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Stranger – Du wirst ihm verfallen

Stranger – Du wirst ihm verfallen - eBook-Ausgabe

Michele Campbell
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Roman

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Stranger – Du wirst ihm verfallen — Inhalt

Er beobachtet sie schon lange. Jetzt ist seine Zeit gekommen.

Sie ist wunderschön und unendlich verwundbar. Für den jungen Aiden gibt es keine andere Frau als Caroline. Sein Herz gehört ihr – auch wenn sie nichts von seiner Existenz weiß. Als die Dreiundvierzigjährige von ihrem Ehemann in aller Öffentlichkeit bloßgestellt wird und ihre Ehe in Scherben liegt, ist sein Moment endlich gekommen.

Seine düstere Aura ist faszinierend und beunruhigend zugleich. Auf der Suche nach Trost und Rache wendet sich Caroline dem unbekannten Aiden zu. Sein offenkundiges Interesse schmeichelt ihr. Ein lustvolles Abenteuer beginnt, das jedoch innerhalb kürzester Zeit völlig außer Kontrolle gerät …

Für alle Fans von „You – Du wirst ihn lieben“

„In ›Stranger – Du wirst ihm verfallen‹ läuft alles auf ein großes Finale hinaus, das einem den Atem raubt. Ein höchst spannender Thriller.“ A. J. Finn, Autor von „The Woman in the window“

„Diese Cliffhanger sieht man definitiv nicht kommen!“ Women.com

 

€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 06.07.2020
Übersetzt von: Anita Nirschl
416 Seiten
EAN 978-3-492-99580-1
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Leseprobe zu „Stranger – Du wirst ihm verfallen“

1

Am Strand war ein Fremder. Er stand vor meinem Haus und starrte es an, als wollte er es für einen Einbruch auskundschaften.

Manchmal schleicht sich das Schicksal an dich heran. Aber Aidan Callahan näherte sich mir nicht unbemerkt. Er war dreist. Er stand dort mitten auf dem Sand, starrte hoch zu meinem funkelnagelneuen Strandhaus und sah aus, als führe er nichts Gutes im Schilde. Ich konnte ihn deutlich sehen, als ich durch die Panoramafenster über den Infinity-Pool hinweg zum Ozean schaute. Ja, er war äußerst attraktiv. Doch ich war seit zwanzig Jahren [...]

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1

Am Strand war ein Fremder. Er stand vor meinem Haus und starrte es an, als wollte er es für einen Einbruch auskundschaften.

Manchmal schleicht sich das Schicksal an dich heran. Aber Aidan Callahan näherte sich mir nicht unbemerkt. Er war dreist. Er stand dort mitten auf dem Sand, starrte hoch zu meinem funkelnagelneuen Strandhaus und sah aus, als führe er nichts Gutes im Schilde. Ich konnte ihn deutlich sehen, als ich durch die Panoramafenster über den Infinity-Pool hinweg zum Ozean schaute. Ja, er war äußerst attraktiv. Doch ich war seit zwanzig Jahren glücklich verheiratet und liebte meinen Mann, und ich nahm es kaum wahr. Was ich registrierte, war, dass dieser Kerl stark aussah. Auf gefährliche Weise. Und er war angezogen wie ein Einheimischer. Weite Sportshorts, Tanktop, und an seinem Hals funkelte eine Goldkette. Leute wie er hassen Leute wie mich, und manchmal rauben sie sie aus. Es hatte in letzter Zeit eine Reihe von Einbrüchen gegeben, in einige der großen Häuser. Die Sommerleute fanden, dass die ortsansässigen Cops sich mit der Aufklärung reichlich Zeit ließen, vielleicht, weil die Täter ortsansässige Jungs waren. Als ich Aidan dort stehen sah, waren diese Einbrüche das Erste, was mir in den Sinn kam.

Ich werde Ihnen alles erzählen, was passiert ist, von Anfang an. Mein erster Eindruck von Aidan war, dass er ein potenzieller Einbrecher war. Wenn ich mich doch nur auf meinen Instinkt verlassen hätte, dann hätte ich mich umgedreht und wäre in die andere Richtung gelaufen. Aber das habe ich nicht getan. Ich ging auf ihn zu. Und ich werde mir ewig die Schuld geben für das, was danach kam.




2

Es war ein heißer, schwüler Tag, zwei Wochen nach dem Labor Day, und die Steilküste hatte sich geleert. Die Sommerleute waren alle wieder in der Stadt, zurückgeblieben waren bloß ich und meine Nachbarin von nebenan, die alte Mrs Eberhardt. Sie lebt in einem rustikalen Holzhäuschen auf einem breiten Grundstück, nach dem sich jeder Immobilienunternehmer im East End die Finger leckt. Ich wohne in einer typischen Villa, die die Leute bauen, nachdem sie Häuser wie ihres abgerissen haben. Sie hat einen kläffenden kleinen Köter, der mich jeden Morgen um halb sechs aufweckt. Wie Sie sich vorstellen können, haben wir einander nicht viel zu sagen, also war ich praktisch allein am Strand.

Ich wartete schon den ganzen Tag darauf, dass der Techniker auftauchte, um bei mir eine Alarmanlage zu installieren. Das Haus hatte nach wie vor diesen Geruch nach frischer Farbe an sich. Ein paar Kleinigkeiten mussten noch erledigt werden, und die Alarmanlage war einer der letzten Punkte auf der Liste. Die Firma hatte mir für die Installation ein Zeitfenster von zehn bis zwei Uhr genannt, was mir nur recht war, weil ich noch einiges für die große Einweihungsparty vorbereiten musste, die ich in wenigen Tagen geben würde. Endgültig festlegen, wer alles eingeladen war, Menüs fürs Catering aufstellen, die Lieferung des Zelts organisieren, mit dem Parkservice verhandeln, versuchen, einen Fotografen vom Avenue-Magazin dazu zu bringen, vorbeizukommen und Fotos für den Gesellschaftsteil zu machen. Und so weiter. Stunden verstrichen, und der Alarmanlagentyp war immer noch nicht aufgetaucht. Um vier rief ich an, um mich zu beschweren, und man sagte mir, dass der Techniker ausgebucht war und sie den Termin auf nächste Woche verschieben mussten. Typisch. Ich dachte daran, mir die Flasche Gin aus dem Schrank zu schnappen und mir einen schönen starken Cocktail zu mixen, um meinen Frust zu lindern. Aber es dauerte noch ein paar Stunden, bis es dunkel wurde, und ich entschied, mich zurückzuhalten. Stattdessen würde ich am Strand joggen gehen.

Während ich mir die Laufschuhe schnürte, überkam mich der Drang, meiner Tochter eine Nachricht zu schreiben. Hannah war gerade erst aufs College gegangen, und ich hatte Schwierigkeiten, loszulassen. Ich ließ den Haargummi an meinem Handgelenk kräftig schnalzen, um das ernüchternde Brennen zu spüren. Diesen Trick hat mir meine Schwester beigebracht. Aversionstherapie. Sie hat sich damit das Rauchen abgewöhnt, und jetzt wollte ich so davon wegkommen, eine Helikopter-Mom zu sein. Es funktionierte. Der Drang verschwand. Ich ging durch die Glastüren hinaus auf die Terrasse und atmete einen tiefen Zug der salzigen Luft ein. Jenseits der Steilküste war das Meer zu sehen, und man konnte das Brechen der Wellen von hier hören. Die Brandung war rau heute, und doch versäumte sie es nie, mich zu beruhigen.

Und ich musste wirklich dringend etwas runterkommen. Dass Hannah ausgezogen war, hatte mich aus der Bahn geworfen und mir nur allzu bewusst gemacht, wie allein ich mich fühlte. Mein Mann Jason war geschäftlich ständig unterwegs. Genau genommen hatte er noch keine einzige Nacht im Strandhaus verbracht, trotz der Tatsache, dass wir all unser Geld hineinsteckten. Die Villa löste ganz viel Stress zwischen uns aus. Es war mein Traum, nicht seiner. Wir hatten eisern gespart, um das Grundstück zu kaufen, das zwar nicht besonders groß war, jedoch eine erstklassige Lage hatte. Wir hatten noch mehr Geld auf die hohe Kante gelegt, um ein wunderschönes Haus darauf zu bauen. Zwischen Jason und mir lief es nicht gut, aber um ganz ehrlich zu sein, war mir das damals noch nicht so richtig bewusst. Es war bloß ein nagendes Gefühl in mir, das mich kribbelig und unzufrieden machte. Allerdings unterdrückte ich es. Ich sagte mir: Er arbeitet viel. Er ist der Ernährer der Familie. Ein guter Vater. Und schließlich muss das ganze Geld ja verdient werden, oder? Ich sollte mich nicht beklagen.

Ich zog das Tempo an. Meine Beine kämpften sich durch den zuckerfeinen Sand, der die Sohlen meiner Sneaker anzusaugen schien, Sauerstoff pumpte durch meine Adern. Ein Lichtstrahl brach durch die Wolken und erhellte das Wasser zu einem funkelnden Grün. Ich lebte an dem Teil der Steilküste, der näher an der Hauptstraße lag, wo die Grundstückspreise bei über einer Million pro Acre bezahlbar waren. (Ich werde nicht verraten, wie viel über einer Million.) Die Route, die ich gern lief, führte mich hinunter zum Strand, fort von der Straße zur Spitze der Steilküste hin, wo die wahren Villen lagen. Dort draußen gab es ein Haus, das zuletzt für vierzig Millionen den Besitzer gewechselt hatte.

Allerdings konnte man es nicht sehen wegen der hohen, perfekt gestutzten Hecke, die seine prominenten Besitzer zum Schutz ihrer Privatsphäre gepflanzt hatten. Ich war diesen Leuten noch nie begegnet, und wahrscheinlich würde ich das auch nie. Jason und ich hatten nicht dieselbe gesellschaftliche Stellung. Er war Investmentbanker, aber keiner von den berühmten, die sich mit den Stars tummelten und eine Flotte von Privatjets besaßen. Ich war Innenarchitektin, allerdings nicht von der Sorte mit einer Million Instagram-Followern und Häusern, die im Architectural Digest vorgestellt wurden. Ich hatte aufgehört zu arbeiten, als Hannah zur Welt kam, und erst vor Kurzem wieder angefangen. Nun versuchte ich mein Geschäft ins Rollen zu bringen, stieß dabei jedoch auf Gegenwind. Jason und ich bewegten uns in wohlhabenden Kreisen, aber wir waren nicht die Crème de la Crème. Die Sache mit dem Reichsein ist die: Es gibt immer jemanden, der noch mehr Geld hat.

Ich lief über eine Meile am Strand entlang und erlaubte mir erst, stehen zu bleiben, als ich draußen an der Spitze war. Dann beugte ich mich keuchend vornüber und hielt mir die Seiten, bis ich wieder zu Atem kam. Ich würde im November dreiundvierzig werden, und ich war der Meinung, dass ich immer noch gut aussah. Aber in letzter Zeit deuteten sich doch Spuren an, dass ich mittleren Alters war. Fältchen um die Augen, die ich mit Make-up überdeckte, vereinzelte graue Haare, die ich mit Strähnchen tarnte. Fitness kann man allerdings nicht faken. Ich musste wieder zurück in meinen Pilateskurs oder einen Trainer engagieren. Das Haus fertigzustellen hatte einfach zu viel Zeit und Energie gekostet. Nun, da Hannah aus dem Haus war, sollte ich mich wieder auf mich konzentrieren.

Die Wolken zogen sich zusammen und färbten den Himmel schwarz. Ich konnte den Regen bereits riechen. Ich hatte mir nicht die Wettervorhersage angesehen, bevor ich losgelaufen war, aber es hieß allgemein, dass mit einem stürmischen Herbst und einer schlimmen Hurrikansaison zu rechnen war. Meine abergläubische Mutter hat mir ihre Angst vor Gewittern vererbt, die so weit geht, dass ich keinen Wasserhahn aufdrehe, wenn es draußen blitzt. Als jetzt also das erste Donnergrollen erklang, drehte ich mich um und lief zurück.

Zehn Minuten später war ich wieder auf meinem Stück der Steilküste, mit freier Sicht auf mein Haus. Ein gewaltiger Donnerschlag krachte, und ein lebhafter Blitz zerriss den Himmel. Und da war er wieder, wie ein Dämon, der sich wie aus dem Nichts materialisiert hatte. Der Fremde, den ich vor einer Stunde durch mein Küchenfenster gesehen hatte. Wieder starrte er. Sein Anblick ließ mich wie angewurzelt stehen bleiben. Ich konnte sehen, dass er ein Townie, ein Ortsansässiger, war, dass er nicht in meine Nachbarschaft gehörte. Das klingt vielleicht versnobt. Doch ich kam aus keiner reichen Familie und meinte es nicht so. Um genau zu sein, erinnerte Aidan mich an jenem Tag an meine eigenen Leute. Meine Brüder und ihre Freunde, die damals an heißen Nachmittagen vor unserem Haus Streethockey gespielt hatten. Ich habe diese Jungs geliebt, aber sie waren bei Weitem keine Engel gewesen. Ich weiß, wovon ich rede. Ich erkenne Auskundschaften, wenn ich es sehe, und als ich Aidan beobachtete, wusste ich genau, was er tat.

Ich bin alles andere als schüchtern, und ich kann gut auf mich selbst aufpassen, also ging ich auf ihn zu, fest entschlossen, etwas zu sagen.

„Hey! Hey, kann ich Ihnen helfen?“, schrie ich.

Der Wind riss meine Worte fort. Doch irgendwie hörte er es, drehte sich um und lächelte mich an. Das Lächeln nahm ich definitiv wahr. Es war wie die Sonne, die durch die Wolken bricht, und all mein Argwohn schmolz dahin. Er hat mich zum Narren gehalten. Jedem kann das passieren.

„Ist das Ihr Haus?“

Er sagte das, als kenne er die Antwort bereits. Das hätte mir auffallen sollen, und ich hätte realisieren sollen, dass das eigenartig war. Aber ich sah es nicht. Ich sah nur ihn.

„Ja“, sagte ich.

„Es ist wunderschön.“

„Danke.“

„Ich bin Aidan“, sagte er und streckte mir die Hand hin.

Ich nahm sie. „Caroline.“

„Caroline. Hübscher Name.“

„Danke.“

Seine Hand war warm. Seine Augen waren von einem intensiven Blau. Musternd sah er mich an. Ich fühlte mich, als hätte ich einen Knoten in der Zunge. Er musste zehn bis fünfzehn Jahre jünger sein als ich. Er schien kurz davor zu sein, noch etwas sagen zu wollen, doch dann öffnete der Himmel seine Schleusen, und es fing an zu schütten.

„Sie sollten reingehen, bevor Sie noch ganz durchnässt werden“, sagte er.

„Ja.“

Das war sie, unsere ganze Unterhaltung. Mit einem angedeuteten Winken drehte er sich um und lief davon. Dabei war er so lässig, so ungezwungen, dass ich den Gedanken völlig vergaß, er könnte ein Einbrecher sein. Der Strand, auf dem er gestanden hatte, war öffentlich zugänglich. Er hatte das Recht, dort zu sein, und ich dachte mir, dass er einfach nur ein Kerl war, der stehen geblieben war, um sich ein schönes Haus anzusehen. Zweimal. Okay.

Aber das ist kein Verbrechen. Ich ging rein und versuchte ihn mir aus dem Kopf zu schlagen, doch das gelang mir nicht ganz. Mein Interesse war geweckt. Meine Wachsamkeit hatte nachgelassen. Mein Leben war nicht in Ordnung. Die Kombination dieser Dinge sollte sich als mein Untergang erweisen.




3

An dem Abend nachdem ich Aidan zum ersten Mal gesehen hatte, brach meine zwanzigjährige Ehe auseinander. Ich schwöre, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hatte. Es war ein absolut außergewöhnlicher Zufall, der schlimmste meines Lebens.

Ich saß gerade barfuß auf der großen L-förmigen Couch im Wohnzimmer, ging meine Gästeliste für die Einweihungsparty durch und ahnte nichts Böses, als Jason anrief, um mir zu sagen, dass er nicht zur Party kommen würde. Und das war noch nicht mal der schlimme Teil.

„Liebling, es tut mir leid. Ich schaffe es nicht zu deinem Einweihungspartydings“, hatte er es ausgedrückt.

„Meinem Einweihungspartydings? Soweit ich mich erinnere, gehört dieses Haus uns beiden.“

„Du weißt, was ich meine.“

„Ist das dein Ernst, Jason? Das ist nicht nur eine Einweihungsparty. Die Feier ist auch anlässlich deines Geburtstags.“

„Mein Geburtstag ist erst nächsten Monat.“

„Aber ich habe es auf die Einladung geschrieben. Ich habe eine teure Torte bestellt. Ich habe Leute aus deiner Firma und deinem Golfclub eingeladen.“

„Darum habe ich dich nicht gebeten.“

„Nun, sie kommen aber. Und weißt du, wer noch kommt? Leute, die ich von meiner Arbeit als Innenarchitektin beeindrucken muss.“ Ich war mal eine erfolgreiche Innenarchitektin gewesen. Das könnte ich wieder werden, mit meinem schönen neuen Haus als Visitenkarte. Kapierte er das denn nicht?

„Du willst doch, dass ich anfange, wieder Geld zu verdienen, oder nicht?“, sagte ich.

„Natürlich.“

„Die Party ist wichtig dafür, Jason. Leute von der Presse kommen, außerdem Dekorateure und Architekten. Ich brauche dich hier.“

„Tut mir leid, Schatz. Ich würde ja, wenn ich könnte, aber ich stecke hier in Cleveland bei diesem Deal fest.“

Cleveland? Was zum Teufel sollte das? Er hatte mir gesagt, dass er nach Denver fliegt.

Und da war mir schlagartig alles klar. Er log.

Ich klemmte mir das Telefon zwischen Ohr und Schulter und nahm mein iPad vom Beistelltisch. Durch unseren Familientarif kann ich all unsere Geräte tracken. Das hatte ich ein paarmal bei Hannah gemacht, als sie spätabends noch unterwegs war und ich mir Sorgen machte, ihr Uber-Fahrer könnte sie gekidnappt haben. Allerdings hatte ich noch nie Jason hinterherspioniert – so ahnungslos war ich. Nun öffnete ich Find my iPhone und wartete darauf, dass die Karte lud und mir seinen Aufenthaltsort zeigte. Das Herz schlug mir bis zum Hals. Ich konnte spüren, dass gleich etwas Schlimmes kommen würde. Und verdammt, wie recht ich hatte.

Als dieser kleine Punkt lud, traf es mich wie ein Schlag in die Magengrube. Jason war weder in Cleveland noch in Denver. Er war in New York City, drei Stunden Fahrt von mir entfernt. Aber nicht in unserer Wohnung. Sondern in der Nähe des Times Square. Um halb elf Uhr abends. Ich zog die Karte größer. Diese Adresse – es war das Marriott Marquis. Er war in einem verdammten Hotel in Manhattan.

Warum sollte ein Mann um diese Uhrzeit in ein Hotel gehen in einer Stadt, in der er eine tolle Wohnung hatte?

Um seine Frau zu betrügen, offensichtlich.

Was für eine Idiotin ich doch war! Jason war nie zu Hause, und dennoch hatte ich nie Verdacht geschöpft. Er war verschlossen und schwer zu erreichen, und das nun schon seit einer ganzen Weile. Er bekam spätabends Anrufe und ging aus dem Zimmer, um sie anzunehmen. Oder machte hastig eine Nachricht oder eine Mail zu, wenn ich hinter ihm näher kam. Wenn er geschäftlich unterwegs war, war es unmöglich, ihn dazu zu bringen, mich zurückzurufen. Aber irgendwie hatte ich es nie kommen sehen. Ich war viel zu vertrauensselig. Nein, halt, damit lasse ich mich zu leicht davonkommen. Die ungeschminkte Wahrheit ist, dass ich nicht nur ziemlich blauäugig bin. Sondern auch verdammt eingebildet. Mir war nie in den Sinn gekommen, dass ein Mann mich betrügen würde – zumindest nicht, dass Jason das tun würde. Ich war in der Highschool Cheerleaderin und auf dem College Fachschaftspräsidentin gewesen. Ich hatte jeden Kerl und jeden Job bekommen, den ich je haben wollte. Jason hatte immer gesagt, dass ich seine Traumfrau war. Ich hatte nie an ihm gezweifelt, weil ich nie an mir selbst gezweifelt hatte. Doch ich lag falsch. Seine Gefühle für mich hatten sich geändert. Wann war das passiert? Wie lange lief das Ganze schon?

Das alles haute mich völlig um.

„Caroline? Bist du noch da?“

Ich holte tief Luft. Ich würde nicht weinen. Ich würde ruhig sein und nicht die Fassung verlieren, aber ihn direkt darauf ansprechen, da ich schließlich kein Fußabstreifer war. Ich würde ihn zwingen, mir die Wahrheit zu sagen.

„Was verschweigst du mir, Jason?“

„Was? Gar nichts.“

„Das glaube ich dir nicht. Du verbirgst doch etwas.“

„Wovon redest du überhaupt?“

„Betrügst du mich?“

„Natürlich nicht. Mach dich nicht lächerlich“, erwiderte er.

Doch ich hatte den Beweis. Zumindest hatte ich den Beweis, dass er jetzt in diesem Moment in einem Hotel am Times Square war, obwohl er behauptete, in Cleveland zu sein. Allerdings konnte ich ihm das nicht sagen. Wenn ich ihn mit dem Beweis konfrontierte, würde er wissen, dass ich sein Handy trackte, und ich wollte in der Lage sein, das auch weiterhin zu tun.

Jason seufzte, als wäre ich diejenige, die Ärger machte. „Jetzt sei nicht so dramatisch, Babe. Es ist schon spät. Ich werde mein Bestes versuchen, um zu deiner Party zu kommen, okay? Aber ich kann dir nichts versprechen. Du musst ein bisschen nachsichtiger mit mir sein. Ich habe gerade ziemlich viel Stress in der Arbeit.“

Er log mich an, und ich wusste es, doch er weigerte sich, es zuzugeben. Was konnte ich sonst noch tun?

„Caroline?“

„Ich muss los“, sagte ich und legte auf.

Dann saß ich auf dem Sofa, zu fassungslos, um zu weinen. Es war, als wäre ich während dieses einen Telefonats um zwanzig Jahre gealtert. Mir war bis dahin nicht bewusst gewesen, dass ich nicht mehr die kleine Caroline Logan war, mit meinem hohen Pferdeschwanz, meiner guten Figur, meinem Cheerleader-Outfit. Ich war Caroline Stark, eine Frau mittleren Alters, mehr oder weniger erwerbslose Hausfrau und Mutter, deren Kind das Nest verlassen hatte. Und mein Mann betrog mich.

Michele  Campbell

Über Michele Campbell

Biografie

Nach ihrem Studium an der Harvard University und der Standford Law School arbeitete Michele Campbell zunächst in einer Anwaltskanzlei in Manhattan und anschließend acht Jahre lang als Bundesanwältin in New York City. Heute unterrichtet sie an der Universität Strafrecht und lebt mit ihrer Familie in...

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