Gebrauchsanweisung für Heimat Gebrauchsanweisung für Heimat - eBook-Ausgabe
„So ist die ›Gebrauchsanweisung für Heimat‹ ein thematisch sehr ausdifferenzierter und philosophischer Diskurs zum Thema.“ - ruhrbarone.de
Gebrauchsanweisung für Heimat — Inhalt
„Die Welt ist die einzige Heimat, die wir haben.“ Andreas Altmann
Neu-Delhi, Brazzaville, Wien oder Hanoi: Andreas Altmann hat schon die unterschiedlichsten Orte als Heimat erlebt. Radikal ehrlich und voller Poesie nähert er sich einem Begriff, der so aufgeladen wie schwer zu fassen ist. Er schildert, wo auf seinen Reisen ihm Heimatverbundenheit, Heimatfreude und Fremdheit begegneten, welche Fragen zu Herkunft und Identität er sich stellt – und wie wichtig für ihn Freundschaften, Sprache, Musik sind, um sich heimisch zu fühlen. Er erzählt von den intensivsten Momenten unterwegs und in seiner Wahlheimat Paris, in die er immer wieder zurückkehrt. Und von der Leere der Wüste, der Einsamkeit und Stille, in der er die größte Vertrautheit empfindet.
Leseprobe zu „Gebrauchsanweisung für Heimat“
VORWORT
Wenn man eine Liebe an die Wand fährt, findet man – hoffentlich – eine neue. So ähnlich sollte man beim Verlust der Heimat handeln: Will man sie loswerden, weil die Erinnerung an sie wie Schlangengift das Herz verseucht, so desertiere man und suche sich eine andere Unterkunft, eine andere, brandneue Heimat.
Leicht gesagt, ich weiß. Die einen gehen mit einem Freudenschrei, die anderen tränenüberströmt. Von allen soll erzählt werden.
Für mich war Blut nie dicker als Wasser. Bin ich doch ein Meister im „Cut“-Sagen, einer, der unwiderruflich Frauen und [...]
VORWORT
Wenn man eine Liebe an die Wand fährt, findet man – hoffentlich – eine neue. So ähnlich sollte man beim Verlust der Heimat handeln: Will man sie loswerden, weil die Erinnerung an sie wie Schlangengift das Herz verseucht, so desertiere man und suche sich eine andere Unterkunft, eine andere, brandneue Heimat.
Leicht gesagt, ich weiß. Die einen gehen mit einem Freudenschrei, die anderen tränenüberströmt. Von allen soll erzählt werden.
Für mich war Blut nie dicker als Wasser. Bin ich doch ein Meister im „Cut“-Sagen, einer, der unwiderruflich Frauen und Männer und Orte aufgibt, wenn sie mir nicht mehr guttun. Oder ich ihnen. Sie weder im Kopf noch im Bauch gehobene Stimmung auslösen, so ein Gedankensprühen, so ein romantisches Ziehen im Solarplexus. Bin selbst dann davon, wenn das Bleiben mir materielle oder sinnliche Boni verschafft hätte, Genüsse wie Wohlstand oder erotische Zuwendung.
Ich bin sogar der eigenen Familie entlaufen, von der Verwandtschaft gar nicht zu reden. Immer von der rüden Überzeugung getrieben, dass ich in ihrer Nähe nicht vom Fleck komme, dass mein Hirn stillsteht, ja, schlimmer, dass es schrumpft, weil weit und breit nichts blüht, was es nährt. Ja, Flucht muss sein, da ich jeden Morgen mit dem bedrohlichen und gewiss anspornenden Gedanken aufwache, dass ich nur ein einziges verdammtes Leben habe. Somit käme mir jedes Verweilen an „Stellen“, an denen kein Leben stattfindet, wie eine Todsünde vor. Wie trefflich das Wort, denn bliebe ich, versündigte ich mich schwer an mir selbst.
Kann einer das Leid noch zählen, das sich seit Millionen Jahren – pyramidal – anhäuft: weil Leute nicht voneinander loskommen? Oder hocken bleiben an Plätzen, die sie täglich näher an den Abgrund treiben. Oder sie, diskret und unspektakulär, in die so verschwiegene Depression der Ausweglosigkeit manövrieren. Wie sagte es Perikles, der siebengescheite Grieche: „Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit. Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.“ Ohne den geht es nicht. Ein mutloses Leben? Das klingt schauerlich.
Jedes Fortgehen – ganz gleich, von wem und von was – braucht Schneid. Manchmal ein bisschen, manchmal ein bisschen viel. Eine neue Heimat – oder ein neuer Mensch: lauter unbekannte Kontinente. Wer kein Glück hat, fährt mitten hinein in sein nächstes Unglück.
Die Angst ist da. Deshalb muss Courage her. Meist wird sie den Mutigen belohnen. Mit der unbändigen Freude, dass er sich getraut hat. Und der wunderlichen Einsicht, dass kein Desaster wartet, sondern Aussichten auf ein innigeres Leben: upgraded, nach oben befördert, da, wo es sich freier atmet, da, wo weder Schwunglosigkeit noch Bore-out die Wirklichkeit ersticken.
Ich darf hier mitreden. Ich erblickte die Finsternis der Welt in einer Brutstätte aus Bosheit und Bigotterie und landete – über dornenreiche Umwege und Irrläufe – irgendwann in Paris: The City of Lights. Ich wüsste keinen schöneren Landeplatz auf Erden.
Ob Paris als Heimat taugt? Oder benötige ich – ich wäre nicht der Einzige – mehrere, ja, viele „Dinge“, die man Heimat nennen könnte? Die Antwort ist so einfach: bestimmt! Die Behauptung gilt umso mehr für jene, die ihre „natürliche“ Heimat verließen, verlassen mussten. Aus Überdruss, aus Furcht zu verkümmern, aus Sorge ums Leben, aus Liebe, aus Hass, was weiß ich.
Heimat – was das magische Wort auch bedeuten mag – muss sein. Der Mensch braucht Lichtquellen, einen Kreis, dessen Teil er ist, Sprache, die ihn behütet, andere Sterbliche, deren Nähe ihn stärkt, eine Gesellschaft, deren Vereinbarungen er grundsätzlich bejaht, eine Wohnung, in die er sich vor dem Rest der Menschheit zurückziehen darf.
Ein unendliches Buch müsste man schreiben, um alles zu benennen, was heimatliche Empfindungen auslösen könnte. Mir reicht keine Stadt, kein Land, ich suche überall auf dem Globus nach etwas, an das ich den Sticker „Heimat“ kleben kann. Jeder Fund beruhigt mich in einem Universum, durch das wir mit 107 000 Kilometern pro Stunde rasen. Eher ziellos, eher verloren. Und da ich an eine himmlische Heimstatt mit einem Himmelsherrscher mittendrin nicht glaube, mir diese ultimative Heimat stets als Hirngespinst erschien, bleibt mir nichts als die Erde und ihre Bewohner. Hier muss ich heimisch werden. Gelingt mir das, bin ich das geworden, was mir als Traum seit meiner Jugend durch den Kopf schwirrt: ein Weltbürger. Das wäre einer, der in der Welt zu Hause ist.
„So ist die ›Gebrauchsanweisung für Heimat‹ ein thematisch sehr ausdifferenzierter und philosophischer Diskurs zum Thema.“
„Andreas Altmann ist der bekannteste deutsche Reisegeschichtenerzähler, es gibt keinen Kontinent, kaum ein Land, wo er noch nicht war und über seine Vor-Ort-Erfahrungen berichtet hat.“
„Radikal ehrlich und voller Poesie nähert er sich einem Begriff, der so aufgeladen wie schwer zu fassen ist.“
„Ein flammendes Plädoyer für eine unermüdliche Beweglichkeit.“
„So liest man dieses gleichermaßen spannende wie unterhaltsame Buch fast wie einen Roman, ja wie eine spannende Geschichte oder Krimi, bei dem man nicht aufhören kann weil man immer wissen will, wie es weitergeht.“
„Wie ein Seismograf filtert Andreas Altmann seine Erlebnisse, Eindrücke, Empfindungen, Gedanken; es bedeutet Freude, mit ihm auf die Suche nach dem zu gehen, was Heimat sein, was Heimat schenken kann. Humorvoll verpackt, unverwechselbar im Stil, wunderbar authentisch, dabei sich selbst nicht schonend, präsentiert er die Welt und ihre Bewohner in all ihren Stärken und Schwächen.“
„Das alles liest sich total spannend und amüsant, rasant.“
„Es ist der typische Altmann-Sound, der diese Seiten durchzieht, erfrischend ehrlich und ganz weit weg von rigorosen Gender-Regeln.“
„›Gebrauchsanweisung für Heimat‹ erzählt auf anrührende Weise vom Suchen, vom Finden, vom Verlieren und vom Loslassen. So ist dem Heimatlosen, der einst davonstürzte in die Welt, ein wunderbares Buch über den schillernden Begriff Heimat gelungen. Nachdenklich, rotzig und bar jedweder Heimatduselei.“
„Ein starkes Buch, dem man viele, viele Leser wünscht.“
„Ein sehr kluges und unterhaltsames Buch“
„Sehr sehr persönlich, sehr ehrlich“
„Ich habe es verschlungen!“
„Selbst die alltäglichen Momente erzählen bei Andreas Altmann große Geschichten.“ BILD Reiselust über „Leben in allen Himmelsrichtungen“
DATENSCHUTZ & Einwilligung für das Kommentieren auf der Website des Piper Verlags
Die Piper Verlag GmbH, Georgenstraße 4, 80799 München, info@piper.de verarbeitet Ihre personenbezogenen Daten (Name, Email, Kommentar) zum Zwecke des Kommentierens einzelner Bücher oder Blogartikel und zur Marktforschung (Analyse des Inhalts). Rechtsgrundlage hierfür ist Ihre Einwilligung gemäß Art 6I a), 7, EU DSGVO, sowie § 7 II Nr.3, UWG.
Sind Sie noch nicht 16 Jahre alt, muss zwingend eine Einwilligung Ihrer Eltern / Vormund vorliegen. Bitte nehmen Sie in diesem Fall direkt Kontakt zu uns auf. Sie selbst können in diesem Fall keine rechtsgültige Einwilligung abgeben.
Mit der Eingabe Ihrer personenbezogenen Daten bestätigen Sie, dass Sie die Kommentarfunktion auf unserer Seite öffentlich nutzen möchten. Ihre Daten werden in unserem CMS Typo3 gespeichert. Eine sonstige Übermittlung z.B. in andere Länder findet nicht statt.
Sollte das kommentierte Werk nicht mehr lieferbar sein bzw. der Blogartikel gelöscht werden, ist auch Ihr Kommentar nicht mehr öffentlich sichtbar.
Wir behalten uns vor, Kommentare zu prüfen, zu editieren und gegebenenfalls zu löschen.
Ihre Daten werden nur solange gespeichert, wie Sie es wünschen. Sie haben das Recht auf Auskunft, auf Berichtigung, auf Löschung, auf Einschränkung der Verarbeitung, ein Widerspruchsrecht, ein Recht auf Datenübertragbarkeit, sowie ein Recht auf Widerruf Ihrer Einwilligung. Im Falle eines Widerrufs wird Ihr Kommentar von uns umgehend gelöscht. Nehmen Sie in diesen Fällen am besten über E-Mail, info@piper.de, Kontakt zu uns auf. Sie können uns aber auch einen Brief schicken. Sie erhalten nach Eingang umgehend eine Rückmeldung. Ihnen steht, sofern Sie der Meinung sind, dass wir Ihre personenbezogenen Daten nicht ordnungsgemäß verarbeiten ein Beschwerderecht bei einer Aufsichtsbehörde zu. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich gerne an unseren Datenschutzbeauftragten, den Sie unter datenschutz@piper.de erreichen.