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Sitzen macht krank

Sitzen macht krank - eBook-Ausgabe

Gerd Schnack
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Übungsrituale für Rücken, Gelenke und strapazierte Nerven

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Sitzen macht krank — Inhalt

Eigentlich sind wir Menschen Laufwesen, doch seit Einzug des Technikzeitalters sitzen wir in monotoner Haltung am Schreibtisch, und das sieben bis acht Stunden pro Tag. Diese Entwicklung hat fatale Auswirkungen auf unsere Gesundheit: Rückenschmerzen, Spannungskopfschmerz und Verdauungsprobleme sind die Folgen. Gerd Schnack zeigt, wie wir diesen Symptomen mit kurzen Übungen beikommen können. Zudem entwickelt er eine spezielle Form der aktiven Tiefenentspannung, mit deren Hilfe es neben optimaler Energieversorgung auch zu einer Stabilisation der Rücken- und Beckenbodenmuskulatur kommt. Es ist ganz einfach, die kurzen Trainingseinheiten in unseren Alltag zu integrieren, denn in nur 15 Minuten täglich lassen sich große Fortschritte erzielen.

€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 02.04.2019
192 Seiten
EAN 978-3-492-99361-6
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Leseprobe zu „Sitzen macht krank“

Das Wunder der natürlichen Hocke

Aus der Hocke heraus sind wir alle geboren, sie war es, die uns in dieser ersten Entwicklungszeit in einem speziellen Kokon sorgsam behütet hat, sie hat uns geschützt und bewahrt und uns dabei die Liebe unserer Mutter hautnah spüren lassen. Ohne diese Kauer-Power-Position wären wir nie zu dem geworden, was wir heute sind.

Im Kleinkindalter konnten wir uns leicht in dieser Schutzhaltung verstecken, wie ich es getan habe, weil ich schon mit zwei Jahren gerne von zu Hause weggelaufen bin, hinaus in die große Freiheit dieser [...]

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Das Wunder der natürlichen Hocke

Aus der Hocke heraus sind wir alle geboren, sie war es, die uns in dieser ersten Entwicklungszeit in einem speziellen Kokon sorgsam behütet hat, sie hat uns geschützt und bewahrt und uns dabei die Liebe unserer Mutter hautnah spüren lassen. Ohne diese Kauer-Power-Position wären wir nie zu dem geworden, was wir heute sind.

Im Kleinkindalter konnten wir uns leicht in dieser Schutzhaltung verstecken, wie ich es getan habe, weil ich schon mit zwei Jahren gerne von zu Hause weggelaufen bin, hinaus in die große Freiheit dieser Welt. übrigens sehr zum Unwillen meines Vaters. Vor seinem strafenden Verhalten flüchtete ich hinter einem Sessel in meine Hocke, die ängstlichen Augen auf den strengen Vater gerichtet. Meine Mutter stellte sich vor den Vater, um Schlimmeres zu verhindern.

In der Hocke und beim Licht flackernder Kerzen saß ich mit meiner Großmutter im Keller unseres Hauses in Mecklenburg, während die feindlichen Flugzeuge östlicher und westlicher Prägung uns in Angst und Schrecken versetzten.

Später in der Schule, auf der Universität in Rostock und schließlich während meiner chirurgischen Ausbildung musste ich mich zwangsläufig der Umgebung anpassen, in der die natürliche Hocke keinen Platz mehr fand. Die negativen Folgen dieses Verhaltens bekam ich schnell zu spüren: Der Rücken antwortete mit ersten Warnzeichen, und die Achillessehne begann zu zwicken, weil ich schon damals in der Schule mit meinen einsamen Waldläufen begonnen hatte.

So vergingen die ersten Jahre in der Chirurgie, bis ich die Chance bekam, mein westliches Universitätswissen durch den Kriegseinsatz in Vietnam zu erweitern und den schwer verletzten Kriegsopfern meine chirurgische Erfahrung zu vermitteln. So konnte ich Menschen in ihrer großen Not helfend zur Seite stehen, ich habe aber dieses Land nicht nur nach zwei Jahren als ein Gebender, sondern auch als ein Beschenkter verlassen.

Beschenkt wurde ich mit einer komplexen Form der Gelassenheit, die diese Menschen in Saigon und Da Nang die Kriegswirren in bewundernswerter Weise ertragen ließ. Später ist daraus die Vagus-Meditation hervorgegangen. Gleichzeitig diente die naturrichtige Hocke, von mir als Saigonhocke tituliert, für mich als Vorbild für ein Körperverhalten, das als vorbildlich unter Stressbedingungen anzusehen ist, das wir aber im fernen Westen gänzlich der modernen Technik geopfert hatten.

Das Thema „Sitzen macht krank“ hat in Vietnam keine Bedeutung, weil sich die Menschen dort im Alltag grundsätzlich anders verhalten als wir in Deutschland, die wir zwar ein hohes Stressbewusstsein entwickelt, im grauen Stressalltag aber das natürliche Rückenverhalten völlig verlernt haben. In Vietnam lassen sich die Menschen dagegen durch die naturrichtige Hocke durch alle Höhen und Tiefen des Alltags führen.

„Sitzen macht krank“ – das ist keine Behauptung, sondern in unserem Technikzeitalter eine nachgewiesene Tatsache, deren Dimensionen ich Ihnen in diesem Buch erläutern möchte. Aber nicht nur das. Es gibt auch Wege, die uns aus dem Sitzstress herausführen. Und diese Wege will ich Ihnen zeigen.


Sitzbeschwerden – ein Nervenproblem

Alle Welt, darunter auch etliche Rückentherapeuten, spricht heute über die chronischen Rückenbeschwerden, die beim Sitzen, speziell bei langer Sitzarbeit am Computer, entstehen. Da dieses gravierende Problem aber häufig lediglich aus der Perspektive der Anatomie betrachtet wird, schränkt man sich auf eine Sichtweise ein, die zu eng und rein auf die mechanische Komponente ausgerichtet ist. Selbstverständlich spielt der überaus komplizierte Aufbau der Wirbelsäule eine nicht unwesentliche Rolle bei dieser Volkskrankheit, die inzwischen zu einem Kernproblem in der Medizin geworden ist. Aber allein die Tatsache, dass durchgreifende therapeutische Erfolge bisher ausgeblieben sind, belegt die Aussage, dass zur Lösung des Problems bisher immer noch nicht die schlüssige Antwort gefunden worden ist, die der Wahrheit am nächsten kommt.

Natürlich ist das lange Sitzen, betrachtet man es aus dem Blickwinkel der Wirbelsäule mit all ihren Gelenken, Bändern, Muskeln und Bandscheiben, zunächst eine biomechanische Angelegenheit. Dem steht aber das gesamte Nervensystem gegenüber, das zum einen aus der Perspektive des Gehirns, zum anderen aus der der peripheren Nerven in Augenschein genommen werden muss. Insbesondere der durch langes Sitzen hervorgerufene chronische Rückenschmerz ist primär eine Einstellungssache, bedingt durch den Ablauf unserer gedanklichen Wahrnehmung. Und wenn die täglichen Gedanken nur noch um die Wirbelsäule mit ihren Sitzbeschwerden kreisen, wissen wir dank der Erkenntnisse der neuen Neurophysiologie: Unser Gehirn ist durchaus in der Lage, den chronischen Rückenschmerz zu lernen, ihn im Gedächtnisspeicher zu verankern, sodass die objektiven Befunde häufig deutlich hinter den subjektiven Beschwerden zurückbleiben.

Das ist die eine Seite der Medaille. Werfen wir unseren Blick auf die andere Seite, kommt die Anatomie ins Spiel, die klar zeigt, dass die Nerven in ihren peripheren Verläufen das druckempfindlichste Gewebe im Körper darstellen. Eine überaus wichtige Feststellung, die jeder von uns schon mehrmals im Leben am eigenen Leibe machen konnte, denken wir nur an den brennenden Schmerz an der Innenseite des geprellten Ellbogengelenks mit Signalwirkung bis in die Hand hinein. Aus gutem Grund spricht der Volksmund vom Musikantenknochen. Namensgebend ist ein singender Schmerz an der Innenseite eines Ellbogengelenkes, intensiv wirksam und lange in unserer Erinnerung haftend!

Das empfindliche Ulnarisrinnensyndrom

In der Handchirurgie kennt man das Ulnarisrinnensyndrom, das häufig einen „Golferellbogen“ überlagert, nicht selten aber allein schon dadurch ausgelöst werden kann, dass nachts der Arm unter dem Kopf liegt. Möglicherweise wird dadurch der an der Innenseite des Gelenks liegende Ellennerv derart traumatisiert, dass ein Nervenkompressionsschmerz die Folge ist. Auch der unsachgemäße Büroschlaf am Mittag mit den abgestützten Armen auf der Tischplatte kann ein Ulnarisrinnensyndrom auslösen, weil der Ellbogennerv (Nervus ulnaris) an dieser Stelle sehr oberflächlich verläuft und äußerst druckempfindlich reagiert.

In der Handchirurgie wird dieser Schaden nicht in jedem Fall sofort operiert, oft genügt ein schützender Watteverband um das Gelenk herum, und das traumatisierte Nervengewebe erholt sich in wenigen Tagen.

Der Schamnerv, der unseren Sitzboden so empfindlich macht

Periphere Nerven existieren aber nicht nur in den Armen und Beinen, sondern auch in der Sitzfläche unseres Beckenbodens, auch wenn diese Region mit großen Muskelgruppen besetzt ist, denken wir nur an die kräftigen Gesäß- und Rückenmuskeln. Der Beckenboden gleicht mehr einer Muskelplatte, obwohl hier wichtige Lücken anzutreffen sind, durch die es häufig zu Harnblasenvorfällen, ja sogar zu Ausstülpungen von Darmschlingen oder gar der Gebärmutter kommen kann.

Beherrscht wird die gesamte Sitzfläche nicht etwa von einem einzelnen Nerv, sondern von einem ganzen Nervengeflecht, dem Plexus sacralis, aus dem der Plexus pudendus und schließlich der überaus druckempfindliche Pudendusnerv, unser Schamnerv, hervorgeht.

Im menschlichen Körper gibt es zwei grundlegende Entspannungs- und Versorgungszentren, die direkt mit unserem Energie- und Überlebenszentrum, dem vegetativen Nervensystem, in Verbindung stehen:

  • Das obere Zentrum mit dem zehnten Hirnnerv Vagus, der aus dem Hirnstamm entspringt, wobei er durch den dritten, siebten und neunten Hirnnerv angesteuert werden kann, die neben motorischen Fasern auch gleichzeitig parasympathische Fasern aufweisen. Das Einflussgebiet sind die Brust- sowie die oberen Bauchorgane.
  • Das untere Zentrum im Kreuzbeinbereich mit dem Plexus sacralis, aus dem der Pudendusnerv hervorgeht und der den unteren Bauchraum, die Beckenorgane und den gesamten Beckenboden parasympathisch und motorisch versorgt.


Muskelaktivitäten und Tiefenentspannung

Das Bedeutsame am Vagus- und Pudendusnerv ist die Tatsache, dass hier nicht nur motorische Fasern, sondern auch parasympathische Entspannungsfasern zusammen verlaufen, sodass ganz spezielle Muskelaktivitäten gleichzeitig eine Tiefenentspannung auslösen können. Die Vagus-Stimulation funktioniert aus dem Gesichts- und Halsbereich heraus, die Reizung des Nervus pudendus steht mit Muskelaktivitäten des Beckenbodens im Zusammenhang. Doch dazu später mehr.

Sympathikus und Parasympathikus

Stress und stressbedingte Erkrankungen prägen unsere Gegenwart. Dieser fehlerhafte Kreislauf ist lebensbestimmend, weil durch die hohe Dichte zentral zu verarbeitender Sinnesreize gegenwärtig der Kampf- und Fluchtnerv Sympathikus eindeutig die Dominanz im vegetativen Nervensystem aufweist.

Zwei Befehlszentralen bestimmen das vegetative Nervensystem, unser Überlebenszentrum: zum einen das sympathische Kampf- und Fluchtsystem, zum anderen das parasympathische Regenerations- und Entspannungssystem.

Der Sympathikus sichert unsere Existenz durch Kampf und Flucht, gefragt sind körperlich-geistige Antworten, die den ganzen Menschen erfordern. Schnelle und ganzheitliche Reaktionen sichern diesen Alarmzustand, der einen hundertprozentigen Einsatz auslöst, eine allgemeine Mobilmachung in Gang setzt, die uns stets wie ein Blitz aus heiterem Himmel trifft, überfallartig, total, oft sogar vernichtend.

Sein Gegenspieler, der Parasympathikus, hat als Regenerationsnerv alle Zeit der Welt. Er muss von uns persönlich in Aktion versetzt werden, und er begnügt sich auch mit Teilergebnissen, d. h., er fordert nicht in jedem Fall den ganzen Menschen.

Der Sympathikus ist der Kämpfer in uns, der Parasympathikus dagegen der vornehme Gentleman, der sich immer ein bisschen ziert und regelrecht auf die Bühne unseres Lebens gedrängt werden muss. Der wichtigste Nerv im parasympathischen System ist der zehnte Hirnnerv, der Vagus, der immerhin 75 Prozent aller parasympathischen Nervenfasern besetzt, weswegen der Parasympathikus gerne mit dem Vagus gleichgesetzt wird.

Das zeigt auch klar die Anatomie: Der Sympathikus gleicht einer kompakten, ganzheitlichen Kampfeinheit, während der Parasympathikus praktisch zweigeteilt ist, aufgeteilt in das obere, nervöse Leitsystem, das mit seinem Kerngebiet im Hirnstamm angesiedelt ist und aus dem der wichtige Vagusnerv hervorgeht. Das untere, nervöse Kreuzbeingeflecht bildet den Plexus sacralis, der sich im Plexus pudendus fortsetzt und schließlich im Pudendusnerv endet.

Die Anatomie spricht immer eine klare Sprache. Und wenn wir den Stress der Gegenwart unter Kontrolle bringen wollen, müssen wir uns dieser Tatsache stellen. Fakt ist, dass wir gegenwärtig unter Einbeziehung aller meditativen Entspannungsverfahren nur ca. 75 Prozent Abwehrkraft des Parasympathikus gegen den Sympathikus nutzen. Diese 75 Prozent ergeben sich allein aus der Abbildung durch die Stimulation des Vagus mit seinem Einflussgebiet auf die obere Körperhälfte, auf Herz, Lunge und Bauchraum. 

Der durch den Sympathikus hervorgerufene Stress wirkt aber immer total zu 100 Prozent, unsere aktuelle Stressantwort liegt dagegen nur bei 75 Prozent. Allein das belegt, warum sich aktuell an der Stressfront kaum etwas Grundsätzliches ändert. Die stressbedingten Erkrankungen sind nach wie vor auf dem Vormarsch!

Stress trifft also den Sympathikus immer total, ganzheitlich zu 100 Prozent. Dem stellt die parasympathische Entspannungsfront aber nur 75 Prozent Gegenkraft entgegen, eine Rechnung, die nie aufgehen kann.

Dieser Vorgang ist mit einem Ruderboot in einem Fluss vergleichbar. Das Wasser fließt mit einer Fließgeschwindigkeit von 100 Prozent. Sie steuern entgegen, bringen es in ihrem Boot aber nur auf 75 Prozent Gegenleistung. Was wird passieren? Sie kommen nicht nur nicht von der Stelle, Sie bewegen sich sogar rückwärts!

Gegen 100 Prozent Sympathikus-Stress braucht es auch 100 Prozent Parasympathikus-Power!

Ab sofort können wir aber mit der faszinierenden, meditativen Alpha-Power antworten und setzen erstmalig den 100 Prozent Sympathikus-Power die ebenbürtigen 100 Prozent Parasympathikus-Power entgegen. Sie entspricht dem Vagus für die obere Körperhälfte mit 75 Prozent Wirkung und führt durch den Pudendusnerv auch die untere Körperhälfte unter Einbeziehung der Beckenorgane mit in die Abwehrschlacht mit den restlichen 25 Prozent.


Das ist die Kraft, die allein aus der Bipolarität erwächst, wie sie durch die Konfrontation der Gegensätze ermöglicht wird, der entscheidende Steuerungsmechanismus des vegetativen Nervensystems im ständigen Wechselspiel zwischen Sympathikus und Parasympathikus oder Vagus. Aus diesem unerschöpflichen Energiepotenzial schöpft auch unser Herz seine grandiose Beständigkeit, ausgehend von der Raumverkleinerung durch die Systole, auf die unmittelbar die Raumerweiterung der Diastole folgt. In diesem Saugstrom wird das sauerstoffreiche Blut in Richtung Peripherie gepresst, wobei die elastischen Aortenwände durch ihre Windkesselwirkung den Flüssigkeitsstrom weiter unterstützen.Neue Hoffnungssignale sind zu vernehmen, denn unser Körper verfügt über gewaltige Selbstheilungskräfte, die nur entdeckt und dann im Sinne der Selbstorganisation auf den Weg gebracht werden müssen. Über ein solches Potenzial verfügt auch jede Pflanze auf ihrem Weg dem Sonnenlicht entgegen, eine ständige Grenzwanderung zwischen Gedeihen und Verderben. 

Bipolar ist also auch die Arbeitsweise unserer Überlebenszentrale aufgebaut, das vegetative Nervensystem, das von der Medizin als autonom eingestuft wird, das sich aber nur begrenzt selbstständig verhält, auch wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass die Herzfrequenz willentlich kaum zu beeinflussen ist und in Ruhe praktisch ihren eigenen Takt schlägt.

Denn tatsächlich ist das vegetative Nervensystem nicht die feste Burg, die von außen nicht zu erstürmen wäre. Mauerbrecher sind drei Hirnnerven, der dritte, siebte und neunte Hirnnerv, die uns den Zugang zu dieser Kommandozentrale der komplexen Tiefenentspannung ermöglichen. Diese drei Hirnnerven führen nicht nur motorische Fasern, sondern auch parasympathische mit sich, sodass bei gezielten Muskelaktivitäten auch gleichzeitig eine Tiefenentspannung „frei Haus“ mitgeliefert werden kann.

Mit dieser Antwort auf den Stress ist jeder von uns unmittelbar in der Lage, im schnellen Alltag seine ganz persönliche Tiefenentspannung einleiten zu können, und das mit großem Gewinn für alle Brustorgane und für den oberen Bauchraum. Dabei sind folgende Schritte zu beachten:

  • Gehen Sie in die Stille, setzen Sie sich abseits bequem auf einen Stuhl vor einem hellen Fenster und schließen Sie die Augen.
  • Der „Cinéma interne“-Film beginnt durch die Blickeinstellung auf die geschlossenen Augenlider. Unterschiedliche Farben tauchen auf, oft mit Gelb beginnend, ebenso punktförmige Einschlüsse im Augenwasser, die „fliegenden Mücken“, die man bewusst ins Visier nimmt.
  • Durch gleichzeitige Kehlkopfvibrationen wird die Ausatmung betont, die vom Parasympathikus bestimmt wird. Vibrationen entstehen durch Schnurren, Summen, Singen oder Brummen, auch eine kurze Melodie in ständiger Wiederholung verstärkt die Entspannung.
  • Die innere Stimmung wechselt in Wohlklang, eine wohltuende Entspannung gewinnt an Raum, die Zeit verliert jegliche Begrenzung.
  • Das Herz schlägt langsamer, der Blutdruck senkt sich ab, die kurze Brustatmung wechselt in tiefe Bauchatmung und die muskulären Verspannungen des Nackens und des Rückens lösen sich auf.
  • Diese kurze Vagus-Auszeit wird von vielen Teilnehmern als ein Zeitabschnitt empfunden, von dem sie sich wünschten, dass er nie enden möge!

Diese Vagus-Siesta in der Mittagspause am Arbeitsplatz steigert das allgemeine Wohlbefinden umgehend, Studien belegen sogar eine Leistungssteigerung von 35 Prozent für den restlichen Tag.

 

Das Rückenproblem der Gegenwart ist also primär eine reine Nervensache, weil der wichtigste Nerv des unteren Bauchraums und des gesamten Beckens, der Pudendusnerv, durch langes, bewegungsloses Sitzen und durch das Pressen aus dem Kopf heraus nach dem Valsalva-Manöver (dazu später mehr) derart unter Druck gesetzt wird, dass die überaus empfindlichen Nervenzellen dem nicht gewachsen sind. Natürlich spielt auch der knöcherne Aufbau der gesamten Wirbelsäule bei der täglichen Sitzbelastung eine Rolle. Vorrangig geht es darum, aus der monotonen Gelenkbelastung bei langem Sitzen herauszukommen, Variationen ständiger Veränderung anzubieten, damit die druckempfindlichen Bandscheibenräume zusammen mit dem Schamnerven permanent entlastet werden können. Auch in der ständigen Auseinandersetzung mit der Schwerkraft der Erde heißt es, wachsam zu sein, um möglichst hohe Erschütterungen zu vermeiden. Dies gelingt etwa durch Gehen auf Böden mit Waldbodeneffekt, durch wiederholte Rückwärtspassagen vor allem auf Treppen oder bei langen Bergabpassagen, wir müssen aber auch auf die Erschütterungssportarten achten. Gleichzeitig sind die Muskeln und Sehnen des Rückens im Auge zu behalten. Aber nicht allein auf den starken Rücken kommt es an, denn hohe Leistungsfähigkeit gibt es nicht ohne Elastizität – ein Grund dafür, dass ich detailliert auf das Faszienstretching eingehen werde, speziell auf die naturrichtige Hocke als Paradedisziplin, die es für uns alle wieder neu zu entdecken gilt. In unserer bedingungslosen Anpassung an die Technik haben wir aber diese Kauer-Power-Position leichtfertig geopfert, obwohl es keine andere Körperhaltung gibt, in der neun Muskel-Sehnen-Gruppen wirkungsvoll entlastet und gleichzeitig gedehnt werden können. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass wir alle aus der naturrichtigen Hocke geboren sind, sie ist damit unser pränatales Markenzeichen.

Gerd Schnack

Über Gerd Schnack

Biografie

Prof. Dr. Gerd Schnack (1934 - 2020) war Chirurg, Sport- und Präventivmediziner und am Allensbacher Präventionszentrum mit dem Schwerpunkt präventivmedizinische Seminare und Gesundheitscoaching tätig. Er war Ehrenpräsident der Deutschen Gesellschaft für Präventivmedizin und Präventionsmanagement.

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