

Resist Me Less (Italian Summer 2) Resist Me Less (Italian Summer 2) - eBook-Ausgabe
Roman
— Mit limitiertem Farbschnitt und Page Overlay | Die neue New-Adult-Reihe der SPIEGEL-Bestsellerautorin mit romantischem Setting in RomResist Me Less (Italian Summer 2) — Inhalt
Er war ihre erste Liebe, jetzt ist er ihr größter Rivale!
Die 23-jährige Elora arbeitet als Köchin in einer Ferienanlage im italienischen Tursi, als sie zu einem Kochwettbewerb nach Rom eingeladen wird. Bei der im TV übertragenen Show kann sie endlich ihr Können unter Beweis stellen. Doch einer ihrer Konkurrenten ist ausgerechnet ihre Jugendliebe Jack, der sie hintergangen und ihr Herz gebrochen hat. Elora möchte Jack bei den Dreharbeiten aus dem Weg gehen, aber sie wohnen nicht nur im selben Hotel, sondern sollen auch gemeinsam Werbeveranstaltungen besuchen. Schon bald lassen erbitterte Kochduelle und hitzige Wortgefechte die Funken sprühen!
Band 1: Trust Me More
Band 2: Resist Me Less
Leseprobe zu „Resist Me Less (Italian Summer 2)“
Prolog
Elora
Meine Zimmertür war verschlossen. Sie hatten mich hier eingesperrt. Sollte ich überrascht sein? Vermutlich nicht. Bis vor wenigen Minuten hatte ich mich noch an die Tatsache geklammert, dass sie meine Eltern waren. Dass sie mich trotz ihrer Fehler liebten.
Diese Illusion lag nun zersplittert und scharfkantig in meiner Gefühlswelt. Ein Sturm kam auf, für den ich keine Zeit hatte.
In den sechzehn Jahren meines Lebens hatte ich gelernt, leise zu sein. Im Hintergrund zu existieren und im besten Fall keinen Mucks zu machen. Gefühle würden mich in [...]
Prolog
Elora
Meine Zimmertür war verschlossen. Sie hatten mich hier eingesperrt. Sollte ich überrascht sein? Vermutlich nicht. Bis vor wenigen Minuten hatte ich mich noch an die Tatsache geklammert, dass sie meine Eltern waren. Dass sie mich trotz ihrer Fehler liebten.
Diese Illusion lag nun zersplittert und scharfkantig in meiner Gefühlswelt. Ein Sturm kam auf, für den ich keine Zeit hatte.
In den sechzehn Jahren meines Lebens hatte ich gelernt, leise zu sein. Im Hintergrund zu existieren und im besten Fall keinen Mucks zu machen. Gefühle würden mich in Schwierigkeiten bringen. Es war besser, niemanden einzulassen. Und schon gar nicht meine Eltern.
Ironischerweise waren sie das komplette Gegenteil von mir.
Sie waren laut und ausfallend. Sie gestikulierten schnell und ungenau. Ihre Existenz war ein Desaster. Ihr Zorn unmenschlich.
Doch wehe, ich begegnete ihnen auf gleicher Ebene. Wehe, wenn die Drogen durch ihre Adern fluteten und sie zu Dämonen machten, die mich zerfleischen konnten.
Obwohl ich dies wusste, war ich erstaunt von der Niedertracht, die sich an diesem Abend angeschlichen hatte.
Ein bodenloser Abgrund tat sich vor mir auf, während ich die Arme um meine Knie schlang und sanft vor- und zurückschaukelte.
„Stell dich nicht so an, Elora“, lallte Dad aus dem Flur und schlug mit der flachen Hand gegen das Holz der Tür. Mittlerweile konnte ich die Art der Schläge voneinander unterscheiden. „Es ist ja nicht so, als wärst du noch Jungfrau. Er hat gesagt, er braucht nur ein paar Minuten mit dir und wir bekommen die Kohle.“
„Du willst doch auch nicht, dass uns das Wasser abgedreht wird, oder?“, mischte sich Mum mit ihrer kratzigen Hundert-Zigaretten-pro-Tag-Stimme ein. „Tu was für die Familie. Du hast hier lange genug schmarotzt.“
Dass ich arbeitete, seit ich zwölf war, und sie mir sämtliches Gehalt abnahmen, interessierte sie nicht. In ihrer eigenen Welt war ich undankbar und lediglich dafür gut, ihrem Willen zu gehorchen. Ihren Frust auszuhalten. Mich schlagen und peinigen zu lassen, damit sie ihren Schmerz für einige Minuten vergessen konnten.
„Ich hasse euch!“, schrie ich und verteilte Rotz und Spucke über meinen Ärmel. „Ich hasse euch!“
„Halt die Klappe, du kleine Göre. Er wird gleich hier sein.“ Dad schlug noch einmal gegen das Holz, ehe ich sich entfernende Schritte vernahm. Mums klackernde Absätze folgten ihnen in die Küche.
Sie hatten mich verkauft. An ihren Drogendealer.
Mein Verstand scheute vor dieser Wahrheit zurück, aber ich musste sie mir eingestehen. Ich konnte nicht weiter die Augen davor verschließen. Wenn ich blieb, würden sie mich endgültig zerstören.
Wenn ich blieb, würden sie mich töten. Auf die eine oder andere Weise.
Jeder meiner Knochen schmerzte, als ich mich auf dem schmalen Bett abstützte und aufstand. Mir blieb nicht viel Zeit. Es war bereits nach neun. Die vereinbarte Uhrzeit, wie ich herausgefunden hatte.
Schon vor einer Weile hatte ich jedoch damit begonnen, meine wichtigsten Habseligkeiten in einen schwarzen Armeerucksack zu stopfen. Nicht weil ich vorgehabt hatte, vor meinen Eltern zu fliehen, sondern mit ihnen zusammen. Vor den Kredithaien und den anderen Junkies. Vor ihren gefährlichen Freunden, von denen sie sich Geld, Drogen und Alkohol liehen, ohne die Absicht, etwas davon zurückzuzahlen.
Ich hievte den Rucksack im Dämmerlicht meines Zimmers auf die weiche Matratze. Mit fahrigen Fingern ging ich den Inhalt ein letztes Mal durch: Jeans, Tops, Pullis, Unterwäsche und ein Säckchen mit Knöpfen, die ich über die Jahre gefunden hatte. Verschieden groß und bunt. Jeder einzelne erzählte eine Geschichte, und wenn ich sie in den Händen hielt, konnte ich mich in ihre Welten träumen und meine eigene vergessen.
In der Tasche fand sich auch ein Buch über eine junge Frau, die Rache an dem Mörder ihrer Familie üben wollte und sich dann in dessen Sohn verliebte. Ein fantastisches Setting. Ein Happy End. Spannung und Liebe. All das, was mein Leben nicht bot. Es bestand bloß aus Enttäuschung und Frust.
Langsam drehte ich mich in dem kleinen Zimmer um, ehe ich mich innerlich von dem Zuhause der letzten vier Monate verabschiedete. Hier hielt mich nichts mehr.
Eilig schlüpfte ich in die Daunenjacke, und dann band ich mir den blauen Wollschal um, den ich in der U-Bahn gefunden hatte.
Ich spitzte die Ohren. Jemand klopfte heftig an der Haustür. Mein Herz sank. Die Sekunden verstrichen.
Mit den Fingern rutschte ich über das Holz des Fensterrahmens, als ich es nach oben drückte. Splitter gruben sich in meine Haut, aber ich spürte den Schmerz nicht. Nur die Panik, die das Rauschen in meinen Ohren unerträglich laut machte.
Schließlich war das Fenster weit genug geöffnet, damit ich hinausklettern konnte. Ein Haufen Schnee dämpfte mein Aufkommen auf der anderen Seite.
Beim Ausatmen bildeten sich weiße Wölkchen vor meinem Gesicht, so kalt war es.
Ich blieb nicht stehen. Ich drehte mich nicht um. Nein. Das war vorbei. Elora Brooke hatte aufgehört zu existieren. Ich rannte die enge Gasse entlang und hoffte, für immer in der Dunkelheit der Nacht verschwinden zu können.
1. Kapitel
Elora
Ich blinzelte heftig gegen die grelle italienische Sonne. Meine Atmung ging schneller, als es meine Tätigkeit rechtfertigte. Doch es war die Panik, die sich auch sieben Jahre nach meiner Flucht anzuschleichen wusste. Sie kroch immer dann auf mich zu, wenn ich am wenigsten mit ihr rechnete.
Gelächter und Gespräche rissen mich zurück in die Gegenwart. Neue Touristen mussten angekommen sein. Wenn mich nicht alles täuschte, war es die vierte Woche in Folge, die wir ausgebucht waren. Speranza mauserte sich allmählich zum Dauererfolg. Seit der Eröffnung waren bereits acht Monate vergangen, und in keinem Monat waren wir in die roten Zahlen gerutscht.
Dante und Cleo wussten, was sie taten. Außerdem vertrauten sie mir zu hundert Prozent bei dem, was ich machte. Kochen.
Ich durfte alles tun. Musste sie weder um Erlaubnis bitten noch mich auf irgendeine andere Weise rechtfertigen. Mein Budget war unendlich groß, auch wenn ich natürlich darauf achtete. Schließlich wollte ich, dass sich Speranza weiterhin rentierte.
Es war eine Umstellung gewesen. Vorher war ich hauptsächlich in der gehobenen Küche tätig gewesen. Eleganz und Präzision waren dabei genauso wichtig wie der vielfältige und vor allem mehrlagige Geschmack. Das hatte sich nun geändert. Ich orientierte mich zunehmend an der traditionellen Küche und versuchte, die Gäste sowohl zu beeindrucken als auch mit einem einzigen Gang zu sättigen.
Cleo und Dante versicherten mir, dass ich das ganz hervorragend hinbekäme, und ich hatte mich dazu entschlossen, ihnen zu vertrauen.
Irgendwie, irgendwann waren wir zu einem unschlagbaren Team geworden, und ich fühlte mich … sicher. Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit fühlte es sich an, als könnte dies ein Zuhause sein.
Ich konnte nicht sagen, ob das die Endstation für mich war. Schließlich war ich erst fast vierundzwanzig und dafür noch ziemlich jung in meiner Karriere. Andererseits hatte ich viel mehr erreicht als andere Köchinnen in meinem Alter, und das verfälschte manchmal mein Bewusstsein für meine eigene Situation. Schließlich hatte ich schon in zwei verschiedenen Küchen mit jeweils einem Michelin-Stern gearbeitet, und das konnten nicht alle von sich behaupten. Das waren Jahre, in denen ich am meisten gelernt hatte.
Seufzend werkelte ich weiter an den Artischocken, die heute geliefert worden waren. Da sie nicht lange haltbar waren, wollte ich sie schnell verarbeiten und in meine eigene Ölrezeptur einlegen. Frisch schmeckten sie zwar auch wunderbar, aber eingelegt und mit einer delikaten Tomaten-Muschel-Soße serviert, waren sie unwiderstehlich.
Die grünen Blätter zu entfernen, um an das köstliche Herzstück zu kommen, glich einer Sisyphusarbeit, doch es lohnte sich. Selbst als ich lautlos fluchte, weil ich die faserigen, zarten Fäden, das sogenannte Heu, entfernen musste, dachte ich an das Ergebnis. Der Choke war ungenießbar, und es gab keinen anderen Weg daran vorbei, als mich meinem Schicksal zu ergeben und den Löffel als Waffe zu schwingen, bis keine Fäden mehr übrig waren.
Ich spürte, wie sich ein Lächeln auf meine Lippen stahl, weil es mich glücklich machte, über den extraordinären Geschmack nachzudenken.
Aber nicht nur das bereitete mir hier auf Speranza Freude. Die Gäste waren größtenteils zuvorkommend und offen. Sie erzählten so viele spannende Geschichten, und wenn sie zudem meine Kochkünste lobten, konnte ich mit leichtem Herzen einschlafen. Dazu kamen meine fünf treuen Begleiter: die getigerte Katzenmama Lune und ihre vier Jungen, die mittlerweile ganz schön groß geworden waren. Ich hatte sie Uno, Due, Tre und Quattro getauft. Zum Unmut von Dante, der die Namen richtig öde fand. Trotzdem überließ er mir die Entscheidung.
Ich hatte Lune und die Kätzchen zum Tierarzt gebracht, sie impfen, sterilisieren, kastrieren und am Ende noch chippen lassen, damit sie uns nicht verloren gingen. So wie ich Teil von Speranza war, so gehörten auch sie dazu. Selbst Dante erhob nie einen Einwand dagegen, schließlich hielt er sich immer noch eine Kuh, Ziegen, ein Schwein, Hühner und einen Hahn.
„Alexa, Lautstärke auf sechzig Prozent“, sagte ich, bevor ich lauthals mit Eros Ramazotti mitsang und alles um mich herum vergaß.
Es war egal, ob dies Glück war oder nicht. Für mich war es die bisher beste Zeit meines Lebens.
„Es gibt nichts Schöneres als diesen Whirlpool“, sagte Cleo und stöhnte ausgiebig, während sie sich bis zum Hals ins blubbernde Wasser sinken ließ.
„Wirklich? Nichts Schöneres?“, fragte Dante mit hochgezogenen Brauen. Er legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich.
Ich saß ihnen gegenüber. Isaac, Dantes Bruder, reichte uns meine vorbereiteten Raspberry-Gin-Cocktails. Das optimale Getränk, um den Feierabend zu genießen. Heute war wirklich alles perfekt gewesen.
Bis auf meine kurzzeitige Schockstarre in der Küche, aber darüber konnte ich hinwegsehen.
„Danke.“ Er beugte sich herab und platzierte einen Kuss auf meinen Lippen, während ich das Glas festzuhalten versuchte. In meinem Bauch kribbelte es.
„Nichts zu danken“, sagte er leise und verheißungsvoll.
Ich spürte, wie Hitze in meine Wangen stieg, weil meine Gedanken sofort zu der bevorstehenden Nacht wanderten. Zum Glück waren Dante und Cleo zu beschäftigt miteinander, um meine Verlegenheit zu bemerken. Oder meine Vorfreude.
Isaac bot mir das, was ich brauchte. Keine Bindung. Keine Erwartungen. Wir fühlten uns zueinander hingezogen, und wann immer Isaac aus New York nach Speranza kam, frischten wir unsere Erinnerungen vom Körper des anderen auf. Kein schlechter Deal.
Ehrlich gesagt, sprang dabei mehr für mich raus als für ihn. Schließlich musste er zwölf Stunden zu mir reisen.
Ich sah ihn lächelnd an, als er neben mir ins Wasser glitt.
Jedes Mal war ich beeindruckt davon, wie gut er aussah. Als würde ich es ständig vergessen.
Sein aschblondes Haar, seine graublauen Augen und die geschwungenen Lippen, die mich in andere Sphären zu bringen vermochten. Am meisten liebte ich seine Größe und seine breiten Schultern. Wenn er mich in den Armen hielt, konnte ich die Welt um mich herum komplett ausblenden. Dann existierten nur noch wir beide. So wie ich es am liebsten hatte.
„Das schmeckt hervorragend, Elora“, sagte Dante und stieß mit seinem Glas gegen meines. Die Eiswürfel klirrten in der hellroten Flüssigkeit gegeneinander.
Der Whirlpool befand sich in dem privaten Hof der Anlage und war nicht für Gäste einsehbar. In meinem Rücken breiteten sich die Weinplantage und dahinter das Dorf Tursi aus. Da Cleo den Anblick am allermeisten von uns liebte, saß ich meistens davon abgewandt. Das störte mich nicht, da ich mir das Panorama oft genug anschauen konnte.
„Find ich auch“, stimmte ihm Cleo zu. Das Wasser schwappte umher, als Isaac sein Glas wegstellte. Wie immer hatte er den Inhalt innerhalb weniger Sekunden inhaliert. „Hey!“
„Sorry, das liegt an meiner Größe.“ Er grinste schelmisch. Mein Herz flatterte. Wenn er nicht heiß war, dann war er süß.
„Ich übergebe mich gleich“, beschwerte sich Dante und machte ein würgendes Geräusch.
„Du bist bloß eifersüchtig.“
Cleo fuhr mit einer Hand über Dantes gebräunten Brustkorb, sah dabei aber Isaac an. Ohne zu blinzeln, erwiderte sie: „Glaub mir, er ist mehr als groß genug.“
„Jetzt kotz ich gleich“, sagte Isaac. Unter Wasser aber legte er einen Arm um meine Taille und zog mich näher zu sich heran.
„Ich glaube auch nicht, dass ich weiter Teil dieses Gesprächs sein will“, murmelte Dante mit leicht geröteten Wangen. Das erkannte ich bloß wegen des Lichts der Laterne, die über uns an der Natursteinwand hing. Abgesehen davon wurde es zunehmend dunkler und ein wenig kühler.
Es war erst Ende April, und auch wenn tagsüber schon hohe Temperaturen herrschten, kam abends oftmals noch ein frischer Wind auf, der für die hohen Lagen hier üblich war.
„Ah, wie sollen es Dante und ich nur ohne euch zwei aushalten?“, sinnierte Cleo und klang überhaupt nicht so, als würde ihr das etwas ausmachen.
„Also ich verstehe schon, dass ihr Isaac nicht vermissen werdet, aber mich?“, zog ich ihn auf, während ich unter Wasser eine Hand bis zu seinem Knie und dann wieder bis zu seiner weiten Schwimmhose gleiten ließ.
„Nicht nett“, grummelte er an meinem Ohr. „Das werde ich mir für gleich merken.“
Meine Atmung beschleunigte sich, und dieses Mal hatte es absolut nichts mit einer herannahenden Panikattacke zu tun.
„Stimmt. Deine Küche wird uns fehlen. Aber …“ Cleo lächelte warm. „Du wirst gut Werbung für uns machen. Die Show wird in den sozialen Medien schon richtig gehypt. Obwohl nicht mal alle Kandidaten bekannt sind. Und natürlich wirst du gewinnen.“
„Mach ihr keinen Druck, Babe. Sie wird zumindest ins Finale kommen!“
„Hast du kein Vertrauen in sie?“, beschwerte sich Cleo bei ihrem Freund.
„Hey, hey, ich werde einfach mein Bestes geben“, mischte ich mich ein, bevor ich noch Grund für eine Krise war. Nicht, dass sich die beiden jemals länger stritten. Das hielten sie nicht aus.
„Was anderes erwarten wir gar nicht von dir.“ Isaac küsste meine Schläfe. „Und zumindest eine Woche kann ich dich anfeuern. Dann muss ich zurück nach New York. Das Geschäft ruft. Nachdem mein Bruder all die Verantwortung auf mich abgewälzt hat.“
„Komm, Cleo, mein kleiner Bruder muss offensichtlich noch ein wenig in sich gehen, um zu erkennen, wem Respekt gebührt.“ Dante erhob sich schmunzelnd und brachte das Wasser wieder in Bewegung.
Cleo folgte ihm aus dem Whirlpool. „Da wären wir wieder bei der Größe“, zwitscherte sie vergnügt. „Bis morgen!“
Isaac machte ein würgendes Geräusch.
„Gute Nacht“, wünschte ich ihnen und nippte an meinem Cocktail.
„Sind sie weg?“, brummte Isaac.
Ich blickte über meine Schulter, konnte in den Schatten aber nur noch den menschenleeren Hof mit den Weinreben erkennen, die sich um das Spalier rankten.
„Ja“, bestätigte ich. Im nächsten Moment zog mich Isaac auf seinen Schoß und verschloss meinen Mund mit seinem. Nur gerade so ließ ich das Glas nicht ins Wasser fallen.
„Hm, du schmeckst nach Himbeeren“, wisperte er und neckte mich dann mit der Zunge, die er über meinen Mundwinkel gleiten ließ. Ich senkte die Lider und öffnete meinen Mund, weil ich mehr von diesem euphorischen Gefühl wollte. Diese Hitze, die meine Vergangenheit zumindest kurzzeitig verdrängte.
Ich legte eine Hand in seinen Nacken und stellte, ohne hinzuschauen, das Glas auf die Ablage irgendwo rechts neben mir.
„O Wunder, du schmeckst auch nach Beeren“, sagte ich, ehe er mich zum Stöhnen brachte. Er löste mit einer Hand die Bänder meines Bikinioberteils, sodass es sich in die Blubberblasen verabschiedete und ich obenrum entblößt auf ihm saß. Mit den Händen berührte er meine Brüste und strich dann hauchzart über meine Knospen, die sich bereits aufgerichtet hatten.
Instinktiv veränderte ich meine Stellung, sodass ich nunmehr rittlings auf ihm saß und seine Erektion an meiner heißen Mitte spüren konnte.
„Ich krieg nicht genug von dir“, raunte er. Als er mir in die Unterlippe biss, verlor ich fast den Verstand.
„Du bist fast das Beste an Speranza“, erwiderte ich.
„Nur fast, hm? Da muss ich wohl noch ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten.“
Durch die Hose umfasste ich mit einer Hand seine Erektion und blickte ihm fest in die Augen. Sein Mund war leicht geöffnet. Er regte sich nicht.
„Ich bin schwer zu überzeugen“, sagte ich leise.
„Hm, wie sieht es jetzt aus?“ Er rieb einen Finger über meine empfindlichste Stelle. Die Hitze raste durch meinen Körper, und kurz danach vergaß ich, worüber wir überhaupt gesprochen hatten.
Weil draußen kein Kondom griffbereit gewesen war, hatten wir uns gegenseitig lediglich mit unseren Händen in den Wahnsinn getrieben. Nicht, dass es weniger gut gewesen wäre, doch eine fade Note blieb zurück. Als wäre ich nicht ganz … zufriedengestellt. Doch schon ab morgen wären wir zusammen für eine Woche in Rom. Eine Woche, in der wir jeden Tag Sex haben konnten, wenn ich wollte. Und er natürlich auch. Und danach müsste ich für mich allein sein. Das Kochduell, zu dem ich eingeladen worden war, würde sich über einen ganzen Monat erstrecken. Mehr Zeit als genug, um neue Bekanntschaften zu schließen.
Das Kamerateam und einer der Regisseure waren erst vor zehn Tagen abgereist, nachdem sie auf der Ferienanlage ein paar Aufnahmen mit mir gemacht hatten. Ich hatte sie herumgeführt und lediglich meinen Job in der Küche gemacht, wobei sie mich gefilmt hatten. Danach hatte ich noch ein schmalziges Interview über meinen Werdegang abgegeben, bei dem ich natürlich nichts über meine Vergangenheit in England erzählt hatte.
Am Ende des dreitätigen Drehs war ich froh gewesen, als sie wieder nach Rom geflogen waren. Speranza war mein Zufluchtsort, und sie hatten ihn gestört. Auch wenn ich mich freiwillig morgen in die Höhle des Löwen begab, war es doch was anderes. Ich könnte immer nach Speranza flüchten, ohne dass einer von ihnen sich hier aufhielt. Das reichte schon aus, um mich zu beruhigen.
Ich saß an meinem Kosmetiktisch und kämmte durch mein feuchtes kastanienbraunes Haar, während ich es föhnte, damit es mir voluminös auf die Schultern fiel. Dabei musste ich besonders auf meinen Pony achtgeben, der ungestylt furchtbar aussah. Wenn ich nicht mindestens diesen Aufwand betrieb, würden sich meine Locken verselbstständigen und wenig glamourös um meinen Kopf tanzen. Nicht, dass Glamour mein Ding gewesen wäre, aber in dem Jahr, in dem ich England verlassen hatte, hatte ich mich auch von meinen Locken verabschiedet.
Dazu kam, dass ich gemerkt hatte, wie viel einfacher es war, sich geschminkt und gestylt durch die Gesellschaft zu bewegen. Anfangs hatte ich gedacht, ich würde damit zu sehr auffallen, aber das Gegenteil war der Fall. Wenn man sich so kleidete wie alle anderen, wurde man viel weniger wahrgenommen. Die Massen verschluckten mich, und das war mir absolut willkommen.
Ich tat alles, um nicht von meinen Eltern gefunden zu werden. Hatte sogar meinen Nachnamen geändert – zu Moore – und war seit meiner … anderen Flucht nicht mehr nach England zurückgekehrt. Ich wusste nicht, was mit meinen Eltern geschehen war. Ob sie bereits an einer Überdosis oder im Zuge eines schlecht gelaufenen Deals gestorben waren, aber ich wollte kein Risiko eingehen. Selbst wenn sie nicht mal die finanziellen Möglichkeiten oder den IQ hätten, nach mir zu suchen.
Das Kochduell war einerseits leichtsinnig, weil mein Gesicht vermutlich überall im Internet zu sehen sein würde, andererseits hatten meine Eltern solche Formate nie interessiert. Während ich jede Kochsendung aufgesaugt hatte, die ich finden konnte, hatten sie im Rausch auf dem Boden gelegen.
„Es wird schon alles gut werden“, sagte ich meinem Spiegelbild und machte ein zuversichtliches Gesicht. Es konnte nicht schaden, positive Energie auszusenden. Vielleicht kam sie zurück.
Ich legte mich zu Miss Pummel, meinem Schweinchenstofftier, ins Bett und schaltete das Licht aus. Doch weil ich selten sofort einschlafen konnte, scrollte ich noch eine Weile durch Social Media.
Wider Willen landete ich auf dem Profil meiner Erznemesis: Jack Park.
Wahrscheinlich hatte mich mein Tagalbtraum daran erinnert, dass in meiner Vergangenheit noch mehr im Argen lag. Der Grund meiner zweiten und damit meiner endgültigen Flucht aus England: Jack. Meine erste große Liebe. Der Kerl, der mir das Herz in Stücke gerissen hatte.
Sein letztes Foto zeigte ihn herausgeputzt in einem Smoking und mit einem Glas Champagner auf irgendeiner Gala in Verona. Es störte mich, dass er auch in Italien war. Wurde es nicht langsam Zeit, dass er sich um das Familienimperium Park Diner kümmerte? Schließlich hatten seine Eltern alles getan, damit ich keine Ablenkung für ihn darstellte.
Eigentlich hatte ich auf den Pfeil zurück klicken wollen, doch mein Daumen rutschte ab und landete auf seinem Profilbild. Dadurch ploppte seine aktuelle Story auf, und ich wusste, dass ich einen großen Fehler begangen hatte. Hektisch schaltete ich das Display aus.
Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Was, wenn er sah, dass ich ihn gestalkt hatte? O Gott! Ich strampelte aufgeregt und gleichzeitig auch frustriert wegen meines eigenen Verhaltens mit den Beinen unter der leichten Decke. Wieso kam ich noch immer nicht von ihm los?
Ich schüttelte den Kopf. Er hatte fast zweihunderttausend Follower. Wahrscheinlich checkte er nicht mal, wer seine Storys anschaute, weil es so viele waren. Ich glaubte auch nicht, dass mein Name ganz oben in der Liste auftauchte. Das wäre wirklich schlechtes Karma.
Nachdem ich die Argumente noch ein paarmal lautlos wiederholt hatte, wurde ich ruhiger. Ich stellte mir den Wecker für den nächsten Morgen und zog mir die Decke bis zum Kinn.
Es würde schon alles irgendwie funktionieren. Oder zumindest so weitergehen wie bisher. Das war ausreichend.
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