vielleicht ums Kind kümmern … und nun war es wirklich anders gekommen.
Stopp, so durfte sie einfach nicht denken. Sie konnte jetzt entweder in Selbstmitleid versinken oder nach vorne schauen. Aus einer Laune heraus beschloss sie, ihre Suche aufs ganze Land auszuweiten. Wow! Wenn sie nach Wales zöge, könnte sie sich dort jede Menge Wohnungen leisten, und zwar richtig schöne. Oder in die schottischen Highlands. Oder ins ländliche Nordirland. Oder in den Peak District. Dabei wusste sie nicht einmal so genau, wo der Peak District eigentlich lag, aber da gab es auf jeden Fall zig Apartments, in die sie auch ohne Geld, Vitamin B und zu Pringles verführenden Freundinnen einziehen konnte, selbst ohne Job … Na ja, das vielleicht lieber doch nicht.
Sie engte den Radius wieder ein und suchte nur noch im Südwesten, und da sprang ihr ein Ort ins Auge, an den sie schon ewig nicht mehr gedacht hatte – Mount Polbearne. Da war sie mal auf einem Schulausflug gewesen, wie wohl jede Klasse irgendwann. Dass dort überhaupt noch jemand wohnte, war kaum zu glauben.
Polly studierte das Minifoto, auf dem nicht besonders viel zu erkennen war. Es unterschied sich dadurch von all den anderen Bildern, durch die sie sich geklickt hatte, dass es von außen aufgenommen war. Man sah ein Fensterchen unter einem Giebeldach. Die Farbe blätterte vom Rahmen ab, und die schartigen Ziegel wirkten uralt. Im Kurztext stand „Ungewöhnliche Lage“, was normalerweise „Halt dich fern!“ hieß. Trotzdem klickte Polly das Bild an und nahm einen Schluck längst kalten Kaffee.
Mount Polbearne also. Das war eine Gezeiteninsel, so viel wusste sie noch. Damals waren sie mit dem Bus dorthin gefahren, und eine Straße mit Kopfsteinpflaster hatte die Insel mit dem Festland verbunden. Überall hatten Schilder davor gewarnt, beim Einsetzen der Flut über diesen Damm zu fahren oder bei Ebbe darüber hinwegzusegeln. Sie hatten aufgeregt gequietscht, als dann Wasser zwischen den Steinen hochgespritzt war, weil sie jetzt womöglich alle ertrinken würden. Neben dem Damm konnte man Stümpfe von alten Bäumen erkennen, die inzwischen nicht mehr an Land standen. Ganz oben auf der Insel gab es eine zerfallene Kirche und einen Souvenirladen, in dem Kerensa und sie riesige Lollis mit Erdbeergeschmack gekauft hatten. Aber da konnte man doch nicht wohnen, die Hälfte der Zeit würde man ja festsitzen! Ein Pendlerleben war jedenfalls ganz sicher unmöglich.
Auf der Webseite gab es noch ein anderes Foto, und darauf wirkte das Gebäude wie eine ziemliche Bruchbude. Das Dach war schief und krumm, und die beiden Fenster, von denen eins auf dem ersten Bild zu sehen gewesen war, waren schmutzig und gingen nach außen auf. Unten gähnte das schwarze Loch eines leer stehenden Ladenlokals. Dem Seewind so ausgesetzt zu sein, hatte das Häuschen offenbar ziemlich mitgenommen. Polly fragte sich auch, ob ein Ausflug auf ein Fleckchen Erde, das bei Flut vom Festland abgeschnitten war, für Touristen wohl immer noch so interessant war wie früher. Heutzutage wollten doch alle nur Surfstrände, Themenparks und teure Fischrestaurants. Cornwall hatte sich wirklich verändert.
Aber jetzt stach ihr noch etwas ins Auge, dass das Häuschen nämlich über zwei Zimmer plus Bad verfügte. Hier wohnte man weder zur Untermiete noch in einer WG, das war eine komplette kleine Wohnung. Und sie lag in Pollys finanziellem Rahmen. Mehr noch, der nach vorne rausgehende Wohnraum war auch ziemlich groß, sechs mal acht Meter. So geräumig war das Wohnzimmer ihrer Wohnung hier in Plymouth nicht, das war klein und eng, mit angestrahlten Spiegeln an beiden Seiten, die die Illusion von mehr Platz schaffen sollten. Sie fragte sich, wie hoch die Wohnung da unter dem Dach wohl lag. Wenn das Ladenlokal unten leer stand, dann wäre außer ihr nämlich niemand in dem Häuschen – mal abgesehen von den Ratten. Hmm. Dann fiel ihr Blick auf das letzte Bild. Das war der Blick aus den vorderen Fenstern, und das Foto war von innen aufgenommen.
Hinter den Fenstern befand sich … gar nichts, nur ein Stückchen Weltall, das sich bei genauerem Hinsehen als das Meer herausstellte. Die Aufnahme stammte von einem Tag, an dem Himmel und Ozean sich im gleichen grauen Farbton gezeigt hatten und einfach ineinander übergegangen waren. Lange starrte Polly fasziniert auf diese weite graue Leere. Die sah genau so aus, wie Polly sich fühlte: hohl. Aber irgendwie war dieser Anblick auch seltsam beruhigend, als erteilte er der Welt die Erlaubnis, eben auch mal grau zu sein. Wenn Polly früher aus dem Fenster ihrer Managerwohnung geschaut hatte, dann hatte sie immer jede Menge Leute wie sich selbst gesehen, die Audi und BMW fuhren und ihr Abendessen im Wok kochten, nur dass deren Firma nicht den Bach hinunterging und sie noch miteinander zu sprechen schienen. Der Blick aus dem Fenster war einfach stressig gewesen. Das da hingegen … war etwas ganz anderes.
Sie suchte Mount Polbearne auf Google Earth und stellte zu ihrer Verwunderung fest, dass sich dort tatsächlich ein paar Straßen mit Steinhäuschen von der Kirchenruine auf dem Hügel zum Hafen hinunterschlängelten. Der lag im rechten Winkel zur Straße da, und man konnte ein paar Fischkutter darin erkennen. Ganz offensichtlich war über diesen Teil von Cornwall noch nicht der Immobilienboom hereingebrochen, so weit abseits von der Autobahn schien dieses unmoderne Fleckchen Land noch nicht entdeckt worden zu sein. Andererseits lag es nur fünfzig Meilen von Plymouth entfernt, also könnte sie immer wieder mal zurückkommen …
Mit ein wenig zittrigen Fingern klickte sie den Button mit der Aufschrift „Makler kontaktieren“.
„Eine warmherzig erzählte, humorvolle Geschichte mit tollen Figuren.“
„"Die kleine Bäckerei am Strandweg" ist perfekte Sommerlektüre, Chick-Lit vom Feinsten. Auch weil zwischen den Zeilen nicht nur eine Meeresbrise zu wehen scheint, sondern der Duft von frisch Gebackenem fast zu riechen ist. Während des Lesens läuft einem das Wasser im Mund zusammen ob all den Dingen, die Polly in ihrer Bäckerei zubereitet. Gut, sind die wichtigsten Rezepte am Schluss des Buches aufgeführt. Dann ist es nicht so traurig, wenn das Buch zu Ende ist.“
„Warmherzig und liebevoll.“
Nachdem ihre eigene Firma, die sie zusammen mit ihrem Freund Chris betrieben hat, Konkurs gegangen ist, muss sich Polly auf die Schnelle eine neue Wohnung und einen neuen Job suchen. In Erinnerung an eine Klassenfahrt, entscheidet sie sich für Mount Polbearne, einen abgelegener Küstenort in Cornwall. Mangels Budget bezieht sie dort ein renovierungsbedürftiges Haus, das im Erdgeschoss eine Bäckerei beherbergte. Polly, die schon immer gern backte, entdeckt ihre Leidenschaft dafür wieder und schon bald ist die Nachfrage der Einwohner nach Brot bei ihr groß. Einziges Problem ist ihre schroffe Vermieterin, die zwei Straßen weiter die einzige Bäckerei in der Umgebung betreibt und auf ihr Monopol pocht, auch wenn ihre Backwaren ungenießbar sind. Pollys Charme kann jedoch keiner lange widerstehen und so baut sich Polly, die eigentlich nur für eine Auszeit nach Polbearne kommen wollte, eine Existenz auf, als im Sommer die Touristen für noch mehr Umsatz sorgen. "Die keine Bäckerei am Strandweg" ist der Auftakt einer Trilogie um Polly kleine Bäckerei in Cornwall, von der ich bereits die winterliche Geschichte "Weihnachten in der kleinen Bäckerei am Strandweg" gelesen habe. Polly ist eine bodenständige, liebenswürdige junge Frau, die das Herz auf dem rechten Fleck hat. Sie scheut sich nicht, sich die Finger schmutzig zu machen, kann anpacken und schafft es nach einem Tief innerhalb kürzester Zeit an einem fremden Ort einen neue Beschäftigung und neue Freunde zu finden. Ganz Polbearne ist begeistert von ihren Backkünsten, die sie zunächst privat, wenig später offiziell in der alten Bäckerei in dem Fischerörtchen anbietet. Auch als Leser bekommt man durch die verlockenden Beschreibungen Lust aufs Backen und Weißbrot, Bagels oder Focaccia selbst zu probieren. Rezepte für Pollys Kreationen finden sich am Ende des Buches. "Die kleine Bäckerei am Strandweg" ist eine Feel-good-Lektüre über einen Neuanfang einer liebenswerten Protagonisten. Auch die weiteren Charaktere sind mit ihren persönlichen Eigenarten liebevoll gezeichnet und passen perfekt in den abgelegenen Ort abseits des Festlands. Es ist eine warmherzige Geschichte über eine persönliche Weiterentwicklung, bei der man den heimeligen Duft frisch gebackenen Brotes stetig in der Nase hat. Polly geht ihren Weg, findet ihre Berufung und eine neue Heimat. Auch wenn alles sehr glatt läuft und Polly mir eine Spur zu gutmütig erschien, hat mir die abwechslungsreiche Geschichte gut gefallen - gerade da Polly als Person und ihre Talente und nicht eine Liebesgeschichte im Vordergrund standen.
www.facebook.com/ElasWeltDerBuecher/ Polly entscheidet nach vielen Schicksalsschlägen sich eine neue Bleibe zu suchen. Sie entscheidet sich für die kleine Insel Mount Polbearne. Dort gibt es nicht nur eine Überschuss an Männern sondern sie kann auch noch ihren Wunsch erfüllen und ihr Hobby zum Beruf machen. Ihre Wohnung liegt über einer windschiefen Bäckerei am Meer, in der es sehr kalt sein kann und trotzdem kann sie sich nichts schöneres vorstellen. Schon bald kauft der ganze Ort ihr Brot. Doch das mit einer neuen Liebe gestaltet sich schwieriger.... Ich muss mal sagen, dass mich das Cover sofort angesprochen hat und ein richtiges Urlaubsfeeling verbreitet. Außerdem habe ich schon vieles gutes über dieses Buch gehört und es soll anscheinend ein Geheimtipp sein. Ich fand den Schreibstil überaus ansprechend und auch die Beschreibungen der Insel haben mich auf eine tolle Reise mitgenommen die ich genoßen habe. Und die ganze Zeit wollte ich ins Buch springen und die Meerluft wieder riechen und genießen. Ich fand die Idee dieser Geschichte einfach nur toll und diese wurde auch gut an den Leser weitergegeben. Mein Liebling in diesem Buch war ganz sicher Neil, der süße Papageientaucher, ich will auch einen haben. Sofort.
Polly braucht erst einmal Abstand. Nachdem die Firma von ihr und Chris Konkurs anmelden musste und sie auch noch vor den Scherben ihrer Beziehung steht, fährt Polly nach Mount Polbearne in Cornwall. Eine eher rauhe Gegend. Das Leben hier ist hart. Die Bewohner kämpfen ums Überleben. Polly mietet sich in eine ehemalige alte Bäckerei ein. Die Bäckerei ist mehr Bruchbude als Wohnung, doch für mehr reicht es im Augenblick nicht. Die Bewohner beobachten sie argwöhnisch, ihre Vermieterin ist mürrisch. Einzig ein kleiner verletzter Papageientaucher ist ihr Lichtblick. Sie kümmert sich mit Hingabe um den kleinen Kerl und obwohl der Tierarzt ihr rät, ihm keinen Namen zu geben, weil er doch bald wieder hinaus in die Freiheit muss, nennt sie ihn Neil. Polly versucht, sich um einen neuen Job zu kümmern, doch auf ihre Bewerbungen erhält sie keine einzige Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Also tut sie, was sie am besten kann. Sie fängt an zu backen. Bald schon zieht der Duft von frischem Brot durch den Ort. Immer mehr Bewohner kommen zu ihr und wollen ihr Brot kaufen, doch dies muss alles heimlich geschehen, weil es sich niemand mit der alten Bäckerin, Mrs. Mansell, verderben möchte, die zugleich Pollys Vermieterin ist. Mürrisch, oft sogar bösartig kommt diese Frau daher, bis etwas passiert, dass das Leben nicht nur dieser beiden Frauen verändern wird. Und dann sind da auch noch der nette bärtige Fischer und der geheimnisvolle Imker... „Die kleine Bäckerei am Strandweg“ - ein Wohlfühlroman. Ein Roman, der den Leser ins verschlafene Küstenstädtchen Mount Polbearne entführt. Schön zu lesen, wie Polly ihr Leben allein in die Hand nimmt und ihren Weg geht. Es ist ein Buch zum Wegträumen. Einfach lesen und Seite für Seite genießen. Eine bezaubernde Geschichte, ein charmantes Buch. Und wer zum Schluss so richtig Hunger auf frisches Bot bekommen hat, der kann direkt losbacken. Ein paar wunderbare Rezepte sind angefügt.
Mir hat das Buch gut gefallen. Im Anhang waren ein paar Rezepte für Brote und Kleingebäck. Die sind einfach super. Die Idee auch. Ich habe als erstes das einfache Weißbrot ausprobiert. Genial, das Backe ich jetzt regelmäßig.
Ich wusste gar nicht, dass ein Sommerroman, den man wirklich im Sommer liest und wie ich idealerweise noch Urlaub hat und sich ebenfalls, wie die Handlung es vorsieht, am Meer und am Strand befindet, so unheimlich atmosphärisch, behaglich, liebevoll und mitreißend, sowie authentisch und nah sein kann. Mit Jenny Colgans Roman „Die kleine Bäckerei am Strandweg“ habe ich erstmals einen Sommerroman wirklich so intensiv genossen, wie er genossen werden sollte. Fantastisch. Ich kann es jedem wirklich nur empfehlen! Dass ich gar nicht so die Romanleserin bin, trifft wohl gar nicht mehr pauschal wirklich auf mich und meinem Lesegeschmack zu. Gerade jetzt im Sommer mag ich es gern auch mal leicht, frech, spritzig, locker und liebevoll. So empfinde ich auch diesen wunderbaren und intensiven Roman voller Strand, Meer, Küste, Fischerei, Entschleunigung und Ruhe als wahrhaftigen Sommerschmöker. In „Die kleine Bäckerei am Strandweg“ geht es jedoch nicht um die typische Liebesgeschichte, denn das wäre dann auch gar nicht meine Leserichtung geworden. Wie es der Klapptext bereits vermuten lässt, geht es um einen Neuanfang, um persönliche Wünsche, um eine andere Richtung im Leben und letztendlich um Zufriedenheit und Ausgeglichenheit mit einer neuen Liebe. Bildreich, atmosphärisch, wunderbar erzählt und sehr sympathisch und nah. Erschienen im Berlin Verlag Verlag Inhalt / Die Beschreibung: "Ein neues Leben mit Meerblick - Es klingt fast zu gut um wahr zu sein - Polly wird ihr Hobby zum Beruf machen, und das in Cornwall, auf einer romantischen Insel mit Männerüberschuss. Genau die richtige Kur für ein leeres Konto und ein gebrochenes Herz. Aber die alte Bäckerei ist eine windschiefe Bruchbude, am Meer kann es sehr kühl sein, und der Empfang, den manche Insulaner ihr bereiten, ist noch viel kälter. Gut, dass Polly Neil hat, einen kleinen Papageientaucher mit gebrochenem Flügel. Doch bald kauft der halbe Ort heimlich ihr wunderbares selbstgebackenes Brot, und als sie Neil fliegen lassen soll, ist sie schon fast heimisch geworden. Nur das mit der Liebe gestaltet sich komplizierter als gedacht ...“ Handlung / Thema: Das Buch ist wirklich toll und ein wahrhafter Schmöker für den Sommer und weit darüber hinaus, um noch lange von den malerischen Bildern, Empfindungen und Kulissen zehren zu können. Polly ist Anfang 30 und führte mit ihrem Verlobten Chris ein Leben in Saus und Braus. Sie haben gemeinsam eine Firma für Grafik und Design aufgebaut und schuften bis in die Nacht. Sie wohnen in einer prunkvollen Managerwohnung und können sich viel Luxus leisten und bewegen sich in oberen Kreisen. Doch langsam geht es der Firma schlechter und sie müssen ihren Traum vom gemeinsamen Geschäft aufgeben. Diese Pleite trennt die beiden und führt sie auseinander. Chris und Polly gehen unterschiedlich mit dieser Niederlage um. Für Polly bleibt nur die Wahl zwischen einen eigenen kleinen Neuanfang, oder die Unterkunft bei ihren Eltern. Mit ihrem wenigen Hab und Gut, was ihr nach der Insolvenz noch bleibt, macht sie sich auf den Weg zu einer neuen Bleibe. Diese Suche führt sie auf eine kleine abgelegene Insel, wo die Mietpreise noch erschwinglich sind. So fasst Polly Fuß auf Mount Polbearne, einem Küstenort nahe Cornwall. Dort versucht Polly vergebens anständige Arbeit zu finden. In ihrem abbruchreifen Haus entdeckt sie jedoch einen alten Backofen und beginnt anständiges Brot für sich zu backen. Doch schon bald zieht der frische Duft nach Teig und Leckereien die Fischer und weitere Anwohner und sogar einige Touristen an. Jeder möchte Polly kennenlernen, vor allem die Männer der Insel. Doch eine alte Dame wird es Polly schwer machen, sich auf der Insel ein neues Zuhause einzurichten. Gillian Manse, die alte verbohrte Inhaberin der einzigen bisherigen Bäckerei auf der Insel… Das Buch nimmt eine ganz überraschende Richtung ein und entwickelt sich ganz anders, als der Anfang erwarten lässt. Dadurch, dass dieser Roman so herzlich und bildintensiv geschrieben ist, verliebt man sich unweigerlich in die Bilder, die sich vor dem geistigen Auge beim Lesen zeichnen. Man steht an Pollys Seite und schlüpft in ihre Rolle. Es geht zwar um eine Liebesgeschichte, aber es geht auch um weit mehr (Meer). Ein Buch zum Abschalten, eintauchen, entspannen und wohlfühlen. Eine Bremse um die Zeit anzuhalten und einzukehren. Schreibstil: Die Autorin Jenny Colgan hat mich ganz besonders durch ihr Talent begeistert, wunderbare Bilder durch Worte und Ausdruck zu zeichnen. Aus dritter Sicht wird dieser Roman erzählt und wir beobachten und begleiten die sympathische Polly durch den ganzen Roman. Dabei lernen wir auch den Fischer Tarnie sehr genau kennen, oder den attraktiven Imker Huckle, sowie ihren Exfreund Chris und die alte verbohrte Mrs Manse. Immer wieder taucht auch Pollys beste Freundin Kerensa auf, die etwas Chick Lit mit in die Handlung bringt. Jenny Colgan hat es wirklich geschafft, mir ein Genre ans Herz zu legen, welchem ich sonst eher zurückhaltend gegenüber stehe. Ich will ja nicht angeben, aber diesen Roman habe ich tatsächlich am Meer und am Strand und im entspannten Sommerurlaub gelesen und konnte die Möwen ebenso kreischen hören, wie die Meeresbrise auf der Haut fühlen, so wie es Colgan hier beschreibt. Grandios! Ich stelle mir die Autorin vor, wie sie in einem Schriftstelleratelier saß, womöglich direkt am Meer, vielleicht sogar auf einer Halbinsel nahe Cornwall und diesen Roman schrieb. Denn die Bilder, die sie uns durch Worte und Beobachtungen bietet, sind mehr als echt. WOW. Eine Romangeschichte ohne viel Schmalz und Kitsch. Einfach nur locker weg und wunderschön. Ein Buch ohne Anspruch oder Komplexität. Ein Buch zum Einkehren und Runterkommen. Ich habe dieses befreiende Gefühl sehr genossen. Lob an dieses Stilmittel der talentierten Romanautorin. Charaktere: Die Charaktere sind hier von ganz besonderer und gegensätzlicher Natur, genau wie die kleinen und großen Stolpersteine, die Pollys Existenzgründung auf der Insel nehmen. Das Kernstück eines jeden Romans. Wenn man sich mit den Charakteren anfreunden kann, sie intensiv erleben und begleiten kann, dann ist ein Roman gelungen und sorgt für wunderbare Leseerlebnisse. Dass gelingt mir bei Polly ganz besonders gut. Ich teile mit ihr viele Eigenschaften und Leidenschaften. Dier Liebe zum Brot, die Liebe zu Details, das urige Verständnis für alte und schmuckvolle Dinge ohne Prunk und Glanz. Polly sieht auf der Insel die Welt mit ganz beschaulichen Augen. Sie wird minimalistisch, das gefällt mir. Aber auch die schicke Freundin Kerensa vom Festland finde ich einen tollen Gegenpol. Ihre aufgedonnerte Erscheinung sorgt immer für Gespräche auf der kleinen Insel. Doch ist Kerensa sehr sympathisch und sorgt für Witz und Facette. Die männlichen Parts im Sommerroman sind ebenfalls sehr toll skizziert. Den gegerbten Fischer Tarnie mag ich ebenso wie den attraktiven amerikanischen Imker Huckle. Aber auch die alte Gillian Manse gehört einfach dazu. Eine so kleine Insel braucht skurrile Bewohner und etwas Seemannsgarn. Auch das gelingt der Autorin Jenny Colgan perfekt. Charaktere wie aus dem Küstenleben gegriffen. Ob sie ähnliche Personen im realen Leben beobachtet und kennengelernt hat? Oder ob die Figuren alle aus dem Ideenreich der Autorin entsprungen sind? Beides scheint mir möglich. Ich finde es auf jeden Fall ganz toll. Autorin Jenny Colgan bringt ganz besondere und stimmige Charaktere aus Haupt- und Nebenrollen ins Geschehen und spielt mit ganz scharfen und ganz sanftmütigen Charakterzügen, die diesen Roman prägen werden. Für Humor und Ruheoasen im Buch sorgen neben all den Turbulenzen auch wunderschöne ruhige Momente aus Liebe, Zusammenhalt und Mitgefühl. Romantik, Kulisse und der Chance einfach diesen einen Moment zu leben und zu genießen… Meinung: "Die kleine Bäckerei am Strandweg“. Dieser Titel deutet ja bereits darauf hin, dass es um besondere Schauplätze, Küstenfeeling, Atmosphäre, Strand und Meer und Backkunst geht. Beim Lesen hatte ich ständig das Gefühl und den Wunsch die leckeren Erzeugnisse von Polly einmal selbst zu kosten und schmecken zu dürfen. Als ich dann ganz hinten im Roman einige der Rezepte gefunden habe, war ich ganz aus dem Häuschen und konnte es kaum abwarten meinen Urlaub beendet zu haben, um die leckeren Brote und Naschereien zu Hause einmal auszuprobieren. Für das Grillfest mit Freunden habe ich die Focaccia probiert. Herrlich lecker und würzig. Demnächst werde ich das einfache Weißbrot nachbacken und die Maisbratlinge probieren. So, aber das gehört hier eigentlich nicht hin…. Mit dieser Story um die beruflich, sowie beziehungstechnisch gescheiterte Polly mit ihrem Partner Chris, die ihr Leben nun selbst in die Hand nimmt, hat mich der Roman, und die Autorin, für sich gewonnen. Sehr wunderbar. Absolut stark und unschlagbar facettenreich. Ein Leseglück mit ganz intensiven Eindrücken und sehr viel Wohlfühlcharakter. Genau dass, was ich für den Sommer und für meinen Urlaub brauchte. Eine herzliche und bildhafte, sowie sympathische und harmonische Geschichte für eine glückliche Zeit mit einem tollen Buch für das Herz und den Sommer. In dieser Geschichte dreht sich die Thematik um eine plötzliche Wendung im Leben, ein lähmender Ruin der eigenen Firma, die so mühsam aufgebaut wurde. Damit einhergehend das Scheitern der Beziehung und der Fakt erkennen zu müssen, wer wahre Freunde im Leben waren und wer nicht… Doch dies ist nicht einzig das, was dieses Buch zu diesem ansprechenden Lesehighlight macht. Es sind die schönen Worte, die liebevollen Momente, die große Hoffnung nie aufgeben zu wollen. Ein Wechsel aus Vergangenheit, Lebenssinn, Freude und Rückblick, dann der Umgang mit dem Wissen, dass immer ein Lichtlein daher kommt. Dieses Buch ist nicht nur einfach ein wunderbarer Roman, nein, dieses Buch ist eine Metapher, ein Ritt zwischen den Emotionen und ein Lesevergnügen für jeden Romanliebhaber, Betroffenen oder neugierigen Leser. Und immer wieder weht der Duft von frischem Brot daher, der süße Geschmack von Honig oder die steife Brise des salzigen Meeres. Toll! Einfach unglaublich intensiv, Lesen mit fast allen Sinnen. Sonst würde ich eher von Schmalz und Kitsch reden, aber hier stimmte die Dosis und die Autorin hat mich mit einem wirklich tollen Roman beglückt. Dieses Buch hat meinen ohnehin schon wunderbaren Sommerurlaub noch etwas schöner und intensiver gestaltet. Ich bedanke mich dafür. Mein Alltag wird noch immer im Nachhall von diesen schönen Lesemomenten, die so leicht und ohne jeglichen Anspruch waren bereichert! Das schafft auch nicht jedes Buch. Und dass, obwohl dieser Roman so unscheinbar, harmlos und klein erscheint. Für mich wurde dieses Wohlfühlbuch zu einer besonderen Größe! Persönliche Kritikpunkte: Das Buch ist wunderschön und ein Glücksgriff für Herz und Seele, nennenswerte Kritikpunkte kann ich kaum finden. Vielleicht hätte es mal hier und da mehr Schwung oder Turbulenzen, Konflikte und Pepp geben können. Aber im Grunde war es schön so, wie es war! Die Autorin: „Jenny Colgan studierte an der Universität von Edinburgh und arbeitete sechs Jahre lang im Gesundheitswesen, ehe sie sich ganz dem Schreiben widmete. In England ist sie seit mittlerweile gut zehn Jahren eine Bestseller-Autorin. Mit dem Marineingenieur Andrew hat Jenny Colgan drei Kinder und die Familie lebt etwa die Hälfte des Jahres in Frankreich.“ Cover: Das Cover ist sehr schön. Vor allem wenn man das Buch wirklich im Buchladen in den Händen hält, will es einfach mit. Es passt zum Inhalt und zur Atmosphäre, auch wenn der Sommer im Buch erst recht spät erscheint und der bedeckte englische Himmel erst sehr spät seine Schleusen für den Sonnenschein öffnet. Ein toller Bonus auf dem Cover wäre der kleine Papageientaucher Neil gewesen, der mir im Buch, ähnlich wie Polly, ans Herz gewachsen ist. Zwar sieht das Cover bei genauerem Hinsehen sehr bearbeitet und gestellt aus, es passt jedoch zur Kulisse und zu den Schauplätzen auf der Insel nahe Cornwall. Schön. Jedes neue Kapitel im Buch wird mit einem gefüllten Brotkorb eingestimmt. Diese Vignetten verleihen dem Buch einen besonderen Charakter und Liebreiz. Fazit: Dieser Roman entpuppt sich sehr überraschend gar nicht so arg als Liebesroman, was man eventuell annehmen könnte, sondern eher als starker Frauenroman oder als harmonische und hoffnungsvolle Sommerleichtigkeitslektüre mit ganz viel Gefühl, Einkehr, Entspannung, Entschleunigung und Ruhe. Ein Wohlfühlroman, dem ich einen ganz tollen Urlaub mitunter zu verdanken habe! 5 Sterne für die wunderbare Umsetzung. Meine persönliche Lesechronik zum Nachverfolgen meiner Eindrücke: www.lovelybooks.de/bibliothek/Floh/lesestatus/1252130712/
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