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High Fantasy-Romane

Wo Magie Realität wird und Abenteuer warten

Epische High Fantasy-Romane

Detailreiche Welten, in denen Magie, heroische Abenteuer und epische Schlachten den Alltag bestimmen, sind das Markenzeichen von High Fantasy-Sagas.Die Geschichten sind nicht nur spannend, die Fantasy-Universen haben ihre eigene Geschichte, Kultur, Religion und Gesellschaftsstruktur mit interessanten Charakteren, von mächtigen Zauberern bis zu einfachen Bauern. So bieten sie auch eine unterhaltsame Flucht aus unserer Realität, die mit ihrer Technologie und Vernetzung immer komplexer wird.

Mit unserer Bücherliste werfen wir einen Blick auf einige der bemerkenswertesten Werke und Autor:innen dieses Genres, darunter die "Rad der Zeit"-Reihe und Autoren wie Markus Heitz, Brandon Sanderson und Richard Schwartz.

Eine furchtlose Frau, die Götter tötet

Jetzt Band 2 der fesselnden High Fantasy-Trilogie Godkiller von Sunday-Times-Bestsellerautorin Hannah Kaner lesen

 

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SunbringerSunbringer
Paperback (18,00 €) E-Book (14,99 €)
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Roman

Band 2 der epischen High-Fantasy-Trilogie

Ein Krieg, der das Land zerreißt, und drei Freunde, die sich gegeneinander wenden müssen.

Nach König Arrens Verrat ruft Elogast voller Wut zur Rebellion auf und entfesselt einen Krieg. Zu Skedis Entsetzen ist Inara fest entschlossen zu kämpfen. Je mehr er versucht, sie abzuhalten, desto schwächer wird das Band zwischen ihnen. Und nicht nur das – Skedi entdeckt, dass er nicht der einzige Gott ist, mit dem Inara eine Bindung eingehen kann. Währenddessen hat Kyssen keine andere Wahl, als sich gegen ihre Freunde zu richten: Sie muss den König um jeden Preis retten … 

#1 Sunday-Times-Bestseller und TikTok-Sensation

Zu Band 1:

„Düster, gewaltig und unglaublich fesselnd.“ – The Fantasy Hive

„Kaners Debüt hat alles, was Fantasy Fans sich wünschen und noch mehr: Es ist voll von Blutbädern, Dämonen und Magie, während zeitgenössische Werte und Inklusion zelebriert werden.“ – Financial Times

“Ein wundervolles, gewaltiges und explodierendes Debüt, welches im Kern eine klassische Quest mit einem ungleichen Trio trägt.“ – Daily Mail

Band 1: Godkiller
Band 2: Sunbringer

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Spannende High Fantasy-Reihen

Welche Buchreihen sind empfehlenswert? Mit welchen Büchern sollte man starten?

Die Nebelgeborenen

Brandon Sanderson zählt zu einer der wichtigsten Autoren in der modernen fantastischen Literatur. Er hat eine der monumentalsten Werke der High Fantasy  - Das Rad der Zeit  - nach dem Tod des Autoris Robert Jordan fortgeführt.

Die meisten seiner Bücher spielen in der faszinierenden Welt von Kosmeer, einer faszinierenden, vielschichtigen Welt, in der es viel zu entdecken gibt. Wer neu in Brandon Sandersons Fantasy-Universum einsteigen möchte, dem empfehlen wir den ersten Band der Nebelgeborenen-Reihe, 

Blick ins Buch
Kinder des NebelsKinder des Nebels

Die Nebelgeborenen 1

Fesselnd und magisch: der fulminante Auftakt zu einer atemberaubenden Fantasy-Saga von Brandon Sanderson  

Die Landschaft ist von Asche bedeckt, der Himmel blutrot. Nachts steigen geheimnisvolle Nebel vom Boden auf. Diese düstere Welt, das Letzte Reich, regiert der Oberste Herrscher schon seit über tausend Jahren mit eiserner Faust.  

Das Volk der Skaa hält der grausame Despot als Sklaven, die Oberschicht wird von sogenannten Obligatoren und Inquisitoren kontrolliert. Es scheint, als hätte das Böse endgültig die Oberhand über die Welt gewonnen.   

Doch dann taucht ein junger Mann namens Kelsier auf, ein Nebelgeborener. Er will den Obersten Herrscher endgültig vernichten – mithilfe der Skaa und seiner neuen Magie, der Allomantie: Nebelgeborene können mithilfe von Metallen magische Fähigkeiten entwickeln.  

Stoffe wie Eisen, Stahl, Zinn, Zink, Messing oder Bronze lassen ihre Sinne schärfer werden oder ihre Kräfte wachsen. Mit vereinten magischen Kräften wollen die Skaa um Kelsier und seine Schülerin Vin das Unvorstellbare wagen und den seit Urzeiten waltenden Alleinherrscher stürzen.   

Vielschichtig und fesselnd: High-Fantasy-Welten von Brandon Sanderson  

High Fantasy oder epische Fantasy bezeichnet Fantasy, die in einer magischen, uns völlig fremden Welt spielt. Wie J.R.R. Tolkien mit seinem Mittelerde oder Robert Jordan mit Rad der Zeit entwirft auch Brandon Sanderson mit beeindruckender Vorstellungskraft und Liebe zum Detail ebenso komplexe wie anschauliche Welten und magische Systeme.   

Einstieg in die Nebelgeborenen-Saga voller Magie und Metalle   

Nach seinem gefeierten Debütroman „Elantris“ legt Fantasy-Autor Brandon Sanderson mit der Trilogie um die mit magischen Fähigkeiten kämpfenden Nebelgeborenen nach. „Die Kinder des Nebels“ ist der gelungene, temporeiche Einstieg in die Welt des Letzten Reiches, in dem eine Gruppe Abtrünniger versucht, die Welt von ihrem grausamen Herrscher zu befreien. 


*** Weitere Bände der Reihe ***

Erstes Zeitalter der Nebelgeborenen:

Kinder des Nebels (Band 1)
Krieger des Feuers (Band 2)
Held aller Zeiten (Band 3)

Zweites Zeitalter der Nebelgeborenen („Wax & Wayne“-Reihe):

Hüter des Gesetzes (Band 4) (vormals erschienen als: Jäger der Macht)
Schatten über Elantel (Band 5)
Bänder der Trauer (Band 6)
Metall der Götter (Band 7)

Die Philosophen versichern mir, die Zeit sei gekommen, und die Zeichen seien eindeutig. Aber ich frage mich immer noch, ob sie nicht den falschen Mann haben. So viele Menschen sind von mir abhängig. Sie sagen, ich halte die Zukunft der gesamten Welt in den Händen.

Was würden sie wohl sagen, wenn sie wüssten, dass ihr Meister – der größte Held aller Zeiten, ihr Retter – an sich selbst zweifelt? Vielleicht wären sie gar nicht mal entsetzt. Und genau das ist es, was mir in gewisser Hinsicht die meisten Sorgen bereitet. Vielleicht zweifeln sie in ihren Herzen ebenfalls – genau wie ich.

Sehen sie in mir einen Lügner?

 

 

 

Prolog

 


Asche fiel vom Himmel. 

Graf Tresting runzelte die Stirn und sah hinauf zum rötlichen Mittagshimmel, während er über sich und seinem geschätzten Gast einen Schirm aufspannte. Ascheregen war nicht ungewöhnlich im Letzten Reich, doch Tresting hatte gehofft, Rußflecken auf seinem neuen Mantel und der roten Weste vermeiden zu können, die vor kurzem mit dem Kanalboot direkt aus Luthadel eingetroffen waren. Zum Glück war es nicht sehr windig; der Schirm würde also das Schlimmste abhalten.

Tresting stand mit seinem Gast auf einer kleinen Terrasse, welche vom Hügel aus die Felder überblickte. Hunderte Menschen in braunen Kitteln arbeiteten in der niedergehenden Asche und kümmerten sich um das Getreide. Ihren Bemühungen haftete etwas Schwerfälliges an, aber so waren die Skaa nun einmal. Diese Bauern waren ein träger, unproduktiver Haufen. Sie beschwerten sich natürlich nicht, dazu waren sie nicht dumm genug. Sie arbeiteten einfach mit gebeugten Köpfen weiter und gingen teilnahmslos ihren Tätigkeiten nach. Die Peitsche des Zuchtmeisters vermochte sie für kurze Zeit zu entschiedeneren Bewegungen anzutreiben, doch sobald er weiterging, verfielen sie wieder in ihre gewohnte Mattigkeit.

Der Graf wandte sich an den Mann, der neben ihm auf dem Hügel stand. „Man sollte doch glauben, dass mehr als tausend Jahre Feldarbeit sie etwas effektiver gemacht hätten“, bemerkte er.

Der Obligator nickte und hob eine Braue. Es war, als sei diese knappe Bewegung nur geschehen, um sein charakteristischstes Merkmal zu unterstreichen: verschlungene Tätowierungen, welche die Haut um die Augen herum bedeckten. Diese Tätowierungen waren enorm; sie reichten bis hoch zur Stirn und setzten sich auch an den Nasenflügeln fort. Er war ein Prälan – ein wirklich sehr wichtiger Obligator. Im Haus hatte Tresting seine eigenen Obligatoren, doch sie waren nur niedere Würdenträger und trugen kaum mehr als ein paar eintätowierte Zeichen um die Augen. Dieser Mann hier war mit demselben Kanalboot aus Luthadel eingetroffen, das auch Trestings neue Kleider befördert hatte.

„Ihr solltet erst einmal die Stadt-Skaa sehen“, meinte der Obligator, während er sich umdrehte und die Skaa-Arbeiter beobachtete. „Diese hier sind eigentlich recht emsig, wenn man sie mit denen in Luthadel vergleicht. Ihr habt eine größere …, will sagen, eine direkte Kontrolle über Eure Skaa hier. Was glaubt Ihr, wie viele habt Ihr diesen Monat verloren?“

„Etwa ein halbes Dutzend“, sagte Tresting. „Einige sind an den Schlägen gestorben, andere an Erschöpfung.“

„Flüchtige?“

„Niemals!“, betonte Tresting. „Kurz nachdem ich das Land von meinem Vater geerbt habe, gab es ein paar Ausreißer. Ich habe ihre gesamten Familien hinrichten lassen. Da hat der Rest schnell den Mut verloren. Ich habe nie begriffen, wie man mit den Skaa Schwierigkeiten haben kann. Meiner Meinung nach sind diese Kreaturen einfach zu kontrollieren, wenn man nur hart genug durchgreift.“

Der Obligator nickte; er bewegte sich kaum in seiner grauen Robe. Anscheinend war er zufrieden, was ein gutes Zeichen war. Die Skaa waren streng genommen nicht Trestings Eigentum. Wie alle Skaa gehörten sie dem Obersten Herrscher. Tresting hatte die Arbeiter nur von seinem Gott gemietet, so wie er auch für die Dienste der Obligatoren Seiner Majestät bezahlen musste.

Der Obligator senkte den Blick auf seine Taschenuhr und schaute dann hoch zur Sonne. Trotz des Ascheregens war es heute sehr hell; die Sonne leuchtete in einem strahlenden Karmesinrot hinter der rauchigen Schwärze des oberen Himmels. Tresting zog ein Taschentuch hervor und wischte sich damit über die Stirn. Er war dankbar für den Schatten unter dem Schirm, der ihn ein wenig vor der Mittagshitze schützte.

„Sehr gut, Tresting“, meinte der Obligator. „Ich werde Euren Vorschlag wie gewünscht Graf Wager unterbreiten. Er wird von mir einen wohlwollenden Bericht über Eure Tätigkeit hier erhalten.“

Tresting unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung. Es bedurfte immer eines Obligators, um einen Vertrag oder sonstige geschäftliche Vereinbarungen zwischen Adligen zu bezeugen. Natürlich hätte auch einer der niederen Obligatoren, wie Tresting sie selbst beschäftigte, ein solcher Zeuge sein können, doch es war viel besser, Straff Wagers eigenen Obligator zu beeindrucken.

Der Obligator drehte sich zu ihm um. „Ich werde heute Nachmittag mit dem Kanalboot abreisen.“

„Jetzt schon?“, fragte Tresting. „Wollt Ihr nicht bis zum Abendessen bleiben?“

„Nein“, entgegnete der Obligator. „Allerdings gibt es da noch eine Sache, über die ich mit Euch sprechen muss. Ich bin nicht nur auf Geheiß von Graf Wager hergekommen, sondern auch, weil ich mich um eine Angelegenheit der Bezirksinquisition zu kümmern habe. Es läuft das Gerücht um, dass Ihr mit Euren Skaa-Frauen zu tändeln beliebt.“

Tresting spürte, wie Kälte in ihm hochkroch.

Der Obligator lächelte. Vermutlich sollte es entwaffnend wirken, doch Tresting empfand es als unheimlich. „Seid unbesorgt, Tresting“, beschwichtigte der Obligator. „Wenn man sich über Eure Taten wirklich Gedanken machen würde, dann hätte man an meiner statt einen Stahlinquisitor hergeschickt.“

Tresting nickte langsam. Inquisitor. Er hatte noch nie eines dieser unheimlichen Geschöpfe gesehen, aber er hatte viele Geschichten über sie gehört.

„Ich habe keine weiteren Fragen mehr, was Euren Umgang mit den Skaa-Frauen angeht“, meinte der Obligator und betrachtete wieder die Felder. „Was ich hier gesehen und gehört habe, weist darauf hin, dass Ihr hinterher aufzuräumen pflegt. Ein Mann wie Ihr – so effizient und leistungsfähig – könnte es in Luthadel weit bringen. Noch ein paar Jahre Arbeit, ein paar kluge Handelsgeschäfte, und … wer weiß?“

Der Obligator wandte sich von ihm ab, und Tresting lächelte. Das war zwar kein Versprechen, ja nicht einmal eine Prophezeiung – Obligatoren waren eher als Bürokraten und Zeugen tätig denn als Priester –, aber ein solches Lob aus dem Munde eines Dieners des Obersten Herrschers zu hören … Tresting wusste, dass manche Adligen die Obligatoren als beunruhigend erachteten – einige empfanden sie sogar als Ärgernis –, doch in diesem Augenblick hätte Tresting seinen vornehmen Gast küssen können.

Er wandte den Blick wieder auf die Skaa, die still unter der blutigen Sonne und den träge niedersegelnden Ascheflocken arbeiteten. Tresting war seit je einer jener Landadligen, die auf ihren Anwesen wohnten und davon träumten, irgendwann nach Luthadel zu ziehen. Er hatte von den Bällen und anderen Festlichkeiten gehört, vom Glanz und den Intrigen, und all das begeisterte ihn geradezu unmäßig.

Heute Nacht werde ich feiern, dachte er. Da gab es dieses junge Mädchen aus der vierzehnten Hütte, das er schon seit einiger Zeit beobachtete …

Er lächelte abermals. Noch ein paar Jahre Arbeit, hatte der Obligator gesagt. Vielleicht konnte Tresting sein Ziel schneller erreichen, wenn er etwas härter arbeitete? In der letzten Zeit war seine Skaa-Bevölkerung angewachsen. Wenn er sie ein wenig stärker antrieb, konnte er möglicherweise in diesem Sommer eine zusätzliche Ernte einbringen und den Vertrag mit Graf Wager schneller erfüllen.

Tresting nickte, während er die Masse der trägen Skaa beobachtete. Einige arbeiteten mit Hacken, andere auf Händen und Knien und wischten die Asche von dem knospenden Getreide. Sie beschwerten sich nicht. Sie hofften nichts. Sie wagten kaum zu denken. So sollte es sein, denn sie waren Skaa. Sie waren …

Tresting erstarrte, als einer der Skaa plötzlich aufschaute. Der Mann begegnete Trestings Blick, und ein Funke – nein, ein ganzes Feuer – des Trotzes zeigte sich in seiner Miene. So etwas hatte Tresting noch nie gesehen, jedenfalls nicht im Gesicht eines Skaa. Unwillkürlich trat er einen Schritt zurück. Eiseskälte durchfuhr ihn, als der seltsame, hoch aufgerichtete Skaa seinem Blick standhielt.

Und lächelte.

Tresting schaute weg. „Kurdon!“, rief er.

Der stämmige Zuchtmeister rannte den Hang hoch. „Ja, Herr?“

Tresting drehte sich um und deutete auf …

Er runzelte die Stirn. Wo hatte dieser Skaa gestanden? Wenn sie mit gebeugtem Kopf arbeiteten und ihre Körper von Ruß und Schweiß bedeckt waren, konnte man sie so schwer auseinanderhalten. Er glaubte, den Platz zu kennen, wo der … ein leerer Platz, an dem nun niemand mehr stand.

Aber nein, das war unmöglich. Der Mann konnte sich nicht so schnell aus der Gruppe entfernt haben. Wohin hätte er auch gehen sollen? Er musste noch irgendwo dort unten sein und den Kopf nun angemessen gebeugt halten. Doch jener Augenblick der Widerspenstigkeit war unverzeihlich.

„Herr?“, fragte Kurdon noch einmal.

Der Obligator stand neben ihm und sah ihn neugierig an. Es wäre nicht klug, den Mann wissen zu lassen, dass sich einer der Skaa soeben unverschämt verhalten hatte.

„Nimm die Skaa im südlichen Abschnitt etwas härter ran“, befahl Tresting und deutete auf die betreffende Stelle. „Ich sehe, dass sie sogar für Skaa zu träge sind. Peitsch ein paar von ihnen aus.“

Kurdon zuckte die Achseln und nickte. Es gab kaum einen Grund für eine Züchtigung, aber Tresting brauchte auch keinen Grund, wenn er seine Arbeiter auspeitschen lassen wollte.

Sie waren schließlich nur Skaa.

*

Kelsier hatte die Geschichten gehört.

Er hatte Geflüster über lange vergangene Zeiten gelauscht, als die Sonne noch nicht rot gewesen war. Geschichten über Zeiten, in denen der Himmel nicht voller Rauch und Asche gewesen war, in denen die Pflanzen nicht um ihr Wachsen und Gedeihen hatten kämpfen müssen und in denen die Skaa keine Sklaven gewesen waren. Doch diese Zeiten waren beinahe vergessen. Sogar die Legenden darüber wurden immer verschwommener.

Kelsier beobachtete die Sonne. Sein Blick folgte der riesigen roten Scheibe, die nun auf den westlichen Horizont zukroch. Still stand er eine Weile da, allein auf dem verlassenen Feld. Das Tagwerk war getan, die Skaa waren zurück in ihre Hütten getrieben worden. Bald würden die Nebel kommen.

Er seufzte, drehte sich um und nahm seinen Weg durch Furchen und über Pfade, vorbei an den großen Aschehaufen. Er vermied es sorgsam, auf die Pflanzen zu treten, doch er wusste nicht recht, warum er sich diese Mühe machte. Das Getreide schien der Mühen kaum wert. Es war blass, hatte verwelkte braune Blätter und schien genauso niedergedrückt zu sein wie diejenigen, die sich um es kümmerten.

Die Hütten der Skaa erhoben sich vor ihm im schwindenden Licht. Schon sah Kelsier, wie sich die Nebel bildeten, wie sie die Luft verwölkten und den hügelartigen Gebäuden ein unwirkliches Aussehen verliehen. Die Hütten waren unbewacht; es war nicht nötig, Wachen aufzustellen, denn kein Skaa wagte sich nach draußen, sobald die Nacht angebrochen war. Die Angst vor den Nebeln war zu stark.

Irgendwann muss ich sie davon befreien, dachte Kelsier, während er sich einem der größeren Gebäude näherte. Doch alles zu seiner Zeit. Er zog die Tür auf und schlüpfte nach drinnen.

Sofort verstummte das Gespräch. Kelsier schloss die Tür hinter sich und lächelte die etwa dreißig Skaa an, die sich in dem Raum befanden. In der Mitte brannte ein schwaches Feuer, und der große Kessel darüber war angefüllt mit Wasser, in dem Gemüse schwamm – die Vorbereitungen für das Abendessen. Natürlich würde die Suppe sehr dünn sein, wie immer, aber ihr Geruch war köstlich.

„Guten Abend allerseits“, sagte Kelsier mit einem Lächeln, stellte das Gepäck neben sich und lehnte sich gegen die Tür. „Wie war euer Tag?“

Seine Worte brachen die Stille auf, und die Frauen machten sich wieder an die Zubereitung des Abendessens. Eine Gruppe Männer saß um einen grob gezimmerten Tisch und warf Kelsier unzufriedene Blicke zu.

„Unser Tag war mit Arbeit angefüllt, Reisender“, sagte Tepper, einer der Skaa-Ältesten. „Der bist du irgendwie entronnen.“

„Ich habe nie großen Gefallen an Feldarbeit gefunden“, erwiderte Kelsier. „Sie ist viel zu hart für meine zarte Haut.“ Er grinste und hob Hände und Arme, die mit vielen Schichten dünner Narben bedeckt waren. Sie verliefen der Länge nach an den Armen, als ob sie von einem wilden Tier zerfleischt worden wären.

Tepper schnaubte verächtlich. Für einen Ältesten war er noch recht jung, kaum vierzig und höchstenfalls fünf Jahre älter als Kelsier. Doch der dünne Mann hatte das Gehabe von jemandem, der es gewohnt war zu befehlen und dies gern tat.

„Es ist nicht die Zeit für Leichtfertigkeiten“, sagte Tepper streng. „Wenn wir einen Reisenden beherbergen, erwarten wir von ihm, dass er sich benimmt und jedes Aufsehen vermeidet. Als du dich heute Morgen von den Feldern fortgeschlichen hast, hätte das den Männern in deiner Nähe eine Auspeitschung einbringen können.“

„Stimmt“, meinte Kelsier. „Aber sie hätten auch ausgepeitscht werden können, weil sie am falschen Ort standen, weil sie eine zu lange Pause eingelegt hatten oder husteten, als der Zuchtmeister vorbeiging. Ich habe einmal gesehen, wie ein Mann ausgepeitscht wurde, nur weil sein Herr behauptete, er habe ›unangemessen gezwinkert‹.“

Tepper saß steif und mit zusammengekniffenen Augen da und hatte einen Arm auf den Tisch gelegt. Sein Blick war unnachgiebig.

Kelsier seufzte und rollte mit den Augen. „Bestens. Wenn ihr wollt, dass ich gehe, mache ich mich gleich wieder auf den Weg.“ Er warf sich das Gepäck über die Schulter und zog unbekümmert die Tür auf.

Sofort quoll dichter Nebel durch die offen stehende Pforte, umschmiegte Kelsiers Körper, sank zu Boden und kroch wie ein zögerliches Tier über den Lehm. Einige keuchten entsetzt auf, doch die meisten waren so verblüfft, dass sie nicht das geringste Geräusch von sich gaben. Kelsier stand eine Weile da und schaute hinaus in den düsteren Nebel, dessen kreisende Strömungen von den glühenden Kohlen des Kochfeuers schwach erhellt wurden.

„Mach die Tür zu.“ Teppers Worte waren kein Befehl, sondern eine Bitte.

Kelsier entsprach ihr, drückte die Tür zu und unterbrach damit den Strom des weißen Dunstes. „Der Nebel ist nicht das, was ihr glaubt. Ihr habt viel zu viel Angst vor ihm.“

„Diejenigen, die sich in den Nebel hineinwagen, verlieren ihre Seele“, flüsterte eine Frau. Ihre Worte warfen eine Frage auf. War Kelsier durch den Nebel gewandert? Wenn ja, was war mit seiner Seele geschehen?

Wenn ihr nur wüsstet, dachte Kelsier. „Das heißt wohl, dass ich bleiben soll.“ Er bedeutete einem Jungen mit einem Wink, ihm einen Schemel zu bringen. „Das ist gut, denn es wäre eine Schande gewesen, wenn ich hätte gehen müssen, ohne euch meine Neuigkeiten mitzuteilen.“

Mehr als nur ein Skaa schaute bei dieser Bemerkung auf. Das war der wahre Grund, aus dem sie seine Anwesenheit ertrugen – warum selbst die ängstlichen Landarbeiter einen Mann wie Kelsier beherbergten, einen Skaa, der dem Willen des Obersten Herrschers trotzte, indem er von einer Plantage zur nächsten zog. Er mochte zwar ein Abtrünniger und eine Gefahr für die ganze Gemeinschaft sein, doch er brachte Neuigkeiten aus der Welt da draußen mit.

„Ich komme gerade aus dem Norden“, sagte Kelsier. „Aus den Ländern, in denen die Hand des Obersten Herrschers nicht so deutlich spürbar ist wie hier.“ Er redete mit klarer Stimme, und die Leute beugten sich unwillkürlich in seine Richtung, während sie arbeiteten. Am kommenden Tag würden Kelsiers Worte vor den mehreren hundert Skaa wiederholt werden, die in den anderen Hütten lebten. Die Skaa mochten zwar unterjocht sein, aber sie waren unheilbar geschwätzig.

„Im Westen herrschen örtliche Grafen“, erklärte Kelsier, „und sie sind weit vom eisernen Griff des Obersten Herrschers und seiner Obligatoren entfernt. Einige dieser fernen Adligen sind der Ansicht, dass glückliche Skaa besser arbeiten als misshandelte Skaa. Einer von ihnen, Graf Renoux, hat seinen Zuchtmeistern sogar befohlen, ungenehmigte Auspeitschungen zu unterlassen. Es geht das Gerücht um, dass er darüber nachdenkt, seinen Feld-Skaa einen Lohn zu zahlen, wie ihn die Handwerker in der Stadt bekommen.“

„Unsinn“, sagte Tepper.

„Ich bitte um Entschuldigung“, erwiderte Kelsier. „Ich wusste nicht, dass Hausvater Tepper vor kurzem auf Graf Renoux’ Besitzungen war. Als du kürzlich mit ihm zu Abend gegessen hast, muss er dir etwas erzählt haben, das ich noch nicht weiß.“

Tepper errötete. Die Skaa reisten nicht, und auf keinen Fall speisten sie mit Grafen zu Abend. „Du willst mich zum Narren halten, Reisender“, meinte Tepper, „aber ich weiß, was du vorhast. Du bist derjenige, den man den Überlebenden nennt. Die Narben an deinen Armen verraten dich. Du bringst nichts als Schwierigkeiten – du bereist die Plantagen und schürst überall Unzufriedenheit. Du tust dich an unserem Essen gütlich, erzählst uns deine großartigen Geschichten und Lügen, verschwindest wieder und überlässt es Leuten wie mir, die falschen Hoffnungen auszulöschen, die du unseren Kindern aufschwatzt.“

Kelsier hob eine Braue. „Aber, aber, Hausvater Tepper. Deine Sorgen sind vollkommen unbegründet. Ich habe nicht vor, euch das Essen wegzunehmen. Ich habe mein eigenes dabei.“ Kelsier ergriff sein Gepäck und warf es vor Teppers Tisch auf die Erde. Der offene Beutel fiel zur Seite, und eine ganze Ansammlung von Lebensmitteln rollte auf den Boden. Feines Brot, Früchte und sogar ein paar dicke, geräucherte Würste befanden sich darunter.

Eine Sommerfrucht rollte über den gestampften Lehmboden und kullerte gegen Teppers Fuß. Der Skaa betrachtete die Frucht mit verblüfftem Blick. „Das ist das Essen eines Adligen!“

Kelsier schnaubte. „Wohl kaum. Wisst ihr, für einen Mann von solchem Rang und Ansehen hat euer Graf Tresting einen bemerkenswert schlechten Geschmack. Seine Speisekammer ist eine Schande für sein Haus.“

Tepper wurde noch blasser. „Dahin bist du also heute Nachmittag verschwunden“, flüsterte er. „Du bist zum Herrenhaus gegangen. Du hast … den Meister bestohlen!“

„Allerdings“, bestätigte Kelsier. „Vielleicht darf ich noch hinzufügen, dass zwar der Geschmack eures Grafen beklagenswert ist, was das Essen angeht, aber sein Auge für gute Soldaten erheblich besser ist. Es war eine große Herausforderung für mich, bei Tageslicht in sein Haus zu schleichen.“

Tepper starrte noch immer den Sack mit den Nahrungsmitteln an. „Wenn die Zuchtmeister das hier finden …“

„Dann schlage ich vor, dass ihr es verschwinden lasst“, meinte Kelsier. „Ich wette, es schmeckt etwas besser als eure verwässerte Gemüsesuppe.“

Zwei Dutzend gierige Blicke verschlangen die Lebensmittel. Falls Tepper noch etwas hatte einwenden wollen, dann war er nicht schnell genug, denn sein Schweigen wurde allgemein als Zustimmung gedeutet. Innerhalb weniger Minuten war der Inhalt des Beutels untersucht und verteilt worden, und der Suppentopf stand blubbernd und unbeachtet auf dem Feuer, während die Skaa nun ein viel exotischeres Mahl genossen.

Kelsier lehnte sich gegen die hölzerne Wand der Hütte und sah den Leuten dabei zu, wie sie ihr Essen gierig verzehrten. Er hatte die Wahrheit gesagt: Das Angebot aus der gräflichen Speisekammer war bedrückend alltäglich. Doch das hier war ein Volk, das seit seiner Kindheit nichts als Suppe und Haferschleim kannte. Für sie waren Brot und Früchte seltene Delikatessen, die sie in der Regel höchstens als verdorbene Überreste von den Hausdienern erhielten.

„Deine Geschichte ist unterbrochen worden, junger Mann“, bemerkte ein ältlicher Skaa, der nun heranhumpelte und sich auf einen Schemel neben Kelsier setzte.

„Ich nehme an, dafür ist später noch Zeit“, sagte Kelsier. „Sobald auch der letzte Beweis meines Diebstahls verzehrt ist. Möchtest du nichts davon haben?“

„Das ist nicht nötig“, erwiderte der alte Mann. „Als ich das letzte Mal Grafenessen probiert habe, hatte ich danach drei Tage Bauchschmerzen. Neue Geschmäcker sind wie neue Ideen. Je älter man ist, desto schwieriger ist es, sie zu verdauen.“

Kelsier schwieg darauf. Der alte Mann bot wahrlich keinen beeindruckenden Anblick. Seine ledrige Haut und seine Glatze ließen ihn eher gebrechlich als weise erscheinen. Doch er musste stärker sein, als er aussah, denn nur wenige Plantagen-Skaa wurden so alt wie er. Viele Grafen duldeten es nicht, dass die Alten der täglichen Arbeit fernblieben, und die regelmäßigen Auspeitschungen, die zum Leben eines Skaa gehörten, setzten den Älteren schrecklich zu.

„Wie ist noch gleich dein Name?“, fragte Kelsier.

„Mennis.“

Kelsier warf Tepper einen Blick zu. „Also, Hausvater Mennis, verrate mir etwas. Warum überlässt du ihm die Führung?“

Mennis zuckte die Schultern. „Wenn du in mein Alter kommst, wirst auch du dir genau überlegen, womit du deine Kraft vergeudest. Manche Schlacht ist es nicht wert, dass sie geschlagen wird.“ Es lag etwas Unausgesprochenes in Mennis’ Blick; er redete von Dingen, die größer waren als sein eigener Kampf mit Tepper.

„Dann seid ihr also zufrieden?“, fragte Kelsier und deutete mit dem Kopf auf das Innere der Hütte und ihre halbverhungerten, überarbeiteten Bewohner. „Ihr seid zufrieden mit einem Leben voller Auspeitschungen und endloser Plackerei?“

„Wenigstens ist es ein Leben“, erwiderte Mennis. „Ich weiß, welchen Lohn Unzufriedenheit und Rebellion bringen. Das Auge des Obersten Herrschers und der Zorn des Stahlamtes können viel schrecklicher sein als ein paar Peitschenschläge. Männer wie du predigen die Veränderung, aber ich frage mich, ob dies ein Kampf ist, den wir überhaupt ausfechten können.“

„Du befindest dich bereits mitten in diesem Kampf, Hausvater Mennis. Und du bist gerade dabei, ihn auf furchtbare Weise zu verlieren.“ Kelsier zuckte die Achseln. „Aber was weiß ich schon? Ich bin nur ein reisender Bösewicht, der euch das Essen wegnimmt und eure Jugend zu beeindrucken versucht.“

Mennis schüttelte den Kopf. „Du machst Scherze darüber, aber Tepper könnte Recht haben. Ich fürchte, dein Besuch wird uns nichts als Kummer bringen.“

Kelsier lächelte. „Aus diesem Grunde habe ich ihm nicht widersprochen – wenigstens nicht, was die Schwierigkeiten angeht, die ich mache.“ Er hielt inne, und sein Lächeln wurde breiter. „Ich würde sogar sagen, dass Teppers diesbezügliche Bemerkung das einzig Vernünftige ist, das er seit meiner Ankunft gesagt hat.“

„Wie machst du das?“

„Was?“

„So viel lächeln.“

„Ach, ich bin einfach nur ein glücklicher Mensch.“

Mennis schaute auf Kelsiers Hände. „Weißt du, solche Narben habe ich bisher nur an einem einzigen anderen Mann gesehen – und der ist schon tot. Sein Leichnam wurde an Graf Tresting zurückgeschickt als Beweis dafür, dass seine Bestrafung erfolgt war.“ Mennis sah auf zu Kelsier. „Er wurde dabei erwischt, wie er von Rebellion sprach. Tresting hat ihn in die Gruben von Hathsin geschickt, wo er bis zu seinem Tod gearbeitet hat. Der Knabe hat weniger als einen Monat durchgehalten.“

Kelsier schaute herunter auf seine Hände und Unterarme. Manchmal brannten sie noch, aber er war sicher, dass der Schmerz nur in seinem Kopf existierte. Er schaute auf zu Mennis und lächelte. „Du fragst, warum ich lächle, Hausvater Mennis? Nun, der Oberste Herrscher glaubt, er hat alles Lachen und alle Freude allein für sich gepachtet. Ich habe nicht vor, ihm das zuzugestehen. Das ist wenigstens einmal eine Schlacht, die nicht so viele Mühen erfordert.“

Mennis starrte Kelsier an, und für einen Augenblick glaubte Kelsier, der alte Mann würde sein Lächeln erwidern. Doch schließlich schüttelte Mennis nur den Kopf. „Ich weiß nicht. Ich …“

Das Brüllen schnitt ihm die Worte ab. Es kam von draußen, vielleicht aus nördlicher Richtung, auch wenn der Nebel alle Geräusche verzerrte. Die Leute in der Hütte verstummten und lauschten den schwachen, hohen Schreien. Trotz der Entfernung und des Nebels hörte Kelsier den Schmerz, der in diesen Schreien steckte.

Kelsier verbrannte Zinn.

Nach den vielen Jahren der Übung fiel es ihm leicht. Das Zinn befand sich zusammen mit den anderen allomantischen Metallen in seinem Magen. Er hatte sie bereits vor einiger Zeit geschluckt, und nun warteten sie darauf, dass er sie einsetzte. Mit seinem Geist griff er in sich hinein und tastete nach dem Zinn. Dadurch berührte er Mächte, die er immer noch kaum verstand. Das Zinn in ihm flackerte lebhaft auf und brannte in seinem Magen; es war ein Gefühl, als hätte er ein heißes Getränk zu schnell hinuntergestürzt.

Die allomantische Kraft brandete durch seinen Körper und schärfte Kelsiers Sinne. Der Raum um ihn herum wurde ganz deutlich sichtbar, und das schwache Feuer war nun beinahe blendend hell. Er spürte die Maserung des Holzschemels, auf dem er saß. Er schmeckte noch immer die Überreste des Brotlaibs, von dem er vor einiger Zeit gegessen hatte. Wichtiger noch, er hörte die Schreie mit übernatürlich scharfen Ohren. Zwei Frauen schrien; die eine war älter, die andere jünger, vielleicht sogar noch ein Kind. Die jüngeren Schreie entfernten sich immer mehr.

„Arme Jessi“, sagte eine Frau in seiner Nähe; ihre Worte dröhnten in Kelsiers überempfindlichem Gehör. „Dieses Kind war ein Fluch für sie. Es ist besser für eine Skaa, wenn sie keine schönen Töchter hat.“

Tepper nickte. „Es war klar, dass Graf Tresting früher oder später nach dem Mädchen rufen würde. Das haben wir alle gewusst. Auch Jessi.“

„Es ist trotzdem eine Schande“, sagte ein anderer Mann.

Aus der Ferne waren die Schreie weiterhin zu hören. Kelsier verbrannte noch mehr Zinn und vermochte nun die Richtung einzuschätzen. Die Stimme bewegte sich auf das Herrenhaus zu. Das Kreischen weckte etwas in ihm, und er spürte, wie sein Gesicht rot vor Wut wurde.

Kelsier drehte sich um. „Gibt Graf Tresting die Mädchen zurück, wenn er mit ihnen fertig ist?“

Der alte Mennis schüttelte den Kopf. „Graf Tresting ist ein gesetzesfürchtiger Edelmann. Er lässt die Mädchen nach ein paar Wochen umbringen. Schließlich will er nicht die Aufmerksamkeit der Inquisitoren auf sich ziehen.“

So lautete das Gesetz des Obersten Herrschers. Er konnte es sich nicht leisten, Bastardkinder herumlaufen zu lassen – Kinder, die Kräfte besaßen, von denen die Skaa nicht einmal wissen durften, dass sie überhaupt existierten.

Die Schreie verblassten, doch Kelsiers Wut nahm beständig zu. Sie erinnerten ihn an andere Schreie. An die Schreie einer Frau aus seiner Vergangenheit. Ruckartig stand er auf; der Schemel fiel hinter ihm um.

„Vorsichtig, Junge“, sagte Mennis besorgt. „Erinnere dich an das, was ich dir über das Verschwenden von Energie gesagt habe. Du wirst niemals eine Rebellion anführen, wenn du heute Nacht getötet wirst.“

Kelsier warf dem alten Mann einen raschen Blick zu. Dann zwang er sich trotz der Schreie und Schmerzen zu einem Lächeln. „Ich bin nicht hier, um euch zur Rebellion anzustacheln, Hausvater Mennis. Ich will nur Schwierigkeiten machen.“

„Wozu sollte das gut sein?“

Kelsiers Lächeln wurde breiter. „Eine neue Zeit bricht an. Wenn du noch ein wenig weiterlebst, wirst du sehen, dass sich im Letzten Reich große Dinge ereignen. Ich danke euch allen für eure Gastfreundschaft.“

Mit diesen Worten zog er die Tür auf und schritt hinaus in den Nebel.

*

In den frühen Morgenstunden war Mennis noch immer wach. Je älter er wurde, desto schwieriger schlief er ein. Das war besonders dann so, wenn er sich wegen etwas Sorgen machte, zum Beispiel wegen der Tatsache, dass der Reisende nicht in die Hütte zurückgekehrt war.

Mennis hoffte, dass Kelsier zur Vernunft gekommen und weitergereist war. Doch das war unwahrscheinlich, denn Mennis hatte das Feuer in Kelsiers Augen gesehen. Es war eine Schande, dass ein Mann, der die Gruben überlebt hatte, hier auf einer abgelegenen Plantage den Tod finden würde, indem er ein Mädchen zu schützen versuchte, das alle längst aufgegeben hatten.

Wie würde Graf Tresting reagieren? Es hieß, er sei außerordentlich grob zu allen, die es wagten, ihn bei seinen nächtlichen Vergnügungen zu stören. Falls Kelsier es wirklich gelang, die Freuden des Meisters zu unterbrechen, könnte Tresting durchaus auf den Gedanken kommen, in diesem Zusammenhang all seine Skaa zu bestrafen.

Allmählich erwachten auch die anderen Skaa. Mennis lag auf der harten Erde – seine Knochen schmerzten, der Rücken beschwerte sich, die Muskeln waren erschöpft – und versuchte herauszufinden, ob es sinnvoll war, überhaupt aufzustehen. Jeden Tag gab er den Kampf beinahe auf. Jeden Tag wurde es ein wenig schwieriger. Irgendwann würde er einfach in der Hütte bleiben und warten, bis die Zuchtmeister kamen und all jene töteten, die entweder zu krank oder zu alt für die Arbeit waren.

Aber nicht heute. Er sah zu viel Angst in den Augen der Skaa – sie wussten, dass Kelsiers nächtliche Taten ihnen Schwierigkeiten bringen würden. Sie brauchten Mennis; sie zählten auf ihn. Er musste aufstehen.

Also tat er es. Sobald er sich bewegte, ließen die Schmerzen des Alters ein wenig nach, und es gelang ihm, sich aus der Hütte und auf die Felder zu schleppen, wobei er sich auf einen jüngeren Mann stützte.

Nun fiel ihm ein Geruch in der Luft auf. „Was ist das?“, fragte er. „Riechst du auch den Rauch?“

Schum – der junge Mann, auf den Mennis sich stützte – blieb stehen. Die letzten Überreste des Nachtnebels waren zerstoben, und die rote Sonne stieg hinter dem üblichen Schleier aus schwarzen Wolken am Horizont auf.

„In letzter Zeit rieche ich andauernd Rauch“, sagte Schum. „Die Ascheberge sind in diesem Jahr sehr ungestüm.“

„Nein“, sagte Mennis, der immer besorgter wurde. „Dieser Geruch ist anders.“ Er drehte sich nach Norden, wo sich mehrere Skaa versammelten. Er ließ Schum los, watschelte auf die Gruppe zu und wirbelte dabei Staub und Asche auf.

Inmitten der Skaa entdeckte er Jessi. Ihre Tochter, von der alle angenommen hatten, Graf Tresting habe sie genommen, stand neben ihr. Die Augen des jungen Mädchens waren rot vor Schlafmangel, doch sie schien unverletzt zu sein.

„Sie ist zurückgekehrt, nicht lange nachdem man sie geholt hat“, erklärte die Frau soeben. „Sie ist heimgekommen und hat an die Tür geklopft und im Nebel geweint. Flen war sicher, dass es nur ein Nebelgeist ist, der ihre Gestalt angenommen hat, aber ich habe dafür gesorgt, dass sie trotzdem hereingelassen wird! Mir war egal, was er sagt, denn ich hatte sie noch nicht aufgegeben. Ich habe sie heute Morgen hinaus ins Sonnenlicht geführt, und sie ist nicht verschwunden. Das beweist, dass sie kein Nebelgeist ist!“

Mennis taumelte vor der rasch anwachsenden Menge zurück. Begriff es denn niemand? Kein Zuchtmeister eilte herbei, um die Versammlung aufzulösen. Keine Soldaten kamen, um die Morgenzählung vorzunehmen. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Ganz außer sich, hastete er auf das Herrenhaus zu.

Als er dort ankam, hatten auch andere bereits die gewundene Rauchsäule bemerkt, die im Morgenlicht nur sehr undeutlich zu sehen war. Mennis war nicht der Erste, der den Rand des kleinen Plateaus auf dem Hügel erreichte, doch bei seinem Eintreffen machte die Gruppe Platz für ihn.

Das Herrenhaus war verschwunden. Nur eine geschwärzte, schwelende Narbe war von ihm geblieben.

„Beim Obersten Herrscher!“, flüsterte Mennis. „Was ist denn hier passiert?“

„Er hat sie alle umgebracht.“

Mennis drehte sich um. Jessis Tochter hatte diese Worte gesprochen. Sie blickte auf das untergegangene Haus, und ihre jugendliche Miene drückte große Zufriedenheit aus.

„Sie waren schon tot, als er mich von hier weggebracht hat“, sagte sie. „Alle miteinander: die Soldaten, die Zuchtmeister, die Adligen … alle tot. Sogar Graf Tresting und seine Obligatoren. Der Meister hatte mich allein gelassen, weil er nachsehen wollte, was das für ein Lärm war. Auf dem Weg nach draußen habe ich ihn in seinem eigenen Blut liegen sehen, mit Stichwunden in der Brust. Der Mann, der mich gerettet hat, hat eine brennende Fackel in das Haus geworfen.“

„Hatte dieser Mann Narben an Händen und Armen, die bis über die Ellbogen reichten?“, fragte Mennis.

Das Mädchen nickte stumm.

„Was für ein Dämon war denn das?“, murmelte einer der Skaa unbehaglich.

„Ein Nebelgeist“, flüsterte ein anderer, der offensichtlich vergessen hatte, dass Kelsier auch bei Tageslicht gesehen worden war.

Aber er ist ja tatsächlich in den Nebel hinausgegangen, dachte Mennis. Und wie hat er das hier zustande bringen können? Graf Tresting besaß über zwei Dutzend Soldaten! Hatte Kelsier vielleicht irgendwo eine Rebellenbande versteckt?

Kelsiers Worte aus der vergangenen Nacht klangen ihm in den Ohren. Es bricht eine neue Zeit an ...

„Aber was ist mit uns?“, fragte Tepper entsetzt. „Was passiert mit uns, wenn der Oberste Herrscher davon erfährt? Er wird glauben, dass wir das getan haben. Er wird uns in die Gruben schicken, oder er sendet uns einen Koloss, damit er uns an Ort und Stelle tötet! Warum hat dieser Kerl das getan? Weiß er denn nicht, welchen Schaden er damit angerichtet
hat?“

„Doch, das weiß er“, sagte Mennis. „Er hat uns gewarnt, Tepper. Er ist hergekommen, um Schwierigkeiten zu machen.“

„Aber warum?“

„Weil er wusste, dass wir niemals aus eigenem Antrieb eine Rebellion anzetteln würden. Jetzt lässt er uns keine andere Wahl mehr.“

Tepper erbleichte.

Oberster Herrscher, dachte Mennis, das kann ich nicht. Ich kann doch morgens kaum noch aufstehen – und schon gar nicht dieses Volk retten.

Doch was blieb ihm anderes übrig?

Mennis drehte sich um. „Hol die Leute zusammen, Tepper. Wir müssen fliehen, bevor die Kunde von dieser Katastrophe den Obersten Herrscher erreicht.“

„Wohin sollen wir denn gehen?“

„Zu den Höhlen im Osten“, schlug Mennis vor. „Die Reisenden sagen, dass sich rebellische Skaa dort versteckt halten. Vielleicht nehmen sie uns auf.“

Tepper wurde noch blasser. „Aber … wir müssten tagelang reisen. Und die Nächte im Nebel verbringen.“

„Entweder tun wir das“, sagte Mennis, „oder wir bleiben hier und sterben.“

Tepper stand eine Weile starr da, und Mennis glaubte schon, der Schock habe ihn überwältigt. Doch dann eilte der jüngere Mann davon und rief wie befohlen die anderen zusammen.

Mennis seufzte und schaute auf die schwankende Rauchsäule, während er Kelsier stumm verfluchte.

Eine neue Zeit, in der Tat.

Die Zwerge

Markus Heitz ist ein Name, der in der Welt der deutschsprachigen Fantasy-Literatur einen besonderen Stellenwert hat. Bekannt für seine "Die Zwerge"-Reihe, hat Heitz ein beeindruckendes Universum geschaffen, das von Zwergen, Elfen und anderen fantastischen Wesen bevölkert wird.

Heitz' Fähigkeit, traditionelle Fantasy-Elemente mit frischen Ideen zu verbinden, macht ihn zu einem der führenden Autoren im Bereich der High Fantasy.

Blick ins Buch
Die ZwergeDie ZwergeDie Zwerge

Roman

„Die Zwerge“ sind die meistgekaufte deutschsprachige Fantasyserie unserer Zeit. Über fünf Bände hat Markus Heitz die Abenteuer des einfachen Schmiedegesellen Tungdil erzählt, der zum unsterblichen Helden eines ganzen Volkes wird. Im Kampf gegen dunkle Albae, Verräter in den eigenen Reihen und zwielichtige Magier beweisen Tungdil und seine Verbündeten, dass auch die Kleinen ganz Großes leisten können. Erstmals liegen nun alle fünf Bände in einmaliger Sammlerausstattung vor.

DANKSAGUNG


Nach Abschluss von „Ulldart“ kam ein Projekt auf mich zu, an das ich mit Spannung und einem merkwürdigen Gefühl in der Magengegend heranging: Zwerge. Wenn man sich als Autor einer Sache annimmt, die bei vielen Fantasy-Leserinnen und -Lesern mit festen Vorstellungen verknüpft ist, läuft man schnell Gefahr, eben diese Vorstellungen zu enttäuschen oder in Beliebigkeit zu verfallen.
Ich habe „meine“ Zwerge erschaffen, sie Stämmen und Clans zugeordnet, ihnen unterschiedliche Fähigkeiten gegeben, ohne den klassischen Zwerg aus den Augen zu verlieren, ihm dabei aber neue Facetten und neue Aspekte verliehen. Dazu kam die Geschichte, welche die Zwerge in den Mittelpunkt stellt und sie nicht zum Stichwortgeber für Elben und Menschen verkommen lässt. Sie spielen die wichtigste Rolle, sie sind die Beschützer des Geborgenen Landes, und sie erfüllen diese Aufgabe, auch wenn es ihr Leben kostet.
Es war ein großes Vergnügen für mich, Tungdil und seine Gefährten ihre Abenteuer erleben zu lassen. Selbstlosigkeit, Liebe, Trotz, Humor, Kampf und Tod sind die Zutaten auf den kommenden Seiten, die Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, hoffentlich ebenso viel Spaß bereiten wie es mir das Schreiben machte.
Dieses Mal möchte ich vor allem denen danken, die mich darin unterstützten, das Buch noch interessanter und besser zu gestalten. Unter den Erstlesern besonders zu erwähnen sind Nicole Schuhmacher, Sonja Rüther, Meike Sewering und Dr. Patrick Müller, die mit ihren exakten Anmerkungen und genauen Hinweisen von Anfang an sowie einmal mehr eine tolle Unterstützung leisteten.
Mein Dank geht auch an diejenigen, die mir die Zwerge anvertrauten und dem kleinen Völkchen die Gelegenheit gaben, ganz groß rauszukommen.
Markus Heitz, im Juni 2004


DRAMATIS PERSONAE


Die Zwergenstämme


DIE ERSTEN
Xamtys II. Trotzstirn aus dem Clan der Trotzstirne vom Stamm des Ersten, Borengar, auch nur „die Ersten“ genannt, Königin
Balyndis Eisenfinger aus dem Clan der Eisenfinger, Schmiedin


DIE ZWEITEN
Gundrabur Weißhaupt vom Clan der Hartsteins aus dem Stamm des Zweiten, Beroïn, auch nur „die Zweiten“ genannt, Zwergengroßkönig
Balendilín Einarm vom Clan der Starkfinger, Berater des Zwergengroßkönigs
Bavragor Hammerfaust aus dem Clan der Hammerfäuste, Steinmetz
Boïndil Zweiklinge, auch Ingrimmsch gerufen, und Boëndal Pinnhand aus dem Clan der Axtschwinger, Krieger und Zwillinge


DIE DRITTEN


DIE VIERTEN
Gandogar Silberbart aus dem Clan der Silberbärte vom Stamm des Vierten, Goïmdil, auch nur „die Vierten“ genannt, König der Vierten
Bislipur Sicherschlag vom Clan der Breitfäuste, Berater Gandogars
Tungdil Bolofar, später Goldhand, Lot-Ionans Ziehsohn
Goïmgar Schimmerbart aus dem Clan der Schimmerbärte, Edelsteinschleifer


DIE FÜNFTEN
Giselbart Eisenauge, Begründer des Stammes des Fünften und des Clans der Eisenaugen
Glandallin Hammerschlag aus dem Clan der Hammerschlags vom Stamm des Fünften, Giselbart, auch „die Fünften“ genannt.


Die Menschen


Lot-Ionan der Geduldige, Magus und Herrscher des Zauberreichs Ionandar
Maira die Hüterin, Maga und Herrscherin des Zauberreichs Oremaira
Andôkai die Stürmische, Maga und Herrscherin des Zauberreichs Brandôkai
Djerůn, Andôkais Leibwächter
Turgur der Schöne, Magus und Herrscher des Zauberreichs Turguria
Sabora die Schweigsame, Maga und Herrscherin des Zauberreichs Saborien
Nudin der Wissbegierige, Magus und Herrscher des Zauberreichs Lios Nudin


Gorén, Lot-Ionans ehemaliger Famulus
Frala, Magd in der Behausung Lot-Ionans, und ihre Töchter Sunja und Ikana
Jolosin, Magusschüler Lot-Ionans
Eiden, Pferdeknecht Lot-Ionans
Rantja, Maga-Schülerin Nudins


Der Unglaubliche Rodario, Mime
Furgas, Magister technicus
Narmora, Gefährtin von Furgas und Mimin


Hîl und Kerolus, Trödelhändler
Vrabor und Friedegard, Boten des Rates der Magi


Prinz Mallen von Ido aus dem Geschlecht der Ido, Thronfolger Idoslâns im Exil König Lothaire, Herrscher über das Königreich Urgon


König Tilogorn, Herrscher über Idoslân
König Nate, Herrscher über das Königreich Tabaîn
König Bruron, Herrscher über das Königreich Gauragar
Königin Umilante, Herrscherin über das Königreich Sangreîn
Königin Wey IV., Herrscherin über das Königreich Weyurn
Königin Isika, Herrscherin über das Königreich Rân Ribastur


Die anderen


Sinthoras und Caphalor, Albae aus Dsôn Balsur, dem Albae-Reich
Liútasil, Fürst des Elbenreichs Âlandur
Bashkugg, Kragnarr und Ushnotz, Orkfürsten des Orkreiches Toboribor
Swerd, Gnom-Handlanger Bislipurs


ERSTER TEIL

PROLOG


Der Steinerne Torweg des Nordpasses
im Reich des Fünften, Giselbart,
im Jahr des 5199sten Sonnenzyklus,
Spätsommer


Weißer Nebel füllte die Schluchten und Täler des Grauen Gebirges. Die Gipfel der Großen Klinge, der Drachenzunge und der anderen Berge erhoben sich trotzig aus dem Dunst und reckten sich der Abendsonne entgegen.
Zögernd, als fürchtete es sich vor den schroffen Felsen, stieg das Gestirn herab und erhellte den Nordpass mit seinem dunkelroten, schwächer werdenden Licht.
Glandallin aus dem Clan der Hammerschlags lehnte sich schnaufend an die grob behauene Wand des Wachturmes und legte die Rechte über die buschigen schwarzen Brauen, um seine Augen vor der ungewohnten Helligkeit zu schützen. Der Zwerg war durch den Aufstieg außer Atem geraten, und das Gewicht des dicht geflochtenen Kettenhemdes, der beiden Äxte und des Schildes drückte schwer auf seine betagten Beine.
Doch Jüngere als ihn gab es nicht mehr.
Die Schlacht, welche die neun Clans des Fünften Stamms vor wenigen Tagen gemeinsam in den Stollen geschlagen hatten, hatte zahlreiche Leben gekostet. Der Tod hatte sich vor allem die Jungen, Unerfahrenen gegriffen. Doch ihr Opfer war nicht vergebens: Der unbekannte Feind war vernichtet.
Dennoch starben seine Freunde weiter, weil eine tückische Krankheit umging, von der keiner wusste, woher sie kam. Sie schwächte die Zwerge, ließ sie fiebern und raubte ihnen die Kraft, den klaren Blick und die sichere Hand. Und so hatte er als einer der Älteren die Pflicht übernommen, in dieser Nacht über den Steinernen Torweg zu wachen.
Von dem hoch gelegenen Aussichtspunkt aus führte der Pfad durch das Graue Gebirge und weiter in das Geborgene Land, wo Menschen, Elben und Zauberer in ihren Reichen lebten. Sein Stamm war es, der dem Land im Norden den Frieden sicherte.
Zwei gigantische Portale aus härtestem Granit verweigerten jedem Scheusal ein Durchkommen. Vraccas, der Gott der Zwerge und ihr Schöpfer, hatte einst die gewaltigen Steinflügel geformt und sie mit fünf Riegeln gesichert, die allein mithilfe geheimer Worte bewegt werden konnten. Nur die Hüter des Pfades kannten die Losung, und ohne die rechte Formel blieb die Pforte fest versperrt.
Vor den mächtigen Türen lagen die ausgeblichenen Knochen und zertrümmerten Rüstungen derer, die sich von dem Hindernis nicht hatten abschrecken lassen. Orks, Oger und andere Scheusale hatten Niederlage um Niederlage erlitten und auf blutige Weise erlebt, dass die Äxte der Zwerge auch nach tausenden von Sonnenzyklen noch scharf waren.
Der einsame Wächter nahm den Lederschlauch vom Gürtel und trank von dem kühlen Wasser, um die trockene Kehle zu befeuchten. Einige Tropfen rannen aus seinen Mundwinkeln und sickerten in den schwarzen Bart. Es hatte Stunden gekostet, das Gesichtshaar zu solch kunstvollen Zöpfen zu flechten, die nun wie dünne Seile auf der Brust baumelten.
Glandallin setzte den Trinkschlauch ab und zog die Waffen aus dem Gürtel, um sie auf die Brüstung des aus dem Berg gemeißelten Turmes zu legen. Die beiden eisernen Axtköpfe klirrten melodisch, als sie den Fels berührten.
Ein orangeroter Sonnenstrahl strich über die polierten Verzierungen und beleuchtete die Runen und Symbole, die dem Träger Schutz, Treffsicherheit und Ausdauer verleihen sollten.
Der Zwergenmeisterschmied und Begründer des Stammes der Ersten, Borengar Weißesse, hatte die Klingen selbst geschmiedet und sie ihm, der aus unzähligen Schlachten am Steinernen Torweg als Sieger hervorgegangen war, zum Geschenk gemacht. Kein Orkschwert, keine Trollkeule, kein Ogerspieß vermochten es, seinen 327 Sonnenzyklen langen Lebensfaden zu durchtrennen – auch wenn es schon genügend finstere Kreaturen versucht hatten, wie die Narben an seinem gedrungenen Körper bezeugten. Aber auch die Macht der Inschriften und seine Rüstung hatten ihm stets treu beigestanden.
So weit der Zwerg blickte, stemmte sich das Bergmassiv als bleifarbener Brocken aus dem hügeligen Land Gauragar empor, das von Menschen besiedelt wurde. Gleich einem Rückgrat wuchs es in die Höhe und schreckte den Wanderer mit Steilhängen, unsicheren Wegen und wechselhaftem Wetter, und so geschah es trotz der Reichtümer des Grauen Gebirges selten, dass sich ein Bewohner Gauragars in diese Gegend begab.
Allein sein Volk lebte in den Schatten dieser zerklüfteten Gipfel. Die Zwerge vom Stamm des Fünften, Giselbart Eisenauge, errichteten ihr unterirdisches Reich im harten Fleisch des nördlichen Hochlandes. Sie gruben Schächte, erbauten kunstvolle Hallen, schufen die heißesten Feuer und trieben Säle aus dem Fels, um fernab von Sonne und Witterung ihr Leben dem Schürfen von Schätzen und dem Schmieden zu widmen.
Glandallin betrachtete die unüberwindbaren Gipfel, die in weiter Entfernung zu einem breiten, dunklen Band schrumpften. Das war seine geliebte Heimat – ein Ort voller unterirdischer Schönheit, den er gegen keinen anderen eintauschen würde.
Vraccas, der göttliche Schmied, hatte das gesamte Geborgene Land mit dem schützenden Gürtel aus Bergen umgeben, um seine Bewohner vor den Ungeheuern des Gottes Tion zu bewahren. So oblag es allein den Elben, Zwergen, Menschen und anderen Kreaturen, in Frieden miteinander zu leben.
Als er den Blick nach Norden wandte, folgten seine braunen Augen dem dreißig Schritt breiten Pass, den sie den Steinernen Torweg nannten und der in das Jenseitige Land, in unerforschtes Gebiet führte. Früher hatten die Menschenkönige Expeditionen in alle Windrichtungen entsandt, aber nur die wenigsten waren zurückgekehrt und hatten zudem ungewollt dafür gesorgt, dass die Orks den Weg zum Tor fanden. Mit den Orks kamen die übrigen Scheusale, die der Gott Tion aus Bosheit schuf, um ihnen das Leben schwer zu machen.
Forschend suchte er den Weg ab. Die Aufmerksamkeit eines Wächters durfte zu keiner Zeit nachlassen. Die Kreaturen lernten nichts aus ihren Niederlagen. Ihr finsterer, bösartiger Verstand, den Tion ihnen gab, brachte sie dazu, immer wieder gegen die Portale anzurennen, um in das Geborgene Land zu gelangen. Sie wollten alles und jeden vernichten, denn sie waren zu nichts anderem von ihrem Schöpfer geschaffen.
Mal vergingen Sonnenzyklen, mal nur Umläufe, bevor sie einen weiteren Vorstoß unternahmen. Bislang kamen die Horden nicht auf den Gedanken, die Angriffe in geordnete Bahnen zu lenken und mit List vorzugehen; daher blieb es beim blindwütigen Anstürmen, das für die Angreifer stets im Blutbad endete. Die tobenden und brüllenden Bestien gelangten nie weiter als bis an die Zinnen der Wehrgänge, wo die Äxte der Zwerge zur tödlichen Begrüßung ihrer harrten und von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Fleisch, Knochen und Rüstungen der Ungeheuer durchtrennten. An solchen Tagen stand deren schwarzer, dunkelgrüner und gelbbrauner Lebenssaft knöchelhoch vor den unverwüstlichen Granittoren, an denen Rammböcke und Katapultgeschosse krachend zersplitterten.
Auch die Kinder des Vraccas erlitten Verluste, wurden verstümmelt und verletzt, doch keiner von ihnen haderte mit dem Schicksal. Schließlich waren sie Zwerge, das härteste Volk der bekannten Welt und die Beschützer des Geborgenen Landes.
Und dennoch haben sie uns überrumpelt. Glandallin dachte an die rätselhaften Kreaturen in den Schächten, denen so viele Angehörige seines Stammes zum Opfer gefallen waren. Plötzlich waren sie da gewesen. Äußerlich glichen sie den Elben: hoch gewachsen, schlank und grazil in ihren Bewegungen, aber sie waren grausamer und heimtückischer im Kampf.
„Elben oder unbekannte Bestien?“, rätselte er halblaut und entschied sich für Bestien. Tion der Niederträchtige wird sie vor langer Zeit in der Erde vergraben und vergessen haben. Unsere eigenen Mineure müssen sie aus ihrem Schlaf gerissen und aus dem Fels befreit haben, suchte er nach einer Erklärung.
Glandallin war sich so gut wie sicher, dass es keine Elben aus dem Geborgenen Land sein konnten. Zwerge und Spitzohren hassten einander; Vraccas und Sitalia, die Schöpferin der Elben, hatten es so beschlossen, als sie die Völker ins Leben gerufen und ihnen gegenseitige Abneigung mitgegeben hatten. Daraus entsprangen so mancher unversöhnliche Streit und so manches Scharmützel, das Tote forderte, niemals jedoch ein Krieg.
Und wenn sie es doch waren? Ist der Hass derart gewachsen, dass wir in einen Krieg mit ihnen geraten?, dachte er im Stillen. Oder wollen sie einen Krieg wegen unserer Schatzhorte? Sind sie neidisch auf unser Gold? Glandallin wusste keine Antwort darauf und zwang sich, die notwendige Aufmerksamkeit walten zu lassen. Die Gedanken an das Gemetzel in den finsteren Stollen gegen die unheimlichen Krieger, Elben oder nicht, lenkten die Augen ab, machten sie stumpf. Sie glitten über die Landschaft, ohne die Berge und den Steinernen Torweg wirklich zu sehen.
Seine Augenbrauen zogen sich im Zorn zusammen, denn der scharfe Nordwind, der ihm so weit oben eisig um die Bartsträhnen pfiff, trug ihm einen Geruch zu, den er aus seinem tiefsten Inneren hasste. Orks.
Sie stanken nach geronnenem Blut, nach Exkrementen und Schmutz; dazu mengte sich das ranzige Aroma ihrer eingefetteten Rüstungen. Sie glaubten, die Schneiden der Zwergenäxte würden an dem Talg abrutschen und so weniger Schaden am Metall anrichten.
Das Fett wird euch wieder nichts gegen uns nützen. Glandallin wartete nicht, bis er die zerlumpten Banner und verrosteten Speerspitzen über die letzte Anhöhe des Steinernen Torweges kommen sah oder das Scheppern der Panzerhemden vernahm. Er machte einen Schritt zur Seite und stellte sich auf die Zehenspitzen; die schwieligen Hände legte er um die hölzernen, rauen Griffe der beiden Blasebälge. Die künstlichen Lungen füllten sich mit Luft, ehe der Zwerg ihren Atem mit einer kräftigen Bewegung auspresste.
Die Luft strömte durch das breite Rohr, schoss in die Tiefe und erweckte das Signalhorn unter der Erde zum Leben. Dumpfes Dröhnen rollte die Stollen und Gänge der Fünften entlang.
Der Zwerg betätigte die Blasebälge im Wechsel, damit der Luftstrom nicht abriss. Das Dröhnen schwoll zu einem gleichmäßigen, durchdringenden Ton an, der selbst den Verschlafensten seines Stammes aus den Kissen jagte. Einmal mehr rief sie die ehrenvolle Pflicht, das Geborgene Land zu verteidigen.
Schwitzend blickte Glandallin über die rechte Schulter, um den Vormarsch der Angreifer abzuschätzen.
Sie kamen. Zu Hunderten.
Die Kreaturen des Gottes Tion schoben sich in breiter Front den Steinernen Torweg entlang, und das zahlreicher als je zuvor. Beim Anblick der Ungeheuer hätte das Herz eines Menschen vor Furcht ausgesetzt, und die Elben wären in den Schutz ihrer Wälder geflüchtet. Nicht so ein Zwerg!
Die Attacke gegen den Durchgang überraschte Glandallin zwar nicht, doch der Zeitpunkt beunruhigte ihn. Seine Freunde und Verwandten brauchten Ruhe, um sich vollständig von den Strapazen der letzten Kämpfe und der schleichenden Krankheit zu erholen. Die nahende Schlacht würde gewiss mehr Kraft kosten als gewöhnlich. Mehr Kraft und mehr Leben.
Die Verteidiger besetzten die Wehrgänge rund um die Pforte eher zögerlich; einige von ihnen taumelten mehr, als sie gingen, und ihre Finger schlossen sich kraftlos um die Schäfte der Äxte. Die Schar, die sich schleppend zur Abwehr formierte, kam gerade einmal auf einhundert tapfere Seelen. Tausend hätten sie benötigt.
Glandallin beendete seine Wache, weil er an anderer Stelle dringender gebraucht wurde.
„Vraccas stehe uns bei! Wir sind zu wenige“, flüsterte er und konnte die Augen nicht von der Straße wenden, auf der sich der breite, stinkende Strom von Orks ergoss. Grunzend und brüllend walzten sie voran und hielten genau auf das Portal zu. Die nackten Berghänge warfen ihre animalischen Laute zurück, und das Echo verstärkte das siegessichere Grölen.
Die verzerrten Klänge drangen tief in sein Gemüt, und ihm kam es plötzlich so vor, als hätten sich die Bestien verändert. Die tobende und lärmende Masse verströmte eine solche Siegesgewissheit, dass er sie förmlich greifen konnte.
Unwillkürlich machte der Zwerg einen Schritt zurück. Zum ersten Mal empfand er Furcht vor den Wesen.
Und sein Schrecken wuchs.
Als seine Augen abschätzend über das Heer der Angreifer wanderten, streiften sie auch die kleine Gruppe von standhaften Höhentannen, die den kargen Verhältnissen stets getrotzt hatten. Er kannte sie von klein auf, hatte sie wachsen und gedeihen sehen.
Nun aber senkten sich ihre Zweige nach unten, die Nadeln regneten auf den steinigen Untergrund herab und verschwanden zwischen den Felsen. Sie waren todkrank, starben.
Es geht den Tannen wie uns. Glandallin dachte an seine leidenden Freunde. Welche Kräfte sind hier am Werk, Vraccas? Beschütze dein Volk!, betete er und nahm seine Äxte vom Sims.
Angsterfüllt küsste er die Runen. „Bitte, verlasst mich nicht“, rief er sie leise an, wandte sich um und hastete die Stufen hinab, um der Hand voll Verteidiger beizustehen.
Er gelangte bei ihnen an, als die erste Angriffswelle gegen die Mauern schwappte. Pfeilschauer sirrten auf die Zwerge herab. Die Orks legten Dutzende Sturmleitern an und kletterten ohne zu zögern die wackligen Sprossen hinauf. Andere setzten tragbare Katapulte zusammen, um den Sturm auf die Zinnen mit Brandgeschossen zu unterstützen. Die prall gefüllten, brennenden Lederbeutel zischten durch die Luft und barsten, sobald sie auf Widerstand trafen. Alles in ihrem näheren Umkreis wurde mit Petroleum überschüttet und entzündet.
Die ersten Salven flogen zu tief; dass die vordersten Orkabteilungen im eigenen Feuersturm vergingen, störte die schwarze Brut nicht. Weder der Steinhagel noch die heiße Schlacke, die von oben auf sie niedergingen, vermochten ihren Eifer und ihre Gier zu bremsen. Für einen Gefallenen drängten fünf neue Bestien auf die Tritte. Dieses Mal wollten sie durch die Pforte hindurch gelangen, dieses Mal sollte der Steinerne Torweg fallen.
„Gib Acht!“ Glandallin stand einem Verteidiger bei, den ein Pfeil in die rechte Schulter getroffen hatte. Eines der Geschöpfe Tions, ein weniger kräftiges Exemplar mit breiten Hauern und platter Nase, nutzte den Moment der Unachtsamkeit. Es schwang sich auf die Mauer und sprang zwischen den Zinnen hindurch auf den Wehrgang.
Zwerg und Ork starrten einander an, die Zeit schien still zu stehen. Das Geschrei, das Zischen der Pfeile und das Klirren der Äxte wurden mit einem Mal leiser, undeutlicher.
Dafür hörte Glandallin das schwere Atmen des Gegners. Verunsichert rollten die rot geäderten Augäpfel, die tief im Schädel saßen, nach rechts und nach links. Der Zwerg erkannte deutlich, was die Bestie bewegte. Sie war die Erste ihrer Art, die es bis auf den vordersten Verteidigungswall geschafft hatte, und dieses Glück musste sie erst einmal fassen.
Er roch den Talg, der als gräulicher Belag fingerdick auf der Plattenrüstung lag, und der Gestank des ranzigen Fetts brachte all seine Sinne in die Schlacht zurück.
Mit einem Schrei warf sich Glandallin gegen den Ork. Die Kante seines Schildes zuckte nach unten und zerschmetterte dem Wesen den Fuß; gleichzeitig schlug er über die Deckung hinweg zu. Die Schneide seiner Axt grub sich knirschend in die ungeschützte Stelle unter der Achsel. Sauber abgetrennt fiel der Arm auf den Stein. Dunkelgrünes Blut schoss in hohem Bogen aus der offenen Wunde.
Der Ork quiekte gellend auf und erhielt im nächsten Augenblick einen wuchtigen, senkrecht geführten Hieb gegen die Kehle.
„Bring deinen Verwandten meinen Gruß und sage ihnen, dass ich auf sie warte!“ Glandallin drängte den Sterbenden zurück und schob ihn zusammen mit dem nächsten Angreifer über die Brustwehr. Sie fielen über die Kante und verschwanden in der Tiefe. Der Zwerg hoffte, dass der Aufschlag ein halbes Dutzend ihresgleichen mit in den Tod riss.
Von nun an bekam er keine Atempause mehr. Er rannte auf der Balustrade umher, spaltete Helme samt Schädel und duckte sich unter Pfeilen und Brandgeschossen hinweg, um sich sogleich auf den nächsten Ork zu stürzen.
Die Dunkelheit, die sich mehr und mehr über den Steinernen Torweg senkte, bereitete ihm keine Schwierigkeiten; sein Volk vermochte in finsterster Nacht zu sehen. Aber seine Arme, die Schulter, die Beine wogen von Schlag zu Schlag und von Schritt zu Schritt mehr.
„Vraccas, gewähre uns eine Rast, damit wir zu Kräften kommen können“, keuchte er, während er sich das Orkblut mit den Zöpfen seines Barts aus den Augen wischte.
Und der Gott der Schmiede hatte ein Einsehen.
Hörner und Trombonen signalisierten den Geschöpfen Tions, von den Zinnen abzulassen. Gehorsam begannen die Orks mit dem Rückzug.
Glandallin schickte einen letzten Feind ins Jenseits, ehe er auf den Steinboden sank und nach seinem Trinkschlauch langte. Er zog den Helm ab und goss sich das Wasser über die schweißnassen Haare. Kühlend rann die Flüssigkeit über sein Gesicht und erweckte sein Lebensfeuer.
Wie viele sind uns geblieben? Er stemmte sich in die Höhe, um nach den Verteidigern des Wehrgangs zu sehen. Aus den einhundert waren siebzig geworden; unter ihnen erkannte er die weithin sichtbare Gestalt von Giselbart Eisenauge, ihrem Urvater.
Der Erste aller Fünften stand dort, wo die meisten abgeschlachteten Orks lagen. Seine polierte Rüstung aus dem härtesten Stahl, der in einer Zwergenschmiede jemals geschaffen worden war, schimmerte hell, und die Diamanten, die seinen Waffengurt zierten, funkelten im Schein der brennenden Petroleumlachen. Er erklomm einen Vorsprung, damit ihn jeder sah.
„Bleibt auf euren Posten“, schallte seine feste Stimme über die Zinnen. „Seid standhaft wie der Granit, aus dem wir gemacht sind. Nichts vermag uns zu brechen, kein Ork, kein Oger, keine der Bestien, die Tion zu uns schickt. Wir zerschmettern sie, wie wir es schon seit Tausenden von Zyklen tun! Vraccas ist mit uns!“
Leiser Jubel und zustimmende Rufe ertönten. Ihre Zuversicht, die bedrohlich ins Schwanken geraten war, kehrte wieder; an ihrem Stolz und Trotz würden die Angreifer scheitern.
Die erschöpften Krieger versorgten sich mit Essen und Schwarzbier. Mit jedem Bissen und jedem Schluck fühlten sie sich lebendiger, frischer. Die tieferen Wunden erhielten eine notdürftige Behandlung, klaffende Wundränder wurden kurzerhand mit feinen Bindfäden zusammengenäht.

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