Gebrauchsanweisung fürs Schwimmen - eBook-Ausgabe
„Diese Gebrauchsanweisung hilft nicht dabei, Rekorde im 25-Meter-Becken zu brechen, sondern lässt in die Kulturtechnik des Schwimmens eintauchen.“ - bn Bibliotheksnachrichten (A)
Gebrauchsanweisung fürs Schwimmen — Inhalt
Brust, Kraulen, Schmetterling – die Schwimmstile sind so zahlreich wie die Schwimmertypen: ob man sich eher passiv treiben lässt, heroisch die Fluten durchkämmt oder elegant durch schimmerndes Türkis gleitet. John von Düffel widmet sich nicht nur der praktischen Seite, den Techniken und der Ausrüstung, sondern auch der philosophischen Ausprägung des Sports. Er beschreibt die Ambivalenz des Wassers, die Geborgenheit, die es ausstrahlen, aber auch die Bedrohlichkeit, die ihm innewohnen kann; das Spielerische und das Kämpferische. Humorvoll und ganz in seinem Element berücksichtigt er die gesundheitlichen Aspekte und zeichnet feine Charakterstudien. Ein wunderbares Buch für ehrgeizige Sportler, Gesundheitsbewusste, Wasserratten und Genießer.
Leseprobe zu „Gebrauchsanweisung fürs Schwimmen“
Eintauchen
„ Was fasziniert Sie eigentlich so am Wasser ? “, lautet die meistgestellte Frage in meinem Leben. Inzwischen habe ich mir angewöhnt, die Gegenfrage zu stellen : „ Wie viel Zeit haben Sie ? “ Denn die Antwort ist nicht nur abendfüllend, sondern genau genommen lebenslang. Die Faszination des Wassers hört nicht auf, sie verwandelt und verändert sich, je nachdem, auf welches Meer man schaut, mit welchem Fluss man geht, in welchem See man schwimmt. Und während ich versuche, all das zu beschreiben, verändert sich auch das Gefühl, das mich bei der [...]
Eintauchen
„ Was fasziniert Sie eigentlich so am Wasser ? “, lautet die meistgestellte Frage in meinem Leben. Inzwischen habe ich mir angewöhnt, die Gegenfrage zu stellen : „ Wie viel Zeit haben Sie ? “ Denn die Antwort ist nicht nur abendfüllend, sondern genau genommen lebenslang. Die Faszination des Wassers hört nicht auf, sie verwandelt und verändert sich, je nachdem, auf welches Meer man schaut, mit welchem Fluss man geht, in welchem See man schwimmt. Und während ich versuche, all das zu beschreiben, verändert sich auch das Gefühl, das mich bei der Frage im ersten Moment immer beschleicht, diese leichte Beschämung, irgendwie anders zu sein als die anderen, ein Wassersüchtiger, halb Mensch, halb Fisch, ein Lungenflossler, ein „ Waterholic “ oder „ Aqua-Nerd “. Nein, denke ich, während ich mir beim Antworten zuhöre, nicht ich bin der Außerirdische oder das seltene Tier im Zoo, sondern derjenige, der die Faszination des Wassers nicht kennt. Wir leben auf dem Blauen Planeten. Alles Leben hier gibt es, weil es Wasser gibt. Und wenn auf anderen Sternen nach Spuren von Leben gesucht wird, sucht man nach Spuren von Wasser. Unser Heimatstern trägt einen falschen Namen. Das Besondere an der Erde ist nicht die Erde, sondern das Wasser und das Leben, das daraus hervorgegangen ist. Die Erde ist ein Wasserplanet. Was kann es Faszinierenderes geben als unser Lebenselement ?
„ Und was “, lässt die zweitmeistgestellte Frage nicht lange auf sich warten, „ was fasziniert Sie am Schwimmen ? “ – Etwas weniger höflich formuliert, heißt das so viel wie : „ Schwimmen kostet doch eine Menge Überwindung, es ist langweilig, ungesellig, einsam und die meiste Zeit des Jahres ziemlich kalt – warum tun Sie sich das an ? “
Das Problem bei dieser zweiten Frage ist, dass es viele Antworten darauf gibt, von denen keine ganz richtig und keine ganz falsch ist. Schwimmen ist gesund, vielleicht die gesündeste Sportart überhaupt, aber Kniebeugen sind auch gesund, und niemand „ liebt “ Kniebeugen. Schwimmen ist ein guter Ausgleich bei Stress und Ärger, eine meditative Übung, gut fürs seelische Gleichgewicht, aber bis man sich aufgerafft hat und am Wasser ist, bis man das Meer, den See, das Schwimmbad erreicht hat, in dem es eine Lust wäre loszuschwimmen, kommen wiederum allerhand Stress und Ärger zusammen. Und regelmäßig schwimmen zu gehen, täglich oder jeden zweiten Tag, hat den Nachteil aller guten Vorsätze, dass man sie nach einer Woche schleifen lässt, um sie dann sang- und klanglos wieder aufzugeben.
Körpergefühl, Gesundheit, Wohlbefinden, seelischer Ausgleich, inneres Gleichgewicht – oder neudeutsch : Wellness und Fitness, Training und Meditation –, all diese Aspekte lassen das Schwimmen als eine ideale Methode zur „ Selbstoptimierung “ erscheinen, als die perfekte Leistungssteigerungsstrategie. Und als solche kann man das Schwimmen auch betreiben. Allerdings hat es dann kaum mehr Charme als der Gang ins Fitness-Studio. Faszinierend ist etwas anderes. Faszinierend – wirklich faszinierend – wird das Schwimmen dadurch, dass es die sinnlichste, unmittelbarste, umfassendste Art ist, dem Wasser nahe zu sein, hautnah.
Darum wird es in dieser Gebrauchsanweisung fürs Schwimmen gehen : Es ist eine Schwimmermutigung, ein Schwimmratgeber und Erfahrungsaustausch über Tipps, Tricks und Tücken, eine Schwimmgeschichte von einem, der viele Jahre seines Lebens im Wasser verbracht hat. Doch vor allem geht es um diese Nähe : um das Gespür für Wasser, um die Faszination für dieses Lebenselement und darum, es sich zu erschwimmen und teilzuhaben an der Ursprünglichkeit und Größe, die ihm innewohnt. Es geht um eine Gebrauchsanweisung fürs Wasser.
TEIL I
Das Gespür für Wasser
Wasserscheu
Wer von der Faszination des Wassers erzählt, kommt leicht ins Schwärmen. Beim Blick auf einen stillen See, beim Betrachten eines Flusses, der Wirbel und Quirle, die sich über seine Oberfläche breiten, beim Hinausschauen auf das Meer und den steten, erinnernden Gang der Wellen ist es nicht einfach, einen trockenen Ton zu wahren. Jeder Wassertext neigt zur Hommage, zur Liebeserklärung an das flüssige Element.
Doch die Liebe zum Wasser sollte nicht blind machen. Ein reines Loblied, eine Wasserhymne wäre nur die halbe Wahrheit. Denn zur Schönheit des Wassers gehört seine Gefährlichkeit, und zur Faszination des Wassers gehört die Angst vor der Tiefe, der Kälte, dem Tod. Das Wasser ist immer beides : Geborgenheit und Bedrohung, das Tragende und das Bodenlose, das Heimische und Unheimliche. Die Ambivalenz ist sein Wesen. Wasser ist immer anders, zu jeder Stunde an jedem Tag. „ Man steigt nie zweimal in denselben Fluss “, dieser Satz von Heraklit darf in keinem Wassertext fehlen, nicht nur weil, wie er sagt, „ alles fließt “, sondern weil das Sich-Spüren im Wasser ein Ich-Gefühl inmitten größter Ungewissheit ist. Für die alten Griechen war der Meeresgott Proteus zugleich der Gott der Verwandlung, ein Meister der Metamorphosen. Und das Wasser ist sein Element, das Element des Lebens, aber auch des Todes.
Die Scheu vor dem Wasser ist also keine Phobie oder Schwäche. Sie ist eine uralte, eine heilige Scheu im Wissen um die Macht des Wassers. Wer davor keine Angst und Ehrfurcht empfindet, hat das Element nicht verstanden. Doch das tut seiner Faszination keinen Abbruch. Manchmal glaube ich, dass ich mich vom Wasser nur deshalb nicht losreißen kann, weil bei aller Vertrautheit und Verbundenheit mit dem Element die Angst nie ganz verschwindet.
Ich schwimme seit meinem fünften Lebensjahr, seit fünfundvierzig Jahren, fast täglich – mit einer längeren Unterbrechung, als ich nach einer ambitionierten Phase des Vereins- und Leistungsschwimmens wieder lernen musste, nicht um Bestzeiten, sondern um des Wassers willen zu schwimmen. Eine gewisse Scheu ist geblieben, ein Gefühl der Unsicherheit im Moment des Wechsels von einem Element ins andere. Vielleicht schwimme ich deshalb beinahe jeden Tag, um diese Scheu nicht zu groß werden zu lassen. Denn gegen die Angst vor dem Wasser hilft am ehesten die Gewohnheit, das fraglose Immer-wieder, die Routine der Abläufe und Wege, die keine Lücke lässt für den Zweifel, fürs Zögern. Umzukehren ist keine Option, kein Gedanke. Es gibt kein Zurück.
Auch in dieser Hinsicht hat das Wasser zwei Gesichter : eines der Vertrautheit und ein anderes der Fremdheit. Manchmal liegt der See, in den ich während der wärmeren Jahreszeiten jeden Tag steige, unverwandt da. So als würden wir uns nicht kennen. So als wäre ich nie da gewesen. Doch ich gebe diesem Fremdeln nicht nach, sondern stelle mein Fahrrad genau da ab, wo ich es immer abstelle, ziehe mich genau so um, wie ich mich immer umziehe, und gehe wie in meinen eigenen Fußspuren das Ufer hinunter ins Wasser. Nicht einmal dann, wenn es sich um meine Hüften wellt und aufschwappt, halte ich inne und reiße die Arme hoch. Ich gehe weiter, tiefer hinein in den See und schwimme. Wie jeden Tag, wie immer. Wiederholung schafft Sicherheit, auch wenn diese Sicherheit eine vermeintliche, vielleicht sogar trügerische ist, denn das Wasser ist immer anders, und nur weil es mir gestern gut war, heißt das nicht, dass es auch heute so sein wird. Wir steigen nie zweimal in denselben Fluss. Aber wir kehren immer zum Wasser zurück.
Überwindung
Der Trick des Gewohnheitsschwimmers besteht darin, den Moment der Überwindung zu ignorieren und so zu tun, als gäbe es ihn gar nicht. Doch es gibt ihn. Seine Realität ist nicht zu leugnen, und die Frage ist nur, wie man damit umgeht. Selbstverständlich kennt auch der passionierteste Schwimmer die Annehmlichkeiten und Beharrungskräfte des An-Land-Seins, der großen irdischen Komfortzone, wo es warm ist, gemütlich und sicher. Er kennt den inneren Schweinehund, den es zu überwinden gilt, den Ruck, den man sich geben muss, die Schwierigkeiten, sich aufzuraffen, die beim Schwimmen größer sind als bei vielen anderen Aktivitäten. Denn man hat es nicht nur mit den üblichen Trägheitswiderständen zu tun. Wer ins Wasser geht, muss einen nicht zu unterschätzenden Übergang bewältigen, eine Transformation vom Festen ins Flüssige, vom Verlässlichen ins Unwägbare, von einer Existenzform in die andere.
Motivationshilfen sind dabei gefragt, vor allem wenn das Wetter nicht gerade zu Schwimmausflügen einlädt. Eines der wirksamsten Überwindungsmantras an den nicht so sonnigen Tagen ist für mich der Satz : „ Nachher fühlt man sich immer besser. “ Und das Beste an diesem Satz ist, er stimmt. So widrig die Umstände auch sein mögen und so gut die Gründe, an Land und trocken zu bleiben, wann immer ich mich überwinde und zum Schwimmen durchringe : Nachher fühle ich mich besser ( oft sogar umso besser, je hartnäckiger ich mich vorher gesträubt habe ).
Im Grunde spannt sich zwischen diesen zwei Momenten der gesamte Bogen eines Schwimmerschicksals, zwischen dem Stoßseufzer beim Hineingehen „ Warum tu ich mir das an ? “ und dem Glücksgefühl danach, wenn man wieder am Ufer steht und sich wundert : „ Warum machen das eigentlich nicht alle jeden Tag ? “ Zumindest wurde ich vom Wasser jedes Mal für die Überwindung zum Schwimmen belohnt. Manchmal habe ich danach sehr gefroren, manchmal war ich danach sehr erschöpft. Aber ich habe mich immer zutiefst besser gefühlt.
„Diese Gebrauchsanweisung hilft nicht dabei, Rekorde im 25-Meter-Becken zu brechen, sondern lässt in die Kulturtechnik des Schwimmens eintauchen.“
„Alles sehr elegant und wirklich unterhaltsam. Passenderweise hat das Buch einen wasserabweisenden Einband.“
„Eine literarische Auseinandersetzung mit vielen Tipps für Wasserratten.“
„Wer täglich seine Runden im Dante dreht, wer je im April ins ›eiskalte‹ Wasser gesprungen ist, wer gerne mal hinüber schwimmt, oder zumindest schwimmen würde, über einen der großen Seen - hier ist der Text, der Sucht und Sehnsucht detailliert erklärt.“
„Der Autor stachelt meinen Ehrgeiz an, es doch noch mal mit dem Wasser zu probieren. (...) Beim Lesen habe ich mich gedanklich schon fast in eine Schwimmerin verwandelt - ganz im Sinne des Elementes, in dem alles im Fluss ist.“
„Er (...) taucht auch in die Widrigkeiten und Mythen des feuchten Elements ein. Das macht dieses Buch sogar für überzeugte Nichtschwimmer lesenswert.“
„Unverzichtbar für alle Freizeitkrauler.“
„Düffel schreibt schwer verliebt. Darüber, dass es Tage gibt, da fange er erst im Wasser an, etwas zu spüren. Und wie man im Wasser schwerelos wird, so, als würde es nicht nur den Körper tragen, sondern auch einen Großteil der Alltagslasten. Dass im Wasser die Gedanken anfangen zu fließen. Solche Sätze.“
„So tiefgründige wie spritzige Lektüre für alle, die es irgendwie ans Wasser zieht, ob das nun ein gechlortes Becken oder das brausende Meer ist.“
„In dieses Buch mit seinen Ratschlägen, kulturgeschichtlichen Tiefen und philosophischen Wellenkämmen einzutauchen, ist ein wahres Glück - nicht nur für Wassernerds und Waterholics. Ihnen schreibt John von Düffel sowieso aus der aquatischen Seele. Doch auch für Gelegenheitsschwimmer und Beckenrandplanscher ist es eine literarische Freude.“
„Von Düffel schreibt sachlich, aber auch federleicht. Behutsam philosophierend.“
„Schwimmliteratur für Sportler, Wasserratten und Philosophen.“
„Mit dieser ›Gebrauchsanweisung‹ legt der leidenschaftliche Schwimmer John von Düffel eine amüsante und lehrreiche Strandlektüre für Wasserratten vor.“
„Diese Gebrauchsanweisung fürs Schwimmen ist eine Schwimmermutigung, ein Schwimm- und Lebensratgeber und Erfahrungsaustausch von einem, der viele Jahre seines Lebens im Wasser verbracht hat.“
„In seinem Buch erzählt der passionierte Langstreckenschwimmer von seiner unstillbaren Sehnsucht nach Freiheit und Entgrenzung.“
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