Geben und Nehmen Geben und Nehmen - eBook-Ausgabe
Warum Egoisten nicht immer gewinnen und hilfsbereite Menschen weiterkommen
— Vom Autor von „Think again" - Ein Muss für FührungskräfteGeben und Nehmen — Inhalt
Erfolgsgeheimnis Altruismus
Gute Menschen haben immer das Nachsehen, und die Egoisten räumen ab – dieses Denkschema stimmt nicht mehr. Denn gerade mit einer selbstlosen Einstellung kommt man meist besser voran. Anstand, Empathie und soziale Verantwortung zahlen sich aus. Anhand schlagender Beispiele aus der Wirtschaftswelt verdeutlicht der führende amerikanische Organisationspsychologe Adam Grant, dass vor allem Geber den Weg zu beruflichem Erfolg und persönlicher Zufriedenheit finden – und dass sie so unsere Arbeitswelt und Wettbewerbsgesellschaft ein Stück wertschätzender und menschlicher gestalten.
Leseprobe zu „Geben und Nehmen“
1 Gute Rendite
Die Risiken und Chancen der Großzügigkeit
Das Prinzip des Gebens und Nehmens ist das Prinzip der Diplomatie – eins geben und zehn nehmen.
Mark Twain, Schriftsteller und Humorist
An einem sonnigen Samstagnachmittag standen zwei stolze Väter am Rand eines Fußballplatzes im Silicon Valley. Sie schauten ihren kleinen Töchtern beim Spielen zu, und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie auf ihre Arbeit zu sprechen kamen. Der größere der beiden war Danny Shader, ein Serienunternehmer, der bei Netscape, Motorola und Amazon gearbeitet hatte. Als [...]
1 Gute Rendite
Die Risiken und Chancen der Großzügigkeit
Das Prinzip des Gebens und Nehmens ist das Prinzip der Diplomatie – eins geben und zehn nehmen.
Mark Twain, Schriftsteller und Humorist
An einem sonnigen Samstagnachmittag standen zwei stolze Väter am Rand eines Fußballplatzes im Silicon Valley. Sie schauten ihren kleinen Töchtern beim Spielen zu, und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie auf ihre Arbeit zu sprechen kamen. Der größere der beiden war Danny Shader, ein Serienunternehmer, der bei Netscape, Motorola und Amazon gearbeitet hatte. Als Shader, ein dunkelhaariger, konzentrierter Typ, der unermüdlich über geschäftliche Dinge reden kann, sein erstes Unternehmen gegründet hatte, war er Ende dreißig gewesen, und er bezeichnete sich gern als den „alten Mann des Internets“. Es machte ihm Spaß, Unternehmen aufzubauen, und er war gerade dabei, sein viertes Start-up zu realisieren.
Shader hatte sofort Gefallen an dem anderen Vater gefunden, einem Mann namens David Hornik, der sich seine Brötchen mit Investitionen in Unternehmen verdient.2 Hornik, knapp über eins sechzig groß, mit dunklen Haaren, Brille und Spitzbart, hat bunt gemischte Interessen: Er sammelt seltene Ausgaben von Alice im Wunderland und hat das College mit einem Bachelor of Arts in Computermusik abgeschlossen. Anschließend machte er seinen Master in Kriminologie und promovierte in Jura, und nachdem er sich bei einer Anwaltskanzlei die Nächte um die Ohren geschlagen hatte, nahm er das Jobangebot einer Beteiligungsgesellschaft an. Dort verbrachte er das nächste Jahrzehnt damit, sich Vorträge von Existenzgründern anzuhören und über Beteiligungen an ihren Projekten zu entscheiden.
In einer Spielpause wandte sich Shader an Hornik und sagte: „Ich arbeite da gerade an etwas – wären Sie vielleicht interessiert?“ Horniks Spezialgebiet waren Internet-Firmen, deshalb schien er Shader ein idealer Investor zu sein. Das Interesse war gegenseitig. Die meisten Leute, die mit Ideen hausieren gehen, wollen zum ersten Mal ein Unternehmen gründen und haben deshalb noch keine Erfolgsbilanz vorzuweisen. Shader hingegen war ein Computer-Unternehmer, der nicht nur einmal, sondern schon zweimal einen Volltreffer gelandet hatte. 1999 war sein erstes Start-up, Accept.com, für 175 Millionen Dollar von Amazon erworben worden. Und 2007 hatte Motorola seine nächste Firma, Good Technology, für 500 Millionen Dollar gekauft. In Anbetracht von Shaders Vorgeschichte war Hornik gespannt, was er als Nächstes vorhatte.
Ein paar Tage nach dem Fußballspiel kam Shader zu Hornik ins Büro und stellte ihm seine neueste Idee vor. Fast ein Viertel aller Amerikaner haben Schwierigkeiten bei Online-Käufen, weil sie weder Bankkonto noch Kreditkarte besitzen. Für dieses Problem bot Shader eine innovative Lösung an. Hornik war einer der ersten Risikoanleger, die er ansprach, und die Idee gefiel ihm sofort. Binnen einer Woche stellte er Shader seinen Partnern vor und bot ihm einen Vorvertrag an: Er wollte Shaders Unternehmen finanzieren.
Obwohl Hornik schnell gewesen war, befand sich Shader in einer starken Position. Angesichts seines Rufs und seiner guten Idee würden sich viele Investoren geradezu überschlagen, um mit ihm zusammenzuarbeiten, wie Hornik wusste. „Sie sind nur selten der einzige Investor, der einem Firmengründer einen Vorvertrag anbietet“, erklärt er. „Sie stehen im Wettbewerb mit den besten Beteiligungsgesellschaften des Landes und versuchen, den Firmengründer zu bewegen, Ihr Geld statt deren Geld anzunehmen.“
Wenn Hornik zum Zug kommen wollte, bestand die beste Methode für ihn darin, Shader nur wenig Zeit für seine Entscheidung zu lassen. Er konnte ihm ein unwiderstehliches Angebot machen und ihm eine knappe Frist setzen; dann würde Shader vielleicht unterschreiben, bevor er die Gelegenheit bekam, seine Idee auch anderen Investoren vorzustellen. Auf diese Weise versuchen viele Risikoanleger, die Chancen zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
Hornik setzte Shader jedoch keine Frist. Stattdessen forderte er ihn geradezu auf, mit seinem Projekt auch zu anderen Investoren zu gehen. Hornik glaubte, dass Firmengründer Zeit benötigen, um ihre Möglichkeiten zu prüfen. Deshalb lehnte er es grundsätzlich ab, ihnen befristete Angebote zu unterbreiten. „Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen, um die richtige Entscheidung zu treffen“, sagte er. Natürlich hoffte er, Shader würde zu dem Schluss gelangen, dass die richtige Entscheidung darin bestand, mit ihm ins Geschäft zu kommen; aber er stellte Shaders Interessen über seine eigenen, indem er ihm Raum gab, andere Optionen zu sondieren.
Und genau das tat Shader. Im Verlauf der nächsten paar Wochen stellte er seine Idee anderen Investoren vor. Unterdessen schickte Hornik, der sichergehen wollte, dass er noch gut im Rennen lag, Shader seinen wertvollsten Schatz: eine Liste mit vierzig Referenzen, die Horniks Kaliber als Investor bestätigen konnten. Hornik wusste, dass Firmengründer bei Investoren nach denselben Eigenschaften suchen, die wir alle bei Finanzberatern suchen: Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit. Wenn sie mit einem Investor handelseinig werden, zieht dieser in ihren Aufsichtsrat ein und stellt ihnen sein Know-how zur Verfügung. Horniks Liste von Referenzen spiegelte wider, mit wie viel Engagement und Herzblut er Firmengründer im Verlauf von mehr als einem Jahrzehnt im Risikokapitalgeschäft betreut hatte. Er wusste, dass sie sich für seine Fähigkeiten und seinen Charakter verbürgen würden.
Ein paar Wochen später klingelte Horniks Telefon. Es war Shader, der ihm seine Entscheidung mitteilen wollte.
„Tut mir leid“, sagte er, „aber ich werde mit einem anderen Investor zusammenarbeiten.“
Die finanziellen Konditionen von Horniks Angebot und dem des anderen Investors waren praktisch identisch. Die Liste mit den vierzig Referenzen hätte Hornik also den entscheidenden Vorteil verschaffen müssen. Und nachdem Shader mit den Referenzen gesprochen hatte, war ihm klar gewesen, dass Hornik ein toller Bursche war.
Doch gerade seine Großzügigkeit war der Grund, weshalb Hornik scheiterte. Shader befürchtete, dass Hornik ihn eher ermutigen als herausfordern würde. Hornik war womöglich nicht hart genug, um Shader beim Aufbau eines erfolgreichen Unternehmens zu helfen, und der andere Investor stand im Ruf, ein brillanter Berater zu sein, der Firmengründer hinterfragte und antrieb. „Wahrscheinlich sollte ich jemanden in den Aufsichtsrat aufnehmen, der mich stärker herausfordert“, dachte sich Shader. „Hornik ist so nett, dass ich nicht weiß, wie er in der Führungsetage auftreten wird.“ Als er Hornik anrief, erklärte er: „Mein Herz sagt, ich sollte mich mit Ihnen zusammentun, aber mein Kopf sagt, ich sollte mich für den anderen entscheiden. Ich habe beschlossen, auf meinen Kopf zu hören und nicht auf mein Herz.“
Hornik war am Boden zerstört, und er kritisierte sich nachträglich. „Bin ich ein Trottel? Wenn ich Druck gemacht hätte, um den Vorvertrag unter Dach und Fach zu kriegen, hätte er vielleicht unterschrieben. Aber ich habe mir meinen Ruf ein Jahrzehnt lang erarbeitet, also kam das nicht in Frage. Wieso ist das passiert?“
David Hornik lernte es auf die harte Tour: Die Guten haben immer das Nachsehen.
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