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Niemand sieht dich (Grenzland 2) Niemand sieht dich (Grenzland 2) - eBook-Ausgabe

Karen Inge Nielsen
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Thriller

— Mit limitiertem Farbschnitt | Dunkle Morde im Grenzland | Die Thriller-Sensation aus Dänemark
Paperback (15,00 €) E-Book (12,99 €)
€ 15,00 inkl. MwSt. Erscheint am: 02.05.2025 In den Warenkorb Im Buchshop Ihrer Wahl bestellen
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Niemand sieht dich (Grenzland 2) — Inhalt

Grausame Morde erschüttern das Grenzland zwischen Dänemark und Deutschland – der neue Fall für Mads Lindstrøm und Thomas Beckmann 

Was haben eine ermordete Pastorin in einer kleinen Kirche im dänischen Bylderup und die Leiche eines Mannes im Moor jenseits der Grenze gemeinsam? Für Mads Lindstrøm, beurlaubt und im Haus seiner verstorbenen Eltern den Geistern der Vergangenheit ausgeliefert, zunächst nichts.

Doch dann holt ihn sein Dezernatsleiter zurück, da die Spuren in Bylderup im Sand zu verlaufen drohen. Und ausgerechnet Thomas Beckmann bittet Mads um Hilfe beim Toten im Moor. Der sonst so korrekte deutsche Kommissar weiß, dass nur dieser ihm die Informationen verschaffen kann, um das Rätsel zu lösen.

Je tiefer Mads gräbt, desto mysteriöser und dunkler werden die Fälle. Fast zu spät finden er und Thomas Beckmann heraus, dass hinter den Morden ein Täter steckt, der aus zutiefst persönlichen Gründen tötet. Und dann gibt es ein drittes Opfer ...

Packend, düster, abgründig – der zweite Grenzland-Fall aus der Feder der dänischen Thrillerautorin Karen Inge Nielsen

„Niemand hört dich“, „Niemand sieht dich“, „Niemand rettet dich“ – an dieser Thriller-Trilogie aus Dänemark kommt 2025 niemand vorbei! 

„Ein packender Thriller voller dunkler Überraschungen.“ dagens.dk 

Wer Jens Hendrik Jensen, Stieg Larsson und Arne Dahl mag, wird Karen Inge Nielsen lieben!

€ 15,00 [D], € 15,50 [A]
Erscheint am 02.05.2025
Übersetzt von: Günther Frauenlob
400 Seiten, Klappenbroschur
EAN 978-3-492-06712-6
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€ 12,99 [D], € 12,99 [A]
Erscheint am 02.05.2025
Übersetzt von: Günther Frauenlob
400 Seiten
EAN 978-3-492-60962-3
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Leseprobe zu „Niemand sieht dich (Grenzland 2)“

28. November

Karl Uwe Kleibner sah vom Bildschirm auf. Das gelbliche Licht der Schreibtischlampe fiel auf die rotbraune Tischplatte. Er schob den Stuhl nach hinten und stand auf, während das Läuten der Türklingel langsam im Wohnzimmer verhallte. Dann leerte er das Cognacglas, stellte es auf ein Tablett, das im Regal stand, und ging in den Flur. Für einen Moment ließ er den Blick über die großen Wohnzimmerfenster schweifen. Die Lichter von Schleswig schimmerten über die Schlei zu ihm herüber und spiegelten sich im nachtschwarzen Wasser. Er schaltete das [...]

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28. November

Karl Uwe Kleibner sah vom Bildschirm auf. Das gelbliche Licht der Schreibtischlampe fiel auf die rotbraune Tischplatte. Er schob den Stuhl nach hinten und stand auf, während das Läuten der Türklingel langsam im Wohnzimmer verhallte. Dann leerte er das Cognacglas, stellte es auf ein Tablett, das im Regal stand, und ging in den Flur. Für einen Moment ließ er den Blick über die großen Wohnzimmerfenster schweifen. Die Lichter von Schleswig schimmerten über die Schlei zu ihm herüber und spiegelten sich im nachtschwarzen Wasser. Er schaltete das Licht im Flur ein, als es erneut klingelte.

„Ja?“ Karl Uwe Kleibner öffnete die Tür und sah nach draußen. Das Licht der Hoflampen fiel auf die dünnen Zweige der Trauerweide. Unter dem Vordach des weißen Gebäudes hatte eine Spinne ihr Netz gewebt. Er holte tief Luft. Als Erstes bemerkte er das parkende Auto an der Baumreihe, dann erst sah er die dunkel gekleidete Gestalt, die ihm den Rücken zudrehte, als betrachtete sie die Landschaft. Karl Uwe atmete noch einmal tief durch und trat einen Schritt nach draußen. Die Luft roch nach Salzwasser, prickelnd und kalt.

„Sie können hier nicht parken, das ist Privatgrund.“ Er blieb stehen und betrachtete die Gestalt, die sich langsam umdrehte. Weißer Atem stand vor ihrem Gesicht, und für einen Moment erstarrte Karl Uwe, ehe die Wut in ihm hochkochte. „Was wollen Sie hier?“ Seine Stimme war hart, sein Blick bohrend. In seinen Adern mischte sich das Adrenalin mit dem Alkohol und brachte seine Haut zum Glühen. „Verschwinden Sie!“ Er trat einen weiteren Schritt vor, schlug zu und traf die Schulter. Sein Gegner wich zurück. „Verschwinden Sie, oder ich rufe die Polizei!“

Er wartete einen Augenblick und holte zum nächsten Schlag aus, der aber ins Leere ging. Dann drehte er sich schnaubend um und ging zurück zum Haus. Er zog das Handy aus der Hosentasche und erweckte das Display zum Leben, als ein stechender Schmerz seinen Körper durchbohrte. Hektisch schnappte er nach Luft, während die Beine unter ihm nachgaben. Er griff nach der Mauer neben den Stufen, doch er fand keinen Halt und ging zu Boden.

„Du hast doch nicht etwa geglaubt, dass es vorbei ist?“, zischte die Person durch die zusammengebissenen Zähne und legte die Hand auf seinen Mund und seine Nase.

Das Messer bohrte sich tiefer zwischen die Rückenwirbel, und Karl Uwe schlug nach hinten, um seinen Gegner zu treffen, aber die Kräfte verließen ihn. Der Knorpel knirschte, als die Klinge gedreht und die Knochen weiter auseinandergedrückt wurden. Er öffnete den Mund, es kam aber kein Laut über seine Lippen. Ein Inferno aus Nervenimpulsen breitete sich entlang seiner Wirbelsäule aus und ließ seinen ganzen Körper zittern. Der Platz vor ihm geriet in Bewegung, und die Sterne über ihm zuckten wie Feuerwerkskörper über den schwarzen Himmel. Im Blick seines Gegners stand der pure Irrsinn.

„Warum?“ Seine Stimme erstickte unter der Hand, die sich mit immer mehr Kraft auf seinen Mund drückte. Die flammende Hölle in seinem Inneren drohte ihm die Besinnung zu rauben, trotzdem entging ihm nicht, dass das Gesicht über ihm lachte.

„Warum?“, wiederholte sein Gegner. Ein höhnisches Schnauben trat an die Stelle des Lachens, und mit einem Mal war der Blick wieder eiskalt. „Du hast mir das Letzte genommen, was ich noch hatte. Meine Identität, mein Leben. Es ist an der Zeit, dass du denselben Albtraum durchmachst wie ich. Das, was du bist, bin ich gewesen. Und das, was ich bin, sollst du werden.“

Eine neue Welle aus Schmerz schoss durch seinen Schädel. Er schmeckte Blut auf der Zunge, und die Lunge brannte. Lichtpunkte tanzten vor seinem inneren Auge, als sich die Muskeln ein letztes Mal anspannten, bevor sein Körper schlaff auf die Granitplatten des Hofs fiel. Sein Blick starrte leer auf die hell erleuchteten, schwach im Wind wehenden Zweige, als wollten sie seiner Seele den Weg weisen.

Mit einem verächtlichen Blick auf den leblosen Körper richtete die Gestalt sich auf und ging zum Wagen. Ein Klicken durchbrach die Stille, als sie den Kofferraum öffnete und nach dem Beutel mit dem Blut griff.


18. Februar Toftlund

Mads blieb stehen, während das Adrenalin durch seinen Körper pumpte. Er sah über die Felder, auf die sich eine dünne Schicht Raureif gelegt hatte, und atmete tief durch. Die klare, kalte Luft füllte seine Lunge mit befreiender Leichtigkeit. Er beugte sich vor und stemmte die Hände auf die Knie. Sein Herz hämmerte und trieb das Blut durch seinen Körper, während eine Atemwolke vor seinem Mund tanzte. Er sah auf seine Armbanduhr. Eine Stunde und achtunddreißig Minuten. Über eine Minute schneller als sonst. Er drehte den Kopf und sah zu dem roten Backsteinhaus. Die braunen Blätter der Buchenhecke rahmten den großen Vorgarten mit dem halbhohen, welken Gras und dem alten, knorrigen Apfelbaum ein, der dicht am Haus wuchs. Für einen Moment blieb sein Blick am Wintergarten hängen. Die Schmutzschicht an den Scheiben verwehrte den Blick auf die dahinter gestapelten Pappkartons. Er richtete sich auf. Kälte drang durch die klamme Sportkleidung, und seine Muskeln zitterten leicht. Er drückte die Hände an die Wangen, legte den Kopf in den Nacken und atmete aus, als es an seinem Oberschenkel sanft zu vibrieren begann.

„Mads Lindstrøm“, antwortete er und drückte sich das Handy ans kalte Ohr.

„Per Teglgård hier. Wo warst du?“

„Draußen“, antwortete Mads und ging über die Einfahrt zum Haus. Der Kies knirschte unter seinen Schritten. „Was ist denn los?“

„Du weißt schon, dass wir gestern eine Verabredung hatten?“

„War das gestern?“, antwortete Mads und atmete schwer aus.

„Verdammt, Mads. So läuft das nicht. Du verbaust dir deine Zukunft.“

„Ich soll mir meine Zukunft verbauen?“, schnaubte Mads. „Wenn meine Zukunft dich auch nur ein bisschen interessieren würde, hättest du dich doch wohl für mich einsetzen können.“ Er steckte den Schlüssel ins Türschloss und öffnete.

„Hör auf, Mads.“

„Womit?“, fragte Mads. Im Flur schlug ihm warme, abgestandene Luft entgegen, und für einen Moment erwog er, wieder nach draußen zu gehen und einfach weiterzulaufen.

„Du musst dich der Sache stellen. Du hast gegen meine Anweisung gehandelt“, antwortete Per Teglgård. „Drei Menschen sind gestorben, aber wir müssen es trotzdem irgendwie hinter uns lassen.“

„Hinter uns lassen?“, wiederholte Mads, streifte sich im Flur die Schuhe ab und schloss die Tür hinter sich. „Du gibst mir die Schuld, sagst aber gleichzeitig, dass wir das Ganze hinter uns lassen müssen?“ Er zögerte ein paar Sekunden, atmete langsam ein und wieder aus, konnte aber nicht verhindern, dass die Wut in ihm weiterglühte. „Du weißt doch gar nicht, ob das nicht so oder so passiert wäre.“

„Nein, das wissen wir nicht“, räumte Per ein. „Der Punkt ist aber, dass wir das nicht beweisen können. Unsere Position ist ziemlich schwach.“

„Und mit uns meinst du vermutlich mich“, sagte Mads. „Du sitzt fest im Sattel, dabei hast du den Fall gar nicht aufgeklärt.“

„Verdammt noch mal! Wir sitzen beide im selben Boot“, schnitt Per Teglgård ihm das Wort ab. „Der Fall betrifft uns alle. Es geht dabei nicht nur um dich.“

„Aber nur ich bin suspendiert worden.“

„Du bist nicht suspendiert worden“, antwortete Per.

„Aber freigestellt.“ Mads ging ins Wohnzimmer. „Und das kommt ja wohl auf dasselbe raus.“

„Es ging nicht anders.“

„Nicht? Du hättest die internen Ermittler davon abbringen können, eine Klage einzureichen. Du hättest ihnen sagen können, dass ihr den Durchbruch, der zur Festnahme von Charon geführt hat, nur mir zu verdanken hattet.“

„Du weißt genau, dass ich da nichts machen konnte“, antwortete Per Teglgård. „Du hast dich über einen Befehl hinweggesetzt, und dafür musst du nun die Verantwortung übernehmen.“

„Und wer hat die Festnahme zu verantworten? Und wer wird dafür gefeiert?“, fragte Mads und warf sich aufs Sofa. „Was ich getan habe, war das einzig Richtige.“

„Das kann keiner von uns wissen“, antwortete Per. „Aber auch wenn du es nicht glaubst: Ich bin auf deiner Seite.“

„Ach, wirklich?“ Mads legte die Füße aufs Sofa und griff mit der freien Hand nach der Zeitung. „Du hast mich nicht mal über die weitere Entwicklung in diesem Fall auf dem Laufenden gehalten. Das habe ich alles erst aus der Zeitung erfahren.“

„Du kennst doch das System“, antwortete Per mit einem Seufzen. „Solange die interne Ermittlung tätig ist, muss ich dich aus dem Fall heraushalten.“

„Wärst du wirklich auf meiner Seite, hättest du es gar nicht erst so weit kommen lassen.“

„Ich halte mich lediglich an die Vorschriften“, antwortete Per Teglgård. „Und die besagen, dass wir regelmäßig miteinander reden müssen. Deshalb erwarte ich, dass du morgen in meinem Büro erscheinst. Verstanden? Oder ist das wieder ein Befehl, den du zu missachten gedenkst?“


19. Februar Haderslev

Mads zog die Handbremse an und schaltete den Motor aus. Er lehnte sich zurück und sah hinüber zum Polizeirevier. Die weißen Ornamente an der Mauer waren in dem grauen Straßenbild ein echter Lichtblick. Er öffnete die Autotür und stieg aus, den Blick noch immer auf das alte Gebäude gerichtet. Einige Fenster waren gekippt. Er schob die Hände in die Taschen und ging über den Platz. Auf dem Parkplatz vor dem Haus standen nur wenige Autos. Eine altvertraute Wut stieg in ihm auf, als er auf dem Parkplatz, den er selbst immer benutzt hatte, Laugesens Schrottkarre stehen sah. Er ballte die Hände zu Fäusten und drückte die Tür des Gebäudes mit der Schulter auf. Nachdem er dem Polizeiassistenten am Empfang zur Begrüßung kurz zugenickt hatte, ging er die Treppe hoch. Vor der Glastür des Dezernats für Gewaltverbrechen zögerte er kurz, dann öffnete er sie und ging über den Flur zu Teglgårds Büro. Der vertraute Geruch nach Druckertoner und Kaffee zog ihn an, auch wenn er dagegen ankämpfte.

„Ah, da bist du ja“, sagte Per, der im selben Moment den Kopf aus der Tür steckte. „Setz dich schon mal rein. Ich komme sofort.“ Er öffnete die Tür. Auf dem Schreibtisch standen eine Kaffeekanne und zwei Becher. „Bedien dich“, fuhr er fort und verschwand über den Flur.

Mads öffnete die Jacke. Sein Blick wanderte durch das Fenster zu einer Kindergartengruppe, die am Polizeirevier vorbeiging. Die hellen Stimmen mischten sich mit dem Rauschen des Verkehrs, das durch das Fenster nach innen drang. Er zog die Jacke aus und warf sie auf die Lehne des kleinen Sofas, über dem die Porträts der früheren Dezernatsleiter hingen. Dann ging er zum Schreibtisch und setzte sich.

„Hast du dir Kaffee genommen?“, fragte Per Teglgård, schloss die Tür hinter sich und ging um den Schreibtisch herum. Er musterte Mads ein paar Sekunden, dann zog er den Stuhl zurück und setzte sich.

„Danke, ich brauche nichts“, antwortete Mads und hob ablehnend die Hand, als sein Chef die Kanne anhob und sich selbst nachschenkte.

„Sicher?“ Per stellte die Kanne zurück auf den Tisch und ließ die Hand auf dem Henkel ruhen.

„Ja.“

„Dann legen wir los“, sagte Per und griff zu einer Plastikmappe, die vor ihm auf dem Tisch lag. Für einen Moment erstarrte er, dann verzog er sein Gesicht zu einer etwas gequälten Grimasse, bevor er wieder zu Mads hinübersah. „Wie geht es dir eigentlich?“

„Okay, denke ich.“ Mads zuckte mit den Schultern.

„Ich meine das ernst, Mads. Wir müssen darüber reden können, wie es dir geht. Was machst du zurzeit?“

„Nicht so viel.“

Per Teglgård seufzte. Er griff nach seinem Becher und trank einen Schluck. „Denkst du an deine Zukunft bei der Polizei?“

„Was soll ich denn sonst tun? Schließlich bin ich von einem Tag auf den anderen vor die Tür gesetzt worden.“

„Du bist nicht vor die Tür gesetzt worden“, antwortete Per. „Ich verstehe ja gut, dass sich das so anfühlt, aber so solltest du es nicht sehen.“

„Dann erklär mir bitte, wie ich das sehen sollte, denn aus meiner Perspektive sieht es so aus, als hättest du mich geopfert.“

„Ich habe dich nicht geopfert. Du hast gegen meinen Befehl gehandelt, und du weißt ganz genau, dass ich auf so etwas reagieren muss“, antwortete Per Teglgård und nahm die Papiere aus der Mappe. „Außerdem hat Steen Hvidtfeldts Anwalt Beschwerde eingelegt gegen die Art, wie sein Mandant vernommen worden ist.“

Mads schüttelte den Kopf. „Beschwerde eingelegt? Gregers Tornborg hätte seinen Mandanten bitten können, die Karten auf den Tisch zu legen und uns die Wahrheit zu sagen. Dann wäre Hvidtfeldt früher aus der Haft entlassen worden, was im Übrigen auch für die Ermittlungen gut gewesen wäre.“

„Das ist deine Sicht der Dinge. Ich gehe davon aus, dass du eine Stellungnahme geschrieben hast?“

Mads biss die Zähne zusammen und nickte.

„Ich weiß nicht, wie dein Fall ausgehen wird“, fuhr Per fort. „Ich habe von der Staatsanwaltschaft noch nichts gehört, es ist also alles möglich.“ Er zögerte und trank einen Schluck Kaffee. „Da ist aber noch ein ganz anderes Problem. Mir ist zu Ohren gekommen, dass du nicht zu den Sitzungen bei dem Psychologen gegangen bist, wie wir es eigentlich vereinbart hatten.“

Er stellte seinen Kaffeebecher ab, schob den Stuhl nach hinten und griff nach einem Dokument, das auf dem niedrigen Regal hinter ihm lag. „Laut Troels Halland hast du dich weder abgemeldet noch sonst irgendwie auf die Nachrichten reagiert, die er dir auf der Mailbox hinterlassen hat.“ Er legte das Dokument auf den Schreibtisch und sah Mads eindringlich an.

„Für so was habe ich keine Zeit“, antwortete Mads und lehnte sich zurück. Er verschränkte die Arme vor der Brust und streckte die Beine aus.

„Es geht nicht darum, ob du Zeit hast oder nicht, das ist eine Auflage“, sagte Per.

„Soweit ich weiß, bin ich freigestellt, und in dem Bescheid steht nicht, dass du auch über meine Freizeit verfügen kannst.“

„Das ist nicht nur eine Auflage, damit du wieder zurück in den Polizeidienst kommen kannst, Mads. Ich mache mir ehrlich Sorgen um dich.“ Per Teglgård beugte sich vor. „Verstehst du das? Um dich als Menschen. Du bist einer der besten Ermittler des Dezernats, aber du vergräbst dich in einem Loch, das immer tiefer wird.“

„Was weißt du denn schon darüber?“

„Mehr, als du denkst“, antwortete Per und legte die gefalteten Hände vor sich auf den Tisch. „Der Weg, auf dem du da gerade bist, ist verdammt gefährlich.“

„Und was soll das für ein Weg sein?“

„Du lässt die Sachen zu nah an dich ran, als wärst nur du dafür verantwortlich. Wir sind ein Team. Niemand hier funktioniert ohne die anderen. Auch du nicht.“

„Es fühlt sich aber gerade nicht so an, als wäre ich Teil eines Teams.“

„Das bist du aber“, beteuerte Per. „Ich habe gesehen, wie die Leute an ihrer Arbeit zerbrechen.“

„Jetzt fang nicht wieder damit an“, fiel Mads ihm ins Wort. „Mein Vater ist nicht an seiner Arbeit gestorben.“

„Das wollte ich auch gar nicht sagen“, erwiderte Per Teglgård und lehnte sich mit einem Seufzen zurück. „Aber vielleicht ist das auch eine Sache, über die du mit Troels Halland reden könntest. Er hat auf meine Bitte hin ein paar Termine verlegt und hätte heute Nachmittag eine Stunde Zeit für dich.“

„Das geht nicht.“

„Das steht nicht zur Diskussion“, antwortete Per. Im selben Moment wurde die Tür geöffnet. Er hob den Blick und sah zu Torben Laugesen hinüber, der in der Türöffnung stand, dann wanderte sein Blick zurück zu Mads, bevor er mit dem Finger auf das Dokument zwischen ihnen tippte. „Die Adresse steht hier. Das ist bei ihm zu Hause.“

„Wir haben einen Einsatz“, sagte Torben Laugesen zu seinem Chef, ohne Mads auch nur eines Blickes zu würdigen.

„Ein Mord?“, fragte Mads. „Wo denn?“

„Das geht dich doch nichts an“, antwortete Torben Laugesen. „Sarah Jonsen ist mit ihrem Team schon unterwegs zur Kirche in Bylderup.“

„Verdammt“, antwortete Per Teglgård und stand auf. „Ich komme.“ Er sah kurz zu Mads. Rote Flecken zeichneten sich auf seiner Haut ab, während er das Dokument über den Tisch schob. „Du bewegst dich da auf einem schmalen Grat.“ Er nahm seine Jacke vom Garderobenständer hinter der Tür und sah Mads noch einmal eindringlich an. „Das ist deine letzte Chance.“

Mads folgte seinem Chef mit dem Blick, als dieser eilig nach draußen verschwand. Vom Flur drangen hektische Stimmen zu ihm herein, doch nur kurze Zeit später war es wieder still. Er stand auf, nahm seine Jacke von der Sofalehne und überflog die Adresse, dann knüllte er das Dokument zusammen. Im Gehen warf er es in den Papierkorb.

Karen Inge Nielsen

Über Karen Inge Nielsen

Biografie

Karen Inge Nielsen, Jahrgang 1978, ist in Westseeland, Dänemark, geboren und aufgewachsen. Sie ist ausgebildete Bioanalytikerin in pathologischer Anatomie und hat daher ein entspanntes Verhältnis zum Makabren. Ihre Thriller schreibt sie in der Abgeschiedenheit ihres Büros, wo sie in die Geschichte...

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