Mittlere Reife - eBook-Ausgabe
Aus meinem Leben
„Das Buch ist ein Plädoyer dafür, sich spielerisch auf das Leben einzulassen und niemals ganz erwachsen zu werden.“ - Bergische Morgenpost
Mittlere Reife — Inhalt
Isabel Varell strahlt auch mit Mitte 50 eine jugendliche Begeisterungsfähigkeit und einen Optimismus aus, die ansteckend wirken. Und das, obwohl sie in ihrem Leben schon so einige Herausforderungen meistern musste. Mutig, ehrlich, fröhlich und manchmal nachdenklich blickt sie auf prägende Lebenssituationen zurück: ihre ersten Versuche als Sängerin, ihre turbulente Beziehung und Ehe mit Drafi Deutscher, von der sie hier erstmals erzählt, ihre Entscheidung, beim Dschungelcamp mitzumachen oder ihr ehrenamtliches Engagement im Hospiz. Es gab Situationen, die sie fast umgeworfen haben, aber immer wieder hat sie es geschafft, aus den Krisen etwas Wertvolles fürs Leben mitzunehmen. So ist ihr Buch auch eine Quelle der Inspiration und ein Plädoyer dafür, sich spielerisch auf das Leben einzulassen und niemals ganz erwachsen zu werden.
Leseprobe zu „Mittlere Reife“
Spielplatz Leben
„Sie hat ja nur die mittlere Reife mit Ach und Krach erreicht!“ Ich höre noch heute das blöde Getratsche meiner Mutter mit ihren Freundinnen an der Kaffeetafel, direkt vor dem Edelservice „Wildrose“ von Villeroy & Boch. »Wie soll es nun weitergehen mit ihr ohne Abitur?« Cat Stevens schaute mich damals selbstbewusst von der Wand an und sagte: »My Lady D’Arbanville, scheiß drauf! Gib nicht auf. Wie wollen die denn schon wissen, wer du bist und was du drauf hast! Here comes my baby! You never walk alone!«
»Isabel, merk dir das alles, was [...]
Spielplatz Leben
„Sie hat ja nur die mittlere Reife mit Ach und Krach erreicht!“ Ich höre noch heute das blöde Getratsche meiner Mutter mit ihren Freundinnen an der Kaffeetafel, direkt vor dem Edelservice „Wildrose“ von Villeroy & Boch. »Wie soll es nun weitergehen mit ihr ohne Abitur?« Cat Stevens schaute mich damals selbstbewusst von der Wand an und sagte: »My Lady D’Arbanville, scheiß drauf! Gib nicht auf. Wie wollen die denn schon wissen, wer du bist und was du drauf hast! Here comes my baby! You never walk alone!«
»Isabel, merk dir das alles, was du mir da gerade erzählst! Schreib das auf! Hörst du? Du musst das aufschreiben. Eines Tages schreibst du ein Buch über dein Leben. Sonst vergisst du das!«
Hape Kerkeling, mein langjähriger bester Freund, redete eindringlich auf mich ein. Aber ich schreibe doch kein Buch. Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen. Wenn ich mir nur überlege, wie anstrengend das wäre … Ich hab so viel erlebt. Das schaffe ich doch gar nicht, das alles aufzuschreiben.
In den Siebzigerjahren ohne Abitur ins Leben zu gehen – das war eine ziemliche Schande, zumindest für meine lieben Angehörigen. Nun bin ich heute erneut angekommen in der mittleren Reife. Ich habe das Lebensdiplom immer noch nicht in der Tasche. Ich habe viele Ehrenrunden drehen müssen, weil ich wohl in manchen Fächern der Lebensschule nicht so ganz fit war. Vieles hab ich nicht auf Anhieb verstanden. Aber das hier – das habe ich verstanden: Zu glauben, man hätte ausgelernt, oder zu hoffen, man sei „fertig“ und allwissend, ist Humbug! Wer annimmt, der Reifeprozess sei irgendwann abgeschlossen – man habe ja schließlich alles schon erlebt –, ist alt. Ich fühle mich sehr wohl in meiner mittleren Reife – und sehr jung. Ja, sogar immer wieder mal wie ein Kind.
Ich habe mir als Kind mit einer stark ausgeprägten Fantasie fast alles vorstellen können. Ich fand Ufos spannend – weil ich davon überzeugt war, dass es sie wirklich gibt und sie neue Wesen mitbringen, mit denen wir uns anfreunden können. Ich glaubte an den Weihnachtsmann und ganz besonders, dass alle Menschen sich lieb haben.
Das ist eine spirituelle Gabe, mit der wir alle am Anfang diese Welt betreten. Sie ist quasi unsere Grundausstattung, so wie die Scheibenwischer beim Auto, wenn es die Fabrik verlässt. Dann aber wirken auf unserem Lebenspfad viele Menschen und Ereignisse auf uns ein und programmieren uns um. Wir merken das gar nicht, sondern gehorchen einfach nur.
Ich habe mir auf dem Weg zu meiner mittleren Reife, zu dem Menschen, der ich jetzt bin, Stück für Stück die Erinnerung an diese spirituelle Gabe eines Kindes zurückerobert. Gut, das mit dem Weihnachtsmann – das krieg ich nicht mehr hin. Aber der Glaube, dass die Menschen es grundsätzlich erst einmal gut meinen, und dass jeder von uns gerne eine Hand gereicht bekommt, um auf den Spielplätzen dieser Welt mitspielen zu können, das erhalte ich mir. Dadurch gewinne ich Trost, Erklärungen, Frieden und Mut.
Und mit genau diesem Mut habe ich begonnen, alles aufzuschreiben.
1
„Wenn man ganz fest an etwas glaubt – dann wird es wahr …“
Aus Cinderella
Doch da geht noch was
Da geht noch was
Das fängt doch grad erst an
Da geht noch mehr
Noch viel viel mehr
Ich arbeite daran
Der König ist schwul, der Hund auch. Ebenso der Igel, aber das ist ja klar, denn der Igel ist auch der König – aus Kostengründen.
Der Prinz ist übrigens auch schwul. Der einzige heterosexuelle Kollege im Ensemble ist die Taube. 2012 und 2013 heiße ich Jolanda und spiele die gute Fee in dem Popmusical Cinderella. Vier Monate werde ich zusammengewürfelt mit einem zauberhaften Ensemble von ganz jungen, sehr guten Musicaldarstellern. Sie alle könnten meine Kinder sein. O. k., so viele wollte ich nie, aber wir hatten eine tolle Zeit miteinander.
Ich habe noch nie so wenig gearbeitet, denn in meiner Rolle als gute Fee komme ich erst nach der Pause auf die Bühne.
Jeder kennt die Geschichte dieses Märchens: Die bösen Stiefschwestern zerstören Cinderellas wunderschönes Kleid, damit sie nicht zum Ball gehen kann, auf dem der Prinz sich eine Braut aussuchen soll. Also rufen die Freunde von Cinderella – Hund, Maus und Taube – mich, die gute Fee, zu Hilfe. Ich, in ein silbernes bodenlanges Gewand gehüllt, zaubere unter dramatischer Musik und mit geheimnisvollen Nebeleffekten das blaue Kleid hervor, und die ganze Chose ist gerettet.
Aber was so alles hinter der Bühne passiert, ist mindestens genauso spannend …
Zum Beispiel die Hetero-Taube, ich meine natürlich den männlichen Darsteller, verliebt sich in die Maus, weiblich – auch hetero. Eine süße Liebesgeschichte entsteht auf dieser Tournee durch ganz Deutschland, die ich sogar ein bisschen mit anzettele. Schon am ersten Probentag merke ich: Taube und Maus passen zusammen. Beim morgendlichen Joggen mit Taube mache ich ihn darauf aufmerksam.
17 Städte und 13 schlechte Hotels später sind die beiden ein Paar. Die Taube hat im Ensemble ja auch wenig Konkurrenz, denn selbst das Stinktier ist schwul!
Diese Musicalwelt, wie ich sie erlebt habe, ist oft ziemlich schwul besetzt. Und das finde ich sehr angenehm. Für uns Frauen sind schwule Männer ganz wichtig! Mich jedenfalls begleitet das Thema schon mein ganzes Leben.
Als hätte ich einen unsichtbaren Magneten in mir, merke ich schon in jungen Jahren, dass der Funke zwischen mir und schwulen Männern ganz besonders schnell überspringt. Dabei will ich eigentlich gar keinen Unterschied machen zwischen schwul und nicht schwul. Ist doch egal, wer mit wem was hat. Aber so ganz egal ist es dann eben doch nicht.
Vor allem, wenn man eng zusammenarbeitet, ist es praktisch, wenn gar kein Verdacht aufkommen kann, dass ein tieferes Interesse vorliegen könnte. Das macht frei und fröhlich. Nur ganz selten ist es bedauerlich.
Bei dieser Cinderella-Tournee drängelt sich mein inneres Kind wieder komplett in den Vordergrund. Ich hänge nachts nach der Vorstellung, wenn sich die anderen vom Ensemble schon auf ihren Zimmern befinden, mit Patrick, der den Hund spielt, in den Bars ab, und wir lachen uns über Gott und die Welt schlapp.
Ich bedaure bei uns Erwachsenen den schleichenden Verlust des Albernseins. So ist diese Tournee für mich wie eine Kur zur Regeneration des Kindes in mir. Das tut unheimlich gut.
Alles in mir weigert sich, dieses unbeschwerte Albernsein aufgeben zu sollen, nur weil in der Gesellschaft ab einem bestimmten Alter ein gewisses Maß an Vernünftigsein erwartet wird. Ich möchte niemandem beweisen müssen, was ich sonst noch so in mir habe. Dieses eine Leben werde ich, so gut es geht, verlängern, indem ich mein unbeschwertes, angstfreies, an das Gute glaubende innere Kind liebevoll an der Hand halte und nicht mehr loslasse.
Auch wenn meine äußere Hülle sichtbar älter wird, schäme ich mich nicht vor Naserümpfern und Kopfschüttlern, wenn ich mich ein bisschen lächerlich mache, weil ich albern bin. Für die jugendliche Ausstrahlung ist das definitiv wirkungsvoller als botoxen, liften oder sonstige Manipulation.
Es gibt Momente, da habe ich das Gefühl, ich war erst gestern 22. So wie Patrick auf der Tournee. Ich habe nicht vergessen, wie man sich als junger Mensch fühlt. Mit all den Unsicherheiten und Ängsten – aber auch dem Mut und der Unbeschwertheit. Patrick ist scheinbar völlig angstfrei. Er erinnert mich an mein früheres Ich. Ich halte die Erinnerung daran ganz fest und sage der Angst den Kampf an. Sie darf ruhig bleiben, aber das mutige Kind bleibt der Chef!
Meine Lachfalten werden bei der Cinderella-Tournee intensiv vertieft. Nicht zuletzt auch durch unsere lustige Fahrgemeinschaft, bestehend aus Patrick, Chrissi, die Cinderella-Darstellerin, und Marco, der die Rolle des Königs und des Igels spielt. Marco fährt, und ich sitze vorne neben ihm, hinten Chrissi und Patrick. Draußen pfeift ein kalter Winter um unseren Leihwagen herum, während wir im Innenraum des Viersitzers das „Kinderparadies“ neu erfinden.
Chrissi ist eher etwas stiller – sie stemmt als Hauptdarstellerin schließlich das ganze Stück und muss ihre Stimme schonen. Leider geht lachen total auf die Stimmbänder, daher kichert sie leise hinten vor sich hin, wenn Marco und ich vorne wieder die Radiowerbung persiflieren und lautstark mitsingen. Zum Beispiel unseren Lieblingsspot: „Heute ist Frischetag bei Lidl!“ Diesen übertriebenen Werbespot singen wir zum Ärger der anderen Kollegen tagelang beim Soundcheck rauf und runter. Wenn die Geschäftsleitung des Lidl-Konzerns unsere Version gehört hätte, sie hätte uns vom Fleck weg engagiert.
Da ich als gute Fee nur ein einziges Lied in dem Stück singe, lebe ich hier anders, als wenn ich Konzerte gebe. Ich lebe diesen Zirkus hier in vollen Zügen aus und vergesse Alter und Alltag.
Schuld daran ist allerdings nicht nur meine neue „Krabbelgruppe“, sondern auch die vielen Kinderaugen, die uns bei jeder Vorstellung anstaunen. Ich spiele hier das erste Mal ein Musical für die ganze Familie, also vor allem für Kinder. Was ich hier erlebe, ist umwerfend. Mädchen kommen als Miniprinzessinnen zur Vorstellung, im von Mama gebastelten Tüllröckchen und mit Krönchen in den Haaren. Mit weit aufgerissenen Augen verlieben sie sich in Cinderella. Und Chrissi ist auch wirklich die bezauberndste Cinderella, die man sich vorstellen kann.
Eines Nachmittags spielen wir in der ausverkauften Jahrhunderthalle in Frankfurt vor circa 4000 Menschen. Ich komme wie immer mit Musik und Nebel aus dem Nichts auf die Bühne, nachdem mich trommelfellerschütternd alle Kinder kreischend zu Hilfe gerufen haben, angestachelt durch Hund, Taube und Maus, als sich eine kleine Prinzessin mit Krönchen unten vor der Bühne aufbaut und unaufhörlich schreit: „Cinderella! Cinderellaaaaaaaa!“ Wir stecken gerade in der Szene, bei der Cinderella mir – der guten Fee – ihr Leid klagt, dass sie kein Kleid für den Ball hat. Wir versuchen krampfhaft, die dröhnende Stimme des Mädchens zu ignorieren. Sie wird wohl gleich aufhören und schnallen, dass wir hier eine Szene spielen, denke ich mir. „Cinderelllaaaaaa!“ Das Persönchen wird doch wohl Eltern haben, die sie gleich einsammeln und ihr einen Schnuller für Fortgeschrittene in das weit geöffnete Mäulchen stecken. Nein, es geht weiter:
„Cinderrrrrelaaaaaaaaaaa!“ Die Jahrhunderthalle ist erfüllt von dieser brüllenden Stimme. Die Kleine braucht kein Mikrofon. Ich merke, so kommen wir nicht weiter, und missachte mitten in unserer Szene ein ungeschriebenes Theatergesetz: Ich durchbreche die vierte Wand! Das ist die unsichtbare imaginäre Wand zwischen Ensemble und Publikum. Ich steige aus meiner Rolle aus, gehe beziehungsweise schreite wichtig ein paar Schritte auf die Bühnenrampe und die kleine Person im Tüllröckchen zu und sage in so strengem Ton, dass ich mich vor mir selbst erschrecke: „Cinderella kann jetzt nicht! Cinderella muss gerade arbeiten!“ Das gesamte, Tausende Menschen umfassende Publikum liegt unter den Stühlen vor Lachen. Vielleicht ist es auch die Freude über das sofort verstummende, offensichtlich allein reisende Kind vor der Bühne. Ich kann kaum an mich halten, als ich wieder zurück Richtung Chrissi gehe, um weiterzuspielen. Chrissi bebt ebenfalls innerlich vor Lachen und kann kaum noch sprechen. Wir sehen uns in die Augen, und uns schmerzen die Bäuche vor unterdrücktem Lachen. Ich hole mir Katastrophenbilder ins Hirn, um in meine Rolle zurückzufinden: tote Hamster usw. Es ist wirklich nicht leicht, das Stück ganz normal weiterzuspielen, denn das Publikum kann sich auch kaum beruhigen. Es wartet förmlich auf unseren nächsten Ausfall.
Die Leute kugeln sich auf ihren Stühlen und warten gebannt auf unseren Zusammenbruch. So muss es früher in den römischen Arenen mit den Gladiatoren gewesen sein: Irgendwann stirbt endlich einer.
Mein Text, den ich eigentlich als Fee tragend und hoffnungsvoll bringen soll, lautet:
„Cinderella, ich kann versuchen, für dich zu zaubern, aber nur du allein kannst es fertigbringen, dass dieser Zauber auch wirkt.“ Um während dieser Worte nicht vor Lachen losbrüllen zu müssen, gucke ich gnadenlos haarscharf an Chrissi vorbei in die Luft neben ihrem rechten Ohr. Würden unsere Blicke sich treffen – nur für eine Zehntelsekunde –, ich würde nicht mehr an mich halten können. Meine Atmung ist ganz oben am Kehlkopf. Alle meine Organe sind restlos verkrampft.
Cinderella erwidert: »Ich? Aber ich kann doch gar nicht zaubern.« Chrissis Stimme zittert. Das könnte man ja noch durchgehen lassen als „Cinderellas Betroffenheit und Trauer“ darüber, dass der Besuch bei dem Ball des Königs aussichtslos ist …
Nun wieder ich: »Doch! Das kannst du! (Schnappatmungsrauspruster.) Jeder kann zaubern! Wenn man ganz fest an etwas glaubt, dann wird es wahr!« Puh – geschafft! Das Publikum hängt an unseren Lippen und schmeißt sich weg. Ich spüre, dass die Zuschauer genau merken, was in uns vorgeht. Die Musik setzt erlösend ein zu meinem großen Sololied: „Wunder werden wahr.“
Wir auf der Bühne und auch das Publikum lassen uns langsam wieder einfangen von der im Stück vorgesehenen Traumsequenz. In dem Lied geht es ja um viel mehr als um das blaue Kleid. Es geht um Hoffnung, um den Glauben an uns selbst, an unsere eigene Kraft. Ich sehe in jeder Vorstellung erwachsene Menschen im Publikum vor Rührung weinen.
Wir alle haben eine kleine Cinderella in uns. Eine Miniaturausgabe von uns selbst, die noch an Märchen glauben will. Bei Cinderella ist es das Kleid, das von den bösen Schwestern kaputt gemacht wurde. Bei uns Erwachsenen ist es vielleicht der Job, der gerade nicht gut läuft, oder ein Abschied, den man noch nicht verkraftet hat, oder das Loslassenmüssen irgendeines Traums. Wir alle hoffen auf eine gute Fee. Eine Fee, die uns sagt: „Du hast alles in dir! Wenn du ganz fest an dich glaubst, werden Wunder wahr.“
Chrissi und ich haben, abgesehen von diesem »Prinzessinnen-Vorfall«, an dieser Stelle auf der Bühne immer einen „Magic Moment“. Ich werfe märchenhaft anmutenden Goldstaub auf sie, und wir fühlen uns wie die Botschafter der Liebe und der Hoffnung. Das Leben soll für ein paar Minuten ein Zeichentrickfilm sein.
Bei der anschließenden Autogrammstunde – oder besser gesagt: Autogrammstunden! –, die wir nach jeder Vorstellung im Kostüm geben, sehe ich auch bei den Erwachsenen glänzende Augen, und nicht selten gestehen sie uns, sowohl Frauen als auch Männer, dass sie weinen mussten.
Ich bin den Machern dieser Produktion dankbar, dass sie die Idee hatten, mich als gute Fee Jolanda zu besetzen. Sie haben übrigens auch bei dem Vorfall in der Frankfurter Jahrhunderthalle großzügig und humorvoll reagiert. Das ist nicht so selbstverständlich. Derartiges Verhalten eines Schauspielers auf der Bühne ist eigentlich komplett untersagt. Die Inszenierung des Regisseurs darf niemals verändert werden. Es gibt sicher Regisseure und Theaterleiter, die auf diesen Spaß ganz anders reagiert hätten.
Zu dem kleinen Mädchen, das sich ungeniert an den Bühnenrand gestellt hat, um möglichst sofort und persönlich mit Cinderella zu sprechen, und sich dabei von den anderen 4000 Zuschauern nicht stören ließ, habe ich am gleichen Abend noch so meine eigenen Gedanken. Ist das vielleicht ein bisschen auch so eine „kleine Isabel“, die sich frei ausleben und sich auch nicht davon abhalten lassen möchte, wenn alle anderen um sie herum sich anders und der Situation angepasst verhalten? Irgendwie ist sie mir im Nachhinein sympathisch.
Es ist eine herrliche Zeit mit diesem Ensemble. Geschöpfe wie Chrissi und Patrick hätte ich gerne als Kinder – aber nur, wenn man sich solche Nachkommen per Knopfdruck herzaubern könnte. Als schon fertige eigenständige Wesen, wie sie jetzt sind. Auf die gesamte Zeit davor – von Baby bis Pubertät – kann ich gerne verzichten.
Ich wollte wirklich nie eigene Kinder haben. Viele haben mir im Lauf meines Lebens immer wieder schlau prophezeit: „Das wirst du eines Tages bereuen, wenn du keine Kinder hast! Eines Tages wirst du sehr allein sein.“
Bei mir hat aber diese berühmte biologische Uhr, wenn überhaupt, dann sehr leise getickt. Ich werde mir allerdings, je älter oder – sagen wir mal – „reifer“ ich werde, immer klarer darüber, warum dieser natürliche Wunsch, Mutter zu werden, in mir nicht wirklich ausgeprägt war.
Als Ausrede klang es immer gut, zu sagen, dass Kinder und Familie in den Beruf nicht so richtig reinpassen. Das ist natürlich Quatsch. Viele meiner Kolleginnen stemmen ihre Karriere, samt mehrere Kinder, ganz vorbildlich. Nein, bei mir liegt der Hund sicherlich in meiner Kindheit begraben, in meiner zu strengen Erziehung und der damit verbundenen schwierigen Beziehung zwischen meiner Mutter und mir. Davon erzähle ich hier auch. Dieser Teil meines Lebens soll jetzt mal endlich raus an die Luft, zum Atmen …
Mir kommt ein weiterer Verdacht über meinen chronischen Kinderlosigkeitswunsch während dieser Cinderella-Tournee. Ich glaube, dass man als werdende Mutter ein weiteres Stückchen seines Kindseins aufgibt oder aufgeben muss. Wenn eine Frau Mutter wird, fällt eine ungeahnt große Verantwortung in das eigene Leben. Eine Verantwortung, gepaart mit dem Wunsch, alles möglichst richtig zu machen mit dem neuen Wesen, das einem der liebe Gott in die Arme geworfen hat. Und dabei kann eine Menge anders laufen, als es für alle Beteiligten gut ist. Davon kann ich rückblickend ein Liedchen singen. Ein Liedchen mit vielen unschönen Strophen und einem wiederkehrenden Refrain als Endlosschleife, den ich nicht mehr hören mag.
„Isabel Varell ist eine Garantin für gute Laune.“
„Isabel Varell erzählt mit einem positiven Blick von prägenden Lebensereignissen.“
„Das Buch ist ein Plädoyer dafür, sich spielerisch auf das Leben einzulassen und niemals ganz erwachsen zu werden.“
„Ein Plädoyer dafür, sich spielerisch auf das Leben einzulassen.“
„Ihre Autobiografie ist schockierend und liebenswürdig zugleich.“
„offen und unverblümt“
„entwaffnend ehrlich und menschlich“
„Von schweren Kindertagen, dem Sterben ihrer Liebe und neuem Glück erzählt Isabel Varell auf persönliche und versöhnliche Weise.“
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