Schoßgebete Schoßgebete Schoßgebete - eBook-Ausgabe
Roman
„Natürlich hat Charlotte Roche nicht die Sprache, mit der Jean Genet oder Josef Winkler über den Zusammenhang von Sex und Tod schreiben. Doch es gibt in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur keinen Autor, der so anschaulich und letztlich liebevoll über Sex schreiben kann. (…) Die umgangssprachliche Lässigkeit ihrer Rollenprosa setzt sie dabei mit hoher Präzision ein. (…) Nach diesem verflixten zweiten Buch muss Charlotte Roche niemandem mehr etwas beweisen – höchstens, ob sie, wenn sie denn weiterschreiben will, in der Lage ist, auch einen nichtautobiographischen Stoff zu bewältigen.“ - Der Tagesspiegel
Schoßgebete — Inhalt
Am liebsten tagsüber und Fenster zu wegen der Nachbarn. So mag es Elizabeth. Ihr Mann macht die Heizdecken auf dem Bett an, dann kann’s losgehen. Sie fährt sofort mit der Hand rein in Georgs XXL-Yogahose. Und ab hier betrügt sie ihre Männer hassende Mutter, die ihr beibringen wollte, dass Sex etwas Schlechtes sei. Hat aber nicht geklappt, Glück für Elizabeth, Glück für Georg. Aber Sex ist ja nicht alles, es gibt auch noch das Essenkochen für ihre Tochter Liza, und es gibt den Exmann, Lizas Vater. Keine geringe Rolle spielen auch ihre Ängste und ihre schrecklichen Eltern. Wobei diese Themen für Elizabeth seit dem Unfall immer zusammengehören. – „Schoßgebete“ erzählt von Ehe und Familie wie kein Roman zuvor. Radikal offen, selbstbewusst und voller grimmigem Humor ist es die Geschichte einer so unerschrockenen wie verletzlichen jungen Frau.
Leseprobe zu „Schoßgebete“
für Martin
DIENSTAG
Wie immer vor dem Sex haben wir beide Heizdecken im Bett eine halbe Stunde vorher angemacht. Mein Mann hat ganz hochwertige Heizdecken gekauft, die reichen auf beiden Seiten vom Scheitel bis zur Sohle. Für mich muss man da etwas mehr investieren. Ich habe wahnsinnige Angst, dass so ein Ding anfängt zu glühen und ich nach dem Einschlafen bei lebendigem Leibe verbrenne oder am Rauch ersticke. Unsere Heizdecken schalten sich angeblich nach einer Stunde automatisch ab. Wir legen uns in das vierzig Grad warme Bett nebeneinander hin und [...]
für Martin
DIENSTAG
Wie immer vor dem Sex haben wir beide Heizdecken im Bett eine halbe Stunde vorher angemacht. Mein Mann hat ganz hochwertige Heizdecken gekauft, die reichen auf beiden Seiten vom Scheitel bis zur Sohle. Für mich muss man da etwas mehr investieren. Ich habe wahnsinnige Angst, dass so ein Ding anfängt zu glühen und ich nach dem Einschlafen bei lebendigem Leibe verbrenne oder am Rauch ersticke. Unsere Heizdecken schalten sich angeblich nach einer Stunde automatisch ab. Wir legen uns in das vierzig Grad warme Bett nebeneinander hin und starren an die Decke. Der Körper entspannt sich in der Wärme. Ich fange da schon an, tief zu atmen, und grinse in mich rein, in erregter Vorfreude. Dann drehe ich mich um und küsse ihn, meine Hand fährt sofort in seine XXL-Yogahose. Kein Reißverschluss oder so, wo sich Haare oder Vorhaut verfangen könnten. Erst fasse ich seinen Schwanz nicht an, sondern rutsche weiter in die Hose zu den Eiern. Die halte ich wie einen Beutel voll Gold und wiege sie leicht in der Hand. Ab hier betrüge ich meine männerhassende Mutter. Die hat versucht mir beizubringen, dass Sex etwas Schlechtes ist. Hat bei mir aber nicht gewirkt.
Tief einatmen und ausatmen. Das ist der einzige Moment am Tag, wo ich richtig durchatme. Sonst hab ich nur flache Schnappatmung. Immer auf der Lauer, immer kontrolliert, immer aufs Schlimmste gefasst. Beim Sex verändere ich komplett meine Persönlichkeit. Meine Therapeutin Frau Drescher meint, ich würde mich unbewusst abspalten, weil meine feministische Mutter mich zum asexuellen Wesen erziehen wollte. Und nur um sie nicht zu verraten, müsste ich im Bett jemand anderer werden. Das funktioniert sehr gut. Dann bin ich völlig frei. Mir ist nichts peinlich. Die Geilheit auf zwei Beinen. Ich fühle mich dann nicht mehr wie ein Mensch, eher wie ein Tier. Ich vergesse alle Pflichten und Probleme, bin nur mein Körper und nicht mehr mein anstrengender Geist. Ich rutsche langsam mit dem Gesicht in seinen Schritt. Und rieche seinen männlichen Geruch. Ich finde, der ist nicht sehr weit weg vom weiblichen. Wenn er sich nicht direkt vorm Sex geduscht hat, und wann macht man das schon, wenn man so lange zusammen ist wie wir, hat der eine oder andere Urintropfen schon angefangen zu gären zwischen Eichel und Vorhaut. Es riecht wie die Küche meiner Oma, nachdem sie auf dem Gasherd Fisch gebraten hat. Augen zu und durch. Es ekelt mich ein wenig, gleichzeitig aber erregt mich dieser Ekel.
Wenn ich schnell alles sauber gelutscht hab, riecht da nichts mehr. Wie eine Kuh ihr Kalb sauber leckt. Ich vergrabe mein Gesicht schnuppernd im weichen Hodensack, reibe meine Wange den hochgestreckten Schaft entlang. Steif wird er schon beim Küssen auf den Mund. Mein Mann Georg ist viel älter als ich, bin mal gespannt, wie lange das noch so gut funktioniert mit der Erektion. Ich küsse die Leisten, oder wie das heißt, wo die Beine am Rumpf festgewachsen sind. Spätestens da höre ich ihn leicht stöhnen und nach mehr verlangen. Im Moment geht es nur ums Bedienen. Ich überlege genau, welchen Rhythmus was haben muss, um ihn in den Wahnsinn zu treiben. Erst mal nur ärgern. Bei den Leisten bleiben, die Eier immer noch fest mit der Hand umschlossen. Vom Küssen langsam ins Lecken übergehen. Ich mache laute Schmatzgeräusche, damit er nicht nur fühlt, sondern auch hört, was ich da mache. Unter dem Sack ertaste ich die Verlängerung des Schwellkörpers, der bis zum Damm geht. Sagt man beim Mann überhaupt Damm? Dort ist eine Linie zu erkennen, die aussieht wie zusammengewachsene Schamlippen, ja, ja, alles das Gleiche. Eigentlich befriedige ich ihn, wie ich es gerne mag, ich stelle mir vor, er hätte eine Vagina. Nur eben so lang gezogen und rausstehend, weit rausstehend! Ich drücke fester auf den Sack und massiere den Schwellkörper dahinter.
Damit ich auch was davon habe, reibe ich meine Vagina an seinem Knie. Wenn ich etwas den Rücken wölbe, passt das zentimetergenau. Von den Leisten wandert meine Zunge langsam rüber zum Schaft. Ich lecke ihn komplett feucht und atme darauf, damit er an den feuchten Stellen die Kühle spürt. Vom Schaft drücke ich meine Zunge runter zu den Eiern. Ich sauge beide Eier in den Mund und spiel mit ihnen rum. Ich habe gelernt, dass ich drauf achten muss, dass sich die Hodenleiter nicht verdrehen. Hab ich schon mal gemacht bei ihm, hat ihm sehr wehgetan! Unter dem Sack massiere ich mit der Zunge den Damm und lasse etwas Spucke für meinen Finger am Poloch. Ich mache meine Zunge ganz fest und spitz und fahre mit ihr von unten über den Damm und die Hodenhaut zwischen die Eier bis ganz nach oben zur Eichel und reibe zugleich mit dem Zeigefinger langsam um die Rosette. Ich mache meine Lippen und die Eichel vorher mit Spucke nass. Wenn ich anfange, an der Eichel zu saugen, öffne ich die Lippen nur ein kleines bisschen, damit es schön eng ist für ihn. Und lasse nur die Spitze der Eichel rein und wieder raus. Rein und wieder raus. Rein und wieder raus. Rein und wieder raus. Ich lasse immer weiter Spucke nachlaufen. Das habe ich bei irgendeinem Mann früher gelernt: dass es wehtut, wenn es trocken wird und reibt. Ich nehme den Schwanz immer tiefer in den Mund. Beim Runterschieben umschließe ich mit engen Lippen komplett den ganzen Schwanz. Beim Hochgehen sauge ich noch dran. Durch den Unterdruck schnalzt es, wenn ich oben angekommen bin. Mit dem Mund nehme ich immer die Vorhaut mit hoch, über die Eichel. Die Zunge drehe ich jetzt immer im Kreis drum herum. Die Eichel beult von innen meine Wange. In Pornofilmen reißen die Frauen den Männern immer mit der Hand die Vorhaut vor und zurück. Vor allem das Zurückreißen geht für meinen Mann gar nicht. Ihm tut das richtig weh. Keine Ahnung, warum die so was in Pornofilmen trotzdem immer zeigen. Ich habe mal in einem Sexbuch gelesen, dass die Frau auch lieber, wenn sie es ihm mit der Hand macht, die linke nehmen soll, wenn sie Rechtshänderin ist. Weil man dann nicht zu feste zugreift und mehr Gefühl in die Sache legen kann.
Leider kann ich nicht wie die Frauen im Pornofilm diesen Trick mit dem ganz Reinstecken, also am Kotzezäpfchen vorbei. Hab mehrmals fast gekotzt und es dann schnell wieder drangegeben. Man muss ja nicht alles nachmachen von Pornofilmen ! Auch habe ich schon oft im Leben versucht zu schlucken. Klappt auch nicht bei mir. Finde den Geschmack und die Konsistenz hinten im Rachen beim Schlucken so ekelhaft, dass ich es einfach nicht runterkriege. Ich hab dann ganz starken Würgereiz, klingt auch nicht gerade angenehm für den Mann. Nur mit riesiger schauspielerischer Leistung wäre das zu bewerkstelligen, finde ich zu anstrengend. Würde ich bei einem One-Night-Stand wahrscheinlich hinkriegen, aber meinen Mann kann ich so nicht verarschen. Der weiß ja, dass ich das hasse, also will er auch nicht, dass ich das mache. Das Einzige, was ich leisten kann: Er kommt in meinem Mund, aber ich drücke mit der Zunge das schießende Sperma wieder raus.
Manchmal brauchen der Mund und das Kiefergelenk eine Pause, dann nehme ich den nass gelutschten Schwanz in die Hand und ziehe die Vorhaut vorsichtig immer wieder nach obenüber die Eichel. Da wär ich jetzt selber nicht drauf gekommen. Ich habe aber mal meinen Mann, als wir zusammenkamen, darum gebeten, sich selbst zu befriedigen. Wenn man frisch zusammen ist, macht man ja noch so lustige Sachen. Und hab mir dann davon ganz viel abgeguckt. Im Laufe der Zeit habe ich dann festgestellt, je näher ich mit meinen Händen und Füßen seiner Selbstbefriedigung komme, umso besser für ihn. Gegen jahrzehntelange Sexsozialisation kommt man mit eigenen Ideen nicht an. Also besteht meine Herausforderung darin, so nah wie möglich an seine Selbstbefriedigung zu kommen, mit mehr Mitteln natürlich. Er kann nur die Hand einsetzen. Ich: Zunge, Mund und und und. Wenn ich mit der Hand weitermache, hebe ich den Sack an in Richtung Schwanz, während ich mit der anderen Hand Richtung Eichel reibe. Sodass er das Gefühl hat, dass ich alles fest umschlossen habe.
Mittlerweile liegt er da wie ein Käfer auf dem Rücken und gibt sich mir vollkommen hin. Breitbeinig, die Arme von sich gestreckt, die Augen verdreht, wie in Trance. Ich habe ein starkes Machtgefühl, wenn er da so liegt. Ich könnte ihm die Kehle durchschneiden, und er würde es noch nicht mal bemerken. Zwischendurch falle ich immer wieder aus der Rolle der Sexdienerin raus und betrachte die Szene wie eine Außenstehende. Dann muss ich kurz schmunzeln, weil es alles lustig erscheint, was wir da machen. Das wische ich aber schnell wieder weg und mache mit dem gebotenen Ernst weiter.
Meistens fangen wir so an, dass einer den anderen bedient. Wenn wir in der 69er-Stellung was machen, stellen wir immer wieder fest: Ist zwar schön, wenn man so genau die Teile alle sieht, man ist aber vom Bedienen so abgelenkt, dass man nicht mehr richtig annehmen kann. Entweder oder! Nicht, dass wir da je offen drüber gesprochen haben. Das ergibt sich wortlos. Unsere Sexverständigung. Während ich bediene, achte ich immer darauf, dass ich mich auch irgendwo reiben kann, weil er ja sonst meilenweit voraus ist in seiner Geilheit und ich dann mühevoll hinterherhinke. Während ich meinem Kiefergelenk die Pause gönne und mit vollem Einsatz beider Hände die ganze verfügbare Haut auf- und abschiebe, sitze ich mit meiner Vagina breitbeinig auf seinem Oberschenkel und sau da alles ein. Wir steigern uns jedes Mal in einen richtigen Rausch rein, mich macht das sehr stolz, was ich so alles kann mit meinem Mann.
Außer der Heizdecke muss aber für mich immer noch eine Maßnahme getroffen werden. Ich habe unglaubliche Angst, dass mich unsere Nachbarn beim Sex hören könnten. Also gehört es zum Vorspiel dazu, dass alle Türen und Fenster geschlossen sind. Nur dann kann ich absolut locker sein. Ganz selten ist es vorgekommen, dass ich mich auf meinen Mann verlassen habe und er doch ein Fenster vergessen hat. Wenn ich das nach dem ganzen Sexgeschrei feststelle, werde ich ganz rot vor Scham. Und es ist auch eine volle Belästigung für die Nachbarn. Für diese Einstellung werde ich ständig von meinem Mann verarscht. Therapeutisch betrachtet, ist es aber für ihn sehr einfach, diese Rolle einzunehmen, weil er sich ja drauf verlassen kann, dass ich die Verklemmte von uns beiden bin. Jeder nimmt die Rolle in der Partnerschaft ein, die noch frei ist. Ich belege die der Panischen, Zwanghaften, Schamhaften. Dann kann er der Lockere und Exhibitionistische sein. Ich achte ja für ihn darauf, dass ihn keiner hört. Ich schließe Fenster, Türen und Gardinen. Manchmal gehe ich im Dunkeln im Bademantel vors Haus, sage ihm, er soll sich auf dem Bett räkeln, mit Licht an, damit ich draußen testen kann, ob man reingucken kann. Manchmal kommen mir unsere Gardinen nämlich zu dünn vor. Sie sind aus Kravattenseide, braunes Paisleymuster.
Im Winter reicht uns manchmal die Heizecke nicht aus, sodass wir als zusätzliche Wärmequelle in unserem Kellerloch seine Infrarot-Rückenschmerz-Lampe nehmen, ein ganz großes, breites, teures Modell. Und wenn wir dann so rot angeleuchtet werden wie in einem Schaufenster in Amsterdam, mache ich mir sehr große Sorgen, dass die Seidengardine für Vorbeigehende zwei schwitzende, ineinander verkeilte Köper preisgibt. Er weiß, dass ich einen Ratsch im Kappes habe, wie wir sagen. Ich muss von draußen kontrollieren, ob man uns bei diesen Lichtverhältnissen sehen kann. Wie oft im Leben ich schon festgestellt habe, dass Menschen sich offensichtlich gar keine Gedanken machen, was deren 100-Watt-Birne für Schattenspiele an die Fenster wirft. Ein gesunder Mensch würde sich ja eventuell freuen, einer Frau dabei zugucken zu dürfen, wie sie sich entkleidet. Ich denke nur: O Gott, das darf mir nicht passieren, das muss ich auf jeden Fall für mich ausschließen.
Ich befriedige also grade meinen Mann. Es kann vorkommen, dass er minutenlang daliegt und alles geschehen lässt. Meistens liegt er auf dem Rücken, weil er seit vielen Jahren Rückenschmerzen hat und ich somit auch, denn ich kann mich in meinen Mann so gut reinfühlen, dass ich davon auch Rückenschmerzen kriege. Er hasst es, vor mir schwach zu sein. Wir sind auch nur zusammen, weil ich mir ausgedacht habe, dass er irrsinnig stark ist. Wenn ich ihn täglich frage: „Wie geht’s deinem Rücken ? “, kastriere ich ihn. Aber ich will doch höflich sein. Will zeigen, dass ich Anteil nehme. Das ist ein Problem, das auftauchen kann, wenn man mit Älteren zusammen ist. Es geht nicht um mein Verhalten, sondern darum, dass er es so schlimm findet, an meiner Seite Rückenschmerzen zu haben.
Dass er einfach so daliegt, ist, glaube ich, für ihn auch neu. Früher hatte er immer Frauen, die er bis zum Abwinken bedienen musste, und dann blieb nicht mehr viel für ihn übrig. Na, vielen Dank, liebe Frauenbewegung ! So war das doch auch nicht gedacht. Dass nur noch die Frauen kommen und die Männer gucken müssen, wo sie bleiben. Er liebt es, wenn ich seine Sexdienerin bin. Ich wiederhole alles, was ich kann und gerade beschrieben habe, mal in schnellem und dann in langsamem Rhythmus. Ich muss gar nicht mehr nachdenken, alles geht wie von allein, wie auf Droge.
Wenn wir mitten dabei sind, vergesse ich Zeit und Raum. Das ist der einzige Moment am Tag, an dem ich abschalten kann. Ich glaube wirklich, dass es eher am Atmen als am Sex an sich liegt, aber vielleicht auch an beidem. Im Gegensatz zu dem, was meine Mutter wollte, habe ich in der Therapie über die Jahre gelernt, dass ich auch ein sexuelles Wesen bin. Ich lerne ganz langsam, meine eigene Lust überhaupt wahrzunehmen.
Früher, also die ganzen letzten Jahre mit meinem Mann, war es bei uns wie das dumme Klischee, dass die Frau nie Lust hat und der Mann ständig und überall will! Wenn dann aber die richtigen Knöpfe gedrückt waren, dachte ich jedes Mal: Warum komm ich nicht selber auf die Idee? Warum verführe ich ihn nicht mal, warum muss er das immer bei mir machen? Für ihn war es sehr erniedrigend, andauernd einen Korb zu kriegen und der Initiator für unseren Sex zu sein. Hat oft zum Streit geführt. Ich hätte lügen müssen, wenn ich behauptet hätte, dass ich Lust auf Sex hatte. Hatte ich kein einziges Mal. Habe nur mitgemacht, um ihm einen Gefallen zu tun und weil ich wusste, dass unsere Beziehung sonst den Bach runtergeht. Das weiß ja jeder: Wenn es im Bett nicht mehr läuft, ist es nur eine Frage der Zeit, bis alles den Bach runtergeht. Davon bin ich fest überzeugt. Wenn aber die Anfangslähmung überwunden war, bin ich jedes Mal steil gegangen. Und jedes Mal der Satz danach: Wieso erinnerst du mich nicht einfach daran, was ich für einen Spaß daran habe, dann lass ich mich auch nicht so bitten!
Dank meiner Therapeutin fange ich jetzt immer öfter selbst an. Sage zweimal die Woche: „Heute wieder?“ Beim Vorspiel kann ich nur so selbstlos sein, weil ich genau weiß, dass ich das alles immer noch und nöcher zurückkriege, später. Egal, wie viel Mühe ich mir gebe, ihn so versaut wie möglich zu befriedigen, an seine Blasekunst komme ich nicht ran. Sehr oft frage ich ihn, ob er das, was ich für ihn mache, wirklich ansatzweise so gut findet wie ich das, was er bei mir macht. Ein Dilemma. Wir werden es nie rausfinden.
Wenn ich das Gefühl habe, dass es jetzt aber auch mal reicht mit der Bedienung, höre ich langsam auf. Das versteht er immer richtig und kümmert sich dann sehr dankbar um mich. Er macht meine Beine breit und legt sich mit dem Kopf dazwischen, damit er alles ganz genau sieht. Er untersucht mich Millimeter für Millimeter, wie ein Frauenarzt. Sagt man bei Erwachsenen auch Doktorspiele? So ist das jedenfalls. Besser, man hat wenigstens am gleichen Tag geduscht. Wer so nah guckt und riecht, bemerkt jede Unreinheit. Er nimmt meine Hand und legt sie auf meine Vagina. Ich weiß genau, was das bedeutet. Er möchte, dass ich mich für ihn selbst befriedige. Das mache ich für mich alleine nie. Meine Mutter hat mich sehr feministisch erzogen. Ich glaube, da ist irgendwas schiefgelaufen in der Erziehung, und ich bin eine Art sexuelle Katholikin geworden. Ich habe mich noch nie selbst befriedigt. Das Einzige, das im weitesten Sinne unter Selbstbefriedigung fällt, ist ein ganz verschämtes Im-Schamhaar-Rumkratzen. Ich glaube, ich betuppe mich dann selbst. Ich denke erst, ach, es juckt etwas im Schritt, dann kratz ich mich in meinem kurz geschorenen Schamhaar, meistens wenn ich im Bett liege, und merke, dass mich das erregt, und höre schnell wieder damit auf. Aus irgendeinem bescheuerten, unmodernen Grund mach ich dann nicht weiter. Ich verwechsle meine Geilheit im Schritt oft mit irgendeiner Krankheit, will es einfach nicht zugeben.
Wenn wir ein paar Tage keinen Sex hatten und ich manchmal dieses heimliche Kratzen im Bett unter der Bettdecke gemacht habe, tut die Geilheit irgendwann richtig weh, ich will aber nicht wahrhaben, dass ich geil bin, und denke lieber, ich habe einen Pilz oder eine Blasenentzündung oder dass ich mich mit Herpes angesteckt habe. Obwohl ich total immun dagegen bin, sonst hätt ich das ja schon längst gehabt. Sagt man doch so bei Herpes, entweder man kriegt das, oder man kriegt das nicht, und ich scheine immun zu sein. Wenigstens gegen etwas. Diese Gedanken an irgendeine Krankheit bleiben im Kopf, bis ich dann irgendwann Sex habe, auf Initiative meines Mannes natürlich, plötzlich sind alle Beschwerden weggebumst.
Wenn aber mein Mann das möchte, mach ich für ihn die größte Selbstbefriedigungsshow aller Zeiten. Wenn er zuguckt und mich dazu auffordert, dann gebe ich Vollgas. Ich reibe, und ich schubber, was das Zeug hält. Er guckt mir kein einziges Mal ins Gesicht. Ich bestehe ja dann auch nur aus Vagina! Ich bin meine Vagina. Er bleibt mit dem Kopf zwischen meinen Beinen und guckt ganz genau zu, wie ich alles abrufe, was ich je über Selbstbefriedigung im Internet und auf DVD gesehen habe. Seine Augen, seine Nase, sein Mund sind nur ein paar Zentimeter von meinen inneren Schamlippen entfernt. Ich mache kreisende Bewegungen auf meiner Klitoris, ich klappe die Schamlippen auseinander, reibe mich dazwischen, und ab und zu schiebe ich ein oder zwei Finger rein und ficke mich damit selber. Auch wenn mich das jetzt eher belustigt als aufgeilt, spätestens wenn ich sehe, wie sehr ihn das erregt, erregt es mich zurück.
Länger hält er das nicht mehr aus und will mit seinem Schwanz machen, was meine Finger da tun. Ich liege vor ihm, komplett nackt, und mache die Beine so weit auseinander, wie es geht. Er rutscht nach vorne und peitscht ein paarmal mit seinem harten Schwanz gegen meine Vagina. Ich glaube, das hat er sich auch in einem Pornofilm abgeguckt. Finde ich aber auch richtig gut, wenn er das bei mir macht. Ohne dass ich jetzt erklären könnte, warum oder was das genau soll. Ein paarmal draufgepatscht und rein. Ich komme meistens schon sehr schnell. Ein paar Stöße reichen. Und das war’s dann bei mir. Meine Mutter und führende Feministinnen haben mich so erzogen, dass es einen vaginalen Orgasmus nicht gibt. Sie sitzen immer zwischen Georg und mir und flüstern mir ins Ohr: „ Es gibt keinen vaginalen Orgasmus!“ Jetzt, mit dreiunddreißig, muss ich leider ganz alleine rausfinden, dass das nicht stimmt. Beim Sex habe ich das immer gespürt und für ein psychisches Kommen gehalten. Ich dachte: Nur weil ich die Vorstellung so geil fand, gestoßen zu werden, der Gedanke, jajajaahh, er ist in mir, er füllt mich aus, ohne Berührung der Klitoris, würde ich kommen. Weil mir ja aus politischen Gründen sehr überzeugend eingetrichtert wurde, dass es ein anderes Kommen außer dem klitoralen nicht gibt ! Ist doch klar, dass man dann irgendwann denkt, dass man verrückt ist oder auf jeden Fall eine starke Einbildungskraft besitzt. Im Bett habe ich gespürt, dass meine feministische Erziehung meilenweit an der Realität vorbeigeht. Ganz klammheimlich und hinter dem Rücken meiner Mutter und dem von Alice Schwarzer habe ich gedacht: Die haben unrecht ! Ich spüre das doch fast jedes Mal: Es gibt ja wohl einen vaginalen Orgasmus! Verfickt noch mal! Habe jetzt auch die wissenschaftliche Bestätigung gelesen in Geo Kompakt Nr. 20. Mein Lieblingsheft. Es heißt: „ Liebe und Sex “. Ich habe viel daraus gelernt, noch viel mehr als aus der Emma. Alice Schwarzer sitzt immer beim Sex zwischen mir und meinem Mann und flüstert mir ins Ohr: „Ja, Elizabeth, das denkst du nur, dass du jetzt einen vaginalen Orgasmus hast, das bildest du dir nur ein, um dich deinem Mann und seinem Machtschwanz zu unterwerfen.“ Aus der besagten Geo Kompakt habe ich gelernt, dass die Frau zwei Wege hat, einen Orgasmus zu kriegen, auch auf beiden Wegen gleichzeitig. Der vaginale Orgasmus wird, jetzt mal laienhaft formuliert, durch die Nervenbahnen der Gedärme ans Hirn weitergeleitet, der klitorale durchs Rückenmark. Ich spüre manchmal ein extremes Kommen, das ist dann wahrscheinlich auf beiden Wegen gleichzeitig. Ich habe auch das Gefühl, dass ich am schnellsten komme, wenn ich es mir nehme, wie ich es brauche. Also ich meine, dass ich eigentlich seine Stoßbewegungen vollführe, ich haue mich gegen seinen Schwanz, mehr als dass er mich stößt. Dann ist es für mich genau der richtige Rhythmus. Und eine Sache von Sekunden, bis ich komme. Ich bin sehr laut, jedes Mal flippe ich vollkommen aus. Und fertig. Er muss immer sehr drauf achten, dass er nicht kommt, weil es ihn natürlich wahnsinnig erregt, wenn ich mir nehme, was ich will. Er steht darauf, wie geil mich sein Schwanz macht. Aber wahrscheinlich redet er sich das nur ein, und in Wirklichkeit mache ich mich selber geil. Also muss er sich mal ganz kurz richtig konzentrieren und an seine katholische Mutter denken oder was, bis ich fertig bin. Damit er nicht vor mir kommt und es das dann war. Ich bin sehr dankbar dafür, dass er es so ernsthaft betreibt mit dem Vortrittlassen. Ich schätze, dass es in sieben Jahren Beziehung nur dreimal passiert ist, dass er zu früh gekommen ist und sich mein Kommen durch Schwanz damit erledigt hatte. Das hat er aber jedes Mal noch und nöcher mit Finger, Zunge und Zeh wiedergutgemacht. Ich hab ja dann richtig was davon, von seinem schlechten Gewissen.
Abgesehen von diesen drei Ausnahmen, ist er immer dran, nachdem ich gekommen bin. Dann bin ich wieder, wie am Anfang, seine Dienerin. Das ist das einzige Mal, dass ich beim Sex spreche. Leider kann ich keinen Dirty-Talk. Aus dem gleichen Grund wahrscheinlich, aus dem ich mich auch nicht selbst befriedige. Alles meine Mutter schuld! Wie immer. Ich frage: „Wie willst du kommen?“ Gibt ja nicht sooo viele Möglichkeiten. Er wählt aus folgenden Angeboten aus: Hand, Mund, Vagina – aber ich ficke ihn, sitze also oben, auch schon wegen seinem Rücken – und ganz selten, weil schon mal sehr schmerzhaft für mich gewesen: in meinem Arsch. Wenn ich mich mit meiner Vagina auf ihn draufsetzen soll, will er meistens, dass ich es rückwärts mache. Damit er meinen Arsch greifen und angucken kann. Er zieht dann meine Pobacken auseinander, damit er genau sehen kann, wie sein Schwanz sich in meiner Vagina bewegt.
Er erzählt mir genau, was er sieht. Im Gegensatz zu mir kann er Dirty-Talk sehr gut. Er bedauert sehr, dass ich selber leider nicht sehen kann, wie die Haut meiner Vagina seinen Schwanz umschließt, wenn ich hochgehe. Er sagt, es sieht aus, als wäre meine Vaginahaut die Mütze für den Schwanz, die Haut bleibt etwas hängen und wird um den ganzen Schwanz rum lang gezogen. Ein paarmal in unseren gemeinsamen sieben Jahren hat er mit diesem Auseinanderreißen meiner Pobacken die Polochhaut etwas angerissen und mich leicht damit verletzt. Ich sage dann am nächsten Tag nach meinem Toilettengang: „ Bitte nächstes Mal nicht ganz so feste die Pobacken auseinanderreißen, ist was kaputtgegangen, danke.“ Er hat direkt ein schlechtes Gewissen und gelobigt Besserung. Passiert eben im Eifer des Gefechts !
Habe oft das Gefühl, dass geiler Sex öfter mal an der Verletzung vorbeischrappt. Auch beim Aufspreizen meiner Vagina, damit er sie voll untersuchen kann, reißt manchmal die empfindliche Haut. Bis zu einem gewissen Grad macht mich ein leichter Schmerz noch geiler, weil ich mir dann einrede, er hat sich aus lauter Geilheit nicht mehr unter Kontrolle und kann seine Kräfte nicht mehr einschätzen. Das klingt jetzt so wie bei einem Downsyndrom-Mann. So ist das aber bei mir im Kopf beim Sex. Wenn es gerade auszuhalten ist, warte ich, bis wir fertig sind, und beschwere mich erst dann sehr freundlich. Sehr oft hat er auch meine harten, erregten Nippel geknickt, das tut vielleicht mal weh! Ganz vorsichtig möchte ich ihm das beibringen, dass es mir wehgetan hat, weil er sonst ein zu schlechtes Gewissen hat und nächstes Mal zu vorsichtig ist. Das will ich auch nicht. Und er soll auf keinen Fall dauerhaft das Gefühl haben, dass er ein Grobian ist.
Jetzt soll er ja kommen. Mit den Jahren habe ich einen Trick entwickelt, den ich zum ersten Mal in dem Film Chicken Ranch von Nick Broomfield gesehen habe. Da wenden ihn Prostituierte bei ihren betrunkenen Freiern an, damit der Fick schneller vorbei ist und der Stundenlohn steigt. Sobald ja der Mann gekommen ist, war’s das mit dem Ständer, dann hat die Prostituierte für das gleiche Geld schneller frei. Diesen Trick wende ich auch am Ende vom Sex mit meinem Mann immer an. Wenn ich gekommen bin, sehe ich meistens nicht richtig ein, warum das jetzt noch Ewigkeiten weitergehen soll. Ich habe über die Jahre extrem gut meine Scheidenmuskulatur trainiert. Ich kann mich innen um ein Vielfaches enger machen, als ich es normalerweise bin. Keine Ahnung, ob man durch die Geburt eines Kindes ein minibisschen ausleiert, mein Gynäkologe sagt, man leiert nicht aus, bildet sich alles zurück, wie es vorher war. Auf jeden Fall ist es für das Engegefühl des Mannes auch nicht unbedingt förderlich, dass ich beim Sex so viel Flüssigkeit produziere. Beim Vorspiel ist das immer sehr willkommen, hinterher beim Kommenwollen mit vaginaler Reibung am Schwanz eher hinderlich. Wenn er reinsteckt, bevor ich richtig feucht bin, merke ich ihm an seiner Reaktion an, dass ihn das geiler macht, weil dann die Reibung stärker ist. Jedenfalls habe ich ja, wenn ich schon gekommen bin, auch nicht mehr so die große Lust und will, dass es bald zu Ende geht. Außer es ist Weihnachten oder unser Jahresjubiläum oder so, dann würde ich mich noch hinreißen lassen, ihn ganz lang nach meinem Kommen zu befriedigen. Also kneife ich alles, was ich an Scheidenmuskulatur habe, zusammen, und sofort, aber wirklich sofort, kommt er, da kann der gar nichts gegen machen. Das gibt mir immer ein sehr wohliges Gefühl, dass ich mit meinem inneren festen Klammergriff um seinen Schwanz selber in der Hand habe, wann Feierabend ist. Toll. Nachdem er ziemlich viel beim Kommen rumgeschrien hat, frage ich fast immer im Scherz, ob er jetzt gekommen sei.
Ich finde, dass die Lautstärke doch sehr das sexuelle Gefühl steigert, es betont das Animalische und Rauschhafte. Früher, am Anfang unserer Beziehung, war ich die Einzige, die immer geschrien hat, bis ihm die Ohren abgefallen sind. Mittlerweile schreit auch er mir die Ohren ab. Das macht großen Spaß.
Ich bin sehr gegen Nachspiel. Ich werde vom Sex sehr hibbelig und will sofort aufstehen und was machen, wie zum Beispiel mich waschen. Nicht weil ich mich dreckig fühle, sondern weil ich anfällig bin für das Frauenleiden Nummer eins: Blasenentzündung. Und ich werde das Gefühl nicht los, dass ich diese Entzündung besonders häufig nach Sex bekomme. Also sind ganz unwissenschaftlich in meinem Kopf die männlichen Bakterien schuld. Die wasche ich mir schnell weg und lasse meinen Mann wie immer am Tatort liegen, weil er sofort nach dem Sex in eine tiefe Entspannung fällt und fest schläft, manchmal stundenlang. How does a cliché become a cliché? Habe gelesen, dass dieses unterschiedliche Verhalten von Mann und Frau nach dem Sex völlig normal ist und an den Hormonen liegt. Das beruhigt mich sehr, das wissenschaftlich begründet zu sehen, weil ich mir vorher jahrelang anhören musste, wie unromantisch ich sei, wenn ich immer sofort aufspringe und aufräume, zum Beispiel. In dem Artikel stand, dass dieser Witz, den alle machen über den kleinen Tod des Mannes und die Hyperaktivität der Frau nach dem Sex, mit der Ausschüttung von unterschiedlichen Hormonen zu tun hat. Ich liebe Wissenschaft, weil die schlechtes Gewissen wegmacht. Seitdem wir das wissen, darf ich, ohne böse angeguckt zu werden, sofort aus dem Bett raus und was machen.
„›Schoßgebete‹ ist keine bloße Aneinanderreihung von Provokationen, sondern das hervorragend geschriebene Porträt einer jungen Frau, die vor allem eins will: gefallen.“
„Natürlich hat Charlotte Roche nicht die Sprache, mit der Jean Genet oder Josef Winkler über den Zusammenhang von Sex und Tod schreiben. Doch es gibt in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur keinen Autor, der so anschaulich und letztlich liebevoll über Sex schreiben kann. (…) Die umgangssprachliche Lässigkeit ihrer Rollenprosa setzt sie dabei mit hoher Präzision ein. (…) Nach diesem verflixten zweiten Buch muss Charlotte Roche niemandem mehr etwas beweisen – höchstens, ob sie, wenn sie denn weiterschreiben will, in der Lage ist, auch einen nichtautobiographischen Stoff zu bewältigen.“
„Wer den erwachsenen Nachfolger der ›Feuchtgebiete‹ erwartete, wird enttäuscht sein, im positiven Sinn. (…) So ist Sex für die Protagonistin vor allem die Flucht vor den Dämonen im Kopf – aber keinesfalls der Grund, warum Roche ihr zweites und wesentlich reiferes Buch verfaßt hat.“
„… ein verstörend schonungsloses Buch. (…) Das Buch der erst 33- Jährigen ist überraschend lebensweise. Bittere Wahrheiten und saftige Stellen im Wechsel. Manchmal könnte man das Buch sogar für den Beginn einer neuen sexuellen Revolution halten.“
„Mit ›Schoßgebete‹ hat Charlotte Roche einen erstaunlich konservativen Sex-Roman geschrieben.(…) ›Feuchtgebiete‹ hatte etwas Pubertäres, Schoßgebete ist ein erwachsenes Buch, das der klassischen Tragödiendefintition gerecht wird. ›Furcht und Mitleid‹ zu erregen. “
„Ein schreckliches Buch. Man muss es lesen.“
„Aber das Buch ist kein Roman. Es ist ein Manifest. Es richtet sich hauptsächlich an Frauen und fordert sie auf: Befreit euch von falschen Idealen! Und vor allem: Geh in Therapie!“
„Weshalb die ›Schoßgebete‹ mehr sind, als eine Fortsetzung der ›Feuchtgebiete‹, weshalb sie ein ernstzunehmendes, heutiges Buch sind, liegt an Charlotte Roches Fähigkeit, das eigentliche Drama, das hinter dem Alltagsfilm läuft, einzublenden. “
„Mit gnadenloser Genauigkeit schildert sie Schock, Schmerz, ihre Lust, Mitleid und- angesichts der Zudringlichkeit von Boulevard-Medien- ihre Rachefantasien und Selbstmordpläne. Das Buch wird zu einem Seelenstriptease von beängstigender Radikalität.(...) Roches Roman ist ein erschütternder Beitrag zur Bekenntnis- Literatur.“
„Der neue Roman der Fernsehmoderatorin Charlotte Roche lässt den Leser nach Luft ringen, so weit öffnet ›Schoßgebete‹ den Blick in die kalten Abgründe der modernen menschlichen Existenz.“
„In der Tragikomik, mit der sie das macht, und vor allem, indem sie die Schraube unseres täglichen Wahnsinns von politisch korrekter Ernährung über die Ersatzreligion Umwelt, vom Alleswissen aus flachen Sachbüchern und Internet, von Ich-Zentriertheit und daraus abgeleiteten Formen des Zusammenlebens nur einen Tick weiterdreht, ist dieser Text ein Indikator für viel mehr als nur das, was explizit in ihm steht.“
„Dieses Buch kann einen nicht unberührt lassen. Es plätschert nicht so vorbei, es zieht einen hinein. Mit einer Wucht, die selten ist. (…) Seine Sprache ist ebenso sensibel wie brutal, lakonisch wie kunstvoll komponiert. (…) Charlotte Roche gelingt es mit Schoßgebete, was selten geworden ist: Sie liefert nach dem Kommerzerfolg ihres Debüts ein viel wichtigeres, schöneres Buch. Allein schon das ist eine Kunst für sich.“
„Eine ehrliche, differenzierte und packende Auseinandersetzung mit der Frage, was eine gute Ehe ausmacht (…). ›Schoßgebete‹ wird jene, die den Bestseller ›Feuchtgebiete‹ als Schocker ablehnten, positiv überraschen und die Fans des früheren Buches nicht enttäuschen.“
Oh nein, kein Zweitaufguss von „Feuchtgebiete“, vielmehr eine Tragödie von antiker Grausamkeit und Kraft. Das stellt sich im Kern des Romans „Schoßgebete“ heraus. Doch Leserinnen und Leser ahnen bereits seit den ersten Zeilen: Hier schwebt das Damoklesschwert eines unausweichlichen Schicksals über Elisabeth Kiel und ihrer Familie. „Diese Geschichte hat mein Leben ruiniert“ bekennt die Ich-Erzählerin, hinter der sich die Autorin Charlotte Roche nicht verbirgt: Sie offenbart sich vielmehr, gibt in ihrer Wahrhaftigkeit mehr von sich preis als selbst Thomas Mann. Eine authentische Erzählung, so suggestiv, dass wir die Handlung leibhaftig mit erleben. Große Literatur? Heißt: Ein Geschehen, das uns alle bewegt, ob Frau ob Mann, jung oder alt, Agnostiker, Muslim, Jude oder Christ? Ja. Heißt auch: Die Autorin hat zu einer mitreißenden Sprache gefunden, dem scheinbar kunstlosen Original-Ton der Frau von nebenan, dem einzig richtigen Stil für dieses Buch. Wir kennen sie ja aus Talk-Shows, diese unbefangene, fasst plappernde Beredsamkeit der Roche, die uns auf seichtes Gewässer zu führen scheint, auf das es uns unversehens in Abgrundtiefen reißt. Genau darin besteht das Können der Roche: Ja zur literarischen Qualität. Die Autorin verwebt ihre Tragödie mit den scheinbaren Banalitäten des Tagtäglichen („Woran erkenne ich, ob mein Kind Spulwürmer hat?“, „Wie vermeide ich, dass meine Augen beim Zwiebelschneiden tränen?“). Und da sie ja ebenso pragmatisch wie klug ist, lässt sie sich seit Jahren von ihrer Psychotherapeutin leiten und nimmt gemeinsam mit ihrem Mann an Paar-Analysen teil. Mehr noch: Sie begleitet Ihren väterlichen Freund, Gatten, Geliebten selbstlos ins Bordell und verwöhnt ihn mit Fellatio, auf dass er sie nie, nie, niemals einer anderen zuliebe fallen lassen möge aus seinen schützenden Armen. „Schoßgebete“ schließt in nahezu taumeldem Glück – so wie Nachtfalter sich glücklich wähnen, bevor sie in der Feuerfalle verglühen. Jedoch: Trotz dieses Fatalismus‘ habe ich befreit gelacht. Denn die Roche präsentiert uns auch ein paradoxes Lehrstück in Philosophie: die Komik der Tragödie. Nietzsche würde sagen: „Oberflächlich aus Tiefe“. Helmuth Karasek, der unvergessene Literatur-, Film- und Theater-Kritiker bekannte (bei Sandra Maischberger 2014): „Schoßgebete empfehle ich dringend meiner Tochter (Laura Karasek, damals 22 J). Ich selbst, ein Geizkragen, wenn es um Zeitverschwendung geht, sage: „10 Stunden Lesen - hier lohnt es sich endlich!“ Was sagen Sie?
SCHOSSGEBETE. Vom Bestseller zum Klassiker der Weltliteratur. Oh nein, kein Zweitaufguss von „Feuchtgebiete“, vielmehr eine Tragödie von antiker Grausamkeit und Kraft. Das stellt sich im Kern des Romans „Schoßgebete“ heraus. Doch Leserinnen und Leser ahnen bereits seit den ersten Zeilen: Hier schwebt das Damoklesschwert eines unausweichlichen Schicksals über Elisabeth Kiel und ihrer Familie. „Diese Geschichte hat mein Leben ruiniert“ bekennt die Ich-Erzählerin, hinter der sich die Autorin Charlotte Roche nicht verbirgt: Sie offenbart sich vielmehr, gibt in ihrer Wahrhaftigkeit mehr von sich preis als selbst Thomas Mann. Eine authentische Erzählung, so suggestiv, dass wir die Handlung leibhaftig mit erleben. Große Literatur? Heißt: Ein Geschehen, das uns alle bewegt, ob Frau ob Mann, jung oder alt, Agnostiker, Muslim, Jude oder Christ? Ja. Heißt auch: Die Autorin hat zu einer mitreißenden Sprache gefunden, dem scheinbar kunstlosen Original-Ton der Frau von nebenan, dem einzig richtigen Stil für dieses Buch. Wir kennen sie ja aus Talk-Shows, diese unbefangene, fasst plappernde Beredsamkeit der Roche, die uns auf seichtes Gewässer zu führen scheint, auf das es uns unversehens in Abgrundtiefen reißt. Genau darin besteht das Können der Roche: Ja zur literarischen Qualität. Die Autorin verwebt ihre Tragödie mit den scheinbaren Banalitäten des Tagtäglichen („Woran erkenne ich, ob mein Kind Spulwürmer hat?“, „Wie vermeide ich, dass meine Augen beim Zwiebelschneiden tränen?“). Und da sie ja ebenso pragmatisch wie klug ist, lässt sie sich seit Jahren von ihrer Psychotherapeutin leiten und nimmt gemeinsam mit ihrem Mann an Paar-Analysen teil. Mehr noch: Sie begleitet väterlichen Freund, Gatten, Geliebten selbstlos ins Bordell und verwöhnt ihn mit Fellatio, auf dass er sie nie, nie, niemals einer anderen zuliebe fallen lassen möge aus seinen schützenden Armen. „Schoßgebete“ schließt in nahezu taumeldem Glück – so wie Nachtfalter sich glücklich wähnen, bevor sie in der Feuerfalle verglühen. Jedoch: Trotz dieses Fatalismus‘ habe ich befreit gelacht. Denn die Roche präsentiert uns auch ein paradoxes Lehrstück in Philosophie: die Komik der Tragödie. Nietzsche würde sagen: „Oberflächlich aus Tiefe“. Helmuth Karasek, der unvergessene Literatur-, Film- und Theater-Kritiker bekannte (bei Sandra Maischberger 2014): „Schoßgebete empfehle ich dringend meiner Tochter (Laura Karasek, damals 22 J). Ich selbst, ein Geizkragen, wenn es um Zeitverschwendung geht, sage: „10 Stunden Lesen - hier lohnt es sich endlich!“ Was sagen Sie?
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