Die Zerstörung Amerikas Die Zerstörung Amerikas - eBook-Ausgabe
Wie Donald Trump sein Land und die Welt für immer verändert
— Eine Bilanz über die USADie Zerstörung Amerikas — Inhalt
Die Bilanz einer Präsidentschaft
Die Weltmacht Amerika nach der Ära Trump: eine fundierte Analyse vom Leiter des ZDF-Studios Washington Als Elmar Theveßen „Die Zerstörung Amerikas“ verfasste, waren die US-Präsidentschaftswahlen noch in vollem Gang. Nun ist seine Analyse zu einer umfassenden Nachbetrachtung einer dunklen Ära geworden.
Mit ihrem Einzug ins Weiße Haus haben Joe Biden und Kamala Harris eine Bevölkerung in Aufruhr, ein beflecktes Amt und ein Amerika auf einem steinigen Pfad geerbt. Dafür ist nur einer verantwortlich: der Narzisst Donald Trump.
„Die Zerstörung Amerikas“ von Elmar Theveßen, ZDF-Studioleiter in Washington, ist eine schonungslose Abrechnung mit vier Jahren Trump, eine genaue Analyse der Ereignisse von dessen Wahlsieg bis zum Impeachment, eine Spurensuche zwischen Fake News und Twitter-Rants.
In seinem SPIEGEL-Bestseller lässt Theveßen Stimmen zu Wort kommen, die nah an Trump und noch näher an seinen Machenschaften waren. Seine Analyse zeigt: Amerika ist ein zutiefst zerrissenes Land.
„Ein Land am Abgrund und ein Präsident ohne Vernunft – es ist keine erbauliche, aber höchst erhellende Lektüre.“ ― Aachener Zeitung
Fast ungewollt ist „Die Zerstörung Amerikas“ zu einer zeitgeschichtlichen Warnung geworden, dass sich eine Ära Trump nicht wiederholen darf. Denn die Geschicke der USA bestimmen auch die Geschicke der globalisierten Welt. Ein Buch, das jeder lesen sollte!
Nie wieder Fake News!
Neben der Fülle an Zeitzeugen und politischen Widersachern sind es die genau recherchierten Fakten und klaren Analysen, die „Die Zerstörung Amerikas“ zu einem Beispiel für den exakten Gegenentwurf zu Fake News machen: sauberer Journalismus, der keine voreiligen Schlüsse zieht, sondern zum Denken und Hinterfragen auffordert.
Leseprobe zu „Die Zerstörung Amerikas“
Prolog: Der bösartige Narzisst
Am 1. Juni 2020 starb ein weiteres Stück Demokratie in Amerika. Szenen, passend zu autoritären Systemen wie Russland oder China. Kurz zuvor haben die Demonstranten noch lautstark, aber friedlich demonstriert, so wie am Nachmittag, als ich durch ihre Reihen ging. Jetzt, kurz nach 18 Uhr, steht innerhalb des Sicherheitsbereichs der Justizminister wie ein Feldherr vor der Schlacht. William Barr schaut vom Lafayette-Park gleich vor dem Weißen Haus auf die Protestierenden. Dann geht er. Die Linien von Polizei und Militär rücken [...]
Prolog: Der bösartige Narzisst
Am 1. Juni 2020 starb ein weiteres Stück Demokratie in Amerika. Szenen, passend zu autoritären Systemen wie Russland oder China. Kurz zuvor haben die Demonstranten noch lautstark, aber friedlich demonstriert, so wie am Nachmittag, als ich durch ihre Reihen ging. Jetzt, kurz nach 18 Uhr, steht innerhalb des Sicherheitsbereichs der Justizminister wie ein Feldherr vor der Schlacht. William Barr schaut vom Lafayette-Park gleich vor dem Weißen Haus auf die Protestierenden. Dann geht er. Die Linien von Polizei und Militär rücken an die Absperrungen direkt vor den Menschen – Männer, Frauen, Jugendliche, die noch einmal ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrnehmen.
Dann beginnt das Schießen: Reizgas, Gummigeschosse, Lichtböller. Berittene Polizei rückt vor. Menschen fliehen, ihr Demonstrationsrecht wird niedergetrampelt – und warum? Weil der Präsident einen Fototermin haben will. Gerade hat er den Einsatz von US-Streitkräften gegen amerikanische Staatsbürger angekündigt, unter Berufung auf ein Gesetz von 1807, den „Insurrection Act“. In Paragraf 252 heißt es: „Wann immer der Präsident denkt, dass illegale Justizbehinderung, Zusammenschlüsse, Versammlungen oder Rebellion gegen die Autorität der Vereinigten Staaten eine Durchsetzung der Gesetze der Vereinigten Staaten durch den normalen rechtlichen Prozess in einem Staat erschwert, kann er Milizen eines Staates in den Bundesdienst stellen und solche bewaffneten Kräfte einsetzen, wie er sie für die Durchsetzung und die Unterdrückung der Rebellion für notwendig erachtet.“
Die Hunderttausenden von friedlichen Demonstranten im Land als „Rebellion“ zu bezeichnen, sie gleichzusetzen mit Gewalttätern, ist der Stoff, aus dem Diktaturen gemacht sind. Donald Trump hat die Menschen in Washington wegschaffen lassen, um zu Fuß zur St.-Johns-Kirche hinüberzugehen – im Tross seine Tochter Ivanka und sein Schwiegersohn Jared Kushner –, eine Bibel hochzuhalten und sich zum „Präsidenten von Recht und Ordnung“ zu ernennen. Soll die Bibel signalisieren, dass er sich auf göttliches Recht beruft? Dann ruft er seine Erfüllungsgehilfen an seine rechte und linke Seite, seinen Nationalen Sicherheitsberater Robert O’Brien, seinen Justizminister William Barr, seinen Verteidigungsminister Mark Esper, seinen Stabschef Mark Meadows und seine Pressesprecherin Kayleigh McEnany. Nachdem Trump ein paar Tage zuvor wegen heftiger Handgemenge zwischen Secret Service und Demonstranten vor seiner Haustür eine Stunde im Bunker des Weißen Hauses ausgeharrt hat, will er nun ein Bild der Stärke vermitteln. Inszenierter und erbärmlicher könnte es kaum sein: mit Bibel und verbarrikadierter Kirche als Kulisse, mit friedlichen Demonstranten als Prügelkomparsen. Wie unendlich klein ist dieser Mann, der sich selbst für den Größten hält.
Sagen wir’s gleich vorweg: Wenn Donald Trump dieses Buch lesen würde, dann hätte er gleich ein passendes Schimpfwort parat, um es mir per Twitter entgegenzuschleudern: „Volksfeind“. Gut, es ist recht unwahrscheinlich, dass der amerikanische Präsident diesen Text zu Gesicht bekommt, weil er die Sprache seiner Vorfahren nicht beherrscht und weil er ohnehin selten bis nie Bücher liest. Aber er könnte davon erfahren, denn Donald Trump hat seine Leute, die ihm in rückgratloser Ergebenheit zur Hand gehen bei der Einschüchterung der freien Presse, der politisch Andersdenkenden, ja aller, die aus Sicht des Präsidenten der Vereinigten Staaten in die Kategorie „anders“ oder „abweichend“ fallen. Und die nennt er eben „Volksfeind“.
Man könnte fast sagen, ich nehme das persönlich. Man muss es sogar so sagen. Denn in einem Land, in dem der Präsident Journalisten zu Volksfeinden erklärt, führende republikanische Abgeordnete dazu jubeln oder schweigen, manche Anhänger von ihm T-Shirts mit der Aufschrift „Seil, Baum, Journalist, leicht zusammenzubauen“ tragen und in dem Reporter in ihren Redaktionsbüros schon erschossen wurden, da geht einen das alles persönlich an.
Jeden anderen übrigens auch, denn jeder könnte zur Zielscheibe werden, sogar Mitarbeiter und Parteifreunde des Präsidenten, die den Mut hatten, die Wahrheit offen auszusprechen. Da ist Oberstleutnant Alexander Vindman, hochdekorierter Kriegsveteran und Osteuropa-Experte im Nationalen Sicherheitsrat, der streng nach Vorschrift und gemäß den Verpflichtungen seines Amtseids seine Bedenken über den Erpressungsversuch Trumps gegenüber der Ukraine an seine Vorgesetzten gemeldet und darüber dann dem amerikanischen Kongress im Amtsenthebungsverfahren öffentlich Auskunft gegeben hatte. Nach dem Freispruch für den Präsidenten wurden er und sein Zwillingsbruder – gewissermaßen nach dem Prinzip der Sippenhaft – von ihren Posten im Weißen Haus entfernt. Trump und seine rechte Propagandamaschinerie stempelten Vindman zum Verräter und Volksfeind. Dem republikanischen Senator Mitt Romney, der als einziger Abgeordneter seiner Partei für die Amtsenthebung des Präsidenten gestimmt hatte, erging es genauso.
„Volksfeind“, das ist ein ideologischer Kampfbegriff, der aus der Antike stammt. Wer im alten Rom zum „hostis publicus“ erklärt wurde, war fortan „vogelfrei“, konnte also von jedermann straflos getötet werden. Im Kommunismus und im Nationalsozialismus war diese Bezeichnung ein wichtiges Werkzeug des totalitären Unterdrückungsregimes, diente als Rechtfertigung für Verhaftung, Folter und Mord. Nun mag man einwenden, dass dieser amerikanische Präsident nun wirklich nicht mit einem Stalin oder Hitler verglichen werden darf, nur weil er in seinen Reden und Tweets gern mal mit dem Wort „Volksfeind“ um sich wirft. So ist er nun mal, könnte man mit einem Achselzucken sagen. Außerdem haben ihn die Amerikaner gewählt – sollen sie doch mit ihm klarkommen. Aber so einfach ist das nicht.
Donald Trump ist der Präsident der mächtigsten Nation der Welt. Er kommandiert nicht nur die schlagkräftigsten Streitkräfte auf dem Globus, sondern führt auch die nach wie vor stärkste Wirtschaftsmacht. Die Entscheidungen, die er fällt, haben Einfluss auf Hunderte Millionen Menschen in aller Welt, Fragen von Krieg und Frieden sind gleichzeitig Fragen von Leben und Tod. Das gilt auch für nicht wenige der knapp 330 Millionen Amerikaner, deren Existenz auf dem Spiel steht, wenn die Kluft zwischen Arm und Reich aufgrund einer ungerechten Politik immer größer wird. Wenn 30 Millionen Menschen ihre Krankenversicherung verlieren, wenn Zehntausende aufgrund der Handelskriege um ihren Job, ihren Betrieb und ihre Zukunft fürchten müssen, wenn bestimmte religiöse oder politische Überzeugungen, ethnische Hintergründe oder sexuelle Orientierungen das Risiko erhöhen, Opfer verbaler und physischer Gewalt zu werden, dann darf man Trumps Äußerungen über die „Volksfeinde“ nicht als unbedacht und gedankenlos abtun.
Der Titel dieses Buches Die Zerstörung Amerikas klingt hart, aber er ist genau so gemeint. Denn es geht dabei natürlich nicht nur um das politische Gebilde namens USA, seine Rechts-, Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, sondern auch und vor allem um Amerika als Idee, geboren aus dem Widerstand gegen ein Regime, das für Unfreiheit, Ungerechtigkeit und Unterdrückung, ja sogar Menschenverachtung stand. Genau das Gegenteil postulierten im Jahr 1776 die Väter der Amerikanischen Revolution, als sie die Unabhängigkeit von der englischen Monarchie erklärten: „Wir halten diese Wahrheiten für selbstverständlich: Dass alle Menschen gleich sind, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind, darunter Leben, Freiheit und die Suche nach Glück.“
Dies ist der Ausgangspunkt der Idee Amerika. US-Präsident Ronald Reagan hat das einmal pathetisch, aber dennoch sehr genau mit seinen Worten von Amerika als der „leuchtenden Stadt“ wiedergegeben: „Es ist eine große, stolze Stadt, gebaut auf Felsen, stärker als die Ozeane, den Winden ausgesetzt, von Gott gesegnet, gefüllt mit Menschen aller Art, die in Harmonie und Frieden leben; eine Stadt mit offenen Häfen, in denen Handel und Kreativität blühen. Und wenn diese Stadt Mauern haben müsste, dann hätten diese Mauern Tore – Tore, die offen sind für jeden mit dem Willen und dem Herzen, es dorthin zu schaffen.“ So formulierte es Reagan in seiner Abschiedsrede an die Nation am 11. Januar 1989 in Anlehnung an das Bibelzitat aus dem Matthäusevangelium 5,14: „Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben.“ Immer wieder haben amerikanische Politiker – von John Winthrop, im 17. Jahrhundert Gouverneur von Massachusetts, bis zu Präsident John F. Kennedy 200 Jahre später – dieses Bild benutzt, um die Besonderheit Amerikas als Idee und Vorbild in der Welt zu betonen.
Aber Amerika, die leuchtende Stadt auf dem Berg, Vorbild und Ansporn für Menschen in aller Welt, leuchtet nicht mehr, weil Donald Trump Stück für Stück den Felsen aushöhlt, auf dem sie den Wellen und Stürmen getrotzt hat, und weil die Republikaner, die Partei Ronald Reagans, sich dem gegenwärtigen US-Präsidenten willenlos ergeben, ja sogar mitschaufeln am Grab für die Gewaltenteilung in der amerikanischen Demokratie.
Eine Amtsenthebung wäre eine dringende und verfassungsmäßig vorgeschriebene Notbremse gewesen für einen Präsidenten, der die amerikanische Verfassung mit Füßen tritt und Menschenverachtung zum politischen Prinzip erklärt. Der eigentliche Anlass des Amtsenthebungsverfahrens mag zwar auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen: der Versuch Trumps, mit der Macht seines Amtes vom ukrainischen Präsidenten Unterstützung im Kampf gegen seinen politischen Gegner im Präsidentschaftswahlkampf 2020 zu erhalten. Darauf hatten die Demokraten im Kongress das Verfahren aufgebaut. Aber die Liste politischer Vorwürfe gegen Donald Trump könnte viel länger sein: Verbrüderung mit Diktatoren, Spaltung alter Bündnisse, Polarisierung anderer Staaten, Verrat von Staatsgeheimnissen, Zerstörung funktionierender Abkommen, Befeuerung von bewaffneten Konflikten, Entwertung amerikanischer Militärmacht, orientierungslose Sicherheitspolitik, Untergraben des Föderalismus, Verschwendung von Steuergeldern, Beschädigung der Wirtschaft, Zersetzung des Justizsystems, Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit, Bereitung eines fruchtbaren Bodens für Gewaltverbrechen und Terrorismus, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Zerstörung der Umwelt, Herabwürdigung und Entmenschlichung von Minderheiten, persönliche Bereicherung.
Das alles strahlt aus in den Rest der Welt, wo die Idee Amerika trotz ihrer Schwächen und manchmal auch Verfehlungen über fast 250 Jahre Menschen inspiriert hat in ihrem Kampf für Menschenwürde, Religions-, Meinungs- und Pressefreiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit, Gerechtigkeit und Wohlstand. Ausgerechnet jetzt, wo Amerikas Vorbild notwendiger wäre denn je, um das Anschwellen extremistischer Strömungen und den Rückfall in fast steinzeitliche Stammeskonflikte zu stoppen, befeuert sein Anführer die Angst der Menschen vor Flüchtlingsströmen, Wirtschafts- und Finanzkrisen, Kriegen und Revolutionen, die teilweise von seiner Politik mit erschaffen werden. Andere politische Anführer fühlen sich durch Donald Trumps Reden und Handeln ermutigt.
Wie er sprechen Rechtspopulisten denen, die anders denken, ja anders sind, die Legitimation ab. Politische Gegner werden als Feinde gesehen, Kritiker als Volksverräter gebrandmarkt, Journalisten als Lügner geschmäht, obwohl die eigentlichen Lügen doch von den Populisten verbreitet werden.
Vor diesem Hintergrund war das Amtsenthebungsverfahren, auch wenn es am Ende scheiterte, ein wichtiges Signal für die Rettung der amerikanischen Demokratie. Denn es wurde für genau den Fall angewendet, für den die Gründungsväter der amerikanischen Republik das „Impeachment“ in Artikel 2 der Verfassung vorgesehen hatten: Sie wollten verhindern, dass sich einer aufschwingt zum Alleinherrscher, zum König, und dass ausländische Mächte – in diesem Fall sogar auf Einladung des Angeklagten – in irgendeiner Form Einfluss nehmen auf den demokratischen Prozess, die Wahlen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Donald Trump ist fest davon überzeugt, dass ein US-Präsident alles darf, dass er über dem Gesetz steht. Dies war das Hauptargument seiner Verteidiger im Amtsenthebungsverfahren, das er selbst von Beginn an nicht nur als Majestätsbeleidigung, sondern offenbar auch als Hochverrat ansah. Im Impeachment-Prozess im Senat ließen die Republikaner, anders als in früheren Verfahren, keinen einzigen Zeugenauftritt zu und gaben dem Präsidenten einen Blankoscheck, weiter sein Amt als Werkzeug im Kampf gegen politisch Andersdenkende zu missbrauchen. Donald Trump ist damit wohl der mächtigste Präsident der Vereinigten Staaten in der jüngeren Geschichte. Gleichzeitig aber könnte die Angst vor einer zweiten Amtszeit dieses Mannes so viele Wähler für das demokratische Lager mobilisieren wie nie zuvor.
Und dann kam auch noch Corona. Der Ausbruch des SARS-CoV-2-Virus im chinesischen Wuhan und die nachfolgende Pandemie rund um den Erdball haben noch einmal alles verändert. Es ist eine historische Herausforderung, in der ein Präsident zeigen kann, ob er den Verpflichtungen seines Amtes gewachsen ist oder nicht. Donald Trump ist dabei sich selbst so treu geblieben, dass er kläglich scheitert, das Leben von Hunderttausenden Amerikanern gefährdet, den Keil der Spaltung noch tiefer ins Land treibt, Amerikas Führungsanspruch und Vorbildfunktion in der Welt verspielt. Bilder von gestapelten Leichensäcken und Massengräbern für Besitzlose, unwürdig einer Supermacht, sind bedrückende Beweisstücke für die Ignoranz, Arroganz und Unfähigkeit eines Mannes, der sein Ego über das Wohl aller anderen stellt. Genau jene Eigenschaften, die ihm zum Präsidentenamt verhalfen, die ihm das politische Überleben trotz Russland-Affäre und Amtsenthebungsverfahren ermöglichten, könnten angesichts der schweren Wirtschaftskrise mit zeitweise über 40 Millionen Arbeitslosen dazu führen, dass Trump – wie einst Herbert Hoover in der Weltwirtschaftskrise – abgewählt wird. Auch seine Reaktion auf die Proteste in den USA im Mai und Juni 2020 hat Spuren hinterlassen bei den Amerikanern.
Unabhängig vom Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020 ist dieses Buch nicht nur ein detailliertes Protokoll des gescheiterten Impeachment-Prozesses, seiner Hintergründe und ideologischen Gefechte, sondern auch eine scharfe Analyse des trumpschen Versagens in der Coronakrise und der Folgen seiner Amtszeit für den Erhalt der amerikanischen Demokratie und der transatlantischen Freundschaft. Gleichzeitig ist es auch ein Leitfaden für den Umgang mit einem Amerika, das nie wieder so sein wird, wie es früher einmal war. Wie hat die Präsidentschaft von Donald Trump Amerika, die Amerikaner und die Position ihres Landes in der Welt verändert? Welche dramatischen, vielleicht auch unumkehrbaren Auswirkungen hat die Amtszeit eines Mannes, der in allem immer nur auf den besten Deal für sich selbst aus ist? Wie nachhaltig sind Grundprinzipien der liberalen Demokratie beschädigt, wie sehr bricht sich der Autoritarismus in der Welt weiter Bahn, wenn Amerika nicht mehr – wie Ronald Reagan es einst sagte – die „leuch-tende Stadt auf dem Berg“ ist, die allen Orientierung und Halt gibt?
Aber zu einer ehrlichen Analyse gehört auch die Frage, welche Taten des ungewöhnlichsten Präsidenten der modernen Geschichte mittel- und langfristig eine positive Wirkung entfalten könnten. Wo hat Donald Trump den Finger in die Wunde gelegt, den Blick auf Probleme gelenkt, an denen eine zurückhaltende Politik immer gescheitert ist? Welche diplomatischen Floskeln hat er als solche entlarvt und Dinge in Bewegung gebracht? Räumt er nicht auf? Auch mit den Ungerechtigkeiten im Welthandel?
Dieses Buch basiert auf umfangreichen Recherchen und intensiven Gesprächen mit führenden Politikern, hochrangigen Militärs, einflussreichen Wirtschaftsmanagern und herausragenden amerikanischen Journalisten. Stellvertretend für viele Gesprächspartner nenne ich den leider mittlerweile verstorbenen US-Senator John McCain, den ehemaligen Kommandeur der US-Armee in Europa, Generalleutnant Ben Hodges, den ehemaligen NSA- und CIA-Direktor Michael Hayden, die ehemalige Außenministerin Madeleine Albright, die ehemaligen Ministerinnen für Gesundheit und für Heimatschutz in der Obama-Administration, Kathleen Sebelius und Janet Napolitano, sowie die journalistischen Kollegen von NBC, Andrea Mitchell und Tom Brokaw, von CNN, Wolf Blitzer und Jake Tapper, und von der Washington Post, Martin Baron. Bei zahlreichen Sachverhalten müssen die Namen der Informanten jedoch ungenannt bleiben, weil sie um den Schutz ihrer Identität gebeten haben. Natürlich stammt auch vieles in diesem Buch aus offenen Quellen, die jedermann zugänglich sind, zum Beispiel aus amerikanischen und internationalen Zeitungen, Zeitschriften, Büchern und wissenschaftlichen Publikationen. Einen Großteil der Informationen habe ich mithilfe der oben genannten Quellen verifizieren können. An manchen Stellen bleibt ein Restrisiko: Informationen, die zwar zu den übrigen Rechercheergebnissen passen, aber nicht unabhängig bestätigt werden konnten. Das betrifft insbesondere Informationen aus Regierungs- und Sicherheitskreisen, die wiederum auf Quellen zurückgreifen, die entweder nicht namentlich genannt wurden oder deren Zuverlässigkeit sich nicht unabhängig bestätigen ließ. Natürlich sind manche Angaben, auf die ich mich stütze, auch interessengesteuert. Gerade bei behördlichen und politischen Quellen kann es vorkommen, dass das eigene Wirken in einem möglichst günstigen Licht erscheinen soll, während das der anderen kritisiert wird. Angesichts der Polarisierung in den USA ist es nur allzu verständlich, dass niemand sich gern dem Vorwurf der Mitverantwortung oder Mitschuld am Versagen einer politischen Ideologie aussetzen will.
Wenn in diesem Buch von den unterschiedlichsten Politikfeldern die Rede ist, von der Wirtschafts-, Handels-, Sozial-, Gesundheits-, Außen- und Sicherheitspolitik Amerikas, dann wäre die Analyse unvollständig ohne den Blick auf die Persönlichkeit des Mannes, der diese Politik gestaltet. Deshalb wird sich ein Kapitel intensiv mit der Psychologie seiner Macht beschäftigen. Dabei steht ein Krankheitsbild im Mittelpunkt, das angesehene Psychologen in den USA beim Präsidenten diagnostiziert haben, ohne ihn unmittelbar selbst untersuchen zu können: „malignant narcissism“ – demnach ist Donald Trump ein bösartiger Narzisst mit einem übersteigerten Streben nach Anerkennung, der Überhöhung der eigenen Person aus großer Machtgier und tiefem Unsicherheitsgefühl, mit schamlosem Lügen als Teil einer alternativen Wahrnehmung der Wirklichkeit, mit Ungeduld und Aggressivität, dem rücksichtslosen Verfolgen des eigenen Vorteils, der unstillbaren Eifersucht auf den Erfolg anderer. Er erniedrigt und entwertet Menschen, insbesondere jene, die sein Selbstbild infrage stellen. Sie werden von ihm als bösartig und hinterhältig bezeichnet. Ein bösartiger Narzisst stellt seine eigenen Regeln über Recht, Gesetz und gesellschaftliche Normen.
Manche mögen solch eine gesundheitliche Ferndiagnose und die Berichterstattung darüber für gewagt halten, manche sogar für moralisch verwerflich. Doch die Analyse des Geisteszustands politischer Anführer in der Welt fließt seit Jahrzehnten auch in die amerikanische Außenpolitik mit ein, seit die CIA Ende der Siebzigerjahre eine eigene Abteilung für solche psychologischen Bewertungen eingerichtet hat. Darüber hinaus müssen US-Präsidenten regelmäßig die Ergebnisse ihrer medizinischen Untersuchung öffentlich machen, wenn auch ohne Details. Die Beschäftigung mit diesem Thema ist nicht nur ein wichtiger Aspekt in der Bewertung der Amtszeit von Donald Trump, sie wurde sogar einst von einem künftigen Präsidenten empfohlen, der sich Sorgen um den Bestand der amerikanischen Republik und Demokratie machte: „Ist es unvernünftig zu erwarten, dass ein Mann, der besessen ist von seinem unschlagbaren Genie, verbunden mit einem Verlangen, das bis zum Äußersten geht, irgendwann einmal aus unserer Mitte aufsteigt? Wenn ein solcher Mann kommt, dann sind Menschen nötig, die sich untereinander einig sind, die an Regierung und Gesetzen hängen und die klug sind, um seine Pläne erfolgreich zu stoppen.“ So die Worte von Abraham Lincoln am 27. Januar 1838. Lincoln befürchtete das, was er Jahre später abwenden konnte, aber was heute wieder einmal möglich erscheint: die Zerstörung Amerikas, der leuchtenden Stadt auf dem Berg.
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