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Erlegen (Wolf Diaries 3)

Erlegen (Wolf Diaries 3) - eBook-Ausgabe

G. A. Aiken
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Wolf Diaries 3

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Erlegen (Wolf Diaries 3) — Inhalt

G.A. Aikens Coup in der Romantasy: Attraktive Gestaltwandler erobern die Buchseiten – und lassen dabei nichts anbrennen.

Angelina ist eine kühle und unnahbare Sexbombe. Nikolai Vorislav, ein Tigerwandler, findet sein Leben als ungebundener Single super. Der Tiger braucht keine Frau, die sich jede Nacht wie eine Anakonda an ihn schmiegt und ihm die Luft zum Atmen nimmt. Diese Erfahrung hat er bereits gemacht, und er kann gerne darauf verzichten. Doch als er Angelina über den Weg läuft, gibt es für ihn nur noch ein Ziel: Er will diesen Eiswürfel auftauen – mit allen Mitteln. Und was eignet sich da besser, als das Schnurren einer wirklich großen Katze?

€ 6,99 [D], € 6,99 [A]
Erschienen am 19.03.2018
Übersetzt von: Karen Gerwig
368 Seiten
EAN 978-3-492-98462-1
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Leseprobe zu „Erlegen (Wolf Diaries 3)“

Für meinen Maxi. Ein gemeineres, niederträchtigeres
Alphamännchen habe ich nie kennengelernt.
Aber du beschützt mich, und solange ich immer daran
denke, dir zu fressen zu geben, liebst du mich.
Abgesehen davon bist du mit Maulkorb
fast schon zivilisiert.


Prolog

Zeitverschwendung. Das war es. Minuten seines Lebens, die er nie zurückbekommen würde. Zach betrat den Club namens Skelly’s, überrascht, einen Ort wie diesen in dieser schäbigen texanischen Kleinstadt zu finden. Hardcore Industrial und Techno dröhnten durch das winzige Gebäude, und Zach entspannte [...]

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Für meinen Maxi. Ein gemeineres, niederträchtigeres
Alphamännchen habe ich nie kennengelernt.
Aber du beschützt mich, und solange ich immer daran
denke, dir zu fressen zu geben, liebst du mich.
Abgesehen davon bist du mit Maulkorb
fast schon zivilisiert.


Prolog

Zeitverschwendung. Das war es. Minuten seines Lebens, die er nie zurückbekommen würde. Zach betrat den Club namens Skelly’s, überrascht, einen Ort wie diesen in dieser schäbigen texanischen Kleinstadt zu finden. Hardcore Industrial und Techno dröhnten durch das winzige Gebäude, und Zach entspannte sich ein wenig. Nach dem Äußeren des Clubs und all den Pick-up-Trucks auf dem Parkplatz zu urteilen, musste der Laden voller Bauerntrampel sein. Seinesgleichen flog unter Rednecks normalerweise irgendwann die Scheiße um die Ohren. Zu viel Testosteron und Alkohol führten immer zu Problemen.
Er schob sich durch den brechend vollen Club, nahm jeden unter die Lupe, bis er die Bar erreichte. Er beobachtete eine Weile die Barfrau, wie sie Drinks zubereitete. Eine zierliche kleine Schwarze mit einem dunklen Lockenkopf. Sie war definitiv ein Profi und bereitete alle Drinks mit äußerster Präzision zu. Sie servierte nie mehr oder weniger als nötig. Nebenher unterhielt sie sich aufmerksam mit einer großen, sehr sexy Latina am anderen Ende der Bar und verpasste keine Sekunde des Gesprächs. Verschüttete keinen Tropfen. Sie war gut.
Er hielt einen Zehner hoch, und die Barfrau kam zu ihm herüber. Er hörte den letzten Satz, den sie ihrer Freundin zurief: „Ich kann nicht gleichzeitig bedienen und auf sie aufpassen. Ich dachte, du würdest sie im Auge behalten!“ Dann wandte sie sich Zach zu und ließ ein hinreißendes Lächeln aufblitzen. „Was willst du?“
„Tequila.“
Die Frau nickte, und ihre Hand ging unter der Bar auf die Suche, dann erstarrte ihr Gesicht. Sie verschwand plötzlich unter dem Tresen, um genauer hinzusehen. „Scheiße!“, schnauzte sie. Als sie wieder erschien, war ihr Lächeln verschwunden. „Eine Sekunde.“ Sie ging zu der hinter ihr liegenden Tür und schrie zu der Latina hinüber: „Angelina, sie hat die Flasche geklaut!“
„O-oh.“ Die Latina drehte sich um und schaute über die Tanzfläche zu einer Gruppe von Tischen und Barhockern voller Leute. Zach folgte der Blickrichtung der Frau und sah sie sofort.
Sie war groß; größer als ihre besorgte Freundin. Ihr kohlrabenschwarzes Haar reichte ihr bis über die Schultern und strich über die Träger ihres schwarzen Tanktops, das ein keltisches Tattoo auf ihrer rechten Schulter frei ließ. Als sie den Kopf drehte, konnte Zach deutlich die gezackte Narbe sehen, die quer über ihre Gesichtshälfte führte.
Sie war von vier jungen Männern umgeben, schien sie aber nicht zu bemerken. Eigentlich wirkte sie sogar geradezu gelangweilt. Er war sich nicht so recht im Klaren darüber, weshalb ihre Freundinnen sich Sorgen machten.
„Hier, bitte.“ Die Barfrau stellte einen Tequila vor ihn hin. „Dein Wechselgeld.“
Zach winkte ab. „Stimmt so.“
„Danke.“ Sie schob das Geld in die hintere Jeanstasche und kehrte zu ihrer Freundin am anderen Ende der Bar zurück.
„Wir müssen etwas tun“, sagte sie. Zach hörte sie auch über die Musik hinweg, und auch was sie mit dem Rücken zu ihm sprach, kam klar und deutlich bei ihm an. „Sie ist völlig dicht.“
„Ja, aber weißt du noch, was letztes Mal passiert ist? Wir sollten wohl einfach dankbar sein, dass sie nicht jeden Tag trinkt … oder jedes Jahr. Oder jedes Jahrzehnt.“
„Was ist überhaupt heute Abend mit ihr los?“
„Ich glaube, ihr Bein macht ihr wieder Probleme.“
„Ihr Bein macht ihr immer Probleme. Das ist nichts Neues.“
„Es wird schlimmer. Und ich glaube, sie macht sich Sorgen. Was das bedeuten könnte.“
„Das bedeutet gar nichts. Sie interpretiert zu viel in alles hinein.“
Die dunkelhaarige Schönheit lehnte sich zurück und sah ihre Freundin an. „Das musst ausgerechnet du sagen. Wer im Glashaus sitzt …“
Die Kleine zeigte ihr den Stinkefinger und mixte geschickt einen Martini – alles in einer einzigen fließenden Bewegung. Er war beeindruckt.
„O-oh, Miki. Sie ist unterwegs.“
Zach drehte sich wieder zu der anderen Frau um. Sie rutschte von ihrem Hocker, ließ einen Kerl mitten im Satz stehen und ging einfach. Na ja, sie hinkte eher, aber er hatte ja gehört, dass ihr Bein schwer verletzt sei. Dennoch benutzte sie beim Gehen – höchstwahrscheinlich zur Toilette – weder Stock noch Krücken.
Er hätte keine Sekunde über die ganze Sache nachgedacht, wären da nicht die beiden Männer gewesen, die an der gegenüberliegenden Wand lehnten. Obwohl sie sich größte Mühe gaben, passten sie nicht ins Bild. Sie trugen schwarze Lederjacken, aber brandneue, die aussahen, als hätten sie sie am selben Tag erst gekauft. Ihre Hemden waren schwarz, aber aus Seide. Die Hosen mit Bundfalten. Und ihre Schuhe? Die waren aus Leder, teuer, und Zach hätte so etwas nicht einmal mit vorgehaltener Waffe angezogen. Und sobald sie sich bewegte, gingen sie ihr nach. Zach kippte seinen Tequila und folgte ihnen ebenfalls.
Er hatte sich gerade durch die Menge bis zum Hinterausgang des Clubs gedrängt, als er sie entdeckte. Einer hatte die Frau um die Taille gepackt und hochgehoben. Er hielt ihr den Mund zu, und die drei verschwanden durch die Hintertür. Es geschah so schnell, dass es keiner der anderen Gäste bemerkte.
Zach lief los, stieß Leute aus dem Weg, da er befürchtete, zu spät zu kommen. Er platzte durch den Hintereingang in die Seitengasse hinaus. Sie hatten die Frau zu Boden geworfen, und einer hatte die Hand erhoben. Für jeden anderen hätte es ausgesehen, als wolle er ihr eine Ohrfeige verpassen. Doch Zach wusste, dass ein Schlag dieser Hand der Frau die Kehle zerfetzt hätte. Er knurrte und ließ seine Eckzähne ausfahren. Die Männer drehten sich um, und einer antwortete mit einem Brüllen.
Doch bevor Zach irgendetwas tun konnte, zog die Frau ein langes, schmales Stück Metall aus ihrem abgetragenen Cowboystiefel und rammte es einem ihrer Angreifer in die Innenseite des Schenkels. Er brüllte wieder auf, diesmal vor Wut und Schmerz. Dem Unverletzten schien aufzugehen, dass es jetzt kein einfacher Mordplan mehr war. Die Frau würde nicht kampflos sterben. Also schnappte er sich seinen Partner, und die beiden verließen im Laufschritt die Seitengasse, wobei sie eine Blutspur hinterließen.
Zach ging zu der Frau hinüber, die inzwischen die Waffe wieder in ihren Stiefel geschoben hatte und jetzt versuchte, sich aufzurappeln – eindeutig ein größeres Unterfangen. Zach seufzte, nahm ihren Arm und zog sie mühelos hoch.
„Hey!“, blaffte sie und schaute zu ihm auf. Von seinem Platz an der Bar aus hatte er nicht sehen können, wie hübsch sie eigentlich war. Unglaublich hübsch. Dunkelbraune Augen sahen ihn unter schwarzen Wimpern hervor an. Ihre Haut war von einem hellen Braun mit einer Spur Rot. Und die brutale Narbe auf ihrer Wange konnte ihre scharf gezeichneten Wangenknochen und die vollen Lippen nicht verbergen. Eigentlich unterstrich sie sie sogar.
Diese eindringlichen Augen sahen ihn direkt an. „Hübsche Zähne“, murmelte sie betrunken. Sie hatte einen leichten texanischen Akzent. Nicht so deftig wie die anderen, die er auf der Fahrt von Kalifornien hierher gehört hatte. „Lang.“ Ihr rechter Zeigefinger schob sich in seinen Mund. Plötzlich ging ihm auf, dass er seine Eckzähne nicht wieder eingezogen hatte.
Jetzt lächelte sie ihn an und sagte: „Du bist auch hübsch.“ Wow, sie war wirklich sehr betrunken. Plötzlich zu Kräften gekommen, knallte sie Zach an die gegenüberliegende Wand. „So einen Hübschen wie dich habe ich noch nie gesehen.“
Zach war in seinem Leben schon einiges genannt worden, aber „hübsch“ war nicht dabei gewesen. Gleichzeitig knurrend und lächelnd – äh, nein –, anzüglich grinsend, lehnte sie sich an ihn; ihre Brüste drückten durch das T-Shirt gegen seine Brust und erschreckten ihn mit der Hitze ihres Körpers.
Sie küsste ihn. Weiche Lippen auf seinem Mund; die Zunge glitt zwischen seine Zähne.
Ihre Zungen trafen sich, und Zach hatte das unglaubliche Bedürfnis, sie sofort und hier in dieser Seitengasse zu nehmen. Als sie die Hand vorn in seine Jeans schob und mit festem Griff die sekündlich wachsende Beule umfasste, wusste er, dass er diese Frau haben musste. Jetzt. Sofort. In diesem Augenblick. Bevor er jedoch auch nur die Arme um sie legen konnte, wurde sie von ihm weggezogen. Weggerissen, seinem Gefühl nach.
Er war so in sie vertieft gewesen, dass er nicht einmal gemerkt hatte, wie ihre Freundinnen eindeutig kampfbereit in die Seitengasse gestürmt waren. Diejenige, die Miki hieß, hatte einen Baseballschläger dabei, wahrscheinlich von hinter der Bar. Die andere, Angelina, hatte ihre hochhackigen Schuhe ausgezogen und schien bereit, die Sache mit bloßen Händen auszutragen. Ja, Zach hatte sich keine Sekunde lang von ihren Designerklamotten täuschen lassen. Diese Frau konnte einem die Kehle durchschneiden, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie strahlte unmissverständlich aus, dass sie selbst auf sich aufpassen konnte.
„Sara!“, kreischte Angelina, während sie Sara von Zach wegriss. Miki blieb im Hintergrund und schaute nur zu, den Baseballschläger immer noch schlagbereit. Zach konnte nur vermuten, wie es für sie aussehen musste, wenn ihre Freundin einem Fremden die Zunge in den Hals und die Hand in die Hose steckte. „Was soll das?“
Zach zog eilig seine Reißzähne so weit ein, dass sie normalen menschlichen Eckzähnen glichen, gerade rechtzeitig, bevor Angelina ihn ansah und aufmerksam musterte. Leider konnte er sein Ding nicht so beherrschen wie seine Zähne.
Sara machte sich von Angelina los und lehnte sich wieder an Zach. Erneut lächelte sie, den Blick auf seine Lippen gerichtet. „Das ist mein hübscher Mann. Ist er nicht toll? Ich glaube, ich liebe ihn.“
Miki verdrehte die Augen und senkte den Schläger. „Das soll ja wohl ein Witz sein!“
Angelina machte eine Bewegung auf ihre Freundin zu. „Okay, Süße, aus dir spricht eine halbe Flasche Tequila. Aber jetzt lassen wir den ›hübschen Mann‹ gehen.“
„Nein!“, blaffte sie, und ihre Freundin erstarrte in der Bewegung. Zach sah zu, verblüfft über Saras Aggression.
Doch ihren Freundinnen schien nicht klar zu sein, wie nah sie echter Gefahr waren. Miki fing an zu lachen, Angelina dagegen sah eher gelangweilt aus. „Sara, Süße, du musst dein Spielzeug gehenlassen.“
„Hey!“, grollte Zach.
Angelina warf ihm einen bösen Blick zu. „Leg dich nicht mit mir an!“, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Okay, okay.“ Sara richtete sich auf. „Streitet nicht meinetwegen. Ich habe schon verstanden. Ich komme mit.“
Angelina entspannte sich sichtlich. „Gut.“
„Aber …“, flüsterte Sara, sodass nur Zach sie hören konnte, legte die Hand in seinen Nacken und zog ihn zu sich herab, „es wäre einfach unhöflich, vorher nicht gute Nacht zu sagen.“
Sie küsste ihn noch einmal. Und sofort setzte mit voller Wucht wieder dieser Drang ein, sie hier und jetzt zu nehmen, ob ihre Freundinnen zusahen oder nicht.
„Hey!“, rief Miki lachend aus.
Bevor er Sara über eine Mülltonne legen konnte, hatte Angelina ihre Freundin schon um die Taille gefasst und schleppte sie zurück in den Club. „Na komm, du aufsässiges Mädchen. Wir flößen dir Kaffee ein, bevor du wieder ein Auto in Brand steckst.“
„Tschüss, hübscher Mann!“ Sara winkte.
Miki öffnete die Hintertür, und Angelina warf ihre Freundin buchstäblich hinein. „Das reicht. Kein Tequila mehr für dich, junge Dame. Nie mehr.“ Miki folgte ihnen, blieb aber am Eingang stehen und drehte sich noch einmal zu Zach um. „Tut mir leid. Sie ist echt betrunken.“
„Kein Problem“, brachte Zach hervor, der all seine innere Kraft brauchte, um sein Ding unter Kontrolle zu bekommen.
Miki ließ ein hübsches Lächeln aufblitzen und wollte in den Club gehen. Da blieb sie abrupt stehen. „Du meine Güte, Angie! Hilf ihr vom Boden auf!“
Zach zog ein Handy heraus und drückte eine Taste. Während er auf die Verbindung wartete, rückte er rasch seine plötzlich eng gewordene Jeans zurecht. „Hey“, sagte er, als jemand das Gespräch annahm. „Hier ist Zach. Sie ist es definitiv. Aber sie sind schon hier.“


Kapitel 1

„Er steht auf der Liste.“
„Aber er …“
„Er steht auf der Liste!“
Sara saß hinter dem Tresen von Marrec’s Choppers, dem Laden, in dem sie arbeitete, seit sie vierzehn war, und beobachtete das wöchentliche Ritual ihrer zwei besten Freundinnen.
„Sara“, befahl Miki. „Die Liste!“ „Würdet ihr zwei Zicken bitte damit aufhören? Ich habe Migräne.“
„Nein. Du hast einen Kater. Los jetzt, die Liste.“ Sara seufzte. „Keine Cowboys. Keine Biker. Keine wie auch immer gearteten Kriminellen. Und keine Republikaner.“
„Und?“, drängte Miki.
Sara und Angelina zuckten die Achseln.
„Keine Rodeo-Clowns.“
„Die hast du eben erst draufgesetzt“, schnauzte Angie sie an. Just an diesem Morgen hatte sie ein Rodeo-Clown um ein Date gebeten.
„Nein, nein. Die standen schon immer auf der Liste.“
„Er ist ein netter Kerl!“
„Er verdient seinen Lebensunterhalt damit, vor Bullen davonzurennen! Er wird dich bescheißen!“
„Schreit nicht so!“ Sara barg das Gesicht in den Händen. „Lasst mich einfach in Frieden sterben.“
„Das hat man davon, wenn man sich die Lampen ausschießen muss“, tadelte Miki.
Angie legte Sara den Arm um die Schultern. „Süße, es ist jetzt sechs Monate her, seit deine Großmutter gestorben ist. Vielleicht wird es langsam Zeit, mit dem Feiern aufzuhören. Vor allem, da du anscheinend zur Hure wirst, wenn du etwas getrunken hast.“
„Werde ich gar nicht!“ Doch Sara konnte sich bei der dunklen, alkoholvernebelten Erinnerung daran, wie sie hinter ihrem Lieblingsclub irgendeinen armen Kerl angefallen hatte, ein Lächeln nicht verkneifen. „Abgesehen davon feiere ich nicht. Ich bin nur froh, dass meine Großmutter …“
„In der Hölle schmort?“, warf Miki ein.
„Das ist nicht erwiesen.“ Außerdem war sich Sara ziemlich sicher, dass Satan die boshafte alte Kuh nicht haben wollte.
Sara rieb sich die Schläfen. Ihre Kopfschmerzen würden irgendwann vorbeigehen. Schmerzen waren sowieso ein Teil ihres Lebens. Das würde sich niemals ändern. Ihr rechtes Bein schmerzte schon seit mehr als zwanzig Jahren mehr oder weniger unerträglich. Sie hatte ganz einfach gelernt, es zu ignorieren. Bis neulich. In letzter Zeit war es … nein. Sie würde jetzt nicht in Selbstmitleid verfallen. Das hatte sie am Abend zuvor zum Trinken gebracht. Dummes Selbstmitleid. Ihr Leben hätte wirklich schlimmer sein können. Zum Henker, sie könnte tot sein!
Oder es könnte ihr wie der jungen Frau gehen, die gerade in den Laden gestolpert kam, das Gesicht und die Lederjacke mit Schmutz und Blut verschmiert.
„Heilige Scheiße!“ Sara hinkte eilig um den Tresen herum. „Leute, ruft einen Krankenwagen! Marrec!“, schrie sie hinter sich. „Komm schnell!“
„Nein, nein. Mir geht’s gut.“ Die Frau winkte ab.
„Ehrlich? Du siehst beschissen aus“, bemerkte Miki.
„Unfall mit dem Motorrad.“ Das Mädchen streckte sich, und Sara hörte jeden einzelnen Knochen knacken. „Wegen dem bin ich eigentlich hier. Ihr habt einen Mechaniker, oder?“
Angelina musterte die Frau von oben bis unten. „Brauchst du wirklich keinen Krankenwagen?“
„Oder vielleicht einen Leichenwagen“, murmelte Miki vor sich hin.
Sara versetzte ihrer Freundin einen Stoß mit dem Ellbogen. Das tat sie bei Miki oft.
„Nö. Nur einen Mechaniker. Und ein Badezimmer.“
„Ich bringe sie hin.“ Angelina führte das Mädchen in den hinteren Bereich des Ladens.
Marrec erschien mit ölverschmiertem Gesicht, auch Hände und T-Shirt waren ölverschmiert. Der Mann war wahrscheinlich Mitte sechzig, aber er wirkte eher wie ein vorzeitig ergrauter Fünfundvierzigjähriger. Er war kleiner als Sara, aber kräftig gebaut, und er hatte sie unter seine Fittiche genommen, als ein egozentrischer College-Footballer sie während einer Prügelei, von der Miki immer noch behauptete, es sei nicht ihre Schuld gewesen, kopfüber durch Marrecs Ladentür geworfen hatte.
„Was ist los?“ Marrec wischte sich die Hände an einem Lappen ab.
„Irgendein Mädel hatte einen Unfall.“
Miki schaute aus dem großen Schaufenster. „Mann, schau dir das Bike an! Sie müsste eigentlich tot sein.“
Marrec warf einen Blick darauf, und seine Augen wurden schmal. „Sie kann noch gehen?“
„Ob du’s glaubst oder nicht“, antwortete Sara. „Angelina hat sie ins Bad gebracht.“
Angelina kehrte zu ihren Freundinnen zurück. „Sie ist im Bad. Ich warte nur darauf, einen Aufprall zu hören.“
„Ich gehe mir ihr Bike ansehen“, murmelte Marrec schon im Gehen.
Nach ungefähr zehn Minuten kam die Frau zurück. Sie hatte sich das Gesicht und die Hände gewaschen und Blut und Schmutz aus den Haaren gespült. Sie war überraschend hübsch – und sah aus, als könne sie einen Buick stemmen.
„Viel besser“, verkündete sie. Dann wandte sie sich den drei Frauen zu, die sie anstarrten. „Stimmt was nicht?“
„Wir warten nur darauf, dass du ohnmächtig wirst“, gab Miki zu.
Die Frau grinste. „Mechaniker?“
„Das ist Marrec. Er sieht sich gerade dein Bike an.“ Sara schaute aus dem Fenster. „Aber Süße, dein Bike ist geliefert.“
„Glaubst du?“ Sie ging hinaus; Sara, Miki und Angie folgten ihr.
Sara staunte, wie schnell sich die Frau zu erholen schien. Vielleicht war sie auf irgendwelchen neuen Schmerzmedikamenten. Sara musste sie fragen. Vielleicht würde sie das Zeug bald selbst brauchen.
Das Mädchen ging zu den übel zugerichteten Überresten ihres Bikes hinüber. „Mein armes Baby.“
Sara sah, wie Miki die Augen verdrehte. Ihre kleine Freundin würde die Liebe der Biker zu ihren Choppern nie verstehen. Die Leidenschaft.
Marrec, der immer noch neben dem Motorrad kauerte, stand langsam auf und sah die Frau finster an. Sie starrten einander in die Augen. Das war alles. Sie starrten nur. Schließlich wandte sich die Frau ab.
Miki stieß Sara an, doch die ignorierte es. Sie hatte das schon oft bei Marrec gesehen. Diese „komische Sache“ machte er ständig. Manchmal sogar mit seinen eigenen Söhnen oder seiner Frau. Aber zum Henker, Miki machte selbst haufenweise komische Dinge, also konnte sie sich wohl kein Urteil erlauben.
„Wo hattest du überhaupt den Unfall?“, fragte Angelina.
Die Frau kniete neben dem verbogenen Metall nieder. „Keine Ahnung. Ich glaube, ungefähr vor zwei Meilen.“
Die Freundinnen tauschten Blicke.
„Wie hast du dein Bike hierhergebracht?“
„Hab’s geschleppt.“ Die Frau drehte den Kopf, als Marrec sich zum Eingang des Parkplatzes umwandte.


„Moment mal.“ Miki versuchte nicht einmal, ihre Ungläubigkeit zu verbergen. „Du willst uns weismachen, dass du das Ding bis hierher geschleppt hast? In deinem Zustand? Blödsinn“, endete sie kategorisch.
Wie immer war Miki subtil wie ein Vorschlaghammer.
Das Mädchen ignorierte sie einfach. „Gut“, sagte sie erleichtert. „Sie sind da.“ Sie stand auf und ging in Richtung Parkplatzeinfahrt. Dort bogen gerade vier wunderschöne, aufgemotzte Chopper ein, jeder davon mit einer Frau im Sattel. Sie hielten neben dem Mädchen an.
„Schau dir das an.“ Angelina stieß ihren Freundinnen die Ellbogen in die Seiten. „Lesben. In Texas.“
„Hältst du bitte die Klappe?“ Sara kicherte.
„Julie, schön, dass du noch lebst“, sagte die älteste der Frauen. Sie hatte graue Strähnen in den blonden Haaren und Falten im Gesicht. Wahrscheinlich war sie einmal umwerfend gewesen. Jetzt war sie nur noch schön.
Die Frau stieg ab und umarmte das ramponierte Mädchen. „Fehlt dir ganz sicher nichts?“
„Ja, Casey. Mir geht’s gut.“ Das Mädchen lehnte sich an sie und flüsterte etwas. Casey sah zu Marrec hinüber.
„Kein Problem.“ Casey ging zu ihm hinüber. „Ist das Ihr Laden?“
Sara sah, wie ihr Boss sich aufrichtete und die Arme vor der breiten Brust verschränkte. „Ja.“
Die Frau lächelte kühl. „Haben Sie einen Moment?“
Marrec betrachtete die Frau aufmerksam. „Sara“, sagte er, ohne den Blick von Casey abzuwenden, „geh rein.“
Eine erschrockene Sara sah ihre ebenso erschrockenen Freundinnen an. „Soll das ein Witz sein?“ Es musste ein Witz sein. Marrec befahl ihr selten etwas. Vor allem befahl er ihr nie wie einer Zehnjährigen, wegzugehen.
Sein Gesichtsausdruck zeigte ihr aber deutlich, dass er es ernst meinte. Doch bevor Sara ihm klipp und klar sagen konnte, wohin er sich scheren sollte, schaltete sich Casey ein.
„Julie braucht ein neues Bike. Das hier fährt nirgendwo mehr hin. Könntest du ihr zeigen, was ihr im Angebot habt?“
Sara schnaubte über diesen schwachen Versuch, sie loszuwerden.
„Wow, Julie. Dein Bike ist im Arsch!“ Diese leise Feststellung kam von einer winzigen Asiatin, die neben dem Totalschaden kauerte.
„Ich weiß, Kelly. Ich weiß.“
„Keine Sorge“, sagte Casey. „Wir besorgen dir hier ein neues. Kelly hat das Bargeld und die Karten. Ich glaube, es wird Zeit, dass wir ein bisschen Geld ausgeben.“
Miki verschränkte die Arme vor der Brust. „Drogengeld, nehme ich an?“, fragte sie süffisant.
Angelina riss die Augen auf, und Sara hielt ihrer Freundin den Mund zu. Casey zog eine Augenbraue hoch und schaute Sara direkt an. Als könne sie Miki kontrollieren oder so etwas. Zum Henker, niemand konnte Miki kontrollieren.
„Wie wär’s, wenn Sie alle hereinkommen und sich ansehen, was wir haben?“, schlug Sara eilig vor. „Wir haben gerade ein paar tolle Sachen reinbekommen.“
Casey nickte ihren Frauen zu, und sie betraten den Laden, während sie selbst mit Marrec außer Hörweite ging. Als sie allein waren, stießen Sara und Angelina tiefe Seufzer aus.
„Drogengeld, nehme ich an?“, zischte Angelina und versetzte Miki einen kräftigen Schubs.
Miki zuckte die Achseln. „Ich hab doch nur gefragt!“
„Lass es. Frag einfach nicht. Zweifle nicht. Hinterfrage nicht.“ Angelina ging auf die Tür zu, wirbelte aber noch einmal mit finsterem Blick auf ihren Zehn-Zentimeter-Designer-Highheels zu Miki herum. „Und versuch zu vermeiden, dass dir Biker-Chicks die Scheiße aus dem Leib prügeln. Glaubst du, du schaffst das?“
„Glaubst du, du schaffst das?“, äffte Miki sie wütend nach, als sie Angelina in den Laden folgte. Sara sah, wie Miki den Türgriff umfasste, aber drückte, statt zu ziehen, und gegen die Tür knallte. „Scheiße!“
Sara lachte und spürte, wie ihre Kopfschmerzen vergingen.

Über G. A. Aiken

Biografie

G. A. Aiken ist New-York-Times-Bestsellerautorin. Sie lebt an der Westküste der USA und genießt dort das sonnige Wetter, das gute Essen und die Aussicht auf attraktive Strandbesucher. Ihre erfolgreichen Erotic-Fantasy-Reihen um die Drachenwandler, „Lions“, „Tigers“, „Honey Badgers“, „Wolf Diaries“,...

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