Frostglut (Mythos Academy 4) Frostglut (Mythos Academy 4) - eBook-Ausgabe
Mythos Academy 4
Frostglut (Mythos Academy 4) — Inhalt
Mit ihrer SPIEGEL-Bestsellerserie um die junge Gwen Frost hat Jennifer Estep eine Welt voll faszinierender Götter, sexy Spartaner und sympathischer Walküren erschaffen, die süchtig macht. Endlich liegt die komplette Reihe nun auch im Taschenbuch vor, in hochwertiger Ausstattung und mit durchgängigem Rückenmotiv. - Gwen Frost wurde von der Göttin Nike dazu auserwählt, im Kampf gegen Loki und seine Schnitter des Chaos eine zentrale Rolle zu spielen. Das macht sie zur Zielscheibe für den Feind. Gwen muss so einiges aufbieten, um zu verhindern, dass sie oder die, die ihr wichtig sind, verletzt werden. Schließlich holt der Feind zum vernichtenden Schlag aus. Das Schicksal der Welt liegt nun in Gwens Hand.
Leseprobe zu „Frostglut (Mythos Academy 4)“
Kapitel 1
„Ich muss dir was gestehen.“
Logan Quinn sah zu mir herüber. „Wirklich, Gypsymädchen? Was denn?“
Ich trat von einem Fuß auf den anderen. „Eigentlich mag ich gar keinen Kaffee.“
Der Spartaner starrte mich einen Moment nur an, bevor seine Lippen sich zu einem neckenden Grinsen verzogen. „Das hättest du etwas früher sagen sollen.“
Ja, hätte ich, denn wir standen in einem Café. Ein langer Tresen, jede Menge bequeme Ledersessel, schmiedeeiserne Tische, Bilder von Göttern und Göttinnen an der Wand, eine Vitrine voller Blaubeermuffins, [...]
Kapitel 1
„Ich muss dir was gestehen.“
Logan Quinn sah zu mir herüber. „Wirklich, Gypsymädchen? Was denn?“
Ich trat von einem Fuß auf den anderen. „Eigentlich mag ich gar keinen Kaffee.“
Der Spartaner starrte mich einen Moment nur an, bevor seine Lippen sich zu einem neckenden Grinsen verzogen. „Das hättest du etwas früher sagen sollen.“
Ja, hätte ich, denn wir standen in einem Café. Ein langer Tresen, jede Menge bequeme Ledersessel, schmiedeeiserne Tische, Bilder von Göttern und Göttinnen an der Wand, eine Vitrine voller Blaubeermuffins, Limonen-Himbeer-Törtchen und dekadenter Schokokäsekuchen. Kaldis Kaffee sah aus wie der typische Kaffeeladen, abgesehen davon, dass alles sehr schick und nobel war, von den glänzenden, zischenden Espressomaschinen bis zu dem reichhaltigen Duft des lächerlich teuren Kaffees, der in der Luft hing.
Allerdings war solcher Luxus in den schicken Läden in Cypress Mountain, North Carolina, vollkommen normal. Die Schüler der Mythos Academy erwarteten immer das Beste von allem, und Kaldis war in der Freizeit, wie wir sie gerade genossen, einer der beliebtesten Orte zum Abhängen und Gesehenwerden. Alle Unterrichtsstunden und Aktivitäten am Nachmittag waren abgesagt worden, damit die Schüler zu irgendeiner großen Versammlung im Amphitheater der Akademie gehen konnten. Ich war mir nicht sicher, worum es bei dieser Versammlung gehen sollte. Wahrscheinlich wollten uns die Professoren und Angestellten der Akademie wieder einmal versichern, dass wir in der Schule so sicher waren wie nur möglich, obwohl sich der böse Gott Loki auf freiem Fuß befand.
Für einen Moment blitzte ein Gesicht vor meinem inneren Auge auf – das schrecklichste Gesicht, das ich je gesehen hatte. Eine Seite perfekt, mit goldenem Haar, einem stechend blauen Auge und wunderbarem Teint. Die andere Seite vollkommen zerstört, mit schlaff herunterhängenden schwarzen Strähnen, einem brennenden roten Auge und geschmolzener Haut.
Loki – der bösartige Gott, zu dessen Befreiung ich unfreiwillig beigetragen hatte.
Ein Schauder lief mir über den Rücken. Dank meiner psychometrischen Magie vergaß ich nie etwas, das ich einmal gesehen hatte, aber das Bild von Lokis geteiltem Gesicht hatte sich besonders tief in mein Gedächtnis gebrannt. Egal was ich tat oder mit wem ich zusammen war, egal wie sehr ich mich bemühte, die Geschehnisse zu vergessen, überall, wo ich hinging, sah ich den nordischen Schelmengott. Er spiegelte sich in den Fenstern meiner Klassenräume, erschien auf der glänzenden Oberfläche des Schreibtisches in meinem Zimmer und blitzte im Spiegel auf wie ein Teufel, der auf meiner Schulter saß.
Wieder durchlief ein Zittern meinen Körper. Es hatte mich all meine Kraft gekostet, nicht zu schreien, als ich mir am Morgen die Haare gekämmt und plötzlich Loki entdeckt hatte, der mich aus dem Badezimmerspiegel angrinste, die perfekte Seite seines Gesichts zu einem Lächeln verzogen, während die zerstörte Seite ein schreckliches, verzerrtes Grinsen zeigte …
„Gypsymädchen?“, fragte Logan sanft. „Bist du noch anwesend?“
Ich verdrängte jeden Gedanken an Loki und zwang mich dazu, den Spartaner anzulächeln, obwohl ich einfach nur die Arme um meinen Körper schlingen und mich in der Ecke zu einem Ball zusammenrollen wollte.
„Ich weiß, ich weiß“, grummelte ich. „Ich hätte dir sagen müssen, dass ich eigentlich gar keinen Kaffee trinke. Ich wollte nur nicht unser erstes richtiges Date versauen, und als du vorgeschlagen hast, Kaffee trinken zu gehen …“
„Hast du mitgespielt“, beendete Logan meinen Satz.
Ich zuckte mit den Schultern.
Vielleicht lag es daran, dass ich an Loki und sein geteiltes Gesicht gedacht hatte, aber als ich Logan ansah, wurde mir wieder klar, wie unterschiedlich wir doch waren. Einfach ausgedrückt war Logan Quinn mit seinem dichten, tiefschwarzen Haar und den unglaublichen eisblauen Augen schlicht umwerfend. Die Designerjeans, der blaue Pullover und seine Lederjacke unterstrichen nur, wie stark und muskulös sein Körper war.
Neben ihm fiel ich überhaupt nicht auf. Das Interessanteste an meinem lockigen, braunen Haar war, wie sehr es sich heute kräuselte. Meine Augen waren aufgrund ihrer ungewöhnlichen, purpurnen Färbung vielleicht einen zweiten Blick wert, aber das einzige Besondere an mir war die Kette, die ich trug. Sechs zierliche silberne Kettchen schlangen sich um meinen Hals, bevor ihre mit Diamanten verzierten Enden eine Schneeflocke bildeten. Ein Weihnachtsgeschenk von Logan, das ich immer trug, obwohl es eigentlich nicht zu meinem einfachen grauen Pulli, der Jacke mit dem purpurnen Karomuster und den Nicht-so-wirklich-Designerjeans und Turnschuhen passte.
Aber wir unterschieden uns nicht nur in Aussehen und Kleidung. Logan war ein wilder Spartanerkrieger, der beste Kämpfer der Akademie. Ich bemühte mich immer noch, endlich herauszufinden, wie man ein Schwert richtig schwang, und das, obwohl ich Nikes Champion war, das Mädchen, das die griechische Göttin des Sieges dazu erwählt hatte, für sie in der Welt der Sterblichen gegen Loki und die Schnitter des Chaos zu kämpfen. Bis jetzt hatte ich dabei vollkommen versagt. Loki war frei und entschlossen, die Welt in einen zweiten Chaoskrieg zu stürzen.
„Weißt du was, Gypsymädchen?“, sagte Logan und unterbrach damit ein weiteres Mal meine finsteren Gedankengänge. „Nichts kann dieses Date versauen. Frag mich, warum.“
„Warum?“
Er legte den Arm um meine Schultern und grinste. „Weil es ein Date mit dir ist.“
Plötzlich war alles in Ordnung, und ich konnte wieder frei atmen.
Deswegen war ich bis über beide Ohren in den Spartaner verliebt. Logan konnte alles sein, von witzig und kokett bis zu stur und nervig, aber dann, plötzlich, sagte er so etwas. War es da ein Wunder, dass ich total auf ihn stand?
Okay, okay, vielleicht hatte ich vor ein paar Monaten auf ihn gestanden, aber wenn man bedachte, was wir schon alles zusammen durchgemacht hatten, war aus meinen Gefühlen für den süßen Spartaner schnell mehr geworden: Liebe. Zumindest hielt ich es dafür; so fühlte es sich für mich an – dieses warme, kribbelige Gefühl, das ich jedes Mal empfand, wenn der Spartaner mich angrinste, wann immer er mich aufzog oder sich bemühte, mich meine Sorgen vergessen zu lassen.
So wie jetzt.
Ich seufzte und lehnte den Kopf an seine Schulter. Logan drückte mich an sich. Er sagte nichts, aber das musste er auch nicht. Mir reichte es nach all den Monaten, die wir umeinander herumgeschlichen waren, völlig, einfach in seiner Nähe zu sein.
„Wisst ihr schon, was ihr bestellen wollt?“, fragte der Barista. Der Spartaner bestellte einen dreifachen Espresso, da er den Koffeinflash liebte, während ich einen heißen, mit Honig gesüßten Granatapfeltee bekam. Logan wollte seinen Geldbeutel aus der Tasche ziehen, aber ich war schneller und gab dem Barista einen Zwanzig-Dollar-Schein.
„Das geht auf mich“, sagte ich. „Schließlich war ich diejenige, die im letzten Herbst überhaupt vorgeschlagen hat, Kaffee trinken zu gehen.“
Logan nickte. „Das hast du in der Tat. In Ordnung, Gypsymädchen. Dieses Mal darfst du mich einladen. Die nächste Runde geht auf mich.“
Wir nahmen unsere Getränke und wanderten zu einem Tisch in der Ecke des Ladens neben einem steinernen Kamin. Da die Schüler den Nachmittag frei hatten, waren wir nicht die Einzigen aus Mythos, die beschlossen hatten, zu Kaldis zu gehen und sich etwas zu essen und zu trinken zu holen, bevor in einer halben Stunde die Versammlung begann. Ich entdeckte mehrere Schüler, die ich kannte, darunter auch Kenzie Tanaka, Logans Spartanerfreund. Er hatte sein eigenes Date mit Talia Pizarro, einer hübschen Amazone aus meinem Sportunterricht. Ich winkte ihnen, und Kenzie zwinkerte mir kurz zu, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder Talia widmete.
„Was tut er denn mit ihr hier?“ Eine höhnische Stimme drang an mein Ohr.
Ich sah auf und entdeckte Helena Paxton, die mich anstarrte. Helena war eine atemberaubend gut aussehende Amazone mit Haar und Augen in der Farbe von Karamell. Seit Jasmine Ashtons Tod im Herbst nahm Helena den Platz der bösartigen Königin der siebzehnjährigen Schüler im zweiten Jahr ein. Sie saß mit zwei ihrer Amazonenfreundinnen an einem Tisch in der Nähe. Sie alle trugen teure Jeans, Stiletto-Stiefel und enge, maßgeschneiderte Pullover. Außerdem natürlich perfekt dazu passenden Schmuck und aufeinander abgestimmte Taschen und Frisuren.
„Ich hätte gedacht, Logan hätte ein wenig höhere Ansprüche. Anscheinend habe ich mich geirrt. Allerdings tun Kerle ja fast alles – mit jeder –, um zum Zug zu kommen.“
Helena sprach leise, aber ihr grausames Lächeln verriet mir, dass sie wollte, dass ich jedes einzelne Wort hörte. Ich hatte Helena nie etwas getan, außer mich für ein anderes Mädchen einzusetzen, das sie gehänselt hatte, aber das hatte gereicht, um auf der Abschussliste der Amazone zu landen. Jetzt tat Helena jedes Mal, wenn sie mich sah, ihr Bestes, um mich irgendwie anzupampen. Und sosehr ich mich auch bemühte, ich schaffte es nie, gut aus der Sache rauszukommen. Mir fiel nicht mal eine schlagfertige Antwort ein, um sie zum Schweigen zu bringen.
Helena flüsterte ihren Freundinnen noch etwas zu, dann kicherten sie alle bösartig. Ich packte meinen Becher fester. Nicht zum ersten Mal wünschte ich mir, die übernatürliche Schnelligkeit einer Amazone zu besitzen, damit ich Helena meine Tasse an den Kopf werfen konnte. Aber sie würde sie fangen und zurückwerfen, bevor ich auch nur blinzeln konnte.
„Ignorier sie“, sagte Logan leise. „Sie sind nur eifersüchtig, weil du mit mir hier bist.“
Ich verdrehte die Augen. „Genau. Mit dir und deinem Ego.“
Logans Grinsen wurde breiter, und ich musste einfach lachen. Egal wie schlimm die Dinge standen, der Spartaner konnte mich immer zum Lachen bringen. Er konnte immer dafür sorgen, dass dieses warme, kribbelige Gefühl mich erfüllte.
Wir saßen schweigend da und lauschten auf das Murmeln der anderen Gäste und das Gurgeln der Kaffeemaschinen. Nach all den Kämpfen, die wir in letzter Zeit überlebt hatten, war es einfach nett, hier mit Logan zu sitzen, ohne mich zu fragen, was als Nächstes passieren, welche neue Krise hochkochen würde oder welche Schnitter vielleicht in der Nähe lauerten, die sich als Schüler, Professoren oder sogar Angestellte des Cafés ausgaben.
Doch nach ein paar Minuten wurde mir klar, was hier wirklich vorging. Ich hatte ein Date mit Logan Quinn, einem der süßesten Jungs der Mythos Academy – und ich hatte keine Ahnung, was ich zu ihm sagen sollte.
„Also … worüber unterhalten sich Leute so auf Dates?“
Logan sah von seinem Espresso auf. „Was meinst du?“
Ich rutschte auf meinem Stuhl hin und her. „Ich meine, dass du um einiges mehr Erfahrung mit so was hast als ich.“
Tatsächlich hatte Logan den Ruf, das männliche Flittchen der Mythos Academy zu sein, das ständig von einem Mädchen zum nächsten wechselte. Ich dagegen? Ich hatte vor Logan für glorreiche drei Wochen einen Freund gehabt. Also war es für mich immer noch etwas Neues, auf ein Date zu gehen. Außerdem besaß der Spartaner diesen mühelosen Charme, der dafür sorgte, dass jeder ihn mochte – Mädchen und Jungs gleichermaßen. Und ich? Ich war ungefähr so charmant wie eine feuchte Socke.
„Ich meine, ich weiß, worüber wir uns auf der Akademie ständig unterhalten. Waffentraining, wo Loki sich vielleicht versteckt, wann er kommen wird, um uns alle zu töten, wie wir es schaffen sollen, ihn aufzuhalten.“
Eigentlich war die letzte Frage eher, wie ich es schaffen sollte, den bösartigen Gott zu töten. Ja, ich sollte tatsächlich einen lebenden, atmenden, redenden, sich bewegenden Gott töten. Und nicht einfach irgendeinen Gott, sondern Loki, der sozusagen der Inbegriff alles Bösen war.
So lautete die scheinbar unerfüllbare Mission, die Nike mir übertragen hatte, als ich sie vor ein paar Wochen zum letzten Mal gesehen hatte – und von der ich weder Logan noch meinen anderen Freunden erzählt hatte. Einen Gott töten. Ich hatte keine Ahnung, wie Nike sich das vorstellte. Ich hatte keine Ahnung, wie irgendwer das schaffen sollte, besonders ich, Gwen Frost, dieses seltsame Gypsymädchen, das Gegenstände berührte und Dinge sah.
Logan starrte mich einfach nur an, und ich stellte fest, dass ich schon wieder den Mund öffnete.
„Ich meine, ich nehme an, wir könnten uns darüber unterhalten, dass ich inzwischen tatsächlich ein bisschen besser kämpfe, auch wenn ich bezweifle, dass ich je in deiner Liga spielen werde. Oder wir könnten uns über Nyx unterhalten und darüber, wie supersüß sie ist. Oder über Carson und seiner Besessenheit mit dem Winterkonzert, das seine Band plant …“
Ich schwafelte. Endlich hatte ich ein Date mit Logan, und jetzt schwafelte ich wie eine Aufziehpuppe, bei der jemand zu fest an der Schnur gezogen hatte.
Logan streckte den Arm aus und legte seine Hand auf meine, die immer noch an meiner Tasse lag. „Entspann dich, Gypsymädchen. Entspann dich. Du machst dich ganz gut. Wir müssen uns über gar nichts unterhalten, wenn du nicht willst. Ich bin auch glücklich, wenn wir nur hier sitzen und uns entspannen, besonders nach allem, was in den letzten Wochen passiert ist. Verstehst du?“
Seine Finger lagen warm und fest auf meinen, aber noch wichtiger war, dass ich die Wärme in Logans Herz spürte – und all seine Gefühle. Seine Stärke, seine Tapferkeit, seine Entschlossenheit, um jeden Preis gegen Schnitter zu kämpfen und mich zu beschützen. All diese Bilder, all diese Empfindungen blitzten in meinem Kopf auf und vertrieben die Zweifel, die ich bezüglich mir, Logan und allem anderen hegte, was im Moment so passierte.
Meine psychometrische Magie ließ mich die Geschichte jedes Gegenstandes wissen, sehen und fühlen, den ich berührte, und dasselbe galt für andere Menschen. Mehr als einmal hatte ich zufällig die Hand von jemandem berührt und feststellen müssen, dass das, was derjenige sagte, nicht im Einklang mit seinen Gefühlen stand. Das war mir bei meinem ersten Freund passiert. Er hatte mich geküsst, und in diesem Moment war mir klar geworden, dass er dabei an ein anderes Mädchen dachte.
Aber bei Logan musste ich mir darüber keine Sorgen machen. Ich kannte alle Geheimnisse des Spartaners, und er kannte meine. Na ja, bis auf die Gwen-soll-irgendwie-Loki-töten-Geschichte. Ich war mir immer noch nicht ganz sicher, wie ich das ansprechen sollte, und ich wollte es auch nicht. Nicht heute. Später würde ich noch genug Zeit haben, mir Sorgen zu machen und mich total in die Sache reinzusteigern. Im Moment wollte ich einfach nur mein Date mit Logan genießen.
„Woher weißt du immer, was du tun und sagen musst, damit ich mich besser fühle?“, fragte ich.
Logan grinste. „Das ist einfach ein Teil des spartanischen Killerinstinkts. Ich kann die Damen genauso mühelos erlegen wie Schnitter.“
Ich verdrehte die Augen und lehnte mich vor, um ihm im Scherz gegen die Schulter zu schlagen – nur um es dabei zu schaffen, seinen Espresso und meinen Tee umzuwerfen. Die heiße Flüssigkeit ergoss sich über den Tisch, wobei das meiste in Logans Richtung und damit auf seinen Schoß floss. Der Spartaner sprang auf, aber ihm fehlte die Schnelligkeit einer Amazone, also schaffte er es nicht, trocken zu bleiben.
„Tut mir leid!“, sagte ich, während auch ich aufstand. „Es tut mir so leid.“
Ich griff nach dem silbernen Serviettenhalter auf dem Tisch, um ein paar Tücher herauszuziehen, aber stattdessen warf ich ihn auch noch auf den Boden, wo er laut klappernd davonrutschte.
Als er endlich zum Stillstand kam und das Geräusch verklungen war, hatten alle im Café Gespräch und Arbeit unterbrochen, um uns anzustarren. Meine Wangen brannten vor Scham, während Logan aussah, als hätte ihn jemand mit Wasser übergossen.
„Tut mir leid“, murmelte ich wieder.
„Es ist okay“, sagte er, während er die Arme vom Körper streckte, damit sie nicht in Kontakt mit seinen jetzt klebrigen Klamotten kamen. „Ich gehe einfach kurz und mache mich sauber.“
Damit verschwand er in Richtung der Toiletten. Ich seufzte, zog ein paar Servietten aus dem Halter und fing an, die Bescherung aufzuwischen, die ich angerichtet hatte. Nach ein paar Minuten wandten sich die meisten im Café wieder ihren Gesprächen zu – bis auf Helena und ihre Freundinnen. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, mich auszulachen, um noch zu reden.
Ich hielt den Kopf gesenkt, ignorierte sie und putzte so schnell wie möglich die Flüssigkeiten vom Tisch, bevor ich mir die Hände abwischte. Dann warf ich alle benutzten Servietten in den nächstbesten Mülleimer, setzte mich wieder an den Tisch und rutschte so tief wie möglich in meinen Sessel. Bis jetzt war dieses Date nicht gerade ein Riesenerfolg gewesen – oder auch nur so unterhaltsam, wie ich es mir vorgestellt hatte. Wieder einmal hatte ich aus Versehen alles versaut. Manchmal war ich davon überzeugt, dass darin meine wahre Begabung lag.
Ich war so mit Grübeln beschäftigt, dass ich nicht aufsah, als die Tür des Cafés sich öffnete und drei Männer in den Laden stiefelten. Wieder einmal verstummten die Unterhaltungen, und ich fühlte, wie alle im Raum von demselben Gefühl ergriffen wurden: Angst.
„Das Protektorat“, hörte ich Helena flüstern.
Das Protektorat? Was war das? Wer waren diese Leute? Ich hatte noch nie zuvor von ihnen gehört, aber offensichtlich kannten sie mich, denn sie sahen mich an und kamen direkt auf mich zu.
Ich spannte mich an, dann setzte ich mich aufrechter hin, während ich mich fragte, wer diese Männer waren und was sie wollten. Konnten sie Schnitter sein, die gekommen waren, um die Schüler im Café anzugreifen? Ich hatte mit Logan allein sein wollen, also hatte ich Vic, mein sprechendes Schwert, in meinem Zimmer gelassen. Dämlich von mir, meine Waffe nicht mitzunehmen, auch wenn wir nur Kaffee trinken gehen wollten. Ich hätte wissen müssen, dass nichts auf Mythos so einfach war – nicht einmal mein erstes richtiges Date mit Logan.
Mein Blick glitt über die benachbarten Tische, auf der Suche nach etwas, das ich als Waffe verwenden konnte. Aber die einzigen Dinge in meiner Reichweite waren die zwei leeren Tassen und der Serviettenhalter. Ich schlang die Finger um den Halter und zog ihn unter der Tischplatte auf meinen Schoß, sodass die Männer ihn nicht sehen konnten.
Es wäre nicht das erste Mal, dass mich Schnitter angriffen. Falls diese Männer sich entschlossen, es zu versuchen, würde ich mich so heftig und erbittert wehren wie nur möglich. Außerdem reichte ein lauter Schrei, und schon würde Logan aus der Toilette gerannt kommen, um mir zu helfen.
Einer der Männer trat an meinen Tisch und starrte auf mich herunter. Er sah recht gut aus, mit blondem Haar und hellblauen Augen, aber sein Mund war missbilligend verzogen, als wäre er jemand, der ständig und immer an allem und jedem etwas auszusetzen hatte. Ich erwiderte seinen Blick für einen Moment, bevor ich die zwei Männer musterte, die rechts und links neben ihm standen. Einer von ihnen war groß und schlank, während der andere relativ klein war, mit einem Körper, der fett wirkte, aber in Wirklichkeit nur aus Muskeln bestand.
Das Seltsamste war, dass die Männer dunkelgraue Roben über ihrer Winterkleidung trugen. Sie erinnerten mich an die schwarzen Roben der Schnitter, obwohl diese Männer ihre Gesichter nicht hinter den schrecklichen Gummimasken mit Lokis Gesichtszügen versteckten. Stattdessen war mit weißem Garn links an ihrem Kragen, in der Nähe der Kehle, ein Symbol in den Stoff gestickt – eine Hand, die eine austarierte Waage hielt.
Ich hatte dieses Symbol schon gesehen. Es war in die Decke des Gefängnisses gemeißelt, das tief unter dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Gebäude von Mythos lag, und es hatte sich in der Mitte des Garm-Tores befunden, das Vivian Holler benutzt hatte, um Loki zu befreien. Mein Unbehagen wuchs. Ich verband keine positiven Erinnerungen mit diesem Bild.
„Du bist das also“, sagte der erste Mann. „Nikes neuester Champion. Nicht ganz, was ich erwartet hatte.“
Seine Stimme war leise, sanft und kultiviert, aber es lag auch Macht in seinen Worten, als wäre er es gewohnt, dass man ihm immer und sofort gehorchte.
„Wer sind Sie?“, blaffte ich, während ich unter dem Tisch den lächerlichen Serviettenhalter fester packte. „Was wollen Sie?“
„Und du hast nicht mal genug gesunden Menschenverstand, um zu merken, wenn du in Schwierigkeiten steckst“, murmelte der Mann, als hätte ich überhaupt nichts gesagt.
Ich schnaubte abfällig. Oh, ich wusste durchaus, dass ich in Schwierigkeiten steckte. Ich steckte in letzter Zeit fast dauernd in Schwierigkeiten. Die einzige Frage war, wie schlimm es diesmal werden würde – und ob ich es wieder einmal schaffen konnte, lebend aus der Sache rauszukommen.
Der Mann starrte mich mit kaltem, verurteilendem Blick an, und ich hob trotzig das Kinn. Was auch immer geschah, was auch immer diese Männer von mir wollten, was auch immer sie versuchen würden, mir anzutun, ich würde ihm auf keinen Fall zeigen, wie verwirrt und verängstigt ich war. Schnitter liebten das. Ich ging nicht davon aus, dass diese Männer Schnitter waren – niemand im Café schrie oder versuchte wegzurennen –, aber ihre Anwesenheit verhieß trotzdem nichts Gutes. Ich konnte förmlich fühlen, wie die Feindseligkeit in Wellen von ihnen ausging, besonders von ihrem Anführer.
Der Mann legte den Kopf ein wenig schräg. „Ich frage mich, was er in dir sieht.“ Nach einem Moment zuckte er mit den Schultern. „Aber das ist egal. Es wird nichts ändern.“
„Was ändern?“, fragte ich. „Wer sind Sie? Was machen Sie hier? Was wollen Sie von mir? Und warum tragen Sie diese lächerlichen Roben?“
Wut sorgte dafür, dass die Wangen des Anführers eine rote Farbe annahmen. Der kleine, muskulöse Kerl dagegen unterdrückte ein Lachen. Der Anführer warf ihm einen bösen Blick zu, worauf der andere die Lippen aufeinanderpresste. Doch ich sah, wie seine Brust zitterte, während er sich darum bemühte, den Rest seiner Belustigung herunterzuschlucken. Der dritte Mann wirkte einfach nur gelangweilt, als wäre dieser Auftritt Teil eines Auftrages, der eben irgendwie erledigt werden musste.
Okay, das wurde wirklich mit jeder Sekunde seltsamer. Ich schaute gerade an den Männern vorbei und fragte mich, warum Logan so lange brauchte, als der Anführer noch näher an mich herantrat. In seinen Augen blitzte Wut.
„Gwendolyn Cassandra Frost“, sagte er mit lauter, hallender Stimme. „Du bist verhaftet.“
Wie schon in den anderen Rezensionen erwähnt, sollte man vor Beginn dieses Bandes ebenfalls die vorherigen gelesen haben, da ein einfinden in das Buch sonst eher schwierig ist, da einem zu viele Informationen fehlen. In der Rezension zum Vorgängerband bemängelte ich die stetigen Wiederholungen der Autorin recht stark, denn es wirkte so, als ob die Autorin sich immer und immer wieder wiederholt, um stets in etwa dieselbe Seitenzahl zu halten. In "Frostglut" empfand ich dies als nicht mehr ganz so schlimm und wenn der letzte Band der Reihe schon etwas länger her ist, dann nützen diese Wiederholungen sogar recht viel - es war also deutlich besser, als beim Vorgänger. Ebenso bemängelte ich die Vorhersehbarkeit und die Tatsache, dass Gwen die Lösung manchmal vor Augen hat, ohne sie zu erkennen. Auch dieser Punkt trifft bei "Frostglut" keinesfalls mehr zu, denn die Geschichte ist so spannend und mitreißend, dass man das Buch kaum noch zur Seite legen möchte. Auch wenn ich Band 1 und 2 wahnsinnig gut fand, würde ich mich nun fast aus dem Fenster lehnen und sagen, dass Band 4 bisher der beste Band der Reihe ist, denn er strotzt nur so vor Spannung und es gibt nicht nur mehr Action als vorher, sondern das Blatt wendet sich - gegen Gwen. Die Idee, die hinter dem ganzen steckt empfinde ich persönlich als sehr außergewöhnlich, weswegen ich die Autorin wirklich für ihren Einfallsreichtum loben und bewundern muss und es kaum noch abwarten kann, die beiden letzten Bände zu verschlingen! Zu den Charakteren muss ich eigentlich gar nicht mehr soviel sagen, denn wer die Mythos - Reihe kennt, der weiß, dass er es hier mit unvergleichlichen, tiefsinnigen Charakteren zu tun hat, die einem sehr schnell ans Herz wachsen. Sie entwickeln sich innerhalb der einzelnen Bände immer weiter, wachsen an ihren Aufgaben, werden stärker, fixer in ihren Ideen und werden tatsächlich so etwas wie Freunde - und das nicht nur untereinander. Auch für den Leser werden Gwen, Daphne, Carson und einige andere so etwas wie eine kleine, persönliche Familie, die sich stets erweitert. Auch in diesem Band lernen wir einige neue Charaktere kennen, von denen wir möglicherweise am Anfang nicht ganz so überzeugt sind - bis klar wird, dass der erste Eindruck manchmal doch täuscht. Insgesamt muss ich euch diesen Band unbedingt ans Herz legen, denn er verführt nicht nur zum stundenlangen lesen und mitfiebern, sondern pflanzt uns auch so allerhand Emotion in unser kleines Leserherz. "Frostglut" ist ein Buch, welches uns mehr denn je zeigt, dass auch in der Welt der Spartaner, Walküren, Amazonen und mythischer Götter nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen herrscht und dass es manchmal sogar ziemlich gefährlich werden kann, eine Schule zu besuchen, auf der es vor "Krieger-Wunderkindern" nur so wimmelt. Ich für meinen Teil bin absolut hingerissen von diesem Band und kann es kaum erwarten, bald den nächsten Teil "Frostnacht" in die Hände zu nehmen.
Ich fand die ganze Mythos Academy Reihe wundervoll. Man konnte sich vollkommen in der Geschichte rund um Gwen und ihre Freunde verlieren. Ich konnte nachdem ich mir das erste Buch in dem Sommerferien geholt hatte nicht mehr aufhören zu lesen. Schließlich hatte ich die ersten drei Bände der Reihe in einer Woche gelesen und brauchte für die letzten drei jeweils auch nur 2 Tage. Die Bücher haben zwar zum Anfang der Geschichte immer eine kurze Phase in der viel wiederholt wird, was einem aber hilft die vorher gehende Geschichte nicht zu vergessen. Der Spannungsbogen der Bücher gibt einem teils das Gefühl selbst Teil der Geschichte zu sein und somit könnte man stellenweise vor mitfieber platzen. Ich kann nur empfehlen die Mythos Academy Reihe zu lesen, da sie meiner Meinung nach zu den besten Büchern für Jugendliche und Erwachsene gehören und sich einen besser als jegliches fernsehen unterhalten. : D Also LEST diese Bücher!!!!
Eins vorweg: Für mich ist "Frostglut" der bisher beste Band der Reihe. Schon auf den ersten Seiten konnte mich das Buch packen und es hat mich bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Die Spannung wird durchgehend gehalten und verschiedene Wendungen konnten mich immer wieder auf's Neue überraschen. Wie schon bei bei den Vorgängern, finde ich auch das Taschenbuch-Cover von "Frostglut" absolut gelungen. Sowohl der Schriftzug als auch die Blume schimmern metallisch und heben sich von dem Hintergrund deutlich ab. Außerdem bin ich total begeistert von der Idee, dass die Buchrücken aller Bände ein Bild ergeben werden. "Frostglut" beginnt mit Gwen's und Logan's erstem Date. Darauf warte ich bereits seit dem ersten Band. Dementsprechend groß war die Freude, dass die beiden endlich einen Schritt weiter gehen. Und umso größer der Schock, als Gwen verhaftet wurde. Sie wird angeklagt Loki den Helheimdolch beschafft zu haben und somit ein Schnitter zu sein. Schnell beginnt der Prozess und es scheinen bereits alle von ihrer Schuld überzeugt zu sein. Doch Gwen muss nicht nur um ihre Freiheit bangen, sondern auch um ihr Leben. Denn die Höchststrafe auf die ihr vorgeworfenen Taten ist der Tod. Wie bereits erwähnt, konnte mich das Buch von Anfang an begeistern. Der Prozess, aber auch alle anderen Geschehnisse waren so spannend und überraschend, wie in noch keinem anderen Band um die Mythos Academy. Auch der Schreibstil von Jennifer Estep wirkt ausgereifter. Ich mochte diesen bereits in den vorherigen Bänden, bemägelte aber immer wiederkehrende Sätze und Wörter. In "Frostglut" wurde dies deutlich besser umgesetzt. Mir sind weder Wortwiederholungen noch wiederkehrende Sätze aufgefallen. Die Entwicklung der Charaktere hat mir in diesem Band sehr gut gefallen. In "Frostglut" wächst Gwen vollends über sich hinaus. Die Zeiten des unsicheren Mädchens, dass sich gerne selbst schlecht macht und Probleme als unüberwindbare Hindernisse ansieht, gibt es längst nicht mehr. Sie wird selbstbewusster, mutiger, nimmt Probleme und Gefahren an und versucht diese zu lösen und zu bekämpfen. Auch Morgen McDougall erhält mehr Tiefe und spielt in diesem Band eine größere Rolle als bisher. Fazit: Für mich der bisher beste Band der Mythos Academy, an dem ich rein gar nichts auszusetzen habe :) Ich freue mich auf den nächsten Band rund um Gwen, Logan & Co.
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