Torre Torre - eBook-Ausgabe
Schrei aus Stein
„Mit dem vorliegenden Band legt Messner ein äußerst spannendes und fesselndes Buch zu einem der faszinierendsten Berge der Welt vor, das den Leser von einer Seite zur nächsten hineinzieht in den unwiderstehlichen Mythos der Berge Patagoniens!“ - Bücherrundschau
Torre — Inhalt
Was am Cerro Torre geschah: Die Aufklärung eines Alpinkrimis
Der Cerro Torre, Patagoniens spektakulärste Felsnadel, ist ein Mythos. Seit der Tragödie 1959, als Cesare Maestri behauptete, mit Toni Egger den Gipfel erreicht zu haben, bevor eine Lawine seinen Kameraden in den Tod riss, gibt es Spekulationen über Fakten und Fiktion. Reinhold Messner, der den Berg selbst nie bestieg und jeden um das Torre-Erlebnis beneidet, hat für eine Filmdokumentation und für dieses Buch viele Interviews geführt, wertet neue Erkenntnisse aus und bringt Licht ins Dunkel. Gespannt erfährt der Leser, wer die eigentlichen Helden eines der schwierigsten und schönsten Berge der Welt sind. Er verfolgt, wie der Torre seine Geheimnisse preisgibt - und warum der Tod Toni Eggers wohl nie aufgeklärt werden wird.
Leseprobe zu „Torre“
Inhalt
Tod am Cerro Torre 9
1 Cerro Torre –
Der unmögliche Berg
2 Cesare Maestri –
Die Spinne der Dolomiten
3 Ein Berg –
Zwei Expeditionen
4 Hielo Continental –
Bis zum „ Sattel der Hoffnung “
5 Cesarino Fava –
Kleiner Mann mit großen Träumen
6 Maestri/Bonatti –
Eine Fehde am Torre
7 Toni Egger –
Ein Mann der Sehnsucht
8 Gipfel oder Tod –
Die zweite Expedition
9 Maestris Trauma –
Der ferne Mythos des Cerro Torre
10 Ungereimtheiten –
Widersprüche in der Berichterstattung
11 Ein Wintermärchen –
Alte Rivalität und neue Zweifel
12 Maestris Wut –
Die Kompressorroute
13 Beweisumkehr –
[...]
Inhalt
Tod am Cerro Torre 9
1 Cerro Torre –
Der unmögliche Berg
2 Cesare Maestri –
Die Spinne der Dolomiten
3 Ein Berg –
Zwei Expeditionen
4 Hielo Continental –
Bis zum „ Sattel der Hoffnung “
5 Cesarino Fava –
Kleiner Mann mit großen Träumen
6 Maestri/Bonatti –
Eine Fehde am Torre
7 Toni Egger –
Ein Mann der Sehnsucht
8 Gipfel oder Tod –
Die zweite Expedition
9 Maestris Trauma –
Der ferne Mythos des Cerro Torre
10 Ungereimtheiten –
Widersprüche in der Berichterstattung
11 Ein Wintermärchen –
Alte Rivalität und neue Zweifel
12 Maestris Wut –
Die Kompressorroute
13 Beweisumkehr –
Zertrümmerte Träume
14 Casimiro Ferrari –
Die erste Gipfelbesteigung
15 Cerro Egger –
Die Spurensuche beginnt
16 Ostwand –
Harte Wirklichkeit
17 Cerro Trento –
Kein Schicksalsberg
18 Das Unbekannte –
Zwischen Realität und Vorstellung
19 El Chaltén –
Die Rache der Zeit
20 Via Egger – Die Retter des Torre
21 Aufgeklärt – Die letzten Details
Bibliografie
Fotonachweis und Dank
Tod am Cerro Torre
Nur noch zwei leere Seilenden baumeln im Wind. Es geschah
vor mehr als 60 Jahren. Wollten nicht drei Bergsteiger nach
den Sternen greifen, am „ unmöglichen “ Gipfel das Unmögliche
möglich machen ? Plötzlich aber ist einer tot und dieser
Tod den anderen doppelte Angst. Später kommen das Nichts,
die Leere, der Abgrund, ein Leben mit diesem Trauma. Ist
der Kamerad wirklich tot ? Oder lebt er noch, irgendwo, in
einer
der Schluchten, auf einem Eisfeld, tief unten auf dem
Gletscher ? Hat ihn eine Lawine mitgerissen, begraben, weggenommen
? Zwei steigen ab, der andere ist abhandengekommen
: irgendwo unter Granitwänden in Patagonien. Am
schwierigsten Berg der Welt herrscht Chaos : Sturm, Lawinen,
Whiteout. Die Männer, die noch leben, seilen ab, steigen ab.
Wie in Trance. Sie sind erschöpft, unterkühlt, verzweifelt.
Vielleicht werden sie den Verstand verlieren, aber sie wollen
nicht sterben. Immer wieder späht einer nach dem Kameraden,
sie suchen Schutz, aber der Eiswand, die sie hinabsteigen,
ist nicht zu entrinnen. Ist da jemand ? Wie gehetzte Tiere
sehen sie sich um. Kommt der andere aus dem Abgrund zurück
? Nein, da ist nur der Wind, das Schneetreiben, und nur
ihr eigener Herzschlag hämmert in ihren Ohren. Also weiter
hinunter, nichts wie hinab in die Tiefe. Sie sind auf der Flucht
vor ihrem eigenen Tun.
Cesare Maestri, der Mann, der bereit war, für den schwierigsten
Berg der Welt, den Cerro Torre, zu sterben, folgt jetzt nur
noch seinem Überlebensinstinkt. Wie die Lawinen dem Gesetz
der Schwerkraft. Er will nur noch überleben. Egal, ob sie oben waren oder nicht, immerzu auf der Hut vor dem Absturz,
geht es an den Seilen weiter nach unten, zurück zu den Menschen.
Atemlos taumelt, fällt, sinkt er tiefer. Kein Albtraum,
keine noch so große Angst kann ihn stoppen. Kein Gebrochener,
nur ein Kämpfender überlebt dieses Chaos ! In der vertikalen
Welt gilt es, in der Schwebe zu bleiben, den Reflexen zu
folgen, hinab ! Er durchquert Abgründe, hängt ohnmächtig im
Seil, wacht wieder auf, flieht. Weiter nach unten ! Plötzlich
wird er von Eisstücken beschossen, flucht, sieht sich selbst
wie einen Fremden. Als ob er sich in sich selbst verloren hätte.
Sein weiterer Abstieg ist ein Wettlauf mit dem Tod, der Abstand
zum Sterben verringert sich. Weht oder fällt da etwas
hinter ihm her ? Fava ? Der tote Egger ?
Ein einziger Trost jetzt : Sein erschrockener Geist kennt kein
Jenseits, nur noch das Jetzt. Seine Hände klammern, schmerzen,
können nicht mehr. Er kann auch die Arme nicht heben.
Er kann nicht einmal mehr rufen. Als wären seine Stimmbänder
nicht die seinen. Als Überlebender zu kämpfen ist wie ein
Reflex, im Team allein geblieben zu sein führt zum Wahnsinn.
Der tote Kamerad spricht jetzt als Monster aus ihm : Es klopft
wie Hammerschläge an die Felswand, wie eine tiefe Wunde im
Kopf. Außer einer dumpfen Leere im Herzen ist nichts mehr :
über ihm Abgrund, unter ihm Abgrund. Sie sind in Patagonien
am Torre, nicht an der Guglia di Brenta !
Maestri weiß, irgendwo da unten, tief unten, ist alles zu
Ende : auf dem Gletscher, unter den grauen Schneewehen.
Grab oder Leben ? Trotz aller Erschöpfung geht das Leben weiter.
Als stünde einer neben ihm, um ihn wach zu halten, ihm
zu helfen. Der Überlebende aber ist nicht mehr Herr der Lage,
nur sein Unterbewusstsein, der Instinkt, rettet ihn weiter.
Was sonst ist es, das im Verzweifelten Reflexe hervorruft, die
das Überleben sichern wollen. Trotz Hektik und Hoffnungslosigkeit.
Etwas in ihm verwandelt die Erfahrung von tausend
Bergtouren ständig in neue Überlebensstrategien. In Sekundenschnelle
entscheidet sein Instinkt über die Richtung, den
Handgriff, über richtig oder falsch, er weiß sich sicher zu bewegen.
Jetzt gelten nur noch animalische Maßstäbe, sein sechster
Sinn ist wie beim Tier unbestechlich : die einzig verbliebene
Brücke zwischen der Welt draußen und der in ihm drinnen.
Der Absteigende kann sie nutzen, solange er lebt.
Der Mann, der angeblich keine Angst vor dem Tod hatte und jetzt nicht sterben will, kann sich selbst nicht mehr entrinnen.
Er hat den unerreichbarsten aller Gipfel ausgesucht,
um der Welt seine Überlegenheit vorzuführen. Auch um zu beweisen,
dass selbst dort, wo die besten aller Bergsteiger den
Aufstieg nicht wagten, ein Weg sein kann. Der Alpinist aber,
der jetzt als einsamer Irrer in seinen geborstenen Vorstellungen
auftaucht, erlebt sein Sterben und Überleben als Wunder
einer Wiedergeburt. Als er endlich aus einem Reich zurückkommt,
das nur er kennt und das nicht für Menschen gemacht
scheint, ist er ein anderer Cesare Maestri als jener, mit dem
Toni Egger Tage zuvor aufgebrochen ist, um einen möglichen
Aufstiegsweg zu finden.
Immer noch ist er allein, immer noch kämpft er mit Schneesturm,
Nebel und Chaos. Auch mit Halluzinationen. Hat sein
Kamerad nur einen Vorsprung, oder ist er wirklich tot ? Ja, sie
kommen von der anderen Seite dieses verdammten Berges,
der jetzt tobt und brüllt und seine Eiskruste fallen lässt wie
Laubbäume im Herbst ihre Blätter. Ist es Herbst, Morgen,
Nacht oder eine andere Jahreszeit ? Alle Zweifel, ob sie es
gemeinsam
schaffen können, sind verschwunden. Sogar ob
der unmögliche Berg möglich ist, interessiert nicht mehr. Ein
Sterbender kämpft nur noch um sein Leben.
Endlich – der Sprung über die Randkluft endet im Schnee
eines Lawinenkegels, eine Art Trichter, der steil abfällt. Der
Sterbende schwebt, stürzt, fällt zurück ins Leere. Als ob er
vom schwierigsten Berg der Welt hinabgestoßen würde, seinem
Schicksal entgegen. Tod oder Leben ? Die Landung ist
weich, die Besinnungslosigkeit kommt wie eine Erlösung. Ein
Schneehaufen hat Cesare Maestri am Leben gelassen.
Es ist der 3. Februar 1959, und der halb Tote, den Cesarino
Fava später am Fuße des Cerro Torre zusammengekauert im
Schnee findet, ist wirklich Cesare, nicht Toni Egger, dessen
Überreste der Gletscher erst 15 Jahre später freigibt.
Dieses Szenario ist das Ende jener Heldengeschichte, die
Fava und Maestri über ihre Erstbesteigung des Cerro Torre erzählen.
Zu dritt seien sie in die Einschartung zwischen Torre
und seinem nördlichen Nebengipfel geklettert, Fava hätte von
dort abgeseilt, Egger und Maestri wären über Eis zum Gipfel
weitergestiegen. Beim Abstieg, im Unwetter, fünf Tag später,
hätte eine Lawine den abseilenden Egger mitgerissen, nur die
losen Seilenden blieben in Maestris Händen zurück, seine
Selbstrettung grenzte an ein Wunder.
„Mit dem vorliegenden Band legt Messner ein äußerst spannendes und fesselndes Buch zu einem der faszinierendsten Berge der Welt vor, das den Leser von einer Seite zur nächsten hineinzieht in den unwiderstehlichen Mythos der Berge Patagoniens!“
Messner geht der Psyche seiner Helden auf den Grund und fügt die Details des Torre zu einem packenden Ganzen zusammen.
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