Hochverrat (Greatcoats 2) - eBook-Ausgabe
Greatcoats
„Wie der erste Teil ›Blutrecht‹ ist ›Hochverrat‹ beste Fantasy-Unterhaltung (...) und macht mit seinem packenden Finale schon jetzt Lust auf den nächsten Teil der Reihe.“ - Hanauer Anzeiger
Hochverrat (Greatcoats 2) — Inhalt
In einem Reich, das durch die Gier der Mächtigen zugrunde gerichtet wurde, kämpft Falcio val Mond, oberster Kantor der Greatcoats, unerschütterlich für Recht und Ordnung. Als ein grausames Verbrechen an einem Duke und seiner Familie verübt wird, nimmt der Krieger die Fährte des Mörders auf. Doch bald muss er erkennen, dass er das Opfer eines schrecklichen Verrats ist: Ein tödliches Gift jagt durch seine Venen. Plötzlich ist jeder Moment im Kampf gegen den Feind kostbarer denn je. Kann Falcio den Bürgerkrieg verhindern, der das Land ins Chaos zu stürzen droht? Oder wird der Tod ihn vorher zu sich holen?
Leseprobe zu „Hochverrat (Greatcoats 2)“
Prolog
Reisender, solltest Du in einer Winternacht in einem der Gasthäuser entlang der Handelsstraßen von Tristia Zuflucht suchen und Dich ans Feuer setzen, das aller Wahrscheinlichkeit nach verwässerte Ale trinken und Dir alle Mühe geben, nicht die Aufmerksamkeit der örtlichen Raufbolde zu erregen, siehst Du vielleicht einen Greatcoat eintreten. Man erkennt ihn an dem langen Ledermantel, dem Zeichen seines Amtes, den die raue Witterung dunkelbraun verfärbt hat und der vielleicht hier und da sogar einen dunkelroten, grünen oder manchmal sogar blauen [...]
Prolog
Reisender, solltest Du in einer Winternacht in einem der Gasthäuser entlang der Handelsstraßen von Tristia Zuflucht suchen und Dich ans Feuer setzen, das aller Wahrscheinlichkeit nach verwässerte Ale trinken und Dir alle Mühe geben, nicht die Aufmerksamkeit der örtlichen Raufbolde zu erregen, siehst Du vielleicht einen Greatcoat eintreten. Man erkennt ihn an dem langen Ledermantel, dem Zeichen seines Amtes, den die raue Witterung dunkelbraun verfärbt hat und der vielleicht hier und da sogar einen dunkelroten, grünen oder manchmal sogar blauen Schimmer aufweist.
Er oder sie werden ihr Bestes tun, in der Menge unterzutauchen. Darin sind sie sehr gut – solltest Du nach links blicken, werter Reisender, siehst Du einen zweiten Greatcoat allein in den Schatten sitzen. Der am Eingang wird sich mit ziemlicher Sicherheit zu ihm setzen.
Solltest Du Dich näher zu ihnen beugen (aber sei vorsichtig!) und ihre Unterhaltung belauschen, wirst Du ein paar Einzelheiten über die Streitfälle aufschnappen, die sie in den Städten, Dörfern und Siedlungen auf dem Land geschlichtet haben. Sie werden über diesen Herzog oder jenen Lord sprechen und welche Verbrechen sie an ihrem Volk verübt haben. Einzelheiten über die Rechtsprechung in jedem Fall werden zur Sprache kommen, und ob der Greatcoat ein Duell führen musste, damit das Urteil auch vollstreckt wurde.
Beobachtet man die beiden nur lange genug, wird einem auffallen, wie sie gelegentlich den Raum mustern und die anderen Gäste einschätzen. Betrachtet man die Mäntel genauer, erkennt man Muster unter dem Leder. Das sind die eingenähten Knochenplatten, die hart genug sind, um Pfeil, Klinge oder Bolzen zu widerstehen. Und doch bewegt sich der Mantel so natürlich wie der, den Du vermutlich trägst. Solltest Du je Gelegenheit erhalten, in ihn hineinzugreifen, findest Du verborgene Taschen – manche behaupten, es seien beinahe hundert –, die alle mit Tricks und Fallen, esoterischen Pillen und Pülverchen gefüllt sind, die ihnen bei dem Kampf gegen einen Mann oder auch einen ganzen Mob einen Vorteil verschaffen sollen. Und auch wenn die unter den Mänteln verborgenen Blankwaffen nichts Besonderes sind, sind sie dennoch gut geölt, scharf geschliffen und spitz genug, um ihre Arbeit zu erledigen.
Den Legenden zufolge fingen die Greatcoats als Duellkämpfer und Meuchelmörder an, bis sie ein gütiger König oder eine gütige Königin unter den Befehl der Monarchie stellte, um dafür zu sorgen, dass in den neun Herzogtümern von Tristia die alten Gesetze befolgt werden. Natürlich reagierten die Herzöge auf diese unerwünschte Einmischung mit dem Ersinnen der vorstellbar qualvollsten Todesarten für jeden Greatcoat, den ihre Leute im Kampf besiegen konnten. Aber für jeden getöteten Greatcoat erhob sich ein anderer, der den Mantel anlegte und durch das Land zog, um den Adel zu verärgern, indem er den Gesetzen Geltung verschaffte, die diesen Herrschaften nur eine Last waren. Bis dann vor ungefähr hundert Jahren eine Gruppe reicher Herzöge die Dashini in ihre Dienste nahm – jenen Orden von Meuchelmördern, die selbst einen so verdorbenen Ort wie Tristia noch mehr verderben konnten. Die Dashini gaben ihnen eine beständigere Methode in die Hand, jeglichen Widerspruch zu entmutigen. Sie bezeichneten es als die Wehklage der Greatcoats.
Ich werde Dich nicht mit den Einzelheiten schockieren, werter Reisender – sie gehören nicht in eine Unterhaltung zwischen Leuten aus gutem Hause. Es reicht zu wissen, dass, nachdem die Dashini den letzten erwischten Greatcoat der Wehklage unterzogen, fast ein ganzes Jahrhundert lang niemand mehr vortrat, um den Mantel zu tragen. Nicht bis ein übertrieben idealistischer junger König namens Paelis und ein närrischer Bauer namens Falcio entschieden, sich dem Lauf der Geschichte entgegenzustemmen und die Greatcoats zurück ins Leben zu rufen.
Aber das ist alles Vergangenheit. König Paelis ist tot, und die Greatcoats sind seit über fünf Jahren aufgelöst. Die beiden, die Du beobachtest, riskieren bei jedem Versuch, ihre traditionellen Pflichten zu erfüllen, den Tod und Schlimmeres. Also werden sie einfach ihre Gläser austrinken, die Zeche zahlen und in die Nacht verschwinden. Vielleicht kannst Du ihr Lächeln sehen, wenn sie sich gegenseitig versichern, dass die Wehklage der Greatcoats nur eine weitere dieser Geschichten ist, die sich Reisende vor einem warmen Feuer in einer kalten Nacht erzählen; dass, selbst wenn sie einst existierte, heute niemand mehr wissen würde, wie man sie durchführt. Aber diese beiden Reisenden würden sich irren. Denn Du musst wissen, ich weiß aus sicherer Quelle, dass die Wehklage der Greatcoats durchaus real ist. Sie ist sogar noch qualvoller und schrecklicher, als die Geschichten erahnen lassen. Ich würde Dir ja mehr darüber berichten, aber leider bin ich selbst die erwähnte „sichere Quelle“.
Mein Name ist Falcio val Mond, einer der letzten Greatcoats des Königs, und wenn Du ganz genau lauschst, hörst Du mich noch immer schreien.
1 Das Wartespiel
Ich kann an einer Hand abzählen, wann ich friedlich und glücklich aufgewacht bin, ohne unmittelbare Todesangst oder erfasst von tiefem Zorn, der mich jemanden umbringen lassen wollte. Der Morgen an dem Tag, vier Wochen nachdem Patriana, die Herzogin von Hervor, mich vergiftet hatte, gehörte nicht dazu.
„Er ist tot.“ Trotz des Nebels in meinem Kopf, der auch meine Ohren verstopfte, erkannte ich Brastis Stimme.
„Er ist nicht tot“, sagte eine andere, etwas tiefere Stimme. Sie gehörte Kest.
Das leichte Dröhnen von Brastis Schritten auf dem Holzfußboden der Hütte wurde lauter. „Für gewöhnlich ist er wieder daraus erwacht. Ich sage dir, dieses Mal ist er tot. Sieh doch. Er atmet kaum.“
Ein Finger bohrte sich in meine Brust, dann meine Wange, dann mein Auge.
Sicherlich fragt Ihr Euch mittlerweile, werter Leser, warum ich Brasti nicht einfach mit einer Klinge durchbohrte und weiterschlief. Zwei Gründe. Erstens lagen meine Rapiere ungefähr drei Meter entfernt auf einer Bank neben der Tür der kleinen Hütte, die wir bewohnten. Zweitens konnte ich mich nicht rühren.
„Hör auf, an ihm herumzubohren“, sagte Kest. „Kaum zu atmen bedeutet lebendig.“
„Was auch so eine Sache ist“, meinte Brasti. „Neatha soll eigentlich tödlich sein.“ Ich stellte mir vor, wie er mit dem Finger vor meiner Nase herumwackelte. „Wir sind alle glücklich, dass du das überlebt hast, Falcio, aber dieses Herumlungern jeden Morgen ist ein äußerst unpassendes Benehmen. Man könnte es sogar egoistisch nennen.“
Trotz meiner wiederholten Versuche weigerten sich meine Hände einfach, sich um Brastis Hals zu legen.
In der ersten Woche nach meiner Vergiftung hatte ich eine gewisse Schwäche in meinen Gliedern bemerkt. Ich schien mich nicht mehr so schnell bewegen zu können. Tatsächlich versuchte ich manchmal die Hand zu bewegen, und es dauerte eine ganze Sekunde, bis sie gehorchte. Dieser Zustand hatte sich langsam verschlimmert, bis ich mich jeden Morgen nach dem Aufwachen mehrere Minuten lang in meinem Körper gefangen fand.
Eine Hand auf meiner Brust drückte stark. Brasti lehnte sich auf mich. „Trotzdem musst du zustimmen, dass Falcio größtenteils tot ist.“
Wieder trat eine Pause ein, und ich wusste, dass Kest über die Sache nachdachte. Brasti ist ein Idiot, das ist nun einmal das Problem mit ihm. Er sieht gut aus, ist charmant, kann jeden Mann mit dem Bogen besiegen. Und er ist ein Idiot. Das fällt einem zuerst gar nicht auf; er kann hervorragende Konversation betreiben und viele Worte benutzen, die den Worten ähneln, die schlaue Leute von sich geben. Er benutzt sie nur nicht im richtigen Kontext. Oder in der richtigen Reihenfolge.
Das Problem mit Kest ist jedoch, dass er zwar ausgesprochen intelligent ist, aber dem Glauben anhängt, philosophisch zu sein bedeute, jede Idee in Betracht zu ziehen, selbst wenn sie von dem eben erwähnten Idioten geäußert wird.
„Schon möglich“, sagte er schließlich. „Aber wäre es nicht passender, wenn man sagt, er ist irgendwie lebendig?“
Noch mehr Schweigen. Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang erwähnen, dass die beiden fraglichen Narren meine besten Freunde sind. Beide sind Greatcoats, und ich verließ mich darauf, dass sie mich beschützten, falls Lady Trin genau diesen Augenblick wählte, um uns ihre Ritter auf den Hals zu hetzen.
Vermutlich hätte ich mich mittlerweile daran gewöhnen müssen, sie Herzogin Trin zu nennen. Ich hatte ihre Mutter Patriana (richtig, die, die mich vergiftet hatte) bei dem Versuch getötet, die Erbin des Königs zu beschützen. Vermutlich war das Letztere der wahre Grund für Trins Problem mit mir, da es ihren Plänen im Weg stand, sich selbst auf den Thron zu setzen.
„Er bewegt sich noch immer nicht“, sagte Brasti. „Ich glaube wirklich, dieses Mal ist er tot.“ Ich spürte seine Hand kurz an einer eher intimen Stelle meines Körpers und begriff, dass er meine Taschen nach Geld durchsuchte, was wieder einmal bewies, dass es nicht zu den besten Ideen des Königs gehört hatte, einen ehemaligen Wilderer zu einem reisenden Magistrat zu machen. „Übrigens haben wir nichts mehr zu essen“, fuhr er fort. „Sollten diese verdammten Dörfler uns nicht Vorräte bringen?“
„Sei dankbar, dass sie uns erlaubt haben, uns hier zu verstecken“, sagte Kest. „Für ein so kleines Dorf ist es eine schwere Bürde, mehr als hundert Greatcoats zu ernähren. Außerdem haben sie vor wenigen Minuten Lebensmittel aus ihren Wintervorratslagern in den Bergen gebracht. Die Schneiderin verteilt sie.“
„Warum höre ich dann nicht diese lästigen Kinder schreien und uns anbetteln, ihnen unsere Schwerter zu leihen oder noch schlimmer, mit einem meiner Bögen spielen zu können?“
„Vielleicht haben sie mitbekommen, dass du dich deswegen beschwert hast. Ihre Familien haben sie heute Morgen in den Bergen gelassen.“
„Nun, wenigstens etwas.“ Brastis Finger klappte mein rechtes Augenlid hoch. Grelles Licht blendete mich, dann verschwand der Finger und mit ihm das Licht. „Wie lange dauert es wohl noch, bis Falcio größtenteils lebendig und nicht länger völlig nutzlos ist? Ich meine, was passiert, wenn Trins Ritter davon erfahren? Oder Dashini-Meuchelmörder? Oder sonst jemand?“ Je länger Brasti sprach, umso nervöser wurde er. „Egal welche Gruppe man auch nennt, die weiß, wie man einen Mann auf schreckliche Weise umbringen kann, irgendwie hat Falcio sie sich alle zum Feind gemacht. Jeder von ihnen könnte …“
Ich konnte fühlen, wie sich meine Brust schneller bewegte. Ich bemühte mich, meine Atmung zu kontrollieren, aber langsam überwältigte mich die Panik.
„Halt den Mund, Brasti. Du verschlimmerst seinen Zustand nur noch.“
„Sie werden kommen und ihn holen, Kest. Möglicherweise sogar in diesem Augenblick. Willst du jeden Einzelnen von ihnen töten?“
„Falls das erforderlich ist.“ Wenn Kest so spricht, liegt eine gewisse Kälte in seiner Stimme.
„Du magst ja der Heilige der Schwerter sein, trotzdem bist du immer noch nur ein Mann. Du kannst nicht gegen ein ganzes Heer antreten. Und was passiert, wenn sich Falcios Zustand weiter verschlechtert und er einfach zu atmen aufhört? Was passiert, wenn wir nicht da sind und …“
Ich hörte die Laute einer Rangelei und fühlte das Bett erzittern, als jemand gegen die Wand gedrückt wurde.
„Nimm deine von den Göttern verdammten Hände von mir, Kest. Heiliger oder nicht, ich werde …“
„Ich habe auch um ihn Angst“, sagte Kest. „Wir alle haben Angst.“
„Er war … Bei allen Höllen, in denen wir waren. Er ist doch angeblich der Schlaue von uns. Wie konnte er es nur zulassen, noch einmal vergiftet zu werden?“
„Um sie zu retten“, sagte Kest. „Um Aline zu retten.“
Ein paar Augenblicke lang herrschte Stille, und zum ersten Mal an diesem Morgen konnte ich mir Kests und Brastis Gesichter nicht vorstellen. Das war besorgniserregend, als wäre jetzt auch mein Hörvermögen weg. Glücklicherweise ist Schweigen ein Zustand, den Brasti nicht lange durchhält. „Und noch etwas“, sagte er. „Wenn er so verdammt brillant ist, warum muss man nur ein Mädchen nach seiner toten Frau benennen, um ihn dazu zu bringen, sein Leben für sie zu riskieren?“
„Sie ist die Erbin des Königs.“
„Trotzdem, wenn …“
„Und wenn du Falcios Frau noch einmal erwähnst, wirst du entdecken, dass es schlimmere Dinge gibt, als gelähmt zu sein.“
„Das Risiko ginge ich ein, wenn es ihn da herausholt“, sagte Brasti. „Verdammt, Kest! Er ist hier der Schlaue. Trin hat Heere und Herzöge auf ihrer Seite. Wir haben nichts. Wie sollen wir ohne ihn ein dreizehnjähriges Mädchen auf den Thron bringen?“
Ich fühlte, wie meine Augen zuckten. Leeres Grau blitzte zu grellem Weiß und wieder zurück, immer wieder. Der Effekt war beunruhigend.
„Dann müssen du und ich wohl versuchen, schlauer zu werden“, sagte Kest.
„Und wie sollen wir das machen?“
„Nun, wie macht Falcio es?“
Eine lange Pause trat ein. „Er … nun, er durchschaut Dinge, nicht wahr?“, sagte Brasti dann. „Du weißt schon, sechs Dinge geschehen, von denen keines wichtig erscheint, und plötzlich springt er auf und verkündet, dass Meuchelmörder kommen oder ein Karawanenlord einen Konstabler bestochen hat. Oder was weiß ich.“
„Dann müssen du und ich das tun“, sagte Kest. „Diese Dinge erkennen, bevor sie passieren.“
„Wie?“
„Was geschieht denn in diesem Augenblick?“
Brasti schnaubte. „Trin hat fünftausend Soldaten auf ihrer Seite und den Rückhalt zweier mächtiger Herzogtümer. Uns stehen ungefähr hundert Greatcoats und die widerwillige Unterstützung des alten, klapprigen Herzogs von Pulnam zur Verfügung. Oh, und vermutlich verspeist sie gerade ein nettes Frühstück und sieht noch einmal ihre Pläne zur Thronergreifung durch, während wir uns hier in diesem beschissenen kleinen Dorf verstecken und Falcio dabei zusehen, wie er mit Bravour eine Leiche spielt. Und dabei verhungern.“
Wieder trat Stille ein. Ich versuchte einen Finger zu bewegen. Ich glaube nicht, dass ich Erfolg hatte, aber ich konnte die grobe Wolle der Decke fühlen. Das war ein gutes Zeichen.
„Immerhin musstest du keine schreienden Kinder auflisten“, sagte Kest.
„Immerhin.“
Ich hörte Kests Schritte, als er an mich herantrat, und fühlte eine Hand auf der Schulter. „Also, was würde Falcio davon halten, was glaubst du? Was bedeutet das alles?“
„Gar nichts“, erwiderte Brasti. „Das sind nur ein Haufen Einzelheiten, die aber auch gar nichts miteinander zu tun haben. Glaubst du, dass Falcio immer nur so clever tut und ihn bis jetzt noch keiner dabei erwischt hat?“
Am liebsten hätte ich über Brastis Frustration gelacht. Dann fühlte ich die kleinen Muskeln am Rand meines Mundes zucken. Nur ein klein wenig. Bei den Göttern, ich schüttelte es ab. Beweg dich, befahl ich mir. Steig aus dem Bett und hilf der Schneiderin, Trins Heer zu besiegen. Bring Aline auf den Thron und zieh dich aus Politik und Krieg zurück. Kümmere dich wieder um Grundstücksstreitereien und jage korrupte Ritter.
Ein Ziehen im Magen ließ mich erkennen, wie hungrig ich war. Zuerst Frühstück, dachte ich, dann kannst du darüber nachdenken, wie du die Welt retten willst. Ich war froh, das nicht tun zu müssen, während die schreienden Dorfkinder überall herumrannten und mit allem in Sichtweite spielen wollten.
Was seltsam war. Warum brachten die Dörfler ihre Kinder nicht mit? Das Dorf schwebte in keiner großen Gefahr. Die Schneiderin hatte Kundschafter ausgesandt, von denen keiner mehr als eine Handvoll von Trins Männern gemeldet hatte – keineswegs genug, um uns Ärger zu machen. Und wenn man so darüber nachdachte, wo steckte der Rest von Trins Männern? Möglicherweise befanden sie sich ja auf Missionen, aber man hätte sie in dem Moment zurückgerufen, in dem bekannt wurde, dass wir hier waren. Und die Kinder …
„Rapiere!“, brüllte ich.
Nun, brüllen ist nicht so ganz richtig. Meine Zunge lag noch immer dick in meinem Mund. Aber meine Augen öffneten sich, was gut war.
Brasti kam angerannt. „Rappen? Was meinst du damit?“ Unbeholfen strich er mir über den Kopf. „Keine Angst, Falcio, wir lassen dich nicht von irgendwelchen Rappen niedertrampeln.“ Er wandte sich Kest zu. „Ich glaube, er phantasiert.“
Ich bemühte mich, meine Zunge unter Kontrolle zu kriegen. Kest warf mir einen Blick zu, dann griff er nach den Schwertern auf der Bank. „Hilf ihm hoch“, sagte er. „Falcio hat nach seinen Rapieren verlangt. Etwas ist nicht in Ordnung.“
Brasti legte den Arm um meine Schultern, dann half er mir aus dem Bett auf meine unsicheren Beine. Verflucht! Ich bewegte mich wie ein alter Mann.
„Was ist es, Falcio?“
„Die Kinder“, erwiderte ich.
„Sie sind nicht hier, hörst du das denn nicht?“, sagte Brasti.
„Genau darum geht es ja. Die Dorfbewohner ließen ihre Kinder in den Bergen zurück. Man greift uns an.“
„Wie der erste Teil ›Blutrecht‹ ist ›Hochverrat‹ beste Fantasy-Unterhaltung (...) und macht mit seinem packenden Finale schon jetzt Lust auf den nächsten Teil der Reihe.“
„Die Protagonisten sind mit einer gehörigen Portion schwarzen Humors gesegnet, das bereitet unglaubliches Lesevergnügen.“
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