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Die Queen (Die Queen 2) Die Queen (Die Queen 2) - eBook-Ausgabe

Eva-Maria Bast
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Elizabeth II. – Als Königin regierte sie ein Land, als Ehefrau und Mutter kämpfte sie um Erfüllung

— Romanbiografie über die Mutter von Charles III.
Paperback (15,00 €) E-Book (9,99 €)
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Die Queen (Die Queen 2) — Inhalt

Zwischen der Rolle der Königin, Mutter und Ehefrau

London, 1956: Die Königin von England und dem Commonwealth, Elizabeth II., hat sich gerade erst in ihre neue Rolle eingelebt, da warten bereits die nächsten Herausforderungen auf sie. Premierminister Anthony Eden bereitet ihr in der Suezkrise große politische Sorgen, die Lage spitzt sich zu. Gleichzeitig werden Prinz Philip immer wieder außereheliche Affären nachgesagt, dabei sollte er doch gerade jetzt unterstützend an der Seite seiner Frau stehen! Als dann auch noch Prinzessin Margaret um den Segen für ihre Heirat mit einem Bürgerlichen bittet, scheint sich der nächste Skandal anzubahnen …

Kein anderer britischer Monarch regierte so lange wie Queen Elizabeth II. mit ihren 70 Jahren auf dem Thron. In ihrer zweiten Romanbiografie um die englische Königin beleuchtet Erfolgsautorin Eva-Maria Bast die ersten Jahre der Regentschaft von Queen Elizabeth II., welche die junge Monarchin vor eine große Zerreißprobe stellten.

€ 15,00 [D], € 15,50 [A]
Erschienen am 27.04.2023
416 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-06380-7
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€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 27.04.2023
416 Seiten
EAN 978-3-492-60442-0
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Leseprobe zu „Die Queen (Die Queen 2)“

Teil 1

1956–1957


Kapitel 1

„Er kommt“, sagte Elizabeth nervös, als sie am Tag nach ihrem dreißigsten Geburtstag am Fenster von Windsor Castle stand und die Auffahrt hinaufsah. Vor dem Anwesen hatten sich unzählige Menschen rechts und links der Straße versammelt, um die Ankunft von „B.&K.“, wie sie die in Kürze Ankommenden Bulganin und Chruschtschow bei ihrem dort üblichen Initial nannten, zu verfolgen.

Am 16. April, fünf Tage vor Elizabeths dreißigstem Geburtstag, waren der Erste Sekretär der KPdSU, Nikita Chruschtschow und der Ministerpräsident der UdSSR, [...]

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Teil 1

1956–1957


Kapitel 1

„Er kommt“, sagte Elizabeth nervös, als sie am Tag nach ihrem dreißigsten Geburtstag am Fenster von Windsor Castle stand und die Auffahrt hinaufsah. Vor dem Anwesen hatten sich unzählige Menschen rechts und links der Straße versammelt, um die Ankunft von „B.&K.“, wie sie die in Kürze Ankommenden Bulganin und Chruschtschow bei ihrem dort üblichen Initial nannten, zu verfolgen.

Am 16. April, fünf Tage vor Elizabeths dreißigstem Geburtstag, waren der Erste Sekretär der KPdSU, Nikita Chruschtschow und der Ministerpräsident der UdSSR, Nikolai Alexandrowitsch Bulganin mit dem Sonderzug 34092 „City of Wells“ nach Victoria Station eingefahren, wo Premierminister Anthony Eden sie begrüßt hatte. Allerdings ohne roten Teppich, und auch Schaulustige waren nicht gestattet gewesen, man hatte sogar die Gepäcksafes am Bahnhof räumen lassen aus Furcht, dass dort jemand einen antikommunistischen Molotowcocktail deponiert haben könnte. Doch es war alles gut gegangen. Und nun stand ein Besuch auf Windsor Castle an.

„Nur die Ruhe, Lilibet“, brummte Philip, der hinter ihr auf einem Sofa lümmelte und in eine Zeitung vertieft war. „Er wird sich schon benehmen.“

Elizabeth runzelte die Stirn. „Davon gehe ich aus“, sagte sie. „Dennoch war Eden äußerst angespannt, zumal sich Bulganin und Chruschtschow auf ihrer Reise in Burma sehr negativ über Großbritannien geäußert haben.“

„Ja“, sagte Philip. „Und wenn ich richtig informiert bin, hat Eden in Moskau nachfragen lassen, wie das gemeint war und ob man den Besuch besser absagen sollte, woraufhin Bulganin regelrecht erschrocken war und betonte, man freue sich auf den Besuch und sei auf eine Verbesserung der sowjetisch-britischen Beziehungen bedacht. Und darüber hinaus komplettierte er, die Äußerungen hätten sich auf die Vergangenheit und nicht auf die Gegenwart bezogen.“

„Woher weißt du das denn nun schon wieder alles?“, erkundigte sich Elizabeth.

„Nun“, sagte er, „auch wenn meine Frau mit mir nicht über Staatsangelegenheiten spricht, so habe ich doch meine Quellen, was dir, meine Liebe, durchaus hilft. Mehrere Sichtweisen können niemals schaden.“

Elizabeth nickte. Er hatte ja recht. Und auch wenn sie gefragt und damit so getan hatte, als kenne sie seine Quellen nicht, so wusste sie doch, dass er seine Informationen meistens aus dem Donnerstagsclub bezog, dem eine Reihe hochrangiger Gentlemen aus Politik und Gesellschaft angehörten.

„Man hat mir auch berichtet, Eden habe seine anfängliche Reserviertheit dann aber nach wenigen Stunden der Begegnung mit unserem Besuch aus der UdSSR aufgegeben“, sagte Philip.

„Weil Chruschtschow und Bulganin so charmant sind?“, fragte Elizabeth. „Ich denke nicht, dass ihn Derartiges beeindrucken würde.“

„Wohl eher, weil er sich Sorgen macht, Russland in die Arme der Amerikaner zu treiben, wenn er zu unhöflich ist. Sie haben ihnen zu Ehren tatschlich Borschtsch gegessen, aber französischen Champagner getrunken, und die Stimmung wurde besser. Eden empfand Chruschtschow und Bulganin als sehr interessante und intelligente Gesprächspartner. Und das Wochenende in Chequers, auf seinem Landsitz, scheint sehr angenehm gewesen zu sein.“

„Das ist gut.“ Elizabeth nickte erleichtert, zumal sie Edens Anspannung durchaus nachvollziehen konnte. Schließlich hatte dieser, bevor er Premierminister geworden war, insgesamt zwölf Jahre lang das Amt des Außenministers bekleidet und als solcher miterlebt, wie Präsident Roosevelt auf der Konferenz von Teheran bei Stalin über Churchill hergezogen hatte – mit dem Ziel, den Russen auf seine Seite zu ziehen. Andererseits war Chruschtschow alles andere als ein Stalin-Freund.

„Nun sieh doch nicht so finster drein“, sagte Philip und trat hinter seine Frau, um sie zu umschlingen. Er dachte einen Augenblick nach, dann sagte er: „Ich glaube, ich muss deinen Sinn für Humor ein wenig aktivieren. Ich habe noch eine Geschichte für dich, die Dickie mir erzählt hat: Als Nikolaus I. 1844 nach London kam, er weilte zu Gast hier auf Windsor Castle, ließ er sich sofort Heu bringen.“

Elizabeth lachte. „Ich weiß. Diese Geschichte kenne ich. Mein Privatsekretär Michael Adeane hat sie mir in Vorbereitung auf den heutigen Besuch erzählt, als wir über die britisch-russischen Beziehungen sprachen. Der Zar hatte erklärt, er könne nur auf dem Boden schlafen – und zwar auf Heu.“

„Oh“, machte Philip enttäuscht. „Und ich dachte, ich könnte dich mit der Geschichte etwas aufheitern.“

„Das hast du“, behauptete Elizabeth. „Ich hatte sie nämlich vergessen. Und Chruschtschow scheint Pferde ja sehr zu lieben. Dann kann er nur ein guter Mensch sein.“

In diesem Moment öffnete sich die Tür. Anne und Charles schoben sich, gefolgt von ihrem Kindermädchen Helen Lightbody, herein.

„Reizend seht ihr aus!“, fand Elizabeth und beugte sich herunter, um das kleine, blonde Mädchen auf die Stirn zu küssen und dem siebenjährigen Charles freundlich zuzunicken.

„Es ist laut“, beklagte sich die Fünfjährige über die inzwischen draußen vorfahrenden Motorräder und schmiegte sich an Helen Lightbody.

„Komm zu mir“, sagte Elizabeth und streckte die Arme aus. „Mr Bulganin und Mr Chruschtschow sind sehr nett, du wirst sehen.“

Gefolgt von Philip und ihren Kindern verließ sie den Raum, um nach unten zu gehen. Auch Helen Lightbody kam mit. Sie würde sich im Hintergrund halten und die beiden Kleinen nach der Begrüßung wieder übernehmen.

 

Chruschtschow erwies sich als angenehmer Mann mit rundem Gesicht und sehr kurzem Haar. Bulganin wirkte etwas strenger und hatte einen kleinen Kinnbart. Beide Herren begrüßten Elizabeth und Philip formvollendet und freundlich, sodann beugte sich der Erste Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion zu der kleinen Anne und zu Charles hinunter. „Ich habe viele Bücher mitgebracht. Und Süßigkeiten. Mögt ihr Süßigkeiten?“

Elizabeth spürte einen Blick von Helen Lightbody in ihrem Nacken, mit der sie in den letzten Tagen wegen Charles’ Ernährung im Clinch lag. Nach Elizabeths Ansicht setzte Helen Lightbody ihren Kindern kein wirklich gesundes Mittagessen vor und ließ sie zu viel naschen. Ungeheuerlicherweise beugte sich das Kindermädchen den Anweisungen Elizabeths aber nicht, sondern fand immer wieder einen Weg, ihren eigenen Kopf durchzusetzen.

Da von den beiden verschüchterten Kindern keine Antwort kam, übernahm Elizabeth, lächelte Chruschtschow freundlich an und sagte: „Beide lieben Süßigkeiten.“

„Nun, dann wollen wir mal sehen, wo die Geschenke bleiben“, tönte Chruschtschow, „auch für deine Mama habe ich eine Überraschung.“

Er zwinkerte Charles zu, der sich ratlos und Hilfe suchend zu Helen Lightbody umwandte.

„Wie überaus freundlich von Ihnen“, sagte Elizabeth und erklärte dann, mit milder Strenge in der Stimme: „Zunächst würden wir Sie durch Windsor Castle führen.“

„Mit dem größten Vergnügen!“, antwortete Chruschtschow, und auch der zurückhaltendere Bulganin wirkte erfreut.

„Die Geschichte von Windsor Castle beginnt schon zur Zeit Wilhelms des Eroberers“, plauderte Elizabeth, während sich Helen Lightbody unauffällig mit den Kindern zurückzog, und deutete hinaus: „Das Schloss gruppiert sich um diesen künstlichen Erdhügel, auf dem heute der runde Turm steht. Hier errichtete Wilhelm der Eroberer die erste hölzerne Burg.“

„Beeindruckend“, ließ sich Bulganin vernehmen.

Elizabeth lag die Bemerkung auf der Zunge, dass die russischen Zaren ja durchaus auch über prachtvolle Schlösser verfügt hatten, schluckte sie dann aber im letzten Moment hinunter. Das wäre bei einem Kommunisten sicherlich nicht sonderlich gut angekommen. Auch die Anekdote mit Zar Alexander und dem Heu wollte sie besser nicht erwähnen, obwohl die beiden Herren die Geschichte bestimmt amüsant gefunden hätten. Stattdessen führten sie ihren Besuch nun durch die St. George’s Hall, und beide zeigten sich beeindruckt.

„Sie interessieren sich für Gemälde?“, fragte Philip. „Dann müssen wir Ihnen den Garter Throne Room zeigen, dort hängt ein vorzügliches Abbild meiner Gemahlin, das erst vor zwei Jahren entstanden ist.“

„Das ist nicht so interessant“, winkte Elizabeth ab und setzte eilig hinzu: „Dass wir über so zahlreiche Kunstwerke auf Windsor Castle verfügen, haben wir Königin Mary zu verdanken, meiner Großmutter. Sie war sehr gerne hier – wir haben auf Windsor Castle viele wundervolle Wochenenden mit ihr verbracht.“

„Der Verlust Ihrer lieben Großmutter tut mir leid, auch wenn er bereits drei Jahre zurückliegt“, sagte Chruschtschow, offensichtlich gut informiert.

„Ich danke Ihnen“, erwiderte Elizabeth lächelnd. „Nun sind Sie aber bestimmt durstig – und es ist auch Tea Time. Wenn ich Sie dann bitten dürfte?“

Auch während der gemeinsamen Teestunde war die Stimmung hervorragend, und sie plauderten angeregt miteinander.

„Leningrad muss eine äußerst interessante Stadt sein“, sagte Philip, nachdem er einen Schluck Tee genommen hatte.

„O ja“, bestätigte Bulganin. „Wir sind sehr stolz auf diese Stadt.“

„Leider war ich noch nie dort“, bedauerte der Duke of Edinburgh. „Aber ich habe immer davon geträumt, einmal dorthin zu reisen.“

„Dieser Traum könnte leicht wahr werden“, erwiderte Bulganin. „Ein Wort genügt, und wir werden Sie herzlich empfangen.“

„Wir zeigen Ihnen Leningrad und natürlich die baltische Flotte, die Flotte der russischen Navy“, nahm Chruschtschow den Gedanken auf. „Und alles, was Sie sonst noch interessiert.“

Elizabeth empfand Rührung angesichts des Eifers, den die Sowjets an den Tag legten. Philip hatte recht – sie hätte sich wegen des Besuchs der beiden wirklich keine Sorgen machen müssen.

„Wo wir schon von der Seefahrt sprechen“, sagte Philip in diesem Moment. „Ist es nicht amüsant, dass englische Kaufleute im 16. Jahrhundert einen nördlichen Seeweg nach China suchten und dabei in Russland statt in China landeten?“

„Ja“, erwiderte Bulganin. „Sie kamen in Archangelsk an, das war der damals einzige Zugang Russlands zu den Weltmeeren.“

Sie lächelten einander zu. Dann sagte Chruschtschow übergangslos: „Bitte verzeihen Sie meine Offenheit, Ma’am, Sir, aber ich hätte nicht damit gerechnet, mich in Ihrer Gegenwart derart wohlzufühlen. Ich hatte erwartet, nun ja …“

Elizabeth lächelte und wagte jetzt doch einen Hinweis auf den Zaren: „Schon Zar Alexander I. hatte sich seinerzeit beschwert, zu sehr von der Etikette eingeengt zu werden. Das wollten wir Ihnen ersparen. Er ist dann in die Londoner Docks, um mit den Hafenarbeitern zu sprechen – sie spannten ihm die Pferde aus und zogen ihn durch die Straßen.“

„Nun“, gestand Chruschtschow lächelnd. „Diese Befürchtung hegten Mr Bulganin und ich in der Tat auch, aber sie hat sich zumindest in der Begegnung mit Ihnen nicht bestätigt. Umgekehrt wollen wir das Unsere tun, um Ihnen einen Aufenthalt bei uns so angenehm wie möglich zu gestalten. Unsere Einladung gilt.“

„Ich danke Ihnen von ganzem Herzen“, sagte Philip. „Und wir kommen sicher auf Ihr Angebot zurück.“

„Fast schon bedauerlich, dass wir dann mit unserer eigenen Regierungsmaschine anreisen müssen“, machte Elizabeth nun den Russen ein Kompliment. „Ich bin nämlich überaus beeindruckt von Ihrer TU 104, die schon mehrmals in der Nähe des Palastes kreiste.“

Chruschtschow grinste. „Ich will ehrlich sein“, sagte er. „Wir lassen unser Flugzeug mit voller Absicht nach London fliegen, damit alle sehen können, was für eine wunderbare Maschine mit Düsentriebwerk wir besitzen. Immerhin ist es das erste Passagierflugzeug der Welt.“

„Ehrlichkeit will belohnt sein“, sagte Elizabeth. „Und deshalb gestehe ich Ihnen: Ich würde es genauso machen und bewundere dieses Flugzeug sehr. Es ist wirklich hochwertig und besonders.“

„Das Flugzeug können wir Ihnen leider nicht schenken“, leitete Chruschtschow elegant auf das über, was er schon gleich nach seiner Ankunft hatte tun wollen. „Aber wir haben jede Menge anderer Geschenke für Sie dabei. Und für die Kinder und Ihre geschätzte Mutter natürlich auch.“

„Wie überaus freundlich von Ihnen.“

„Für das wichtigste Geschenk müssten wir Sie allerdings nach draußen bitten“, sagte nun Ministerpräsident Bulganin.

„Nach draußen?“, fragte Elizabeth verwundert. Dann erhob sie sich.

„Ich denke, es wird Ihnen gefallen, Ma’am.“

 

Als sie aus dem Eingangsportal traten, glaubte Elizabeth ihren Augen nicht zu trauen. Auf einem wunderschönen, goldbraun schimmernden Pferd ritt ein märchenhaft aussehender Mann in reich bestickter Nationaltracht der Tscherkessen.

„Alles Gute zum Geburtstag, Eure Majestät“, sagte Chruschtschow feierlich. „Wir haben uns natürlich eine Menge Gedanken um ein passendes Geschenk gemacht, und da Sie für Ihre Pferdeliebe bekannt sind, dachten wir, was könnte sich besser eignen als ein Pferd.“

Dann deutete er auf den Jockey. „Ali Taghieyev hat den Hengst gemeinsam mit Tierarzt Stogov nach England begleitet.“

Taghieyev neigte zaghaft den Kopf, offensichtlich wusste er nicht, wie er Elizabeth formvollendet begrüßen sollte, daher lüftete er den Hut und sagte: „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Eure Majestät.“

„Ich danke Ihnen.“ Elizabeth lächelte. „Auch für Ihre großen Mühen. Hatten Sie eine anstrengende Reise?“

„O ja“, bestätigte Ali. „Wir waren lange unterwegs.“

„Berichten Sie mir von Ihren Stationen“, bat Elizabeth.

Ali sandte Bulganin und Chruschtschow einen fragenden Blick, doch als diese ermunternd nickten, sagte er: „Wir reisten zunächst mit dem Güterwagen nach Moskau, wo wir die Tiere einer ausführlichen Untersuchung unterzogen.“

„Die Tiere? Es ist doch nur eines“, fragte Elizabeth verständnislos, da unterbrach Chruschtschow etwas unhöflich. „Das Pferd heißt Melekush. Es handelt sich um einen …“

„Einen Achal-Tekkiner“, ergänzte Elizabeth sogleich begeistert. „Diese Rasse ist für ihren metallisch schimmernden Glanz bekannt.“

„Sehr richtig, Ma’am“, beeilte sich Chruschtschow zu bestätigen. „Der Name stammt von der Oase Akhal in den Ausläufern des Kopet-Dag-Gebirges. Und Teke steht für den turkmenischen Stamm, der die Oase bewohnte und diese exotischen Pferde züchtete.“

Elizabeth strahlte. „Ich weiß“, sagte sie. „Und ich weiß auch, dass diese Rasse möglicherweise sogar noch älter ist als die der Araber. Und von unvergleichlicher Reinrassigkeit.“

„Und diese hat sicherlich auch mit der Lage des Ortes zu tun, an dem sie gezüchtet wurde“, fügte nun Bulganin hinzu. „Sowohl bei Völkerbewegungen als auch bei räuberischen Überfällen blieb die Achal-Oase meistens unberührt.“

„Woran liegt das?“, erkundigte sich Philip.

„Sie ist nicht ganz leicht zu erreichen, schließlich ist sie von Bergen, dem Kaspischen Meer und der gewaltigen Karakum-Wüste umgeben. Diese Wüste hat den Achal-Tekkiner übrigens auch so robust gemacht: Die Tiere müssen extremer Hitze standhalten. Karakum ist die heißeste Wüste Zentralasiens.“

„Nun“, sagte Elizabeth, trat zu dem Hengst und strich ihm über sein samtiges Fell. „Mit Hitze wirst du hier keine Probleme haben, mein Schöner. Eher werden wir uns Gedanken machen müssen, ob du nicht frierst.“

Auf ein Zeichen Chruschtschows führte ein Bursche nun zu ihrer Überraschung ein weiteres Pferd herbei. „Ein Karabach-Hengst“, rief Elizabeth. Zu ihrer Verwunderung – denn Pferde wurden von ihr eigentlich regelrecht magisch angezogen, und umgekehrt verhielt es sich genauso – schnaubte das Tier jedoch, wandte den Kopf mit einer heftigen Bewegung von ihr ab und steuerte auf Philip zu.

„Das gibt es ja nicht“, sagte der, „dass ein Vierbeiner mich mehr mag als meine Frau. Sie müssen wissen“, fügte er an die Sowjets gewandt hinzu, „dass sie in der Regel von mindestens zehn Vierbeinern umgeben ist. Im Haus sind das meistens ihre Corgis, die sie einhüllen wie ein wogender Teppich.“

Während Chruschtschow lachte, sagte Bulganin, dem die Reaktion des Pferdes auf die Königin unangenehm zu sein schien: „Es heißt Zaman, Sir.“

„Nun“, sagte Elizabeth und neigte den Kopf. „Er hat einen guten Geschmack.“

„Wahrscheinlich weiß er einfach, dass er tatsächlich für den Duke of Edinburgh bestimmt ist“, ließ sich Chruschtschow vernehmen. „Bulganin ist persönlich nach Aserbaidschan gereist, um es für Sie auszusuchen, Sir. In unserem Gestüt wird die berühmte Karabach-Rasse aus dem Mittelalter gezüchtet.“

„Was für eine wunderbare Überraschung.“ Philip streichelte das Pferd.

„Es handelt sich um eine Weiterentwicklung der Rassen Perser und Araber“, erläuterte Chruschtschow eifrig. „Sie leben hauptsächlich im südlichen Kaukasus, Georgien, Aserbaidschan, Armenien, Bergkarabach. Das ist eine sehr edle und alte Rasse. Ach ja, es ist nicht das einzige Geschenk, das wir Ihnen mitgebracht haben. Für die kleine Anne haben wir noch einen drei Monate alten Bären dabei.“

Er sagte das so beiläufig, als handle es sich dabei um ein alltägliches Präsent.

„Einen Bären?“, fragte Elizabeth verblüfft. „Sie meinen einen Stoffbären?“ Aber ein Stoffbär hatte doch kein Alter, es sei denn, Chruschtschow wusste, wann er hergestellt worden war.

„Einen Stoffbären haben wir auch“, versicherte der Sowjet eifrig. „Aber bei Nikki handelt es sich um einen echten Bären. Vorsichtshalber haben wir ihn gleich in den London Zoo bringen lassen.“

„Ja.“ Elizabeth fühlte sich überfordert. „Das war sicherlich eine kluge Entscheidung.“

Als sich ihre Verwirrung etwas gelegt hatte, musste sie jedoch lächeln. Ein eigener kleiner Bär! Anne würde sich freuen!

„Das ist aber noch nicht alles.“ Chruschtschow nickte einem seiner bereitstehenden Begleiter zu, und dann beobachteten Philip und Elizabeth, die es ja durchaus gewohnt waren, von ihren Gästen reich beschenkt zu werden, erstaunt, wie zwei Männer eine regelrechte Flut von Geschenken in den Palast trugen, wo sie dem Königspaar von Bulganin und Chruschtschow präsentiert wurden: verschiedene Kinderbücher, Süßigkeiten, eine Brosche mit Diamanten für Elizabeths Mutter in einer Schatulle, die mit besonderen Steinen aus dem Ural besetzt war, eine weitere Brosche für Elizabeth mit Diamanten und Saphiren, ein Cape aus hochwertigen Fellen, ein Gemälde und eine Auswahl von Weinen.

„Mr Bulganin, Mr Chruschtschow“, sagte Elizabeth, „mein Mann, der Duke of Edinburgh, und ich danken Ihnen sehr für Ihre überwältigende Großzügigkeit.“

„Und wir danken Ihnen sehr für das herzliche Willkommen“, erwiderte Chruschtschow, und sie sah, wie ehrlich er es meinte. „Das hätte ich nicht erwartet. Ich freue mich auf ein Wiedersehen.“


Kapitel 2

Charles konnte sich gar nicht wieder beruhigen. Der kleine Junge weinte und schluchzte, dass es Elizabeth das Herz zerriss. „Bitte hol sie zurück“, flehte er und sah seine Mutter aus tränenüberströmten Augen an. „Bitte!“

Elizabeth schluckte. Es war hart, ihren Sohn so leiden zu sehen.

„Es tut mir leid, Charles, aber es geht nicht anders, und ich kann sie auch nicht zurückholen“, erklärte sie dem Jungen. „Du weißt, wie wichtig es ist, dass man sich an Regeln hält. Und Mrs Lightbody hat das zum wiederholten Male nicht getan. Sie hat meine Anweisungen ignoriert.“

„Aber was denn genau?“, begehrte Charles zu wissen.

Elizabeth zögerte. Sie hatte nicht vor, sich vor ihrem Sohn für die Kündigung von dessen Kindermädchen zu rechtfertigen. Doch andererseits war es auch wichtig, dass er sie verstand – und begriff, wie bedeutsam es war, dass die Palastmitarbeiter loyal waren und die Anweisungen des Monarchen nicht hinterfragten. Schließlich würde er eines Tages selbst König sein.

„Ich möchte, dass du dich gesund ernährst, Charles“, sagte sie. „Du wächst gerade, und es ist von Bedeutung, was du deinem Körper an Nährstoffen zuführst. Ich habe daher in der Küche Anweisung gegeben, einen ganz besonderen Pudding für dich zu kochen. Mrs Lightbody hat, als man ihr den Pudding für dich aushändigen wollte, jedoch erklärt, sie wolle den Pudding nicht, und hat sich geweigert, ihn dir zu geben.“

„Aber ich esse den Pudding“, versicherte Charles. „Auch jeden Tag ganz viel, wenn sie nur bleiben darf.“

„Was ist denn das für eine Bettelei, Charles?“, ertönte in diesem Moment Philips Stimme hinter ihr.

Erleichtert drehte sie sich um. Angelegenheiten, die die Kinder betrafen, waren eigentlich seine Sache, das war eine klare Absprache zwischen ihnen.

„Mrs Lightbody wird uns verlassen, und wir werden ein neues Kindermädchen für dich und deine Schwester finden. Haben wir uns verstanden?“

Charles senkte den Kopf und blickte schüchtern zu Boden.

„Ja“, sagte er mit bebender Stimme, und Elizabeth sah, dass eine dicke Träne seine Wange hinabrann. Doch vor seinem Vater riss er sich zusammen. Wie er es immer tat.

„Gut“, sagte Philip und ging vor seinem Sohn in die Hocke, um tröstend hinzuzufügen: „Was hältst du von einer Runde Fußball?“

Charles nickte. „In Ordnung.“ Es klang mehr brav als begeistert.

Elizabeth sah den beiden betrübt nach. Und sie musste sich eingestehen, dass sie auch ein wenig Eifersucht empfand, weil Charles über Helen Lightbodys Fortgang so bittere Tränen weinte. Ob er sie, Elizabeth, seine Mutter ebenso vermisst hätte? Sosehr sie es sich wünschte: Es fiel ihr einfach schwer, einen Zugang zu diesem stets ein wenig stillen und sensiblen Jungen zu finden. Vielleicht, überlegte Elizabeth, lag es daran, dass sie selbst auch eher schüchtern und zurückhaltend war. Vielleicht herrschte zwischen zwei schüchternen Menschen gerne so etwas wie Befangenheit, selbst, wenn es sich um Mutter und Sohn handelte. Vielleicht brauchte es immer einen, der besonders auf den anderen zuging. So wie die kleine Anne das tat. Mit dem lebhaften kleinen Mädchen hatte sie keine Probleme. Die kam einfach, kletterte auf ihren Schoß, legte ihre Wange an die ihre und sagte: „Ich hab dich lieb, Mami.“

Und außerdem mochte Anne Pferde ebenso wie sie. Charles jedoch … er war so still, wirkte so zerbrechlich.

Elizabeth seufzte. Ob es doch ein Fehler gewesen war, Mrs Lightbody zu entlassen? Ihm diese Stütze zu nehmen? Aber es war ja nicht nur der Pudding gewesen. Von ihrer treuen Margaret Mac Donald, von allen liebevoll Bobo genannt, die ihre Augen und Ohren überall hatte und ihr alles erzählte, was im Palast vor sich ging – wer mit wem ein Techtelmechtel hatte, wer wen mochte und wen nicht –, wusste Elizabeth, dass es in letzter Zeit immer wieder Beschwerden über Helen Lightbody gegeben hatte. In der Palastküche sei sie regelrecht gefürchtet, weil sie Gerichte, die für Charles und Anne gekocht wurden, verweigerte und Neues in einer anderen Zusammensetzung bestellte.

Ach, Bobo, dachte Elizabeth, wie sehr hätte ich Charles einen Menschen wie dich gewünscht, einen, der ihn sein Leben lang begleitet, so wie du seit Kindertagen, als du noch meine Nanny warst, an meiner Seite bist. Hatte sie Charles diesen Menschen gerade genommen? Wie hätte sie sich gefühlt, wenn ihre Mutter Bobo seinerzeit entlassen hätte? Andererseits war Bobo wirklich nicht mit Helen Lightbody zu vergleichen, und wenn diese jetzt ging, hatte sie vielleicht die Chance, eine zweite Bobo für Charles zu finden.

Wie wichtig treue Weggefährten doch waren, dachte Elizabeth und musste plötzlich an Winston Churchill denken, der nicht mehr Premierminister war und derzeit in Deutschland weilte, wo er in Aachen mit dem Karlspreis für besondere Verdienste um die europäische Einigung ausgezeichnet wurde. Auch Bundespräsident Theodor Heuss und Bundeskanzler Konrad Adenauer würden an der Ehrung teilnehmen. Elizabeth wusste, dass Churchill für eine Friedensordnung war, die auch die Sowjetunion und die übrigen ostdeutschen Staaten einschloss. Wenn sie an den freundlichen Chruschtschow dachte – der im Vorfeld ihrer Reise ja bereits massive Kritik an Stalin geübt und dessen Verbrechen aufgedeckt hatte –, dann spürte sie so etwas wie eine leise Hoffnung in sich aufsteigen.

„Eine neue Frage ist durch die kürzliche Entthronung Stalins in Russland entstanden“, hatte Churchill gesagt. „Wenn sie aufrichtig gemeint ist, haben wir es mit einem neuen Russland zu tun, und ich selbst erblicke keinen Grund, warum das neue Russland sich nicht dem Geiste dieses feierlichen Abkommens anschließen sollte. In einer wahren Einheit Europas muss Russland eine Rolle erhalten.“

In diesem Moment klopfte es an der Tür. Elizabeth hob den Kopf. „Herein?“

Gleich darauf lächelte sie: Ihre Mutter betrat, gefolgt von Margaret, das Zimmer. Beide knicksten, küssten Elizabeth auf die Wange und setzten sich dann auf die gemütlichen Sofas.

„Ich höre, du hast Helen Lightbody entlassen?“, kam Queen Mum sofort zur Sache.

Elizabeth runzelte die Stirn. „Wie stets bist du gut informiert.“

„Natürlich bin ich das“, erwiderte die Königinmutter. „Das ist meine Aufgabe. Auch als Großmutter.“ Eindringlich sah sie ihre Tochter an. „Der Junge ist ungemein sensibel. Er braucht eine feste Vertrauensperson.“

„Ich weiß“, sagte Elizabeth. „Und ich habe durchaus gezweifelt, ob ich das Richtige tue. Aber Mutter, eine Person, die meine Entscheidungen anzweifelt, kann ihm kein Vorbild sein. Und ich finde es auch nicht richtig, dass sie stets Extrawünsche für ihn hat. Wie soll sie ihm und Anne so die Werte beibringen, die du, Crawfie und Bobo uns vermittelt haben und die auch mir so wichtig sind? Bescheidenheit. Keine Vorzugsbehandlung.“

„Ich bin ja auch nicht sicher, ob Helen Lightbody die Richtige für ihn ist“, gestand Queen Mum. „Ich will nur darauf hinweisen, dass er jemanden braucht, der für ihn da ist.“

„Ja“, sagte Elizabeth. „Das weiß ich. Und ich bin dir dankbar, dass auch du dich so sehr um ihn kümmerst.“

„Wie hat er es denn aufgefasst?“, erkundigte sich Margaret nun.

„Er hat geweint“, informierte Elizabeth sie. Dann deutete sie zum Fenster. „Philip kümmert sich um ihn. Sie spielen Fußball.“

Margaret erhob sich, trat ans Fenster und blickte hinaus. Elizabeth tat es ihr gleich. Seite an Seite sahen die Schwestern den beiden zu.

„Philip unternimmt viel mit Charles“, sagte Elizabeth.

„Ja“, erwiderte Margaret. „Aber immer, wenn ich sie zusammen Fußball spielen sehe, finde ich, dass Philip viel engagierter ist als sein Sohn.“

Elizabeth nickte. „Philip ist auch nach all der Zeit noch ein … ungebändigter Wildfang.“

„O ja.“ Margaret sagte es auf eine Art, die Elizabeth aufhorchen ließ.

Fragend sah sie ihre Schwester von der Seite an. „Warum sagst du das so?“

„Heute ist doch wieder Donnerstag“, deutete Margaret an. „Du wirst nicht mehr lange etwas von ihm haben.“

Elizabeth seufzte. Der Donnerstags-Club über der Wheeler’s Oyster Bar im Londoner Ausgehviertel Soho hatte schon vor ihrer Hochzeit für Aufregung gesorgt – und er tat es immer noch. Gegründet hatte ihn Philips extrovertierter Freund Stirling Henry Nahum, besser bekannt als „Baron“. Zu den Mitgliedern zählten namhafte Männer aus Politik und Gesellschaft, darunter die Schauspieler David Niven und Peter Ustinov. Allerdings benahmen sich die Herren dort nicht unbedingt gut. Eher schien es Elizabeth, als sei es ein Ort, an dem sie jeglichen Anstand und Benimm fallen lassen und sich recht wild gebärden konnten.

„Es gibt immer mehr Gerüchte um den Donnerstags-Club“, sagte Margaret so leise, dass Queen Mum, die sich inzwischen eine Zeitschrift genommen hatte, sie nicht hören konnte. „Man sagt diesem Baron einen schlechten Einfluss auf Philip nach. Und im Donnerstagsclub verkehren wohl nicht nur Männer – auch die Nähe zu Barons Wohnung, die er wohl gern einmal zur Verfügung stellt, soll von Vorteil sein.“

„Wie meinst du das?“, fragte Elizabeth, in deren Herz sich etwas zusammenkrampfte bei den offenen Worten ihrer Schwester, die dank ihrer Hofdamen auch über das Leben außerhalb des Palastes gut informiert war und die nur das artikulierten, was sie ohnehin schon geahnt hatte.

„Du weißt, wie ich es meine.“

Elizabeth seufzte, während sie wieder hinaussah. Charles stand mit hängenden Armen da, während Philip mit dem Ball irgendwelche seltsamen Übungen vollführte.

„Ja“, gestand sie. „Das weiß ich wohl.“

„Du musst Philip dem Einfluss dieser Herren entziehen“, ertönte in diesem Augenblick die Stimme ihrer Mutter hinter ihnen. Elizabeth und Margaret fuhren herum. Die Königinmutter hatte also doch alles mitbekommen.

Ruhig sah sie ihre Tochter an.

„Und wie soll ich das tun?“, fragte Elizabeth.

„Schick ihn fort.“

„Ich soll ihn fortschicken?“

„Ihn fortschicken und ihm eine Aufgabe geben. Zumindest Letzteres hat ihn schon damals wieder in die Spur gebracht, als du ihm den Vorsitz des Krönungskomitees übertragen hast. Hm, das war ja auch eine gute Idee von mir“, ließ sich ihre Mutter selbstzufrieden vernehmen.

„Ja, das war es“, bestätigte Elizabeth stirnrunzelnd. „Und was schlägst du dieses Mal vor?“

„Lass ihn die Olympischen Spiele in Melbourne eröffnen. Und lass ihn nicht mit dem Flugzeug, sondern mit dem Schiff anreisen – eine Commonwealth-Tour.“

„Mit dem Schiff?“, echote Elizabeth.

Ihre Mutter nickte. „Du weißt, wie viel Liebe er in den Ausbau der Britannia gesteckt hat. Und dass er die königliche Jacht so gern einmal richtig auf See erproben würde.“

„Ja, das ist mir bewusst.“

„Und sportbegeistert ist er auch.“

„Ich weiß nicht …“ Elizabeth zögerte. „Er wäre Monate fort.“

„Das ist er auch, wenn er hier ist.“ Damit traf Queen Mum den Nagel auf den Kopf. „Und wenn du ihn ziehen lässt, dann kommt er vielleicht viel eher zurück. Im übertragenen Sinne.“

Nachdenklich wandte sich Elizabeth von ihrer Mutter ab und sah erneut in den Garten hinaus. Beide, Vater und Sohn, wirkten traurig, unzufrieden und frustriert. Vielleicht hatte ihre Mutter recht. Vielleicht brauchten sie alle etwas Abstand voneinander.


Kapitel 3

„Ich bin gern mit dir bei den Pferden“, sagte Anne und schob vertrauensvoll ihre Hand in die ihrer Mutter. Elizabeth wurde von einem Glücksgefühl durchflutet, wie immer, wenn sie in den Ställen war. Und dass sie diese Liebe nun mit ihrer kleinen Tochter teilen konnte, brachte sie Anne besonders nahe. Zumal sich das Glücksgefühl mit der kleinen Hand in der ihren noch verstärkte.

„Ich auch“, sagte Elizabeth und lächelte ihrer Tochter zu. „Weißt du, wenn ich nicht Königin wäre, dann würde ich mit euch auf dem Land leben und mich von morgens bis abends um die Pferde kümmern.“

„Und um uns“, rief Anne. „Um uns würdest du dich dann auch mehr kümmern, oder?“

Dieser in kindlicher Unschuld hervorgebrachte Satz versetzte Elizabeth einen Stich. Anne hatte ja recht – ihre Kinder bekamen sie viel zu selten zu sehen. Aber, wenn sie ehrlich war: Hätte sie sich wirklich mehr um die Kinder gekümmert, wenn sie mehr Zeit gehabt hätte? Sowenig Elizabeth sich für diesen Umstand selbst leiden mochte, aber sie wusste stets nicht so recht, was sie mit ihnen anfangen sollte. Vor allem galt das natürlich für Charles. Mit Anne teilte sie immerhin ihre Liebe zu den Pferden. Elizabeth wusste von Bobo, dass böse Zungen sagten, in ihrer Rangfolge kämen zuerst ihre Pferde, dann ihre Hunde, dann ihr Ehemann und dann ihre Kinder.

„Mami?“, forderte Anne an ihrer Seite vehement eine Antwort ein. „Wärst du dann auch mehr für uns da?“

„Natürlich“, sagte Elizabeth und strich ihrer Tochter über das Haar. „Das wäre ich wohl. Ich hätte ja viel mehr Zeit.“

„Dann ist es noch ärgerlicher, dass du Königin bist“, erklärte Anne. „Kannst du nicht aufhören, Königin zu sein?“

„Natürlich nicht, Anne“, sagte Elizabeth so scharf, dass die Kleine zusammenzuckte. Wie weggeblasen war die Fröhlichkeit auf ihrem Gesicht, ihre Lippen zogen sich nach unten, die Mundwinkel bebten. Elizabeth ärgerte sich – wieder einmal – über sich selbst. „Entschuldige, Liebes“, sagte sie rasch. „Ich wollte dich nicht zum Weinen bringen. Aber weißt du … ich war nicht viel älter als du, als ich lernen musste, was es bedeutet, wenn ein Mensch, der von Gott dazu bestimmt ist, die Krone zu tragen, diese nicht annimmt.“

„Was meinst du?“, fragte Anne, die vor lauter Spannung ihre Tränen schon wieder vergessen hatte.

„Dein Großonkel David war damals eigentlich König. Doch er liebte eine Frau, die bereits verheiratet und eine Bürgerliche war. Das ließ sich natürlich nicht miteinander vereinen. So entschied er sich, auf die Krone zu verzichten, und dein Großvater musste König werden. Und nur darum bin ich heute Königin.“

Verwirrt sah die Kleine sie an. „Dann ist Großonkel David schuld, dass du so wenig Zeit für uns hast?“

Elizabeth musste schmunzeln. „Wenn du es so willst, ja.“

„Ich mag ihn nicht“, stellte Anne fest.

Ich auch nicht, wollte Elizabeth erwidern. Doch sie schluckte die Worte herunter. Sich nicht zu äußern, ihre Meinung nicht kundzutun, das war ihr in Fleisch und Blut übergegangen.

„Ich erzähle dir eine andere Geschichte“, sagte sie zu der Kleinen. „Von mir und den Pferden. Willst du sie hören?“

„Au ja“, strahlte Anne.

„Ich liebe Pferde schon, seit ich denken kann“, begann ihre Mutter. „Ich war drei Jahre alt, als ich das erste Mal auf einen Pferderücken gesetzt wurde. Und ich war sofort vollkommen begeistert.“

„Drei?“ staunte Anne. „Da warst du ja jünger als ich jetzt.“

„Viel jünger“, bestätigte Elizabeth. „Und dann hat mir mein Großvater, dein Urgroßvater George V., das Shetlandpony Peggy geschenkt. Und als kleines Mädchen habe ich ein bisschen für den Oberstallmeister geschwärmt. Dein Großvater war, glaube ich, ziemlich eifersüchtig.“

Anne kicherte. „Wirklich?“

„Ja“, lachte Elizabeth. „Irgendwann, als ich ihn etwas zu Pferden gefragt habe, hat er beinah spitz gemeint, ich solle doch zum Oberstallmeister gehen, der wisse es sicherlich besser.“

„Und jetzt weiß niemand mehr über Pferde als du“, sagte Anne bewundernd. „Denkst du, ich werde auch einmal so viel wissen?“

„Mindestens so viel, das ist doch gar keine Frage“, sagte Elizabeth und gab ihrer kleinen Tochter einen Kuss. „Du wirst einmal eine hervorragende Reiterin und Züchterin, davon bin ich überzeugt.“

„Das bin ich doch schon“, entgegnete Anne empört.

„Stimmt“, lachte Elizabeth. „Das bist du doch schon. Wie konnte ich das nur übersehen!“

Eva-Maria Bast

Über Eva-Maria Bast

Biografie

Eva-Maria Bast, geboren 1978, ist Journalistin, Verlegerin und Autorin. Für ihre Arbeiten erhielt sie diverse Auszeichnungen, darunter den Deutschen Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Kategorie Geschichte, und stand unter anderem mit dem Pseudonym Charlotte Jacobi (zusammen...

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