Therese von Bayern - eBook-Ausgabe
Eine Königin zwischen Liebe, Pflicht und Widerstand
„Carolin Philipps hat ein gut recherchiertes, lesenswertes Buch über die geborene Prinzessin von Sachsen-Hildburghausen geschrieben.“ - Abendzeitung München
Therese von Bayern — Inhalt
Fünf Tage lang feierten die Bayern im Jahr 1810 die Hochzeit Therese von Sachsen-Hildburghausens mit Kronprinz Ludwig. Doch das Eheglück währte nur kurz. Der bayerische Thronfolger verehrte Therese in seinen Gedichten zwar als Ideal einer Frau, demütigte sie jedoch durch seine zahlreichen Affären – bis schließlich Ludwigs Affäre mit Lola Montez beide die Krone kostete. Das Volk jedoch stand immer zu seiner Königin, die für jeden Hilfesuchenden ein offenes Ohr hatte. Carolin Philipps Nachforschungen zeigen den Weg einer Frau, die unerfahren und ängstlich an den Münchener Hof kam, an ihren Aufgaben wuchs und schließlich ihre gesellschaftliche Macht aufs Klügste ausspielte.
Leseprobe zu „Therese von Bayern“
Prolog
„Und nun entscheide, theurer Ludwig, überzeugt seyend, daß Dein Ausspruch mir Gesetz.“
So und ähnlich enden unzählige Briefe Thereses an König Ludwig I. Seit ihrer Hochzeit im Oktober 1810 hing ihr Schicksal von einem Mann ab, den sie zwar liebte und von ihm auf seine Weise ebenfalls geliebt und verehrt wurde, den sie aber auch wegen seiner Wutausbrüche und Misshandlungen fürchtete.
Sanftmut und Liebenswürdigkeit bescheinigten Therese alle, die sie kannten. Tugendhaftigkeit, Pflichtbewusstsein und ein starker Glaube an einen Gott, der auch in der [...]
Prolog
„Und nun entscheide, theurer Ludwig, überzeugt seyend, daß Dein Ausspruch mir Gesetz.“
So und ähnlich enden unzählige Briefe Thereses an König Ludwig I. Seit ihrer Hochzeit im Oktober 1810 hing ihr Schicksal von einem Mann ab, den sie zwar liebte und von ihm auf seine Weise ebenfalls geliebt und verehrt wurde, den sie aber auch wegen seiner Wutausbrüche und Misshandlungen fürchtete.
Sanftmut und Liebenswürdigkeit bescheinigten Therese alle, die sie kannten. Tugendhaftigkeit, Pflichtbewusstsein und ein starker Glaube an einen Gott, der auch in der größten Not die Hand über sie hielt, prägten ihren Lebensweg. Dass sie für ihren Mann eine kompetente Beraterin in politischen Fragen war, ist ein hartnäckiges Gerücht, das aber den Tatsachen nicht standhält. Nach der Auswertung von Tausenden von Briefen Thereses an ihren Mann und an ihre Kinder, die im Geheimen Hausarchiv der Wittelsbacher in München liegen, lässt sich feststellen, dass ihre Einflussnahme sich nur auf den familiären Bereich bezog. Zu mehr war sie durch ihre Vorbildung, ihre Interessen und auch die Beratungsresistenz ihres Mannes nicht in der Lage. Sie war erzogen worden, zu einer vollkommenen Ehefrau und Mutter möglichst vieler männlicher Nachkommen zu werden, und diese Rolle hat sie perfekt ausgefüllt.
Im März 1847 aber kam der Moment, wo sie aus dieser Rolle heraustrat, als ihr Mann nämlich verlangte, dass sie seine Geliebte Lola Montez, von Ludwig zur Gräfin erhoben, bei Hofe empfangen und sie damit gesellschaftsfähig machen sollte. „ Ich bin es meiner Frauenehre schuldig – die mir teurer als daß Leben – diejenige welcher Du eine Standeserhöhung verliehen, nie – und unter keinen Bedingungen, von Angesicht zu Angesicht zu sehen“, schrieb sie ihm.
Die sanftmütige Königin, die sich widerspruchslos den Anordnungen ihres Mannes unterwarf, die seine früheren Affären schicksalsergeben ertragen hatte, setzte sich an die Spitze des passiven Widerstands der ganzen Gesellschaft gegen den König und seine Mätresse. Ein Widerstand, der letztendlich zum Rücktritt König Ludwigs führte und auch Therese den Thron kostete.
An Therese, die ihre Aufgabe als Königin in erster Linie als „Landesmutter“ begriff, erinnern heute, neben der Wiese, auf der das jährliche Oktoberfest stattfindet, viele Schulen und soziale Einrichtungen in ganz Bayern, die ihren Namen tragen.
Therese von Bayern hat keine Kriege gewonnen, keine Lorbeeren auf dem diplomatischen Parkett errungen, aber sie hat Spuren in den Herzen der Menschen hinterlassen, die ihr begegneten.
Behütete Kindheit in kriegerischen Zeiten (1792–1809)
Geburt im Revolutionsjahr 1792
„Laß Segen und Gedeihen zum Wachstum der neugeborenen Prinzessin zufließen, damit sie ein bleibendes Denkmal Deiner Güte, zur Freude der Durchlauchtigsten Eltern und des ganzen Landes werde.“
So beteten die Einwohner in den Kirchen der Stadt Hildburghausen in Thüringen am Morgen des 8. Juli 1792. Herzog Friedrich von Sachsen-Hildburghausen informierte noch am selben Tag die Verwandten in nah und fern: »daß meine zärtlich geliebte Gemahlin am 8. dieser Früh gegen 1 Uhr unter göttlichem Beystand mit einer gesunden und wohlgebildeten Prinzessin entbunden wurde.« Die Geburt hatte im nahe gelegenen Jagdschloss zu Seidingstadt, dem Sommersitz der Familie, stattgefunden. Die kleine Prinzessin war das sechste Kind ihrer Eltern im siebten Jahr ihrer Ehe.
Am 13. Juli 1792 wurde sie auf die Namen Therese Charlotte Louise Friederike Amalie getauft. Auch wenn die Schwestern der Herzogin Charlotte nicht als Paten aufgeführt sind, ist es wohl kein Zufall, dass die Namen der kleinen Prinzessin denen der Schwestern der Herzogin entsprachen, die zusammen mit ihr als die schönsten Frauen ihrer Zeit galten: Fürstin Therese von Thurn und Taxis, Königin Luise von Preußen, Friederike, die spätere Königin von Hannover. Es war eine Tradition, von Charlotte eingeführt, den Kindern die Namen der Geschwister zu geben, um die enge Verbundenheit mit ihnen zu demonstrieren.
Thereses Mutter Charlotte (1769–1818) war die älteste Tochter Karls von Mecklenburg-Strelitz und seiner Frau Friederike (1752–1782), einer geborenen Prinzessin von Hessen-Darmstadt. Nach einer Kindheit, geprägt von familiärer Geborgenheit in Hannover, starb ihre Mutter, als Charlotte zwölf war. Ihre Stiefmutter Friederike, eine Schwester der Mutter, kümmerte sich liebevoll um sie. Die bis dahin fünf Geschwister hingen zeit ihres Lebens mit einer besonderen Zärtlichkeit aneinander. Umso größer war der Schock, als im Juni 1785 ein Schreiben von Prinz Joseph aus Hildburghausen eintraf, in dem er für seinen Neffen um die Hand der 15-jährigen Charlotte anhielt.
Es sollte eine der damals üblichen arrangierten Ehen aus dynastischen Gründen werden. Karl von Mecklenburg-Strelitz war ein liebevoller Vater, aber er hatte vier Töchter, die es alle standesgemäß zu verheiraten galt. Hatte Charlotte eine Chance, den Antrag abzulehnen? Wir wissen, dass Karl von Mecklenburg-Strelitz keine seiner Töchter gegen ihren ausgesprochenen Willen verheiratet hätte. Am Ende siegte aber auch bei Charlotte das Pflichtgefühl, den Wünschen des Vaters zu entsprechen, über die Angst vor der Zukunft mit einem ihr fremden Mann in einem fernen Land, 350 Kilometer entfernt von der alten Heimat. Als einzige Vertraute begleitete sie ihre alte Erzieherin, Magdalena von Wolzogen, als neue Oberhofmeisterin. Durch alle ihre Briefe an den Vater und die Geschwister zieht sich zeitlebens die Sehnsucht nach ihrer Ursprungsfamilie.
Thereses Vater Friedrich von Sachsen-Hildburghausen (1763–1834) war der einzige Sohn des Herzogs Ernst Friedrich III. Carl von Sachsen-Hildburghausen (1727–1780) und dessen dritter Gemahlin Prinzessin Ernestine Auguste Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach (1740–1786). Er durchlief die übliche Erziehung eines Erbprinzen, den es auf die spätere Regentschaft vorzubereiten galt. Als sein Vater 1780 starb, erbte Friedrich ein immer noch hoch verschuldetes Fürstentum. Sein Urgroßonkel Joseph (1702–1787) übernahm seine Vormundschaft, auf ausdrücklichen Wunsch Friedrichs auch noch nach 1784, dem Jahr seiner Volljährigkeit, bis zu Josephs Tod im Jahr 1787, da sich Friedrich mit der Regierung überfordert fühlte.
Auch für Prinz Friedrich war es natürlich eine arrangierte Heirat, seine Braut kannte er nur von dem Miniaturbild, das ihm zugeschickt worden war. Die Hochzeit fand am 3. September 1785 statt. Das Schloss, in das Charlotte einzog, lag am Rande der Stadt, die seit 1680 Residenz der Fürsten von Sachsen-Hildburghausen war und um 1810 ca. 3500 Einwohner hatte. Die Ausstattung des Schlosses soll sehr prunkvoll gewesen sein. Vor dem Gebäudekomplex erstreckte sich der Schlossgarten mit mehr als fünf Quadratkilometern Grundfläche. Das gesamte Schlossterrain war bis 1826, als der Hof nach Altenburg umzog, für die übrige Bevölkerung gesperrt, die Tore waren durch Wachen gesichert.
Das Geburtsjahr Thereses 1792 stand ganz im Bann der revolutionären Ereignisse in Frankreich, von denen sich alle großen und kleinen Herrscher im übrigen Europa bedroht fühlten. In Paris hatte sich das Volk im Sommer 1789 gegen seinen König erhoben, ausgelöst durch den Plan Ludwigs XVI., neue Steuern zu erheben. Am 26. August 1789 hatte die neue Nationalversammlung die Erklärung der Menschenrechte nach dem Vorbild der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung verabschiedet. Der zentrale Satz im Artikel 1, dass alle Menschen gleich geboren und mit gleichen Rechten ausgestattet seien, bedeutete das Ende der alten Ständeordnung, die auf der sozialen Ungleichheit der Menschen aufgebaut war. Im September 1791 wurde eine neue Verfassung angenommen. Nach dem Willen des Volkes sollte niemals wieder ein einziger Mensch die ganze Macht im Staate haben. Über allen, auch über dem König, der nach wie vor die Regierung als Teil der Exekutive anführen sollte, standen die Gesetze. Brach er sie, konnte er, wie jeder andere auch, zur Rechenschaft gezogen werden.
Ein Schrei des Entsetzens ging durch die europäischen Fürstenhäuser, als diese Nachrichten verbreitet wurden. Vor allem die Behandlung der Königsfamilie löste ungläubige Empörung aus. Thereses Vater sah sich, wie auch sein Schwiegervater und die meisten Fürsten, als väterlicher Beschützer seiner Untertanen. Protest, Auflehnung und gar ein Recht auf Widerstand waren gleichbedeutend mit der Umkehr der natürlichen gottgegebenen Ordnung.
Die Herrscher von Österreich und Preußen versuchten zunächst durch Appelle und Drohungen die Monarchie in Frankreich zu retten. Die Franzosen nahmen diese Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten aber sehr übel und erklärten im April 1792 den übrigen Mächten den Krieg. Am 20. August wurden der französische König Ludwig XVI. und seine Familie im Temple gefangen gesetzt, am 25. September schaffte die Nationalversammlung die Monarchie ab, Frankreich wurde Republik.
Kurze Zeit später marschierten die französischen Truppen in Mainz und Frankfurt ein, um ihre Republik mit dem Schlachtruf „ Krieg den Palästen, Friede den Hütten “ gegen das monarchische Europa zu verteidigen. Der französische König wurde in einem Scheinprozess, bei dem das Ergebnis schon vorher feststand, zum Tod durch die Guillotine verurteilt, ebenso wie seine Frau Marie Antoinette, die Kinder blieben noch jahrelang im Gefängnis.
Hildburghausen wurde vom eigentlichen Kriegsgeschehen zunächst nur am Rande gestreift. Die Regierung Herzog Friedrichs wurde zu diesem Zeitpunkt von niemandem infrage gestellt. Von den Schrecken der Zeit dürfte Therese aber später durch die Erzählungen der Mutter und ihrer Tanten und Onkel erfahren haben, denn die Familie ihrer Mutter war persönlich mit Marie Antoinette bekannt und die Geschwister ihrer Mutter waren mit der Großmutter drei Monate nach Thereses Geburt auf der Flucht vor den französischen Truppen aus Darmstadt nach Hildburghausen geflohen, wo sie für einige Monate Asyl erhielten.
In späteren Jahren gab es immer wieder Truppendurchmärsche und Einquartierungen in Hildburghausen, auch musste das Herzogtum als Mitglied des Rheinbundes Napoleon Soldaten stellen, aber im Vergleich zu Charlottes Schwestern, die auf der Flucht vor den französischen Truppen quer durch Europa reisten, verlief das Leben der Herzogsfamilie eher in ruhigen Bahnen. Herzogin Charlotte beschreibt selbst Anfang 1808 ihr Leben in einem Brief an ihren Vater noch so : Zurückgekehrt von einem Ball, den die Herzogin von Sachsen-Meiningen gegeben hat, „ sind wir wieder hier, im alten, gewöhnlichen Laufe der Ordnung zurückgekehrt, wo ein Tag dem anderen ziemlich ähnlich, ruhig dahingleitet.“
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