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Sieg der Könige (Die Könige 3)Sieg der Könige (Die Könige 3)

Sieg der Könige (Die Könige 3) Sieg der Könige (Die Könige 3) - eBook-Ausgabe

Michael Peinkofer
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Roman

„Eine gelungene Fantasy-Reihe findet hier ihren Abschluss. Peinkofers Stil und Sprache setzen die Geschichte schön in Szene.“ - Ruhr Nachrichten

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Sieg der Könige (Die Könige 3) — Inhalt

Die Helden der Bestsellerreihe um „Die Könige“ ziehen in die finale Schlacht: Orks, Elfen, Zwerge und Menschen sehen dem Sieg entgegen – oder ihrer Vernichtung. Denn der Dunkle König ist mächtiger denn je, und sein Kampf um die Krone hat erst begonnen ... Daghan von Ansun und Bertin Zwergenhammer haben das Heer der Fünftausend nach Tirgaslan geführt, um die alte Königsstadt zu erobern. Es gelingt, die Stadt einzunehmen und den Thron zurückzugewinnen. Doch eine Streitmacht von Kaldronen, Orks und Schattendrachen ist auf dem Weg nach Gorta Ruun – und ein Feind, der sich im Körper eines anderen verbirgt, entführt die kleine Prinzessin Alannah. Die Orks Balbok und Rammar nehmen die Verfolgung auf ...

€ 12,00 [D], € 12,40 [A]
Erschienen am 02.05.2018
576 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-28164-5
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€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 14.09.2015
576 Seiten
EAN 978-3-492-97161-4
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Leseprobe zu „Sieg der Könige (Die Könige 3)“

Prolog


Er hatte das Gefühl, in einen bodenlosen Abgrund zu stürzen, dessen tiefe Schwärze ihn verschlang.

Tatsächlich vermochte der Zauberer nicht zu sagen, an welchem Ort oder auch nur in welcher Zeit er sich befand. Zu unvorstellbar war, was geschehen war, selbst für ein Wesen wie ihn, das jahrhundertealt war und vieles gesehen und erlebt, das der Finsternis wiederholt die Stirn geboten hatte.

Dies hier war beispiellos.

Im Augenblick höchster Bedrängnis, als sich in den tiefsten Gewölben der Zwergenfestung Gorta Ruun der Schlund der Unterwelt geöffnet [...]

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Prolog


Er hatte das Gefühl, in einen bodenlosen Abgrund zu stürzen, dessen tiefe Schwärze ihn verschlang.

Tatsächlich vermochte der Zauberer nicht zu sagen, an welchem Ort oder auch nur in welcher Zeit er sich befand. Zu unvorstellbar war, was geschehen war, selbst für ein Wesen wie ihn, das jahrhundertealt war und vieles gesehen und erlebt, das der Finsternis wiederholt die Stirn geboten hatte.

Dies hier war beispiellos.

Im Augenblick höchster Bedrängnis, als sich in den tiefsten Gewölben der Zwergenfestung Gorta Ruun der Schlund der Unterwelt geöffnet hatte und Tausende von Schattenkriegern auszuspucken drohte, hatte er sich selbst geopfert. Einen anderen Ausweg hatte es nicht gegeben, die Invasion zu verhindern.

Die Legion der Schatten!

Lange hatten die Sterblichen gerätselt, hatten herauszufinden versucht, was es mit jenen Kreaturen auf sich hatte, die so unvermittelt in Erdwelt aufgetaucht waren – die Wahrheit jedoch hatte die ärgsten Befürchtungen noch weit übertroffen. Was die Schattenkrieger antrieb, war die Rachsucht uralter Geister, die sich zu ihren Lebzeiten als sterbliche Kreaturen dem Bösen verschrieben hatten und in blutigen Schlachten gefallen waren; was sie auf frevlerische Weise ins Hier und Jetzt zurückkehren ließ, war neue Lebensenergie, die ihnen zugeführt wurde, indem man sie Unschuldigen raubte, gefangenen Menschen und Zwergen, die daraufhin zu Zerrbildern ihrer selbst wurden, zu leeren Hüllen.

Zu Hunderten waren sie in jenen dunklen Schlund in den Tiefen des Stollens Zor getrieben worden, in dem die Geister der Schattenkrieger lauerten, seit Jahrtausenden in der Dunkelheit gefangen und nach neuen Untaten dürstend. Durch das Wirken dunkler Magie war das Tor zu jener Unterwelt weit aufgestoßen worden, und es war nur noch eine Frage von Augenblicken gewesen, bis die ruhelosen Schemen durch die geraubte Lebensenergie zu neuer Kraft gelangen und wieder stoffliche Form gewinnen würden.

Ein Opfer war notwendig geworden, eine andere Möglichkeit hatte es nicht gegeben.

Mit dem Kristallsplitter in den Händen, der seine ermattenden magischen Fähigkeiten um ein Vielfaches verstärkte, hatte sich der Zauberer in den Schlund gestürzt, den Schattenkriegern entgegen. Die Eruption von positiver Energie, von urtümlicher Schaffenskraft, die jedem Elfenkristall und selbst noch dem kleinsten Splitter innewohnte, hatte die Schatten vertrieben und zurückgedrängt in jene finsteren Tiefen, aus denen sie gekommen waren. Und was noch wichtiger war: Sie hatte das Tor verschlossen, das zwischen der Unterwelt und der Dimension der Sterblichen geöffnet worden war, jene frevlerische, den Gesetzen der Natur spottende Verbindung, die es niemals hätte geben dürfen.

Was dann geschehen war, daran hatte der Zauberer keine Erinnerung.

Das letzte Bild vor seinen Augen war der grelle Lichtblitz gewesen, der die Dunkelheit ringsum verzehrte und das Tor zur Unterwelt einstürzen ließ. Dann waren ihm die Sinne geschwunden, und er hatte die Augen geschlossen in der festen Überzeugung, dass dies das Ende seines für menschliche Begriffe unendlich langen Lebens sein würde.

So vieles hatte er miterlebt.

Den Aufstieg des Elfenreichs, den Glanz der Zwergenherrschaft, die Orks auf dem Höhepunkt ihrer Macht; er war dabei gewesen, als das vereinte Heer von Elfen und Zwergen den Unholden am Schwarzpass Einhalt geboten hatte; er hatte Könige kommen und gehen sehen, Reiche aufsteigen und fallen. Er hatte im Zweiten Krieg gekämpft, hatte mit ansehen müssen, wie Menschen und Orks sich miteinander verbündeten, war Zeuge der Schlacht gegen den Dunkelfen geworden; den Zauberorden von Shakara hatte er ebenso überlebt wie das Elfenreich, hatte von fern gewacht und beobachtet, während die Herrschaft über Erdwelt auf die Menschen übergegangen war und die Krone schließlich auf dem Haupt des Abenteurers Corwyn landete; er hatte den Tod ungezählter Freunde und Weggefährten betrauert, ebenso wie den farwyla, den Weggang der Elfen aus der Welt der Menschen.

Ganz allein war er zurückgeblieben. Es war sein Exil, seine Strafe und Chance zugleich – und all diese Zeit, all diese durchlebten und durchwachten Jahrhunderte schienen in diesem letzten Augenblick ihren Sinn und ihre Erfüllung zu finden.

Keine andere Kreatur auf Erden, kein Zwerg, kein Mensch und noch nicht einmal das uralte Schlangenwesen, auf das sie an den Hängen des Schwarzgebirges gestoßen waren, hätte bewerkstelligen können, was ein einziger Weiser, ein ehemaliges Mitglied des Ordens von Shakara, in Verbindung mit einem Elfenkristall vermochte. Die ganze Zeit über war ihm klar gewesen, dass er dieses Opfer würde bringen müssen, diesen letzten Einsatz für die Sterblichen. Und er hatte es gerne getan, hatte die Schuld beglichen, die er einst auf sich genommen hatte.

Doch wie sich zeigte, war es noch nicht vorbei.

Statt im Elysium zu erwachen oder an einem anderen der sieben Orte, an die die unsterbliche Seele zu wandern pflegte, hatte er sich im freien Fall wiedergefunden, schien unentwegt zu stürzen, keinem Ort zugehörig, verloren in der Unendlichkeit zwischen den Welten.

Nur eines konnte er mit Bestimmtheit sagen: Wo auch immer er war und wann auch immer – er war noch am Leben.

Und der alte Zauberer, den die Menschen unter dem Namen Dwethan gekannt hatten, war nicht sicher, ob dies eine Wendung zum Guten war.




Buch I:Gwarsha (Die Belagerung)


Kapitel 1


Mit einem scharfen Atemzug schreckte Daghan aus dem Schlaf.

Wieder einmal hatte der junge Herzog von Ansun einen Albtraum gehabt, und wieder einmal hatte er von Dwethan gehandelt, dem alten Druiden, dem nicht nur er persönlich, sondern alle freien Völker Erdwelts so unendlich viel zu verdanken hatten.

Dag richtete sich auf seiner Schlafstatt auf und wischte sich über die schweißnasse Stirn. Vier Monde waren seit jenen Ereignissen vergangen, aber es war nicht die Hitze des späten Sommers, die Dag den Schweiß aus den Poren trieb und ihn Nacht für Nacht diese Albträume haben ließ. Es war die Last der Verantwortung, das Wissen um das, was geschehen war. Um ruhiger zu werden, atmete er tief ein und aus, roch den fauligen Odem des Waldes und den Geruch der Pferde im nahen Pferch. Ab und an konnte er eines der Tiere schnauben hören, und hier und dort eine leise Stimme.

Dag beruhigte sich. Seine Gedanken jedoch blieben bei Dwethan, dem alten Fuchs, der das denkbar größte Opfer gebracht hatte – sein eigenes Leben.

Mit Wehmut dachte Dag an die Tage zurück, in denen er sich in einem dunklen Loch verkrochen und ein Dasein als Einsiedler gefristet hatte, um nur ja niemals wieder mit der Welt zu verkehren, die ihm so Böses angetan und ihm das Augenlicht geraubt hatte. Es war Dwethan gewesen, der eines Tages vor dem Eingang der Höhle gestanden und ihn ins Leben zurückgeholt hatte[1]. Und kein anderer als der alte Druide war es auch, der ihm neuen Mut und ein Lebensziel gegeben hatte. Dwethan hatte ihm beigebracht, dass sich der Wert eines Menschen nicht nach seinem Augenlicht ­bemaß; er hatte ihn gelehrt, auf andere Weise zu sehen und ihm klargemacht, dass die Welt ihn dennoch brauchte und er eine Bestimmung erfüllen würde. Und obwohl sich Dag dieser Erkenntnis lange Zeit verschlossen hatte, hatte er inzwischen erkannt, dass Dwethans Worte die Wahrheit waren.

Manches Rätsel hatte der Druide Dag in den vergangenen beiden Jahren enthüllt. Sein größtes Geheimnis jedoch hatte er fast bis zuletzt verborgen, sie alle mittels eines Blendzaubers getäuscht. Denn Dwethan war in Wirklichkeit kein Mensch gewesen, sondern der letzte Vertreter des Elfengeschlechts in Erdwelt.

Im sogenannten farwyla, dem großen Abschied, hatten sich die Elfen vor rund fünfhundert Jahren aus Erdwelt zurückgezogen, um nach neuer spiritueller Kraft und einer Heimat für ihr Volk zu suchen. Wohin sie gegangen waren, wusste niemand, doch seit jener Zeit war kein Elf mehr in Erdwelt gesehen worden. Dwethan jedoch war geblieben, dem Entschluss seiner eigenen Leute zum Trotz, um in all den Jahrhunderten unbemerkt über die Sterblichen zu wachen. Nur sein Name war ein versteckter Hinweis gewesen. Denn in der alten Elfensprache hatte das Wort dwethan jene bezeichnet, die vom Schicksal mit einer besonderen, magisch zu nennenden Fähigkeit bedacht worden waren – die Zauberer.

Für Dag stand fest, dass Dwethan solch ein Zauberer – oder Weiser, wie sie in alter Zeit geheißen hatten – gewesen war. Nur so ließen sich seine besonderen Kräfte erklären, nur so sein ungeheures Wissen um die Rätsel der Vergangenheit. Dag hatte so unglaublich viel von ihm gelernt und dennoch stets das Gefühl gehabt, nur an der Oberfläche seines Wissens zu kratzen – und vielleicht war das auch besser so. Während ihn früher eine schier unstillbare Neugier erfüllt hatte, war Daghan inzwischen zu der Erkenntnis gelangt, dass es besser war, manche Dinge nicht zu wissen.

Wissen bedeutete Last, bedeutete Verantwortung … und von beidem hatte Dag mehr als genug.

Seit dem Tag, da sich Dwethan in den dunklen Eingeweiden der Festung Gorta Ruun selbst geopfert hatte, wurde Dag fast jede Nacht von diesen Träumen verfolgt, in denen er den alten Zauberer vor sich sah, kopfüber in einen bodenlosen Abgrund stürzend. Waren es wirklich nur Albträume?

Es war nicht das erste Mal, dass Dag derlei Visionen hatte. Seit er sein Augenlicht verloren hatte, hatte er mehrmals Dinge gesehen, die an anderen Orten und zu anderen Zeiten stattfanden, ohne dass er irgendwelchen Einfluss darauf hatte, was er vor seinem inneren Auge sah. Dwethan war überzeugt davon gewesen, dass es sich dabei um eine spezielle Gabe handle, die das Schicksal Dag zugedacht habe – ihm selbst kam es eher wie ein Fluch vor, zumal er in letzter Zeit auch noch andere, noch schlimmere Visionen hatte.

Erschreckende Bilder drängten sich ihm auf, Eindrücke von einer Zukunft, die sie alle erwarten mochte, von einer Welt, die zerstört war und in Trümmern lag, in der die Angst und das Chaos regierten und in der Kreaturen aus dem Reich der Schatten die letzten Sterblichen versklavten.

Dafür zu sorgen, dass diese Bilder niemals Wirklichkeit wurden, war Daghans oberstes Ziel.

In einem jähen Entschluss schwang er sich von dem aus Strohballen errichteten Lager, das in dem geräumigen, zweckmäßig eingerichteten Zelt für ihn bereitet worden war. Den meisten Kämpfern, die in seinem Heer dienten, stand sehr viel weniger Bequemlichkeit zu Gebote, viele mussten ihr Haupt auf den nackten Boden betten. Und doch hätte Dag gerne mit ihnen getauscht, hätte er dafür nur eine Nacht lang Ruhe gefunden, Schlaf, der frei war von quälenden Bildern.

Es war eine schwüle, mondlose Nacht. Obwohl er keine Kleidung trug, hatte Dag Schweiß auf der Haut. Er griff nach seinem Umhang, legte ihn sich um die Schultern und hüllte sich darin ein. Dann trat er unter dem Vordach des Zeltes hindurch nach draußen, vorbei an den beiden Wächtern, deren alarmierte, wachsame Präsenzen er fühlen konnte.

An einen der Pfosten des Baldachins gelehnt blieb er stehen, sog die feuchte Luft in seine Lungen und lauschte den Geräuschen der Nacht.

Verhaltenes Schnarchen war hier und dort zu hören, das durch die Zeltwände der Unterführer drang, das Scharren von Hufen und gelegentlich ein Schnauben. Ein metal­lischer Klang ließ vermuten, dass irgendwer seine Waffe schärfte – vermutlich jemand, der ebenso wenig Schlaf fand wie Dag. Und ab und an waren leise Stimmen zu hören. Dag konnte die Worte nicht verstehen – sprachen die Krieger über die gefährliche Lage, in der sie sich alle befanden? Über die Schlachten, die ihnen bevorstanden? Oder unterhielten sie sich einfach nur über ihr Zuhause, über ihre Heimat und ihre Familien, die sie womöglich niemals wiedersehen würden?

Der Gedanke ließ Dag schwermütig werden. Er hatte niemals ein großer Heerführer sein, niemals über Leben und Tod so vieler entscheiden wollen. Aber so, wie sich die Dinge entwickelt hatten, konnte er nicht anders. Das Schicksal hatte ihm keine Wahl gelassen, und nun musste er sehen, dass er der ihm übertragenen Verantwortung gerecht wurde – auch wenn er sehr viel lieber an einem ganz anderen Ort gewesen wäre, und am liebsten auch zu einer anderen Zeit.

Er erinnerte sich noch gut daran, als er das erste Mal hier gewesen und die gewaltigen Mauern von Tirgaslan erblickt hatte. Niemals hätte er geglaubt, dass er eines Tages als Eroberer zurückkehren würde … zumindest als jemand, der sein Heer gegen die Mauern der alten Königsstadt schickte. Über Sieg oder Niederlage würden andere Dinge entscheiden.

Es lag nicht mehr in seiner Hand …

„Aye, findest du auch keinen Schlaf?“

Es war die Stimme von Ferghas, seinem treuen Gefährten, den er zum stellvertretenden Befehlshaber des Heeres ernannt hatte. Anders als Dag stammte Ferghas nicht aus Ansun, sondern gehörte den Clansleuten der Hügellande an, bei denen Dag einst Hilfe gesucht hatte. Mehrfach waren sie dem Tod um Haaresbreite entronnen, hatten viel zusammen durchgemacht – zu viel, um einander noch etwas vorzuspielen.

„Die Geister der Vergangenheit“, gab Dag leise zu, während er weiter so tat, als blickte er hinaus in die Nacht, auf die Zelte des Heerlagers, die sich überall zwischen den Bäumen duckten, auf die Wagen und Pferde – und auf die trutzigen Mauern von Tirgaslan, die sich jenseits davon in den wolkenverhangenen Nachthimmel reckten.

„Mir fehlt der alte Mann ebenfalls“, gab Ferghas unumwunden zu, der offenbar am anderen Stützpfosten des Vorzeltes lehnte. Seinen geräuschvollen, gleichmäßigen Atemzügen nach rauchte er Pfeife. „Irgendwie schien der alte Fuchs immer zu wissen, was zu tun war.“

„Wir wissen es auch“, versicherte Dag. „Nur nicht, ob es uns auch gelingen wird.“

„Aye“, bestätigte Ferghas mit leise grollendem Lachen, „wenn du dich geirrt hast, Herzogsohn, wird die Niederlage so vollkommen sein, dass wir nicht einmal Gelegenheit haben werden, sie zu bedauern.“

„Ich weiß, guter Ferghas. Ich weiß.“

Nachdem sie den Zwergen dabei geholfen hatten, deren alte Feste Gorta Ruun zurückzuerobern und den Einfall der Schattenlegion in die Welt der Sterblichen zu verhindern[2], hatte sich das neu formierte „Heer der Fünftausend“ gen Süden gewandt. Neben den Zwergen, die von der Schreckensherrschaft Lord Ansgars und seiner Alchemisten befreit worden waren, setzte sich dieses Heer vor allem aus Menschen zusammen, Angehörigen der Hochland-Clans, die nach Jahren des inneren Zwists und kleinlicher Fehden endlich ihren Streit begraben hatten und nun Seite an Seite kämpften. Und da waren die Nathiri, eine Gruppe von Assassinen, die ihrer Anführerin, der schlangenhaften Nagaya, treu ergeben waren. Obschon vergleichsweise gering an Zahl, waren sie sowohl als Kundschafter als auch als Speerspitze eines jeden Angriffs ein unverzichtbarer Teil von Daghans Heer.

Gorta Ruun zu verlassen und sich gegen Tirgaslan zu wenden, war eine logische Entscheidung gewesen. Der Dunkle König, der im fernen Tirgas Winmar Hof hielt, bediente sich dunkler Kräfte, um die Seelen in grauer Vorzeit gefallener Krieger in die Welt der Sterblichen zurückkehren zu lassen. Den Anfang hatten die Schattendrachen gemacht, grausige, fliegende Kreaturen, die zu Beginn nicht mehr als bloße Schemen gewesen waren. Doch je länger sie in Erdwelt weilten und je mehr die Macht ihres dunklen Gebieters wuchs, desto wirklicher waren sie geworden. Auch einige Schattenkrieger hatten bereits die Grenze der Unterwelt passiert und verbreiteten in Erdwelt Angst und Schrecken, die große Invasion jedoch hatte durch Dwethans selbstloses Opfer verhindert werden können. Allerdings gab sich Dag keinen Illusionen darüber hin, dass der Dunkle König erneut versuchen würde, sein Heer der Finsternis zu entfesseln.

Ziel des Widerstands musste es daher sein, die Zeit bis zum Eintreffen der Schattenlegion möglichst zu nutzen und in den letzten Monden und Jahren verlorenes Terrain zurückzugewinnen. Tirgaslan, die einstige Königsstadt, die sich von der Küste im Süden bis tief nach Trowna erstreckte, befand sich in der Hand des Feindes, seit der Marionettenkönig Lavan sich gegen den der Finsternis verfallenen Zwergenherrscher Winmar gewandt hatte und diesen in einer gewaltigen Seeschlacht zu vernichten suchte. Die Schlacht war verloren gegangen, weil Winmar die Schattendrachen zu Hilfe rief – seither herrschte ein Statthalter des Königs über die Stadt, und Zwergenkrieger und Orksöldner hielten sie besetzt. Was aus Winmar dem Steinernen geworden war, darüber konnte Dag nur spekulieren – die einen behaupteten, der Dunkle König hätte ihn ermordet und selbst den Thron der Äxte bestiegen, andere meinten, dass Winmar selbst jener Dunkle Herrscher sei, der von seiner fernen Feste aus Erdwelt mit Krieg und Zerstörung überzog.

Dag befürchtete, dass die Wahrheit noch schlimmer und der Dunkle König das war, was aus der Verschmelzung Winmars mit dem uralten Bösen hervorgegangen war, das seit jeher in den Tiefen Erdwelts lauerte – so jedenfalls hatte Dwethan es ihm einst erklärt. Winmar mochte gefährlich gewesen sein, skrupellos in seiner Gier nach Macht und Geltung. Doch niemals hätte er die Kraft oder die Kenntnis besessen, die nötig waren, um die Legion der Schatten aus den Untiefen der Zeit in die Gegenwart zu rufen.

Doch mit dem Gegner hatte sich auch das Ziel des Krieges geändert. Beim Kampf gegen Winmar war es um die Freiheit Erdwelts gegangen, um das Recht der Völker, über sich selbst zu bestimmen. Inzwischen war es ein Kampf um das nackte Überleben geworden …

„Noch zwei Stunden bis zum Morgengrauen“, meinte Ferghas.

Dag nickte.

Zwei Stunden.

Dann begann der Angriff …

„In meiner Truhe“, sagte er leise, „befindet sich ein Schriftstück. Falls ich diesen Tag nicht überlebe, soll es der Königin übergeben werden.“

„Aye“, sagte Ferghas nur. Sie alle hatten Vorbereitungen getroffen, die freien Zwerge unter dem Kommando ihres neuen Königs Bertin Zwergenhammer ebenso wie die Menschen.

Letzte Liebesbezeugungen.

Letzte Gedanken.

Letzte Grüße.

Dags Worte galten seiner geliebten Aryanwen, der rechtmäßigen Königin von Tirgaslan, und ihrer gemeinsamen Tochter Alannah. Beide waren in Gorta Ruun geblieben, zusammen mit den Frauen, Kindern und Alten – und mit zwei Orks, die sich bereit erklärt hatten, das Leben der kleinen Alannah mit dem ihren zu schützen.

Normalerweise hätte Dag auf das Versprechen zweier Unholde einen feuchten Kehricht gegeben, in diesem Fall jedoch verhielt es sich anders. Denn Balbok und Rammar hatten Alannah zwei Jahre lang beschützt und sie an Eltern statt aufgezogen. Zwar merkte man das dem Kind zum Leidwesen seiner Mutter noch immer deutlich an, die Hauptsache jedoch war, dass es überlebt hatte, allen Nachstellungen zum Trotz. Denn der Dunkle König trachtete dem Kind nach dem Leben, das die Blutlinien beider Herrscherhäuser der Menschen in sich vereinte und zudem Elfenblut in seinen Adern hatte. Dwethan hatte stets behauptet, dass dieses Kind die letzte Hoffnung für Erdwelt sei, also waren Alannah und ihre Mutter in Gorta Ruun geblieben. Zwar gab es in diesen Tagen keinen Ort in ganz Erdwelt, der tatsächlich sicher gewesen wäre, doch versprach die Abgeschiedenheit der Zwergenfeste sehr viel größeren Schutz als ein Feldlager vor feindlichen Mauern.

Noch knapp zwei Stunden bis zum Hornsignal.

Zwei Stunden …

Wenn Dag sich konzentrierte, konnte er von jenseits des Heerlagers das Hämmern der Schmiedehämmer hören und das Klopfen der Zimmerleute. Fredegar Helmknecht, der von Winmar eingesetzte Statthalter von Tirgaslan und Oberkommandierende der Garnison, hatte Anweisung gegeben, die Stadtmauern mit allen Mitteln zu sichern und die Verteidigungsanlagen zu verstärken – und ganz sicher hatte er bei seinem dunklen Herrscher auch Verstärkung angefordert.

Es würde also schnell gehen müssen.

Wenn Dag und die Seinen nicht innerhalb kürzester Zeit die feindliche Verteidigung durchbrachen, würde ihr Schicksal besiegelt sein, denn einen langwierigen Kampf vor Tirgaslans Mauern würden sie nicht durchstehen. Und wenn das Heer der Fünftausend vor den Mauern der Königsstadt vernichtet wurde, dann starben mit ihm auch alle Hoffnungen, denn dann gab es nichts mehr, das zwischen den Legionen der Dunkelheit und den letzten freien Kreaturen Erdwelts stand. Dann, dachte Dag bitter, würden auch ihre beiden Orkleibwächter Alannah nicht mehr vor dem Zugriff des Bösen bewahren können …

Der neue Tag, der fern im Osten heraufdämmerte, würde die Entscheidung bringen.

[1]  siehe DIE KÖNIGE

[2] nachzulesen in KAMPF DER KÖNIGE

Michael Peinkofer

Über Michael Peinkofer

Biografie

Michael Peinkofer, 1969 geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Kommunikationswissenschaften und arbeitete als Redakteur bei der Filmzeitschrift „Moviestar“. Mit seiner Serie um die „Orks“ avancierte er zu einem der erfolgreichsten Fantasyautoren Deutschlands. Seine Romane um „Die Zauberer“...

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„Eine gelungene Fantasy-Reihe findet hier ihren Abschluss. Peinkofers Stil und Sprache setzen die Geschichte schön in Szene.“

Bunte

„Klassische Fantasy, brillant erzählt von Genre-Meister Michael Peinkofer.“

Sonic Seducer

„Trotz mehrerer parallel verlaufender Handlungsstränge und einer großen Bandbreite unterschiedlicher Stimmungen liest sich auch dieser Wälzer des produktiven Autors sehr griffig und wie aus einem Guss. Für Erdwelt-Fans ein Muss.“

Multimania

„Packend, episch und ergreifend: Michael Peinkofer beschließt mit ›Sieg der Könige‹ fulminant und spannend bis zur letzten Seite seine Fantasy-Trilogie.“

agm Magazin

„Michael Peinkofer war nie ein Autor, der seine wichtigen Figuren nicht auch über die Klinge hat springen lassen. Ein Kniff, der eine Geschichte spannend hält und natürlich auch dem Pathos seinen Raum zugesteht.“

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