

Line-out (Auckland Rebels 1) Line-out (Auckland Rebels 1) - eBook-Ausgabe
Roman
— Ihre Liebe ist tabu, denn sie ist die Schwester seines Captains. Sports Romance in NeuseelandLine-out (Auckland Rebels 1) — Inhalt
Ihr One-Night-Stand ist der beste Kumpel und Mitbewohner ihres Bruders … Eine humorvolle, packende Sports Romance in Neuseeland für Fans von Elle Kennedy, Piper Rayne und Chloe Walsh
„Die Wahrheit brennt in seinen Augen, in meinem Herzen. ›Scheiße‹, stößt er hervor und ich bin mir aus irgendeinem Grund sicher, dass er nicht bloß den Kuss meint. Dass er es ebenso fühlt wie ich. Und dass wir beide ein Problem haben.“
Neues Land, neuer Job, neues Leben – das ist Brooks Plan, als sie nach Auckland fliegt, um einige Zeit bei ihrem Bruder zu verbringen. Doch dann läuft sie in dessen WG ausgerechnet ihrem spontanen One-Night-Stand über den Weg. Ryker spielt nicht nur Rugby für die Auckland Rebels, er ist auch der beste Kumpel ihres Bruders. Und der versteht wenig Spaß, wenn es um die Liebschaften „seiner“ Mannschaft geht. Kein Problem, denkt Brook, wäre da nur nicht diese verdammte Anziehungskraft zwischen ihr und Ryker. Als Brook dann auch noch den Job als Team-Maskottchen übernimmt, wird es endgültig kompliziert …
Leseprobe zu „Line-out (Auckland Rebels 1)“
1. Brook
Mit zusammengezogenen Augenbrauen funkele ich den jungen Barista des Coffee-Corners an, der mit einem verwirrten Gesichtsausdruck zurück starrt. „Matcha-Tee“, wiederhole ich meine Bestellung. „Das grüne Zeug mit dem Koffein. Haben Sie das?“
„Äh …“ Unsicher wirft er einen Blick über die Schulter zu den großen Tafeln an der Wand, auf denen die angebotenen Getränke stehen. Matcha-Tee ist natürlich nicht dabei. Aber sorry, wir sind am Londoner Flughafen, einem der größten internationalen Airports. Und dieser Coffee-Corner befindet sich in [...]
1. Brook
Mit zusammengezogenen Augenbrauen funkele ich den jungen Barista des Coffee-Corners an, der mit einem verwirrten Gesichtsausdruck zurück starrt. „Matcha-Tee“, wiederhole ich meine Bestellung. „Das grüne Zeug mit dem Koffein. Haben Sie das?“
„Äh …“ Unsicher wirft er einen Blick über die Schulter zu den großen Tafeln an der Wand, auf denen die angebotenen Getränke stehen. Matcha-Tee ist natürlich nicht dabei. Aber sorry, wir sind am Londoner Flughafen, einem der größten internationalen Airports. Und dieser Coffee-Corner befindet sich in unmittelbarer Nähe zu den Gates. Den Toren zur Welt. Da wird es doch so was Simples wie Matcha geben?
Der Mann strafft die Schultern, wodurch seine kurzen braunen Locken hin und her wippen. „Nein. Wir haben nur Earl Grey. Oder Pfefferminz. Und natürlich Kaffee.“
Eine Sekunde halte ich die Luft an, dann stoße ich ein ergebenes Schnauben aus. „Okay. Dann nehme ich eine Vanilla-Latte mit Soja-Milch und einem extra Espresso-Shot.“
Er schürzt die Lippen. Sein Blick wird eine Spur genervter, hinter mir ertönt ein Murmeln. Ohne mich umzudrehen, weiß ich, dass sich eine Warteschlange gebildet hat. „Den Starbucks finden Sie in Halle eins. Wir haben hier nur Kaffee“, sagt er mit einem Unterton, der mir deutlich macht, dass seine Geduld am Ende ist.
Halle eins. Die vor dem Sicherheitscheck liegt, den ich bereits durchlaufen habe. Also in etwa so unerreichbar wie mein Uni-Abschluss.
„Hören Sie, Mister …“, ich schiele auf den runden Button an seinem Hemd, „Delaney. Ich habe letzte Nacht schlecht geschlafen, weil meine Zimmernachbarin mit ihrem neuen Lover so laut gevögelt hat, dass selbst Ohropax nicht geholfen hat. Ich habe einen Achtundzwanzig-Stunden-Trip vor mir und einen Sitzplatz in der Economyclass. Alles, was mich noch davor bewahrt, völlig durchzudrehen, ist eine ordentliche Dosis Koffein.“
Konsterniert kneift er ein Auge zusammen. Dann wendet er sich ab, hantiert an der Kaffeemaschine herum und schiebt mir wortlos einen weißen Pappbecher über den Tresen. Der aromatische Duft von frisch aufgebrühten Bohnen steigt in meine Nase, augenblicklich entspanne ich mich etwas.
„Wo finde ich die Milch?“ Suchend sehe ich über die Theke.
Wortlos deutet er nach rechts, wo sich neben Zucker und Rührstäbchen auch Kondensmilchdosen befinden. Immerhin. Ohne weiter mit ihm zu diskutieren, knalle ich ihm vier Pfund hin, schnappe mir den heißen Kaffeebecher und kippe fünf Stück Würfelzucker und drei Milchdosen hinein. So kann man ihn vielleicht trinken. Anschließend verdrücke ich mich an einen Ecktisch, stelle den Kaffee auf dem braunen Holz ab, lasse meinen Rucksack auf die Bank plumpsen und nehme Platz. Über dem Tisch hängt ein Lampenschirm aus hellem Papier, der an einigen Stellen eingerissen ist. Auch der Holztisch ist nicht sauber, Kuchenkrümel und ein Teller stehen darauf. Ich lehne mich zurück und schließe für einen Moment die Augen. Hinter meiner Stirn pocht es unangenehm und mein Magen hängt mir in den Kniekehlen. Aber ich habe beim besten Willen nichts heruntergekriegt.
Es war die richtige Entscheidung, Brook, sage ich mir zum ungefähr zehnten Mal, seit ich das Flughafengelände betreten habe. Du willst nach Auckland.
Das rede ich mir zumindest ein. Denn die Wahrheit, dass die Reise nach Neuseeland eher eine Flucht vor dem Drängen meiner Eltern ist, fühlt sich nicht halb so gut an. Seit Wochen fragen sie mich, wie mein Studium läuft. Ob ich mich um ein Jahrespraktikum bemüht habe, ob ich in Dads Praxis anfangen will. Auf all das habe ich keine Antwort oder zumindest keine, die ich meinen Eltern geben könnte. Denn ich habe keine Ahnung, ob Ärztin mein Traumberuf ist. Oder ob ich das Studium begonnen habe, weil meine Eltern es von mir erwartet haben.
Ich hatte mehr und mehr das Gefühl zu ersticken. In den Fragen meiner Eltern, in den Aufgaben der Uni. In den Blicken meiner Freunde, wenn ich ihnen erneut abgesagt habe, weil mir alles zu viel war. Und in den Erinnerungen an diese eine Nacht, an diese Augen, in denen das Leben brach – Stopp! Verzweifelt schiebe ich den Gedanken von mir und atme durch. Einmal, zweimal, bis ich mich wieder im Griff habe.
Ich habe nach einem Fluchtweg gesucht und mein Zwillingsbruder hat ihn mir geboten, in dem er mich zu sich nach Neuseeland einlud. Ans andere Ende der Welt, wo er an der Auckland Emerald University studiert.
Das Vibrieren meines Handys reißt mich aus den Gedanken. Ich greife nach dem Smartphone, das an einer Kette über meiner Schulter hängt, und muss automatisch lächeln. Scott und ich haben eine Verbindung. Seit wir zusammen aus dem Bauch meiner Mutter geschlüpft sind, wissen wir immer, wie es dem anderen geht. Selbst wenn eine halbe Welt und elf Stunden Zeitunterschied zwischen uns liegen.
„Hey“, sage ich und reibe mir über die brennenden Augen.
„Hey, Sis. Bist du schon am Flughafen?“ Irgendjemand grölt im Hintergrund, hämmernde Musik übertönt fast seine Stimme. Bei ihm ist es mitten in der Nacht.
„Ja, mein Flug geht in einer Stunde.“ Ich greife nach dem Kaffeebecher und nehme einen Schluck.
„Du meldest dich, wenn du gelandet bist, ja? Ich hole dich ab.“
Das Lächeln auf meinem Gesicht wird breiter. Wärme füllt meine Brust aus, meine Schultern sinken herab. „Danke. Ich freu mich auf dich. Und auf Auckland. Und …“
Begeistertes Grölen im Hörer unterbricht mich. Erschrocken halte ich das Handy ein Stück von mir weg.
„Scott, was ist da bei euch los?“, sage ich laut in den Hörer. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie zwei Frauen den Kopf schütteln und zu einem Tisch weiter hinten in dem Coffeeshop gehen.
„Wir haben das Match gegen die Wellington Tigers gewonnen! Wir sehen uns morgen, Brook!“
Eine Sekunde später tutet es an meinem Ohr. Alles klar! Einmal Rugby, immer Rugby. Da habe ich keine Chance. Scotts Leben dreht sich darum, seit Dad uns als Kinder zu einem Spiel der Lions mitgenommen hat. Doch seit er für die Auckland Rebels spielt, gibt es nichts Wichtigeres mehr. Grinsend lege ich das Handy beiseite.
Mein Flug geht erst in einer Stunde, Zeit genug, um an den Boutiquen vorbeizubummeln. Schaufenstershopping kostet ja bekanntlich nichts.
***
Mit einem dumpfen Dröhnen im Schädel lasse ich mich zweieinhalb Stunden später auf meinen Sitzplatz fallen. Mein Magen grummelt, weil ich den Kaffee nicht vertragen habe und dieser beschissene Flug natürlich Verspätung hat. Die Plätze rechts und links von mir sind frei, vielleicht habe ich Glück und es bleibt so. Das wäre wenigstens ein Lichtblick an diesem vertrackten Tag.
Kurze Zeit später schiebt sich jedoch eine junge Frau in einem grauen Hosenanzug in meine Reihe, das Handy am Ohr. Sie gibt mir mit einem Nicken zu verstehen, dass ihr Platz am Fenster ist. Mit einem gezwungenen Lächeln lasse ich sie durch, während sie mit bellenden Worten weitertelefoniert. Kaum dass sie sitzt, zieht sie ein Tablet aus ihrer Handtasche und klappt den Tisch herunter.
Mein Blick wandert zurück zu der Zeitschrift in meiner Hand. Während sie ein enorm wichtiges Businessgespräch führt, lese ich in der Sun einen Artikel über irgendeine Love-Island-Teilnehmerin, die sich in einem weit ausgeschnittenen Kleid mit Jason Statham zeigt. Ohne dass ich es will, höre ich die Stimme meiner Mutter.
Wir sind so stolz auf dich, Schatz, dass du im UCL angenommen wurdest. Du wirst eine fantastische Ärztin. Wie Dad.
Mir wird übel. So richtig übel. Ein saurer Geschmack breitet sich in meinem Mund aus und ich fühle, wie der röstige Kaffee meine Speiseröhre nach oben kriecht.
Du tust das Richtige, Brook. Auckland war die beste Option, die du hattest. Du wirst ihre Erwartungen nie erfüllen, du bist nicht wie die Frau neben dir.
Ich atme seufzend aus und schließe die Augen. Konzentriere mich und schiebe das dumpfe Gefühl von mir. Gepaart mit dem schlechten Gewissen, das an mir nagt, seit ich meinen Eltern eröffnet habe, dass ich ein Auslandssemester in Auckland machen werde, ist das verflucht viel Verdrängung.
Ich tue das Richtige, sage ich mir erneut. Das würden auch meine Eltern so sehen, wenn sie die Wahrheit wüssten.
Jemand stößt gegen meinen Ellenbogen. Überrascht reiße ich die Augen auf und blicke nach rechts auf einen breiten muskulösen Rücken in einem schwarzen Poloshirt. Was zur Hölle? Es sind knapp fünf Grad draußen. Selbst hier im Flugzeug habe ich das Bedürfnis, mir meinen grauen Wollschal umzulegen.
Der Typ lehnt sich zurück und stößt erneut gegen meinen Ellenbogen. Meine Haut kribbelt, irritiert ziehe ich den Arm weg und reibe mit der Hand über die Stelle. Entrüstet sehe ich ihn an, warte auf eine Entschuldigung, doch er zieht sich kommentarlos ein paar schwarze Kopfhörer über die blonden Haare und stiert nach vorne.
Meine Augenbrauen fahren zusammen. Das Hämmern der Techno-Musik ist so laut, dass ich sie selbst durch die Kopfhörer höre. Dabei wirkt er nicht, als würde er auf solche Musik stehen. Passend zu dem Poloshirt trägt er eine kurze, abgeschnittene Bluejeans und Chucks. Fehlt nur noch die Sonnenbrille. Unter der gebräunten Haut seiner Unterarme zeichnen sich trainierte Muskelstränge ab und über dem Arm, der auf meiner Lehne ruht, verläuft ein dunkles Tattoo: Strength is what we gain from the madness we survive.
Mein Blick wandert weiter nach oben, über einen flachen Bauch, breite Schultern bis zu seinem unrasierten Gesicht. Ein feiner Bartschatten liegt auf seinen kantigen Wangen, er kann kaum älter sein als ich. Die Lippen hat er zu einer harten Linie zusammengepresst.
Er wendet den Kopf und sieht mich an. Dunkles Braun, in dem goldene Tupfen wie Feuerfunken tanzen. Ich schlucke. Versuche, den Blick abzuwenden, irgendwo anders hinzusehen, nur nicht zu ihm. Doch ich kann nicht. Die Übelkeit in meinem Magen verschwindet, stattdessen krampft er zu einer harten Kugel zusammen.
Denn ich erkenne etwas in seinem Blick, das ich auch in mir finde. Verzweiflung. Wut. Den Augenblick, wenn man keinen Ausweg mehr sieht. Meine Lösung war die Flucht, vielleicht sitzt er aus demselben Grund im Flugzeug?
Der Fremde kneift das rechte Auge zusammen. Seine Lippen werden weich, die harte Linie verschwindet. Dann zieht er einen Mundwinkel hoch. Ein Grübchen gräbt sich in eine Wange, was seinem Gesicht die Härte nimmt und ihn jünger wirken lässt. Und leider noch attraktiver.
Fuck, Brook! Du schmachtest ihn an.
Der Knoten in meinem Bauch löst sich, wird zum Kribbeln, das mir bis in die Zehenspitzen schießt.
Belustigung blitzt in seinen Augen auf, das Lächeln wird zum Grinsen.
Ein Eimer kaltes Wasser könnte kaum wirkungsvoller sein. Abrupt drehe ich den Kopf weg und schlage die Sun wieder auf. Mein Blick saugt sich an den Bildern fest und erst eine Sekunde später begreife ich, dass ich den nackten Hintern von Kylie Jenner anstarre.
Neben mir erklingt ein amüsiertes Lachen. Tief und leise, sodass es mir direkt ins Herz schießt.
Herrgott, Brook. Das ist nicht der erste attraktive Kerl, auf den du triffst. Aber es ist eindeutig der Erste, der so eine Wirkung auf mich hat.
Um meine Hormone wieder zu zügeln, blättere ich weiter durch die Zeitschrift. Klatsch und Tratsch las sich schon immer leichter als ein Fachartikel über Harninkontinenz aus dem Britisch Medical Journal. Das Magazin habe ich ebenfalls im Rucksack, aber aus Gründen zieht es mich nicht an.
Durch den Lautsprecher kündigt die Purserin den Start des Flugzeugs in wenigen Minuten an. Die Flugbegleiter beginnen mit den Sicherheitsanweisungen. Ich höre nur mit halbem Ohr zu. Zum einen ist es nicht mein erster Flug, zum anderen schwappt Müdigkeit über mich hinweg. Ich ziehe den grauen Schal aus dem Rucksack unter dem Vordersitz und lege ihn mir über die Schultern. Dabei werfe ich – natürlich rein zufällig – einen Blick nach rechts. Der blonde Typ hat die Augen geschlossen, wieder hat er die Lippen zusammengepresst, sein Unterkiefer ist leicht vorgeschoben. Auch seine Arme sind angespannt, die harten Muskelstränge treten deutlich hervor. Seine Hand krallt sich um die Armlehne, meine Armlehne wohlgemerkt.
Nachdenklich lehne ich mich in meinem Sitz zurück und kuschle mich in den Schal. Das Flugzeug rollt über das Vorfeld, Regen trifft auf die kleine Fensterscheibe. Die Frau zu meiner Linken hat den Tisch hochgeklappt, tippt aber nach wie vor auf ihrem Tablet herum.
Es wird ruhiger in der Kabine, als das Flugzeug auf die Landebahn rollt. Die Turbinen drehen auf, ich spüre das Vibrieren bis in meine Zehenspitzen. Aufregung macht sich in mir breit. Nur noch wenige Augenblicke und wir sind in der Luft. Dann bin ich raus aus London, weg von meinen Eltern und der Lüge, die ich seit einigen Wochen aufrecht halte.
Ein sanfter Ruck geht durch das Flugzeug, wir heben ab. Ich spüre den Sog in meinem Körper, den zunehmenden Druck auf den Ohren. Doch es fühlt sich wie ein Befreiungsschlag an. Euphorie wirbelt durch meinen Bauch und ich lege die Hand an die Lippen, weil ich leise lachen muss.
Es war die richtige Entscheidung. Auckland wird Spaß bringen. Abstand. Und hoffentlich auch Klarheit.
Jemand stöhnt gepresst. Mein Blick huscht nach rechts. Der Fremde hat die Augen zusammengekniffen, Schweiß steht auf seiner Stirn. Er hat die Arme fest an seinen Körper gedrückt und zittert.
Meine Alarmglocken schrillen los. Der Typ hat eine Panikattacke. Und wenn nicht jemand eingreift, kotzt er vermutlich oder verliert das Bewusstsein. Ich recke mich, sehe den Gang entlang, aber die Flugbegleiter hocken auf ihren Klappsitzen. Auch sonst scheint niemand von ihm Notiz zu nehmen.
Okay, Brook, denk nach. Du hast das gelernt, erstes Semester an der Uni. Oder doch der Erste-Hilfe-Kurs? Ich habe absolut keine Ahnung. Mein Hirn ist wie leer gefegt. Da sind nur mein schneller Herzschlag und die Angst, dass ich ihm nicht helfen kann. Dass ich versage, weil ich noch nie etwas auf die Reihe bekommen habe.
Ohne weiter nachzudenken, lege ich meine Hand auf seine. Seine Haut ist eiskalt. Vorsichtig löse ich seine Finger, bis ich meine darumlegen kann. Er drückt zu. Ich fühle seinen schnellen Puls auf meiner Handfläche. Seine Kälte, die langsam auf mich übergeht. Ich lehne mich ein wenig vor und ziehe ihm die Kopfhörer von den Ohren. Laute Musik brüllt mir entgegen, rasch stelle ich sie ab. Bis jetzt hat er sich nicht bewegt, selbst die Augen hat er nach wie vor fest zusammengepresst.
„Es ist okay, du bist nicht allein. Der Pilot hat das schon hundertmal gemacht. Er wird uns sicher nach oben und auch wieder nach unten bringen.“
Meine Fingerspitzen kribbeln. Wenn er weiter so fest zudrückt, sind sie bald taub. Aber ich werde den Teufel tun, ihn jetzt loszulassen.
„Die Airline hat Sicherheitsüberprüfungen. Das Flugzeug wird gewartet, auch die Crew muss regelmäßig trainieren. Uns wird nichts geschehen.“
Er reagiert nach wie vor nicht. Hm, so komme ich nicht weiter.
„Weißt du, ich sitze in diesem Flieger, weil ich meinen Eltern nicht sagen konnte, dass ihr Plan nicht funktioniert. Ich bin nicht die begabte, erfolgreiche Tochter, die sie in mir sehen.“ Ich muss lachen. „Eigentlich bin ich absolut miserabel mit Zahlen, hab Probleme, einen geraden Satz zu formulieren und Medizin – scheiße, ich hab keine Ahnung, warum ausgerechnet ich Ärztin werden soll.“ Das Kichern, das aus mir herausbricht, klingt zynisch. Mir ist eher zum Heulen zumute. „Deshalb fliege ich nach Auckland, zu meinem ach so erfolgreichen Zwillingsbruder. Nicht, weil ich irgendeinen Plan hätte, sondern weil es die letzte Möglichkeit war.“
Seine Finger zucken. Die Anspannung in seiner Hand schwindet, auch seine Augenbrauen heben sich langsam.
„Es wäre also Ironie des Schicksals, wenn ich ausgerechnet jetzt abstürze. Doch das Schicksal hat schon immer auf mich geschissen.“
Langsam öffnet er die Augen. Panik hängt in seinem Blick, seine Pupillen sind große schwarze Murmeln.
Ich lächle ihn an. Vorsichtig. Abwartend.
Sein Brustkorb hebt sich. Viel zu schnell. Er ringt immer noch mit der Panik. Zitternd hebt er den rechten Arm. Seine Fingerkuppen streichen über meine Wange, graben sich bis in meine zu einem Dutt gebundenen Haare. Dabei schaut er mich an, so intensiv, dass ich vergesse, was ich sagen wollte. Mein Mund wird trocken, ich muss schlucken.
Das – äh – war sicher nicht der Plan.
Mit einem Ruck zieht er mich zu sich. Ich stoße überrascht die Luft aus, während mein Herz stolpert. Seine Iriden werden dunkler, die Panik schwindet und macht etwas anderem Platz. Etwas, das man nicht fühlen sollte, wenn man nicht mal ein Wort miteinander gewechselt hat.
„Ich …“
Er verschluckt meine Worte, indem er seine Lippen auf meine presst. Hart und fordernd und unglaublich heiß. Überrascht keuche ich auf. Holy Shit, was soll das denn?
Ich öffne die Lippen, will protestieren, doch er schiebt seine Zunge in meinen Mund. Ich schmecke Kaffee und Pfefferminz und den Nachhall seiner Panik. Seine Hand krallt sich in meinen Haaren fest, während ich nach seinem Oberkörper taste und ihn von mir schieben will. Doch der Wunsch verpufft, als seine Zunge auf meine trifft. Heiße Lava schießt durch meinen Bauch, die ihr Ziel zwischen meinen Beinen findet.
Ich keuche erneut. Aber diesmal nicht, weil ich überrascht bin, sondern weil ich noch nie so geküsst wurde. Der Fremde küsst mich, als würde er gleich in den Krieg ziehen. Als würde einzig dieser Kuss ihn davon abhalten, endgültig den Verstand zu verlieren.
Seine Zunge kämpft mit meiner, während sich seine Lippen warm und weich an meine pressen. Sein Herzschlag rast unter meinen Fingerspitzen, aus seinen Muskeln weicht die Anspannung. Begierde brodelt in meinem Bauch.
Ich kratze mit den Zähnen über seine Unterlippe und sauge sanft daran. Er knurrt dunkel, dann lacht er leise.
„Danke“, sagt er gegen meine Lippen und lehnt sich ein wenig zurück. „So angenehm wurde ich noch nie von meiner Flugangst abgelenkt.“ Ein spöttisches Funkeln tritt in seine Augen. Er hat einen starken Akzent, verschluckt die Hälfte der Silben, was sein Englisch sehr viel weicher macht als mein Britisches.
Am Rande bekomme ich mit, wie ein leises Ping erklingt und die Anschnallzeichen über uns erlöschen. Sein Blick gleitet an mir vorbei nach oben und als er mich wieder ansieht, ist die Panik aus seinen Augen verschwunden.
Überrumpelt lehne ich mich zurück. Meine Hand krallt sich weiterhin um seine, aber weder er noch ich machen Anstalten, unsere Finger zu lösen.
„Kein Ding“, murmle ich und verfluche mich selbst, dass meine Stimme so kratzig klingt. Aber meine Lippen kribbeln und ich schmecke Pfefferminz und Leidenschaft – und den Fremden.
2. Ryker
Kalter Schweiß rinnt mir den Rücken hinab. Ein harter Beat hämmert auf mein Trommelfell, um auch den letzten Gedanken in meinem Kopf zu vernichten. Dennoch sehe ich Bilder von zerfetzten Körpern, höre die angstverzerrten Schreie der Passagiere.
Übelkeit explodiert in meinem Magen, als die Maschine abhebt und der veränderte Luftdruck meinen Körper nach unten zieht. Panisch kralle ich die Finger fester um die Armlehne.
Atme, Ryker, atme. Langsam.
Irgendwo in meinem Hinterkopf ertönt das hämische Lachen meines Dads. Worte, die er zwar nie gesagt hat, ich dennoch höre.
Du bist schwach, Ryker. Es ist nur ein Flugzeug. Stell dich nicht so an.
Fuck, nur für ihn bin ich überhaupt nach England geflogen. Nur für ihn kotze ich gleich in dieses Flugzeug.
Nur für ihn werde ich sterben. Ganz sicher.
Warme Finger berühren meine linke Hand. Schieben sich zwischen meine und krallen sich an mir fest. Ein Haltepunkt, Sicherheit, in der brodelnden Angst, die mich beherrscht. Gleich darauf werden meine Kopfhörer weggezogen.
Eine Frauenstimme sagt etwas. Zusammenhanglose Wortfetzen stoßen durch die Panik in meinem Kopf. Ich schiebe sie von mir, will sie nicht hören. Versuche, bei mir zu bleiben, mich auf meine Atmung zu konzentrieren.
Die Stimme verändert sich, verliert ihren belehrenden Tonfall. Ich höre Trauer, Verzweiflung. Und den Wunsch nach Wahrheit, den ich so gut nachvollziehen kann.
Ich blinzle, bewege meine Finger, die die warme schmale Hand fest umschlossen halten.
„Es wäre also Ironie des Schicksals, wenn ich jetzt abstürze. Doch das Schicksal hat schon immer auf mich geschissen.“
Unwillkürlich muss ich lächeln. Mein Herzschlag wird langsamer, auch die rasenden Gedanken in meinem Kopf kommen zur Ruhe. Zögernd öffne ich die Lider und sehe in das Gesicht der jungen Frau. Sie hat Sommersprossen auf ihrer Nase, rote volle Lippen und meerblaue Augen. So klar und tief wie das Wasser in den Northlands.
Sie lächelt mich unsicher an und beißt sich auf die Unterlippe. Ich habe das Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben, obwohl das unmöglich sein kann. An das Gesicht hätte ich mich erinnert.
Eine blonde Strähne rutscht aus ihrem Zopf und fällt die Wange herunter. Das Rauschen in meinen Ohren verschwindet, ebenso der Druck auf meiner Brust.
Ich sehe sie an, versinke in dem Blau ihrer Augen und fühle, wie ich zur Ruhe komme. Wie sich die Angst verflüchtigt, wegen ihr. Ohne dass ich es verhindern kann, hebe ich die Hand und streiche ihr die Strähne hinters Ohr. Warm und weich und so unsäglich verlockend streifen ihre Haare über meine Haut, dass sich in meinem Kopf ein Schalter umlegt.
Da ist nichts mehr. Keine Angst, keine Panik. Kein Gedanke an die Beerdigung gestern oder das Spiel, das ich deswegen verpasst habe. Da ist nur der brennende Wunsch, meine Lippen auf ihre zu pressen. Ich will vergessen. Verdrängen.
Sie keucht überrascht auf, als ich sie küsse. Ihre Finger tasten über meinen Oberkörper, krallen sich in mein Shirt. Ich merke, wie ihr Widerstand bricht, wie sie mir entgegenkommt, wie sie den Kuss vertieft. Gemeinsam tanzen wir, während ich meine Zunge in ihrem Mund versenke. Sie stöhnt auf und dieser kleine Laut, lässt mich vergessen, was ich hier tue. Ein heißes Feuer erwacht in meinem Unterleib und ich spüre, wie ich hart werde.
Das Tasten ihrer Finger wird drängender und als sie sanft an meiner Unterlippe saugt, halte ich inne.
Fuck, Mann, was tust du hier?
Ich muss leise lachen, über die Situation, über mich. Über sie. Meine Angst ist verschwunden, stattdessen fühle ich heiße Lust in mir hochkochen. Es ist lange her, dass ich so schnell die Kontrolle verloren habe. Dass ich nicht darüber nachgedacht habe, was ich tue.
„Danke“, sage ich leise. „So angenehm wurde ich noch nie von meiner Flugangst abgelenkt.“
Aus weit aufgerissenen Lidern sieht sie mich an. Ihre Lippen glänzen kirschrot und ich sehe die Lust in ihren Augen flackern. Fuck, wenn wir nicht in diesem Flugzeug wären …
Ein leises Ping ertönt, die Anschnallzeichen erlöschen. Ich muss grinsen, über ihre Unsicherheit, über mich selbst. Die Panik hängt noch in meinem Körper, sie lauert darauf, dass ich ihr nachgebe. Doch gerade hat sie keine Chance. Dafür lenkt mich diese blonde junge Frau zu sehr ab.
„Kein Ding“, krächzt sie und hat sichtlich Mühe, die Worte hervorzubringen. Mein Grinsen wird breiter. Ich habe Eindruck hinterlassen.
Sie zieht ihre Hand zwischen meinen Fingern fort. Sofort kriecht Kälte über meine verschwitzte Haut, ich mache eine Faust, um das Gefühl abzuschütteln. Dennoch fehlt etwas.
Die Frau lehnt sich zurück und zieht einen grauen Wollschal fester um ihre Schultern. „Warum sitzt du in einem Flieger, wenn du Flugangst hast?“
Das Grinsen verschwindet aus meinem Gesicht. Ich greife nach meinen Kopfhörern, die nach wie vor auf ihrem Schoß liegen, und stecke sie zurück in den Rucksack. Kaufe mir ein paar Augenblicke, um zu entscheiden, was ich ihr antworte. „Ich musste zu einer Beerdigung nach London.“
Bestürzt sieht sie mich an. „Oh, das tut mir leid.“
„Das muss es nicht. Es war ein Pflichtbesuch, niemand der mir wirklich nahestand.“
Ihr Blick ruht auf mir. Sie durchschaut die Lüge und ich beiße mir auf die Lippe. Grabe meine Zähne so tief hinein, bis ich Blut schmecke. „Ich mochte meinen Vater nicht besonders“, sage ich schließlich. „Ich habe ihn das letzte Mal vor vier Jahren gesehen. Für mich war er ein Fremder.“
„Warum bist du dann hingeflogen?“
„Ich … Meine Mum hat darauf bestanden.“ Ich schlucke. Verdränge die Wahrheit, obwohl ich weiß, dass sie mich einholen wird. Alles im Leben holt einen irgendwann ein.
Sie nickt. Weiter hinten im Gang erscheinen die Stewardessen mit dem Getränkewagen. Ich lehne den Kopf gegen den Sitz und starre nach oben. Der Flug dauert ewig und ich habe keine Ahnung, wie ich die nächsten achtundzwanzig Stunden überstehen soll. Auf dem Hinflug habe ich mich mit Schlaftabletten vollgepumpt, aber da wir Ende der Woche ein weiteres Spiel haben, ist dies keine Option.
„Du fliegst ebenfalls nach Auckland, oder?“, frage ich und sehe meine Sitznachbarin aus dem Augenwinkel an. Sie hat ihren Zopf gelöst, die blonden Haare fallen ihr in weichen Wellen über die Schultern.
Sie holt Luft, mit ihren Fingern spielt sie an ein paar losen Fransen ihres Schals herum. „Ja, ich mache ein Auslandssemester.“
Ich erinnere mich. Sie hat mir von sich erzählt, davon, dass sie nichts in ihrem Leben auf die Reihe bekommt. Dass Auckland ihre letzte Chance ist. Die letzte Chance wofür? „Was studierst du denn?“
Sie schnaubt und verzieht das Gesicht. Okay, falsches Thema. „Medizin. Aber ich bin mir nicht sicher, ob’s das wirklich ist.“
„Hm. Dann ist Auckland der Ort, an dem du das herausfindest. Bei uns laufen die Dinge etwas anders, das wirst du recht schnell merken.“
„Wie meinst du das?“ Sie fährt mit ihrer Zungenspitze über ihre Oberlippe. Mein Blick bleibt daran hängen und sofort kehrt das heiße Kribbeln in meinen Bauch zurück. Die Kleine ist heiß. Auf eine unschuldige, naive Art und Weise, die mich ungemein reizt.
„Es hat Vorteile, nicht direkt im Weltgeschehen zu sein, im Fokus. Bei uns läuft alles etwas entspannter, die Menschen haben mehr Ruhe.“ Sie sagt nichts, spielt nur weiter mit den Fransen ihres Schals. „Vor allem bist du sehr weit weg von zu Hause. Da wird dir niemand mehr sagen, was du tun sollst. Du kannst es selbst entscheiden.“
„Du sprichst aus Erfahrung, oder?“
Ich blecke die Zähne. So naiv und unschuldig, wie sie tut, ist sie offensichtlich nicht. „Vielleicht.“
„Studierst du ebenfalls an der Emerald?“
„Ja. Ich mache meinen Master in Bereich Disaster Management.“
Ihre Augenbrauen schnellen nach oben. Offenbar hat sie mir das nicht zugetraut. Da wäre sie nicht die Erste.
Die Flugbegleiter mit dem Getränkewagen erreichen unsere Reihe und fragen, ob wir etwas trinken möchten. Ich nehme ein Wasser und einen Wodka, die Kleine eine Sprite. Kurze Zeit später wird uns das Essen serviert. Als ich die pappigen Nudeln auf meinem Tablett erblicke, die entfernt an Penne mit Tomatensoße erinnern, verfluche ich meinen Geiz, nicht die Businessclass gebucht zu haben.
„Willst du das nicht mehr?“ Meine Sitznachbarin deutet mit der Gabel auf mein unangetastetes Menü.
„Nein. Tu dir keinen Zwang an.“ Ich hebe das Tablett hoch, damit sie ihres auf meinen Tisch schieben kann. Zufrieden macht sie sich über meine Mahlzeit her, selbst der streng nach Essig riechende Karottensalat wandert in ihren Mund.
„Sorry, ich habe den ganzen Tag nichts gegessen“, sagt sie kauend und wirft mir ein entschuldigendes Lächeln zu. „Ich hatte echt Hunger.“
Ich muss lachen. Tief und befreiend. In meiner Brust löst sich der letzte Druck auf und plötzlich verändert sich etwas zwischen uns. Sie ist nicht länger die Unbekannte, die mich vor einer Panikattacke bewahrt hat. Nein, ich spüre da einen Funken in meinem Bauch, ein Kribbeln. Ich will mehr über sie erfahren, viel mehr.
„Wie heißt du?“, frage ich und drehe mich ihr halb zu.
Sie hält im Kauen inne, die Gabel mit einem Stück Kuchen in der Hand. „Brook“, sagt sie mit vollem Mund, schluckt und lächelt entschuldigend. Der Funken in meinem Bauch explodiert. O ja, sie ist zauberhaft. Und vielleicht genau das, was ich nach so einer beschissenen Woche brauche.
„Nun, Brook aus London. Du studierst Medizin, obwohl das nicht dein Traum ist, und bist auf dem Weg nach Auckland, um Zerstreuung zu finden. Und du isst offensichtlich gern. Was gibt es noch über dich zu wissen?“
Sie neigt den Kopf und hebt fragend eine Augenbraue. „Sind wir für dieses Frage-Antwort-Spiel nicht zu alt?“
Mein Grinsen wird breiter. „Vermutlich. Aber es lenkt mich davon ab, dass ich in dieser Maschine festsitze.“
Sie zieht erneut die Unterlippe zwischen ihre Zähne, greift nach der Serviette und tupft sich den Mund ab. „Okay, das lasse ich gelten. Also, was willst du wissen?“
„Etwas, das sonst niemand weiß?“
Sie lacht und verdreht die Augen. Die Serviette wandert zurück auf das Tablett. „Ich hasse Sport.“
Meine Augenbrauen schießen nach oben. „Ernsthaft?“
„Ich habe nicht gesagt, dass ich keinen mache. Aber ich bleibe lieber auf der Couch und lese ein Buch, anstatt mich zu bewegen.“
Ein Schmunzeln huscht über mein Gesicht. Ich liebe es zu rennen. Meine Muskeln zu spüren, das Brennen, wenn ich bis an meine Grenzen gehe. „Den Eindruck machst du überhaupt nicht.“
„So? Was für einen Eindruck mache ich denn auf dich?“ Sie beugt sich näher zu mir. Ich rieche den Duft nach Kaffee und Tomatensoße und ein süßes Parfüm, das sie aufgelegt hat. Unweigerlich rutscht mein Blick auf ihren Mund.
„Du wirkst wie jemand, der viele Freunde hat. Der nicht gern allein ist, weil die Gedanken in deinem Kopf dann zu laut werden. Der das Leben genießen will und nicht darauf wartet, was morgen passiert. Und du bist empathisch, immerhin hast du mir mit der Panikattacke geholfen.“
Ihr Mund öffnet sich, doch sie schließt ihn wieder, ohne etwas zu sagen. Mit einem Ruck fährt sie zurück. Instinktiv greife ich nach ihrer Hand und fahre mit dem Daumen über die Handfläche.
Ihre Hand zuckt, aber sie zieht sie nicht zurück. Stattdessen lehnt sie sich mir ein Stück entgegen. Ihre Augen mustern mich so intensiv, dass ich ihren Blick auf meiner Haut spüren kann.
„Du hast ein Vertrauensproblem“, sagt sie bestimmt. „Und du bist jemand, der Regeln braucht. Du hasst es, wenn etwas nicht nach Plan läuft oder einer deiner Pläne nicht funktioniert. Und du bist genauso wenig sicher, was du vom Leben willst wie ich.“
Ihr Blick verbrennt mich. Mein Herz krampft zusammen, weil ich weiß, dass sie recht hat. Mit jedem Wort. Mit der freien Hand fahre ich ihr über die Wange. Sie neigt sich der Berührung entgegen, nur ein wenig, aber genug, dass ich es spüre.
„Vielleicht bin ich auch jemand, der gerne Regeln bricht. Und eventuell tue ich gerade genau das.“
Sie rümpft die Nase, kleine Falten bilden sich zwischen ihren Augen. „Du meinst, dass du nicht mit Fremden im Flugzeug flirten solltest?“
Ich zucke mit den Schultern. „Das auch.“
Die Stewardessen unterbrechen unser Gespräch, um die Tabletts abzuräumen. Brooks Lächeln verfolgt mich, lässt mich nicht mehr los und ich merke, wie ich vergesse, dass wir im Flugzeug sitzen. Die Panik rückt immer weiter in den Hintergrund, bis sie nicht nur ein dunkler Schatten ist.
Kurze Zeit später kündigt eine Flugbegleiterin die Nachtruhe an, das Licht wird gedimmt. Doch weder Brook noch ich schalten die Lampen über unseren Sitzen an. Stattdessen spiele ich mit ihren Fingern, lasse meine Hand ihren Arm hinaufgleiten und stelle zufrieden fest, dass sie eine Gänsehaut bekommt.
Fluchend beiße ich die Zähne zusammen. Wir sitzen in einem Flugzeug, verdammt. Mit der freien Hand streiche ich über meine Hose, ignoriere den Druck, der sich zwischen meinen Beinen aufgebaut hat.
Ich sollte das lassen. Dringend. Denk an das Spiel, Mann. Denk an deine Verpflichtungen, daran, was Scott und die Jungs von dir erwarten. Das hier ist aus vielen Gründen eine Scheißidee.
Doch als ich den Kopf wende und Brook ansehe, fällt mir keiner mehr ein. Da ist nur noch das drängende Verlangen, dass ich sie haben will. Und zwar jetzt.
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