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Vanity Falling: Academy of Sins (Krone der Gefallenen 1) Vanity Falling: Academy of Sins (Krone der Gefallenen 1) - eBook-Ausgabe

Kari Vanadis
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Roman

— Enemies-to-Lovers und die sieben Todsünden an einer düsteren Akademie
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Vanity Falling: Academy of Sins (Krone der Gefallenen 1) — Inhalt

Du bist ihr Untergang. Sie ist deine Verdammnis. Düster-romantische Dark Academia für Fans von Stella Tack, Leigh Bardugo und Kerri Maniscalco 

„Sie war kein Albtraum, sondern etwas weitaus Schlimmeres: ein verlockender, unerreichbarer – ein verbotener Traum.“ 

Rahel gebietet über den Hochmut, eine der sieben Todsünden. Menschen wie sie werden von den unbarmherzigen Tugendwächtern, den Wardens, gejagt. Als man sie erwischt, wird sie gegen ihren Willen in die Academy of Sins gebracht. Dort soll sie lernen, mit ihrer Macht umzugehen – oder bei dem Versuch sterben. Für den Warden Asher ist Rahel die Chance, sich endlich zu beweisen. Freiwillig übernimmt er ihre Bewachung, nicht ahnend, dass sie alles infrage stellen wird, woran er glaubt. Und eine verbotene Leidenschaft in ihm weckt, die immer wieder in Konflikt mit seiner Pflicht gerät …

€ 19,00 [D], € 19,60 [A]
Erschienen am 27.02.2025
432 Seiten, Broschur
EAN 978-3-492-50845-2
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€ 3,99 [D], € 3,99 [A]
Erschienen am 27.02.2025
432 Seiten
EAN 978-3-377-90208-5
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Leseprobe zu „Vanity Falling: Academy of Sins (Krone der Gefallenen 1)“

Lucifer beging die erste und schlimmste aller Sünden. Er fiel, und mit ihm alle Aeterni und ihr Himmelreich.

Seine Knochen zerschmetterten.

Und so soll fortan jeder Knochen im Leib desjenigen gebrochen werden, der seinem Vorbild folgt und sich durch Hochmut zu der Macht eines Gottes erhebt.

 

Satan starb in den Flammen.

Und so soll fortan jeder verbrannt werden,
der seinen Zorn nicht kontrolliert.

Belphegor erfror.

Und so soll fortan jeder erfrieren,
der sich der Trägheit ­hingibt.

Mammon erstickte.

Und so soll fortan jeder ersticken,
der sich der Habgier schuldig [...]

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Lucifer beging die erste und schlimmste aller Sünden. Er fiel, und mit ihm alle Aeterni und ihr Himmelreich.

Seine Knochen zerschmetterten.

Und so soll fortan jeder Knochen im Leib desjenigen gebrochen werden, der seinem Vorbild folgt und sich durch Hochmut zu der Macht eines Gottes erhebt.

 

Satan starb in den Flammen.

Und so soll fortan jeder verbrannt werden,
der seinen Zorn nicht kontrolliert.

Belphegor erfror.

Und so soll fortan jeder erfrieren,
der sich der Trägheit ­hingibt.

Mammon erstickte.

Und so soll fortan jeder ersticken,
der sich der Habgier schuldig macht.

Asmodeus verblutete.

Und so soll fortan jeder bluten,
der von Lust besessen ist.

Baal wurde vergiftet.

Und so soll fortan jeder vergiftet werden,
der in Völlerei ausschweift.

Leviathan ertrank.

Und so soll fortan jeder ertränkt werden,
der in Neid ­verfällt.

 

Die sieben Urdämonen waren geboren, ihre Sünden unter die Menschen zu bringen. Die Vier Heiligen erschlugen jeden einzelnen von ihnen. Doch mit ihrem Tod war die Sünde nicht beseitigt, sondern breitete sich in Gestalt der ­Vicious über die Welt aus, um sie ins Chaos zu stürzen.

 

Allein der Order of Saints bewahrt die Menschen davor.

Seine Wächter kämpfen in Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung bis zum letzten Atemzug gegen die Sünde.

(aus dem Codex des Order of Saints)



Prolog

 
Vincere aut mori.

Siegen oder sterben.

Der Geruch verbrannter Erde lag in der Luft. Rahel schmeckte Asche auf ihren Lippen und wusste, dass sie nicht von dem Feuer stammte, das sich seinen Weg über den trockenen Boden fraß und jeden Gedanken an Flucht erstickte. Es war die Asche, die sie selbst hinterließ, der letzte Rückstand dessen, was sie einmal ihr Leben genannt hatte – und in diesem Moment verlor. Sie entstammte zerschlagenen Hoffnungen und einer ungeträumten Zukunft. Als sich Rahel mit der Zunge über die Lippen fuhr, schmeckte die Asche nach dem letzten Kuss, den sie auf die Stirn ihres Bruders platziert hatte.

Wenn ich heute sterbe, dachte sie grimmig, dann hoch erhobenen Hauptes, und meine Asche soll noch wochenlang die Gassen der Cañada Real überschwemmen, auf dass sie niemals vergessen, was sie verloren haben.

Die Warden hatten sie überrascht, waren plötzlich in den Innenhof eingedrungen, hatten die Wellbleche scheppernd aus ihren geflickten Verankerungen gesprengt und die roten Ziegel der Mauer wie Bauklötze auseinandergenommen. Sie waren zu viert gekommen – drei Warden in schwarz-goldenen Uniformen und ein Vicious, mit emotionslosem Blick in ihrem Schatten. Einem von ihnen hätten sie sich entgegenstellen können, zwei von ihnen wären sie mit hohen Verlusten entkommen, den Vicious hätte Rahel in die Knie gezwungen. Doch vier stellten eine Übermacht dar, der sich jeder vernunftbegabte Mensch unterworfen hätte. Spätestens beim Anblick ihrer strahlenden Schwerter, die von jahrhundertelanger Verwüstung sprachen.

Rahel jedoch hatte nicht eine Sekunde mit dem Gedanken an eine Kapitulation verschwendet. Sie drangen hier ein, in ihr Heiligtum, ihr Zuhause, mischten ihre Anhänger, ihre Familie auf – und erwarteten, dass sie sich stellte? Nicht mehr als ein verächtliches Lachen hatte sie für sie übrig, nichts anderes als ihre ungezügelte Macht würde sie ihnen zur Antwort geben.

Ein Leben voller Verehrung und Reichtum hätte sie mit offenen Armen willkommen geheißen. Stattdessen hatte Rahel die Cañada Real gewählt, das größte Elendsviertel Europas, den Schmutzabtreter vor den Toren Madrids. Seit Jahren wartete man auf die Katastrophe, mit der die Unerwünschten ausgelöscht werden sollten, oder versuchte, sie selbst herbeizuführen. Doch ebenso wenig, wie sie ihnen den Kampfgeist nehmen konnten, ließen sie sich dieses Land, ihre Häuser nehmen – so heruntergekommen sie auch waren. Rahel hatte die Entscheidung getroffen, diese Menschen zu beschützen und sie in eine bessere Zukunft zu führen. Und wenn jemand ihr das, was sie geschaffen hatte, entreißen wollte – dann würde sie darum kämpfen. Oder bei dem Versuch sterben.

Doch da war auch eine leise Stimme, die voller Verachtung für ebenjene Menschen sprach. Dass sie nicht vorher darüber informiert worden war, dass sich die Wächter näherten, konnte nur eines bedeuten: Rahel war verraten worden.

Ein Warden schritt inmitten der Panik, die ihr Überfall gestiftet hatte, auf sie zu. Das Schwert in der Hand, mit entschlossenem Blick und tödlicher Eleganz unter der eng anliegenden Uniform, doch Rahel ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie selbst stand etwas erhöht auf Stufen, die hinauf zu einer Terrasse führten, und hatte sich während der vergangenen Sekunden nicht bewegt. Nun verschränkte sie in einer herrischen Geste die Arme.

„Du bist mickrig.

Deine Uniform kann nicht kaschieren, was sich darunter verbirgt: ein schwaches Individuum, nicht stark genug, mehr zu empfinden als Unterwürfigkeit für jene, die dir deinen Willen diktieren.

Ich bin Rahel, und die Menschen der Cañada Real beschützen mich. Ich bin mächtig.

Bleib stehen.“

Der Warden verzog das Gesicht zu einer Grimasse, und einen Moment lang legte Rahel alle Gewissheit, dass er es nicht wagen würde, sie anzufassen, in ihre Gedanken. Trunken vor heraufbeschworenem Siegesmut verschwamm ihre Sicht, und ein angenehmer Schmerz durchlief ihren Körper in einer trägen Welle. Sie nahm ihn an, umfing ihn mit ihrem Sein. In diesem Moment glaubte sie ihre Worte nicht nur – und sorgte dafür, dass der Warden sie ebenso als seine Wahrheit annahm –, sie formte sie zu einer neuen Wirklichkeit.

Und sein Geist gehorchte ihr. Bevor er die erste Stufe betreten konnte, blieb er stehen und schwankte. Jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht, während er sich verängstigt umsah, als würde er die Situation zum ersten Mal richtig wahrnehmen. Wer nicht rechtzeitig vom Innenhof auf die Straße geflohen war, hatte sich oben bei Rahel auf die Terrasse zurückgezogen. Doch der Warden sah nicht länger abgerissene Gestalten, sondern Krieger, die mit allem, was sie hatten, für Rahel kämpfen würden. Ihre Heilige. Ihre Göttin.

Als die anderen beiden Warden, ein Mann und eine Frau, zu ihm aufrückten, war er bereits einen Schritt zurückgewichen. Rahel nutzte ihre Macht, um ihre Wirklichkeit weiter zu dehnen und auch um sie zu schließen. Sie würde die drei Wächter darunter zermalmen. „Ihr werdet euch aus der Cañada Real zurückziehen oder hier und heute sterben“, flüsterte sie ihnen ein, und es spielte gar keine Rolle, ob sie vorhatte, das in die Tat umzusetzen. Entscheidend war, dass sie keinen Moment daran zweifelte.

Die Frau hatte eine Hand auf die Schulter des Warden gelegt, der sich Rahel bereits unterworfen hatte, und schrie ihm irgendwas ins Ohr. Der andere Mann dagegen atmete zischend ein, als Rahel ihm ihre Wirklichkeit aufzwingen wollte. Er murmelte etwas, das sie nicht verstand, und streckte seine Hand in einer schnellen Geste nach ihr aus. Wie ein Keil, der ins Eis geschlagen wurde, zerbrach er den Schleier, den sie gewoben hatte. Seine Splitter bohrten sich in ihren Geist und verletzten ihn dort, wo er am empfindlichsten war: in ihrem Hochmut.

„Versuch das noch mal, und wir töten dich auf der Stelle!“, zischte der Warden. Während der andere in sich zusammensackte und von der Frau nach hinten gedrängt wurde, setzte er den ersten Schritt auf die unterste Stufe.

Jemand bewegte sich zu ihrer Rechten. „Rahel, wir müssen hier weg!“ Mateos Stimme war kaum mehr als ein angsterfülltes Raunen, und ihr wurde klar, dass es keine Bewegung nach vorne, sondern nach hinten gewesen war.

Sie drehte den Kopf, um in das Gesicht ihres jüngeren Bruders zu sehen. Seine Augen waren geweitet, als würde er nicht glauben, was sich vor ihm abspielte. Auch die anderen, die sich hier oben bei ihr befanden, waren unruhig.

Nicht Mateo.

„Nein“, erwiderte Rahel mit schneidender Stimme. „Es gibt keinen Ausweg. Ich bin verraten worden. Sie werden uns finden und uns alles nehmen, was wir erschaffen haben. Wenn ihr jetzt aufgebt, ist das nicht nur mein Todesurteil, sondern auch das eure.“ Sie alle waren gefangen in dieser Illusion und wären ohne sie verloren. Rahel am allermeisten.

Sie blieben standhaft, obwohl Rahel merkte, wie ihr die Kontrolle immer mehr entglitt. Es war Jahre her, seit sie damit angefangen hatte, sie zu ergreifen, und inzwischen war es so natürlich wie das Atmen geworden. Und mindestens genauso überlebenswichtig. Wenn sie damit aufhörte, würde sie in den Staub getrampelt werden.

Sie schirmte sich vor den anderen ab und sah ihren Bruder an, allein ihn und niemanden sonst. Sie erlaubte ihm, sie zu sehen, wie er sie schon lange nicht mehr gesehen hatte. Rahel presste die rissigen Lippen zusammen, die nicht mehr verheißungsvoll von einer besseren Zukunft sprachen, sondern nach Mitgefühl dürsteten. Sie schloss für einen Sekundenbruchteil die Augen, deren dunkles Braun nicht mehr unerbittlich jeden niederstarrte, der sich ihr entgegensetzte. Tiefe Schatten darunter zeigten, wie müde sie war. Ihre Hände glitten zitternd über ihr schweiß- und staubverkrustetes Gesicht und streckten sich dann nach ihrem Bruder aus.

„Mateo, ich brauche dich.“ Wenn Mateo den ersten Schritt machte, würden weitere folgen. Er vertraute ihr, und sie vertrauten ihm, wenn Rahel sie nicht mehr erreichen konnte. So war es schon immer gewesen. Er war ihnen näher, als sie ihnen jemals sein könnte. Mateo war einer von ihnen, während sie selbst schon immer etwas anderes gewesen war.

Etwas, an dem die Sünde haftete, das spürten sie.

Sein Blick wurde weich, von bedingungsloser Liebe erfüllt. Dass er so viel fühlte, hatte sie schon immer an ihm bewundert. „Rahel, mi querida hermana.“ Er strich ihr eine verirrte schwarze Locke zurück. Ganz kurz genoss sie die Berührung, als die Furcht sie überkam, dass es die letzte sein könnte. Vielleicht hatte Flavio recht gehabt. Vielleicht hätte sie Mateo niemals in diese Sache mit reinziehen dürfen.

Dann verhärtete sich seine Miene, und Mateo trat an ihr vorbei, dem Warden in den Weg. „Wir lassen nicht zu, dass ihr unserer Rahel etwas antut!“

Zeitgleich setzten die anderen einen Schritt nach vorn, und Rahel verschwand in ihrer schützenden Mitte.

In einem Moment flatterte der Blick des Warden noch alarmiert durch die Menge, im nächsten trat die Frau in gleicher Uniform auf sie zu.

„Verblendete Wichser“, knurrte sie, griff mit der Hand, die nicht das Schwert führte, an ihren Gürtel und hob etwas in die Höhe, das Rahel erst auf den zweiten Blick als schmale Sanduhr erkannte. „Veritas liberabit vos!“ Die Wahrheit wird euch befreien. Damit drehte sie das Glas, und der dunkle Sand begann in einem feinen Rinnsal auf die andere Seite zu rieseln.

Es war wie ein Ruck, der durch Rahel ging und sie ihres Atems beraubte. Sie bekam kaum mit, wie die anderen beiden Warden es der Frau gleichtaten und dabei immer wieder voller Inbrunst die Worte sagten, die in ihren Ohren widerhallten. Wie ein Gebet. Und wie ein solches vereinte es ihre Kraft, die sich geballt gegen Rahel wandte.

Sekundenlang kämpfte sie dagegen an. „Beschützt mich!“, schmetterte sie ihren Anhängern entgegen. Nichts als Angst erhielt sie als Antwort. Die Kontrolle entglitt ihr wie ein Seil, an dem sie hing und Stück für Stück mit brennenden Handflächen nach unten rutschte. Wenn sie das Ende erreicht hätte, würde sie fallen. Verbissen klammerte sie sich an die letzten Zentimeter.

„Ihr seid stärker als sie, ihr seid die Kinder der Cañada Real, habt unzähligen Gefahren getrotzt. Auch diese werdet ihr abwenden!“ Vereinzelt stürmten die Leute nach vorn, brüllend eine Machete oder ein Brecheisen schwingend, mit dem sie sich unter ihresgleichen behaupteten. Nicht aber gegen die Warden.

„Vicious!“, rief einer von ihnen mit befehlsgewohnter Stimme nach hinten zu ihrem Schoßhund. Rahel verstand nicht sofort, was er tat, denn sie hatte nur bei einer einzigen Gelegenheit mit einem anderen Vicious zu tun gehabt. Weder spürte sie seine Macht kommen noch schaffte sie es, ihm irgendetwas entgegenzusetzen, ohne dass ihr das Seil endgültig entglitten wäre. Sie musste mit ansehen, wie der Kampfgeist aus ihren Leuten wich. Einige ließen sich ergeben zu Boden sinken, anderen schwanden jegliche Kräfte und jeglicher Antrieb. Die Trägheit griff um sich und verpestete ihre Seelen, besänftigte sie mit dem Versprechen, dass alles gut werden würde, und überzeugte sie von der Aussichtslosigkeit ihrer Gegenwehr.

Wen der fremde Vicious nicht erreichte oder bezwingen konnte, wurde von den Warden gerichtet. Sie vollstreckten das Urteil schnell und mit harten Mienen, denn für sie stand die Schuld dieser Menschen fest. Es war ein Verbrechen, jemanden wie sie, eine Sünderin zu schützen. Rahel erzitterte, als sie fünf von ihnen mit ihren Schwertern töteten. Sie starben wegen ihr. Für sie. Weil sie es so gewollt hatte.

Der Rest geriet im Angesicht des Todes endgültig ins Wanken. Sie rissen sich von Rahels Kontrolle los, die wie ein Peitschenhieb auf sie zurückschnellte.

Sie landete auf den Knien. Es war, als würden um sie herum immer mehr Lichter erlöschen, die sie zuvor so mühevoll entzündet hatte. Nun war es Panik, von der die Luft erfüllt war, Schreie und Flüche, die immer lauter wurden, bevor sie irgendwann verstummten.

Konnten sie tatsächlich innerhalb kürzester Zeit zerstören, was Rahel sich über Jahre hinweg aufgebaut hatte? Sie wollte es nicht glauben, durfte sich dieser Verzweiflung nicht hingeben. Doch als sie aufsah und dem Blick ihres Bruders begegnete, der wie sie vor dem Warden kniete, der über ihnen aufragte, holte sie die Gewissheit ein, gescheitert zu sein. Es hatte niemals einen Ausweg gegeben. Sie war nur zu stolz gewesen, es sich einzugestehen.

„Rahel … was hast du getan?!“ Mateos Stimme überschlug sich vor Entsetzen. Er sah nun nicht länger das, was sie ihn sehen lassen wollte, oder das, was sie ihm erlaubte, dahinter zu sehen. Sondern das Monster, zu dem Rahel geworden war.


1

 
Etiam sanato vulnere cicatrix manet.

Auch nachdem die Wunde verheilt ist, bleibt eine Narbe.

Die sieben Laster schmückten das Portal der Academy of Sins wie eine beständige Warnung. Groß und Furcht einflößend erhob es sich an dem gotischen Außenwerk, Jahrhunderte alt, und fungierte als stilles Versprechen: über die Vicious zu wachen und über sie zu richten. Die Reliefs führten ihnen vor Augen, was mit jenen geschah, die sich ihrem Laster vollständig verschrieben.

Eine ausgemergelte Figur mit viel zu langen Fingern streckte sich nach unendlichen Schätzen aus, doch alles, was sie erreichen konnte, war ein Totenschädel. Avaritia stand darüber. Habgier.

Voller Begehren drückte sich eine nackte Gestalt dem Betrachter entgegen, den Mund zu einem verzückten Schrei geöffnet, während ihre Rippen splitternd den Brustkorb durchbrachen. Luxuria. Wollust.

Das Gesicht zu einer Grimasse verzerrt und zähnefletschend stand ein Sünder in Flammen und wurde von ihnen verbrannt. Ira war der Zorn.

Superbia betitelte das wohl schlimmste aller Laster. In ihrem Hochmut setzte sich eine geflügelte Gestalt die Krone auf das eigene Haupt, bevor sie fiel, die Schwingen gebrochen, der Körper zerschmettert.

Mit einem unstillbaren Hunger verzehrte eine weitere Figur alle Speisen, während die restlichen Menschen am Tisch hungerten und starben, bis sie es ihnen als Letzte gleichtat. Gula bedeutete Völlerei.

In Neid, Invidia, waren die Augen des Sünders auf dem vorletzten Relief überall, sodass er die Schlange nicht bemerkte, die sich über seinen Arm und schließlich um seinen Hals wand. Drohend riss sie das Maul auf, als würde sie die spitzen Giftzähne jeden Moment in sein Gesicht schlagen.

Die letzte Figur schließlich hing mit geschlossenen Augen über einer untergehenden Sonne, wirkte leblos, während sich die Dunkelheit über sie senkte. Sie verkörperte die Trägheit. Acedia.

Asher hatte nie verstanden, warum sie diese Erinnerung brauchten, wenn sie täglich mit den Vicious zu tun hatten. Was konnte lehrreicher sein, als den Lastern selbst ins Auge zu blicken? Zu spüren, wie sie einen in Versuchung führen wollten, mit anzusehen, welchen schmalen Grat die Vicious beschritten. Dennoch bewunderte er die Kunstfertigkeit des Reliefs jedes Mal aufs Neue, wenn er Wachdienst hatte.

„Augen nach vorn, Yudin!“ Natürlich lief just in jenem Moment, während er in seine Betrachtung versunken war, Ausbilderin Murray an ihnen vorbei. Sofort straffte Asher sich und erwartete, sie würde auf das Portal zusteuern. Stattdessen folgte sie dem Weg zum Tower House. Es klammerte sich in circa zwei Kilometern Entfernung an die Steilküste der Insel, und von hier aus waren nur die obersten Stockwerke sowie der Wehrturm über die baumlose Hügellandschaft hinweg zu erkennen. Wie weiß-graue Tupfer waren die grasenden Schafe darauf verteilt, bevor Kliff und Wolkentürme aufeinandertrafen.

Asher warf einen Blick zurück in die Richtung, aus der Murray gekommen war. Das Refugium, der Rückzugsort des Order of Saints, befand sich dort. Es lag außerhalb der Mauern der Akademie und wurde durch eine eigene Wehranlage geschützt. Es war ihnen erlaubt, sich dort gelegentlich von den Einflüssen der Vicious zu erholen und reinigen zu lassen, ansonsten diente es vor allem der Führungsriege. Doch was wollte Ausbilderin Murray am Tower House? Dort befand sich der einzige Zugang zur Insel. Ein altertümlicher Aufzug fuhr hinab zu einem unterirdischen Hafen in der Steilküste. Noch nie hatte Asher mitbekommen, dass Murray die Gelegenheit genutzt hatte, die Fähre zum Mainland zu nehmen. Sie gehörte quasi zum Inventar der Akademie, war genauso unverrückbar wie die vielen Statuen und Büsten in den Gärten.

Der Orden hatte sich auf den Orkney Islands eine unüberwindbare Basis geschaffen, von der aus er ganz Europa von den Einflüssen der Vicious befreite. Sindaray nannten die Einheimischen die nördlich von Kirkwall gelegene Insel, die allein der Verwaltung des Ordens unterstand. Insel der Sünder. Barsch hatte Murray den Adepten einmal erklärt, dass sie besser daran täten, die Insel nicht nach ihren Gefangenen, sondern nach ihren Wächtern zu benennen.

Nolan und Victoria, mit denen er Wachdienst hatte, unterhielten sich leise.

„Ich habe gehört, sie bringen einen Dämon hierher. Zu Schauzwecken. Vielleicht bekommen wir heute Abend noch was zu sehen.“ Nolan grinste Victoria zu, die nur verächtlich schnaubte. Von ihnen war sie die Einzige, deren Hand auf dem Knauf ihres Schwertes lag, wachsam und jederzeit bereit, es einzusetzen. Als würde sie genau das herbeisehnen.

„Freu dich nicht zu früh. Ich habe gehört, es ist nur eine weitere Sünderin, keine Dämonin.“ Sie ließ sich nicht mal zu einem Blick in Nolans Richtung herab, der zwei Meter zu ihrer Rechten stand, während Asher die Position zu ihrer Linken einnahm.

Die salzige Meeresbrise trug Nolans Lachen heran. „Mehr Vicious heißt doch nur, dass …“

Der Rest seines Satzes ging in dem Ächzen des Portals unter, das sich in diesem Moment hinter ihnen öffnete. Die Reliefs teilten sich und gaben kurz den Blick in den Innenhof der Akademie frei, bevor sie sich wenige Sekunden später wieder aneinanderfügten.

Ein Mann mit Vollbart und schulterlangem Haar trat zwischen sie. Sein Blick hinter herabhängenden Augenlidern streifte die drei Wächteradepten nur kurz, bevor er sich an den Horizont vor ihnen heftete.

Victoria fand ihre Fassung als Erste wieder. In einer fließenden Bewegung zog sie ihre Waffe.

Kari Vanadis

Über Kari Vanadis

Biografie

Kari Vanadis liebt das geschriebene Wort. Am wohlsten fühlt sie sich im Fantasy-Genre, wo sie ihre eigenen Welten erschaffen kann, sie experimentiert aber auch gern mit anderen Einflüssen. Dabei legt sie Wert auf graue Charaktere, die Geschichten außerhalb von Gut und Böse erzählen. Mit „Secrets of...

Veranstaltung
Lesung und Gespräch
Freitag, 28. März 2025 in Leipzig
Zeit:
12:30 Uhr
Ort:
#BuchBar, Leipziger Buchmesse,
Messe Allee 1
04109 Leipzig
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Kommentare zum Buch
Mal eine ganze andere Fantasy Geschichte!
Franzi am 22.02.2025

Eine Fantasy Geschichte, die ich so noch nicht kannte! Eine Geschichte die von Sünden und Tugenden erzählt, die die Geschichte der Götter, Engel und Menschen erzählt. Mit ein wenig Fantasie und Durchhaltevermögen eine sehr interessante Geschichte. Anfangs hatte ich ein bisschen Probleme reinzukommen, was primär daran lag, dass man in eine Welt mit vielen Charakteren, Rollen und Kräften eingeführt wird und plötzlich mitten im Geschehen ist. Je weiter man aber im Buch ist, desto besser lässt es sich lesen. Man kennt die Charaktere kennen und versteht das Universum der Geschichte immer besser. Die Spannungskurve war wie eine Sinuskurve, ein stetiges auf und ab (aber das war nicht unbedingt schlecht) Besonders gefallen hat mir das vielschichtige Verständnis von Gut und richtig was die Leser*innen im Laufe der Handlung durchlaufen.   Für mich waren die Nebencharaktere leider im Endeffekt doch zu oberflächlich, ich hätte mir mehr Kontext zu den Personen gewünscht, die die Protagonisten begleiten und beeinflussen. Auch zu der Geschichte der Welt in der sie sich befinden wurde oft angeteasert aber zu wenig erklärt (Schade!). Zudem besaß die Geschichte ein paar kleine Logikfehler wie z.B. Verletzungen und Pronomen die sich plötzlich geändert hatten / nicht mehr da waren... sowas reißt mich leider oft aus dem Lesefluss. Abschließend lies das Ende für mich leider zu viele Fragen ungeklärt, worauf ich hier aber nicht weiter eingehen möchte um Spoilerfrei zu bleiben.     Meine liebsten Tropes aus diesem Buch: Enemies to lovers | forbidden love | Academy setting | Wächter und Uniform | Slow Burn

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