Im Schatten der Insel Im Schatten der Insel - eBook-Ausgabe
Kriminalroman
— Spannung auf Amrum mit einer Ermittlerin wider WillenIm Schatten der Insel — Inhalt
Gefühlvolle und spannende Urlaubslektüre für Nordsee- und Amrum-Fans. Für alle Leser:innen von Susanne Abel und Ellen Sandberg
„Und irgendwo in dieser düsteren, aber gar nicht ganz so fernen Vergangenheit schien ein Geheimnis zu liegen, das bis in die Gegenwart wirkte. Das ihre Mutter in Gefahr gebracht hatte.“
Das Leben mit 40 hat Lale sich anders vorgestellt: Seit ihrer Scheidung lebt sie wieder in ihrem Kinderzimmer – als Pflegerin ihrer an Demenz erkrankten Mutter. Mit der Reise nach Amrum möchte Lale den Herausforderungen dieser, ohnehin nicht leichten, Beziehung zumindest vorübergehend entfliehen. Doch bevor die lang ersehnte Erholung einsetzen kann, verstrickt die Mutter sich in einen Mordfall, der tief in deren abgründige Erinnerungen führt: Als Verschickungskind allein auf Föhr. Doch die Spuren rund um die Tat reichen noch weiter zurück, in ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte, über das die Mutter lieber schweigt ...
Leseprobe zu „Im Schatten der Insel“
TEIL I
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In dem Moment, als er begriff, dass er die Nacht nicht überleben würde, wurde er ganz ruhig. Es war nicht so wie damals, als sie ihn in einen Sack gesteckt hatten, um ihn – wie sie sagten – ins Meer zu werfen. Weil er unartig gewesen war und seine Eltern ihn nun nicht mehr haben wollten.
Damals hatte er sich gewehrt. Er hatte um sich geschlagen – auch wenn er dabei nur sich selbst verletzte. Hilflos, wie er war, hatte er sich doch mit seinem Schicksal nicht abfinden wollen. Diesmal war es anders. Er kämpfte nicht mehr. Er hatte sein Leben lang nur [...]
TEIL I
—
In dem Moment, als er begriff, dass er die Nacht nicht überleben würde, wurde er ganz ruhig. Es war nicht so wie damals, als sie ihn in einen Sack gesteckt hatten, um ihn – wie sie sagten – ins Meer zu werfen. Weil er unartig gewesen war und seine Eltern ihn nun nicht mehr haben wollten.
Damals hatte er sich gewehrt. Er hatte um sich geschlagen – auch wenn er dabei nur sich selbst verletzte. Hilflos, wie er war, hatte er sich doch mit seinem Schicksal nicht abfinden wollen. Diesmal war es anders. Er kämpfte nicht mehr. Er hatte sein Leben lang nur gekämpft, so schien es ihm. Jetzt, in der Gewissheit zu sterben, spürte er auf einmal den Frieden, der ihm immer verwehrt gewesen war.
Er konnte – wie damals – nicht sehen, was mit ihm geschah, nicht davonlaufen. Doch diesmal würde sich der unsichtbare Feind noch weniger um seinen Protest scheren: Sein Gegner war die Flut. Er konnte hören, wie sich das Relief, das die Wellen in den Sand gezeichnet hatten, gurgelnd füllte. Er fror. Auch das brachte ihn augenblicklich zurück in die Erinnerungen, denen er nie ganz hatte entfliehen können: Schon lag er wieder nackt, besudelt vom eigenen Urin, auf den kalten Kacheln im stinkenden Abort – bis die anderen ihn am nächsten Morgen so fänden.
Hier draußen im Watt war all das plötzlich wie ein böser Traum. Und er freute sich darauf, aus ihm zu erwachen. Endlich.
Reif für die Insel
Es gibt Mutter-Tochter-Gespanne, die wie beste Freundinnen sind: Unzertrennlich, innig und unfassbar harmonisch. Das ungleiche Paar, das an diesem Morgen über die Fußgängerbrücke die Fähre Uthlande bestieg, gehörte nicht dazu. Und es verging kein Tag, an dem sich Lale dieser Tatsache nicht schmerzlich bewusst war. Ob ein Seniorenheim doch für alle Beteiligten die stimmigere Lösung gewesen wäre? Aber da waren sie nun und versuchten, das Beste draus zu machen.
Zentraler Bestandteil von Lales Bemühungen, trotz ihres neuen Fulltime-Jobs als Pflegerin ihrer Mutter bei klarem Verstand zu bleiben, war die Idee mit den Reisen. Nachdem sie zusammengezogen waren, hatte sich erst mal alles einspielen müssen. Nun konnte es endlich losgehen. Und – Göttin – was hatte sie darauf gewartet!
Der Trip nach Amrum war der Testballon. Bald würde sie wissen, ob ihre Strategie aufging. Sie hatte mit etwas Nahegelegenem beginnen wollen. Rentnerfreundlich. Und dank des vertrauten Namens nicht ohne Weiteres durch eine skeptische Bemerkung ihrer Mutter vom Tisch gewischt. Es könnte sich allerdings leicht als Schnapsidee erweisen: Die Familienurlaube, die sie in ihrer Kindheit auf der Nordsee-Insel verbracht hatten, gehörten zu den Erinnerungen, von denen sie nicht wusste, wohin sie führen würden. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aber zu ihrem … Erzeuger, der sich kurz nach ihrem letzten gemeinsamen Urlaub hier aus ihrem Leben gestohlen hatte.
Lale hoffte, dass zumindest bei ihrer Mutter der Weichzeichner der Erinnerung seinen Dienst tat. Sodass ihr die vertrauten Orte ein Geländer waren, an denen sich ihr vor einigen Monaten plötzlich porös gewordener Geist entlanghangeln konnte.
Was sie selbst anging, hatte Lale eine klare Idee, wie sich der Urlaub gestalten sollte: Am Strand liegen, baden und ab und an eine tote Tante trinken, um sich aufzuwärmen. Und wer weiß, vielleicht könnte sie ja auch mal allein einen Spaziergang wagen und sich den Kopf freipusten lassen? Amrums Strände – das erinnerte sie noch von den langweiligen Sightseeingtouren, zu denen ihre Eltern ihr jugendliches Ich auf der Nordseeinsel genötigt hatten – waren die weitesten Europas. Gut für die Lale der Gegenwart: Sie würde in den nächsten zehn Tagen der Spezies Mensch ohne Anstrengung aus dem Weg gehen können. Das war es, was sie gerade am meisten brauchte. Na ja, merkte an dieser Stelle ihr durchaus analytischer Geist an, „gerade“ ist wohl eher das falsche Wort für einen Zustand, der inzwischen das neue Normal ist.
„Bitte?“ Lale, obwohl nicht undankbar, der kritischen Stimme in ihrem Kopf zu entkommen, brauchte einen Augenblick, um ins Hier und Jetzt zurückzufinden. Die Schlange vor dem kleinen Kiosk, schon früher im Familienurlaub stets das erste Ziel an Bord, hatte sich gelichtet. Sie war an der Reihe. Und eine leicht genervte Tresenkraft fragte mittlerweile offenbar zum wiederholten Mal nach ihrer Bestellung.
„SIE WÜNSCHEN?“
Sie entschied sich für zwei Piccolos und zwei Mal Schokoladeneis, verzichtete auf die Plastikbecher, griff sich aber in weiser Voraussicht einen Berg Servietten und hielt nach ihrer Mutter Ausschau. Doch die war nirgends zu sehen.
Der Sekt war warm und das Eis fast geschmolzen, als sie die alte Dame in dem quietschbunten Anorak endlich fand. Keine Sekunde zu früh! Denn das Schiff legte ab. Und sie wäre vermutlich versucht gewesen, von der Reling zu springen, wenn sie die bange Frage, ob ihre Mutter vielleicht wieder von Bord gegangen war, bis dahin immer noch nicht hätte klären können.
Doch da saß sie. Seelenruhig. Auf dem zugigen Sonnendeck. In angeregter Unterhaltung mit einem jungen Paar – sie schlank, weißblond und in einer Outdoor-Kluft, die „neureich“ schrie; der dazu passende Er in einer dieser Steppjacken, deren charakteristisches Salmimuster zum Dresscode gehobener, konservativer Kreise gehörte.
Noch immer gab es Lale einen schmerzhaften Stich, wenn sie turtelnde Pärchen sah. Zu frisch war der Schnitt, den ihre Trennung hinterlassen hatte. Und während alle Freundinnen um sie herum Kinder kriegten, bekam sie – wie sie sich bemühte, scherzhaft zu sagen – Eltern. Na ja, ein Elter: ihre Mutter eben. Aber für Kinder verwendete man ja auch den prophylaktischen Plural, für den Fall, dass nach dem ersten noch weitere folgen würden. Wobei das Universum verhüten möge, dass sie in ihrer jungen Familie noch weiteren „Nachwuchs“ dieser Art bekommen sollte! Und da käme ja auch nur einer infrage. Und dass der sich nicht meldete, darauf zumindest war Verlass!
Lale begrüßte die zwei Turteltauben mit einem „Moin“, was langes Schnacken so herrlich überflüssig machte. Und sie beschloss, darüber hinwegzugehen, dass ihre Mutter nicht wie vereinbart am Aufgang zum Deck gewartet hatte. Sie wollte nicht gleich am ersten Urlaubstag einen Streit riskieren.
Kommentarlos reichte sie ihr ein Eis. Und schneller, als sie helfen konnte, musste sie die Servietten zum Einsatz bringen. Innerlich beglückwünschte sie sich für die Geistesgegenwart, eine Überdosis der Papiertücher gehamstert zu haben. Sie hatte in den letzten Monaten viel gelernt.
„Wir sind in den Flitterwochen!“, hörte sie die junge Frau flöten, während sie ihren schlanken Arm wie eine Boa constrictor um ihren Angetrauten schlang.
Und da war er wieder, der vertraute Schmerz, der ihr zuflüsterte: Und du man nicht! Ein guter Moment, um das in der Packung flüssig gewordene Eis zu entsorgen und sich einen großen Schluck Prickelwasser zu gönnen – warm oder nicht.
Während sie die perlende Flüssigkeit den Hals hinunterrinnen ließ, und so tat, als würde sie dem Gespräch interessiert folgen, sinnierte sie über den mentalen Juckreiz, den sie diesem Paar gegenüber empfand. Er basierte zu großen Teilen auf der Tatsache, dass sie Pickel bekam bei Sätzen wie „Emanzipation ist, dass ich mich frei entschieden habe, zu Hause zu bleiben, sobald das erste Kind da ist.“ – Manchmal hatte Lale das Gefühl, das einundzwanzigste Jahrhundert weitgehend allein zu bewohnen.
Sie liefen Föhr an, als die Jungvermählten – nach detailreichen Schilderungen des Heiratsantrages – gerade die Verlobungsfeier erreicht hatten. Lale spürte einen starken Drang, sich einen weiteren „Knallköm“ zu besorgen. Doch dies war kein guter Moment. Nicht, dass ihre Mutter noch beschloss, der Insel einen Besuch abzustatten, auf der sie als Verschickungskind erste Erlebnisse mit dem Wattenmeer und, wie Lale vermutete, mit schwarzer Pädagogik gesammelt hatte! Also blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als sich die Zusammenfassung der zuckersüßen Reden und Toasts anzuhören, nur um dann thematisch auf ein noch heikleres Thema zuzusteuern: die Hochzeit:
„… Ich wollte ja auf der Insel heiraten! Aber Heiko hat darauf bestanden, in unserem neuen Zuhause zu feiern. Im ganz kleinen Kreis. Nur sechzig, siebzig unserer engsten …“
Lale fixierte den Horizont, so wie ihr Vater es ihr gezeigt hatte, als sie zum ersten Mal seekrank gewesen war. Damals, als sie ihn noch „Papi“ genannt hatte. Vielleicht half sein Tipp auch gegen die Sorte von Schwanken unter den Füßen, die sie jetzt befiel? Auch wenn es nicht von den unruhigen Bewegungen des Schiffes beim Anlegen herrührte, sondern von der Erinnerung an die Wochen und Monate, die sie mit zugezogenen Gardinen in ihrem alten Kinderbett verbracht hatte. Als einzige Gesellschaft der unmenschliche Berg an Papierkram, den eine Scheidung auch dann mit sich brachte, wenn sie nur wenige Tage nach der Hochzeit eingereicht wurde.
Einatmen. Ausatmen. Horizont fixieren.
„Ist Ihnen nicht gut?“, fragte der jugendliche Held, ohne sich dabei aus der Umklammerung seiner Vorzeige-Gattin zu lösen.
„Alles okay.“ Sie lächelte durch zusammengebissene Zähne Richtung Traummann.
„Siehst du? So einen hättest du dir mal an Land ziehen müssen!“ Der fleischgewordene Grund für ihr Psychologiestudium fixierte sie mit gewohnter Schärfe.
„Ich geh mir noch einen Sekt holen. Möchtest du auch einen?“, antwortete sie ihrer Mutter unter Aufbietung all ihrer Selbstbeherrschung. Sollte die Überbringerin solcher Ratschläge doch beim Landgang verschütt gehen! Doch selbstverständlich gab Lale im Gehen den von ihrer Mutter offenbar ganz angetanen Jungverliebten ein Zeichen, diese während ihrer Abwesenheit im Auge zu behalten. – Om!
Mit dem festen Vorsatz, nicht loszuheulen, steuerte Lale die Toilette an und verwünschte sich selbst, als dieser den Weg aller Vorsätze ging … Verdammt! Sie war langsam wirklich zu alt, um sich von den Seitenhieben ihrer Mutter aus der Ruhe bringen zu lassen. Sie hätte es wissen müssen: Auf lange Sicht mit ihrer Mutter zusammenzuleben, war Hybris gewesen. Dabei hatte sie nach der Scheidung, als der Arsch sie auf die Straße gesetzt und sie schließlich auch noch ihre Praxis an die Krise verloren hatte, nach langer Suche endlich eine Wohnung in ihrer Liga gefunden. Aber sie hatte sie ausgeschlagen. Weil ihr Bauchgefühl ihr einen geistigen Aussetzer beschert hatte. Sie hatte es nicht übers Herz gebracht, ihre Mutter, die Lale in ihren schwärzesten Tagen aufgenommen hatte, zu verlassen, jetzt, da sie Hilfe benötigen würde.
Wie es in Altenheimen zuging, wusste sie nur zu gut. In dem Versuch, sich von zu Hause unabhängig zu machen, hatte sie, um sich ihr Studium zu finanzieren, in der Pflege gejobbt. Dort hatte sie Menschen gesehen, die allein starben, weil der Pflegeplan keine Zeit vorsah, sich an ihr Bett zu setzen. Und niemand konnte ihr erzählen, dass ein paar Minuten für eine menschenwürdige Morgentoilette ausreichten! Allerdings erzählte einem auch niemand, was es mit sich brachte, als erwachsene Frau zurück zu seiner dement werdenden Mutter zu ziehen. Besonders da deren – ohnehin in Bezug auf sie nicht gerade dicken – Anstandswände zunehmend bröckelten.
In ihrer Rage nahm Lale die steile Treppe runter zum Zwischendeck nicht nur halb blind, sondern auch etwas zu schwungvoll. Als sie schon bei den ersten Stufen ins Stolpern kam, blieb sie stehen und fischte in ihrer Jackentasche nach restlichen Papierservietten. Doch sie hatte wohl bei dem Versuch, die Bluse ihrer Mutter zu restaurieren, alle verbraucht.
Und da war er! Der Moment, wie es ihn in all diesen amerikanischen Liebesfilmen gab, die sie so abgrundtief verabscheute: Eine großgewachsene Gestalt … im Trenchcoat? … löste sich aus einer Nische im Gang, zückte ein Taschentuch und reichte es ihr. Wie oldschool ist das denn bitte? – Das käme ja heute niemals durch den TÜV!
Natürlich war sie viel zu sehr Emanze, um sich über eine solche Geste nicht zu echauffieren. Aber sie war eben auch zu sehr Single, um dem Charme des Augenblicks – keineswegs aber des Mannes, wie sie sich selbst glaubhaft versicherte – nicht doch ein bisschen zu erliegen.
„Ganz der Gentleman!“ Ohne ironische Bemerkung kam sie nicht aus der Nummer raus. Zumindest nicht, wenn sie ihren Stolz nicht gänzlich verlieren wollte. Trotzdem wischte sie mit dem Tuch, das er ihr reichte, die Tränen, die tatsächlich vor Überraschung versiegt waren, von der verschmierten Brille.
Jetzt, da sie wieder klarsehen konnte, war der Typ nicht mehr ganz die Lichtgestalt von eben. Aber umso interessanter.
„Hauptkommissar Bendixen“, stellte der sich vor und zog seine Karte aus einer Manteltasche.
Kein Trenchcoat. Ein Parker!
„Steht Weinen mittlerweile unter Strafe?“
„Soviel ich weiß, noch nicht.“ Er lachte. „Aber wir führen derzeit Befragungen der Fahrgäste durch, die von Föhr kommen. Darf ich Sie fragen, wo Sie eingestiegen sind?“
„Leider in Dagebüll“, gab sie zu. „Aber wer sagt denn, dass ich nicht trotzdem verdächtig bin?“ Humor hatte sie immer gehabt. Nur leider auch ein zuverlässiges Händchen für die falschen Männer.
„Das darf ich Ihnen aus ermittlungstaktischen Gründen nicht verraten.“
Schmunzelt der etwa in den Kragen seines Seemannspullis?
„Aber ich sag mal so: Die Leiche liegt auf Föhr.“
„Die Leiche!?“ Jeder Spaß war aus ihrer Stimme gewichen.
„Mordkommission.“ Er tippte auf die Karte, die sich inzwischen in ihrer Hand befand.
„Müssen wir uns Sorgen machen? – Ich bin mit meiner Mutter hier …“ Großartig gemacht! Darauf steht so ein Kerl sicher. Wenn vierzigjährige Frauen mit ihrer Mutter unterwegs sind.
„Ich denke nicht. Zumindest deutet zum jetzigen Zeitpunkt nichts darauf hin.“ Er konnte oder wollte ihr offenbar nicht mehr sagen. „Dann trotzdem einen angenehmen Aufenthalt! Und danke für Ihre Mithilfe.“ Er nickte ihr zu. Und so plötzlich er aufgetaucht war, so schnell war er wieder verschwunden.
Augen auf bei der Hafenwahl! Sie seufzte resigniert. Hätte sie einfach flunkern sollen? Vergiss es, ermahnte sie sich selbst, und erinnerte sich an ihren Vorsatz, erst mal alleinzubleiben, bis sie wirklich über ihren letzten … Beziehungsversuch hinweg wäre. Außerdem: Taschentuch? Echt jetzt? Sie war doch kein Prinzesschen, das man retten musste! Sicher ist das so ein windiger Gigolo wie Sebastian: am Anfang Charmeur – am Ende ein Albtraum!
Mit den Händen kippte sie sich das kalte Wasser, das sich den Hähnen im Damenklo nur entlocken ließ, indem man mit voller Wucht auf die Automatik kloppte, ins gerötete Gesicht. Sie wusste nicht, was besser war – die Abkühlung oder die „Aggressionstherapie“? Solche Armaturen hätte sie damals in ihrer Praxis gebraucht, in der sie die ersten Nächte nach der Trennung auf der Couch verbracht hatte. Oder noch besser: Jetzt, in ihrem Elternhaus, wo sie ab Sekunde eins in die altvertraute ungute Dynamik mit ihrer Mutter zurückgefallen war. Als Psychologin wusste sie es doch eigentlich genau: Mehr als zwei Tage zu Hause, und – zack – greifen die alten Muster wieder. Dass es mittlerweile fast zwei Jahre waren, machte die Sache nicht besser.
Bevor sie sich wieder ins Getümmel an Deck stürzte, warf sie noch einen tiefen Blick in die traurigen Augen der Frau mit dem ewig braven Milchgesicht und den strohigen, straßenköterblonden Haaren. Man sah ihr an, wie es ihr ging. Wo war das glitzernde Grün geblieben, das einst abenteuerlustig unter den Henna-Haaren hervorgeblitzt hatte? Übrig waren nur ein schmutziger, brauner Saum an den ausgefransten Spitzen und ein Ausdruck, der nicht zu der Frau gehörte, die sie sein wollte. Irgendwie erinnerte sie das, was sie im Spiegel sah, immer mehr an ihre Mutter: unglücklich. Und unstimmig. Wie ein Bild von Picasso.
Irgendwo da, unter dem Kummerspeck, saß jemand, der nicht einverstanden war mit den Entscheidungen, die sie für sich traf. Adorno, dachte sie. Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
Beim Kiosk war zum Glück keine Schlange mehr. Und Lale investierte zur Feier des Tages in Knallköm für alle. Das war auch gut so. Denn als sie zurück an Deck kam, hatte mittlerweile ihre Mutter das Gespräch gekapert, und kaute dem Pärchen gut gelaunt ein Ohr ab.
„… war übrigens auch schon mal auf Föhr.“
„Ach, wirklich?“
Das klang selbst in Lales Ohren etwas spitz. Na ja, die glückliche Braut hatte sich den Beginn der Flitterwochen sicher etwas anders vorgestellt.
„Ja. In den Fünfzigerjahren. Ich war noch ein kleines Kind. Damals hat man uns ja verschickt …“
Ihre Mutter schaffte es ohne Probleme, dieselbe Geschichte in Dauerschleife zu erzählen, das wusste Lale. Und anders war das Gesicht des Mannes – wie hatte er sich noch gleich vorgestellt? – auch nicht zu erklären: Etwas Grundgenervtes lag urplötzlich auf den sonst geradezu provokant galanten Zügen. Lale wurde kalt – sicher der Wind. Sie schlüpfte doch wieder in die Jacke, die sie gerade um die Hüften geschlungen hatte, um etwas Sonne zu tanken. Als sie den Reißverschluss zuzog, hatte sich sein Gesicht längst aufgehellt und strahlte nun wieder diese zuvorkommende Freundlichkeit aus, deren penetrante Intensität Lale Brechreiz verursachte. Wie zur Hölle machte er das nur? Sie selbst haderte ständig mit sich, nicht nachsichtig und verständnisvoll genug zu sein, wenn sie versuchte, die alten Kamellen ihrer Mutter so aufzunehmen, als wären sie super interessant und eine großartige Neuigkeit für sie.
„… Meine Mutter hat mir sicher was Gutes tun wollen. Bei uns gab es ja nie was Anständiges zu essen. Und trotzdem habe ich mich immer gefragt, warum sie das eigentlich gemacht hat! Ich war noch so klein! Das muss die doch kapiert haben, dass das für eine lütte Deern nicht gut ist, so lange von der Mutter getrennt zu sein! Dass so ein kleiner Puttel Heimweh kriegt!“
„Ich hol uns noch ’ne Runde“, bot sich Superman an und stürzte den Piccolo hinunter, den Lale allen wenige Augenblicke zuvor wortlos gereicht hatte. Aha, auch er hatte also einen Geduldsfaden, der reißen konnte?
Doch da die brüske Unterbrechung von der Aussicht auf einen weiteren Sekt wettgemacht wurde, führte sie nicht zu einer Verstimmung der Unterbrochenen. Stattdessen strahlte ihre Mutter ihren kulinarischen Wohltäter an, als wäre das Getränk eine einfühlsame Antwort auf die Seelenqualen der Kindertage. „Au ja!“
Die Ablenkung führte, wie so oft in letzter Zeit, dazu, dass ihre Mutter den Faden verlor, der sogleich von der glücklichen Braut aufgenommen wurde, was die Gesprächssituation für Lale nicht verbesserte. Immerhin: Heino, oder wie er hieß, ließ sich nicht lumpen. Und so schipperte Lale kurz darauf gut sediert in den Hafen von Wittdün ein. Auch wenn sie inzwischen mehr über Kinderwunsch-Programme wusste, als ihr lieb war.
War ja klar, dass dieser Topos sie noch länger begleiten würde. Im vollgestopften Inselbus kannte ihre Mutter jedenfalls immer noch kein anderes Thema. „Erika hat ja elf Enkel. Elf! Wusstest du das?“
Nein. Sie wusste es nicht. Nur, dass es viele waren. Sie, bekennende Inhaberin eines maroden Namensgedächtnisses, war froh, dass sie überhaupt einen Schimmer hatte, wer Erika war: eine Jugendfreundin ihrer Mutter, wenn sie sich recht entsann. Den Namen ihres Mannes, Hans-Jürgen, kriegte sie gerade noch so auf die Kette. Aber bei den Kindern hörte es auf.
Nicht so bei ihrer Mutter! Sie, die sich nicht merken konnte, was sie heute zum Mittag gegessen hatte, zählte alle Sprösslinge ihrer Freundin mit Namen, Berufen und Wohnorten auf, wusste, wer mit wem verheiratet war, und behielt mühelos den Überblick über die Fußballmannschaft, die diese in die Welt gesetzt hatten.
Unglücklicherweise hatte ihre Mutter jedoch vergessen, dass sie diese Unterhaltung nicht zum ersten Mal führten. Und so gab Lale nur ein undefinierbares Knurren von sich, während sie den schrankartigen Koffer, den sie für sie beide gepackt hatte, davon abhielt, auf die Hundewelpen zu fallen, die mit einer passenderweise kinderreichen Familie von Zweibeinern zwischen den Gepäckstücken im Gang kauerten.
„Janina hat ja den Thorben geheiratet.“
Der Bus legte sich bei Nebel in eine besonders scharfe Kurve. Lale klammerte sich mit einer Hand an die Haltestange und versuchte mit der anderen, ihren Koffer auf den wackeligen Rollen zu halten.
„Der ist Diplomat!“
„Ach was!“ Lale kam sich vor wie in einer Szene von Loriot. Nicht zum ersten Mal. Es war ohnehin ihre persönliche Theorie, dass die Menschen in dem Hamburger Stadtviertel, in dem sie ihre Kindheit verbracht hatte und nun wieder hauste, für den Komiker Modell gestanden hatten. Seine Sketche waren jedenfalls fester Bestandteil jeder Familienfeier. Und sein Humor hatte sie schon manche Marotte ihrer Mitwelt mit größerer Lockerheit nehmen lassen.
„Sie haben in Madrid gewohnt, und jetzt leben sie in Japan.“
Abrupt hielt der Bus an einer Haltestelle – wohl, weil im letzten Moment eine orientierungslose Touristin erkannt hatte, dass sie hier rausmusste. Lale, die wie eine Ölsardine zwischen anderen Sardinen stand, versuchte, gegen die Gesetze der Physik genug Platz zu schaffen, um der gebrechlichen Frau das Aussteigen zu ermöglichen.
„Ich weiß nicht, wie sie das mit den Kindern machen. Die sind wohl noch nicht schulpflichtig.“
Der Bus setzte sich wieder in Bewegung. Und zwischen den Rücken und Koffern konnte Lale einen Blick auf den Leuchtturm erhaschen.
„Der Sohn, Niklas, hat ja eine Lehrerin geheiratet, Nora. Grundschule, glaube ich. Oder war sie auf dem Gymnasium? Na ja … die wird wohl auch schon lange nicht mehr im Schuldienst gewesen sein. Die kriegen ein Kind nach dem anderen und wollen das so. Neun Kinder haben sie! Deshalb sind sie auch gleich nach nebenan gezogen, damit Erika und Hans-Jürgen einhüten können.“
„Das ist ja praktisch.“ Lale versuchte, den Welpen, der sich spielerisch in ihre Hose verbissen hatte, davon zu überzeugen, den Saum der frisch für den Urlaub erstandenen Jeans wieder herzugeben. Dazu beugte sie sich zu dem kleinen Fellknäuel herab und versuchte, beruhigend auf es einzuwirken. Das hätte sie mal besser nicht getan. Denn ihre Bemühungen veranlassten eines der Blagen so zu lachen, dass es sein Schokoladeneis über Lales weißes Mottoshirt verteilte.
„Jeden Tag sind die Kinder bei ihnen.“
Lale hatte keine Hand frei und beschloss im Stillen, ihr Oberteil gleich nach der Ankunft einzuweichen und sich jetzt nicht weiter darüber zu ärgern – ebenso wenig wie über ihre Mutter. Der Aufdruck auf ihrem T-Shirt jedenfalls verlangte förmlich danach:
Oh ha.
(Norddeutsche Panikattacke)
Die Ferienwohnung war noch genau so, wie Lale sie in Erinnerung hatte. Aber jetzt, als erwachsene Frau, wusste sie die Vorzüge der Unterkunft erst richtig zu schätzen. Der Blick war einmalig: Sie war am Rand von Norddorf gelegen, dem abgeschiedensten Ort der Insel.
In der Ferne thronte auf seiner Warft Borag, benannt nach der Burg, die dort einst gestanden hatte. Ringsum gab es nur die Weite der Salzwiesen und den hohen Himmel. Die Zeit war stehengeblieben. Hier war es ruhig und ursprünglich.
Aus dem Schilf wehte Gänsegeschnatter herüber – nur eine Pferdekoppel und ein paar verstreute Friesenhäuschen trennten ihren Garten vom Watt. Dahinter lag, zum Greifen nahe, Föhr.
Da Amrum wie ein etwas verunglücktes Croissant geformt war, konnte man über das Meer hinweg sowohl die Nord- als auch die Südspitze der Insel sehen. Ihre Wohnung lag in der Bucht zwischen den Zipfeln des Hörnchens. Selbst landeinwärts hatte man einen unverstellten Blick bis zum Leuchtturm.
Kaum waren sie zur Tür hinein, brachte Lale ihre Mutter zu Bett, damit diese sich bei ihrem täglichen Nickerchen von den Strapazen der Reise erholen konnte. Und von ihrem Knallköm, wie Lale in Gedanken hinzufügte. Sie selbst machte sich daran, die Taschen auszupacken und alles herzurichten. Als sie endlich bei einem Tee im Strandkorb auf der Terrasse saß, stand ihre Mutter in der Tür.
„Ich kann nicht schlafen.“
„Kein Wunder, Mama! Ist ja auch alles aufregend. – Teechen?“
Frische Kleidung lag schon bereit. Und so hatte Lale einen Augenblick, um auch ihrer Mutter einen Tee zu kochen. Vielleicht würde dieser Urlaub den Anstoß dazu geben, dass das Wunder, auf das Lale seit ihrem endgültigen Einzug in Elternhausen hoffte, geschehen würde: Eine zweite Chance für sie beide.
Inzwischen hatte sich die Sonne gegen Wind und Wolken durchgesetzt. Lales Mutter cremte sich mit der Sonnenmilch ein, die höchstwahrscheinlich vor mindestens fünfundzwanzig Jahren abgelaufen war, die sie aber immer noch in einem der zahlreichen Fächer ihrer Strandtasche mit sich herumtrug. Dieser Umstand war an der Konsistenz des Produktes nicht spurlos vorübergegangen. Deshalb und wegen der großzügigen Verwendung des Balsams, sah ihre Mutter Augenblicke später so aus, als habe man sie mit Theaterschminke für die Rolle eines Geistes präpariert.
Lale kannte das schon. Für die Nachbarn auf der Terrasse nebenan jedoch war es neu, was an ihren pikierten Blicken unschwer abzulesen war. Die selbst im Urlaub wie für ein Modemagazin gestylten Leute stießen einander an und tuschelten. Lale wusste, dass ihre Mutter die Situation vermutlich nicht verstand. Doch Emotionen übertrugen sich schnell und konnten die Laune ihrer Mutter in Rekordzeit verhageln. Da! Jetzt fingen sie sogar an zu kichern.
Kurzentschlossen schnappte sich Lale die antike Tube, die ihre Mutter, im Kampf mit der Verschlusskappe, noch immer in Händen hielt. Und wenig später saßen zwei Schlossgespenster im Strandkorb. Lale gab sich Mühe, aus den freigelassenen Augenhöhlen so böse wie möglich hinüberzugucken. Als wäre nichts gewesen, tauchten die tadellos eingecremten Nasen auf der Nachbarterrasse wieder in ihre Zeitschriften und Kuchenteller. – Na bitte!
Lale sprach laut genug, dass man sie nebenan hören konnte: „Komm, Mama! Wir machen ein Selfie! Ich glaube, wir haben etwas zu viel Creme genommen. Guck mal, wie schön schaurig!“
„Schu-huuuuuuh! Ich bin das kleine Gespenst!“
Klick. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Kichernd schlürften sie ihren Tee. Im Terrassenvergleich herrschte hier eindeutig die ausgelassenere Stimmung. Pah!
Als sie ein paar Stunden später endlich – die Füße im Sand – in ein Fischbrötchen biss, wusste Lale, dass dieser Urlaub die richtige Entscheidung gewesen war. Und auch die Investition in ein Taxi, um ihre auf weiten Wegen schnell fußlahme Begleiterin Richtung Strand zu chauffieren, war jeden Cent wert gewesen!
Die Zufahrt zum Parkplatz beim Norddorfer Strandaufgang war allerdings mittlerweile während der Hauptsaison für Menschen ohne entsprechenden Schwerbeschädigtenausweis gesperrt. Der Taxifahrer hatte sich nicht überreden lassen, eine Ausnahme zu machen.
„Um zu Strand 33 zu fahren, bin ich einfach nicht behindert genug. Noch nicht!“, hatte ihre Mutter treffend angemerkt. „Aber ich arbeite dran.“
Zumindest hatte ihnen der Fahrer mit der unfreiwilligen Tonsur, die nur unzureichend von einem Käppi bedeckt wurde, den besten Fischbrötchen-Dealer von Norddorf empfohlen und dort auf Lale gewartet.
Sie hoffte nur, dass das laufende Taxameter ihn auch für die Föhr-Geschichten von Anno Knips entschädigt hatte, die er sich vermutlich während der Wartezeit hatte anhören müssen. Zur Sicherheit hatte sie noch ein gutes Trinkgeld draufgelegt. Sie wollte keine von diesen nervigen Touris sein, die überall Kunde und somit König waren.
Aber all das war jetzt egal. Sie hatte ihre Mutter, die im Sand nicht lange gehen konnte, sicher über den Bohlenweg geleitet. Vor ihr lag das Meer. Die Abendsonne tauchte den Strand in goldenes, weiches Licht. Der Wind zupfte an ihrer Mütze. Und über ihr kreisten Möwen, die Räucherlachs gegenüber nicht abgeneigt waren.
Neben ihr auf der hölzernen Picknickbank saß eine rundum zufriedene Mutter, die glücklicherweise schon vergessen zu haben schien, was für eine Zumutung es eben noch gewesen war, nach dem – ohnehin verspäteten – Mittagsschlaf noch einmal das Feriendomizil verlassen zu müssen. Einträchtig schweigend genossen sie die knusprigen und noch warmen Brötchen, die sie kichernd gegen die Räuberinnen der Lüfte zu verteidigen wussten. Und nicht mal die Happy Familys konnten Lale die Laune verderben. Sie hatte ihre eigene kleine Familie – wenn auch in etwas ungewöhnlicher Besetzung.
„Du, Lale …?“ Ihre Mutter war ganz still geworden.
„Ja, Mama?“
„Die Leute vorhin auf der Terrasse …“
„Ja?“
„Die haben bestimmt gedacht, ich bin plemplem!“
„Hat dich das traurig gemacht?“
Statt zu antworten, griff ihre Mutter das Thema auf, um das sie seit dem Anruf des Arztes, der letztlich zu Lales dauerhaftem Einzug geführt hatte, immer wieder kreiste. „Ich bin doch nicht dement!“
Lale, die das angstvolle Fragezeichen hinter dem Ausrufezeichen durchaus heraushörte, wusste nicht, was sie sagen sollte, und verzehrte den letzten Bissen ihres Fischbrötchens.
Zum Glück nahm ihre Mutter ihr die Bürde ab, auf die unausgesprochene Frage zu antworten, indem sie fortfuhr: „Ich hab doch gar keine …“ Sie fand das Wort nicht, das sie suchte.
Manchmal brachte es Lale zur Verzweiflung, ihre Mutter mehr und mehr verschwinden zu sehen.
„… na …Vergesslichkeit!“, rief diese aus.
Lale und ihre Mutter sahen sich an. Dann prusteten sie beide los, und lagen fast unter der Bank vor Lachen. Gut, dass es auch solche Momente gab.
„Wollen wir den Sonnenuntergang gucken?“, schlug Lale vor, als sie sich wieder gefangen hatten.
„Hach!“ Ihre Mutter stöhnte. „Kann ich da den Bus nehmen?“
„Ich fürchte, der fährt heute nicht mehr.“ Lale grinste und deutete auf die kurze Strecke, die sie von der Wasserkante trennte.
Sie wuchtete ihre Mutter von der Bank und stützte sie bei dem Gang über den unebenen Sand, in den sie bei jedem Schritt einsanken.
Als sie an der Wasserkante standen, bewunderten sie den Lichtstrahl, der sich auf dem Wasser spiegelte und der von ihnen bis zur Sonne führte, die sich anschickte, hinter dem Horizont zu verschwinden.
„Wir stehen direkt bei dem Strahl!“ Ihre Mutter freute sich, als hätte sie einen Platz in der ersten Reihe ergattert. „Ich wundere mich, dass die anderen Leute nicht hierherwollen!“ Sie machte eine Handbewegung in die Richtung, wo am Spülsaum die anderen Inselbegeisterten Kameras und Picknickdecken in Stellung brachten, um dem allabendlichen Spektakel beizuwohnen.
„Pssst!“ Lale spielte mit. „Sag’s nicht weiter!“ Sollte ihre Mutter ruhig in dem Glauben bleiben, ein exklusives Plätzchen ergattert zu haben. Außerdem hatte es ohnehin keinen Wert, sie darüber zu belehren, dass der Strahl immer dort begann, wo man stand – es hätte sie nur unnötigerweise mit der eigenen Unzulänglichkeit konfrontiert. Lale wusste das und versuchte, es zu beherzigen. Auch wenn es nicht immer leichtfiel, nicht zu korrigieren.
Ihre gemeinsame Verspieltheit wurde belohnt: Arm in Arm genossen sie auf ihrer Stranddecke einen postkartenreifen Tagesabschluss in Pastell – woraufhin ihre Mutter prompt nach einem Sundowner verlangte. Das Bierchen, das sie am Strandkiosk erworben hatten, ploppte, wie es sich im Norden gehörte. Und während der Mond aufging und der Leuchtturm ihm mit seinem blassen Strahl unter die Arme griff, prosteten Mutter und Tochter einander zu: „Auf unsere Inselzeit!“
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