Lieferung innerhalb 1-3 Werktage
Bezahlmöglichkeiten
Vorbestellung möglich
Kostenloser Versand*
Lieblingsmomente (Lieblingsmomente-Reihe 1)

Lieblingsmomente (Lieblingsmomente-Reihe 1) - eBook-Ausgabe

Adriana Popescu
Folgen
Nicht mehr folgen

Roman

— romantischer Liebesroman mit viel Herz und Gefühl

„Einfach herrlich.“ - (A) bookreviews.at

Alle Pressestimmen (2)

E-Book (8,99 €)
€ 8,99 inkl. MwSt.
sofort per Download lieferbar
In den Warenkorb
Geschenk-Service
Für den Versand als Geschenk können eine gesonderte Lieferadresse eingeben sowie eine Geschenkverpackung und einen Grußtext wählen. Einem Geschenkpaket wird keine Rechnung beigelegt, diese wird gesondert per Post versendet.

Lieblingsmomente (Lieblingsmomente-Reihe 1) — Inhalt

Eine der schönsten Liebesgeschichten aller Zeiten!

Mach jeden Moment zu einem Lieblingsmoment!

Layla und Tristan verstehen sich auf Anhieb – als Freunde. Immerhin sind beide in festen Händen. Tristan bringt ihr abends Essen ins Büro, entführt sie auf seiner alten Vespa an die schönsten Stellen Stuttgarts und imitiert mit geworfenen Wunderkerzen Sternschnuppen, weil er weiß, dass Layla noch nie eine gesehen hat und zu viele ihrer Träume unerfüllt sind. Gemeinsam erleben sie Lieblingsmoment um Lieblingsmoment. Ob dies am Ende doch die große Liebe ist?

€ 8,99 [D], € 8,99 [A]
Erschienen am 16.07.2013
304 Seiten
EAN 978-3-492-96418-0
Download Cover

Leseprobe zu „Lieblingsmomente (Lieblingsmomente-Reihe 1)“

Erste Hilfe

Das Gedränge ist wie immer groß, aber meine Kamera gibt mir Schutz und das pinkfarbene Bändchen um mein Handgelenk ohnehin. Die meisten kennen mich, grüßen kurz und posieren für ein Foto – ob es jemals veröffentlicht wird, entscheide ich. Die verschiedenen Gesichter der Party ziehen an mir vorbei, und jedes einzelne erzählt eine eigene Geschichte. Das Schönste an meinem Job ist, jede dieser Geschichten mit einem einzigen Bild nachzuerzählen.

Es ist laut, und es riecht nach einer Mischung aus Bier, Schweiß und Sommerluft. Der laue Abend wird [...]

weiterlesen

Erste Hilfe

Das Gedränge ist wie immer groß, aber meine Kamera gibt mir Schutz und das pinkfarbene Bändchen um mein Handgelenk ohnehin. Die meisten kennen mich, grüßen kurz und posieren für ein Foto – ob es jemals veröffentlicht wird, entscheide ich. Die verschiedenen Gesichter der Party ziehen an mir vorbei, und jedes einzelne erzählt eine eigene Geschichte. Das Schönste an meinem Job ist, jede dieser Geschichten mit einem einzigen Bild nachzuerzählen.

Es ist laut, und es riecht nach einer Mischung aus Bier, Schweiß und Sommerluft. Der laue Abend wird zur vielversprechenden Nacht. Mit anderen Worten: Es ist perfekt. Ein Open-Air-Event mit einem guten DJ und tanzenden Menschen, die laut zu jubeln beginnen, als sie das gerade einsetzende Stück erkennen. Es ist die Hymne dieser Partygeneration. Paul Kalkbrenner hat mit Sky and Sand ein Lied für genau diesen Moment geschrieben, das Gefühl von Sommer und ein bisschen Freiheit. Es ist der perfekte Soundtrack für das Leben auf der Tanzfläche. Jeder hier liebt das Lied, und so werde ich Zeugin eines kollektiven Tanzrausches. Jetzt und hier fühle ich mich mit meiner Mission am wohlsten. Mitten in dieser tanzenden, selbstvergessenen Menge. Hier entstehen die schönsten Fotos, weil niemand posiert, weil alle in der Trance der Musik sind, sich ihr hingeben, nicht nachdenken und in den nächsten Minuten auch keine Zeit zum Nachdenken haben werden. Fast möchte man meinen, die Menschen um mich herum wollten alle zusammen die im Refrain besungenen Schlösser im Himmel und im Sand bauen.

Ich bewege mich langsam durch die Menge, wie durch ein Meer aus sich bewegenden Körpern, lasse mich von ihm tragen und erhasche dabei Momente, die ich mit meiner Kamera für immer festhalte.

Da in der Mitte, irgendwo, als einer von vielen, steht dieser junge Mann, die Augen geschlossen. Während sich alle um ihn herum mehr oder weniger gleich bewegen, steht er wie ein Fels in der Brandung da, als wäre er in einer anderen Welt. Nur das Lächeln auf seinen Lippen verrät, dass auch er den Beat des Liedes hört und dass es ihn zu berühren scheint. Ich kann nicht anders, ich muss dieses Foto machen, auch wenn es sich anfühlt, als würde ich bei etwas stören. Er sieht so friedlich aus, passt so gar nicht in das laute und bunte Treiben hier auf der Tanzfläche. Ich betrachte ihn einen kurzen Moment durch den Sucher meiner Kamera – noch immer steht er da, bewegt sich nur ganz leicht hin und her. Er wirkt größer als die anderen, trägt ein schlichtes weißes T-Shirt, keinen Schmuck, keine besonderen Kennzeichen. Meine Kamera verfügt über einen 400-fachen Zoom, und so betrachte ich sein Gesicht für einen kurzen Moment. So ruhig. So markant. Vermutlich irre ich mich, aber da ist plötzlich ein Gefühl, das ich kenne, an das ich mich aber nicht mehr genau erinnere. Dann springe ich schnell wieder zurück in die Ausgangsperspektive: die tanzende Menge im Anschnitt, ihn mittig vor den bunten zuckenden Lichtern. Ich drücke ab. Einmal. Zweimal. Gleich viermal und mehr. Ich möchte eine Auswahl zu Hause vor dem Bildschirm treffen können. Das wird zumindest die offizielle Erklärung, falls mich jemand fragt. Die Wahrheit ist eine andere.

Und dann passiert es. Ganz ohne Vorwarnung oder Anzeichen. Es kommt aus dem Nichts, und es geschieht so schnell. Selbst wenn ich es hätte kommen sehen, hätte ich es nicht aufhalten können. Ein Ellenbogen schießt von der Seite ins Bild, trifft sein Gesicht, und bevor ich den Auslöser drücken kann, ist alles aus dem Bildausschnitt verschwunden. Ich sehe nur noch tanzende Menschen. Sofort nehme ich die Kamera runter und sehe mich suchend um, aber außer mir scheint es niemand bemerkt zu haben. Wieso auch? Die Musik übertönt alles, und wer sich einmal dem Beat verschrieben hat, der nimmt die Umgebung ohnehin nicht mehr wahr. Wo ist er? Ich schiebe mich durch die Menge, halte die Hand schützend vor das Objektiv meiner Kamera und schaffe es schließlich an den Rand. Hier ist die Luft etwas frischer, aber die Musik nicht weniger laut. Ich sehe mich suchend um. Da vorne ist er. An der Bar. Er lehnt mit dem Rücken an der Theke, hält sich mit einer Hand fest und presst die andere an sein linkes Auge. Ich sehe Blutflecken auf dem Kragen seines T-Shirts und komme langsam auf ihn zu, von etwas angezogen, das ich nicht erklären kann.

Er ist wirklich ziemlich groß, trägt dunkle Jeans und Turnschuhe. Ein Gürtel versucht die Hose in einer anständigen Haltung zu bewahren, was ihm nicht wirklich gelingt, und ich erspähe ein Stück weiße Boxershorts, auf die ich aber nicht achte … auf die ich nicht zu achten versuche.

„Ist alles okay?“

Ich bleibe neben ihm stehen. Er sieht mich überrascht aus einem Auge an, hat mich aber wohl nicht verstanden, denn ich erkenne nur einen fragenden Gesichtsausdruck.

Langsam greife ich nach seiner Hand, an seinen Fingern klebt etwas Blut. Er sieht mich verwundert an, lässt es aber geschehen.

Dort, an der Theke, zwischen dem Lärm, dem Schweiß und der Musik, berühre ich ihn zum ersten Mal in meinem Leben. Seine Haut fühlt sich warm und rau an, aber nicht unangenehm rau, ganz im Gegenteil. Für gewöhnlich ist das kein besonders einschneidender Moment, aber diesmal ist es anders. Vollkommen anders. Diesmal ist es, als würden plötzlich viele kleine Käfer mit schnell schlagenden Flügeln in meinem Kopf losflattern.

Ich versuche, das Flattern zu überhören und sehe mir das Ausmaß des Zusammenpralls an: eine kleine Platzwunde über dem linken Auge, Blut läuft an seiner Schläfe herunter.

„Das solltest du behandeln lassen!“

Ich schreie es ihm über die Musik hinweg ins Gesicht. Er wirkt nicht betrunken, dafür sind seine Augen zu klar. Ein kräftiges Grün strahlt mich etwas verwirrt an. Er nickt, aber ich glaube nicht, dass er mich verstanden hat. Also versuche ich es erneut, stelle mich ein wenig auf die Zehenspitzen und lehne mich näher zu ihm. Dabei streift meine Wange sein Gesicht, nur für den Bruchteil einer Sekunde. Er riecht gut, nach Sommer und etwas anderem … Aufregendem.

„Das sieht übel aus. Das solltest du behandeln lassen.“

Er nickt noch einmal. Diesmal hat er mich verstanden.

„Mache ich. Danke.“

Seine Stimme ist tief und warm. Und sie klingt überraschend gefasst, wenn man bedenkt, was ihm gerade passiert ist. Ich gehe wieder leicht auf Abstand und sehe, dass ein amüsiertes Lächeln auf seinen Lippen liegt. Auf seinen schönen Lippen. In meinem Kopf versucht eine Frage gegen das Flügelschlagen der Käfer anzukommen: Was mache ich hier?

Wahrscheinlich fragt er sich gerade dasselbe.

Ich lasse seine Hand wieder los, drehe mich schnell zur Theke und bestelle mir ein Wasser, damit es so aussieht, als wäre ich ganz zufällig hier, um mir etwas gegen den Durst zu beschaffen. Wenn ich arbeite, so wie heute, trinke ich keinen Alkohol. Meine Fotos sind dann einfach besser.

Er versucht unterdessen eher ungeschickt, sich mit dem Kragen seines leicht verschwitzten Shirts das Blut aus dem Gesicht zu wischen. So wird das nichts. Ich kenne solche Platzwunden – als Partyfotografin habe ich sie schon oft gesehen. Man muss sie behandeln, sonst bleibt eine hässliche Narbe. Zumindest desinfizieren sollte man sie, damit sie sich nicht sofort entzünden. Also bestelle ich noch zwei klare Schnäpse und ein frisches Taschentuch. Etwas verwundert über meine Bestellung betrachtet mich der Barkeeper einen Moment, bevor er mir den Wunsch erfüllt und ich einen zweiten Versuch starte.

„Hier! Einer für den Kopf und einer gegen den Schmerz.“

„Was?“

Ich halte ihm eines der Schnapsgläser vors Gesicht, und wieder ernte ich nur ratlose Blicke. Ich würde mich ja gerne besser artikulieren, aber der dröhnende Bass eines Nico-Pusch-Tracks macht es mir etwas schwer.

„Trink das! Gegen den Schmerz!“

„Gegen welchen Schmerz?“

Ich drücke ihm das eine Schnapsglas einfach in die Hand, und er sieht mir dabei zu, wie ich das Taschentuch in das andere Glas tauche. Dann schüttelt er leicht den Kopf, hebt abwehrend die freie Hand und will mir ausweichen.

„Ich weiß, was ich tue! Vertraue mir!“

Es ist gelogen. Ich hatte meinen letzten Erste-Hilfe-Kurs vor knapp sechs Jahren und müsste meine Kenntnisse über die stabile Seitenlage dringend mal wieder auffrischen, aber das spielt jetzt keine Rolle. Hochprozentiger Schnaps desinfiziert. Das habe ich im Nachtleben gelernt – und in einer Episode von Grey’s Anatomy, was ich ihm aber nicht sagen werde.

Ich gebe ihm keine Zeit nachzudenken, tupfe mit dem Taschentuch einfach frech direkt über die Wunde und bekomme als Quittung ein verzerrtes Gesicht meines Patienten.

„Autsch!“

„Gegen den Schmerz!“

Ich blicke auf den Schnaps in seiner Hand. Er versteht endlich, und schon ist das Glas leer.

Ich tupfe etwas vorsichtiger weiter und weiß genau, dass es höllisch brennen muss. Er schließt die Augen und hält sich tapfer an der Theke fest. Ich muss mich wieder fast auf die Zehenspitzen stellen, um an sein Auge zu kommen. Er ist wirklich groß. Während ich tupfe, betrachte ich ihn etwas genauer. Die dunkelbraunen Haare trägt er kurz, aber nicht zu kurz. Einige schweißverklebte Strähnen reichen bis in die Stirn, wo sie ein lustiges Muster formen. Er hat kräftige Schultern, und den Rest kann ich unter dem T-Shirt nur erahnen. Plötzlich gesellen sich zu den flirrenden Käfern im Kopf flatternde Schmetterlinge in der Magengegend, und schnell versuche ich, mich wieder auf das Tupfen zu konzentrieren.

„So, fertig!“

Ich betrachte mein Werk und bin damit zufrieden. Er nickt, und ich sehe, wie angespannt er ist. Die Kieferknochen treten gefährlich hervor. Sambuca auf offener Platzwunde ist bestimmt nicht die beste Idee, die ich in meinem Leben hatte, aber für den Moment das Beste, was mir eingefallen ist. Er kneift das linke Auge fest zusammen und sieht mich aus dem rechten an. Unsere Gesichter sind keine zwanzig Zentimeter voneinander entfernt.

„Ich weiß nicht, ob ich mich bedanken oder dich verfluchen soll.“

Sein Atem riecht wegen dem Sambuca leicht nach Anis.

„Gern geschehen, aber das solltest du wirklich nähen lassen.“

Es klingt sehr fachmännisch, wenn man bedenkt, dass ich meine Anleitung aus einer Fernsehserie habe. Ich stelle Glas und Tuch auf die Theke neben uns.

„Bist du Krankenschwester?“

„So was in der Art.“

Bin ich nicht. Ist glatt gelogen. Ich bin vom ärztlichen Fachbereich so weit entfernt wie London von Tokio, aber wenn ich das jetzt zugebe, dann sieht es wie die billige Anmache einer verrückten Sadistin aus. Das will ich wirklich verhindern.

„Ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte.“

Er kneift noch immer das linke Auge zusammen, was ihm einen spitzbübischen Ausdruck verleiht.

„Zwei Jungs neben dir meinten, sie müssten Pogo zu Techno tanzen. Der Ellenbogen des Größeren hat dich mit voller Wucht erwischt.“

„Aha.“

Er lehnt sich ein wenig zurück und sieht mich überrascht an. Woher ich das weiß? Oh. Ich tippe auf die Kamera.

„Ich arbeite hier, mache Fotos für den Veranstalter und … habe es zufällig gesehen.“

Er nickt nur. Das ist ja auch Unfug. Ich habe es gesehen, weil ich meine Blicke nicht von ihm nehmen konnte und es zufällig genau zu dem Zeitpunkt passiert ist, als ich ausgiebig sein Gesicht studiert habe. Aber das kann ich ihm ja schlecht sagen.

„Kommt wohl vor.“

Er zuckt mit den Schultern, als würde es ihm nichts ausmachen. Was mich überrascht. Ich würde versuchen, diese Typen zu finden, und sie dann zur Rede stellen. Sie sind sicherlich auf einem der Fotos, die ich von ihm geschossen habe. Zumindest das Taxi ins Krankenhaus sollten sie zahlen.

„Layla! Da bist du ja!“

Meine beste Freundin Beccie hat manchmal ein unfassbar schlechtes Timing, und diese Erfahrung mache ich immer und immer wieder. Heute ist keine Ausnahme, und so setze ich ein möglichst freundliches Lächeln auf, als die blonde Schönheit mit den erschlagenden weiblichen Argumenten neben mir auftaucht.

„Beccie. Hi!“

„Ich habe dich in der Menge verloren. Wir sollten weiter!“

Sie sieht zu meinem Patienten, und ihre Augen weiten sich kurz.

„Du blutest.“

Sie berührt mit ihrer Hand ganz beiläufig seinen Arm, und in mir flackert plötzlich etwas auf. Wut? Ich will nicht, dass sie ihn anfasst.

„Habe ich schon gemerkt.“

„Das sieht übel aus.“

Er nickt und wirft mir einen kurzen Blick zu.

„Halb so wild.“

„Ich bin übrigens Beccie.“

Ganz ungeniert lässt sie seinen Arm los und schiebt ihre Hand in seine. Ich würde sie gerne erwürgen. So ist das schon seit der Schulzeit. Immer wenn Beccie auftaucht, habe ich mich für das männliche Geschöpf neben mir auf magische Weise in Luft aufgelöst. Wieso? Das ist schnell erklärt: Ich bin klein, habe durchschnittlich braune Haare, durchschnittlich braune Augen und eine durchschnittlich gute Figur, also keine Modelmaße oder blondes wallendes Haar zu strahlenden blauen Augen. Wie Beccie. Ich bin einfach eher durchschnittlich, und wenn sie neben mir steht, werde ich zu einer Art Hilfssheriff, der auf dem Esel neben dem strahlenden Helden der Geschichte als klassischer Side-Kick mitreiten darf.

„Hallo, Beccie.“

Dann sieht er plötzlich wieder zu mir, streckt mir seine Hand entgegen, und sofort ist da wieder dieses Schlagen der Flügelchen in meinem Kopf. Nur lauter als zuvor.

„Und du bist Layla? Wie in dem Clapton-Song?“

Ich nicke und bin überrascht. Nicht nur über den richtig erratenen Grund, warum meine Eltern mich genannt haben, wie sie mich genannt haben, sondern vor allem darüber, dass Beccies unverschämter Flirtversuch und die geballte Ladung weibliche Argumente, die ihr sehr tief geschnittenes T-Shirt gibt, an ihm abzuprallen scheinen. Ich sollte seine Rippen zählen, um sicherzugehen, dass es sich um ein menschliches und männliches Wesen handelt.

„Ja, ich bin Layla, wie in dem Clapton-Song.“

Ich nehme seine Hand an.

„Tristan.“

Ich höre ihn durch das Flattern in meinen Ohren und lächle. Der Name ist mir noch nie außerhalb von Filmen oder Büchern begegnet. Jetzt bekommt er zum ersten Mal ein reales Gesicht für mich. Ein markantes und interessantes Gesicht. Sicherlich nicht perfekt, vor allem nicht mit dem zusammengekniffenen Auge und dem ganzen Blut, aber ich finde, es passt. Sehr gut sogar.

Beccie hakt sich bei mir ein und zieht mich ein kleines Stückchen von ihm weg, was ich geschehen lasse und was mir zugleich missfällt.

„Wir müssen weiter. Gibt noch mehr Events, bei denen wir erwartet werden. Mach es gut, Tristan.“

Sie spricht für uns beide, was mir noch mehr missfällt. Tristan und ich schauen uns einen Moment lang unschlüssig an, dann werde ich aber auch schon weggezerrt. Beccie winkt ihm zum Abschied neckisch zu, und damit verschwinden wir in der Menge. Ich sage nichts, versuche keinen Blick zurückzuwerfen, weil es zu auffällig wäre und ich mir diese Blöße in Beccies Gegenwart nicht geben möchte.

Am Ausgang gebe ich auf und wage es doch. Nur einen Blick.

Aber er ist verschwunden.

Mein MacBook ist die einzige Lichtquelle im Wohnzimmer. Es ist kurz nach vier Uhr in der Früh, und neben mir steht eine Tasse Kaffee. Nur so überstehe ich den Rest der Nacht. Ich komme meistens um diese Uhrzeit nach Hause und kann dann nicht schlafen. Ich bin zu aufgekratzt und will die frisch geschossenen Bilder am liebsten sofort bearbeiten. Hier und jetzt, nicht erst morgen im Büro. Da es sich aber wie heute oft um geschätzte vierhundert Fotos handelt, ist das unmöglich. Deshalb schaue ich sie mir zunächst nur an, treffe eine mentale Vorauswahl und gehe dann irgendwann im Morgengrauen ins Bett. Auf diese Weise läuft so ziemlich jeder Sonntagmorgen ab, und heute ist es nicht anders.

Ich habe die Kopfhörer auf den Ohren und leise läuft etwas Musik im Hintergrund, während ich die Speicherkarte meiner Kamera auslesen lasse und einen Schluck trinke.

Irgendwie muss ich langsam wieder zurück auf den Planeten Erde finden. So ein Abend voller Musik, Tanzen, Getränke, Locationwechsel und Beccie ist eine ziemlich extreme Mischung. Vor allem wenn meine beste Freundin nichts anderes zu tun hat, als mir von den vier Kerlen vorzuschwärmen, die sie heute hätte abschleppen können. Was in der Regel nicht einmal übertrieben ist. Beccie ist wunderbar, aber was Männer angeht, ist sie manchmal wie einer dieser kleinen Hunde. Sie hüpft und bellt, aber sie schnappt nicht zu. Dafür fehlt ihr der Mut. Sie sagt, dass sie mit einem Kerl erst nach Hause geht, wenn sie zwei Dates mit ihm verbracht hat und ihn dann noch immer nicht abstoßend findet. Jemandem, den sie in einem Club mal eben so kennengelernt hat, würde sie niemals in seine Wohnung folgen.

„Wobei ich bei diesem Tristan eine Ausnahme gemacht hätte.“

Ich wollte und will es noch immer nicht hören, aber in meinem Kopf spielt sich eine Endlosschleife ihrer Beschreibungen Tristans ab. Dabei hat sie gerade mal zwei Minuten mit ihm verbracht. Nicht mehr und nicht weniger. In ihrer Version könnte man meinen, sie wären den halben Abend und die gesamte Nacht zusammen gewesen. Wieso mich das so ärgert, weiß ich selber nicht. Gut, natürlich, ich habe eine Ahnung, versuche sie aber zu ignorieren. Mit mäßigem Erfolg. Irgendwann, als wir schon auf dem Weg nach Hause waren, habe ich mir einen patzigen Kommentar nicht mehr verkneifen können und dann einen irritierten Blick von Beccie dafür geerntet. Sie hat gemerkt, dass ich aufgewühlt war, und fand es nicht gut. Sie hatte wohl auch eine Ahnung, wie das so ist mit besten Freundinnen: Sie kennen einen zu gut. Schlimmer noch, sie haben meistens recht!

„Erstens: Dieser Kerl ist doch nicht mal dein Typ. Nicht mal ein bisschen …“

Ich muss ihr leider zustimmen. Tristan ist wirklich nicht mein Typ, und ich bin nicht stolz darauf, sagen zu müssen, dass ich sehr wohl einen Typ habe. Schon immer. Das alles hat schon sehr früh angefangen. Damals, als ich die Kinderserie Flipper zum ersten Mal im TV gesehen habe, war ich sofort bis über beide Ohren in Sandy verliebt. Mir war klar, so muss mein zukünftiger Mann eines Tages aussehen. Danach folgten Poster des Surfweltmeisters Kelly Slater, der ebenfalls genau in dieses Beuteschema passt. Und dem bin ich bis heute treu geblieben. Blond, blaue Augen, sportlich, glatt rasiert. Dunkelhaarige, mysteriöse Typen mit leuchtenden grünen Augen haben mich niemals angesprochen, und sie werden mich niemals ansprechen. Auch ein Dreitagebart und Tätowierungen lassen mich kalt. Ich stehe nicht auf dieses Bad-Boy-Image von wegen Lederjacke, Ohrringe und Motorrad. Das ist so, und damit kann ich sehr gut leben. Außerdem sind Beccie und ich uns deshalb nur selten in die Quere gekommen, wenn es um Männer ging. Sie suchte sich die Bad Boys, und ich landete bei Prince Charming.

„… und zweitens, liebe Layla, hast du ja Oli.“

Ja. Seit fünf Jahren habe ich Oliver, meinen Freund.

Das Pling! meines MacBooks sagt mir, dass alle Bilder nun auf der Festplatte sind, und ich öffne den Ordner. Wie immer will ich mir meine Ausbeute sofort ansehen. Bei manchen Fotos weiß man schon im Moment der Aufnahme, dass es ein neues Lieblingsbild wird. Auch heute Abend hatte ich wieder dieses Gefühl, und bisher hat es mich nie getäuscht.

Ich klicke mich diesmal allerdings etwas hektischer als sonst durch die Vorschau auf der Suche nach einem ganz besonderen Bild. Eigentlich suche ich diesmal eine ganz besondere kleine Bilderserie, von der ich mir viel verspreche. Dabei lasse ich alle anderen Bilder links liegen. Mögen sie auch noch so gelungen und schön sein, nehme ich sie doch nicht wahr. Da sehe ich die Bilder, nach denen ich gesucht habe. Ich weiß nicht, was ich darauf zu finden hoffe, aber als ich das erste Bild öffne, zittern meine Hände leicht. Der Mauszeiger fliegt zum ersten der vier Bilder. Doppelklick, und mit einem Mal nimmt es den ganzen Bildschirm ein und … mein Herzschlag will kurz aussetzen. Die tanzende Menge ist unscharf, man erkennt die Menschen zwar, aber der Fokus liegt auf einer einzigen Person. Die Abendsonne steht so, dass sie ihn in weiches, warmes Licht hüllt. Wieder höre ich die Musik, schmecke die Atmosphäre, und ich bin froh, dass es mir gelungen ist, genau diesen Moment einzufangen. Tristan ist dabei das ruhige Zentrum. Sein T-Shirt ist schlicht, kein wilder Aufdruck, kein Anzeichen für eine bestimmte oder bekannte Marke. Es ist einfach nur weiß. Keine Kette, keinen Schmuck. Ich klicke auf das nächste Foto, das etwas näher an seinem Gesicht ist. Ich betrachte die Form seines Kinns, den Hals, die Schultern, die Form seiner Lippen. Er ist kein klassischer Schönling, er hat keine perfekten Augenbrauen, die jede Frau auf dieser Welt vor Eifersucht erblassen lässt, und der leichte Dreitagebart lässt ihn etwas älter wirken, als er vermutlich ist. Aber er ist wunderschön, und ich spüre wieder dieses leise Flattern in mir. Ich klicke auf das dritte Bild, und plötzlich höre ich seine Stimme. Sie klingt noch immer in meinem Ohr. Auch sein Geruch ist wieder da, die raue Wärme seiner Haut. Dann klicke ich das vierte Bild an und weiß sofort: Es ist das Eine. Die anderen Bilder kann ich löschen. Ich kann es nicht in Worte fassen, aber beim Anblick dieses Fotos zieht sich mein Herz zusammen und stößt einen Schwarm Schmetterlinge in meinem Bauch aus. Das hier ist das schönste Foto, das mir seit Langem geglückt ist. Und das Motiv ist einfach atemberaubend. Ich betrachte das Bild noch eine kleine Weile, präge mir seine Gesichtszüge ein, erinnere mich an alles, was dann kam: das Gespräch, mein heldenhafter Einsatz als Florence Nightingale, sein …

„Du bist ja schon zu Hause.“

Ich fahre erschrocken zusammen, als mir jemand von hinten einen Kuss auf die Wange drückt. Panisch klappe ich das MacBook zu und verschütte dabei fast meinen Kaffee.

„So schreckhaft? Ich habe gar nicht mitbekommen, dass du schon da bist.“

Es ist Oliver, der in einem T-Shirt und Boxershorts hinter mir steht und dessen blonde Haare vom Schlaf in eine wilde, für ihn untypische Unordnung gebracht worden sind. Mein Oliver, der jetzt mit schlurfenden Schritten um die Couch herum in die Küche geht. Der Mann, mit dem ich diese Wohnung, den Tisch und vor allem das Bett teile. Der Mann, den ich liebe und mit dem ich mir eine Zukunft aufgebaut habe. Mein Freund. Die Worte fühlen sich auf einmal ungewohnt fremd an.

Er streckt seinen Kopf aus der Küche.

„Haben wir noch Milch?“

Oli und seine Milch. Er braucht sie jeden Morgen in seinem Kaffee und nachts, wenn er das Gefühl hat, sein Magen hätte das scharfe indische Essen doch nicht so gut verarbeitet, wie er immer behauptet. Jeder Versuch ist zum Scheitern verurteilt, denn seine Vorliebe für viel zu scharfes Essen ist seine große Schwäche. Am liebsten würde er alles in Tabasco, Chili-Öl und Sambal Oelek ertränken. Auch wenn sein Magen darunter leidet. Da ihm nur noch Milch hilft, wenn er es mal wieder übertrieben hat, sorge ich für gewöhnlich dafür, dass ein ordentlicher Vorrat im Haus ist.

„Neben der Spüle.“

Wir sind seit fünf Jahren zusammen und wohnen seit knapp zwei Jahren zusammen. Wir leben zusammen. Wieso bin ich jetzt so überrascht, ihn hier zu sehen? Ich fahre meinen Mac herunter, wiederstehe der Versuchung, später doch noch einmal einen Blick auf den Bildschirm zu werfen.

Oliver kommt mit einem Glas Milch aus der Küche und sieht mich aus schlaftrunkenen Augen an.

„Wie lief es so?“

„Gut.“

„Gute Fotos?“

„Einige.“

Er nickt, nimmt einen überraschend großen Schluck, stellt das leere Glas auf den Tisch vor mir und drückt mir einen Kuss auf die Wange, wobei ich seinen Milchbart spüre. Oli eben.

„Komm auch bald schlafen, ja?“

Damit lässt er mich wieder alleine, und ich sehe ihm nach. Ich denke wieder an Beccie und ihre Standpauke. Ich hatte wirklich keinen Grund, auf sie wütend – gut, eifersüchtig – zu sein. Tristan ist nicht mein Typ, und vor allem habe ich Oliver. Sie hat recht, und es erschreckt mich, dass ich ausgerechnet ihre Worte brauche, um mich daran erinnern zu lassen. Als hätte ich die Beweise dafür nicht überall um mich herum. Mein Blick fällt auf das leere Milchglas. Das ist so typisch für ihn. Er lässt Dinge stehen, wo er sie zuletzt benutzt hat. Das gilt im Übrigen auch für Socken aller Art, Schuhe, Jacken, Jeans. Es ist eine kleine Macke, an die ich mich zuerst gewöhnen musste, in die ich mich dann aber verliebt habe. Sie ist irgendwann zu etwas Vertrautem geworden, und heute erinnert sie mich daran, dass in dem Anzug tragenden, verantwortungsvollen und hart arbeitenden Oliver noch immer mein Oli steckt. Der Oli, der noch keinen Fünfjahresplan hatte, mir dafür aber jeden Sonntagmorgen völlig verkatert ein sagenhaftes Frühstück gemacht hat – und danach jedes Mal alles in der Küche stehen und liegen ließ. Vielleicht ist diese Erinnerung der Grund dafür, warum ich jetzt aufstehe und das Glas mit einem Lächeln zurück in die Küche stelle. Ja, ich habe einen Typ. Oliver. Und das heute war ein schöner, aber kurzer, aufregender Moment der Schwärmerei. Mehr nicht. Und wie heißt es so richtig? Was schön ist, gefällt auch dem lieben Gott.

Adriana  Popescu

Über Adriana Popescu

Biografie

Adriana Popescu, 1980 in München geboren, arbeitete als Drehbuchautorin für das Deutsche Fernsehen, bevor sie als freie Redakteurin für verschiedene Zeitschriften und schließlich als Autorin für mehrere renommierte Buchverlage Romane schrieb. Sie lebt mit großer Begeisterung in Stuttgart.

Medien zu „Lieblingsmomente (Lieblingsmomente-Reihe 1)“




„Lieblingsmoment“ - den Song zum Buch jetzt auf iTunes kaufen: https://itunes.apple.com/at/album/lieblingsmoment-single/id670477490
Pressestimmen
(A) bookreviews.at

„Einfach herrlich.“

familie & co.

„Packender Liebesroman, leicht und frisch geschrieben - wir warten auf die Fortsetzung!“

Kommentare zum Buch
Gefühlsachterban
Ni Cole am 17.07.2013

ein wunderbares Buch. Habe es gestern verschlungen und ein paar sehr schöne Lieblingsmomente erlebt.   Wer meine komplette Rezi lesen möchte --> schaut gerne auf meinem Blog vorbei   www.buchstaben-junkie.de/2013/07/lieblingsmomente-adriana-popescu_17.html

Platz 1 meiner Wunschliste
Sonja am 05.06.2013

Ich zähle die Tage! Es ist ganz oben auf meiner Wunschliste und klingt nach der perfekten Sommerlektüre! Bin seit "Versehentlich verliebt" ein großer Fan der Autorin und kann es kaum abwarten! 

Sommer!
Dominik am 16.04.2013

Grandioses Cover, tolle Idee. Der Sommer wird wohl gefühlvoll. Bin gespannt auf das Buch, die Leseprobe war vielversprechend!

Kommentieren Sie diesen Beitrag:
(* Pflichtfeld)

Adriana Popescu - NEWS

Erhalten Sie Updates zu Neuerscheinungen und individuelle Empfehlungen.

Beim Absenden ist ein Fehler aufgetreten!

Adriana Popescu - NEWS

Sind Sie sicher, dass Sie Adriana Popescu nicht mehr folgen möchten?

Beim Absenden ist ein Fehler aufgetreten!

Abbrechen