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Die Macht der Gewohnheit: Warum wir tun, was wir tun

Die Macht der Gewohnheit: Warum wir tun, was wir tun - eBook-Ausgabe

Charles Duhigg
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„Das Buch ist teilweise nicht nur ›spannend‹ zu lesen, sondern es regt den Leser auch geradezu dazu an, seine eigenen Angewohnheiten zu überdenken und in eine richtige Richtung zu lenken.“ - oepb.at (A)

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Die Macht der Gewohnheit: Warum wir tun, was wir tun — Inhalt

Seit kurzem versuchen Hirnforscher, Verhaltenspsychologen und Soziologen gemeinsam neue Antworten auf eine uralte Frage zu finden: Warum tun wir eigentlich, was wir tun? Was genau prägt unsere Gewohnheiten? Anhand zahlreicher Beispiele aus der Forschung wie dem Alltag erzählt Charles Duhigg von der Macht der Routine und kommt dem Mechanismus, aber auch den dunklen Seiten der Gewohnheit auf die Spur. Er erklärt, warum einige Menschen es schaffen, über Nacht mit dem Rauchen aufzuhören (und andere nicht), weshalb das Geheimnis sportlicher Höchstleistung in antrainierten Automatismen liegt und wie sich die Anonymen Alkoholiker die Macht der Gewohnheit zunutze machen. Nicht zuletzt schildert er, wie Konzerne Millionen ausgeben, um unsere Angewohnheiten für ihre Zwecke zu manipulieren. Am Ende wird eines klar: Die Macht von Gewohnheiten prägt unser Leben weit mehr, als wir es ahnen.

€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 10.09.2012
Übersetzt von: Thorsten Schmidt
416 Seiten
EAN 978-3-8270-7074-6
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Leseprobe zu „Die Macht der Gewohnheit: Warum wir tun, was wir tun“

Vorwort
Gewohnheiten als Therapie
Sie war für die Wissenschaftler die ideale Testperson. Laut Akte war
Lisa Allen 34 Jahre alt, sie hatte mit sechzehn zu rauchen und zu
trinken angefangen und die meiste Zeit ihres Lebens Probleme mit
Übergewicht gehabt. Als sie Mitte zwanzig war, hatte sie über 10 000
Dollar Schulden und bekam Besuch von diversen Inkassobüros. Ein
alter Lebenslauf verriet, dass ihr längstes Arbeitsverhältnis kaum ein
Jahr gedauert hatte.
Die Frau, die den Forschern heute gegenübersaß, war aber schlank
und quirlig, mit den durchtrainierten Beinen [...]

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Vorwort
Gewohnheiten als Therapie
Sie war für die Wissenschaftler die ideale Testperson. Laut Akte war
Lisa Allen 34 Jahre alt, sie hatte mit sechzehn zu rauchen und zu
trinken angefangen und die meiste Zeit ihres Lebens Probleme mit
Übergewicht gehabt. Als sie Mitte zwanzig war, hatte sie über 10 000
Dollar Schulden und bekam Besuch von diversen Inkassobüros. Ein
alter Lebenslauf verriet, dass ihr längstes Arbeitsverhältnis kaum ein
Jahr gedauert hatte.
Die Frau, die den Forschern heute gegenübersaß, war aber schlank
und quirlig, mit den durchtrainierten Beinen einer Läuferin. Sie sah
zehn Jahre jünger aus als auf den Fotos in ihren Unterlagen, und
sie wirkte sportlicher als jeder andere im Raum. Laut dem jüngsten
Bericht in ihrer Akte hatte Lisa keine Schulden, sie trank nicht mehr
und arbeitete seit 39 Monaten in einem Büro für Grafikdesign.
„Wann haben Sie zuletzt geraucht?“ war die erste einer ganzen
Reihe von Fragen, die Lisa jedes Mal beantworten musste, wenn sie
dieses Labor außerhalb von Bethesda, Maryland, aufsuchte.
„Vor fast vier Jahren“, antwortete sie dem zuständigen Arzt, „und
ich habe seitdem dreißig Kilo abgenommen und bin einen Marathon
gelaufen.“ Sie hatte mittlerweile mit dem Studium angefangen und
ein Haus gekauft. Es war viel passiert in der Zwischenzeit.
Unter den anwesenden Forschern waren Neurologen, Psychologen,
Genetiker und ein Soziologe. In den vergangenen drei Jahren
hatten sie, finanziert durch Gelder der National Institutes of Health,
Lisa und über zwei Dutzend andere ehemalige Raucher, Esssüchtige,
Alkoholiker, Kaufsüchtige und Menschen mit anderen destruktiven
Angewohnheiten auf Herz und Nieren untersucht. Die Studienteilnehmer
hatten eines gemeinsam: Sie hatten ihr Leben in relativ
kurzer Zeit von Grund auf umgekrempelt. Die Forscher wollten
verstehen, wie ihnen das gelungen war. Daher kontrollierten sie die
Vitalparameter ihrer Probanden, sie installierten Videokameras in
ihren Häusern, um ihren Tagesablauf zu beobachten, sie sequenzierten
bestimmte Abschnitte ihrer DNA und erfassten mit Hilfe
von Geräten, die die Vorgänge im Gehirn in Echtzeit abbilden, den
Blutfluss und die elektrische Aktivität im zentralen Nervensystem,
während die Probanden der Versuchung von Zigarettenrauch oder
üppigen Mahlzeiten ausgesetzt waren. Die Forscher wollten herausfinden,
wie Gewohnheiten auf neurologischer Ebene funktionieren –
und wie man sie verändern kann.
„Ich weiß, dass Sie diese Geschichte schon ein Dutzend Mal
erzählt haben“, sagte der Arzt zu Lisa, „aber einige meiner Kollegen
kennen sie nur aus zweiter Hand. Würde es Ihnen etwas ausmachen,
noch einmal zu schildern, wie Sie von den Zigaretten losgekommen
sind?“
„Gern“, sagte Lisa. „Es begann in Kairo.“ Der Urlaub sei eine etwas
überstürzte Entscheidung gewesen, fuhr sie fort. Ein paar Monate
zuvor war ihr Mann von der Arbeit nach Hause gekommen und hatte
verkündet, dass er sie wegen einer anderen Frau verlassen werde. Lisa
brauchte eine Weile, um die Nachricht zu verarbeiten und sich mit der
Tatsache abzufinden, dass er sich scheiden lassen wollte. Sie durchlebte
eine Phase der Trauer, dann eine Zeit, in der sie ihn zwanghaft
ausspionierte, seiner neuen Freundin in der ganzen Stadt nachstellte,
sie nach Mitternacht anrief und einfach auflegte. Dann kam der
Abend, an dem Lisa betrunken im Haus seiner Freundin aufkreuzte,
an die Tür schlug und schrie, sie werde die Wohnung abfackeln.
„Mir ging es damals ziemlich schlecht“, sagte Lisa. „Ich wollte
schon immer mal die Pyramiden sehen, und ich hatte den Dispo
meiner Kreditkarten noch nicht ausgeschöpft, also …“ An ihrem
ersten Tag in Kairo wachte Lisa im Morgengrauen vom Gebetsruf
auf, der von einer nahegelegenen Moschee herüberschallte. In ihrem
Hotelzimmer war es stockfinster. Halb blind und ermattet vom Jetlag,
griff sie nach einer Zigarette.
Sie war so desorientiert, dass sie zunächst – bis sie den Geruch
von versengtem Plastik wahrnahm – nicht bemerkte, dass sie einen
Kugelschreiber anzünden wollte. In den letzten vier Monaten hatte
sie nur geweint, immer wieder Fressanfälle gehabt, unter Schlaflosigkeit
gelitten, sich geschämt, sich hilflos und niedergeschlagen
gefühlt und zugleich eine heftige Wut verspürt. Nun, im Hotelbett in
Kairo, erlitt sie einen Nervenzusammenbruch. „Mir war, als würde
ich von einer Trauerflut hinweggespült“, sagte sie. „Ich hatte das
Gefühl, dass alles, was ich mir je gewünscht hatte, zerbrochen war.
Ich konnte nicht mal mehr richtig rauchen. Und dann begann ich
über meinen Exmann nachzudenken, und wie schwer es sein würde,
nach meiner Rückkehr einen neuen Job zu finden, und wie sehr ich
das hassen würde und wie ungesund ich mich die ganze Zeit über
fühlte. Ich stand auf und warf einen Wasserkrug um, der auf dem
Boden zersplitterte, und da weinte ich noch heftiger. Ich spürte diese
Verzweiflung, als müsste ich was verändern, ich musste wenigstens
irgendetwas finden, das ich kontrollieren konnte.“
Sie nahm eine Dusche und verließ das Hotel. Als sie in einem Taxi
über die holprigen Straßen Kairos ruckelte und dann über die Pisten,
die zur Sphinx, den Pyramiden von Gizeh und der endlos weiten
Wüste drum herum führten, fiel ihr Selbstmitleid für einen kurzen
Moment von ihr ab. Sie brauchte ein Ziel in ihrem Leben, dachte sie.
Etwas, worauf sie hinarbeiten konnte. Also beschloss sie, im Taxi
sitzend, bald nach Ägypten zurückzukehren und eine Wanderung
durch die Wüste zu unternehmen.
Lisa wusste, dass es eine verrückte Idee war. Sie war nicht in
Form, hatte Übergewicht und kein Geld auf der Bank. Sie kannte
nicht einmal den Namen der Wüste, die sich vor ihr erstreckte, und
sie wusste auch nicht, ob eine solche Wanderung überhaupt möglich
war. Aber all dies spielte keine Rolle. Sie brauchte etwas, worauf sie
sich konzentrieren konnte. Lisa beschloss, dass sie sich ein Jahr lang
vorbereiten würde. Und um eine solche Expedition zu überleben,
würde sie Opfer bringen müssen – davon war sie überzeugt. Vor
allem das Rauchen aufgeben.
Als Lisa schließlich elf Monate später – auf einer klimatisierten
Tour mit einem halben Dutzend anderer Leute wohlgemerkt – durch
die Wüste trekkte, führte die Karawane so viel Wasser, Nahrungsmittel,
Zelte, Karten, GPS-Apparate und Funkgeräte mit sich, dass
eine Stange Zigaretten auch nicht viel ausgemacht hätte.
Aber damals im Taxi wusste Lisa das noch nicht. Und für die
Wissenschaftler im Labor waren die Details ihrer Reise nicht weiter
von Belang. Aus Gründen, die sie gerade erst zu verstehen begannen,
hatte die geringfügige Veränderung von Lisas Wahrnehmung an
jenem Tag – die Überzeugung, dass sie das Rauchen aufgeben musste,
um ihr Ziel zu erreichen – eine ganze Reihe von Veränderungen ausgelöst,
die letztlich auf alle Aspekte ihres Lebens ausstrahlen würden.
Im Verlauf der nächsten sechs Monate ersetzte sie das Rauchen durch
Joggen, und diese Verhaltensänderung veränderte ihrerseits die
Art und Weise, wie sie sich ernährte, arbeitete, schlief, Geld sparte,
ihre Arbeitstage und ihre Zukunft plante und so weiter. Sie begann,
Halbmarathons zu laufen, absolvierte dann einen Marathon, drückte
wieder die Schulbank, kaufte ein Haus und verlobte sich.
Schließlich nahm sie an der besagten wissenschaftlichen Studie
teil, und als die Forscher CT -Aufnahmen von Lisas Gehirn untersuchten,
stießen sie auf etwas Bemerkenswertes: Bestimmte neurologische
Muster – ihre alten Gewohnheiten – waren von neuen Mustern
überschrieben worden. Sie konnten noch immer die neuronalen
Aktivitätsmuster ihrer alten Verhaltensweisen erkennen, aber diese
Impulse wurden von neuen Antrieben verdrängt. In dem Maße, wie
sich Lisas Gewohnheiten veränderten, hatte sich auch ihr Gehirn
verändert.
Es war nicht die Reise nach Kairo oder die Scheidung oder die
Wüstentour, die nach Überzeugung der Wissenschaftler die Veränderung
ausgelöst hatte. Entscheidend war vielmehr, dass Lisa
sich darauf konzentriert hatte, zunächst nur eine Gewohnheit – das
Rauchen – zu ändern. Jeder Proband hatte einen ähnlichen Prozess
durchlaufen. Durch Fokussierung auf ein Muster – eine sogenannte
Schlüsselgewohnheit (keystone habit) – hatte sich Lisa selbst bei
gebracht, wie sie die anderen automatischen Verhaltensroutinen in
ihrem Leben umgestalten konnte.
Nicht nur Individuen sind zu solchen Veränderungen imstande.
Wenn sich Unternehmen zum Beispiel darauf fokussieren, Gewohnheiten
zu verändern, kann sich eine komplette Organisation
neu erfinden. Firmen wie Procter & Gamble, Starbucks, Alcoa und
Target haben sich diese Erkenntnis zunutze gemacht, um die Arbeitsabläufe,
das Kommunikationsverhalten von Mitarbeitern und – ohne
dass diese es bemerkt hätten – die Einkaufsgewohnheiten von Konsumenten
gezielt zu beeinflussen.
„Ich möchte Ihnen einen Ihrer letzten Gehirn-Scans zeigen“,
sagte ein Forscher zu Lisa am Ende der Untersuchung. Er vergrößerte
ein Bild auf einem Computerbildschirm, der Aufnahmen aus dem
Inneren ihres Kopfes zeigte. „Wenn Sie Nahrungsmittel sehen, sind
diese Areale“ – er deutete auf eine Stelle in der Nähe des Gehirnzentrums
–, „die mit Gier und Hunger assoziiert sind, nach wie vor aktiv.
Ihr Gehirn erzeugt noch immer das Verlangen, das Sie veranlasst, zu
viel zu essen. Aber in diesem Areal“ – er deutete auf die Region direkt
hinter ihrer Stirn –, „von dem nach unserer Auffassung Verhaltenshemmung
und Selbstkontrolle ausgehen, zeigt sich eine neue Aktivität.
Diese Aktivität wurde jedes Mal, wenn wir Sie hier untersucht
haben, stärker.“ Deshalb war Lisa die beliebteste Studienteilnehmerin
der Wissenschaftler: weil ihre Gehirn-Scans so anschaulich und
klar waren, und deshalb so nützlich bei der Erstellung jener Karte der
Hirnareale, in denen Verhaltensmuster – Gewohnheiten – verortet
sind. „Sie helfen uns dabei, zu verstehen, wie eine Entscheidung zu
einem automatischen Verhalten wird“, erklärte ihr der Arzt.
Die Anwesenden hatten das Gefühl, dass man kurz vor einer
wichtigen Entdeckung stand. Und so war es tatsächlich.
* * *
Als Sie heute Morgen aufgewacht sind, was haben Sie da als Erstes
getan? Sind Sie unter die Dusche gehüpft, haben Sie Ihre E-Mails
durchgesehen, haben Sie einen Keks von der Küchenanrichte genom
men? Haben Sie Zähne geputzt, bevor Sie sich abgetrocknet haben,
oder danach? Haben Sie zuerst den linken oder den rechten Schuh
gebunden? Was haben Sie zu Ihren Kindern gesagt, als sie zur Schule
gingen? Welchen Weg sind Sie zur Arbeit gefahren? Haben Sie, als
Sie an Ihren Schreibtisch kamen, zuerst die E-Mails gecheckt, mit
einem Kollegen geplaudert oder eine SMS geschrieben? Salat oder
Hamburger zum Mittagessen? Haben Sie, als Sie nach Hause kamen,
Ihre Laufschuhe angezogen und eine Runde gedreht, oder haben Sie
einen Drink genommen und vor dem Fernseher zu Abend gegessen?
„Unser ganzes Leben setzt sich, soweit es eine bestimmte Form
hat, aus einer Anzahl von Gewohnheiten zusammen“, schrieb William
James 1892. Die meisten Entscheidungen, die wir jeden Tag
treffen, mögen sich wie das Resultat sorgfältiger Abwägungsprozesse
anfühlen, aber das sind sie nicht. Sie sind Gewohnheiten. Und obwohl
jede Gewohnheit für sich genommen relativ wenig bedeutet,
haben die Speisen, die wir bestellen, das, was wir allabendlich unseren
Kindern erzählen, ob wir sparen oder Geld ausgeben, wie oft
wir Sport treiben, und die Art und Weise, wie wir unsere Gedanken
und Arbeitsabläufe organisieren, enorme Auswirkungen auf unsere
Gesundheit, unsere Produktivität, unsere finanzielle Situation und
unser Wohlbefinden. Ein Forscher der Duke University fand 2006
heraus, dass über 40 Prozent unserer täglichen Handlungen nicht auf
bewussten Entscheidungen beruhen, sondern Gewohnheiten sind.
William James hat – wie viele andere Menschen von Aristoteles
bis Oprah Winfrey – einen Großteil seines Lebens damit verbracht,
zu begreifen, warum Gewohnheiten existieren. Aber erst in den
letzten zwanzig Jahren haben Neurologen, Psychologen, Soziologen
und Marketingfachleute wirklich angefangen zu verstehen, wie Gewohnheiten
funktionieren – und, was noch wichtiger ist, wie sie sich
verändern.
Dieses Buch ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil konzentriert
sich auf die Frage, wie sich Gewohnheiten in unserem Leben bilden.
Er befasst sich mit den neuronalen Grundlagen der Entstehung von
Gewohnheiten, mit der Frage, wie man sich neue Gewohnheiten an
eignet und bestehende verändert, und mit den Methoden, mit denen
zum Beispiel ein Werbefachmann dazu beitrug, dass das Zähneputzen
von einer obskuren Praxis zu einer nationalen Obsession wurde.
Er zeigt, wie Procter & Gamble ein Spray namens Febreze zu einem
milliardenschweren Verkaufsschlager machte, indem sich das Unternehmen
eines natürlichen Dranges der Konsumenten bediente; wie
die Anonymen Alkoholiker Gewohnheiten attackieren, die für die
Sucht verantwortlich sind, und wie der Footballcoach Tony Dungy
die schlechteste Mannschaft der Liga auf Vordermann brachte, indem
er sich den automatischen Reaktionen seiner Spieler auf subtile
Auslöse- bzw. Hinweisreize (cues) während des Spiels widmete.
Im zweiten Teil beschäftigen wir uns mit den Gewohnheiten
erfolgreicher Unternehmen und Organisationen. Dort wird ausführlich
beschrieben, wie ein Topmanager namens Paul O’Neill – bevor
er US-Finanzminister wurde – einen schwer angeschlagenen Aluminium-
Hersteller zu einem der ertragsstärksten Titel im Dow Jones
machte, indem er sich auf eine Schlüsselgewohnheit konzentrierte,
und wie Starbucks einen Schulabbrecher zu einem Topmanager
machte, indem es ihm Gewohnheiten beibrachte, die seine Willenskraft
stärkten. Er beschreibt, weshalb sogar die fähigsten Chirurgen
fatale Fehler machen können, wenn die Organisationsstrukturen in
einem Krankenhaus mangelhaft sind.
Im dritten Teil betrachten wir die Gewohnheiten von Gesellschaften.
Dort wird geschildert, wie Martin Luther King Jr. und die
Bürgerrechtsbewegung auch deshalb so erfolgreich waren, weil sie
die tief verwurzelten sozialen Gewohnheiten der schwarzen Community
von Montgomery, Alabama, umkrempelten – und weshalb
ein ähnlicher Ansatz einem jungen Pastor namens Rick Warren half,
die größte Kirche des Landes im kalifornischen Saddleback Valley
zu etablieren. Schließlich erörtern wir heikle ethische Fragen – etwa
die, ob ein Mörder in Großbritannien freigesprochen werden sollte,
wenn er glaubwürdig darlegen kann, dass er unter dem Zwang seiner
Gewohnheiten mordete.
Jedes Kapitel kreist um ein zentrale These: Gewohnheiten lassen
sich ändern, wenn wir verstehen, wie sie funktionieren. Dieses Buch
stützt sich auf Hunderte von wissenschaftlichen Studien, auf Interviews
mit über dreihundert Wissenschaftlern und Führungskräften,
und auf Forschungen, die von Dutzenden Unternehmen durchgeführt
wurden. (Für ein Verzeichnis der Informationsquellen vgl.
die Anmerkungen und www.thepowerofhabit.com). Es konzentriert
sich auf die Gewohnheiten, so wie sie wissenschaftlich definiert
werden: die Entscheidungen, die wir alle irgendwann einmal
mit Bedacht treffen und über die wir dann nicht länger nachdenken,
sie aber weiterhin ausführen, oftmals tagtäglich. Irgendwann einmal
haben wir uns alle bewusst entschieden, wie viel wir essen wollen
und worauf wir uns konzentrieren, wenn wir ins Büro kommen, wie
oft wir Alkohol trinken oder wann wir joggen gehen wollen. Dann
haben wir aufgehört, bewusste Entscheidungen zu treffen, und unser
Verhalten wurde automatisiert. Dies ist eine natürliche Folge unserer
grundlegenden neuronalen Funktionsmechanismen. Und wenn wir
verstehen, wie dies geschieht, können wir diese Muster auf beliebige
Weise erneuern.
* * *
Die wissenschaftliche Erforschung von Gewohnheiten weckte erstmals
vor acht Jahren mein Interesse, damals war ich Zeitungsreporter
in Bagdad. Als ich das US-Militär im Einsatz sah, kam mir der
Gedanke, dass dies eines der größten Experimente in Gewohnheitsbildung
war, das je stattgefunden hat. In der Grundausbildung versucht
man den Soldaten systematisch Gewohnheiten anzutrainieren,
damit sie im Gefecht ohne lange Überlegung wissen, wie sie am
effektivsten schießen, denken und kommunizieren können. Auf dem
Schlachtfeld stützt sich jeder Befehl auf Verhaltensweisen, die bis zur
Automatisierung eingeübt wurden. Die gesamte Organisation basiert
auf endlos trainierten Routinen: für den Bau von Stützpunkten, für
die Festlegung strategischer Prioritäten und für die Entscheidungen
darüber, wie man sich gegen Angriffe verteidigt.
In jener Anfangsphase des Irakkrieges, als sich der Aufstand aus
weitete und die Zahl der Todesopfer anstieg, überlegten die Befehlshaber,
wie sie es schaffen könnten, den eigenen Soldaten und den
Irakern bestimmte Gewohnheiten zu vermitteln, die einen dauerhaften
Frieden möglich machen würden. Ich war erst seit etwa zwei
Monaten im Irak, als ich von einem Offizier hörte, der in Kufa,
einer Kleinstadt rund 150 Kilometer südlich der Hauptstadt, ein
Programm zur Modifizierung von Gewohnheiten startete. Dieser
Major hatte Videoaufnahmen der jüngsten Ausschreitungen analysiert
und ein Muster entdeckt: Jeweils vor den Gewaltausbrüchen
versammelte sich eine Menschenmenge auf einem Platz oder einer
anderen öffentlichen Freifläche, und diese Menge wurde im Verlauf
mehrerer Stunden ständig größer. Essensverkäufer tauchten
auf, ebenso Schaulustige. Dann warf jemand einen Stein oder eine
Flasche, und die Hölle brach los.
Als sich der Major mit dem Bürgermeister von Kufa traf, bat er
diesen um einen ungewöhnlichen Gefallen: Ob er die Betreiber der
Imbissstände von den Plätzen fernhalten könne? Kein Problem, sagte
der Bürgermeister. Ein paar Wochen später versammelte sich eine
kleine Menge in der Nähe der Masjid al-Kufa, der Großen Moschee
von Kufa. Am Nachmittag bekam sie immer mehr Zulauf. Einige
Demonstranten skandierten wütende Parolen. Die irakische Polizei,
die Böses ahnte, funkte die US-Basis an und bat US-Truppen, sich
bereitzuhalten. In der Abenddämmerung begann die Menge nervös
und hungrig zu werden. Menschen hielten nach den Kebab-Verkäufern
Ausschau, die normalerweise auf den Platz strömten, aber es
waren keine da. Die Menge zerstreute sich. Die grölenden Demonstranten
zogen ab. Um 20 Uhr war der Platz leer. Bei meinem Besuch
auf dem Stützpunkt in der Nähe von Kufa sprach ich mit dem Major.
Normalerweise würde man die Dynamik einer Menschenmenge
nicht unbedingt auf der Grundlage von Gewohnheiten analysieren,
erklärte er mir. Aber seine gesamte Laufbahn hindurch war er in der
Psychologie der Gewohnheitsbildung geschult worden.
Im Armee-Ausbildungslager hatte er sich bestimmte Gewohnheiten
angeeignet: für das Laden seiner Waffe, das Einschlafen in
einem Kriegsgebiet, um im Chaos der Schlacht geistig konzentriert
zu bleiben oder trotz Erschöpfung und Überlastung Entscheidungen
treffen zu können. Er hatte Lehrgänge besucht, auf denen man ihm
beibrachte, Gewohnheiten für den Umgang mit Geld, für tägliches
Sporttreiben und die Kommunikation mit Zimmergenossen zu entwickeln.
Als er befördert wurde, lernte er, wie wichtig organisatorische
Routinen sind, um sicherzustellen, dass Untergebene Entscheidungen
treffen konnten, ohne ständig um Erlaubnis zu fragen, und
wie bestimmte Routinen den Umgang mit Menschen erleichterten,
die er normalerweise nicht ausstehen konnte.
Und jetzt konnte er beobachten, wie Menschenmengen, ja sogar
unterschiedliche Kulturen den gleichen Mustern folgten. In gewissem
Sinne sei eine Gemeinschaft wie eine riesige Ansammlung von
Gewohnheiten, denen Tausende von Menschen folgten, die sich, je
nach Einfluss, entweder gewalttätig oder friedlich verhielten. Neben
dem Verbot von Imbissständen hatte er in Kufa Dutzende weitere
Experimente durchgeführt, um das Verhalten der Menschen zu
beeinflussen. Seit seiner Ankunft war es zu keinen weiteren Ausschreitungen
gekommen.
„Gewohnheiten zu verstehen ist das Wichtigste, was ich in der
Armee gelernt habe“, erklärte er. „Es hat meine Sichtweise der Welt
von Grund auf verändert. Sie wollen schnell einschlafen und mit einem
guten Gefühl aufwachen? Achten Sie auf Ihr nächtliches Schlafverhalten
und das, was Sie automatisch tun, wenn Sie aufwachen.
Wollen Sie sich das Joggen erleichtern? Erfinden Sie Auslöser, um
es zur Routine werden zu lassen. Ich bläue dies meinen Kindern
ein. Meine Frau und ich entwerfen Gewohnheitspläne für unsere
Ehe. Im Führungsstab sprechen wir fast ausschließlich über das
Management von Gewohnheiten. Niemand in Kufa hätte geglaubt,
dass wir Menschenansammlungen dadurch steuern können, dass wir
Kebab-Stände entfernen, aber sobald man dies alles als ein Bündel
von Gewohnheiten betrachtet, ist es so, als würde dir jemand eine
Taschenlampe und ein Stemmeisen geben, damit du dich an die
Arbeit machen kannst.“

Charles Duhigg

Über Charles Duhigg

Biografie

Charles Duhigg ist ein mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneter Investigativreporter und Autor. Seine Werke wurden in über 45 Sprachen übersetzt, und er tritt regelmäßig im Fernsehen und Radio auf. Er ist Absolvent der Harvard Business School und des Yale College und hat zahlreiche Auszeichnungen...

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