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Josephine Baker
Weltstar, Freiheitskämpferin, Ikone
— Die erste deutschsprachige Biografie des ersten afroamerikanischen SuperstarsDie Biografie
Josephine Baker — Inhalt
Eine Frau, die sich zeitlebens immer wieder vollkommen neu erfinden musste
Als Freda McDonald 1906 in einem Armenviertel in Saint Louis zur Welt kommt, deutet nichts darauf hin, dass sie als Josephine Baker als erster afroamerikanischer Superstar die Welt erobern wird. Die Chancen stehen denkbar schlecht, für die uneheliche Tochter einer Wäscherin, die Gesetze der Rassentrennung ins Gegenteil zu verkehren, doch Josephine Baker hält sich an keine Regeln, sie macht ihre eigenen. Für sie gibt es immer noch eine weitere Rolle, in der sie sich neu verwirklichen kann und Erfolge feiert. Ob auf der Bühne, als Truppenunterhalterin und Kriegsheldin – oder im Leben, Josephine kennt nur den Superlativ. Der Weg der Josephine Baker von der Tänzerin im Bananenröckchen zur politischen Figur war lange – und wirkt lange nach: Wenn Stars wie Madonna, Angelina Jolie und Beyoncé heute ganz selbstverständlich ihre Herkunft hinter sich lassen, in schlossähnlichen Häusern residieren, sich politisch engagieren und Kinder verschiedener Nationen adoptieren, dann treten sie – bewusst oder unbewusst – das Erbe der Josephine Baker an.
Leseprobe zu „Josephine Baker“
Prolog
„1917: St. Louis, Missouri, USA. Ich bin elf Jahre alt. (…) Plötzlich werde ich von meiner Mutter wachgerüttelt. (…) Von ferne hört man ein Grollen, das näherkommt. Mein Bruder fragt: ‚Ist das ein Gewitter, Mamma?‘ – ‚Nein, das ist kein Gewitter, das sind die Weißen.‘ (…) Draußen erblicke ich mit eigenen Augen, was Hochwürden uns am letzten Sonntag beim Gottesdienst mit mächtiger, furchterregender Stimme geschildert hat: Die Apokalypse. Drüben am Fluss schlagen gewaltige Flammen hoch und lassen die fliehenden Wolken wie von innen aufleuchten. [...]
Prolog
„1917: St. Louis, Missouri, USA. Ich bin elf Jahre alt. (…) Plötzlich werde ich von meiner Mutter wachgerüttelt. (…) Von ferne hört man ein Grollen, das näherkommt. Mein Bruder fragt: ‚Ist das ein Gewitter, Mamma?‘ – ‚Nein, das ist kein Gewitter, das sind die Weißen.‘ (…) Draußen erblicke ich mit eigenen Augen, was Hochwürden uns am letzten Sonntag beim Gottesdienst mit mächtiger, furchterregender Stimme geschildert hat: Die Apokalypse. Drüben am Fluss schlagen gewaltige Flammen hoch und lassen die fliehenden Wolken wie von innen aufleuchten. Schneller noch als die Wolken aber fliehen die Menschen keuchend in alle Richtungen. Man hätte meinen können, das gesamte schwarze Stadtviertel würde kopflos auseinanderstieben wie Ameisen, deren Bau von einem Fußtritt zerstört wurde. Jemand ruft: ‚Eine weiße Frau ist vergewaltigt worden!‘ (…) Ich sehe vor mir wie einen zürnenden Engel einen Weißen, dessen Gesicht vor Hass verzerrt ist; mit beiden Händen umklammert er etwas, vielleicht einen Gummiknüppel, und schlägt damit immer wieder auf einen vor ihm knienden Mann ein. Nur an den erhobenen Händen sehe ich, dass es ein schwarzer Mann ist, denn alles Übrige ist blutüberströmt.“
Bis heute zählen die Rassenunruhen in East St. Louis zu den schlimmsten in der amerikanischen Geschichte. Zwischen Mai und Juli 1917 kommt es immer wieder zu Ausschreitungen gegenüber Afroamerikanern im Großraum St. Louis, bis am 1. Juli in der Nacht die Gewalt eskaliert. Weiße Arbeiter fallen über die Bevölkerung im ärmsten Schwarzen Arbeiterviertel der Industriestadt am Mississippi her. Häuser gehen in Flammen auf, die Menschen versuchen in Panik zu fliehen, mindestens 50 werden getötet, an die 6000 verlieren ihr Zuhause. Vor allem ungelernte weiße Arbeiter sehen ihre Schwarzen Mitkonkurrenten als Bedrohung, was in allen Industriestädten der USA zu Unruhen führt, doch nirgendwo gipfelt der grundsätzlich soziale Konflikt als Rassenkonflikt zu extremer Gewalt wie in St. Louis.
In den persönlichen Erinnerungen Josephine Bakers nehmen die Ausschreitungen eine so zentrale Rolle ein, dass sie diese nicht nur in ihren Memoiren, sondern auch in Interviews und Erzählungen an den Anfang ihrer Lebenserinnerungen stellt, als wären sie das erste wichtige und berichtenswerte Ereignis ihres Lebens. Damit unterstreicht Josephine bewusst ihre Herkunft aus bitterarmen Verhältnissen in einem Schwarzen Vorort, und definiert ihre eigentliche Aufgabe: den Kampf gegen die Rassentrennung in den USA. Im Umgang mit der historischen Wahrheit nimmt Josephine Baker es dabei nicht sehr genau. In besonders ausführliche Berichte montiert sie Erinnerungen in ihre Geschichte, die sie so nicht erlebt haben kann, denn St. Louis und East St. Louis sind durch den Mississippi getrennte Stadtteile, die nur durch einige Brücken miteinander verbunden sind.
Doch wenn Josephine erzählt,
dann immer die beste Variante einer
Geschichte, mit dem einen Ziel:
Ihre Botschaft, dass Respekt und Freiheit
allgemeine Menschenrechte sind, soll gehört werden.
Dafür lässt sie die Grenze zwischen historischer Wahrheit und persönlicher Wahrheit ebenso verschwimmen, wie die der öffentlichen und privaten Person. Geschickt inszeniert sie sich vor und hinter der Bühne für ihr Publikum, denn sie hat begriffen, wie viel Macht ihr der Status als Star verleiht. Ihr Ruhm öffnet ihr (fast) alle Türen, dafür lässt auch sie viele offen stehen.
Nachdem sie sich in Paris auf die Weltbühne getanzt hat, engagiert sie sich als Freiheitskämpferin: Im Zweiten Weltkrieg unterstützt sie Charles de Gaulle und das Komitee des Freien Frankreichs in Nordafrika, wo sie Tausende Kilometer als Truppenunterhalterin in einem Militärjeep durch die umkämpften Gebiete fährt. Die Erfahrungen in dieser Zeit führen dazu, dass sie nach 1945 nicht einfach auf die Bühne zurückkehrt, um zu unterhalten, sondern als Botschafterin für Frieden, Freiheit und Gleichberechtigung aller Menschen unabhängig von Nationalität, Hautfarbe und Religion. In den USA erkämpft sie bereits in den Fünfzigerjahren die Aufhebung der Rassentrennung bei ihren Shows, hält Vorträge und unterstützt die Nationale Organisation zur Förderung afroamerikanischer Bürger* (National Association for the Advancement of Colored People, NAACP). Aus dem Anrennen gegen die Ungerechtigkeit des rassistischen Amerikas, um dem eigenen Schicksal zu entkommen, wird der politische Kampf des ersten Schwarzen Superstars gegen Rassendiskriminierung, für das sie in Frankreich ein Exempel statuiert: Verheiratet mit einem weißen Mann, gründet sie eine Großfamilie mit zwölf Adoptivkindern unterschiedlicher Nationen und Religionen, um der Welt zu zeigen, dass ein friedliches Miteinander unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und kulturellem Hintergrund möglich ist. 1963 holt Martin Luther King sie in Washington ans Rednerpult – es ist ihre größte Rolle und ihr größter Triumph: Josephine Baker ist mehr als ein Superstar, sie ist eine politische Figur.
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