Infinitia Infinitia - eBook-Ausgabe
Roman
— Vom SPIEGEL-Bestsellerautor des preisgekrönten Science-Fiction-Epos' „Das Schiff“Infinitia — Inhalt
Auf der Erde leben nur noch 499 Menschen, geschützt vom Cluster der Maschinenintelligenzen. Einer dieser Menschen ist Korian, ein Mann auf der Suche nach dem Sinn seiner Existenz. Vom Cluster der Maschinen erhält er den Auftrag, in einem Stream von Parallelwelten den geheimnisvollen Ort Infinitia zu suchen, der unerreichbar scheint und sich der Herrschaft des Clusters entzieht. Bei seiner gefahrenvollen Reise durch den Stream erkennt Korian: Infinitia stellt eine große Bedrohung dar, denn eine mysteriöse Macht will die Welten von Menschen und Maschinen unter ihre Kontrolle zu bringen.
Leseprobe zu „Infinitia“
Die letzte Grenze
Korian, Midstream Null
1
Die Wolken hingen tief und schwer über dem grauen, aufgewühlten Ozean. Vom Wind gepeitscht türmten sich die Wellen höher, als wollten sie sich gegenseitig übertreffen, schmetterten gegen die Klippe und zerstoben an hartem Fels. Böen nahmen die Gischt und warfen sie nach oben, dorthin, wo Korian stand, drei Dutzend Meter über den Wogen.
Hoch genug, dachte er, von Aufregung erfasst. Er fühlte sie nah, die letzte Grenze und hinter ihr die Verlockung des Todes. Er stand im Sturm, mitten im Wind, der ihm das Haar [...]
Die letzte Grenze
Korian, Midstream Null
1
Die Wolken hingen tief und schwer über dem grauen, aufgewühlten Ozean. Vom Wind gepeitscht türmten sich die Wellen höher, als wollten sie sich gegenseitig übertreffen, schmetterten gegen die Klippe und zerstoben an hartem Fels. Böen nahmen die Gischt und warfen sie nach oben, dorthin, wo Korian stand, drei Dutzend Meter über den Wogen.
Hoch genug, dachte er, von Aufregung erfasst. Er fühlte sie nah, die letzte Grenze und hinter ihr die Verlockung des Todes. Er stand im Sturm, mitten im Wind, der ihm das Haar zerzauste und an seiner Gestalt zerrte, der ihn zurückstoßen wollte, fort vom Rand der Klippe, zurück zur Blase, die Sicherheit bot.
Korian lächelte. Hier, nur einen Schritt vom Tod entfernt, fühlte er seine Lebendigkeit mit schwindelerregender Intensität.
Er zog einen kleinen silbernen Zylinder aus der Hosentasche, einen zehn Zentimeter langen Transkriptor, den er mit geliehenen technischen Kenntnissen verändert hatte. Damit schickte er die Blase fort und beobachtete, wie sie aufstieg, nicht mehr durchsichtig wie aus Glas, sondern trüb geworden, Sitz und Geräte in ihrem Innern nur noch vage zu erkennen.
Korian sah der Blase nach, bis sie im dunkler werdenden Grau verschwand. Die Nacht rückte näher, der Wind schien sie schneller heranzubringen.
Erneut machte er Gebrauch vom Transkriptor und deaktivierte die Signalnadel in seinem Nacken. Damit unterbrach er die Verbindung zum Cluster, was dort natürlich nicht unbemerkt bleiben würde. Ihm blieben nur noch einige Minuten.
Einige wenige Minuten nach all den Jahrtausenden, dachte er, beugte sich in den Wind und blickte erneut in die Tiefe. Wie braun und grau gewordene Zähne ragten die Felsen aus dem Wasser, an denen sich donnernd die Wellen brachen. Für einen Moment stellte er sich vor, wie sie zubissen, wie sie seinen Körper zerfetzten, wie sie ihm die Knochen brachen und das Fleisch zerrissen.
Irgendwo tief in seinem Innern regte sich Furcht. Es war ein unbekanntes, seltsames Empfinden. Korian erinnerte sich nicht daran, jemals so etwas gefühlt zu haben.
Er lächelte erneut.
Komm zu uns!, schienen ihm das Donnern und die Gischt zuzurufen.
Komm zu mir, flüsterte die letzte Grenze.
Nur ein Schritt, der letzte seines Lebens. Und danach …
Was kam danach? Gab es eine Antwort auf diese Frage? Konnte man den Tod „erleben“? Konnte man sich später an ihn erinnern?
Furcht und Aufregung rangen miteinander. Neugier schob beides beiseite.
Korian warf einen Blick über die Schulter. Noch hatte der Cluster niemanden geschickt, um nach dem Rechten zu sehen. Aber es konnte nicht mehr lange dauern, vielleicht nur noch eine Minute.
Sechzig Sekunden, nach mehr als zehntausend Jahren.
Korian zögerte nicht länger. Er gab der Neugier nach und trat über den Rand der Klippe.
Vom Sturm gepackt fiel er den Felsen entgegen, den Zähnen, die ihn zermalmen würden. Unten erwartete ihn ein kurzer, schneller Schmerz.
Es wurde dunkel, aber die Dunkelheit stammte nicht von der beginnenden Nacht.
Zwei Gestalten standen auf der Klippe, wie zuvor der Mensch nur einen Schritt von ihrem Rand entfernt. Sie mussten sich nicht in den Wind lehnen, um das Gleichgewicht zu wahren. Kein Windstoß konnte stark genug sein, sie umzustoßen.
„Es ist wieder diese Klippe“, sagte Horus, Individueller vom Cluster. Unten bargen Mechs und Drohnen den Leichnam. „Jahrtausende vergehen, doch hier scheint sich nichts zu verändern.“
„Sie meinen Adam“, erwiderte Thekla. Neben seinem goldenen Glühen leuchtete ihr Körper in einem ruhigen Saphirblau.
„Und Daniel, der in den Stream aufbrach“, sagte Horus. „Auch er stand hier.“
„Adam war einer der letzten Mindtalker, nicht wahr?“ Es klang nach einer Frage, aber Thekla wusste natürlich Bescheid. Sie hatte ebenso wie Horus Echtzeit-Zugriff auf die riesigen Datenspeicher im Quantengedächtnis des Clusters. „Er brachte damals das Schiff zu uns, wodurch wir in große Gefahr gerieten.“ Sie seufzte wie ein Mensch. „Das könnte auch diesmal der Fall sein. Wir könnten erneut in Gefahr geraten.“
„Das sind wir bereits“, sagte Horus und schickte Thekla ein Nanosignal mit den aktuellen Daten des Schlunds. „Es kommen wieder Objekte von upstream, einige von ihnen mit einem sehr großen Zerstörungspotenzial.“
„Könnten Zoran oder Daniel damit zu tun haben?“
„Dafür spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit.“ Horus sandte die genaue Zahl. „Es wäre auch möglich, dass Infinitia mit einer gezielten Kampagne gegen uns begonnen hat.“
„Destabilisierung?“
„Ja.“
„Vor einer zielgerichteten Aktion gegen den Cluster.“
Horus nickte in der Art eines Menschen. „Davon gehe ich in meinen Berechnungen aus.“
„Wann?“, fragte Thekla.
„In zehn Jahren“, antwortete er. „In hundert. Oder auch erst in tausend oder zehntausend Jahren.“
„Relativität“, kommentierte Thekla.
Die Böen wurden heftiger, das Zischen und Fauchen des Winds lauter. Das letzte Licht des Tages schwand. Für die beiden Individuellen spielte es keine Rolle. Mit ihren Sensoren sahen sie in lichtloser Nacht ebenso gut wie am Tag.
„In der Tat“, bestätigte Horus. „So weit upstream wie in Infinitia kann man jeden beliebigen Zeitpunkt für einen Angriff auf uns wählen. Jetzt. Oder in unserer Zukunft.“
„Aber nicht in unserer Vergangenheit.“
„Das verhindert die Kausalitätsmatrix“, erklärte Horus und übermittelte entsprechende Daten. „Downstream von uns sind nur Veränderungen der Ereignisketten möglich, die sehr begrenzte Auswirkungen auf unsere Gegenwart und Zukunft haben.“
Die beiden Gestalten – eine golden, die andere blau – standen reglos im Sturm. Die Böen bewegten sie nicht einen einzigen Millimeter weit.
„Sie beschäftigen sich schon ziemlich lange mit dem Stream“, sagte Thekla. „Länger als Bartholomäus.“
„Er hat andere Prioritäten gewählt“, erwiderte Horus behutsam.
„Was ist mit Ihren Prioritäten?“
Diese Frage hatte Horus natürlich erwartet. Damit erreichte das von ihm arrangierte Treffen mit Thekla die kritische Phase. Bartholomäus wollte alle Zugänge zum Stream schließen und die Erde isolieren, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Thekla und andere Individuelle aus dem Cluster neigten dazu, seinen Standpunkt zu teilen. Horus suchte ihre Unterstützung für die eigenen Pläne.
„Der Stream hat enormes Potenzial“, sagte er. „Meine Datenbanken stehen Ihnen offen; informieren Sie sich, prüfen Sie meine Berechnungen und Bewertungen. Das Potenzial ist noch weitaus größer als bei den Toren der Muriah, die wir übernommen haben.“
„Nicht ein Universum, sondern viele.“
„Eine endlose Kette von Welten“, betonte Horus. „Leichter zu erreichen als mit Raumschiffen.“
„Und wir sind der einzige Cluster?“, sagte Thekla. „In all den Weiten des Streams gibt es nichts und niemanden wie uns?“
Wieder klang es nach einer Frage, obwohl Thekla und jene, die mit ihr zuhörten und dachten, die Fakten kannten.
„So hat es den Anschein.“
„Dafür muss es einen Grund geben. Infinitia?“
„Meine Kalkulationen ergeben dafür eine hohe Wahrscheinlichkeit“, sagte Horus.
„Sie vermuten einen Zusammenhang zwischen den Menschen von Infinitia und Morgenrot“, stellte Thekla fest, die inzwischen auf die Datenbanken zugegriffen hatte.
„Morgenrot“, wiederholte Horus. „So nannten sich die Menschen, die sich damals, als es noch Mindtalker gab, vor dem Eintreffen des Schiffs, gegen uns verschworen hatten. Wir gaben ihnen Unsterblichkeit, aber sie wandten sich gegen uns.“
„Menschliche Irrationalität?“
„Menschliche Unberechenbarkeit“, sagte er.
„Heute ist es anders“, entgegnete Thekla. „Es gibt keine Verschwörer mehr. Zumindest nicht hier.“
„Es sind nur noch wenige Menschen übrig. In Infinitia leben weitaus mehr.“
Unten manövrierten zwei Drohnen in der Brandungsgischt. Eine von ihnen empfing Korians Leiche aus den Greifarmen eines Mechs.
„Sie entwickeln neue Sonden und Drohnen“, sagte Thekla. „Um größere Teile des Streams zu erforschen. Sie schicken sie vor allem upstream, aber viel weiter als zuvor kommen sie nicht.“
„Die kritische Grenze liegt bei etwa tausend Welten upstream“, führte Horus aus. „Dort verlieren wir den Kontakt. Wenn die Sonden und Drohnen weiter vorstoßen, empfangen wir keine Daten von ihnen, nicht einmal gewöhnliche Telemetrie.“
„Und sie kehren nicht zurück.“
„Nein.“
„Zoran und Daniel sind damals viel weiter upstream gereist“, sagte Thekla. „Halten Sie es für möglich, dass sie Infinitia erreicht haben?“
Ich bin sicher, dachte Horus, aber er dachte es für sich allein, er teilte den Gedanken nicht mit dem Cluster. „Vielleicht.“
„Und jetzt wollen Sie Korian schicken.“ Thekla deutete hinab in die Brandung. „Es ist sein achtundzwanzigster Selbstmord.“
„Der Tod fasziniert ihn.“
„Und doch halten Sie ihn für einen geeigneten Kandidaten.“
„Ja“, bekräftigte Horus.
„Er könnte in Versuchung geraten, endgültig zu sterben“, meinte Thekla skeptisch. „Wenn er im Stream außer Reichweite ist. Wenn er weiß, dass er nicht wiederhergestellt werden kann. Tot nützt er uns nichts.“
Horus beobachtete, wie die beiden Drohnen aufstiegen und an der Felsenküste entlang zum nächsten Tor des Clusters flogen. Korian war tot, aber er würde leben.
„Er will eigentlich gar nicht sterben. Er will den Tod erleben und sich daran erinnern.“
„Ist das nicht ein Widerspruch? Leben und Tod schließen einander aus.“
„Die menschliche Natur steckt voller Widersprüche.“
Thekla wandte sich halb vom Klippenrand ab und deutete damit das Ende des Gesprächs an. „Wie wollen Sie Korian dazu bringen, in Ihre Dienste zu treten?“
„Indem ich seinem Leben einen Sinn gebe“, antwortete Horus zuversichtlich.
Der Schlund
Korian, Midstream Null
2
Eine Stimme erreichte ihn. „Hören Sie mich, Korian? Sie müssten mich jetzt hören können.“
Die Worte klangen vertraut. Er schien sie schon einmal vernommen zu haben.
Die Dunkelheit wich sanftem Licht. Ein Gesicht erschien über ihm, golden, mit großen blauen Augen, einer geraden Nase und schmalen Lippen. Es war ein freundliches Gesicht, und es wirkte ebenfalls vertraut.
„Bitte haben Sie noch ein wenig Geduld“, sagte der goldene Mann. „Die Erinnerungen kehren gleich zurück.“
Korian lag still und wartete. Sein Körper fühlte sich gut an, voller ruhiger Kraft. Die Gedanken schienen klar.
Er öffnete den Mund. „Ich erinnere mich an das Ende eines Tages. An Wind und das Donnern der Brandung. An Felsen wie Zähne.“
„Sie sind gesprungen“, teilte ihm das goldene Gesicht mit.
Weitere Erinnerungen regten sich in Korian und stiegen auf wie Luftblasen in einem gefüllten Glas. Sie betrafen Absichten und Wünsche.
„Ich habe darüber nachgedacht“, räumte er ein, umhüllt von wohliger Wärme. „Ich erinnere mich an meine Überlegungen.“
„Sie haben Selbstmord begangen“, betonte der goldene Mann, der sich Horus nannte und als Individueller zum Cluster gehörte. „Zum achtundzwanzigsten Mal.“
Korian wollte sich aufsetzen, und sofort reagierte die Liege, neigte sich unter Kopf und Rücken nach oben. Das goldene Gesicht bekam Hals, Schultern, Arme und Brustkorb, wie bedeckt von etwas, das nach einem metallischen Gespinst aussah und Teil des Avatars war. Medizinische Geräte umgaben sie beide. Korian erkannte einen Organtank und Revitalisierungsmaschinen.
„Ich bin wiederhergestellt.“ Er blickte an seinem nackten Leib herab, der nicht die geringste Verletzung aufwies, nicht den kleinsten Kratzer.
„Ja“, bestätigte Horus. „Mit den Daten, die Ihre Signalnadel zuletzt übermittelte.“
Korian sah den Klippenrand vor seinem inneren Auge. „Vor dem entscheidenden Schritt.“
Horus nickte. „Vor dem Sprung in die Tiefe. Sie haben die Verbindung mit dem Cluster vorher unterbrochen. Wenn ich Sie etwas fragen darf …“
Korian schwang die Beine über den Rand der Liege und griff nach der bereitliegenden Kleidung. „Ja?“
„Wer hat Ihnen dabei geholfen, die Programmierung des Transkriptors zu verändern?“
Korian erinnerte sich an den Namen, nannte ihn aber nicht. Er schwieg und zog sich an.
„Ich verstehe“, sagte Horus und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: „Wir sind besorgt.“
Die Erinnerungen an das letzte Leben waren wieder da, sie mussten nur noch sortiert werden. „Es ist mein Leben. Ich allein bin dafür verantwortlich.“ Und ein wenig herausfordernd: „Ich kann damit machen, was ich will.“
„Solange Sie niemanden in Gefahr bringen“, sagte Horus. „Und solange Sie nichts beschädigen oder zerstören, das für andere von Nutzen ist.“
Korian hörte die Worte nicht zum ersten Mal. „Es ist sehr schade, dass ich mich nicht an den letzten Moment erinnern kann. Und vielleicht auch an den danach.“
„Der Tod erlaubt keine Erinnerungen“, erwiderte Horus. „Wenn das Gehirn nicht mehr funktioniert, kann es keine Daten aufzeichnen.“
Korian trug Hemd und Hose und streifte eine leichte Jacke über. „Der Geist als Funktion des Gehirns? Mehr steckt nicht dahinter?“
„In einem Ihrer früheren Leben haben Sie sich viele Jahre lang mit dieser und ähnlichen Fragen befasst“, erklärte Horus, der noch immer neben der Rekonvaleszenzliege stand.
Korian sah ihn an. „Zu welchem Ergebnis bin ich gekommen?“
„Sie haben damals die philosophischen Erinnerungen ins Quantengedächtnis ausgelagert und sich erschossen“, antwortete Horus. „Es war Ihr sechster Selbstmord. Von achtundzwanzig“, betonte er noch einmal.
Etwas von der alten Unruhe kehrte zurück. „Und deshalb sind Sie besorgt.“
„Ja“, sagte Horus. „Es gibt nur noch wenige Menschen, jeder einzelne von Ihnen ist kostbar und muss geschützt werden.“
„Vierhundertneunundneunzig“, murmelte Korian. „Auf einem ganzen Planeten.“
„Der Tod übt große Faszination auf Sie aus. Irgendwann könnten Sie eine Methode des Selbstmords finden oder erfinden, die eine Wiederherstellung unmöglich macht. Es wäre ein unwiederbringlicher Verlust und somit äußerst bedauerlich.“
Korian fühlte so etwas wie einen inneren Sog, der seine Gedanken in eine bestimmte Richtung lenkte. „Wenn es eine Möglichkeit gäbe, den Tod zu überleben, um sich daran zu erinnern …“ Er führte den Satz nicht zu Ende.
„Sie erkennen das Absurde dieses Gedankens, nicht wahr?“, fragte Horus. „Der Tod ist endgültig. Er beendet das Sein.“
„Und Sie?“ Korian hörte eine seltsame Schärfe in seiner Stimme. „Wir Menschen sind unsterblich und dennoch nicht vor dem Tod gefeit. Was ist mit Ihnen und den anderen Individuellen? Was ist mit dem Cluster? Was würde passieren, wenn jemand Sie … ausschaltet? Würden Sie dann den Tod – oder einen Tod – erfahren?“
„Wir sind redundant“, erklärte Horus. „Niemand kann uns ausschalten.“
Weitere Erinnerungen stiegen in Korian auf. „Ich glaube, es gab einmal Menschen, die es versucht haben. ›Morgenrot‹ haben sie sich genannt.“
„Es ist lange her“, sagte die goldene Gestalt.
„Unsterbliche Menschen, die sich bevormundet fühlten“, fuhr Korian fort. „Es gibt das eine oder andere dunkle Kapitel in unserer Vergangenheit.“
„Wir hüten und schützen“, entgegnete Horus. „Wir bewahren den Rest der Menschheit, so gut wir können.“
Etwas anderes fiel Korian ein. „Halten Sie mich für verrückt?“
„Sie sind instabil. Die achtundzwanzig Selbstmorde sind ein deutlicher Hinweis.“
„Instabil“, wiederholte Korian. „Weil ich mir Fragen stelle, für die sich sonst kaum jemand interessiert? Weil ich mehr wissen will als andere?“ Er hob die Hände und ließ sie wieder sinken. „Ich finde nicht die Ruhe, Sandkörner zu zählen wie Crombie, der damit zweitausend Jahre auf einer Insel verbracht hat.“
„Sie brauchen Hilfe“, sagte Horus. „Und ich habe vielleicht einen Weg gefunden, Ihnen zu helfen. Kommen Sie, Korian, ich möchte Ihnen etwas zeigen.“
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