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Unsere allerbeste Zeit Unsere allerbeste Zeit - eBook-Ausgabe

Gaby Hauptmann
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Roman

— Ein berührender Roman für Frauen, der Mut macht
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Unsere allerbeste Zeit — Inhalt

„Die Art, wie Gaby Hauptmanns Heldin ihr Leben anpackt, hat mich gefesselt und fasziniert – Katja macht Mut!“ Charlotte Link 
Gaby Hauptmann wechselt mühelos zwischen Familiendrama und Liebesroman und lässt ihre LeserInnen an den ersten Schritten eines wichtigen Neubeginns teilhaben.  

Katja hat mit Mitte 40 scheinbar alles erreicht, was sie sich immer gewünscht hat: eine vielversprechende Karriere in einer Werbeagentur, gute Freunde und ein tolles Apartment in der Metropole Hamburg. Allerdings erfährt sie von ihrer besten Freundin von der fortschreitenden Demenz ihrer Mutter. Katja lässt prompt alles stehen und liegen und kehrt nach Stuttgart zurück.  

Der Neuanfang tut ihr gut: Sie findet schnell in ihre alte Freundesclique zurück und fühlt sich dort sichtlich wohl. Sie trifft sogar einen Schulfreund wieder – eine alte Liebe flammt auf. Gelegentlich fragt sie sich dennoch, ob dieser überstürzte Schritt nach Hause wirklich eine gute Entscheidung war. Ist eine Zukunft in der alten Heimat und der eigenen Vergangenheit wirklich möglich? 

Frauenliteratur mit Tiefe – Gaby Hauptmann traut sich an Tabuthemen heran 

Die deutsche Autorin Gaby Hauptmann hat nicht nur einen leichten Roman für den Sommerurlaub geschrieben. Fast beiläufig beschäftigt sie sich den Intrigen und Machtspielen, die oft hinter den Hochglanzfassaden moderner und hipper Arbeitsplätze stecken. 

„Katja macht Mut“ – Gaby Hauptmanns Heldin erhält das Gütesiegel von Charlotte Link 

Die Erfolgsautorin ist offensichtlich nicht die Einzige, die von Gaby Hauptmanns Protagonistin begeistert ist. „Unsere allerbeste Zeit“ avancierte mittlerweile zum SPIEGEL-Bestseller und hat mit „Unser ganz besonderer Moment“ bereits eine Fortsetzung. Lassen auch Sie sich von Katja zeigen, was im Leben wirklich zählt!  

€ 12,00 [D], € 12,40 [A]
Erschienen am 01.12.2022
416 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-31923-2
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€ 9,99 [D], € 9,99 [A]
Erschienen am 01.02.2021
352 Seiten
EAN 978-3-492-99804-8
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Leseprobe zu „Unsere allerbeste Zeit“

Es tut weh, meine Wohnung zu verlassen, selbst jetzt, da sie leer ist. Und es tut weh, durch Hamburg zu fahren und sich zu verabschieden … all die lieb gewonnenen Plätze, die Erinnerungen an Freunde, an Feste, an … nein, Patricks Wohnung meide ich, obwohl mich interessieren würde, welches Auto davorsteht. Der weiße Mini, den ich vermute? Nein, diese Blöße gebe ich mir nicht.

Ich habe mit Hamburg abgeschlossen, der Umzugswagen ist schon unterwegs, ich jetzt auch.

Auf nach Stuttgart, zu neuen Aufgaben, zu neuen Herausforderungen, zu meiner Mutter, die meine [...]

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Es tut weh, meine Wohnung zu verlassen, selbst jetzt, da sie leer ist. Und es tut weh, durch Hamburg zu fahren und sich zu verabschieden … all die lieb gewonnenen Plätze, die Erinnerungen an Freunde, an Feste, an … nein, Patricks Wohnung meide ich, obwohl mich interessieren würde, welches Auto davorsteht. Der weiße Mini, den ich vermute? Nein, diese Blöße gebe ich mir nicht.

Ich habe mit Hamburg abgeschlossen, der Umzugswagen ist schon unterwegs, ich jetzt auch.

Auf nach Stuttgart, zu neuen Aufgaben, zu neuen Herausforderungen, zu meiner Mutter, die meine Hilfe braucht. Zurück in die Stadt, in der ich aufgewachsen bin und in der ich seit vierundzwanzig Jahren kaum mehr war.

 

Ich spüre, wie meine Beklemmung wächst, als ich auf die Autobahn fahre und einen letzten Blick in den Rückspiegel werfe. Lass ich das jetzt wirklich alles hinter mir?

Ja. Ein Neuanfang liegt vor mir.

Mir wird flau im Magen, was wird die Zukunft bringen?

Nur Gutes, Katja, sage ich laut, bevor ich meine Lieblingsmusik aufdrehe.

Nur Gutes, und ich hoffe, dass ich mir glaube.


19. August Freitag

In Stuttgart bin ich aufgewachsen. Jetzt, nach all den Jahren zurückzukommen, ist ein seltsames Gefühl. Und nicht nur zu Besuch, sondern mit Sack und Pack. So ganz kann ich es selbst noch nicht glauben, ganz klein im Hinterkopf sitzt da die Stimme, die mir einflüstert, zwei, drei Tage, dann bist du wieder daheim in Hamburg.

Ich sehe die wohlbekannten Autobahnschilder, überall könnte ich im letzten Moment noch abbiegen, fliehen.

Aber es geht nicht nur um mich. Ich stehe in der Pflicht. In der Pflicht meines Gewissens gegenüber meiner Mutter. Sie braucht meine Hilfe. Dabei waren wir an Weihnachten noch alle bei ihr, und sie kam mir fit vor. Siebenundsiebzig Jahre, dachte ich vor acht Monaten, das kann noch lange gehen, bis wir uns Gedanken machen müssen. Weit gefehlt. Hat sie uns etwas vorgespielt, oder haben wir einfach in all dem Trubel nichts bemerkt? Mein Bruder mit seinen zwei kleinen Kindern, meine Schwägerin, die auch sonst herumwuselt wie von der Tarantel gestochen, und ich, die an Weihnachten am liebsten vor der Glotze hängt und alte Filme ansieht. War unsere Mutter da schon zerstreut, vergesslich, schusselig?

Egal, wie, die Ausfahrt Zuffenhausen kommt, und ich fahre von der A 81 ab. Jetzt ist es so weit, der Blick geht nur noch nach vorn. Müsste ich zuerst bei meiner Mutter vorbei? Ich werfe einen Blick auf mein Smartphone. Die letzte Nachricht besagt, dass die Möbelpacker bereits auf mich warten. Kaum zu glauben, denke ich und werfe unwillkürlich einen Blick auf meinen Tacho, die müssen ganz schön gebrettert sein.

Auf der anderen Seite gibt mir das einen Aufschub. Denn wenn ich ehrlich bin, schleppe ich lieber Kisten in meine neue Wohnung, als mich den Fragen meiner Mutter zu stellen. Vor allem, weil ich ihr alles schon mehrfach erklärt habe und ein ungeduldiger Mensch bin. Und weil ich einfach nicht verstehen kann, warum sie plötzlich schwer von Begriff ist. Sie war in unserer Familie stets die Schnelldenkerin, sie hat alles um uns herum organisiert, unser Vater wäre ohne sie völlig aufgeschmissen gewesen, er war überhaupt nicht alltagstauglich. Vielleicht ist es ganz gut, dass ich durch die körperliche Arbeit mit den Kisten zunächst einen klaren Kopf kriege, das hilft bestimmt.

 

Tatsächlich, in der engen und zugeparkten Straße steht der Lkw mit offener Verladerampe in der zweiten Reihe. Das Ausladen ist schon in vollem Gange. Ich sehe mich um. Wohin soll ich meinen Wagen parken? Schließlich stelle ich mich frech vor den Lkw, ebenfalls zweite Reihe. Es ist ja ein Einzug, denke ich. Quasi ein Notfall.

Dann gehe ich den schmalen Weg am Haus entlang und durch die sperrangelweit geöffnete Eingangstüre in den ersten Stock, mein neues Zuhause. Es ist eine Altbauwohnung und für meine Begriffe ziemlich heruntergekommen, aber ich war froh, so schnell überhaupt etwas gefunden zu haben. Mit dem Rest würde ich schon klarkommen, habe ich gedacht. Aber jetzt, bei Tageslicht, mit Blick auf die kahlen Wände und die Kartoninseln mitten im Raum kommen mir Zweifel.

Einer der kräftigen Männer kommt auf mich zu und fragt in gebrochenem Deutsch: „Wohin mit Möbel?“

Ich nicke und hole tief Luft.

„Ich muss mich kurz umschauen“, sage ich.

„Mann?“, fragt er, als ob ein Mann alle Probleme lösen könnte.

„Kein Mann“, antworte ich und ernte einen misstrauischen Blick.

„Kein Mann?“

„Kein Mann.“

„Hübsche Frau ohne Mann?“

Ich zucke die Achseln. Was soll ich auch sagen. Sein Blick gleitet schnell zu meiner Hand, und ich nehme an, dass er mein Weltbild sowieso nicht verstehen wird. Ich trage keinen Ehering. Er brummelt etwas und nickt dann in die Richtung des Sideboards, das er gerade mit seinem Kollegen heraufgeschleppt hat.

„Also wohin?“

„Dort“, entscheide ich schnell und deute zu der Wand unter dem breiten Fenster. Bei der Gelegenheit sehe ich, dass der Maler schlampig gearbeitet hat, die frische weiße Wand hat gelbe Striemen, so als ob noch die vorhergehende Farbe an der Rolle gewesen wäre.

„Und das Klavier nachher?“

Ich entscheide mich für das zweite Fenster.

„Schwer“, sagt er. „Alt?“

„Ja“, sage ich und weiß schon, worauf er abzielt. „Wenn es nachher heil hier steht, gibt es mehr Trinkgeld“, sage ich.

Sein Blick gibt mir zu verstehen, dass es unter seiner Würde ist, von einer Frau Geld anzunehmen.

Einstecken wird er es nachher trotzdem, da bin ich mir sicher. Ich bin froh, wenn die beiden Männer wieder weg sind, und gehe schnell durch meine neue Wohnung. Zwei Zimmer, davon eines sehr groß, das andere gerade ausreichend für Doppelbett und Schrank, dazu eine schmale Küche mit schmuddeligen Einbauschränken und ein Badezimmer aus dem letzten Jahrhundert mit alten Eisenrohren über dem Putz.

Ich denke kurz an meine helle, moderne Wohnung in Hamburg zurück, verbiete mir dann jeden weiteren Gedanken. Ab jetzt geht es nach vorn, nicht in die Vergangenheit.

Ich gebe mir einen Ruck.

Ich bin vierundvierzig und Single. Ja, was soll’s, es hat wohl nicht sollen sein. Zudem hatte ich eine hervorragende Stellung in Hamburg, in der Zentrale von einer der großen deutschen Agenturen. Mein Glück ist, dass wir in mehreren deutschen Städten eine Niederlassung haben und sich mein Chef gleich mit Stuttgart in Verbindung gesetzt hat.

Erst vor ein paar Wochen rief mich meine ehemalige Schulfreundin Doris an: „Katja, hast du in letzter Zeit mal eure Mutter gesehen?“

„Ja, an Weihnachten war ich da. Warum?“

„Es geht ihr nicht gut. Ich habe sie zufällig in dem kleinen Supermarkt bei euch um die Ecke getroffen. Sie war ganz verwirrt, und ich habe sie nach Hause begleitet, Katja, bei mir haben alle Alarmsirenen geklingelt.“

Das taten sie bei mir dann auch, und ich habe sofort meinen Bruder angerufen, der in einem Stuttgarter Vorort wohnt. Boris sah keinen Grund, sie häufiger als alle drei Wochen zu besuchen. „Wenn ich dort bin, geht es ihr immer gut“, war seine Auskunft. „Sonst soll sie halt in ein Heim, ich habe genug anderes Zeug an der Backe.“

Ich buchte den nächsten Flug nach Stuttgart und kam mit Blumen und dem Lieblingskuchen meiner Mutter. Sie riss sich zusammen. Aber ich sah ihre Mimik, ihre Kleidung und die Wohnung, mein Elternhaus. Sie war immer penibel gewesen, mit allem. Jetzt schaffte sie es einfach nicht mehr hinterherzukommen. Der Anblick hinterließ einen tiefen Schock bei mir.

Ich wollte sofort meinen Bruder sehen, aber er hatte keine Zeit. „Busy“, sagte er. „Du verstehst.“

Im Taxi zurück zum Flughafen heulte ich. Der Taxifahrer beobachtete mich im Rückspiegel, hielt sich aber raus.

Und jetzt bin ich hier. Erst mal für immer.


20. August Samstag

Den Traum der ersten Nacht in einem neuen Heim soll man sich merken, heißt es immer. Das sei wichtig.

Ich habe von Wölfen geträumt. Nicht, dass ich Angst vor diesen Tieren hätte. Für mich sind es Wesen aus einer anderen Welt. Vielleicht wie meine Mutter jetzt. Der Unterschied ist nur, meine Mutter geht und die Wölfe kommen zurück, wie man ständig lesen kann.

Während ich in die Küche gehe, die Kaffeemaschine anschließe und in dem Karton mit der Aufschrift „Küche“ nach Kaffeebohnen und Bechern suche, frage ich mich, was der Traum wohl bedeuten könne.

Wölfe. Weshalb träume ich von Wölfen?

Ich habe keine Milch. Funktioniert der Kühlschrank überhaupt? Doch. Immerhin. Aber keine Milch, dann nehme ich halt Zucker.

Im Schlafanzug und mit dem Becher in der Hand gehe ich langsam ins Wohnzimmer. Alle Möbel und Umzugskisten sind da, ich weiß nur nicht, wie aus diesem Chaos jemals ein wohnliches Etwas werden soll. In dem Moment, als ich mich in meinen knallroten Ledersessel sinken lassen will, klingelt es.

Zunächst zögere ich, denn ich bin noch nicht angezogen. Außerdem ist es noch früh, kurz nach sieben Uhr. Dann denke ich, was soll’s, und suche nach dem elektrischen Türöffner, es ist aber nicht nötig, da es direkt an der Türe klopft. Durch die milchige Glasscheibe zeichnet sich ein diffuser Schatten ab.

Ich öffne, und mein Vermieter steht vor der Tür.

„Guten Morgen, Frau Klinger, ich wollte Sie nur kurz begrüßen und Ihnen bei der Gelegenheit gleich die Hausordnung geben, bei nur vier Parteien im Haus ist das wichtig, denke ich. Da steht auch drin, wie es sich mit der Absenkung der Heizung im Winter verhält, hat ja noch Zeit, aber trotzdem, mit dem Müll, mit der Kehrwoche, mit Lärm, also mit lauter Musik oder Kindern, aber die haben Sie ja nicht, Tiere auch nicht, gut so.“ Er schenkt mir ein Lächeln und drückt mir ein eingeschweißtes Blatt in die Hand. „So bleibt es sauber“, sagt er noch, bevor er sich mit einem Gruß umdreht. „Ich muss jetzt zur Arbeit. Wenn was sein sollte …“, und damit geht er bereits die abgetretene Holztreppe hinunter.

Ich stelle fest, dass ich eine Gänsehaut habe. Sein fleischiges Babygesicht, überhaupt diese undefinierbare Figur bei einem Mann über fünfzig finde ich unheimlich. Ich schließe die Tür und trage das Blatt mit spitzen Fingern zu meinem Sessel zurück und lass es dort fallen. Ekelhaft, denke ich. Gestern der Strafzettel an meinem Auto, obwohl ich ein großes Blatt mit dem fett geschriebenen Hinweis „Umzug“ unter den Scheibenwischer geklemmt hatte, und heute die Hausordnung.

Ich trinke meinen Kaffee, der ohne Milch absolut scheußlich schmeckt, und beschließe, zunächst alles liegen zu lassen und zu meiner Mutter zu fahren. Und unterwegs bei einem Bäcker zu frühstücken, irgendeinen Lichtblick braucht man schließlich am Morgen.

Mit einer Tüte Butterbrezeln und einem strahlenden Lächeln klingle ich bei meiner Mutter. Seitdem die Schlösser irgendwann neu ersetzt wurden, habe ich keinen Hausschlüssel mehr. Ich hoffe, dass sie mir einen gibt.

Und überhaupt hoffe ich, dass sie mir aufmacht.

Ich höre nichts, also klingele ich nach einer Weile noch einmal.

„Eine alte Frau ist doch kein D-Zug“, sagt jemand, und dann steht sie vor mir in der kraftvoll aufgerissenen Tür. Ich staune. Kann ich wieder abreisen?

„Hallo, Mutti“, sage ich, „ich habe Frühstück mitgebracht“, und ich halte die Tüte mit den Butterbrezeln hoch.

„Ein bisschen spät für ein Frühstück“, sagt sie. „Meinst du nicht?“

Damit dreht sie sich um und geht mir voraus. Gerade und trittsicher verschwindet sie in der Küche, die schon in meiner Kindheit mein Lieblingsort war. Von hier aus geht eine Terrassentür direkt in den Garten. Und auch jetzt führt mich mein erster Weg zu der Glastür. Ich drücke den altmodischen Türhebel nach unten, damit sie aufgeht.

„Die Eichhörnchen waren heute Morgen schon da“, höre ich die Stimme meiner Mutter in meinem Rücken, während ich die Tür öffne und frische Luft hereinlasse.

„Schön“, sage ich und drehe mich zu ihr um. „Schön, Mutti, das waren sie früher auch immer.“

„Früher seid ihr hier auf dem Bauch gelegen und habt sie mit Haselnüssen hereingelockt.“

Ich schau auf den schwarz-weiß gekachelten Küchenboden hinab und lächle. Die Bilder, die sich vor mir auftun, streicheln meine Seele.

„Wollen wir einen Kaffee trinken?“, frage ich, und sie nickt und zeigt zu der Kaffeekanne auf der Anrichte. Sie hat ihn immer von Hand aufgebrüht, und eigentlich, das muss man selbst als Besitzerin der tollsten und teuersten Kaffeemaschine zugeben, schmeckt er so auch am besten.

Ich lege meine Brezeltüte auf den weiß lackierten Tisch, an dem wir auch früher schon gefrühstückt haben, und spüle die Kaffeekanne aus. Sie ist blitzsauber. Heute Morgen hat sie jedenfalls noch keinen Kaffee getrunken. Ich lasse mir nichts anmerken, stelle Wasser auf, gebe Pulverkaffee direkt in die Kanne und warte ab.

„Du siehst gut aus“, sage ich und lächle ihr zu. Sie steht am Fenster, beide Hände nach hinten in den Sims gekrallt, als wollte sie sich festhalten. Wie zerbrechlich sie geworden ist. Und obwohl sie ein graues Kostüm mit einer cremefarbenen Schleifenbluse trägt und auf den ersten Blick aussieht wie früher, adrett, immer gepflegt, sehe ich auf den zweiten Blick die Flecken auf der Jacke. Und auf der Bluse.

Ich muss mich abwenden. Wie soll ich vorgehen, frage ich mich und fühle mich für einen Moment überfordert von dem, was auf mich zukommt.

„Du musst Kaffee in die Kanne tun“, sagt sie. „Oben im Schrank. Wie immer.“

„Danke, Mutti“, sage ich, „habe ich schon. Setz dich doch, es ist gleich so weit.“

Ich nehme zwei Tassen und Teller aus dem Schrank, verteile die Butterbrezeln, warte, bis das Wasser kocht, und fülle die Kaffeekanne dann langsam und in mehreren Intervallen, damit sich der gemahlene Bohnenkaffee auf dem Kannenboden mit Wasser sättigt, ohne aufgewirbelt zu werden. Meine Mutter beobachtet mich mit Argusaugen. „Mache ich’s richtig?“, frage ich scherzhaft. Sie nickt. Ich öffne den Kühlschrank, um Milch zu holen, und klappe ihn gleich wieder zu. Gähnende Leere.

Wovon lebt sie?

„Hast du noch irgendwo Milch?“, frage ich. Sie zuckt mit den Schultern.

Leerer Kühlschrank, denke ich, sie muss sich doch von irgendwas ernähren. Und mein nächster Gedanke: Schon wieder Kaffee ohne Milch!

„Ich gehe nachher einkaufen“, sage ich. „Oder besser noch, wir gehen gemeinsam, dann weiß ich, was du brauchst. Und was dir schmeckt.“

Sie sieht mich an, und am Ausdruck ihrer Augen erkenne ich, dass etwas nicht stimmt. Diese Augen sind leer. Sie sieht durch mich hindurch. Aber gerade war sie doch noch so fit?

„Mutti?“, versuche ich, sie in die Gegenwart zurückzuholen.

„Mutti?“ Und ich fasse nach ihrer Hand. Sie ist feingliedrig und kalt. Die Fingernägel sind zu lang. Es sieht aus, als wäre ihr der schmale, goldene Ehering, den sie noch immer trägt, zu groß geworden. „Mama!“, bricht es aus mir heraus, und es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte losgeheult.

 

Wenn es einem schlecht geht, braucht man eine Freundin. Eine echte Freundin, eine, die einen schon lange kennt und ohne große Worte versteht, was zu tun ist.

Ich fahre direkt zu Doris.

Sie war es, die mich über den Zustand meiner Mutter informiert hat. Ihre Warnung ist der Grund, weshalb ich jetzt hier bin. Doris kennt meine Mutter, seitdem wir uns im Gymnasium, erste Klasse, angefreundet haben. Das ist jetzt gut vierunddreißig Jahre her.

Doris ist in Stuttgart geblieben. Wir waren damals, bis zum Abitur, eine Clique, die sich dann in alle Winde verstreut hat. Bis auf Doris. Sie hat einen anderen Weg gewählt und unterstützte ihre Eltern in deren Feinkostgeschäft. Dann heiratete sie, bekam zwei Kinder, und das Feinkostgeschäft wurde verkauft, als sie die Nachfolge antreten sollte. Die alleinige Verantwortung war ihr zu viel, zumal mit zwei Kindern und einem Mann, der in einer völlig anderen Branche tätig ist. Inzwischen hat sie sich nach der Kinderzeit wieder etwas aufgebaut, ein Café, das anders ist als andere Cafés.

„Weißt du“, erzählte sie mir vor vier Jahren bei einem unserer Weihnachtstreffen: „Ich stelle mir einen Platz vor, an dem jemand auch einfach mal sitzen bleibt, weil er ein spannendes Buch liest. Oder vielleicht selbst an einem Buch schreibt – so ein bisschen wie ein Wiener Café, keiner wird zum ständigen Konsum genötigt, alle sollen sich wohlfühlen.“

„Aber der Umsatz, wenn einer vier Stunden lang an einem kalten Kaffee hängt?“

„Wenn er glücklich ist …?“

Das ist halt Doris. Ich bin durch meine Arbeit nicht nur auf Kreativität programmiert, sondern auch auf Erfolg, und damit auf Umsatz. Ohne Umsatz kann kein Laden laufen, das ist klar. Aber Doris? Ein halbes Jahr später schickte sie mir Fotos von den Räumen, die sie gefunden hatte und zu dem Café ihrer Vorstellung umgestalten wollte. Sie war voller Tatendrang. Und natürlich war sie vom Gelingen überzeugt, Doris war Optimistin. Immer schon. Sie schwamm grundsätzlich in einem Universum der Glückseligkeit.

Dachte ich.

Bis ich heraushörte, dass ihre Ehe nicht wirklich glückselig war. Eher anstrengend. Sie legte sich krumm, und er war ignorant. Vielleicht wollte sie deshalb gern Menschen um sich haben, die ihre Anstrengung zu würdigen wussten? Ihr liebevoll gestaltetes Ambiente, die kleinen Hingucker, die sie drapierte, die Speisen, die sie zubereitete, die Kuchen und Snacks, die wechselnden Gerichte, die sie anbot?

Jedenfalls ist Doris in diesem Moment meine Zuflucht, und ich fahre, nachdem ich für meine Mutter eingekauft und sie zum Mittagsschläfchen an ihr Bett begleitet habe, schnurstracks zu ihr.

Das Café liegt in einer schmalen Straße, Stuttgart Mitte, an sich eine gute Adresse, allerdings handelt es sich um eine Sackgasse, und es gibt keine Parkplätze, es sei denn, man ergattert einen entlang der Straße. Ich mag nicht schon wieder einen Strafzettel kassieren, und gerade, als ich wenden und mich in einer anderen Straße umsehen will, parkt jemand aus. Ich betrachte das als gutes Omen.

Das Café ist gelungen, das muss ich zugeben. Schon vor dem Eingang steht ein frisch gebackener Kuchen auf einem kleinen Tisch, einfach so, als könnte sich jeder ein Stück davon mitnehmen. Und drinnen hat sie gemütliche Tischinseln geschaffen, jede anders zurechtgemacht, dazu Regale voller Weinflaschen, bunte Kacheln an den Wänden, Tassen und Teller in unterschiedlichem, liebevollem Dekor – alles ein bisschen Oma und trotzdem hipp. Vintage, denke ich, das spricht an. Und hinter einem großen, bunten Tresen steht sie selbst und bereitet gerade etwas vor. Ich zähle fünf Gäste, nicht gerade viel.

„Katja!“ Sie kommt hinter ihrem Tresen vor, und wir umarmen uns. „Na?“, sagt sie, und in diesem „Na?“ liegt alles.

„Tja!“, antworte ich, und sie weiß, was ich meine.

„Setz dich erst mal. Magst du einen Cappuccino oder lieber gleich einen Wein?“

„Am besten einen Schnaps, einen Doppelten. Oder dreifachen.“

Sie sieht mich an, und wir lachen beide, ein wissendes Lachen, das Lachen zweier alter Freundinnen.

„Du siehst gut aus“, sage ich, und es ist kein Schmus, es stimmt. Sie sieht lebensfroh aus, ihre kurzen schwarzen Haare, das gebräunte Gesicht, die strahlenden Augen, ganz offensichtlich eine Frau, der es gut geht.

„Und du siehst gedrückt aus“, gibt sie mir zur Antwort. Das stimmt auch.

„Es ist eine neue Situation“, sage ich. „Wir haben die Rollen getauscht, meine Mutter und ich.“

Sie nickt nur. „Ja, das tut weh. Ich bin auch erschrocken, als ich sie beim Einkaufen gesehen habe. Und ich war ein paarmal bei ihr, aber sie wollte keine Hilfe annehmen. Nicht von mir. Sie hat sich zusammengerissen, soweit sie es noch kann. Aber ich glaube, das sind nur Momente. Das gelingt ihr nicht immer. Manchmal hat sie mir gar nicht aufgemacht. Das war dann noch beängstigender.“

„Mich beängstigt die Treppe in den ersten Stock, da oben hat sie doch ihr Schlafzimmer, das Badezimmer. Was ist, wenn sie stürzt? Hinunterfällt? Außerdem habe ich Angst, dass sie vielleicht etwas auf dem Herd stehen lässt und vergisst.“

„Ach, Katja!“

Wieder liegen wir uns in den Armen.

„Es ist gut, dass du jetzt da bist.“

Dass mein Bruder eigentlich ja in der Nähe wäre, denken wir in diesem Moment wohl beide, sprechen es aber nicht aus.

Ich nicke nur. „Mal sehen, was kommt.“

„Zahlen, bitte“, schreckt uns eine männliche Stimme von der anderen Seite des Raumes auf.

„Geh schnell, das ist wichtig“, flüstere ich Doris zu, sie grinst nur.

„Ich komme“, sagt sie laut und leise zu mir, „setz dich dort hinten ans Fenster. Heiko kommt auch gleich.“

„Heiko? Unser Heiko?“

„Ja. Toller Zufall. Er hat vorhin angerufen und freut sich, dich zu sehen.“

Ich freue mich auch. Sieben waren wir damals in unserer Abi-Clique. Dass Heiko in Stuttgart ist, habe ich nicht gewusst. Umso schöner. Und umso schöner, dass er jetzt kommt.

Zwischen meinen alten Freunden geht es mir gleich besser. Die letzten Gäste sind gerade gegangen, als Heiko hereinkommt. Groß und gut aussehend erinnert er mich sofort daran, dass ich früher immer ein bisschen in ihn verliebt war. Wir umarmen uns herzlich zur Begrüßung, dann stellt Doris drei Gläser Weißwein auf den Tisch und setzt sich zu uns. „So wirst du nicht reich werden“, bemerkt Heiko.

Sie lacht. „Das Reichwerden überlasse ich anderen, ich möchte es genießen können.“

Das muss man sich leisten können, denke ich, aber vielleicht fallen solche Experimente etwas leichter, wenn man gut verheiratet ist.

„Du bist in Stuttgart“, frage ich Heiko, „ich dachte, du arbeitest in Bonn, Informatik und so?“

„Scheidung“, sagt er knapp. „Ich brauchte einen Tapetenwechsel. Zurück ins Nest, wenn du so willst.“

„Wie?“, frage ich erstaunt. „Zurück zu deinen Eltern?“

Er schüttelt lachend den Kopf. „Nein“, sagt er, „das sicherlich nicht. Aber hier bin ich aufgewachsen, hier kenne ich mich aus, hier ist meine Heimat – hört sich jetzt vielleicht etwas spießig an, aber hier fühle ich mich wohl.“

„Und was machst du jetzt?“

„Alles auf Anfang. Coaching. Seit einem halben Jahr. Läuft ganz gut an.“

Wen und was?, liegt mir auf der Zunge, aber ich will nicht gleich so neugierig sein. Im Moment ist es einfach großartig, dass wir hier zusammensitzen.

„Und du?“, will er dann doch wissen. Also hat ihm Doris noch nichts erzählt?

„Meine Mutter … ich befürchte, sie wird dement.“ Ich überlege kurz. „Oder ist es schon.“

„Was? Wir waren doch so oft bei euch, es war immer so cool – sie war immer locker …“, und sofort sind wir drei in der Vergangenheit. Bei den vielen gemeinsamen Stunden, den Lehrern, den Streichen, bei unseren Ideen, Interessen, Liebeleien.

Früher halt.

Die zwei Stunden mit Doris und Heiko haben mich wieder aufgerichtet. Und der spielerische, leichte Umgang untereinander hat mir gutgetan. Das denke ich, während ich meinen Wagen aus der engen Parklücke ausparke, was mir nicht schwerfällt, weil mein kleiner Audi extrem wendig ist. Er passt zu mir, finde ich in diesem Moment, in Zukunft muss auch ich wendig sein. Vor allem mit meinen Entscheidungen. Wie beispielsweise jetzt. Fahre ich noch einmal zu meiner Mutter? Mein Bauch sagt Ja, mein Kopf sagt Nein, denn bisher bin ich ja auch nicht zwei Mal am Tag bei ihr gewesen. Genau genommen, nur zwei Mal im Jahr. Und in meinem neuen Heim in der Heusteigstraße wartet eine Menge Arbeit auf mich.

Ich schau auf die Uhr. 17 Uhr, ein sonniger Tag, 20. August. Immerhin, ich komme nicht in Stress, weil ich noch Resturlaub hatte. Es bleibt genügend Zeit, um mich auf alles einzustellen, bevor ich dann am 1. September meine neue Arbeitsstelle antrete. Gut, es ist im Prinzip die gleiche Agentur – wenn auch nicht mehr der Hauptsitz, sondern eine der später ins Leben gerufenen Ableger. Also wird sicherlich vieles neu sein. Ich horche in mich hinein. Bin ich eher neugierig oder ängstlich? Aufbruchsstimmung oder flaues Gefühl? Gar nichts, stelle ich fest. Ich weiß, was ich kann, das wird ja wohl genügen.

Ich fahre durch die Innenstadt, und da fällt mir auf, dass ich ziemlich allein unterwegs bin. Sind das die verbotenen Straßen? Feinstaub?

Ich fahre keinen Diesel, aber ich merke, dass ich mich erst wieder auf meine Heimatstadt einstellen muss. Es hat sich doch ganz schön was verändert.

In meiner Straße habe ich Glück, gerade parkt ein SUV aus, nicht weit von meiner Wohnung entfernt. Heute scheint mein Glückstag zu sein, denke ich, während ich mir die beiden Einkaufstüten schnappe, die ich während der Einkaufstour für meine Mutter und für mich selbst gefüllt habe. Gut gelaunt gehe ich auf unser Gartentor zu. Jetzt werde ich mich erst mal genau umsehen. Der geteerte Fußweg führt direkt am Haus entlang und um die Hausecke herum zum rückwärtig liegenden Eingang. Der Garten, der dazugehört, ist nicht besonders groß und wird auf der einen Seite zum Fußweg hin durch ein schmales Staudenbeet abgegrenzt, auf der anderen Seite durch den Maschendrahtzaun des Nachbarn. Mittendrin steht ein dünner Apfelbaum, der so allein doch reichlich verloren wirkt. Ich denke an ein paar gemütliche Gartenmöbel, vielleicht eine hübsche Holzbank mit einem schönen Tisch? Für meinen Geschmack sieht alles etwas kahl aus. Lieblos.

Ich bin gerade die drei Steinstufen zur Haustüre hochgegangen, habe meine Einkaufstüten abgestellt und krame in meiner Handtasche nach meinem Schlüssel, da höre ich ein komisches Geräusch hinter mir: „Tack, tack, tack …“ Als ich mich danach umdrehe, kommt eine grauhaarige Frau um die Ecke gebogen, zwei Nordic-Walking-Stöcke schwingend. Kaum, dass sie mich sieht, bleibt sie abrupt stehen, um sich gleich darauf langsam zu nähern. Ich zögere einen Moment, dann gehe ich ihr entgegen, um mich vorzustellen.

„Ach ja“, sagt sie, „ich habe schon gehört, dass eine alleinstehende Frau einziehen soll, das sind nun also Sie.“

„Ja“, bestätige ich und strecke ihr die Hand hin, aber sie verweist auf ihre Stöcke. „Mein Name ist Gassmann, Fräulein Gassmann“, sagt sie. „Ich wohne über Ihnen – und ich bin eine leise Mieterin.“

Sie sagt es so, dass ich gleich weiß, worauf sie hinauswill. Ich mustere sie. Mit ihrer weißen Dauerwelle, den eingefallenen Gesichtszügen und der hageren Gestalt sieht sie aus wie aus einem anderen Zeitalter. Warum auch immer, mir fällt sofort Père Goriot von Balzac ein. Hieß sie Vauquer, die Frau, die Anfang des 19. Jahrhunderts die gutbürgerliche Pension in Paris führte? Ich weiß es nicht mehr genau, aber so hatte ich mir die Dame damals beim Lesen vorgestellt. Ältlich, jüngferlich, aus der Zeit gefallen.

Nur die Stöcke passen nicht dazu, und mit dem einen zeigt sie nun nach oben zum Dachgeschoss. „Dort wohnt Lisa Landwehr, sie ist noch jung.“

Irgendwie weiß ich nicht so genau, was sich Frau Gassmann unter „jung“ vorstellt. Sie selbst schätze ich auf Mitte siebzig.

„Studiert sie?“, frage ich deshalb.

„Nein, nein, sie geht einer geordneten Arbeit nach, verlässt morgens pünktlich das Haus und kommt abends zurück.“

Sie sieht mich so an, dass ich genau weiß, was sie wissen will. Ich drehe den Spieß um. „Oh“, sage ich, „und welchen Beruf haben Sie?“

„Hatten, hatten“, korrigiert sie mich. „Deutschlehrerin am Gymnasium, Oberstudienrätin, aber es ist bereits eine Weile her.“ Sie zögert. „Ich bin pensioniert.“

„Das ist doch prima“, sage ich spontan, „Beamtenlaufbahn, Lehrerpension und dann noch so fit, besser geht es doch wohl nicht …“

Sie geht nicht darauf ein. „Also“, sagt sie stattdessen bestimmt, „wir sind eine sehr disziplinierte Hausgemeinschaft, darauf legt Herr Petroschka sehr viel Wert.“

Ich nicke. „Der Name … stammt er ursprünglich aus Russland?“

„Er ist ein anständiger Mensch. Vielleicht verwechseln Sie das mit Petruschka von Igor Strawinsky?“

Okay, denke ich, von mir aus. „Sie wohnen wohl schon lange hier?“

„Ausreichend lange.“

„Und gestatten Sie mir die Frage, warum es hier auf der Wiese keine Gartenmöbel gibt? Mag sich denn niemand ins Freie setzen?“

„Was sollte man da tun?“

„Den Tag genießen?“

Sie wirft mir aus wässrig blauen Augen einen derart vernichtenden Blick zu, dass ich kapituliere. Ich muss die Umgestaltung des Vorgartens schließlich auch nicht mit ihr ausmachen, sondern mit dem Hausbesitzer.

„Na, denn“, sage ich, „schön, Sie kennengelernt zu haben.“ Damit gehe ich die drei Steinstufen wieder hoch, schließe auf und halte ihr die hölzerne Haustüre auf.

Sie bedankt sich und klackert mit ihren Stöcken an mir vorbei.

In meiner Wohnung lasse ich mich mitten im Chaos auf meinen roten Sessel fallen. Als ich meiner Mutter im Mai erklärt hatte, dass ich nach Stuttgart kommen würde, hat sie sich sofort gefreut und gedacht, ich würde wieder zurückziehen, in mein Elternhaus. Zu ihr. Das habe ich aber nicht fertiggebracht. Das wäre mir zu nah an allem dran gewesen.

Klar habe ich bei unseren Zusammenkünften an Weihnachten oder Muttis Geburtstag in meinem alten Zimmer geschlafen. Und ich habe es auch immer genossen, dass meine Eltern nach unseren Auszügen nichts umgeräumt haben. Mussten sie auch nicht, denn das Haus ist ja groß genug. Zudem fand das Leben bei uns sowieso meist in der geräumigen Küche statt, die direkt zum Garten führt. Außerdem gibt es in unsrem Haus noch ein Wohnzimmer, durch die Jahre reichlich abgenutzt, und ein Herrenzimmer, weil es bei dem damaligen Bauherrn, einem Fabrikanten, so Mode war.

Mein Vater kaufte das Haus von einer Witwe, der es mit den vielen Zimmern zu groß geworden war. Wir sind hier aufgewachsen, und ich liebe die alte Villa mit dem verwilderten Garten, mit der Schaukel am starken Ast unseres Nussbaums, mit den frechen Eichhörnchen, die bis fast in unsere Küche spazieren, mit den Brombeerhecken, die die Grenze zum Nachbargrundstück bilden. Aber darin mit meiner Mutter zu leben, gemeinsam, das erschien mir doch zu nah. Zu verfügbar. Zu sehr Mutter-Kind.

Ich sehe mich um. Eigentlich bräuchte ich jetzt den Elan, die Kisten aufzumachen und zumindest mal die Küche einzurichten. Aber ich sitze wie ein nasser Sack im Sessel und kann mich nicht rühren. Ich bin nicht müde, ich fühle mich nicht krank, nur einfach antriebslos.

Oje, denke ich. Über dir Fräulein Gassmann, darüber eine arbeitsame junge Frau, unter dir der Vermieter, der, wenn er so ist, wie er aussieht, auch nicht gerade ein Lichtblick ist. Alles, was ich nun auspacke, muss ich wieder einpacken, sollte ich es hier nicht aushalten. Also bleibe ich sitzen.

Aber irgendwann weicht dann doch die Starre von mir, und ich gehe ins Bad. Das Wetter ist zu schön. Ich werde mich jetzt genüsslich duschen, mir eines meiner lockeren Strandkleider anziehen, einen Stuhl nehmen, ein Buch und ein Glas Wein und mich hinaus zu dem armseligen Bäumchen setzen. Das wäre doch gelacht, schließlich zahle ich Miete – und das nicht zu knapp.

Der Plan bringt mich auf Touren. Doch unter der Dusche erstarren meine Lebensgeister – sie wird nicht warm. Warum das so ist, erschließt sich mir nicht. Die Rohre sind alt, okay, aber daran kann es nicht liegen. Was ist mit dem unförmigen Kasten, der platzheischend über der Badewanne hängt? Könnte der damit zu tun haben? Dunkel erinnere ich mich, dass wir in meiner Kindheit auch so ein Ding im Badezimmer hatten, einen „Durchlauferhitzer“, wie meine Mutter ihn stolz nannte. Der löste damals den Boiler ab, der nur für eine einzige Badewannenfüllung warmes Wasser liefern konnte. Wollte ich mir zusätzlich meine langen Haare waschen, musste ich die Zähne zusammenbeißen: Es kam nur noch kaltes Wasser.

An all das denke ich, während ich versuche, dem kalten Wasserstrahl der Dusche auszuweichen. Gestern Abend hatte ich doch noch warm geduscht? War das zu viel? Zu lang? Zu ausgiebig? Hat Petroschka die Warmwasserzufuhr in meine Wohnung gekillt?

Quatsch, spinn nicht, sage ich mir, kann er ja gar nicht. Trotzdem kommt mir das alles langsam ein bisschen psycho vor. Also drehe ich den Hahn wieder zu und suche in den Kisten nach meinem Bademantel. Als ich ihn in der dritten Kiste noch immer nicht finde, leere ich sie wutentbrannt auf meinem Bett aus. Klar, dass er nicht drin ist, dafür ein schwarzer, seidener Morgenmantel aus Korea mit goldenen Kung-Fu-Zeichen. Den hatte ich mir vor Jahren auf einer Reise gekauft und komischerweise bisher nie aussortiert.

Egal.

Es gibt zwar Wohnungsknappheit in Stuttgart, aber alles muss man sich ja nicht bieten lassen. Ich schlüpfe hinein und stürme barfüßig im Treppenhaus eine Etage hinab. Dann klingele ich bei Herrn Petroschka.

Ist er überhaupt schon da?

Ich höre ein leises Schlurfen, wahrscheinlich nähert er sich in Hauspantoffeln der Türe, denke ich und versteife. Ich höre, wie ein Riegel zurückgeschoben wird, eine Kette, der Schlüssel wird im Schloss gedreht, und dann steht er vor mir. In Unterhemd und dunkelgrauer Jogginghose.

„Frau Klinger“, sagt er erstaunt, „was führt Sie zu mir?“

Sex, liegt mir auf der Zunge, aber diesen Sarkasmus hätte er womöglich nicht verstanden. Also antworte ich wahrheitsgemäß: „Ich möchte Sie nicht stören, aber ich habe nur noch kaltes Wasser in der Dusche.“

Es hätte mich nicht gewundert, wenn er mich nun darüber aufgeklärt hätte, dass man um diese Uhrzeit eben nicht warm zu duschen hätte, aber er sieht mich nachdenklich an.

„Dann fehlt Wasser“, sagt er.

„Nein“, widerspreche ich, meinen Seidenmantel über der Brust zuhaltend, „es fehlt Wärme. Das Wasser kommt.“

„Es fehlt Wasser in der Therme“, insistiert er.

„Und was heißt das?“, will ich wissen.

„Das ist kein Problem“, sagt er, „das kann man leicht nachfüllen. Über einen Schlauch. Der liegt auch griffbereit auf Ihrer Therme.“

„Ich verstehe nur Bahnhof“, sage ich wahrheitsgemäß. „Was für ein Schlauch?“

„Vielleicht sollte ich Ihnen das … zeigen?“ Er sieht mich aus seinem Babyface-Gesicht so treuherzig an, dass ich fast „nein“ gesagt hätte. Aber im letzten Moment besinne ich mich.

„Ja, wenn Sie gerade Zeit haben?“

Minuten später bahnt er sich einen Weg durch das Chaos in meiner Wohnung, nickt mit einem kurzen Brummen in Richtung Klavier und geht mir dann ins Badezimmer voraus. Mit einem Blick auf das Monstrum über meiner Badewanne deutet er auf eine Anzeige. „Hat kein Druck mehr, der Zeiger ist fast bei null, sehen Sie? Da brennt normalerweise eine Flamme“, und er pocht entschieden auf ein Guckloch im blechernen Kasten. „Keine Flamme, kein Wasser, keine Wärme. So einfach ist das.“

„Aha. Und jetzt?“

Er deutet auf den Badewannenrand und gleich darauf auf den Kasten. „Steigen Sie da mal hoch. Dort oben müsste ein Schlauch liegen.“

Zwei Dinge schießen mir gleichzeitig durch den Kopf:

a) die meisten Unfälle passieren im Haushalt.

b) was, wenn er dich betatscht? Immerhin turne ich da vor seinen Augen im seidenen Morgenmantel herum. Also mit – fast – nichts.

Aber offensichtlich macht er sich keine Gedanken, also steige ich barfüßig auf den Badewannenrand und entdecke einen zusammengerollten Gummischlauch auf dem Kasten.

„Der hier?“, frage ich und reiche ihn herunter.

„Na also“, sagt mein Vermieter schwer atmend. „Und nun passen Sie auf. Hier den Duschschlauch abschrauben und dieses Teil ran, sehen Sie? Und dieses andere Teil muss hier an die Vorrichtung. Dann Wasser Marsch und den Hebel umlegen, damit das Wasser in den Vorlauferhitzer kann. Und im Betrieb natürlich den Hauptschalter auf ECO und den Temperaturregler für den Heizungsverlauf mindestens auf 1 drehen.“

Während ich neben ihm stehe, montiert er den Schlauch, legt einen roten Hebel um und dreht den Wasserhahn mit Schwung auf. Im gleichen Moment reißt sich der Schlauch oben aus der Verankerung und zischt wie eine wild gewordene Schlange Wasser speiend in der Luft herum. Bevor wir uns versehen, sind wir beide klatschnass und das restliche Bad auch. Endlich dreht er das Wasser ab.

„Oh!“, sagt er betroffen und sieht mit seinen wenigen, nun nassen Haaren und dem rot angelaufenen Gesicht bei aller Dramatik einfach nur komisch aus.

„Ja, oh“, sage ich und sehe an mir herunter. Der nasse Seidenmantel klebt wie ein Bodypaint an meiner Haut.

„Da hält die Klammer den Schlauch wohl nicht mehr so richtig“, stellt er fest und zieht den abgegangenen Schlauch prüfend zu sich her.

„Scheint so“, sage ich. Und dann muss ich lachen. Ich kann nichts dafür, es kommt einfach über mich. Und es hilft auch nichts, dass mich mein Vermieter betreten ansieht, es schüttelt mich. Schließlich sitze ich vor Lachen auf dem Badewannenrand, und er steht vor mir, noch immer das eine Ende des roten Gummischlauchs in der Hand.

„Entschuldigen Sie“, stammle ich, „es ist einfach zu komisch.“

„Komisch?“, er scheint die Welt nicht mehr zu verstehen. „Was meinen Sie jetzt? Mich oder den Schlauch?“

Beides, liegt mir auf der Zunge, und ich muss mich beherrschen, um nicht schon wieder loszuprusten. „Finden Sie das nicht komisch?“, will ich wissen.

„Eher ärgerlich“, sagt er. „Wir beide sind nass, das Badezimmer ist nass, und ich muss Handwerkszeug holen.“

„Ich“, ich schüttle den Kopf, „ich finde es urkomisch.“

Er antwortet nicht darauf, sondern geht schnurstracks zur Wohnungstür, sodass ich Mühe habe, ihm hinterherzukommen.

Doch in dem Moment, als wir beide in der Tür stehen, kommt vom oberen Stockwerk Frau Oberstudienrätin a. D. die Treppen herunter. Als sie uns sieht, bleibt sie stocksteif stehen.

„Guten Abend, Fräulein Gassmann“, sagt mein Vermieter in klatschnasser Jogginghose und triefendem Unterhemd förmlich und wartet höflich, bis sie an uns vorbeigegangen ist.

 

Später am Abend mache ich mir eine Flasche Rotwein auf, setze mich in meinen roten Sessel und starre eine Weile auf mein Klavier. Die schweren Möbel sind der einzige Fixpunkt in dieser Wohnung. Und nach einer Weile, als es langsam dunkel wird und ich die einzige Glühbirne nicht einschalten möchte, erscheint es mir, als wäre alles im Fluss, meine Wohnung wie ein Universum, in dem alles in Bewegung ist. Nichts gibt mir Halt, alles verschwimmt.

Du spinnst, sage ich mir. Alles ist gut, alles wird gut. Nach einer Weile gehe ich dorthin, wo ich mich schon seit meiner Kindheit geborgen gefühlt habe, an mein Klavier. Meine Mutter sagte früher immer, man höre an meinem Spiel, ob es mir gut oder schlecht ginge. Und es stimmt. Mein Klavier war schon immer mein Freund. Ich habe zwar viele Jahre klassischen Unterricht gehabt, Brahms, Beethoven, Schumann, manches besser, vieles schlechter, aber immerhin. Am liebsten habe ich allerdings improvisiert. Es war wie ein Geschenk, wenn sich alles ineinanderfügte und eine Melodie entstand, die mich mitnahm. Manchmal konnte ich sie mir merken. Meistens nicht. Dann entstand etwas Neues. Mein Klavier drückte für mich aus, was ich sagen wollte. Ganz ohne Worte.

Ich streiche mit dem Zeigefinger über die Tasten, ohne ihnen einen Ton zu entlocken. So, wie man einen alten Freund begrüßt, den man in sein Herz geschlossen hat. Warm, liebevoll.

Als ich nach meinem Studium nach Hamburg gezogen bin, zu meiner ersten Arbeitsstelle, durfte ich das Klavier mitnehmen. Jahrelang zeugte eine leichte Verfärbung der Tapete von dem Platz, wo es einst in meinem Elternhaus gestanden hatte. Bis mein Vater dann eines Tages den Maler kommen ließ, der die alte Blümchentapete herunterriss und durch eine Raufasertapete ersetzte. Das war eine der letzten Handlungen meines Vaters, bevor er starb. Mit fünfundsiebzig an einem Herzinfarkt, kaum, dass er seine Rente genießen konnte.

Der Tod. Schon gleiten meine Finger über die Tasten. Eric Clapton – Tears in Heaven. Eine der Balladen, bei denen ich dann auch gleich heule, zumal, wenn ich mir den Hintergrund des Liedes vorstelle, den Unfalltod seines vierjährigen Sohnes. Ich spiele ohne Licht in die Dunkelheit hinein. Und weil ich nun schon mal in der Stimmung bin, auch gleich Knockin’ on Heavens Door von Bob Dylan. Und dann I’ll be missing you, und schließlich gleiten meine Finger wie von selbst über die Tasten. Ich habe mich schon fast in Trance gespielt, da klingelt es an meiner Tür.

Jäh erwache ich und drehe mich auf meinem Hocker um. Wer könnte mich um diese Uhrzeit besuchen? Es weiß schließlich niemand, wo ich wohne. Außer Doris und Heiko.

Doris vielleicht?

Der Gedanke macht mich froh, und ich taste mich durch die Dunkelheit zur Tür.

Draußen steht Herr Petroschka.

„Wollen Sie sich für die Arbeit an meinem Wasserboiler auf ein Gläschen einladen lassen?“, frage ich ihn lächelnd, in die grelle Helligkeit des Ganges blinzelnd.

„Nein“, sagt er, „Fräulein Gassmann hat mich angerufen und auf die Uhrzeit hingewiesen. Wegen Lärmbelästigung, sagt sie.“

„Hmm“, sage ich. „Und was sagen Sie?“

„Man hört es schon recht gut“, sagt er und fügt dann langsam hinzu. „Aber an sich mag ich Klaviermusik. Besonders klassisch.“

„Laut heißt, dass die Stockwerke nicht gut gedämmt sind“, antworte ich, „in meinem Hamburger Appartement fühlte sich nie jemand gestört.“

„Es ist ein Altbau“, er zuckt die Achseln. „Ich habe das Haus geerbt, nicht gebaut.“

„Gut“, sage ich und seufze. „Ich habe nicht auf die Uhr gesehen. Dann … gute Nacht.“

Er nickt mir zu, und ich schließe schnell die Tür.

Hier werde ich nicht glücklich, befürchte ich. Dann gehe ich jetzt halt ins Bett. Morgen muss ich mich um meine Lampen kümmern. Und überhaupt. Mal ausräumen, aufräumen.

Oder gleich wieder ausziehen.

Um nicht direkt dem Trübsinn zu verfallen, suche ich mit dem Licht meines Smartphones mein Weinglas und nehme auch mein Tablet mit ins Schlafzimmer. Ich ziehe mich schnell um und kuschle mich ins Bett. Nachrichten wären jetzt nicht schlecht. Aber dazu bräuchte ich ein Netz, und WLAN habe ich noch nicht.

„Oh, Mama“, sage ich laut, „was tust du mir da an? Hättest du nicht einfach bis hundert fit und fröhlich bleiben können?“

Gaby Hauptmann

Über Gaby Hauptmann

Biografie

Gaby Hauptmann, 1957 in Trossingen geboren, lebt seit vielen Jahren in Allensbach am Bodensee, den sie in ihren zwei neuen Bestsellern endlich auch ihren Lesern vorstellt: „Hoffnung auf eine glückliche Zukunft“ und „Traum von einem besseren Leben“ erzählen die Familien-Saga um die Frauen des...

Drei Gründe, warum ich dieses Buch geschrieben habe

Wenn ich darüber nachdenke, habe ich Heimat weniger in einem Ort als in den Menschen gefunden, die mir nahe standen. In meinen Eltern, in meiner Schwester, in meiner besten Freundin. Die mussten an keinen Ort gebunden sein, das warme Gefühl stellt sich ganz von selbst in ihrer Gegenwart ein. Meiner seit 49 Jahren allerbesten Freundin Doris habe ich so in meinem neuen Roman ein Denkmal gesetzt. Nicht, weil sie diesen Beruf wie die Roman-Doris hätte oder in diesen Familienverhältnissen leben würde, nein, das ist erfunden – aber ihre menschlichen Qualitäten, die sind real. Mit Doris an der Seite kann man nicht untergehen, sie macht aus allem etwas Gutes, kennt selbst in schlimmen Situationen keine Panik, hat ein so beständig fröhliches Gemüt, dass sie alle mitreißt. Gäbe es nur Dorisse auf dieser Welt, wäre die Welt eine schönere. 

Denn es ist schön, wenn einen Menschen ein Leben lang begleiten – selbst, wenn sie weit entfernt wohnen. Heiko ist der ehemalige Schulkamerad meiner Hauptfigur Katja und ihrer besten Freundin Doris, die Clique kommt also wieder zusammen. Und auch er hat ein reales Vorbild, denn auch meine Abi-Clique trifft sich nach wie vor, obwohl wir weit auseinander wohnen. Im Gegensatz zu Heiko sind meine Freunde im realen Leben glücklich verheiratet, aber die Biografie war mir auch nicht wichtig. Wichtig war mir dieses Gefühl des Wiederzusammenseins, dieses gemeinsame Schwelgen in verrückten Erinnerungen, dieses Prickeln, dem man mit 16 vielleicht nicht nachgegeben hat. Die Gewissheit, dass einen Freunde auffangen, wenn es einem schlecht geht, und das Glück, wenn man auf Freundschaften bauen kann. 

Und dann beschäftigte mich für das Buch noch etwas: Wie schnell man Menschen falsch einschätzen kann. Ein erster Eindruck und schon macht man sich ein Bild. Und wie selten macht man sich die Mühe, den Menschen wirklich kennenzulernen? Das äußere Erscheinungsbild sagt oft gar nichts – es blendet oder stößt ab. Mir war es wichtig, anhand von Katjas Erfahrungen zu zeigen, dass man sich doch manchmal mehr Zeit nehmen sollte. Sie entdeckt etwas Wertvolles gerade in einem Menschen, der sich eben nicht in den Vordergrund drängt, sondern eher zurückhaltend ist. 

Und schließlich wollte ich dem Buch noch etwas Drittes mitgeben: Folge deinem Herzen. Das soll jetzt nicht kitschig klingen, ich könnte es auch das „Bauchgefühl“ nennen. Katja stößt an ihrer neuen Arbeitsstelle auf Schwierigkeiten, deren Ursache sie nicht kennt. Sie kämpft. Bis sie sich besinnt und fragt, was ihr denn in letzter Zeit wirklich gut getan hat? Und sie muss an einen ganz bestimmten Weinberg denken – aber mehr wird nicht verraten.

Gaby Hauptmann

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