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Die Zwerge (Die Zwerge 1) Die Zwerge (Die Zwerge 1) Die Zwerge (Die Zwerge 1) - eBook-Ausgabe

Markus Heitz
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Roman

Temporeich und spannend, mit einem scharfen Blick für stimmige Details. - Amazon.de

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Die Zwerge (Die Zwerge 1) — Inhalt

Sie sind die schlagkräftigsten Helden aus J. R. R. Tolkiens „Herr der Ringe“: Zwerge sind klein, bärtig, und das Axtschwingen scheint ihnen in die Wiege gelegt. Doch wie lebt, denkt und kämpft ein Zwerg wirklich? Dies ist die rasante Geschichte des tapferen Tungdil, der im Kampf gegen Orks, Oger und dunkle Elfen beweist, dass auch die Kleinen Großes leisten können … Nach Stan Nicholls „Die Orks“ ist dies der sensationelle Bestseller über ihre ärgsten Feinde – diese Raufbolde sollte man nie zum Spaß reizen!

€ 20,00 [D], € 20,60 [A]
Erschienen am 01.11.2004
640 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-70076-4
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€ 14,00 [D], € 14,40 [A]
Erschienen am 01.09.2016
640 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-28101-0
Download Cover
€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 14.10.2009
640 Seiten
EAN 978-3-492-95000-8
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Leseprobe zu „Die Zwerge (Die Zwerge 1)“

DANKSAGUNG


Nach Abschluss von „Ulldart“ kam ein Projekt auf mich zu, an das ich mit Spannung und einem merkwürdigen Gefühl in der Magengegend heranging: Zwerge. Wenn man sich als Autor einer Sache annimmt, die bei vielen Fantasy-Leserinnen und -Lesern mit festen Vorstellungen verknüpft ist, läuft man schnell Gefahr, eben diese Vorstellungen zu enttäuschen oder in Beliebigkeit zu verfallen.
Ich habe „meine“ Zwerge erschaffen, sie Stämmen und Clans zugeordnet, ihnen unterschiedliche Fähigkeiten gegeben, ohne den klassischen Zwerg aus den Augen zu [...]

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DANKSAGUNG


Nach Abschluss von „Ulldart“ kam ein Projekt auf mich zu, an das ich mit Spannung und einem merkwürdigen Gefühl in der Magengegend heranging: Zwerge. Wenn man sich als Autor einer Sache annimmt, die bei vielen Fantasy-Leserinnen und -Lesern mit festen Vorstellungen verknüpft ist, läuft man schnell Gefahr, eben diese Vorstellungen zu enttäuschen oder in Beliebigkeit zu verfallen.
Ich habe „meine“ Zwerge erschaffen, sie Stämmen und Clans zugeordnet, ihnen unterschiedliche Fähigkeiten gegeben, ohne den klassischen Zwerg aus den Augen zu verlieren, ihm dabei aber neue Facetten und neue Aspekte verliehen. Dazu kam die Geschichte, welche die Zwerge in den Mittelpunkt stellt und sie nicht zum Stichwortgeber für Elben und Menschen verkommen lässt. Sie spielen die wichtigste Rolle, sie sind die Beschützer des Geborgenen Landes, und sie erfüllen diese Aufgabe, auch wenn es ihr Leben kostet.
Es war ein großes Vergnügen für mich, Tungdil und seine Gefährten ihre Abenteuer erleben zu lassen. Selbstlosigkeit, Liebe, Trotz, Humor, Kampf und Tod sind die Zutaten auf den kommenden Seiten, die Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, hoffentlich ebenso viel Spaß bereiten wie es mir das Schreiben machte.
Dieses Mal möchte ich vor allem denen danken, die mich darin unterstützten, das Buch noch interessanter und besser zu gestalten. Unter den Erstlesern besonders zu erwähnen sind Nicole Schuhmacher, Sonja Rüther, Meike Sewering und Dr. Patrick Müller, die mit ihren exakten Anmerkungen und genauen Hinweisen von Anfang an sowie einmal mehr eine tolle Unterstützung leisteten.
Mein Dank geht auch an diejenigen, die mir die Zwerge anvertrauten und dem kleinen Völkchen die Gelegenheit gaben, ganz groß rauszukommen.
Markus Heitz, im Juni 2004


DRAMATIS PERSONAE


Die Zwergenstämme


DIE ERSTEN
Xamtys II. Trotzstirn aus dem Clan der Trotzstirne vom Stamm des Ersten, Borengar, auch nur „die Ersten“ genannt, Königin
Balyndis Eisenfinger aus dem Clan der Eisenfinger, Schmiedin


DIE ZWEITEN
Gundrabur Weißhaupt vom Clan der Hartsteins aus dem Stamm des Zweiten, Beroïn, auch nur „die Zweiten“ genannt, Zwergengroßkönig
Balendilín Einarm vom Clan der Starkfinger, Berater des Zwergengroßkönigs
Bavragor Hammerfaust aus dem Clan der Hammerfäuste, Steinmetz
Boïndil Zweiklinge, auch Ingrimmsch gerufen, und Boëndal Pinnhand aus dem Clan der Axtschwinger, Krieger und Zwillinge


DIE DRITTEN


DIE VIERTEN
Gandogar Silberbart aus dem Clan der Silberbärte vom Stamm des Vierten, Goïmdil, auch nur „die Vierten“ genannt, König der Vierten
Bislipur Sicherschlag vom Clan der Breitfäuste, Berater Gandogars
Tungdil Bolofar, später Goldhand, Lot-Ionans Ziehsohn
Goïmgar Schimmerbart aus dem Clan der Schimmerbärte, Edelsteinschleifer


DIE FÜNFTEN
Giselbart Eisenauge, Begründer des Stammes des Fünften und des Clans der Eisenaugen
Glandallin Hammerschlag aus dem Clan der Hammerschlags vom Stamm des Fünften, Giselbart, auch „die Fünften“ genannt.


Die Menschen


Lot-Ionan der Geduldige, Magus und Herrscher des Zauberreichs Ionandar
Maira die Hüterin, Maga und Herrscherin des Zauberreichs Oremaira
Andôkai die Stürmische, Maga und Herrscherin des Zauberreichs Brandôkai
Djerůn, Andôkais Leibwächter
Turgur der Schöne, Magus und Herrscher des Zauberreichs Turguria
Sabora die Schweigsame, Maga und Herrscherin des Zauberreichs Saborien
Nudin der Wissbegierige, Magus und Herrscher des Zauberreichs Lios Nudin


Gorén, Lot-Ionans ehemaliger Famulus
Frala, Magd in der Behausung Lot-Ionans, und ihre Töchter Sunja und Ikana
Jolosin, Magusschüler Lot-Ionans
Eiden, Pferdeknecht Lot-Ionans
Rantja, Maga-Schülerin Nudins


Der Unglaubliche Rodario, Mime
Furgas, Magister technicus
Narmora, Gefährtin von Furgas und Mimin


Hîl und Kerolus, Trödelhändler
Vrabor und Friedegard, Boten des Rates der Magi


Prinz Mallen von Ido aus dem Geschlecht der Ido, Thronfolger Idoslâns im Exil König Lothaire, Herrscher über das Königreich Urgon


König Tilogorn, Herrscher über Idoslân
König Nate, Herrscher über das Königreich Tabaîn
König Bruron, Herrscher über das Königreich Gauragar
Königin Umilante, Herrscherin über das Königreich Sangreîn
Königin Wey IV., Herrscherin über das Königreich Weyurn
Königin Isika, Herrscherin über das Königreich Rân Ribastur


Die anderen


Sinthoras und Caphalor, Albae aus Dsôn Balsur, dem Albae-Reich
Liútasil, Fürst des Elbenreichs Âlandur
Bashkugg, Kragnarr und Ushnotz, Orkfürsten des Orkreiches Toboribor
Swerd, Gnom-Handlanger Bislipurs


ERSTER TEIL

PROLOG


Der Steinerne Torweg des Nordpasses
im Reich des Fünften, Giselbart,
im Jahr des 5199sten Sonnenzyklus,
Spätsommer


Weißer Nebel füllte die Schluchten und Täler des Grauen Gebirges. Die Gipfel der Großen Klinge, der Drachenzunge und der anderen Berge erhoben sich trotzig aus dem Dunst und reckten sich der Abendsonne entgegen.
Zögernd, als fürchtete es sich vor den schroffen Felsen, stieg das Gestirn herab und erhellte den Nordpass mit seinem dunkelroten, schwächer werdenden Licht.
Glandallin aus dem Clan der Hammerschlags lehnte sich schnaufend an die grob behauene Wand des Wachturmes und legte die Rechte über die buschigen schwarzen Brauen, um seine Augen vor der ungewohnten Helligkeit zu schützen. Der Zwerg war durch den Aufstieg außer Atem geraten, und das Gewicht des dicht geflochtenen Kettenhemdes, der beiden Äxte und des Schildes drückte schwer auf seine betagten Beine.
Doch Jüngere als ihn gab es nicht mehr.
Die Schlacht, welche die neun Clans des Fünften Stamms vor wenigen Tagen gemeinsam in den Stollen geschlagen hatten, hatte zahlreiche Leben gekostet. Der Tod hatte sich vor allem die Jungen, Unerfahrenen gegriffen. Doch ihr Opfer war nicht vergebens: Der unbekannte Feind war vernichtet.
Dennoch starben seine Freunde weiter, weil eine tückische Krankheit umging, von der keiner wusste, woher sie kam. Sie schwächte die Zwerge, ließ sie fiebern und raubte ihnen die Kraft, den klaren Blick und die sichere Hand. Und so hatte er als einer der Älteren die Pflicht übernommen, in dieser Nacht über den Steinernen Torweg zu wachen.
Von dem hoch gelegenen Aussichtspunkt aus führte der Pfad durch das Graue Gebirge und weiter in das Geborgene Land, wo Menschen, Elben und Zauberer in ihren Reichen lebten. Sein Stamm war es, der dem Land im Norden den Frieden sicherte.
Zwei gigantische Portale aus härtestem Granit verweigerten jedem Scheusal ein Durchkommen. Vraccas, der Gott der Zwerge und ihr Schöpfer, hatte einst die gewaltigen Steinflügel geformt und sie mit fünf Riegeln gesichert, die allein mithilfe geheimer Worte bewegt werden konnten. Nur die Hüter des Pfades kannten die Losung, und ohne die rechte Formel blieb die Pforte fest versperrt.
Vor den mächtigen Türen lagen die ausgeblichenen Knochen und zertrümmerten Rüstungen derer, die sich von dem Hindernis nicht hatten abschrecken lassen. Orks, Oger und andere Scheusale hatten Niederlage um Niederlage erlitten und auf blutige Weise erlebt, dass die Äxte der Zwerge auch nach tausenden von Sonnenzyklen noch scharf waren.
Der einsame Wächter nahm den Lederschlauch vom Gürtel und trank von dem kühlen Wasser, um die trockene Kehle zu befeuchten. Einige Tropfen rannen aus seinen Mundwinkeln und sickerten in den schwarzen Bart. Es hatte Stunden gekostet, das Gesichtshaar zu solch kunstvollen Zöpfen zu flechten, die nun wie dünne Seile auf der Brust baumelten.
Glandallin setzte den Trinkschlauch ab und zog die Waffen aus dem Gürtel, um sie auf die Brüstung des aus dem Berg gemeißelten Turmes zu legen. Die beiden eisernen Axtköpfe klirrten melodisch, als sie den Fels berührten.
Ein orangeroter Sonnenstrahl strich über die polierten Verzierungen und beleuchtete die Runen und Symbole, die dem Träger Schutz, Treffsicherheit und Ausdauer verleihen sollten.
Der Zwergenmeisterschmied und Begründer des Stammes der Ersten, Borengar Weißesse, hatte die Klingen selbst geschmiedet und sie ihm, der aus unzähligen Schlachten am Steinernen Torweg als Sieger hervorgegangen war, zum Geschenk gemacht. Kein Orkschwert, keine Trollkeule, kein Ogerspieß vermochten es, seinen 327 Sonnenzyklen langen Lebensfaden zu durchtrennen – auch wenn es schon genügend finstere Kreaturen versucht hatten, wie die Narben an seinem gedrungenen Körper bezeugten. Aber auch die Macht der Inschriften und seine Rüstung hatten ihm stets treu beigestanden.
So weit der Zwerg blickte, stemmte sich das Bergmassiv als bleifarbener Brocken aus dem hügeligen Land Gauragar empor, das von Menschen besiedelt wurde. Gleich einem Rückgrat wuchs es in die Höhe und schreckte den Wanderer mit Steilhängen, unsicheren Wegen und wechselhaftem Wetter, und so geschah es trotz der Reichtümer des Grauen Gebirges selten, dass sich ein Bewohner Gauragars in diese Gegend begab.
Allein sein Volk lebte in den Schatten dieser zerklüfteten Gipfel. Die Zwerge vom Stamm des Fünften, Giselbart Eisenauge, errichteten ihr unterirdisches Reich im harten Fleisch des nördlichen Hochlandes. Sie gruben Schächte, erbauten kunstvolle Hallen, schufen die heißesten Feuer und trieben Säle aus dem Fels, um fernab von Sonne und Witterung ihr Leben dem Schürfen von Schätzen und dem Schmieden zu widmen.
Glandallin betrachtete die unüberwindbaren Gipfel, die in weiter Entfernung zu einem breiten, dunklen Band schrumpften. Das war seine geliebte Heimat – ein Ort voller unterirdischer Schönheit, den er gegen keinen anderen eintauschen würde.
Vraccas, der göttliche Schmied, hatte das gesamte Geborgene Land mit dem schützenden Gürtel aus Bergen umgeben, um seine Bewohner vor den Ungeheuern des Gottes Tion zu bewahren. So oblag es allein den Elben, Zwergen, Menschen und anderen Kreaturen, in Frieden miteinander zu leben.
Als er den Blick nach Norden wandte, folgten seine braunen Augen dem dreißig Schritt breiten Pass, den sie den Steinernen Torweg nannten und der in das Jenseitige Land, in unerforschtes Gebiet führte. Früher hatten die Menschenkönige Expeditionen in alle Windrichtungen entsandt, aber nur die wenigsten waren zurückgekehrt und hatten zudem ungewollt dafür gesorgt, dass die Orks den Weg zum Tor fanden. Mit den Orks kamen die übrigen Scheusale, die der Gott Tion aus Bosheit schuf, um ihnen das Leben schwer zu machen.
Forschend suchte er den Weg ab. Die Aufmerksamkeit eines Wächters durfte zu keiner Zeit nachlassen. Die Kreaturen lernten nichts aus ihren Niederlagen. Ihr finsterer, bösartiger Verstand, den Tion ihnen gab, brachte sie dazu, immer wieder gegen die Portale anzurennen, um in das Geborgene Land zu gelangen. Sie wollten alles und jeden vernichten, denn sie waren zu nichts anderem von ihrem Schöpfer geschaffen.
Mal vergingen Sonnenzyklen, mal nur Umläufe, bevor sie einen weiteren Vorstoß unternahmen. Bislang kamen die Horden nicht auf den Gedanken, die Angriffe in geordnete Bahnen zu lenken und mit List vorzugehen; daher blieb es beim blindwütigen Anstürmen, das für die Angreifer stets im Blutbad endete. Die tobenden und brüllenden Bestien gelangten nie weiter als bis an die Zinnen der Wehrgänge, wo die Äxte der Zwerge zur tödlichen Begrüßung ihrer harrten und von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Fleisch, Knochen und Rüstungen der Ungeheuer durchtrennten. An solchen Tagen stand deren schwarzer, dunkelgrüner und gelbbrauner Lebenssaft knöchelhoch vor den unverwüstlichen Granittoren, an denen Rammböcke und Katapultgeschosse krachend zersplitterten.
Auch die Kinder des Vraccas erlitten Verluste, wurden verstümmelt und verletzt, doch keiner von ihnen haderte mit dem Schicksal. Schließlich waren sie Zwerge, das härteste Volk der bekannten Welt und die Beschützer des Geborgenen Landes.
Und dennoch haben sie uns überrumpelt. Glandallin dachte an die rätselhaften Kreaturen in den Schächten, denen so viele Angehörige seines Stammes zum Opfer gefallen waren. Plötzlich waren sie da gewesen. Äußerlich glichen sie den Elben: hoch gewachsen, schlank und grazil in ihren Bewegungen, aber sie waren grausamer und heimtückischer im Kampf.
„Elben oder unbekannte Bestien?“, rätselte er halblaut und entschied sich für Bestien. Tion der Niederträchtige wird sie vor langer Zeit in der Erde vergraben und vergessen haben. Unsere eigenen Mineure müssen sie aus ihrem Schlaf gerissen und aus dem Fels befreit haben, suchte er nach einer Erklärung.
Glandallin war sich so gut wie sicher, dass es keine Elben aus dem Geborgenen Land sein konnten. Zwerge und Spitzohren hassten einander; Vraccas und Sitalia, die Schöpferin der Elben, hatten es so beschlossen, als sie die Völker ins Leben gerufen und ihnen gegenseitige Abneigung mitgegeben hatten. Daraus entsprangen so mancher unversöhnliche Streit und so manches Scharmützel, das Tote forderte, niemals jedoch ein Krieg.
Und wenn sie es doch waren? Ist der Hass derart gewachsen, dass wir in einen Krieg mit ihnen geraten?, dachte er im Stillen. Oder wollen sie einen Krieg wegen unserer Schatzhorte? Sind sie neidisch auf unser Gold? Glandallin wusste keine Antwort darauf und zwang sich, die notwendige Aufmerksamkeit walten zu lassen. Die Gedanken an das Gemetzel in den finsteren Stollen gegen die unheimlichen Krieger, Elben oder nicht, lenkten die Augen ab, machten sie stumpf. Sie glitten über die Landschaft, ohne die Berge und den Steinernen Torweg wirklich zu sehen.
Seine Augenbrauen zogen sich im Zorn zusammen, denn der scharfe Nordwind, der ihm so weit oben eisig um die Bartsträhnen pfiff, trug ihm einen Geruch zu, den er aus seinem tiefsten Inneren hasste. Orks.
Sie stanken nach geronnenem Blut, nach Exkrementen und Schmutz; dazu mengte sich das ranzige Aroma ihrer eingefetteten Rüstungen. Sie glaubten, die Schneiden der Zwergenäxte würden an dem Talg abrutschen und so weniger Schaden am Metall anrichten.
Das Fett wird euch wieder nichts gegen uns nützen. Glandallin wartete nicht, bis er die zerlumpten Banner und verrosteten Speerspitzen über die letzte Anhöhe des Steinernen Torweges kommen sah oder das Scheppern der Panzerhemden vernahm. Er machte einen Schritt zur Seite und stellte sich auf die Zehenspitzen; die schwieligen Hände legte er um die hölzernen, rauen Griffe der beiden Blasebälge. Die künstlichen Lungen füllten sich mit Luft, ehe der Zwerg ihren Atem mit einer kräftigen Bewegung auspresste.
Die Luft strömte durch das breite Rohr, schoss in die Tiefe und erweckte das Signalhorn unter der Erde zum Leben. Dumpfes Dröhnen rollte die Stollen und Gänge der Fünften entlang.
Der Zwerg betätigte die Blasebälge im Wechsel, damit der Luftstrom nicht abriss. Das Dröhnen schwoll zu einem gleichmäßigen, durchdringenden Ton an, der selbst den Verschlafensten seines Stammes aus den Kissen jagte. Einmal mehr rief sie die ehrenvolle Pflicht, das Geborgene Land zu verteidigen.
Schwitzend blickte Glandallin über die rechte Schulter, um den Vormarsch der Angreifer abzuschätzen.
Sie kamen. Zu Hunderten.
Die Kreaturen des Gottes Tion schoben sich in breiter Front den Steinernen Torweg entlang, und das zahlreicher als je zuvor. Beim Anblick der Ungeheuer hätte das Herz eines Menschen vor Furcht ausgesetzt, und die Elben wären in den Schutz ihrer Wälder geflüchtet. Nicht so ein Zwerg!
Die Attacke gegen den Durchgang überraschte Glandallin zwar nicht, doch der Zeitpunkt beunruhigte ihn. Seine Freunde und Verwandten brauchten Ruhe, um sich vollständig von den Strapazen der letzten Kämpfe und der schleichenden Krankheit zu erholen. Die nahende Schlacht würde gewiss mehr Kraft kosten als gewöhnlich. Mehr Kraft und mehr Leben.
Die Verteidiger besetzten die Wehrgänge rund um die Pforte eher zögerlich; einige von ihnen taumelten mehr, als sie gingen, und ihre Finger schlossen sich kraftlos um die Schäfte der Äxte. Die Schar, die sich schleppend zur Abwehr formierte, kam gerade einmal auf einhundert tapfere Seelen. Tausend hätten sie benötigt.
Glandallin beendete seine Wache, weil er an anderer Stelle dringender gebraucht wurde.
„Vraccas stehe uns bei! Wir sind zu wenige“, flüsterte er und konnte die Augen nicht von der Straße wenden, auf der sich der breite, stinkende Strom von Orks ergoss. Grunzend und brüllend walzten sie voran und hielten genau auf das Portal zu. Die nackten Berghänge warfen ihre animalischen Laute zurück, und das Echo verstärkte das siegessichere Grölen.
Die verzerrten Klänge drangen tief in sein Gemüt, und ihm kam es plötzlich so vor, als hätten sich die Bestien verändert. Die tobende und lärmende Masse verströmte eine solche Siegesgewissheit, dass er sie förmlich greifen konnte.
Unwillkürlich machte der Zwerg einen Schritt zurück. Zum ersten Mal empfand er Furcht vor den Wesen.
Und sein Schrecken wuchs.
Als seine Augen abschätzend über das Heer der Angreifer wanderten, streiften sie auch die kleine Gruppe von standhaften Höhentannen, die den kargen Verhältnissen stets getrotzt hatten. Er kannte sie von klein auf, hatte sie wachsen und gedeihen sehen.
Nun aber senkten sich ihre Zweige nach unten, die Nadeln regneten auf den steinigen Untergrund herab und verschwanden zwischen den Felsen. Sie waren todkrank, starben.
Es geht den Tannen wie uns. Glandallin dachte an seine leidenden Freunde. Welche Kräfte sind hier am Werk, Vraccas? Beschütze dein Volk!, betete er und nahm seine Äxte vom Sims.
Angsterfüllt küsste er die Runen. „Bitte, verlasst mich nicht“, rief er sie leise an, wandte sich um und hastete die Stufen hinab, um der Hand voll Verteidiger beizustehen.
Er gelangte bei ihnen an, als die erste Angriffswelle gegen die Mauern schwappte. Pfeilschauer sirrten auf die Zwerge herab. Die Orks legten Dutzende Sturmleitern an und kletterten ohne zu zögern die wackligen Sprossen hinauf. Andere setzten tragbare Katapulte zusammen, um den Sturm auf die Zinnen mit Brandgeschossen zu unterstützen. Die prall gefüllten, brennenden Lederbeutel zischten durch die Luft und barsten, sobald sie auf Widerstand trafen. Alles in ihrem näheren Umkreis wurde mit Petroleum überschüttet und entzündet.
Die ersten Salven flogen zu tief; dass die vordersten Orkabteilungen im eigenen Feuersturm vergingen, störte die schwarze Brut nicht. Weder der Steinhagel noch die heiße Schlacke, die von oben auf sie niedergingen, vermochten ihren Eifer und ihre Gier zu bremsen. Für einen Gefallenen drängten fünf neue Bestien auf die Tritte. Dieses Mal wollten sie durch die Pforte hindurch gelangen, dieses Mal sollte der Steinerne Torweg fallen.
„Gib Acht!“ Glandallin stand einem Verteidiger bei, den ein Pfeil in die rechte Schulter getroffen hatte. Eines der Geschöpfe Tions, ein weniger kräftiges Exemplar mit breiten Hauern und platter Nase, nutzte den Moment der Unachtsamkeit. Es schwang sich auf die Mauer und sprang zwischen den Zinnen hindurch auf den Wehrgang.
Zwerg und Ork starrten einander an, die Zeit schien still zu stehen. Das Geschrei, das Zischen der Pfeile und das Klirren der Äxte wurden mit einem Mal leiser, undeutlicher.
Dafür hörte Glandallin das schwere Atmen des Gegners. Verunsichert rollten die rot geäderten Augäpfel, die tief im Schädel saßen, nach rechts und nach links. Der Zwerg erkannte deutlich, was die Bestie bewegte. Sie war die Erste ihrer Art, die es bis auf den vordersten Verteidigungswall geschafft hatte, und dieses Glück musste sie erst einmal fassen.
Er roch den Talg, der als gräulicher Belag fingerdick auf der Plattenrüstung lag, und der Gestank des ranzigen Fetts brachte all seine Sinne in die Schlacht zurück.
Mit einem Schrei warf sich Glandallin gegen den Ork. Die Kante seines Schildes zuckte nach unten und zerschmetterte dem Wesen den Fuß; gleichzeitig schlug er über die Deckung hinweg zu. Die Schneide seiner Axt grub sich knirschend in die ungeschützte Stelle unter der Achsel. Sauber abgetrennt fiel der Arm auf den Stein. Dunkelgrünes Blut schoss in hohem Bogen aus der offenen Wunde.
Der Ork quiekte gellend auf und erhielt im nächsten Augenblick einen wuchtigen, senkrecht geführten Hieb gegen die Kehle.
„Bring deinen Verwandten meinen Gruß und sage ihnen, dass ich auf sie warte!“ Glandallin drängte den Sterbenden zurück und schob ihn zusammen mit dem nächsten Angreifer über die Brustwehr. Sie fielen über die Kante und verschwanden in der Tiefe. Der Zwerg hoffte, dass der Aufschlag ein halbes Dutzend ihresgleichen mit in den Tod riss.
Von nun an bekam er keine Atempause mehr. Er rannte auf der Balustrade umher, spaltete Helme samt Schädel und duckte sich unter Pfeilen und Brandgeschossen hinweg, um sich sogleich auf den nächsten Ork zu stürzen.
Die Dunkelheit, die sich mehr und mehr über den Steinernen Torweg senkte, bereitete ihm keine Schwierigkeiten; sein Volk vermochte in finsterster Nacht zu sehen. Aber seine Arme, die Schulter, die Beine wogen von Schlag zu Schlag und von Schritt zu Schritt mehr.
„Vraccas, gewähre uns eine Rast, damit wir zu Kräften kommen können“, keuchte er, während er sich das Orkblut mit den Zöpfen seines Barts aus den Augen wischte.
Und der Gott der Schmiede hatte ein Einsehen.
Hörner und Trombonen signalisierten den Geschöpfen Tions, von den Zinnen abzulassen. Gehorsam begannen die Orks mit dem Rückzug.
Glandallin schickte einen letzten Feind ins Jenseits, ehe er auf den Steinboden sank und nach seinem Trinkschlauch langte. Er zog den Helm ab und goss sich das Wasser über die schweißnassen Haare. Kühlend rann die Flüssigkeit über sein Gesicht und erweckte sein Lebensfeuer.
Wie viele sind uns geblieben? Er stemmte sich in die Höhe, um nach den Verteidigern des Wehrgangs zu sehen. Aus den einhundert waren siebzig geworden; unter ihnen erkannte er die weithin sichtbare Gestalt von Giselbart Eisenauge, ihrem Urvater.
Der Erste aller Fünften stand dort, wo die meisten abgeschlachteten Orks lagen. Seine polierte Rüstung aus dem härtesten Stahl, der in einer Zwergenschmiede jemals geschaffen worden war, schimmerte hell, und die Diamanten, die seinen Waffengurt zierten, funkelten im Schein der brennenden Petroleumlachen. Er erklomm einen Vorsprung, damit ihn jeder sah.
„Bleibt auf euren Posten“, schallte seine feste Stimme über die Zinnen. „Seid standhaft wie der Granit, aus dem wir gemacht sind. Nichts vermag uns zu brechen, kein Ork, kein Oger, keine der Bestien, die Tion zu uns schickt. Wir zerschmettern sie, wie wir es schon seit Tausenden von Zyklen tun! Vraccas ist mit uns!“
Leiser Jubel und zustimmende Rufe ertönten. Ihre Zuversicht, die bedrohlich ins Schwanken geraten war, kehrte wieder; an ihrem Stolz und Trotz würden die Angreifer scheitern.
Die erschöpften Krieger versorgten sich mit Essen und Schwarzbier. Mit jedem Bissen und jedem Schluck fühlten sie sich lebendiger, frischer. Die tieferen Wunden erhielten eine notdürftige Behandlung, klaffende Wundränder wurden kurzerhand mit feinen Bindfäden zusammengenäht.

Markus Heitz

Über Markus Heitz

Biografie

Markus Heitz, geboren 1971, studierte Germanistik und Geschichte. Mit „Ulldart“ begann der Saarländer seine einzigartige Karriere. Seine Romane um „Die Zwerge“ wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und standen wochenlang auf den Bestsellerlisten. Mit „Die Legenden der Albae“ führte Markus Heitz...

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Kommentare zum Buch
Ein Muss für High Fantasy Fans!
Aleshanee @ Weltenwanderer am 02.07.2018

Ein absolutes Muss für High Fantasy Fans, denn Markus Heitz hat hier einen grandiosen Auftakt über das Volk der Zwerge geschrieben, die ja bisher meistens eher eine nur für eine unterhaltsame Nebenrolle gut waren. Er hat es perfekt geschafft, die typischen Merkmale, die man aus Herr der Ringe und dergleichen kennt, mit neuen und interessanten Details auszuschmücken und damit einen besonders intensiven Blick auf dieses kriegerische Volk zu gewähren.   Wir befinden uns hier im Geborgenen Land, in dem, umschlossen von einem riesigen Gebirgszug, Menschen, Elben und Zwerge relativ friedlich miteinander leben. Geschützt werden sie durch riesigie Portale in den Bergen, die die vier Zwergenstämme gegen Orks, Oger und andere dunkle Mächte verteidigen. Der Durchbruch hat jedoch alles verändert, denn mit den mysteriösen und magiebegabten Albae kam das Böse in das Geborgene Land und breitet sich sich seither immer weiter aus.   Natürlich gibt es auch einen besonderen Bösewicht, den es aufzuhalten gilt und eine wichtige Rolle spielt dabei Tungdil, ein Zwerg, der unter Menschen aufwuchs, bei einem der sechs Meistermagier und der ihm einiges beigebracht hat, was für seine Rasse eher untypisch ist. Tungdil wird von ihm auf eine Reise geschickt, die eigentlich keine großen Schwierigkeiten bereit halten sollte, doch natürlich kommt alles anders als geplant. Die Figuren, auf die er trifft bzw. die sich ihm auch anschließen, sind anschaulich, originell und haben alle einen besonderen Kern, der sie auf seine eigene Art besonders hervorhebt. Dadurch prägt man sich jeden von ihnen auch gut ein, auch wenn die Namen etwas gewöhnungsbedürftig sind, aber dafür gibt es auch vorne im Buch ein Namensregister zum Nachschlagen, was ich allerdings nicht benötigt habe.   Ebenso ist eine Landkarte vorhanden, auf der man dem Weg der Gefährten sehr gut folgen kann. Der Aufbau ist gut gelungen, einmal von der Welt an sich mit all ihren Entwicklungen, Kulturen und auch einer eigenen Zeitrechnung; aber auch vom Verlauf der Handlung. Zuerst geht es noch eher in ruhigerem Tempo voran, wobei es aber ständige Überraschungen und Wendungen gibt, die die Spannung immer mehr aufbauen. Der Stil ist genau im richtigen Maße an das Genre angepasst, relativ einfach und flüssig zu lesen, aber trotzdem die typische Atmosphäre transportiert, die einen als Leser in diese phantastische Welt versetzt. Vor allem die Wortgeplänkel haben mir auch gut gefallen, überhaupt die vielen kleinen Spannungen zwischen den Charakteren und der zwergische Humor, der natürlich nicht fehlen darf.   Die Zwerge an sich hab ich immer mehr ins Herz geschlossen - denn auch wenn man sich vielleicht erst an ihr kampflustiges und draufgängerisches Wesen gewöhnen muss, sind sie in ihrem Stolz und ihrem Zusammenhalt gegen das Böse ein gutherziges und aufrichtiges Volk, an dessen Seite man sich keine Sorgen zu machen braucht, denn mit ihrer Axt und ihrem Kampfeswillen sind sie so gut wie unschlagbar! Aber auch sie sind nicht vor Verrätern und Intrigen gefeit und so ergeben sich viele widrige Umstände, die sie im Kampf gegen das Böse herausfordern.   Einen kleinen Kritikpunkt habe ich, denn es gab immer wieder zwangsläufige Zufälle, die für die Handlung zwar wichtig waren, die man aber vielleicht noch etwas geschickter und unauffälliger hätte einbauen können. Aber im ganzen hat das nichts an meiner abschließenden Meinung geändert, denn die vielen ausgefallenen Ideen und die verflochtene Weise, in der sich alles zum großen Finale aufbaut, ist super gelungen und hat mich wunderbar unterhalten. Das Ende schließt die Handlung ab, aber es gibt schon einen Hinweis auf die nächste Herausforderung und ich freu mich schon sehr auf die Fortsetzung!

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