Eben noch steht Gela Allmann für ein Fotoshooting auf einem Berg in Island – kurz darauf ist sie von ihrem Leben als Sportlerin und Model weiter entfernt als je zuvor. Nach einem quälend langen Sturz 800 Meter über Felsen und Eis gleicht ihr Körper einem Trümmerhaufen.
Doch sie hat überlebt und begibt sich mit überwältigendem Kampfeswillen auf einen zähen, schmerzhaften Weg: von der völligen Bewegungslosigkeit im Krankenbett, kleinen Etappenzielen während der Reha bis zum ersten Berggipfel nach dem Unfall. Im Interview berichtet sie, wie ihr nach dem Schicksalsschlag ein Neuanfang gelingt.
Wie kam es zu Ihrem schrecklichen Unfall?
Ich war als Model für ein Skitouren-Fotoshooting auf Island unterwegs. Es war ein wundervoller Tag, an dem wir bei strahlendem Sonnenschein Bilder auf einem Berg machten, umgeben von der wunderschönen Fjordlandschaft. Wir entschlossen uns, auf einem nordseitig ausgerichteten Hang noch ein paar Aufstiegsbilder mit den Skiern auf dem Rücken zu schießen, als ich bei einem falschen Schritt wegrutschte und 800 Höhenmeter über Eis, Schnee und Felsen nach unten stürzte.
Welche Verletzungen haben Sie davongetragen?
Die größte Baustelle stellte sicher mein rechtes Bein dar. Bei einem Aufprall gegen einen Felsen schlug mir der Fuß ins Gesicht. Das Resultat: ein Trümmerbruch im Schienbeinkopf, alle Bänder rund um das Knie ab, etliche Meniskuseinrisse, ein hochgradiger Knorpelschaden, dazu ein abgerissener Bewegungsnerv und eine durchtrennte Hauptversorgungsarterie sowie einige Muskelabrisse. Im linken Bein rissen beim Absturz „nur“ zwei Bänder im Knie, und der Meniskus wurde ebenfalls beschädigt. Dazu kamen ein Trümmerbruch der linken Schulter, ein Nasenbeinbruch sowie Prellungen und großflächige Hautabschürfungen am ganzen Körper.
Wie veränderte der Unfall Ihre Psyche?
Ich hatte zunächst mit Sicherheit ein schlimmes Trauma, da ich den kompletten Unfall und auch die lange Zeit bis zur Notoperation im Krankenhaus von Reykjavík bei vollem Bewusstsein miterleben musste. Durch psychologische Betreuung während der ersten Monate nach dem Unfall habe ich es jedoch geschafft, die Bilder in meinem Kopf unter Kontrolle zu bringen. Auch das Schreiben meines Buches hat mir maßgeblich bei der Verarbeitung geholfen. Stehe ich heute in einem steilen, vereisten Hang, kann es aber durchaus passieren, dass ich panisch werde und sich die sonst so gut verschlossene Tür zu den Momenten voller Todesangst wieder öffnet. Dann bin ich buchstäblich von jetzt auf gleich wie von Angst gelähmt und stehe zitternd im Hang.
Was ist nach dem Unfall für Sie das Schlimmste gewesen?
Für mich war es anfangs nicht leicht zu akzeptieren, dass meine körperliche Unversehrtheit von nun an der Vergangenheit angehören und ich lange Zeit auf Hilfe angewiesen sein würde. Meine Machtlosigkeit und Bewegungsunfähigkeit zu akzeptieren und die Hilfe anderer anzunehmen war eine sehr große Lehre für mich.
Wie haben Sie sich während der Operationen und Rehas motiviert weiterzukämpfen, auch wenn es mal nicht so gut lief?
Für mich als Sportlerin war es nie eine Option, dass mein Zustand so bleiben wird. Es fällt mir nicht schwer, mich immer wieder zu pushen. Natürlich sind Rückschläge vor allem dann sehr hart, wenn man eh schon geschwächt ist und wenn man diese noch nicht mal selbst in der Hand hat. Da sind auch bei mir viele Tränen geflossen, aber davon darf man sich nicht entmutigen lassen. Ich wusste immer, dass meine Freunde und Familie bedingungslos hinter mir stehen. Auch für sie wollte ich immer stark sein und weiterkämpfen. Ich bin glücklich, dass ich zudem eine Leidenschaft wie den Bergsport habe, der mich immer wieder antreibt und motiviert.
Wie sieht Ihr Alltag heute aus?
Immer noch gehe ich dreimal pro Woche zum Reha-Training und zweimal pro Woche zur Physiotherapie. Die Behandlungen und die Stabilitäts- und Rumpfübungen sind für mich essenziell, um den Auswirkungen meiner Fehlbelastungen durch mein aktuelles Gangbild auf meinen kompletten Bewegungsapparat bestmöglich entgegenzuwirken. Auch gilt es immer noch, mein rechtes Bein muskulär aufzubauen und durch spezielle Geräte das Wachstum des beschädigten Nervs zu stimulieren.
Natürlich stehen auch regelmäßige Besuche beim Orthopäden, Neurologen und Neurochirurgen auf der Tagesordnung. In meiner freien Zeit trainiere ich außerdem meine Ausdauer und Beinmuskulatur beim Bergaufgehen, Skitouren, Langlaufen oder Biken draußen in der Natur. Hier kann ich vor allem für meine Psyche Kraft tanken, die darf man nämlich auf keinen Fall vergessen. Darüber hinaus freue ich mich, dass ich mittlerweile sogar wieder für Shootings, Moderationen und Motivationsvorträge engagiert werde.
Warum und für wen haben Sie das Buch geschrieben?
Das Buch war meine ganz persönliche Form der Traumabewältigung. Sobald ich meine rechte Hand wieder halbwegs bewegen konnte, habe ich meine Erlebnisse, Gedanken und Gefühle tagtäglich aufgeschrieben. Dass daraus tatsächlich mal ein Buch werden könnte, habe ich zunächst nicht gedacht. Das hat sich eher von allein ergeben, nachdem ich gemerkt habe, dass meine Geschichte andere Menschen interessiert.
Mir hat die Vorstellung gefallen, damit nicht nur mir, sondern auch anderen zu helfen, die selbst gerade eine harte Zeit durchmachen und etwas positiven Spirit gut gebrauchen können. Die Botschaft meines Buches lautet deshalb: Es lohnt sich immer, für seine Träume und Ziele zu kämpfen. Ich bin mir sicher, dass man sein Schicksal immer ein Stück weit selbst in der Hand hat und mit einer positiven Einstellung und dem Glauben an sich selbst enorm viel erreichen kann!
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