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Racing HopeRacing Hope

Racing Hope Racing Hope - eBook-Ausgabe

Nadine Engel
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Roman

— Eine prickelnde Sport Romance zwischen Motocross und Physiotherapie
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Racing Hope — Inhalt

Nele hat Benzin im Blut, Elias heilende Hände. Eine prickelnde Liebe zwischen Motocrossrennen und Physiotherapie für Fans von Lexis Able und Ayla Dade 

„Seine Augen haben die Farbe eines unendlich tiefen Sees, dessen Boden man niemals zu sehen bekommt.“ 

Als die junge Nele nach einem Motocross-Unfall bei dem Physiotherapeuten Elias auf dem Behandlungstisch landet, sprühen sofort die Funken zwischen ihnen. Und es fliegen Fetzen, denn während Nele es nicht erwarten kann, wieder auf ihr Bike zu kommen, lehnt Elias ihr gefährliches Hobby ab. Zu schwer wiegt die Erinnerung an einen tragischen Unfall. Dennoch kommen sie einander näher – näher, als sie es als Therapeut und Patientin sollten. Doch können sie die Differenzen zum Sport, der zwischen ihnen steht, überwinden? 

€ 15,00 [D], € 15,50 [A]
Erschienen am 31.05.2024
224 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-50785-1
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€ 2,49 [D], € 2,49 [A]
Erschienen am 31.05.2024
208 Seiten
EAN 978-3-377-90149-1
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Leseprobe zu „Racing Hope“

Nele

Das Dröhnen um mich herum nehme ich nur noch gedämpft wahr. Ich konzentriere mich ausschließlich auf die Strecke. Halte die Reifen der Vorderleute im Blick. Der nächste Hügel liegt vor uns.

So fest, dass die Fingerknöchel schmerzen, kralle ich mich an die Griffe, kämpfe mit der vibrierenden Kraft unter mir. Gleichzeitig versuche ich, die ideale Linie zu finden, um unter den allerbesten Voraussetzungen den Absprung zu schaffen. Dieser Sprungberg hat heute schon drei Stürze verursacht, ich werde ihm nicht den vierten liefern. Immer weiter feuere ich [...]

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Nele

Das Dröhnen um mich herum nehme ich nur noch gedämpft wahr. Ich konzentriere mich ausschließlich auf die Strecke. Halte die Reifen der Vorderleute im Blick. Der nächste Hügel liegt vor uns.

So fest, dass die Fingerknöchel schmerzen, kralle ich mich an die Griffe, kämpfe mit der vibrierenden Kraft unter mir. Gleichzeitig versuche ich, die ideale Linie zu finden, um unter den allerbesten Voraussetzungen den Absprung zu schaffen. Dieser Sprungberg hat heute schon drei Stürze verursacht, ich werde ihm nicht den vierten liefern. Immer weiter feuere ich meine GasGas an, drehe das Ventil bis zum Anschlag. Ziehe mit Schwung und aller Kraft, die in mir steckt, das Bike nach oben. Der Flug durch die Luft beflügelt mich, doch diesem berauschenden Kribbeln in all meinen Nervenenden darf ich mich nicht völlig hingeben. Denn schon jetzt muss ich die Landung im Visier haben. Machtvoll drückt sich das starke Profil des Hinterreifens in den Boden und schiebt uns mit voller Energie nach vorn.

Ich klemme die Maschine zwischen meinen Knien ein, erhebe mich und gebe wieder Gas. Lasse die Technik und Fliehkraft für mich arbeiten. Federe jede Bodenwelle ab und bewege mich so, wie mein Bike es gerade braucht.

Pure Lebensfreude durchflutet mich, ich liebe dieses Gefühl. Alles daran. Die Geschwindigkeit, die Kontrolle über die Pferdestärken unter mir. Die rasanten Bewegungen durch das unebene Gelände. Die Konzentration und Ausdauer am Limit. Sogar die Schmerzen, wenn die Muskulatur in den Oberarmen um eine Pause winselt. Es ist befreiend. Denn hier muss ich mich auf das vor mir Liegende fokussieren und kann die ganzen anderen Gedanken, die mir im Alltag begegnen, beiseiteschieben.

Mit jeder Kurve kann ich mich näher an die Räder der Führenden heranbringen. Der letzte Absprung liegt vor mir, und nur noch eine Fahrerin befindet sich zwischen mir und dem Ziel. Ich weiß, ich kann sie nicht mehr einholen, nicht mehr auf den wenigen Metern, die es zu fahren gilt. Aber das muss ich auch nicht. Der zweite Rang ist gut genug, um morgen in die nächste Runde zu starten. So haben die anderen mich vielleicht nicht vom Start an im Visier. Der minimale Punkteunterschied reicht mir. Hauptsache, ich habe diese auf dem Gesamtkonto für mein eigentliches Ziel. Das große Ziel, den einen Traum, der mich schon länger verfolgt und dieses Jahr zum Greifen nah ist. Den Kampf um den Wettbewerb hier vor Ort können wir dann im zweiten Lauf austragen. Jetzt geht es nur darum, eine gute Zeit einzufahren.

Hinter ihr rase ich den Hügel hoch. Wir meistern beide den Sprung, geben noch einmal Fersengeld und jagen nacheinander über die Ziellinie.

Gemächlich lasse ich meine Maschine ausrollen, fahre durch die Gasse der uns anfeuernden Teams. Hier und da wird mir auf die Schulter geklopft.

Vor meinen Leuten halte ich an und schwinge mich von meinem Motocross-Bike.

„NelNel, das war klasse.“ Joris kommt grinsend auf mich zu. „Morgen noch so einen Lauf, und du hast tolle Chancen, auch auf der Meisterschaft fahren zu dürfen.“

„Lob den Tag nicht vor dem Abend, es gibt noch ein paar Wettkämpfe dieses Jahr.“ Lachend ziehe ich mir den Helm vom Kopf und drücke ihn Joris in die Hände. „Also schön ein Rennen nach dem anderen.“

„Ich glaube an dich. Das solltest du auch.“

„Damit hat das nichts zu tun. Wir wissen beide, kein Tag ist wie der andere. Kein Rennen so wie das davor. Also will ich mir keine Hoffnungen machen, solange noch zu viele Unsicherheiten im Spiel sind.“ Auch wenn es mich innerlich zerreißt. Denn ich will. So unbedingt, dass sich mein Magen bei meinen eigenen Worten verkrampft. „Aber ich werde alles dransetzen, die nötigen Zeiten zu fahren. Mehr, als mein Bestes zu geben, um auf dieses Ziel hinzukämpfen, kann ich nicht tun.“

„Eine gute Einstellung hat unsere Kleine!“ Tim schiebt sich und sein Bike an uns vorbei. „Wenn ich jetzt auch so wie Nele vorlegen kann, bin ich zufrieden.“

„Als ob du ihr das Wasser reichen könntest!“ Mit einem hörbaren Klopfen schlägt Joris ihm eine Hand auf die Schulter.

„Ja, ja. Wenn ihr mich dann mal durchlassen würdet? Ich muss da so ein Rennen fahren.“

„Viel Erfolg! Und denk an die zweite Kurve, die hat es in sich!“, rufe ich ihm hinterher.

Am sehnsüchtigen Blick von Joris kann ich seine Gedanken erahnen. Ich kenne diesen Ausdruck und kann mir das Schmunzeln kaum verkneifen. Belustigt stupse ich ihn mit dem Ellenbogen an und nicke in Richtung Rennstrecke.

„Na los, geh schon zu einem guten Aussichtspunkt. Ich komme gleich nach.“

„Danke. Bist die Beste!“ Grinsend eilt er davon.

 

Kurze Zeit später trete ich neben Joris. War gar nicht so leicht, ihn in den Menschenmassen ausfindig zu machen. Dicht gedrängt verfolgen die Zuschauer das aktuelle Rennen, fiebern mit ihren Favoriten mit. Natürlich feuern auch Joris und ich unseren Schützling an. Tim ist erst vor einem Jahr ins Team gekommen, und obwohl er körperlich der Größte von uns ist, bleibt er das Küken.

„Wie schlägt er sich?“, erkundige ich mich. Den Start habe ich leider verpasst, weil ich mich um meine Maschine gekümmert habe.

„Ganz wacker, so weit. Aber die zweite Kurve macht ihm in jeder Runde zu schaffen. Er fährt zu eng hinein. Jedes Mal.“ Brummend schiebt er sich den Schirm seiner Baseballkappe tiefer in die Stirn, als könnte er sich das Elend nicht weiter ansehen.

„Er will einfach nicht aus dem Fehler lernen.“ Die ganzen Fahrer scannend halte ich nach Tim Ausschau. Solange die Mehrzahl dicht gedrängt beieinander ist, wird es aber auch schwer für ihn, einen anderen Weg einzuschlagen.

„Scheint so, dabei habe ich ihm in deinem Rennen schon gezeigt, wie jede deiner Kontrahentinnen Probleme bekam, die da Meter sparen wollte. Der Junge hört mir einfach nicht zu!“

„Wo soll er denn hin? Andere umfahren? Lass ihn mal machen.“

„Dein Vertrauen möchte ich gern haben.“ Joris stützt seine Unterarme auf die Holzabsperrung vor uns. Ein mehr als frustriert klingendes Schnauben entfährt ihm.

„Würde dir ganz gut stehen.“ Skeptisch mustere ich ihn von der Seite. Da stimmt doch was nicht. Warum ist mir das vorhin entgangen? „Wie läuft es mit Lisa?“

„Siehst du die etwa?“

„Oha. Die? Was ist passiert?“ Plötzlich ist das Rennen vor mir unwichtig geworden. Immer wenn Joris Streit mit Lisa hat, ist er unkonzentriert. Und obendrein dermaßen unter Strom, dass ich mir ernsthaft Sorgen mache, ob es die beste Idee ist, ihn nachher überhaupt sein Rennen antreten zu lassen. Denn Konzentration ist das A und O. Ablenkung kann man da nicht gebrauchen. Und der Kerl vor mir lässt sich von Lisa leider extrem gern ablenken.

„Das Übliche. Hat mir eine riesige Szene gemacht, dass schon wieder ein ganzes Wochenende nur für den Sport draufgeht. Dabei hatte sie versprochen, mal mitzukommen.“

„Es kann halt nicht jeder nachempfinden, dass es eine Leidenschaft ist.“

„Richtig. Aber nach zwei Jahren sollte sie das doch wissen, findest du nicht?“

„Joris, ihr könnt nicht miteinander, aber auch nicht ohne. Ihr müsst da langsam einen Kompromiss finden. Denn Tim und ich können nicht jedes Wochenende nur darauf bedacht sein, deine Laune anzuheben. Das geht einfach nicht. Ist doch okay, wenn sie nicht hier ist. Solange sie dir den Freiraum lässt.“

„Ja, mit einer Welle, auf der jeder Surfer seine wahre Freude hätte.“

„Na, wie gut, dass du die Wogen immer wieder glätten kannst.“

Die Teilnehmer des aktuellen Wettkampfs tauchen wieder vor uns auf, die heranrauschenden Motorengeräusche erschweren das Gespräch. Also fokussiere ich mich auf das Geschehen vor mir, suche den knatschgelben Helm.

„Siehst du.“ Ich stupse Joris mit dem Ellenbogen an. „Unser Nesthäkchen hat einige hinter sich gelassen, und jetzt fährt er auch den Bogen weiter aus.“

„Ist ja doch noch nicht Hopfen und Malz verloren bei ihm.“

„Bei dir auch nicht. Ruf Lisa nachher einfach mal an. Zeig ihr, dass du nicht nur an Rennen denkst, sondern offensichtlich auch während der Wettkampftage an sie.“

„Boah, NelNel, man könnte manchmal echt das Gefühl bekommen, dass du weißt, wie Frauen denken.“

„Ich hab dich auch lieb.“

 

Der gemütlichste Teil der Wettkämpfe ist mit Abstand der Abend. Wenn Ruhe einkehrt und die Maschinen schweigen. Keine aufheulenden und knatternden Motoren, sondern klirrende Bierflaschen und knisternde Grillfeuer. Manchmal organisieren die Veranstalter eine Party, doch heute ist es still. Ich liebe zwar den Lärm, wenn richtig viel um mich herum los ist, dennoch weiß ich auch diese ruhigen Momente zu schätzen. Wenn wir die Rennstrecken noch einmal durchgehen. Überdenken, wie es gelaufen ist und wo wir noch besser werden können.

Tim und ich sitzen in unseren Campingstühlen, jeder von uns eine Bierflasche in der Hand, während Joris neben dem Grill auf- und abtigert.

„Mit wem telefoniert er eigentlich die ganze Zeit?“ Tim beugt sich zum Kasten und reicht mir eine neue Flasche herüber.

„Mit wem wohl?“

„Och nö. Wieder Ärger im Paradies?“

„Du kennst die beiden doch. Aber warte mal ab. Dass er sie heute anruft und nicht wieder bis Montag so tut, als würde Lisa nicht existieren, innerlich aber rumgrübelt, was sie mit wem unternehmen könnte, wird bestimmt Wunder wirken.“

„Holst du auch mal Luft beim Reden?“ Zischend öffnet er sein Bier und reicht mir das Feuerzeug, damit ich es ihm gleichtun kann. „Meine Güte, das war ja ohne Punkt und Komma. Zu dieser Uhrzeit.“

„Du weißt doch: Wer bremst, verliert.“

Joris hat inzwischen aufgelegt und kommt grinsend zu uns.

„Na? Hatte ich recht?“ Ich kann mir das Lachen nicht verkneifen, sein beflügelter Gesichtsausdruck ist einfach zu herrlich.

„O ja. Ein wahres Wunder. Sie will morgen vorbeikommen. Ist ja diesmal nicht so weit für sie.“

„Sag ich doch. Zeig ihr einfach hin und wieder, dass dir das hier wichtig ist, sie aber auch.“

„Wie jetzt? Lisa kommt tatsächlich morgen her?“ Ungläubig schaut Tim zwischen mir und Joris hin und her.

„Jep. Also du musst ja keinen Rat von mir annehmen. Aber wenn diese Frau hier“, leicht knufft er mir gegen die Schulter, „einen Tipp gibt, dann befolge ihn sofort. NelNel ist die Beste!“

„Hoffentlich sagst du das auch nach dem Rennen morgen.“

„Ich werde das immer sagen!“


Nele

Ich werde von einem gleichmäßigen, prasselnden Geräusch wach. Bitte nicht! Es war kein Regen gemeldet. Langsam richte ich mich im Auto auf und spähe in die Morgendämmerung.

Auf dem Campinggelände vor der Wettkampfanlage ist noch alles ruhig. Die Zuschauenden und anderen Teilnehmenden scheinen noch alle in ihren Vans, Campern und Zelten zu schlafen. Ich greife nach meinem Handy. Fünf Uhr. Okay, ich sollte auch versuchen, noch eine Mütze voll Schlaf zu bekommen, bevor ich mich vorbereiten muss. Doch das stetige Klopfen der Regentropfen auf dem Autodach macht mich unruhig. Die Strecke ist nicht die Beste, und Regen wird die ohnehin schon schwierige zweite Kurve zu einer wahren Herausforderung machen. Die Nervosität breitet sich wie ein Wespenschwarm in meinem Magen aus. So eine Situation wie diese Biegung, gepaart mit Regen und somit rutschigem Untergrund, hatte ich schon einmal.

Die Erinnerung an den unschönen Massensturz kommt in mir hoch. Dennoch versuche ich, meine Gedanken beiseitezuschieben und mich durch das gleichmäßige Geräusch wieder in den Schlaf wiegen zu lassen.

 

Scheint auch funktioniert zu haben, denn das nächste Mal erwache ich durch den Knall einer zuschlagenden Autotür. Müde reibe ich mir die Augen und gucke aus meinem Wagenfenster. Zwischen dem Wohnwagen der Jungs und meinem Schlafplatz auf vier Rädern steht ein Kleinwagen. Herzhaft gähne ich, steige aus und strecke mich genüsslich. Der Boden unter meinen nackten Füßen ist noch nass und weich von der regnerischen Nacht. So ein Mist. Eilig suche ich die ollen Gummilatschen aus dem Kofferraum und schlüpfe hinein. Dann greife ich nach meinem Kulturbeutel, schnappe mir meine Kleidung für heute und schlendere zu Lisa.

„Gut geschlafen?“ Lächelnd hält sie eine weiße Tüte mit dem Logo meiner liebsten Bäckerei hoch. „Ich dachte, ich bringe euch mal etwas Stärkung für den Tag mit.“

„Du bist meine Retterin. Ich muss aber erst mal die Männer aus dem Bad werfen. Entschuldigst du mich?“

Ohne Vorwarnung reiße ich die Wohnwagentür auf. Wie ich die beiden Schlafmützen kenne, sind die eh noch nicht wach und brauchen einen ordentlichen Weckruf – bevor Lisa das Elend zu Gesicht bekommt, das sich jedes Campingwochenende eröffnet. Zwei Männer in dem engen Raum zusammen. Das ist die Hölle auf Erden. Sie bieten mir zwar immer wieder an, dass ich auch auf dem Ersatzbett übernachten kann, aber wer tut sich das schon freiwillig an? Ich bestimmt nicht. Dann lieber im unbeheizten Raum und der eher unbequemen Rückbank meines Autos. Hauptsache, ich darf das Bad im Wohnwagen benutzen.

„Aufwachen! Joris hat Besuch. Und glaubt mir, Lisa will die Luft hier drin nicht atmen.“

„Nele, du bist morgens eine Tyrannin.“ Tim schafft es zwar, den Oberkörper anzuheben, aber von geöffneten Augen kann man da noch lange nicht sprechen.

„Wenn ihr eine gut gelaunte, zuckersüße und freundliche Nele zu früher Stunde haben wollt, dann solltet ihr vor mir wach werden. Euch darum zu kümmern, dass ich einen Kaffee bekomme, bevor ich hier rüberwandere, wäre doch ein Anfang.“

„Ich mach gleich einen.“ Joris schwingt sich aus dem Bett, schiebt sich an mir vorbei und begrüßt zuerst seine Freundin. Clever, wie er ist, nimmt er auch direkt die Campingstühle mit raus.

Geht doch. Bevor der Zweite im Bunde noch auf die Idee kommt, vor mir ins Bad zu verschwinden, betrete ich den kleinen Waschraum.

„Wunderbar“, brummt Tim. „Weck mich, wenn du da drin fertig bist.“

Kopfschüttelnd ziehe ich die schmale Tür hinter mir zu. Wenn ich könnte, wie ich wollte, hätte ich mir längst auch ein eigenes Wohnmobil gekauft. Einen ausgebauten Van, direkt mit eingebauter Garage für mein Bike. Aber das Leben ist ja kein Wunschkonzert. Wie ich immer wieder feststellen darf.

Nach der Katzenwäsche und umgezogen fühle ich mich gleich viel besser. Dass Joris sein Versprechen gehalten hat und inzwischen das Wasser für den Camping-Kaffee auf dem kleinen Gasherd köchelt, hebt meine Laune noch weiter. So kann der zweite Renntag starten.

 

Wir stehen alle nebeneinander. Warten auf das Startsignal. Ich habe das große Glück, dass ich in der Mitte bin. Damit habe ich es in den ersten Wendungen leichter und werde nicht zu weit oder zu eng in die Kurven gedrückt. Zudem wird gleich zu Beginn die Strecke trichterförmig enger. Da ist es immer von Vorteil, sich direkt mittendrin zu befinden – wenn man denn perfekt vom Fleck wegkommt und sich nicht abdrängen lässt.

Ich konzentriere mich auf die Absperrung vor mir, nehme nur am Rande die laufenden Motoren links und rechts wahr. Das aufgeregte Surren, das zu einem einzigen Zweitaktmotor-Konzert anschwillt. Mein Blick ist nach unten gerichtet, um nicht den perfekten Moment zu verpassen. Das Startgitter klappt herunter. Ich gebe Gas. Gut vom Start wegzukommen hat schon das ein oder andere Rennen entschieden.

Mein Bike hüpft unter mir über die nun am Boden liegende Metallabsperrung hinweg. Drückt den Hinterreifen tief in den Boden. Aufgeweichter Lehm fliegt um uns herum in die Höhe. Dann geht es erst einmal nur nach vorn. Immer schneller.

So lange träume ich schon von einem Holeshot. Dem einen perfekten Rennen, das einem vom Start weg niemand mehr nehmen kann. Heute könnte der Moment gekommen sein.

Ich setze mich direkt an die Spitze, bevor es auf die ersten Bodenwellen zugeht. All das Adrenalin lässt mich in meinem Helm laut auflachen. Es ist grandios und fühlt sich so toll an, direkt vor allen anderen wegzufahren. Niemand befindet sich vor mir. Keiner, der mich mit dem Ellenbogen oder der Schulter abdrängen kann.

Vor der engen ersten Kurve bremse ich nur kurz ab. Verlagere mein Gewicht. Biege mich mit der Maschine herum und gebe sofort wieder Gas. Weiter geht es auf den Hügel hinauf. Ich merke, dass der Boden hier zu rutschig ist, und muss Geschwindigkeit rausnehmen, bevor ich wieder mit einem kleinen Sprung den Berg hinunterrasen kann.

Dann liegt sie vor mir, die schwere zweite Kurve. Da ich freie Fahrt habe, kann ich mich ganz darauf konzentrieren, den richtigen Anfahrtswinkel zu erwischen. Es läuft alles so perfekt, dass ich es kaum glauben kann. Der ganze erste Teil der Strecke ist ein wahrer Traum.

Erst als ich die Startlinie wieder überquere und die zweite Runde antrete, erkenne ich, wie sehr der Regen doch dem Boden zugesetzt hat. Verdammt! Vor mir befindet sich ein Matschfeld mit tiefen Fahrrillen. Mehrmals rutsche ich in eine vorgefahrene Spur aus der ersten Runde. Vielleicht ist es sogar meine eigene.

Mühsam kontrolliere ich mein Bike, damit es nicht unter mir wegrutscht. Was mir nur mittelprächtig gelingt. Immer wieder muss ich mit aller Kraft meine Maschine festhalten und das Schlittern ausgleichen. So ein verdammter Mist! Dahin sind meine Sicherheit und der Traum vom Start-Ziel-Sieg. Ich höre die anderen Mädels hinter mir. All der schöne Vorsprung ist futsch. Nein! Ich lasse mir dieses Rennen nicht mehr aus der Hand reißen. Nicht heute.

Erneut drehe ich am Gasregler. Scheiß auf Sicherheit! Mich hat es schon lange nicht mehr vom Bike geholt. Das wird auch heute nicht passieren. Schlamm hin oder her.

Doch mit jedem Hügel, jeder Kurve und jeder Bodenwelle, muss ich alle Kräfte beisammenhalten, um nicht ins Rutschen zu geraten. Meine Oberarme schmerzen. Meine Knie zittern, da ich mich regelrecht an meine Maschine klammern muss. Aufgeben gibt es nicht. Ich beiße die Zähne zusammen und fahre weiter.

Beim nächsten Sprung taucht plötzlich eine Fahrerin neben mir auf, überholt mich im Flug. Nein. Nicht mit mir, Fräulein! Ich habe den besseren Winkel für die nächste Kurve.

Was macht die denn? Verdammte Scheiße, es ist zu rutschig, um sich dermaßen in die Kurve zu legen. Wie zu erwarten, verliert sie die Kontrolle, rutscht aus und wird vom Sitz gerissen. So schnell ich kann, weiche ich ihr aus, während sie eilig vom Boden aufspringt. Die oberste Regel: Sofort wieder aufstehen! Sich auf das Motorrad schwingen und weiterfahren. Vorausgesetzt, man kann es noch. Es gab schon Stürze, da hat man sich besser nur noch zusammengerollt und gehofft, dass niemand einen überfährt.

Mein Ausweichmanöver hat mich enorm ins Schleudern gebracht. Der Matsch unter mir wird zur reinen Schlitterpartie. Mein Hinterreifen rutscht nach rechts in die nächste Kurve hinein. Bevor ich es korrigieren kann, fährt ein gigantischer Schlag durch die Knochen. So gut ich kann, spanne ich sämtliche Muskeln an, halte mich verbissen an meine Maschine gekrallt. Der Aufprall kann nur eines bedeuten: Eine Kollegin konnte meinem unkontrollierten Hinterteil nicht ausweichen und ist dagegengeprallt. Sie kommt allerdings schneller weg, rast an mir vorbei, schleudert triefenden Dreck gegen mich. Eilig löse ich eine Hand von der Lenkstange und wische mit zittrigen Fingern über meine Schutzbrille. Die Sicht muss frei bleiben.

Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass sie ebenfalls mit ihrem Material kämpft und sich in der nächsten Kurve hinlegt. Auch sie springt auf und versucht, ihre Honda aus dem Schlamm zu ziehen. Dieser Boden ist eine Herausforderung für uns alle. Ich komme kaum noch von der Stelle. Die Reifen schleudern so viel Lehm hoch, und doch habe ich das Gefühl, wir machen kaum Meter für den ganzen Aufwand. Noch mehr Teilnehmerinnen fahren an mir vorbei.

Mädels, ich enttäusche euch nur ungern, aber der Sieg gehört mir. Verstanden?

So dicht ich kann, fahre ich an eine meiner Konkurrentinnen heran, um die nächste Kurve besser zu nehmen. Nebeneinander schmiegen wir uns in die Biegung. Sobald es auf die Gerade geht, kann ich mich wieder an ihr vorbeischieben. Zwei andere sind vor uns, die gilt es zu überholen.

Ich bin fast schon auf ihrer Höhe, da verliert eine der beiden den Halt in der vor uns liegenden Buckelpiste. Sie stellt sich so plötzlich komplett quer, dass ich nicht schnell genug bremsen kann. Ein lautes Scheppern erklingt, als ich sie ramme. Wir beide werden hin und her geschleudert, nicht nur durch die tückische Bodenwellenpassage. Ich schaffe es nicht, das Bike unter mir wieder gerade zu halten, rutsche komplett weg, und zum ersten Mal seit Langem befinde ich mich auf dem Boden. Halb so wild.

Zügig springe ich auf, greife sofort nach dem Lenker. Mit allen mir zur Verfügung stehenden Kräften ziehe ich meine GasGas aus dem Schlamm. Will mich gerade wieder in den Sattel schwingen, als mich ein stechender Schmerz umhaut. Ich sehe noch, dass eine Fahrerin sich zu mir umdreht, während ich erneut umkippe. Diesmal zu Seite. Ich schlage mit dem Helm gegen das Metall meiner Cross-Maschine. Das Scheppern hallt in meinen Gliedern nach. Hat sie mich gerade ernsthaft angefahren?

Ich rapple mich mühsam auf, doch erneut schießen Schmerzen durch mein Bein, gepaart mit einer alles niederringenden Übelkeit. Ich kann mich nicht aufrecht halten, meine Beine geben unter mir nach. Ich höre das Dröhnen anrollender Motoren. Alles, woran ich noch denken kann, ist dieser meine Aufmerksamkeit einfordernde Schwindel. Die gelbe Fahne, die zuckend neben mir hin- und herschwenkt, verschwimmt. Ich rolle mich ein und bete, dass mich nicht noch eine weitere Kontrahentin touchiert oder gar über mich fährt. Ich kann mich auf nichts mehr konzentrieren. Einfach weiteratmen und hoffen. Denn an Aufstehen ist nicht zu denken.

Hände greifen unter meine Schultern, ziehen mich weg.

Danke. Ich glaube, ich sage es laut. Oder murmle ich es nur? Der Helm wird mir abgenommen. Ein besorgtes Gesicht schaut auf mich herab. Ist das einer der Sanitäter? Frederik? Ja, ich glaube, es ist unser alter Bekannter. Aber das Gesicht wird vor meinen Augen unscharf. Eine undefinierbare Mischung aus Farben.

Ich höre Joris und Tim rufen. Doch ich kann mich nicht zu ihnen umdrehen. Der Wunsch nach Erlösung, dass dieses Klingeln in meinen Ohren aufhört und mein Magen sich beruhigt, ist zu mächtig. Ich möchte einfach nur noch diese verfickten Qualen loswerden.

Nadine Engel

Über Nadine Engel

Biografie

In eine Schublade passte die Rheinländerin noch nie. Während der Studienjahre besuchte Nadine nebenher eine Schauspielschule. Die Leidenschaft, sich in Figuren hineinzuversetzen, wurde schon damals deutlich sichtbar. Ebenso die Liebe zu guten Geschichten. Da war es nicht verwunderlich, dass der...

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