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Marcel Hirscher

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„Für Wintersportfans allemal lesenswertes Buch“ - Altmühl-Bote

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Marcel Hirscher — Inhalt

Von der Skipiste auf den Bestseller-Thron

Marcel Hirscher prägte über ein Jahrzehnt lang die Skiwelt. Die Unbesiegbarkeit des Salzburgers sorgte weit über Österreichs Grenzen hinaus für Begeisterung und Schlagzeilen: acht Gesamtweltcupsiege in Serie, 67 Siege im Weltcup, siebenmal WM-Gold und zweimal Olympia-Gold zeugen von einer beispiellosen Karriere. In Hirschers offizieller Biografie blickt der Sportjournalist Alex Hofstetter hinter die Fassade eines Weltstars. Welche Rennen, Erlebnisse und Menschen haben ihn am meisten geprägt? Und warum hängt einer der erfolgreichsten Skirennfahrer der Geschichte auf dem Zenit seines Könnens schon mit 30 Jahren seine Skischuhe an den Nagel?

€ 16,00 [D], € 16,50 [A]
Erschienen am 02.11.2020
272 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-40645-1
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Leseprobe zu „Marcel Hirscher“

Das Rennen aller Rennen
Wie, und vor allem wann und wo, sollte eine Geschichte über Marcel Hirscher beginnen? Auf der Stuhlalm, wo Marcel seine wild-romantische Jugend verbrachte? Das wäre wohl der logische Weg. Die 08/15-Variante. Aber diese Geschichte handelt von einem Sportler, der nie die 08/15-Variante gewählt hat. Der die Grenzen verschoben hat, mit seinem über die Jahre aufgebauten Team neue, völlig verrückt wirkende Wege gegangen ist, sich immer am Limit bewegt hat. Und damit landet man unweigerlich am 17. Februar 2013. In Schladming. Also quasi [...]

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Das Rennen aller Rennen
Wie, und vor allem wann und wo, sollte eine Geschichte über Marcel Hirscher beginnen? Auf der Stuhlalm, wo Marcel seine wild-romantische Jugend verbrachte? Das wäre wohl der logische Weg. Die 08/15-Variante. Aber diese Geschichte handelt von einem Sportler, der nie die 08/15-Variante gewählt hat. Der die Grenzen verschoben hat, mit seinem über die Jahre aufgebauten Team neue, völlig verrückt wirkende Wege gegangen ist, sich immer am Limit bewegt hat. Und damit landet man unweigerlich am 17. Februar 2013. In Schladming. Also quasi mitten im Auge des Orkans. Nie davor und auch nie wieder danach erlebt und zeigt Marcel Emotionen wie an diesem Tag, an dem er im brodelnden Hexenkessel Planai Slalom-WM-Gold holt. Dem Tag, als er für sich selbst endgültig die Gewissheit findet, die völlig verrückten Hoffnungen und Erwartungen eines ganzen Landes stemmen zu können – eine Erfahrung, die in Zukunft eine seiner stärksten Waffen werden soll. Marcels Devise lautet ab diesem Tag: „Egal, was jetzt noch kommt, es kann nicht wilder als damals in Schladming sein.“
Die Tage davor sind fast eine Qual. Marcel erinnert sich: „Schlaflose Nächte, Nackenschmerzen, Migräne, absoluter Wahnsinn, absoluter Ausnahmezustand.“ Die Tatsache, dass Österreich in Schladming vor dem letzten Wettbewerb zwar mit Teamgold (das Marcel gemeinsam mit Michaela Kirchgasser, Nicole Hosp, Carmen Thalmann, Philipp Schörghofer, Marcel Mathis holt), doch noch ohne Einzelgold dasteht, trägt zur Verschärfung der Lage natürlich bei. Die Nacht vor dem Slalom verbringt Marcel nicht im ÖSV-Teamquartier Pichlmayrgut, sondern daheim mit Freundin Laura und Cockerspaniel Timon. „Die Tür daheim zuzumachen, war der einzige Weg, um diese WM wenigstens für ein paar Stunden auszublenden. Es war wirklich verrückt. Ich konnte in diesen Tagen nicht mal eine Wurstsemmel holen, ohne dass ich permanent daran erinnert wurde, dass ich Gold holen muss.“
Um 14.23 Uhr steht Marcel dann im Starthaus. Mutterseelen­allein – wie so oft in seiner Karriere. Wie es eben ist, wenn man nach dem ersten Durchgang führt und der Rest der Ski-Welt schon unten im Ziel ist. „Ich fühlte mich, als würde ich mit dem Rücken zur Wand stehen. Eine Horde wilder Hunde war hinter mir her. Und es gab nur einen Weg: Ich muss da runter!“ Der „Letzte“ muss es also für Österreich richten. ER muss es richten. 1,939 Millionen Österreicher sehen via ORF zu, knapp 50 000 vor Ort. Kurz vor dem Start wird Marcel aus dem Tunnel der Konzentration gerissen. Der quälende Gedanke meldet sich: „Was passiert, wenn ich einfädle? – Sie werden mich töten.“ Doch es gibt sowieso kein Zurück mehr. 55,47 Sekunden später die Erlösung: Zieldurchfahrt, Gold für Österreich, Gold für Hirscher vor seinem Kumpel, dem Lieblings-Piefke Felix Neureuther, und Mario Matt. Wie ein Fußballer nach dem entscheidenden Tor in Minute 94 des WM-Finales läuft Marcel durch den Zielraum, kniet, rutscht auf dem Bauch durch den Schnee. „Der emotionalste, prägendste Sieg meiner Karriere.“
Danach brechen alle Dämme. Die Begeisterung rund um den Skihelden sprengt alle Grenzen. Und sprengt den Rahmen. „Ich musste die offiziellen ÖSV-Pickerl von meinem Audi runternehmen“, erzählt Marcel. Er wurde, wenn er mit dem Dienstwagen unterwegs war, unzählige Male erkannt. Menschen ließen sich dadurch zu waghalsigen Manövern auf den Straßen hinreißen, um Marcel vielleicht zum Stehenbleiben, Autogrammschreiben oder Selfiemachen zu bewegen. „Es war nicht nur für mich, sondern vor allem für die anderen auf der Straße richtig gefährlich. Die Hysterie kam so plötzlich und überraschend, ich wurde von ihr förmlich überrannt!“
Felix Neureuther
Nicht nur Marcel bekommt noch heute Gänsehaut, wenn er an den 17. Februar 2013 in Schladming denkt. „Niemand hätte ein schöneres Drehbuch für diesen Tag schreiben können. Marcel gewinnt vor 50 000 Österreichern, noch dazu vor dem Piefke, und rettet damit die WM! Das war Skifahren pur“, sagt Felix Neureuther, der hinter Marcel Silber holt und üblicherweise nicht zu Übertreibungen neigt. Aber für ihn steht fest: „So eine Stimmung wie in diesem Moment, als Marcel in Schladming, bei ihm daheim, durchs Ziel fuhr und Weltmeister wurde, wird der Skisport niemals wieder erleben.“ Momente für die Ewigkeit. Und Felix gesteht: „Ich hab geführt, ich hätte WM-Gold gewonnen. Aber ich stand im Ziel, schloss die Augen, saugte die Atmosphäre förmlich auf und sagte mir: Hoffentlich gewinnt Marcel, ich will erleben, was da los ist, wenn Marcel hier Gold holt.“ Schladming war der Höhepunkt der sportlichen „Rivalität“ der beiden Freunde. Ein Spannungsbogen, der sich in den Jahren davor aufgebaut hatte. „Marcel hat uns alle, also auch mich, inspiriert, noch mehr Gas zu geben, noch besser zu werden. Er hat alle mitgezogen und den Sport so auf ein neues Level befördert.“
Schladming 2013 ist für Felix auch ein Spiegelbild von Marcels gesamter Karriere: unter höchstem Druck auf allerhöchstem Niveau abliefern. Da war Marcel einfach unerreichbar, auf einer anderen Ebene als seine Konkurrenten. „Marcel ist nie, und zwar wirklich nie, unter Druck eingeknickt. Je schwieriger es wurde, desto mehr konnte sich Ski-Österreich auf ihn verlassen“, sagt Felix. „Und an dieser Stärke sind seine Gegner im Laufe der Jahre reihenweise verzweifelt.“
Die erste Begegnung mit dem Hirscher-Clan war für Felix gleich eine ganz bezeichnende. „Ich war 2005 bei den Österreichischen Meisterschaften. Besichtigung. Ich war früh dran. Vor mir war nur ein älterer Herr mit Schnurrbart auf dem Kurs, der die Ski für seinen Sohn testete. Ich dachte mir: Was macht der denn da!?“ Eineinhalb Jahre später sah Felix beim Weltcup-Slalom in Bad Kleinkirchheim den älteren Herrn wieder. „Den kenn ich doch.“ Es war Ferdinand Hirscher, Marcels Vater. „Unfassbar, welchen Aufwand die Hirschers schon damals betrieben. Da testet der Papa bei den österreichischen Meisterschaften in aller Früh den Schnee, um den richtigen Ski für den Sohn herauszufiltern. Unglaublich, wie sehr sich der Ferdl immer ins Zeug gehaut hat!“ Auch Felix‘ Vater Christian, der ja selbst ein Ski-Star war und sechs Weltcup-Rennen gewann, gab seinem Junior immer Tipps und Inputs. „Aber was Marcel und Ferdl praktizierten, hat eine ganze Sportart geprägt. Diese Akribie war und ist einmalig. Und extrem clever. Aber das funktioniert natürlich auch nur dann, wenn die Beziehung Papa-Sohn auf wirklich stabilen Beinen steht.“ Schon 2007 in Bad Kleinkirchheim ist Felix vom aufstrebenden Marcel schwer beeindruckt. „Marcel war damals körperlich nicht einmal die Hälfte im Vergleich zu seinen Glanzzeiten. Aber dieses Bürschchen ist mit einer Intensität Ski gefahren, dass ich mir dachte: Halleluja, da kommt einer daher!“ Angesichts dieser Fahrweise dachte sich Felix aber auch: „Ganz ehrlich, das kann auf Dauer nicht gut gehen. Der Bursche wird sich bald mal gröber verletzen, fürchte ich!“ Und wirklich: Wer Marcel über die Jahre Ski fahren sah, mag kaum glauben, dass ein Kahnbeinbruch (2011) und ein Knöchelbruch (2017) seine einzigen schwereren Verletzungen waren. Der Bandapparat und vor allem Marcels Knie blieben völlig verschont! „Keine schwere Verletzung, so gut wie keine Ausfälle. Achtmal hintereinander Gesamt-Weltcup-Sieger. Das ist abartig. Abartig! Das sind Leistungen und Rekorde für die Ewigkeit.“ Auf der Piste war Marcel also der brutale Killer mit den Nerven aus Stahl. Und abseits davon? „Ein herzensguter Mensch, wohlerzogen, lustig, freundlich. Und das wirklich Schöne an unseren Gesprächen ist: Das Skifahren ist meistens nur Nebensache, es gibt wichtigere Dinge im Leben.“

„Nur“ Silber
„Der Zweite ist der erste Verlierer.“ Kein österreichischer Sportler seit Hermann Maier lebte diese knallharte, aber eben nur den ganz, ganz Großen vorbehaltene Gewissheit wie Marcel. Besonders brutal bekommt er sie bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi zu spüren. Es sind Marcels zweite Spiele. Beim Debüt 2010 in Kanada waren es für den damals 20-jährigen Senkrechtstarter die undankbaren Plätze vier und fünf geworden. In Sotschi geht Marcel nun erstmals mit der „Gold-Pflicht“ im Gepäck an den Start. WM-Gold und Gesamt-Weltcup sind auf der To-do-Liste längst erfolgreich abgehakt. Die Fragen nach der „nur“ noch fehlenden Olympia-Goldenen sind bohrend, hartnäckig. Schon bei den Vorbereitungen auf dem Muldenlift der Reiteralm wissen Marcel und sein Team: In Russland spielt das Wetter verrückt, teilweise zweistellige Plusgrade, Frühlingsschnee pur. Also alles andere als Hirscher-Bedingungen. Marcel liebt es eisig, je härter, desto besser. Marcel erinnert sich: „Wir wussten, dass das alles eigentlich schon im Vorhinein zum Scheitern verurteilt ist.“
Marcel versucht, den Druck nicht zu sehr an sich heranzulassen. „Volle Attacke, Marcel! Und wenn’s nicht klappt, kann ich mich auch nicht aus dem Fenster stürzen.“ Das tut er nach dem denkbar unglücklichen Start (Vierter im Riesenslalom) natürlich auch nicht, gesteht aber: „Ich fühl mich richtig miserabel.“ Als Marcel am Tag danach im Österreich-Haus auftaucht, sieht die Sache schon wieder etwas anders aus. Und an diesem 20. Februar 2014, einen Tag nach dem Riesenslalom und zwei Tage vor dem Slalom, lässt er auch richtig tief in sein Inneres blicken. Dieser Ski-Champion, dieser Nationalheld hatte nämlich allen Ernstes Angst gehabt, nach der wieder verpassten Olympia-Medaille von Fans und Medien „gesteinigt“ zu werden! „Ich hab schon von mir gesehen: Hirscher ist der Loser der Nation, ein Olympia-Tourist“, sprudelt es aus ihm heraus. „Das Gegenteil war der Fall. Das Feedback war super. Das zeigt, dass meine bisherigen Erfolge geschätzt werden. Dass ich auch als Mensch geschätzt werde.“ Befreit von dieser Versagensangst geht Marcel in den Slalom. Wieder sind es absolut keine Hirscher-Bedingungen. Marcel und sein Team graben die Skischuhe sogar in Eisbeutel ein, um das Ruder vielleicht doch noch herumzureißen. Gold schnappt sich aber Altmeister Mario Matt, ein wahrer Experte für Rennen im Frühlingsschnee. Mit Silber gibt’s für Hirscher die erste Olympia-Medaille. Und dass es überhaupt noch Silber werden konnte, verdankt Marcel Ante Kostelić. Der Papa von Ivica flaggt nämlich einen zweiten Durchgang aus, der eigentlich unfahrbar ist. Marcel meistert die Aufgabenstellung aber bravourös und katapultiert sich noch vom neunten (!) Platz zur Halbzeit auf Rang zwei.
Aber Marcels Enttäuschung über das verpasste Gold ist nicht zu übersehen, denn er weiß: Die Fragen nach dem fehlenden Olympia-Gold gehen jetzt in eine mindestens vierjährige Verlängerung … Dass Marcel trotz Silber nicht in Jubelstürme ausbricht, wird ihm mancherorts schlecht ausgelegt. „Ich hab viel Kritik geerntet, dabei war ich doch einfach nur ehrlich. Mario war an diesem Tag der verdiente Sieger und hat völlig zu Recht gewonnen. Aber dass ich das ganz große Ziel verpasst hab, dass ich ein Sportler bin, der Erster werden will, das darf man doch zeigen, oder nicht?“

Südkorea
Ein kleiner Tempel in Yongpyong, Südkorea. 23. Februar 2018, 06.33 Uhr morgens. Mit dreiminütiger Verspätung biegt ein schwarzes Auto um die Kurve, hält vor dem Tempel. Marcel und Freundin Laura klettern aus dem Wagen. „Gemmas an, wir müssen zum Flughafen, wollen endlich heim nach Österreich“, sagt Marcel. Kramt in seiner Jackentasche und holt zwei Stück Gold hervor. Es sind DIE zwei Stück Gold, mit denen er seine Karriere endgültig perfekt gemacht hat. Marcel posiert im Tempel mit den zwei Olympia-Goldmedaillen, packt trotz früher Morgenstund und Wahnsinnswochen für Fotograf Christof Birbaumer und die letzten Fotos auf südkoreanischem Boden sein schönstes Lächeln aus. Danach ab ins Auto, ab zum Flughafen Seoul und ab ins noch 8000 Kilometer entfernte Zuhause. Mission erfüllt.
Eine Mission, die knapp drei Wochen davor mit dem Abflug aus Salzburg Richtung Asien beginnt. „Eigentlich mag ich den Jetlag in die Asien-Richtung überhaupt nicht“, sagt Marcel. Außerdem macht er bei den Japan- und Südkorea-Rennen der letzten Jahre eher schlechte Erfahrungen. „Zum Urlaubmachen ist Asien super! Aber bei diesen Rennen in den Jahren davor gab es teilweise Bedingungen, die eines Profisportlers unwürdig sind. Schimmelige Zimmer, Bedingungen wie beim Ausflug einer Schülergruppe.“ Marcel befindet sich trotz des im August 2017 erlittenen Knöchelbruchs in der Form seines Lebens. Und das heißt bei Hirscher etwas. Auf dem Langstreckenflug trifft Marcel Heinz Fischer, trinkt mit Österreichs ehemaligem Bundespräsidenten in 10 000 Metern Höhe eine Tasse Kaffee. Geschlaucht, aber entspannt checken Marcel und die zu diesem Zeitpunkt schon schwangere Laura im Hotel „Park Roche“ ein. Ein Top-Hotel, das alle Stückeln spielt. Allerdings im absoluten südkoreanischen Niemandsland. Bei klirrenden minus 20 Grad startet Marcel die Vorbereitungen auf die Kombination, tastet sich auf der von Bernhard Russi geplanten und durch den Urwald geschlagenen Abfahrt Training für Training an die Besten heran. Beim internationalen Medientermin stehen die Journalisten aus aller Welt Schlange. Stellen alle die gleiche Frage: „Holst du dir diesmal dein Olympia-Gold?“ Marcel zuckt nur mit den Schultern, sagt: „Ich weiß, dass ich eigentlich nur verlieren kann, weil nur Gold für mich zählt.“ Nachsatz: „Und daheim in Österreich sind sowieso alle verrückt, erwarten die wildesten Dinge von mir.“ Während Marcel im Scheinwerferlicht Frage und Antwort steht, haben es andere im „Hotel Roche“ entspannter. Die Deutschen spielen sich am Nebentisch eine Partie Bauernschnapsen aus, eine Etage tiefer ermitteln die Norweger auf der Playstation ihren FIFA-Champion. Marcel wird auch gefragt, warum er nicht nur in seinen Paradedisziplinen Slalom und Riesenslalom antritt, warum er sich zu Beginn den Kombi-Stress antut? „Weil ich nicht eines Tages im Ledersessel sitzen will und mir denken muss: Wär ich doch nur diese Kombi gefahren…“ Eine goldene Vorahnung sozusagen.
Am Tag der Kombi sitzt Marcel in der Gondel hinauf zum Start der Abfahrt. Der Wind wird stärker. Die Gondel hält immer wieder an. Leichte Panik macht sich breit, Marcel wird doch nicht seine Startzeit verpassen? Es geht sich alles aus. Marcel legt eine solide Abfahrt hin –Platz zwölf. Im Slalom kommt es zum erwarteten Showdown zwischen ihm und Alexis Pinturault. Marcel zieht den „schwarzen Peter“, fährt bei eigentlich irregulären Bedingungen. Im Mittelteil des Slaloms weht bei der Fahrt von Marcel genau in Knöchelhöhe der Schnee. Marcel erinnert sich: „Ich hab versucht, am Start ein bisschen zu verzögern, weil ich genau gesehen hab, dass der Wind über den Steilhang hinaufzieht. Aber es hat eh nix geholfen, ich musste raus aus dem Starthaus. Das war dann das Rennen, in dem ich am meisten in meiner Karriere geflucht habe. Eigentlich hab ich durchgehend von oben bis unten geflucht.“ Die Worte sind nicht druckreif, aber sinngemäß ist Marcel einfach fassungslos, dass man ihn bei derartigen Bedingungen auf die Strecke schickt. Es geht ja immerhin um Olympia-Gold … Marcel bleibt aber am Gas, packt seine gesamte Klasse und Routine aus, „errät“ jeden Schwung, trotzdem droht jede Sekunde der Einfädler. Marcel kommt mit Bestzeit ins Ziel, nur noch Pinturault kann ihm Gold entreißen. Der Franzose hat deutlich mehr Glück mit dem Wind, bleibt aber 0,23 Sekunden zurück. Es ist vollbracht. Hirscher ist Olympiasieger. Spricht von einer tonnenschweren Last, die ihm von den Schultern fällt. Trotzdem: irgendwie wirkt alles so eigenartig. Gar nicht so „besonders“. Was damit zusammenhängt, dass kaum Zuschauer den Weg ins Skistadion gefunden haben. Skifahren hat bei den Südkoreanern eben einen ähnlichen Stellenwert wie bei uns in Österreich Koreas Nationalsportart Shorttrack. Bei der ersten Siegerehrung einige Minuten nach dem Rennende sind es neben den Journalisten vielleicht noch hundert Fans, die beim „Land der Berge“ die Hauben vor Hirscher und Österreich ziehen. Danach spricht Marcel erstmals als Olympiasieger zu den Medien. Meint sinngemäß: „So, jetzt habt’s eure Goldene, jetzt könnt’s aufhören mit den Fragen.“ Und sagt: „Schaut’s euch das an, da haben wir sogar in Beaver Creek mehr Zuschauer! Irgendwie hab ich mir das in meinen Kindheitsträumen anders vorgestellt.“ Mit dieser Gewissheit, das Ziel Olympia-Gold erfolgreich abgehakt zu haben, riskiert Marcel auch im Riesenslalom, in dem er im Gegensatz zur Kombi haushoher Favorit ist, sein letztes Hemd. Führt nach Durchgang eins, demoliert auch im Finale die Konkurrenz und holt 1,27 Sekunden vor Henrik Kristoffersen Gold. Zum ersten und einzigen Mal sagt Marcel danach klipp und klar: „Ja, das ist derzeit der beste Hirscher aller Zeiten.“ Im abschließenden Slalom scheidet Marcel trotzdem aus. Na ja, mit zweimal Gold in der Jackentasche recht problemlos zu verkraften. „Nein, ich bin kein bisschen enttäuscht. Seid ihr denn jetzt alle völlig verrückt geworden? Die Mission Olympia war ein voller Erfolg und ist jetzt erledigt.“ Ein für alle Mal. Aber irgendwie kann Marcel der Olympische „Geist“ auch bei seinen dritten und letzten Winterspielen nicht so recht begeistern: „Klar bin ich froh, dass ich auch meine Olympia-Goldene hab. Und im Leben ist es halt fast immer so: in Erinnerung bleiben die schönen Dinge. Aber dieses Tohuwabohu, diese Reglementierungen. Irgendwie fühlt man sich als Sportler am Ende des Tages nur noch als Produkt. Wirklich warm bin ich mit Olympia nie geworden… Durch all diese Erlebnisse wurde Olympia für mich doch ziemlich entzaubert.“


Ein Fass Zaubertrank
„Manchmal war ich mir selbst ein Rätsel“
Materialakribie bis zum Exzess – ja, okay. Körperliches Training bis zum Erbrechen – ja, das machen vielleicht „viele“ andere auch. Was Experten, Trainer, Fans und Konkurrenten aber am meisten an Marcel bewundern, ist seine mentale Stärke. Sie ist für viele der wahre Grund, warum Marcel auf der Ergebnisliste fast immer über allen anderen stand. Aber woher kommt diese mentale Stärke? „Sie ist ein Geschenk, das man sich nicht kaufen und auch nicht antrainieren kann. Man hat sie oder man hat sie eben nicht.“ Es ist sozusagen das goldene Geschenk, das Marcel vom lieben Gott mitbekommen hat. „Wir wissen ja: Es gibt Trainings-Weltmeister und es gibt Weltmeister. Es geht gar nicht darum, dass der eine oder andere besser Ski fährt. Da gibt es oft keinen großen Unterschied. Es geht darum, es im Rennen zu zeigen. Und ich hab das Glück, ein echtes Rennpferd zu sein. Das war ich schon als Kind.“ Es ist quasi Marcels Erfolgsmedizin, sein Zaubertrank. Und wie Obelix dürfte auch der kleine Marcel in diesen Zaubertrank hineingefallen sein und dabei genug für ein ganzes Leben davon getankt haben. „Da war ein Fass, das ich aufmachen konnte, wenn ich wollte und wenn ich es unbedingt brauchte.“ Ein Fass, in dem sich auch der Schalter für den „Rennmodus“ befand. „Wenn ich wollte, konnte ich diesen Schalter umlegen. Und der hat mir dann die paar zusätzlichen Prozente gebracht.“ Ein Fass, in dem sich auch eine gesunde Portion Zorn befand. „Alle sagen immer, dass die Freude das Wichtigste ist. Stimmt schon. Aber nicht in der einen Minute, in der es um alles geht. Da musste ich zornig sein. Da brauchte ich diesen Druck, den ich mir teilweise auch selbst bewusst gemacht habe.“ Das Fass kann Marcel aber nicht nur auf der Skipiste öffnen. Marcel erinnert sich auch an CrossFit-Einheiten. „In meiner Karriere waren beim Bankdrücken meist hundert Kilogramm das Maximum. Eines Tages haben da beim CrossFit ein paar Burschen 130 Kilo gedrückt. Mir war’s in dieser Situation wichtig, das auch zu schaffen. Die Stimmung hat gepasst, und ich hab auf einmal 130 Kilo
drücken können … Wenn ich’s wirklich wollte und gebraucht hab, war da etwas, auf das ich zurückgreifen konnte.“
Und was waren – neben dem Durchgehen des Kurses – meist die allerletzten Gedanken im Starthaus? – „Ich MUSS gewinnen. Ich MUSS alles auf die Ski bringen, was ich draufhabe.“ Schon wenige Wochen nach dem Rücktritt denkt sich Marcel beim Anschauen des einen oder anderen Husarenritts in seiner Karriere: „Mit welchem Einsatz und mit welcher Intensität ich Ski gefahren bin, ist wirklich unglaublich. Hätte ich keine Handschuhe angehabt, hätte ich mich mit den Fingernägeln am Berg festgekrallt, um ja nicht auszuscheiden und so schnell wie möglich im Ziel zu sein. Ganz ehrlich: Manchmal war ich mir selbst ein Rätsel, wie ich das alles geschafft habe … Und diese Intensität, mit der ich das Ganze betrieben habe, ist auch der Grund, warum ich jetzt nicht mehr dabei bin. Das war einfach nur eine begrenzte Zeitspanne durchführbar.“

Die Stuhlalm
Raus aus dem Auge des Orkans. Raus aus den verrücktesten Tagen in Marcels Karriere. Entschleunigung. Wir landen im Jahr 1984 im Salzburger Land, wo die damals 28-jährige Niederländerin Sylvia während ihres Winterurlaubs, den sie mit Schwester und Schwager in Annaberg verbringt, unfreiwillig zur Entschleunigung gezwungen wird. Eine Autopanne. Skilehrer Ferdinand eilt zu Hilfe und erledigt wie ein echter Gentleman das Anlegen der Schneeketten. Es ist, wenn man so will, die Geburtsstunde dieses Ski-Märchens. Nach zwei Jahren Fernbeziehung gibt Sylvia ihren Job in einem Krankenhaus in Den Haag auf und zieht nach Annaberg, wo sie als Kellnerin arbeitet und freundlich aufgenommen wird. Im März 1989 kommt das erste Kind zur Welt: Marcel. Zwei Monate später ziehen die Hirschers für den Sommer auf den Berg, genauer gesagt auf die Stuhlalm, die oberhalb von Annaberg auf 1500 Meter Seehöhe liegt. Ferdl erfüllt sich dort den Traum vom Leben als Hüttenwirt. 15 Saisons lang betreiben die Hirschers dann von Mitte Mai bis November die Hütte. „Eigentlich dachte ich mir, dass ich als Hüttenwirt in den Bergen mehr zum Klettern komme. Aber ich hab die Arbeit massiv unterschätzt. Das waren sechs Monate Arbeit, Tag und Nacht.“
Für den kleinen Marcel wird die Stuhlalm zu seiner zweiten Heimat. Auch heute kehrt er noch immer wieder dorthin zurück. „Das gehört jeden Sommer zu meinem Pflichtprogramm. Dann gibt’s Kaiserschmarrn. Und sofort kommen die Erinnerungen wieder, so schmeckt Kindheit.“
Wahrscheinlich würden heute viele gestresste Menschen eine Menge Geld bezahlen, um so wie Marcel, fernab des Trubels, für ein paar Tage oder Wochen auf einer solchen Hütte zu leben. Klingt doch irgendwie romantisch. „Ja, klingt vielleicht romantisch“, sagt Marcel. „Aber jede Romantik, jede Schönheit verblasst, wenn die Familie vor lauter Arbeit fast erschlagen wird. Das war schon auch eine harte Probe für uns alle.“ In den ersten paar Jahren haben die Hirschers nicht einmal warmes Wasser. Die Sommer sind sehr intensiv, die Gäste oft bis spät in der Nacht wach und feierwütig. Nicht selten kommt es vor, dass ein Gast ein Bier zu viel tankt, sich zu später Stunde in der Tür irrt und nicht in der Toilette, sondern im Zimmer der Kinder Marcel und Leon steht.
Dass die Kids angesichts der Fülle an Arbeit ein wenig zu kurz kommen, liegt auf der Hand. „Aber das ist in vielen, vielen anderen Gastronomiefamilien nicht anders“, weiß Marcel. Fußballspielen war natürlich möglich. „Aber wenn ich einmal zu fest geschossen hab, hat’s einen 15-minütigen Fußmarsch gebraucht, um den Ball wieder zu holen.“ Deshalb fährt Marcel oft mit dem Rad hinunter ins Dorf auf den Sportplatz oder ins Schwimmbad. Danach geht’s eine Stunde lang bergauf wieder zurück nach Hause! „Ich sehe die Phase auf der Stuhlalm als eine sehr lehrreiche Phase“, erzählt Marcel. „Ich schäme mich keinesfalls, wie ich aufgewachsen bin, ganz im Gegenteil. Aber man muss schon sagen, dass ich die Sommer in wahnsinnig ungewöhnlichen Verhältnissen verbracht habe.“ Sicher ist das einer der Hauptgründe, warum Marcel auch mit derart viel Ruhm im Gepäck immer geerdet und bodenständig geblieben ist. „Das müssen andere beurteilen, ob ich geerdet geblieben bin oder nicht. Ich denke aber schon. Ich weiß, was es bedeutet, für jeden Cent hart arbeiten zu müssen. Und ich weiß sehr gut zu schätzen, was ich erreichen durfte und was wir jetzt erleben dürfen.“ Gibt’s eines Tages eine Rückkehr auf die Stuhlalm als zweite Heimat? „Um kein Geld der Welt!“
Der Ferdl-Faktor
Niemand kennt den Skifahrer Marcel besser als sein Papa, Ferdinand Hirscher. „Unsere Füße empfinden gleich“, sagt der berühmteste Schnauzbart im österreichischen Sport. Damit ist eigentlich fast alles gesagt. Schon als Zweijähriger steht Marcel auf den Ski. Sein Gleichgewichtssinn und die Art, wie er schon als kleiner Knirps mit Schnuller im Mund bremst, sind für sein Alter „nicht normal“. Marcel steht im Winter nur dann nicht auf den Ski, wenn er in der Schule ist oder schläft. „Aber wir dachten keine Sekunde daran, dass er ein Profi-Rennfahrer werden könnte“, sagt Ferdl.
Nach einer kurzen Nachdenkpause gesteht der Papa aber: „Es war unwahrscheinlich, wie schnell der Bub skigefahren ist. Es war unglaublich. Marcel hat Rennen oft mit zehn Sekunden Vorsprung gewonnen.“ In diesem Zusammenhang fallen Ferdl vor allem die österreichischen Schüler-Meisterschaften in der Kombination in Turnau ein. Bei der Besichtigung macht Ferdl Marcel auf einen Hügel aufmerksam, warnt ihn vor zu viel Risiko an dieser Stelle. „Er ist trotzdem drüberradiert und in den Wald gefahren. Marcel fuhr vom Wald zurück auf die Piste und fuhr weiter ins Ziel. Bei der Siegerehrung haben sie ausgerufen: ‚Staatsmeister in der Kombination: Marcel Hirscher!‘ Was da für ein Wirbel war, alle dachten, dass das unmöglich sei, der Hirscher ist ja im Wald gestanden. Aber er war trotzdem der Schnellste.“ Aber denkt man sich als Papa nicht spätestens dann: Okay, aus dem könnte wirklich einmal ein Großer werden? Doch Ferdl dachte und denkt ganz anders: „Nein! Man muss sich doch nur anschauen, wie viele Talente es NICHT ganz nach oben geschafft haben. Wie oft hört man in allen möglichen Sportarten: Wahnsinn, da kommt ein Talent daher! Aber ein Kreuzbandriss reicht und die Sache kann erledigt sein. Wir haben immer den Ball flach gehalten, waren immer zurückhaltend. Wollten nie, dass Marcel als Kind mit irgendwelchen großartigen Ski-Team-Austria-Rennanzügen herumläuft. Uns war immer nur wichtig: eine solide technische Ausbildung, die Basis muss passen, das Rüstzeug. Der Rest ist nicht immer steuerbar, nicht vorhersehbar.“
Außerdem gibt es auch viele Tage, an denen nicht alles so lustig ist. „Wenn der kleine Bub stürzt und vielleicht sogar blutet, dann denkst du dir: Was tust du dem Kind eigentlich an?“ Und auch die Belastungen, denen Marcel im Laufe der Jahre durch seinen Ruhm und seinen Bekanntheitsgrad ausgesetzt ist, sind für die Eltern natürlich nicht immer schön mitanzusehen. „Schwierig, wenn man derart fremdbestimmt leben muss. Der war beleidigt, der war beleidigt. Da dachte sich Marcel oft: Okay, dann mach ich halt das auch noch. Mit derartigen Begleiterscheinungen war natürlich niemals zu rechnen. Wir haben das Rennfahren ja aus Spaß an der Sache gemacht!“ Unterm Strich: „Würdest du alles wieder so machen, Ferdl?“ Die Antwort: „Ich weiß es nicht. Das Drumherum ist schon sehr zäh. Da werden einige sagen: ja, was jammert der denn, der verdient einen Haufen Geld damit. Aber wir haben das wegen unserer Leidenschaft fürs Skifahren und für die Bewegung in der Natur gemacht! Und nicht wegen irgendeinem Geld. Auf der anderen Seite: Ja, ich würde alles wieder so machen. Denn gibt’s was Schöneres, als einen herrlichen Riesenslalom zu fahren, mit dem Tempo und den Fliehkräften zu spielen …?“
Ferdl muss nicht einmal vor Ort sein, um stets Marcels wichtigste Stütze bei der Wahl des richtigen Materials zu sein. „Ich brauch nur Videos vom Schnee zu sehen und wie die Ski draufliegen. Im Laufe der Jahre hab ich halt ein Auge dafür entwickelt.“ So ist es unzählige Male. Marcel – der nur wenige Schwächen hat, eine davon ist allerdings mangelnde Entscheidungsfreudigkeit – überlässt Ferdl sehr oft die Letztentscheidung bei der Materialwahl. Vor allem in heiklen Situationen.
So ist es auch bei Olympia 2018 in Südkorea. Eine Reise nach
Pyeongchang ist für den Papa ausgeschlossen, denn er hat Flugangst. Ferdl bleibt daheim in seiner Skischule (freeride-alpin) in
Annaberg und leidet aus der Ferne mit, weil Marcel in den Abfahrtstrainings mit dem Finden des richtigen Set-ups kämpft. Im Endeffekt finden Marcel und sein Team beim letzten Training den Stein der Weisen und legen damit die Basis für Kombi-Gold. Nach dem Rennen bittet ein ORF-Team Ferdl in Annaberg zum Interview. In diesem Moment ruft Marcel aus Südkorea an, Ferdl hebt ab und heult wenige Augenblicke später vor Glück drauflos. Es sind Bilder, die zu den schönsten und emotionalsten in Marcels Karriere zählen.
Ferdls Akribie beim Suchen nach den entscheidenden Hundertsteln, sein „Material-Wahn“, wie es selbst Marcel bezeichnet, all das hat den Ursprung in der Kindheit. Denn Ferdl wäre selbst gerne ein Weltcup-Rennläufer geworden, von seinem Elternhaus gab es allerdings nur wenig bis keine Unterstützung. Bei einem Rennen auf Landesniveau fuhr Ferdl, damals 16 Jahre alt, gemeinsam mit David Zwilling (dem späteren Abfahrts-Weltmeister 1974) mit dem Schlepplift. Zwilling sah sich die Ausrüstung seines Mitfahrers an und meinte: „Ich glaub, es wär g’scheiter, du bleibst daheim mit dem Material.“ Ein prägendes Erlebnis. „Papa wollte danach seinen Kindern um jeden Preis so ein Schicksal ersparen“, erzählt Marcel. „Ohne ihn als Triebfeder wäre ich niemals so erfolgreich geworden. Nur so wurde möglich, was jetzt auf meinem Datenblatt steht.“ Ferdls Motto lautete: „Immer weiter, immer weiter! Wir sind noch lange nicht fertig, noch lange nicht am Ende. Den Satz ‚Es geht nicht besser‘ duldet Ferdl einfach nicht und steht damit in krassem Gegensatz zu all denen, die viel zu schnell zufrieden sind.“ So viele Jahre hat Marcel diese unermüdliche Unterstützung erlebt, erleben dürfen, doch er ist noch immer davon fasziniert: „Diese Genialität und dieser Wille, den Papa tagtäglich gezeigt hat, ist nach wie vor unglaublich beeindruckend für mich. Gutes war niemals gut genug.“
Der Papa gibt die Blumen aber umgehend an den Junior zurück: „Wenn man miterlebt, wie ein Athlet schon in der Vorbereitung derart massiv körperlich schuftet, dann ist ihm sein Umfeld schuldig, ebenfalls eine Topleistung zu liefern. Marcel hat mit seinem Biss alle mitgerissen. Ansonsten wäre es unmöglich gewesen, diese Intensität über so viele Jahre zu halten und immer hungrig zu bleiben.“ Und wenn Ferdl übers Materialtüfteln spricht, dann leuchten seine Augen sowieso: „Das hat doch einen Zauber, wenn man sieht, was man alles aus dem Material rausholen kann.“ Auch der Einsatz von Schneemobilen beim Training, um möglichst viele Fahrten zu absolvieren und die Abläufe zu optimieren, geht aufs Konto der Hirschers. Und dass Marcel und Ferdl auch noch beim Besichtigen der Strecke vor dem Rennen zwei bis drei Paar Ski direkt auf der Piste mit dabeihatten, zählte sowieso fast zum Alltag. Ein Muster­beispiel für die Pionierarbeit von Ferdl auf dem Materialsektor ist der von ihm ab 2010 entwickelte Schlagschutz für die Slalom-Skistecken. Aus Plastilin und einer Glasfasermatte bastelte Ferdl einen Prototypen, den er dann mit der Firma Komperdell umsetzte und salonfähig machte. Wenig später fuhr die gesamte Weltelite mit dieser Innovation.

Mikes Tagebuch-Eintrag, 16. August 2018
Ferdl! Eine ungemein interessante Person mit zwei Gesichtern, mit zwei Welten. Auf der einen Seite: ein (Ski-)Verrückter durch und durch! Vollste Professionalität, alle Regeln werden eingehalten, ein Programm wird abgespult, alles wird für Marcels Erfolg untergeordnet, da gibt es kein Links- oder Rechts-Abweichen. Das Motto: Geht nicht, gibt’s nicht, alles wird hinterfragt! Scheinbar unmögliche Sachen werden umgesetzt. Auf der anderen Seite: Ferdl ist als Privatperson ungemein offen und interessiert an verschiedensten Themen. Prinzipiell ist er, wie Marcel, das Gegenteil eines Rockstars: keine Alkoholpartys, keine Skandale. Einfach alles gut bedacht, sehr bodenständig, er bildet sich nicht ein, jemand Besserer zu sein. Fanatismus und Perfektionismus, gepaart mit einer gesunden Portion Menschlichkeit und Freundlichkeit – das sind Ferdls zwei Gesichter. Und gleichzeitig auch jene von Marcel! Die beiden können sich wirklich nicht abstreiten! Marcel ist eben ein Produkt aus Ferdl und Sylvia. Auch sie sieht die Sachen immer sehr nüchtern, ist immer total bescheiden, lieb – halt eine richtige Mama!

Alex Hofstetter

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Alex Hofstetter, Jahrgang 1979, ist seit 1995 Sportjournalist für namhafte österreichische Zeitungen, seit 2017 arbeitet er in der Sportredaktion der Kronen Zeitung.

Stefan Illek

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Stefan Illek, Jahrgang 1977, ist seit 2002 selbstständiger Kommunikationsberater und war u.a. Pressesprecher des Österreichischen Pferdesportverbands, der Österreichischen Sporthilfe und des Österreichischen Fußball-Bunds. Seit 2009 arbeitet er in unterschiedlichen Mandaten für den Österreichischen...

Michael Pircher

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Michael Pircher, Jahrgang 1975, ist seit 1998 für den Österreichischen Skiverband als Trainer tätig. Er startete im Nachwuchsbereich, arbeitete anschließend mit dem Europacup-Team und betreute die Weltcup-Mannschaft. 2008 arbeitete der studierte Sportwissenschafter zum ersten Mal mit Marcel Hirscher...

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Altmühl-Bote

„Für Wintersportfans allemal lesenswertes Buch“

Rupertusblatt (A)

„Dieses Buch ist ein einziger Motivationsschub fürs Leben.“

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