Schwarzwaldrätsel (Hubertus-Hummel-Reihe 5) - eBook-Ausgabe
Ein Fall für Hubertus Hummel
Schwarzwaldrätsel (Hubertus-Hummel-Reihe 5) — Inhalt
An seinem 75. Geburtstag droht der Mühlenbesitzer Kurt Weisser seinen Kindern mit Enterbung. Sie hätten die Eltern im Stich gelassen, um ein oberflächliches Lebens in der Großstadt zu führen. Mit einem Schwarzwaldrätsel gibt er ihnen eine letzte Chance, doch noch an das Erbe zu kommen. Am gleichen Abend wird Weisser ermordet. War es jemand aus der Familie? Oder hat die Tat mit einem Immobiliengeschäft zu tun? Der Villinger Lehrer Hubertus Hummel und der Journalist Klaus Riesle verfolgen die Rätsel-Spur quer durch den Schwarzwald, von den Triberger Wasserfällen bis zur Schwenninger Südwest Messe. Erschwert wird die Jagd durch Hummels Enkel sowie einen Hagelsturm mit Folgen...
Leseprobe zu „Schwarzwaldrätsel (Hubertus-Hummel-Reihe 5)“
1. Nachts, wenn alles schläft
Hubertus Hummel wurde allmählich ratlos.
„Buäääääh!“
„Maxi“, flüsterte er sanft.
Kurze Pause.
„Buäääh!“
„Maxi, bitte!“, sagte Hummel jetzt etwas lauter und nahm seinen Enkel aus der Wiege. Behutsam schaukelte er den Kleinen im Arm. Das schien ihm gutzutun.
Dann strich er ihm über den Kopf, streichelte über die winzige Hand und den kleinen blauen Strampelanzug, den ein Braunbär zierte.
Hubertus Hummel, Lehrer für Deutsch und Gemeinschaftskunde am Villinger Romäusring-Gymnasium, schaute auf die Uhr über der braunen Holzkommode. Es [...]
1. Nachts, wenn alles schläft
Hubertus Hummel wurde allmählich ratlos.
„Buäääääh!“
„Maxi“, flüsterte er sanft.
Kurze Pause.
„Buäääh!“
„Maxi, bitte!“, sagte Hummel jetzt etwas lauter und nahm seinen Enkel aus der Wiege. Behutsam schaukelte er den Kleinen im Arm. Das schien ihm gutzutun.
Dann strich er ihm über den Kopf, streichelte über die winzige Hand und den kleinen blauen Strampelanzug, den ein Braunbär zierte.
Hubertus Hummel, Lehrer für Deutsch und Gemeinschaftskunde am Villinger Romäusring-Gymnasium, schaute auf die Uhr über der braunen Holzkommode. Es war schon fast Mitternacht.
„Buääääh!“
Seit zwei Stunden ging das nun schon so. Mindestens.
Hummel seufzte und wiegte das Kind noch etwas schneller. Er liebte seinen Enkel über alles – nur die Tatsache, dass er unablässig schrie, beeinträchtigte bisweilen seine Begeisterung ein klein wenig.
Vier Monate war Maximilian nun alt und so süß, dass Hummel kaum Worte dafür fand. Oder besser gesagt: Er fand sehr wohl Worte dafür.
Viele sogar. Und häufig.
Besonders Hummels bester Freund Klaus Riesle litt erheblich darunter. Es verging kaum ein Tag, an dem Hummel ihm nicht die Attraktivität seines Enkels und jede seiner Bewegungen in den schillerndsten Farben und in erschöpfender Ausführlichkeit schilderte.
„Die Füßchen, Klaus, die Füßchen – die sind so niedlich. Hast du dir die schon mal genauer angeschaut? Und die Nase – die muss er von Martina haben. Und Martina hat ihre ja von Elke.“
Klaus Riesle, Lokaljournalist, kinderlos und mittlerweile wieder Single, war an der Physiognomie des Hummel-Enkels nur mäßig interessiert. Er hatte in den ersten Wochen noch mildes Verständnis für die Begeisterung seines Freundes aufgebracht. Doch da er sich fast täglich die neuesten Fotos anschauen musste und über die Nuckel- und Spuckgewohnheiten des Nachwuchses besser Bescheid wusste, als er es sich je gewünscht hatte, war er nun dazu übergegangen, etwas weniger oft bei Hummels anzurufen und in der Villinger Südstadt vorbeizuschauen.
„Er sieht halt aus wie jedes Baby, Hubertus“, hatte er kürzlich gesagt. Seitdem war das Verhältnis zwischen Klaus und Hubertus ein wenig abgekühlt.
„Wie jedes Baby“, flüsterte Hummel seinem Enkel empört ins Ohr. „Du bist wirklich viel mehr als irgendein Baby. Du bist das schönste Kind im ganzen Schwarzwald.“
Maximilian stimmte ihm brüllend zu.
Hummel war für die Kinderaufsicht eingeteilt worden, weil Martina schlicht und ergreifend nicht mehr konnte. Wegen des ständigen Brüllens und Stillens schlief sie nachts höchstens drei Stunden. Außerdem war sie mit den Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt: In ein paar Tagen sollte es so weit sein. Bei dieser Gelegenheit stand auch noch die Taufe von Maximilian im Villinger Münster an. Und da ihr baldiger Ehemann Didi Bäuerle tagsüber arbeitete und abends als Handwerker für den kindgerechten Ausbau der Hausmeisterwohnung werkelte, hatte Martina ihre Eltern um Hilfe gebeten.
Dabei war es eigentlich umgekehrt gewesen. Hubertus hatte ihr nahegelegt, ein paar Wochen bei ihm und Elke einzuziehen. Er wollte näher bei seinem Enkel sein, auch wenn er das so natürlich nie zugegeben hätte.
Dass es derart anstrengend würde, hatte er allerdings nicht geahnt. Er wurde immer unruhiger. Wenn das so weitergeht, dachte er sich, werde ich morgen in der ersten Stunde ein Wrack sein.
Gegen Schuljahresende wusste er seinen Stundenplan zum Glück endlich auswendig: Mit der 11b galt es, zu Beginn des Tages „Effi Briest“ zu besprechen. Das würde er wahrscheinlich auch in einem derart derangierten Zustand schaffen.
„Buäääh!“
„La-Le-Lu …“, stimmte Hubertus einen Schlaflied-klassiker an. Während er den schreienden Maximilian weiter im Arm wiegte, schaute er abermals auf die Uhr. Diesmal war es das Funkradio in der Küche, denn dort war er auf seinem Beschwichtigungskurs gelandet. Er machte sich schon den dritten doppelten Espresso.
Halt durch!, sagte er sich.
Fünf nach zwölf. In etwa einer halben Stunde durfte er die im Obergeschoss schlafende Martina wecken. Dann war die nächste Milchration für Maximilian fällig.
„Maxiii!“, flehte Hubertus. „Bitte! Hör doch auf!“
Seine Frau Elke, die vergangene Nacht mit der Betreuung des Enkels an der Reihe gewesen war, momentan aber einen zweitägigen Meditationskurs mit dem Titel „Auf der Reise mit den Delfinen“ besuchte, war bei der Betreuung des Kleinen erfolgreicher gewesen.
Er seufzte, setzte sich mit dem Enkel in den braunen Ledersessel im Wohnzimmer und sinnierte darüber, woran es wohl liegen könnte, dass Maximilian so unruhig war.
Anfangs waren sie davon ausgegangen, dass er Hunger hatte, was in Anbetracht des Großvaters keine allzu gewagte These schien. Doch weder häufigeres Stillen noch das Zufüttern von Babynahrung hatten zu einer Beruhigung geführt. Auch die Besuche in schulmedizinischen und anthroposophischen Kliniken, bei Heilpraktikern und Osteopathen waren bislang nicht von größeren Erfolgen gekrönt gewesen.
Maximilian schrie immer weiter – auch jetzt, um zwanzig nach zwölf. Hubertus schlich mit ihm kurzerhand die Treppe hinauf und weckte Martina. Sollte sie das Stillen eben ein paar Minuten vorverlegen …
2. Beschwichtigungskurs
Immer wieder kippte Hubertus’ Kopf nach vorne. Die Augenlider fielen ihm zu. Der Kampf gegen den Schlaf wurde immer aussichtsloser. Er starrte auf die Uhr: Inzwischen war es zehn vor vier. Zwischenzeitlich hatte Maximilian zwar eine halbe Stunde Ruhe gegeben, doch jetzt war er wieder in Hochform.
Nervös strich sich Hubertus über den weinroten Pyjama mit den schwarzen Punkten, der ziemlich am Bauch spannte. Kein Wunder, den hatte er zum dritten Hochzeitstag bekommen. Fast zwanzig Jahre war das her. Damals war Martina nur wenig älter gewesen als Maxi jetzt.
Hubertus verfiel in sentimentale Erinnerungen. Gerührt betrachtete er seinen Enkel. Fast schien es ihm, als würde Maximilian mit ihm in der Vergangenheit schwelgen, so ruhig war er plötzlich.
Jung waren Elke und er damals gewesen, beide hatten sie in Freiburg ihr Referendariat gemacht. Und obwohl sie nur wenig Geld gehabt hatten, war es eine herrliche Zeit gewesen. Komisch – daran, dass Martina auch geschrien hatte, konnte er sich gar nicht mehr erinnern.
Auf jeden Fall sah Maxi genauso aus wie Martina damals.
Und in einer Woche würde seine kleine Martina den Bund fürs Leben eingehen. Obwohl Hubertus seinen künftigen Schwiegersohn Didi schon lange kannte und eigentlich auch mochte, eine große finanzielle Perspektive konnte er Martina nicht bieten. Hummel seufzte, dabei hatte er sich damit eigentlich schon abgefunden.
Hauptsache, die beiden blieben mit Maxi auch die nächsten Jahre hier in der Gegend.
Dem Enkel schien diese Dosis an Sentimentalität zu genügen – er begann wieder zu schreien. Hummel hatte Mitleid mit ihm. Es war sicher nicht einfach, so plötzlich in diese brutale Welt hineingeboren zu werden …
Jetzt denke ich schon wie Elke, unterbrach er seine Grübeleien. Und zehn Minuten später war das Mitleid für den Enkel in Selbstmitleid übergegangen. Verzweifelt suchte er nach einem Ausweg. Ein Kollege von Klaus fiel ihm ein, Bernd Bieralf, der seine drei Kinder mit dem Auto durch die Gegend kutschiert hatte, wenn sie nicht einschlafen wollten.
Das Auto steht in der Garage, dachte Hummel. Dummerweise nützt mir das ohne Führerschein gar nichts.
An Fasnacht hatte er seine Fahrerlaubnis wegen Alkohols am Steuer für acht Monate abgeben müssen. Den genauen Tag hatte er sich ohne Weiteres merken können – er war nämlich gerade auf dem Weg ins Krankenhaus gewesen, wo Maxi wenig später zur Welt gekommen war.
In vier Monaten würde er den Führerschein also wieder zurückhaben – aber vier Monate zu warten war im Moment keine gute Option.
Hummel wurde immer nervöser und gereizter.
„Maxi“, flüsterte er beschwörend in Richtung des weinenden Enkels, murmelte es, sprach es, rief es, brüllte es schließlich fast. Zehn Schreiminuten später stand sein Entschluss fest.
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